III Vorbericht.
Bey den mancherley Schwierigkeiten und Kosten, die mit der Ausgabe dieses Werks, wie man aus seiner Einrichtung leicht urtheilen kann, verbunden sind, erscheint dennoch dieser Band, bald nach dem zweyten, mit einigen Vorzügen bereichert. Man findet hier nicht blos eine grössere Anzahl und Mannigfaltigkeit von Kupferstichen, die von den abgehandelten Materien veranlaßt worden, sondern auch verschiedene neue Vorstellungen von Landhäusern, Gartengebäuden und Monumenten, die wir der glücklichen Erfindungskraft und dem Geschmack des Herrn Schuricht verdanken, eines jungen Künstlers in Dresden, dessen Ruhm einst seinen Verdiensten gleichen wird. In keinem Theile der Baukunst herrscht noch eine grössere Dürftigkeit, als in dem, der die Gartengebäude betrifft. Die gekünstelten Gebäude von Gitterwerk, welche die Franzosen einführten, und womit man sich bisher behalf, kommen in keine Betrachtung; und wenn wir einige Werke der Engländer abrechnen, so hat die Architectur der Gärten, die an neuen Erfindungen so fruchtbar seyn könnte, noch kaum ihren Anfang genommen. Alles, was sie bisher geliefert hat, betrifft fast nichts als Lustschlösser und Landhäuser; und von den mannigfaltigen andern Gartengebäuden findet man selbst bey den berühmtesten Architecturlehrern unter den Italiänern kaum eine Spur, die auf Erfindungen leitete. Herr Schuricht betritt daher eine neue Bahn. Und er hat den Charakter der Gartengebäude so glücklich gefaßt, daß man die Reinigkeit, Einfalt, Leichtigkeit und IV Anmuth der Architectur, die sie erfordern, in seinen Rissen mit Vergnügen wahrnehmen wird. Der folgende Band wird noch verschiedene Zeichnungen von ihm liefern, die diesen an Güte der Erfindung gleichen.
Auch an Beschreibungen von Gärten, die der Anhang enthält, ist dieser Band reicher. Sie sind von mir selbst in dem verflossenen Sommer entworfen, als ich, in Veranlassungen der Gartenkunst, das Vergnügen hatte, sowohl in einige benachbarte Provinzen von Deutschland, als auch nach Seeland eine Reise zu unternehmen. Jede Gelegenheit, neue Anlagen zu sehen, oder sie leiten zu helfen, oder darüber Rath und Meynung abzugeben, wird für die Aufklärung der Theorie selbst unterrichtend; man lernt nirgends mehr, man dringt in den Geist der Grundsätze, die allein aus der Natur geschöpft werden müssen, nirgends mehr ein, als wo die Ueberlegung bey dem Anblick der Gegenden selbst, die verschönert oder verbessert werden sollen, beginnt; und bey der unbegränzten Mannigfaltigkeit von Scenen, die zu dem Bezirk der Gartenkunst gehören, ist hier Beruf, viel öfter in die Natur zu schauen, als der Maler in die Gallerien schaut.
1 Theorie
der
Gartenkunst.
2 Dritter Theil.
Von den Werken der Kunst in Gärten.
Erster Abschnitt.
Von Lustschlössern und Landhäusern.
Zweyter Abschnitt.
Von kleinern Gartengebäuden.
Dritter Abschnitt.
Von Tempeln, Grotten, Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen.
Vierter Abschnitt.
Von Ruhesitzen, Brücken und Thoren.
Fünfter Abschnitt.
Von Statüen, Monumenten und Inschriften.
3 So bald man anfieng auf dem Lande und in den Gärten seinen Aufenthalt zu nehmen, führte zuerst die Nothwendigkeit Wohngebäude ein. Die Fürsten baueten Lustschlösser, und der Adel und der Bürger Landhäuser, die nach Umfang, Architektur, Einrichtung und Charakter von einer großen Verschiedenheit waren. Man führte sowohl in größern als in kleinern Gärten minder beträchtliche Gebäude ein, sowohl zur Verzierung, als auch zum kurzen Aufenthalt und zum Genuß ländlicher Vergnügungen. Es entstanden kleine Gartengebäude, Pavillons, Lusthäuser, Lustkabinette, Vogelhäuser u. s. w. Man suchte nicht lange darauf den Bezirk der Ergötzungen, der Einbildungskraft und des Geschmacks zu erweitern, indem man Gebäude einführte, die zu dieser Absicht behülflich schienen. Man legte Grotten, Einsiedeleyen, Ruinen, Tempel an, nicht sowohl zur Bewohnung, als vielmehr, um mit diesen nachgeahmten Werken die Phantasie zu beschäftigen, und die Gartenplätze mehr zu beleben. Man zierte sie mit Inschriften. Zum Ausruhen waren Sitze, zur Verbindung der getrennten Theile Brücken und Thore nöthig; man erkannte indessen, daß sie zugleich Mittel der Verzierung werden konnten. Man gieng weiter. Man stellte Statüen und Monumente auf.
Es ist sichtbar, daß ein Theil dieser Werke der Künste mehr Nothdurft und Bequemlichkeit, ein anderer Theil mehr Verzierung ist. Zuweilen kann einerley Gegenstand an einem Ort Bedürfniß, und an einem andern Orte bloße Verschönerung seyn. In sehr vielen Fällen kann diese so hervorstechend werden, daß man vergißt, daß die Nothwendigkeit die erste Veranlassung dazu gab.
Die ältesten Gärten waren von Werken der Künste noch sehr entblößt; in einer bemoosten Hütte, in einem prachtlosen Landhäuschen sättigte sich der unverwöhnte 4 Geschmack an der reizenden Einfalt der Natur. Sowohl die nach und nach zunehmende Ueppigkeit und Prachtliebe, als auch der allmählig sich verfeinernde Geschmack selbst, haben fast gleichen Antheil an der Einführung der Kunst in die Gärten. Daher die Mischung des Falschen mit dem Wahren, des Unschicklichen mit dem Schicklichen. Daher hat man mit künstlichen Gegenständen einen Gartenplatz eben so oft dem einfach reizenden Gepräge der Natur entrissen, eben so oft ihn verunstaltet, als ihm eine Verschönerung mitgetheilt, die seine Wirkung hebt.
Ein Theil dieser Gegenstände war schon in den Gärten der Alten, besonders der Römer, zu sehen, welche Baukunst und Bildhauerey so gerne zur Befriedigung ihrer Prachtliebe brauchten. Andere sind von den Franzosen, andere von den Britten eingeführt, und zur allgemeinen Nachahmung gekommen. Sowohl die alte, als auch die neue Manier bedient sich der Werke der Kunst, nur mit dem Unterschiede, daß überhaupt betrachtet jene mehr Verschwendung und Unschicklichkeit, diese zwar im Ganzen mehr Sparsamkeit und Auswahl, aber auch doch manche seltsame Verirrungen zeigt.
Es ist Pflicht, bey diesen Untersuchungen sich zuvörderst vor allem Vorurtheil zu verwahren, und sowohl auf der einen Seite die mancherley bisherigen Abweichungen von dem Pfade des guten Geschmacks, die hier sichtbar werden, zu bemerken, als auch auf der andern Seite den richtigen Gebrauch der Werke der Architektur und der Bildhauerkunst bey ihrer Einführung in die Gärten zu bestimmen, zu entwickeln, ob und in wie weit sie Mittel der Verschönerung und der Verstärkung der Eindrücke der Naturscenen seyn können, ihre Lage, Einrichtung und Wirkungen zu zeigen, und neue Aussichten von ihrer Anwendung zu eröffnen. Untersuchungen dieser Art hat man bisher unterlassen, indem man es bequemer fand, blos der Mode, bald jener, bald dieser, zu folgen. Es ist Zeit, die Werke der Kunst in den Gärten vor den Richterstuhl der Vernunft zu einer genauen Prüfung vorzuladen. Und da wir hier von mannigfaltigen Arten von Gebäuden, die man in den Gärten theils zu errichten pflegt, theils noch erfinden kann, zu reden haben, so wird diese Untersuchung sich vornehmlich auf ihre Verhältnisse gegen die Gartenkunst und auf einige Erfordernisse der Schön5heit und des Geschmacks einschränken, indem es nicht zu dem Plane dieses Werks gehört, von den ersten und wesentlichen Grundsätzen der Baukunst zu handeln.
Man wird beynahe versucht, es der Liebenswürdigkeit der Gartenkunst zuzuschreiben, daß sich die übrigen schönen Künste so geschäftig beweisen, sich mit ihr zu vereinigen. Wir haben die Verbindung der Malerkunst mit ihr gesehen. *) Auch die Baukunst sowohl als die Bildhauerkunst bemühen sich, zu ihrer Ausschmückung beyzutragen. Von jener erhält sie Lustschlösser und Landhäuser; kleinere Gartengebäude von mancherley Art und Bestimmung; Tempel, Grotten, Einsiedeleyen, Capellen, Ruinen; Ruhesitze, Brücken, Thore. Von der Bildhauerkunst empfängt sie Statüen und Monumente.
——————
*) 1ster B. S. 145–153.

6 Erster Abschnitt.
Von Lustschlössern und Landhäusern.
Man hat sich vielleicht nirgends mehr, als bey Landhäusern und Gartengebäuden, von der reinen Schönheit und edlen Einfalt der Architektur entfernt. *) Lange Zeit herrschte der Wahn, daß man auch hier eine mit Zierrathen und unendli-
——————
*) Nicht blos der falsche Geschmack der Erbauer, sondern auch der Architekten selbst, die sich von den allgemeinen Vorurtheilen blenden ließen, haben daran Antheil. Einige Architekturlehrer haben die Landhäuser zu besondern Gegenständen ihrer Untersuchung gewählt, indessen die meisten nur im Vorbeygehen etwas weniges von ihnen bemerken. Zu den ersten gehört unter uns besonders Paul Decker in seinem Fürstlichen Baumeister, oder Architectura ciuilis, wie großer Fürsten und Herren Paläste mit ihren Höfen, Lusthäusern u. s. w. anzulegen und auszuzieren, u. s. f. Fol. Augsburg, 2 B. 1711. 1716. Seine Zeichnungen von Lustschlössern und Landhäusern enthalten die äußersten Ueberladungen mit Verzierungen, die nur der üppigste und ausschweifendste Geschmack ausfinden kann. Das Auge weiß nicht, wo es sich vor der unendlichen Verwirrung hinwenden soll; und die Verhältnisse, die bey der ersten Anlage des Grundrisses sichtbar seyn mochten, sind durch die Menge der Zierrathen so verdeckt, daß kaum mehr eine Spur von ihnen zu errathen ist. Die Grotten dieses Architekten sind Paläste, und seine Springbrunnen Ungeheuer in der Zusammensetzung. In seinen Orangeriehäusern haben die Gewächse kaum vor den Statüen Platz; und der gute Mann hält so eifrig auf die Würde der Prinzen, daß er sogar über dem äußern Rand der Schornsteine die fürstliche Krone ausstellt. Diesen Geschmack in der Architektur fand man vormals nicht blos bey Decker, sondern auch bey andern Baumeistern; man billigte ihn nicht blos in Deutschland, sondern auch in andern Ländern. – Doch erhoben sich einige über diese Vorurtheile, z. B. Nette in seinen adelichen Land- und Lusthäusern: er ist mehr frey von überflüßigen Zierrathen; doch sind seine Formen etwas plump, und seine Zeichnungen überhaupt dürftig an Erfindung. – Unter den Franzosen sind es vornehmlich Blondel (im Cours d' Architecture. 8. Tom. 2. Paris 1771. S. 243–252. und in der Distribution des maisons de plaisance &c. 4. 2 Tom. Paris 1737. 1738.) und Briseux, (im Art de bâtir des maisons de campagne &c. 4. Paris 1743.) welche sich vorzüglich mit der Architektur der Landhäuser beschäftigen. Wer diese Werke besitzt, und eine Vergleichung mit den Untersuchungen, die er hier über diese Materie findet, anstellen kann, der wird sich bald überzeugen, daß ihr Unterricht nach unserm Plan nicht benutzt werden konnte.
7chen Kleinigkeiten überhäufte Größe und Pracht, wobey alle guten Verhältnisse fehlten, und Form und Verzierung nicht selten in das Abentheuerliche übergiengen, zeigen müßte. Die Lustschlösser blieben nicht mehr Gebäude, die ein wohl geordnetes Ganzes ausmachten; sie wurden vielmehr ein labyrinthischer Haufe von Gebäuden, die schlecht zusammenhiengen, wo das Auge von der Menge der Theile zerstreut, und von der Unordnung, worinn sie erschienen, beleidigt ward. Man sah ganze Massen in einer verdrüßlichen Verwirrung. Ausdehnung, Plumpheit und Unordnung ward selbst der hervorstechende Charakter königlicher Lustschlösser. Als die Rohigkeit allmählig überwältigt ward, und Pracht und Ueppigkeit an ihre Stelle traten, erzwang man seltsame Figuren; und was der Richtigkeit und Schönheit der Formen abgieng, suchte man mit leeren Zierrathen zu ersetzen. Man füllte die Dächer nicht weniger, als die Eingänge mit Statüen, die mit der Bestimmung des Gebäudes in gar keiner Verbindung standen; man schreckte durch seufzende Caryatiden, die ein trauriges Bild der gemarterten Menschheit darstellten. Am meisten fehlte man darinn, daß man den verschiedenen Charakter und die Bestimmung der Gebäude ganz aus den Augen setzte. Ein Orangeriehaus, eine Eremitage, wurden mit eben der Größe, mit eben dem Reichthum der Verzierung angelegt, als wenn es die ersten Gebäude in Residenzstädten gewesen wären; es wurden hier hohe und künstliche Treppenwerke, Säulenordnungen, Statüen, Bildwerke, Marmor und Vergoldung verschwendet. Noch jetzt sind auch in Deutschland Beyspiele genug von einem solchen ausschweifenden Pomp vorhanden. Es ward fast eine Seltenheit, unter den fürstlichen Lustschlössern in Europa Gebäude anzutreffen, die mit einer gewissen edlen Einfachheit ein Ganzes ausmachten, die durch Ordnung, Symmetrie, Schönheit der Form und Wahrheit des Charakters einen angenehmen Eindruck auf das Auge des Kenners machten.
Pomp ist nicht Würde, und Ueppigkeit nicht Zierde. Daß Landhäuser der Könige und Fürsten sich durch ein Gepräge des Ansehens und der Pracht auszeichnen,
——————
Auch ist, einzelne gute Bemerkungen ausgenommen, die Theorie dieser Architekten oft flüchtig und mager, so sehr sie auch den Ruf für sich haben. Beym Briseux ist eine unendliche Arbeit von Kupferstichen verschwendet; fast alle Abbildungen von Landhäusern sehen sich einander völlig gleich. Blondel zeichnet wenige Landhäuser, größtentheils von einem prächtigen und edlen Charakter, vor; nur sind sie nach dem gemeinen Geschmack noch zu sehr mit Verzierung von Statüen überladen. – Uebrigens sind von solchen Schriften der Architekturlehrer, welche Anweisung zur Bauart der Landhäuser geben, noch solche Werke unterschieden, die blos Risse und Abbildungen von wirklich errichteten Villen enthalten. Von Werken der letztern Gattung sind die vorzüglichsten hin und wieder in dieser Theorie angeführt.
8 daß sie dem Auge die Größe ihrer Bewohner ankündigen, ist sowohl in den Regeln der Schicklichkeit, als in den Meynungen der verständigsten Architekturlehrer gegründet. Allein auch mit der Größe verbindet sich gern eine edle Einfalt; und eine reine Schönheit gesellt sich der Pracht nicht blos zur gefälligen Begleitung, sondern selbst zur Unterstützung bey.
Unter Lustschlössern verstehen wir hier Gebäude außer den Residenzstädten in einer geringern oder größern Entfernung von ihnen auf dem Lande, für Könige und Fürsten zum Genuß der Ruhe und Annehmlichkeiten des Landlebens errichtet. Obgleich auch in manchen Provinzen Wohnungen des hohen Adels auf dem Lande den Namen von Lustschlössern führen, so wollen wir doch, wenigstens zur Bequemlichkeit in der Theorie, hier einen Unterschied machen. Der Adel, der Mann von Stande und Ehrenämtern, der ansehnliche Privatmann, und selbst der Bürger haben Landhäuser. Allein diese Landhäuser verstatten nach der Würde, dem Charakter, dem Stande, dem Reichthum ihrer Besitzer eine große Verschiedenheit der Ausdehnung, der Pracht, der Zierlichkeit, der Mäßigkeit und Bescheidenheit. Wir können daher prächtige, edle, zierliche, und blos bequeme Landhäuser unterscheiden.
Bey allen diesen Arten von Landhäusern sowohl, als bey den Lustschlössern, kommt es nach den Gesichtspunkten, woraus wir sie hier betrachten, vornehmlich auf Lage, Anordnung, und Verzierung an. Wir wollen über jedes Stück die nöthigen Bemerkungen machen, welche größtentheils die Architekturlehrer übergehen konnten, da sie nur von dem Mechanischen und Wesentlichen der Baukunst zu handeln unternahmen.

9 I.
Lage.
1.
Sie fordert zwey wesentliche Stücke, Gesundheit und Anmuth.
Worauf man zuerst bey der Anlage eines Lustschlosses und Landhauses zu sehen hat, ist dieses, daß man eine gesunde von einem heitern Himmel umflossene Gegend wähle, die weder umherstehende Teiche und Moräste hat, noch zu sehr in Tiefen und Gebüschen versteckt ist, als daß sie von reinigenden Winden erreicht werden könnte. Auch nicht in sumpfigten Ebenen und Thälern, noch zu nahe bey einer volkreichen Stadt, deren Ausdünstungen und Rauch oft eine ganze Gegend verderben. Wenn diese Regel nicht schon dem gemeinen Verstande durch eine unmittelbare Empfindung beygebracht würde, und wenn außerdem nicht so viele alte und neue Schriftsteller sie wiederholt hätten, so könnte man sich vielleicht weniger darüber verwundern, daß so oft wider sie gefehlt wird. Ein falscher Geschmack, und eine bejahrte Gewohnheit aus den gothischen Zeiten machen oft mit allem Fleiß einen an sich guten Ort ungesund. Bald zieht man rings um das Gebäude so dichte und hohe Alleen, daß nicht allein ein wesentliches Stück, die Aussicht, verloren geht, sondern auch keine erfrischende Kühlung mehr durchdringen kann, und die Luft ohne Bewegung bleibt. Bald wird um die Landhäuser ein tiefer Graben von stehendem faulenden Wasser geleitet, dessen Ausdünstungen desto schädlicher sind, je leichter sie in die nahen Gemächer eindringen; da hingegen, wenn das Wasser fließend wäre, sowohl der Nachtheil für die Gesundheit verschwinden, als auch das Auge und die Einbildungskraft mehr Erfrischung erhalten würden. Unbegreiflich ist es, wie manche Schriftsteller eine solche verkehrte Anlage sogar als nothwendig empfehlen können. Alle Landhäuser und Lustgärten müssen, um angenehm zu seyn, mit Gräben, Mauern, Pallisaden, und dergleichen umgeben seyn.
So fängt ein holländischer Schriftsteller *) unter einem blendenden Titel seine Theorie an, und bewundert die ältern Landhäuser
——————
*) Les agrémens de la campagne ou remarques sur la construction des maisons de campagne, avec fig. 4. Leide. 1750.
10 seiner Landsleute so offenherzig, daß sein Geschmack mehr Mitleiden als Spott verdient.

2.
Nach der Gesundheit der Lage ist die Anmuth zu suchen. Diese wird von der Natur angeboten und von der Kunst erhöhet; von beyden kann sie eine unendliche Mannigfaltigkeit erhalten. Die verschiedenen Lagen und Mischungen der Berge, Ebenen, Thäler, Wiesen, Wälder, Gebüsche, Seen und Flüsse vervielfältigen schon bis zum Erstaunen die Annehmlichkeit; und der Kunst ist es vergönnt, bald durchs Hineinschaffen, bald durchs Wegnehmen oder Versetzen, die Menge der natürlichen Abwechselungen zu vermehren. Der Trieb zum Vergnügen lockt, die angenehmsten Plätze aufzusuchen, und die Vernunft billigt ihn. Er lehrt uns, keine finstere Vertiefungen, keine leeren von Wald und Gebüsch entblößte Ebenen zu wählen, wo die Kunst nicht leicht den Mangel des Schattens und des fließenden Wassers ersetzen kann; sondern offene Schauplätze der Natur, Gegenden, aus welchen uns die Schönheit und Heiterkeit der Schöpfung hell und unaufgehalten entgegen lacht, wo keine Einförmigkeit, keine Einschränkung, wie in dem Kerker der Städte, ermüdet, wo Freyheit, Vielheit, Größe und Mannigfaltigkeit der Scenen und Aussichten das Auge reizen und den Geist beschäftigen. Die Kunst bietet ihren Beystand an, um die Aussichten zu erweitern und zu verschönern, dem Wasser einen Lauf, den Bäumen und Gebüschen eine Stellung, dem Schatten und Licht eine Vertheilung zu geben, 11 die mehr den Reiz des Ganzen erhöhen, und ringsumher gleichsam eine neue Schöpfung hervorrufen.
Eine mittelmäßige Anhöhe ist die vortheilhafteste Lage für Lustschlösser und Landhäuser. Das schönste Gebäude in einem niedrigen Grunde verliert immer etwas von seinem Ansehen, da es im Gegentheil von einer Höhe sich mit dem ganzen Eindruck seiner Architektur zeigt. Schon in der Ferne reizt es hier mehr das Auge des Reisenden, und ladet gleichsam mit einem gastfreundschaftlichen Wink zur Annäherung ein. Eine solche Lage vermehrt zugleich das Vergnügen des Aufenthalts. Auf dem Gipfel eines Hügels, oder an dem Abhange eines Berges athmet der Bewohner freyer und vergnügter; indem er die Weite der Landschaft überschaut, sammelt er mehr entzückende Bilder, schöpft er mehr erhabne Empfindungen, hebt sich leichter über die kleinen Nebel dieses Lebens hinaus; und bey der Fortschreitung der Prospecte, die keine plötzliche und deutliche Auswickelung haben, sondern sich unabsehbar in die Dämmerung der Ferne hinziehen, verliert sich sein Geist in süße Ahndungen von seiner eigenen unbegränzten Fortdauer.
Für alle Landhäuser ist die Lage auf einer Anhöhe sehr anpassend, die zugleich von der Sorge für die Gesundheit empfohlen wird, indem sie von einer reinern Luft beherrscht, und vor schädlichen Feuchtigkeiten, die sich nach der Tiefe verlieren, mehr bewahrt ist. Lustschlösser und Landhäuser der Gutsbesitzer scheinen noch aus besondern Gründen ihre Lagen auf Anhöhen zu fordern. Nicht allein erhält daher der Eindruck von Hoheit und Würde eine gewisse Verstärkung; sondern es ist auch ein angenehmes Schauspiel, einen Theil seiner eigenen Felder, und die muthigen Beschäftigungen seiner glücklichen Unterthanen zu überschauen.
In den barbarischen Jahrhunderten des Raubs und der Fehde bauete man die alten Schlösser auf die Spitzen der Berge und Felsen, nicht sowohl der Aussicht, als vielmehr der Befestigung wegen. Indessen betrachten wir, indem wir zwischen Wolken durchlöcherte Gemäuer und herabhangende Ruinen abgestürzter Thürme erblicken, noch jetzt ihre Lage nicht ohne Erstaunen und Verwunderung. Und wenn man in sehr ausgedehnten Parks noch jetzt zur Nachahmung alte Bergschlösser wieder anlegen wollte, so würde die Kühnheit und eine Art von Wildheit der Lage unstreitig eins der ersten Stücke seyn, worauf man seine Aufmerksamkeit zu richten hätte. In einer solchen wilden und furchtbaren Gegend würde sich kein Gebäude von einer edlen und schönen Architektur schicken; die griechische Bauart würde hier zu zierlich seyn. Ein gothisches Schloß, mit starken plumpen und unförmlichen Massen, mit Thurmspitzen und Mauern, woran die Zeit und die Orcane Merkmale ihrer Wut hinterlassen, würde allerdings mit einer solchen Lage mehr übereinstimmen.
12 Noch reizender werden Landhäuser auf mäßigen Anhöhen, die am Ufer von schönen Flüssen, an Seen, an Einbuchten des Meeres liegen. Denn dadurch gewinnen sie nicht allein Aussichten voll Bewegung; sondern werden auch selbst im Gemälde der Landschaft ein überausschöner Theil von Prospect. Man hat vorzüglich sowohl in Schweden als auch in der Schweiz von Lagen dieser Art einen guten Gebrauch gemacht. Jetzt ist vielleicht kein Land in Europa, wo man mit Erbauung neuer Landhäuser sich so sehr beschäftigt, als in dem Gebiete der reichen Genfer an ihrem entzückenden See. Selbst die Einbildungskraft kann sich kaum einen Strich bilden, wo in einem so kleinen Bezirk so viel prächtige und zierliche Landsitze und in einer schönern Lage an dem Ufer des Sees bey einander gesammelt stehen. Und noch immer bauen und zieren sie voll Wetteifer diese Gegend, mit einer verschwenderischen Pracht, und mit einem feinen Geschmack, zum Entzücken der Fremden; da hingegen auf viele Meilen um Bern, in einer Republik, die nach Genf der Sitz des Luxus in der Schweiz ist, seit zwanzig Jahren kein neues Landhaus errichtet ist, und man sich mit den artigen, reinlichen und bequemen Villen begnügt, die meistens in Gärten voll Wein und Obst von mäßigen Vätern erbauet worden.

3.
Reinlichkeit, Ordnung, Geschmack müssen nahe um Lustschlösser und Landhäuser am meisten ausgebreitet seyn, und eine Scene darstellen, wo die Kunst, ohne den Schein des Gezwungenen, ohne nichtsbedeutende Spielwerke, sich mit eben so vieler Freyheit, als Anmuthigkeit zeigt. Weil der zunächst angränzende Platz ein Theil von dem Boden ist, worauf das Gebäude steht, so darf sich die Regelmäßigkeit noch über ihn erstrecken; er darf nach der Figur des Gebäudes abgemessen seyn, an den 13 Seiten eine vollkommene Gleichheit haben, und in gerader Linie sich nach dem Thore oder Zugang ziehen. Ein gänzlicher Mangel von Regelmäßigkeit würde hier befremden. Denn ein Gebäude ist ein so wichtiger Gegenstand auf dem Platze, daß es berechtigt ist, den Einfluß seiner Symmetrie auch in die angränzenden Theile auszubreiten, die noch außer dem Gebiete der Gartenkunst liegen. Selbst die Bildhauerkunst, die von der Architektur, zur Verzierung des Innern und der Außenseiten der Gebäude, als eine gefällige Gehülsinn herbeygerufen wird, darf sich auf den Plätzen zeigen, die Lustschlösser, prächtige und edle Landhäuser umgeben. Sie darf sie mit Statüen, mit Blumengefäßen, und andern schicklichen Werken zieren, und diese Verzierung so weit fortsetzen, als die Verbindung des Platzes mit dem Gebäude übersehen werden kann. Sie darf sich selbst mit einzelnen Werken bis an das Gebiete des Gartens verlieren, wo die Natur, an deren Werke sich keine Kunst weiter wagen darf, anfängt ihre Scenen ohne Regelmäßigkeit zu eröffnen. – In England tritt man oft aus einem Palaste voll Marmor, Gemälden und Gold, auf einmal in eine wilde Gegend. Dieser Uebergang von der höchsten Pracht der Kunst zu der nachläßigen Einfalt der Natur ist zu plötzlich. Der Zwischenraum, der zwischen beyden Enden liegt, sollte durch gegenseitige Verbindungen von Stufe zu Stufe mehr zusammengezogen seyn. Es ist mehr dem Lauf unserer Ideen gemäß, wenn wir bey dem allmähligen Zurückweichen der Kunst nach und nach in die angenehme Unordnung der Natur hineinirren.
Man pflegte die Vorplätze vor Landhäusern mit Orangen und Springbrunnen zu bereichern. Sie tragen allerdings zur Anmuth und zur Kühlung bey, und Fontainen, wenn sie nur nicht mit der gewöhnlichen widrigen oder unschicklichen Verzierung verunstaltet sind, können als Werke der Kunst nahe vor einem Gebäude immer Platz haben. Doch vielleicht macht der vormals gar zu allgemeine Gebrauch dieser Auszierungen der Vorplätze, daß man sie jetzt weniger liebt. In heißen Ländern, wo die Springbrunnen ihren Ursprung genommen, und wo sie noch am häufigsten angetroffen werden, besonders in Italien und Spanien, sind sie eine Art von Bedürfniß, das die nördlichen Reiche nicht kennen.
Die zunächst vor Lustschlössern und Landhäusern liegenden Plätze müssen eben so wenig durch Hecken und Alleen, als durch Gebäude versperrt werden, so gewöhnlich es auch ist, sich durch Vorlagen dieser Art, besonders durch hohe und dickbelaubte Bäume, einzukerkern. Diese, die nicht allein die Luft dumpfig machen, sondern auch das Ungeziefer, das sie nähren, in die Zimmer bringen, rauben zugleich Landhäusern einen ihrer ersten Vorzüge, die Freyheit der Aussicht. Umzäunungen, wie 14 diese sind, hat man in Holland und in Deutschland häufig eingeführt; sie sind zu lange geduldet worden, um noch mehr Nachsicht zu verdienen.

4.
Die Absicht, einen ungestörten Genuß des Angenehmen zu haben, befiehlt, ganz nahe und vor den Lustschlössern und Landhäusern nur Gegenstände hinzustellen, die einen erfreulichen Anblick geben, und alle zu entfernen, die einen ekelhaften Eindruck zu erregen fähig sind. Nach dieser Regel wird der Erbauer eines schönen Landhauses es nicht mit einer Menge von Gebäuden, die der Landwirthschaft gewidmet sind, als Scheunen, Viehställen, und dergleichen, unmittelbar umzingeln, und sich dadurch der freyen Aussicht und einer reinen Luft berauben. So sehr das Gegentheil auch von einer fast allgemeinen Gewohnheit in verschiedenen deutschen Provinzen eingeführt ist, so sehr ist es doch wider die Bedürfnisse unserer Vorstellungskraft und wider den guten Geschmack. Nicht um etwas, das ohnehin nicht geschehen würde, die Umsetzung der landwirthschaftlichen Gebäude, die einmal da stehen, fordern zu wollen, noch vielweniger aus einer unbilligen Verachtung ökonomischer Einrichtungen, sondern blos, um dem künftigen Erbauer eines Landhauses einen nützlichen Wink zu geben, wird diese Bemerkung eingestreut. Es ist doch bekannt, wie viele adeliche Landsitze die sonderbare Anlage haben, daß aus den gerade vor oder allernächst neben dem Wohnhause liegenden Scheunen und Ställen mancherley Unbequemlichkeit, Unreinigkeit und ekelhafte Empfindungen entspringen, und daß es oft erträglicher wäre, in einer engen schmuzigen Gasse der Stadt, als an einem solchen Orte zu wohnen. Nicht einmal zu gedenken, wie viel durch eine solche Umzingelung und widrige Nachbarschaft selbst dem Ansehen des schönsten Landhauses entgehen muß. Und wie wenig Mühe wird ein verständiger Baumeister anwenden dürfen, um einen für die landwirthschaftlichen Gebäude geschickten Platz in einer bequemen Entfernung von dem Wohnsitze auszusuchen? 15 Nichts ist unschicklicher und fällt schlechter in die Augen, als wenn die benachbarte Gegend des Landsitzes öde und verwildert ist, und überall Spuren der vernachläßigten Cultur zeigt, wenn die Wege unverbessert und schmuzig da liegen, und außer der Gefahr und der Unbequemlichkeit noch verdrüßliche und ekelhafte Bewegungen erwecken. Es giebt so manche schöne Landhäuser, die das Vergnügen, das sie gewähren, nicht wenig durch die Beschwerlichkeit des Weges stören, auf welchem man sich zu ihnen durcharbeiten muß. Diese Sache ist doch wohl wegen ihres mannigfaltigen öffentlichen Einflusses keine Kleinigkeit; und wenn alle Besitzer der Landgüter in einer Provinz nur einige Jahre hindurch mit vereinigtem Eifer ihre Aufmerksamkeit auf diesen Punkt, der zum Theil ihre eigene Ehre betrifft, richten wollten, so könnten viele Gegenden bald die Verbesserung erhalten, die bisher nur noch gewünscht ist. Will man auch nicht auf die Verschönerung sehen, die dadurch einem Lande zuwächset, so sollte doch der ausgebreitete Nutzen eine Anstalt von dieser Art befördern.
Ein Weg in der Nachbarschaft eines Rittersitzes sollte sich doch wohl von der gemeinen Landstraße unterscheiden, und durch mehr Bequemlichkeit, Anmuth und Zierde einen vorläufigen anständigen Begriff von dem Charakter des nahen Wohnhauses und von der Würde seines Besitzers erwecken. Er kann, um mehr Verschönerung anzunehmen, nach der Beschaffenheit der Gegend, bald hie, bald da, zur Gewinnung angenehmer Prospecte eine Krümmung machen; und die Veränderung der Auftritte vergütet den längern Umweg.

16 II.
Anordnung.
Lustschlösser unterscheiden sich von Landhäusern durch mehr Größe, Würde und Pracht. Landhäuser vom ersten Range, zur Bewohnung des hohen Adels bestimmt, kommen ihnen am nächsten; und je mehr Stand und Reichthum der Besitzer herabsteigt, desto mehr muß Größe, Pracht und Zierde, in Mäßigkeit und Bescheidenheit übergehen.
Obgleich Lustschlösser Wohnungen der Könige und Fürsten sind, so erfordern sie doch nicht den Umfang, die Hoheit und die Pracht der Paläste in Residenzstädten. Diese sind hier nicht allein beständige Wohnungen der Landesregierer und ihrer Familien, sondern auch Gebäude, wo der Regent seine großen Geschäfte besorgt, wo er seine Räthe und Regierungscollegien zusammenruft, wo er fremden Gesandten Gehör giebt, wo sich der Adel und die Staatsbedienten versammeln, wo öffentliche Feste gegeben werden. Ein solches Gebäude muß demnach nicht blos einen weiten Umfang haben, sondern auch vorzügliche Größe und Pracht in allen seinen innern Theilen zeigen. Es muß in seinen Außenseiten überall das Gepräge der Würde und Hoheit tragen, und einen Eindruck von Ehrfurcht und Bewunderung rings um sich verbreiten. Allein ein Lustschloß ist von einer andern Bestimmung. Der Landesfürst legt hier gleichsam seinen öffentlichen Charakter, den er mitten unter seinem Volke behauptet, nieder; er tritt in die Ruhe des Privatlebens ein. Ein großer Theil des Schwarms, der ihn ermüdete, bleibt zurück; er will sich der Zärtlichkeit seiner Familie, den Vergnügungen der Freundschaft überlassen; er will sich in der Einsamkeit erholen, durch die sanften Freuden der Natur sich erquicken; er will, um sich als Mensch glücklich zu fühlen, vergessen, daß er König ist. Wohnungen zu diesen Absichten bestimmt, dürfen nicht den großen und prächtigen Charakter der Residenzschlösser tragen. Sie müssen indessen immer einen gewissen Theil von Hoheit und Größe behalten.
Mit den Landhäusern des Adels verhält es sich etwas anders. Er ist mehr für das Land als für die Stadt. Er hat gewöhnlich seinen beständigen Aufenthalt bey seinen Ländereyen, zu deren Cultur und Wohlstand seine Gegenwart fast unentbehrlich scheint. Er hat hier sein Eigenthum und seine Herrschaft; er giebt seinen Unterthanen Gehör, er spricht ihnen das Recht. Da er auf dem Lande den Sitz seiner Herrschaft hat, so darf er schon mit Schicklichkeit hier prächtiger bauen, als in der Residenz, wo sein Ansehen sich in das Gepränge des Hofes und der ersten Staatsbedienten verliert, oder doch seine Abhängigkeit mehr bemerkbar ist. Nach diesen 17 Bemerkungen kann der Charakter der Landhäuser des Adels in Würde, mit einer gewissen Pracht verbunden, bestehen.
Landhäuser anderer Besitzer von Stande, die jedoch kein gewisses Eigenthum von Land haben, in dessen Bezirk sie liegen, sind als Wohnungen von Privatpersonen anzusehen, deren Charakter sich durch Zierlichkeit und Feinheit auszeichnet. Größe und Pracht sind von ihm entfernt.
Bürgerliche Landhäuser sind auf das Anständige und Nette eingeschränkt; eine Entfernung von allem Ueppigen und Glänzenden, eine edle Mäßigkeit und Bescheidenheit macht ihre charakteristische Zierde. Der Reichthum muß sich mit keiner Pracht aufdringen; ein gefälliger Geschmack muß ihre Stelle vertreten.
Nach diesen hier angeführten Unterschieden ist der schickliche Charakter der Lustschlösser gemilderte Hoheit und Größe; der Landsitze des Adels, Würde mit mäßiger Pracht; der Landhäuser der Privatpersonen von Stande, Zierlichkeit und Feinheit; der Landhäuser des Bürgers, Anständigkeit, Nettigkeit und Bescheidenheit.
Außerdem giebt es einen eigenthümlichen Charakter für Lustschlösser und Landhäuser, der allen zukommt, und eine edle Einfalt, Leichtigkeit, Freyheit, Schönheit und Anmuthigkeit in sich faßt. Dieser Charakter ist sowohl in der Bestimmung als in der Lage dieser Gebäude gegründet. Man sucht in ihnen einen ruhigen und freyen Genuß der Vortheile des Landlebens und der Annehmlichkeiten der Natur. Und weil diese rings um sie her lachen, so erfordert der Begriff der Schicklichkeit und das Vergnügen der Uebereinstimmung, daß solche Wohnungen, in der Verbindung mit so reizenden und heitern Gegenständen, sich nicht zu merklich von ihrem Hauptcharakter entfernen. Eine elende Hütte in einer öden Wüste befremdet nicht; aber ein schlecht gebauetes Landhaus in einer lachenden Landschaft stört die Bewegung, die diese erweckt. Da Gebäude gemeiniglich den ersten Eindruck machen, der sich über das Ganze der Landschaft ausbreitet, so sollte man darauf bedacht seyn, daß dieser Eindruck weder widersprechend noch zu matt sey. Nur durch eine fühlbare Uebereinstimmung des Charakters des Landhauses mit dem Charakter der Landschaft kann eine verstärkte angenehme Bewegung erhalten werden. Denn es würde zu den seltsamsten Verirrungen verleiten, wenn man sichs einfallen ließe, das Gebäude und die Gegend in einen Contrast gegen einander setzen zu wollen.
Bey der Anordnung eines Landhauses muß der Architekt zuvörderst nicht allein auf den allgemeinen Charakter, der Gebäuden dieser Art eigenthümlich zugehört, sondern auch auf den besondern Charakter, den er nach den oben angezeigten Unterschieden seinem Werke zu geben hat, seine Aufmerksamkeit richten. Und die beständige und genaue Vorstellung von diesem Charakter muß ihn bey der Wahl, bey der Be18stimmung, bey der Ausbildung, bey der Verbindung, und selbst bey der Verzierung aller innern und äußern Theile leiten. Zur Beurtheilung und Anordnung der wichtigsten von diesen Theilen selbst können folgende Bemerkungen behülflich seyn.

1.
Nach Voraussetzung alles dessen, was zur Nothwendigkeit eines Wohngebäudes gehört und zur Bequemlichkeit seiner Einrichtung, die nach den Absichten und Bedürfnissen des Bewohners sehr verschieden seyn kann, kommt es bey der Anordnung, in so ferne sie den Regeln des Geschmacks unterworfen ist, zuerst auf die Form an.
Je einfacher die Form ist, und je weniger sie daher die Aufmerksamkeit zertheilt, desto vorzüglicher ist sie. Wir finden mehr Vergnügen an einem Quadrat, als an einem Sechseck oder Achteck; die Regelmäßigkeit, die in allen gleich ist, kann diesen Unterschied der Wirkung nicht erzeugen, sondern die größere Einfachheit, die ein Quadrat hat. Jede Figur, welche die Aufmerksamkeit zu sehr zwischen Seiten und Winkel vertheilt, hat eine geringere Wirkung, als eine andere, die durch Einfachheit einen ungetheilten Eindruck macht. Keine Eigenschaft gehört mehr zu der Schönheit der Architektur, als diese; die Kunst verliert, so bald sie in schwere und verwickelte Formen übergeht. Die ganze Masse eines Gebäudes muß daher eine einzige, ungetheilte und vollständige Figur vorstellen, die angenehm ins Auge fällt.
Für Gebäude lassen sich keine andere Figuren wählen, als die aus dem Viereckigten und Runden bestehen. Die elendeste Figur eines Gebäudes, in Absicht ihrer Wirkung auf das Auge, ist das Dreyeck.
19 Das Runde hat unstreitig in Gebäuden einen sehr angenehmen Eindruck, weil es ohne alle Winkel einen ununterbrochenen Umkreis beschreibt. Es scheint sich vorzüglich für kleinere Gebäude, deren Umfang nicht so groß ist, daß das Auge ihn nicht gleich auf einmal bequem umfassen könnte, zu schicken; indessen hatten die Tempel des Alterthums, bey ihrer mäßigen Größe, zuweilen diese Form.
Das Viereck hat zur Anlegung der innern Theile mehr Bequemlichkeit; auch hat es, wie schon bemerkt ist, eine vorzügliche Einfachheit, bey welcher das Auge die Uebereinstimmung der Außenseiten und die Verhältnisse der Linien gegen einander leicht wahrnehmen kann. Ein in die Länge gezogenes Viereck aber, wobey das Gebäude um drey und noch mehr mal breiter als tief ist, hat nicht die Regelmäßigkeit und Einförmigkeit in den Theilen, als ein Quadrat; man sieht es für eine verfehlte Figur eines Vierecks an; und die Theile der Außenseiten werden zu weit von einander getrennt. Eine gar zu gedehnte Länge zerstört außerdem noch die Größe des ganzen Gebäudes.
Bey einem zierlichen oder artigen Landhause wird ein einzelnes Viereck hinreichen. Bey andern Landhäusern, die mehr Raum und Größe erfordern, kann man das Ganze aus mehr Vierecken zusammensetzen, entweder daß man nach dem ältern italiänischen Geschmack um die Hauptwohnung noch drey Flügel in ein Viereck herumzieht, oder, nach der bessern Abänderung der französischen Architekten, den einen Flügel wegläßt, welcher der Hauptwohnung (Corps de logis) gegenüber steht. Jene Anordnung hat viel Pracht, zumal wenn das Gebäude aus mehrern Geschossen besteht; allein sie hat zugleich ein dunkles und feyerliches Ansehen, das sich besser für das Ehrwürdige eines Klosters, als für die Freyheit und Heiterkeit eines Lustschlosses schickt, zumal da alle Aussicht auf den innern Bezirk des Hofes eingeschränkt ist. Die französische Anordnung stimmt mit dem Charakter eines Lustschlosses und Landhauses von einem prächtigen und edlen Charakter mehr überein. Sie fällt bey dem Eingange mit einer gewissen Pracht und Würde in die Augen, und verstattet zugleich von allen drey Seiten, am meisten aus der Hauptwohnung und den Enden der beyden Flügel, eine freye Aussicht auf den Vorplatz. Nur muß der Eingang mit keiner hohen Mauer versperrt seyn; er kann ganz offen bleiben, oder er muß, wenn man Verschließung verlangt, mit einem leichten Gitter im guten Geschmack versehen werden.
Inzwischen scheint keine Anordnung mit der Freyheit, Schönheit und Anmuthigkeit eines Lustschlosses und Landhauses mehr verwandt zu seyn, als diejenige, nach welcher man der Hauptwohnung zwey mit ihr in einer geraden Linie fortlaufende Flügel giebt. Durch diese Anordnung fällt bey dem Zugange das Gebäude mit seiner 20 ganzen Vorderseite ungetheilt und vollständig in die Augen; es zeigt auf einmal die Verhältnisse seiner Theile, die Vollkommenheit seiner Symmetrie und die Schönheit seiner Außenseiten; es reizt und beschäftigt schon in der Ferne den Blick, kündigt Freyheit und Heiterkeit an. Und dem Bewohner verstattet es aus den Flügeln nicht weniger, als aus der Hauptwohnung, eine gleiche unverhinderte Aussicht. Die Flügel können etwas niedriger als die Hauptwohnung seyn; nur müssen sie sowohl mit ihr in einem schicklichen Verhältnisse stehen, als auch eine angemessene Länge haben, wodurch die ganze Außenseite nicht zu sehr gedehnt wird.

2.
Die Mehrheit der Geschosse ist nicht nothwendig zur Pracht eines Gebäudes erforderlich, wie man zuweilen geglaubt hat. Ein Gebäude kann drey und mehr Stockwerke haben, ohne dadurch einen Antheil an Pracht zu gewinnen; so wie hingegen ein Gebäude, das blos aus dem Erdgeschoß besteht, dennoch ein sehr prächtiges und großes Ansehen haben kann, wie verschiedene Beyspiele beweisen. Wenn das 21 Gebäude auf einer Erhöhung liegt, so kann es schon aus den untersten Zimmern eine angenehme Aussicht genießen. Wo Nothwendigkeit oder Bequemlichkeit mehrere Geschosse empfehlen, da muß, zum guten Ansehen der Außenseite, ihre Abtheilung durch Bänder und Gesimse deutlich bezeichnet seyn, wenn nicht etwa schon Säulen oder Pilaster angebracht sind.
Das Ansehen eines Gebäudes wird am meisten durch die Anordnung der Außenseiten bewirkt. Sie müssen nicht allein ein Werk der Regelmäßigkeit, der Ordnung und Symmetrie darstellen, sondern auch den allgemeinen Charakter der Lustschlösser und Landhäuser, Einfalt, Leichtigkeit, Freyheit, Schönheit und Anmuthigkeit an sich tragen. Sie müssen, nach den besondern verschiedenen Charaktern der Lustschlösser und Landhäuser selbst, auch die besondern Empfindungen der Hoheit, der Pracht, der Würde, der Zierlichkeit, der Feinheit, der Anständigkeit und Bescheidenheit erregen.
Die Außenseite muß am meisten dem Charakter des Gebäudes gemäß seyn, weil sie zuerst in die Augen fällt, und seine Bestimmung ankündigen soll. Sie muß eine edle Einfalt haben, womit die Pracht noch immer vereinbar ist, nicht durch eine große Mannigfaltigkeit und Zerstückung in einzelne Theile zerstreuen; keinen Ueberfluß von Zietrathen zeigen, welche die Haupttheile bedecken; keine Nebendinge, selbst keine so reiche Verzierung eines wesentlichen Theils, die das Auge von der Betrachtung des Ganzen abziehen; keine Menge von Winkeln oder hervorragenden Spitzen, die allen Eindruck der Größe und Pracht aufheben, und die Wirkung des Ganzen auf eine fühlbare Art vernichten. Eine völlige Gleichheit der Theile, wovon sich keiner auszeichnet, giebt ein mageres Ansehen. Die Haupttheile müssen sich daher mit einer vorzüglichen Schönheit heben, und das Auge an sich locken, ohne es von den andern Theilen, die mit zum Ganzen wirken, völlig abzuziehen. Der Haupteingang muß die meiste Pracht oder Zierde zeigen; er muß gerade in der Mitte liegen, von welcher das Auge die übrigen Theile durchläuft, und sich an ihrer Uebereinstimmung und Symmetrie ergötzt.
Die Fenster sind, außer der Nothwendigkeit, zugleich Mittel der Verschönerung der Außenseiten, die sonst ein kahles Ansehen haben würden, zumal wenn sie nicht mit Säulen und Pfeilern verziert sind. Die Zahl der Fenster muß sowohl von der innern Bequemlichkeit des Gebäudes, als auch von der Verschönerung der Außenseiten abhängig seyn. Diese haben bey einer gar zu großen Sparsamkeit der Fenster ein leeres und trauriges Ansehen. Die Menge der Fenster aber zerschneidet die Aussenseiten in gar zu kleine Theile, schwächt dadurch den Begriff der Festigkeit, der bey der guten Wirkung eines Gebäudes unentbehrlich ist, und mindert den Eindruck der 22 Größe und Simplicität, der die Seele auf eine so angenehme Art rührt. Die Größe der Fenster muß mit dem Ganzen des Geschosses, worinn sie sich befinden, in einem Verhältnisse stehen, wodurch das Auge ergötzt wird. Am besten nehmen sich die Fenster aus, wenn sie halb so breit, als hoch, sind. Die Figur des Vierecks hat hier einen Vorzug vor dem Runden und vor den Bogen, die gegen die senkrecht herunterlaufenden und die waagerecht queerüberlaufenden Linien der Außenseiten eine eben so seltsame Abstechung, wie eine runde Thür zwischen viereckichten Fenstern, und zugleich viele Winkel machen, die man oft wieder mit Mühe vergebens zu verbergen sucht. Die Giebel der Fenster, so häufig man sie auch antrifft, sind ein überflüßiger, und für die Einfalt der Außenseite sehr unschicklicher Zierrath.
Auch die Flügel, die als Nebengebäude an den Seiten der Hauptwohnung angehängt werden, können sehr viel zur Verschönerung der ganzen Außenseite beytragen. Sie sind gleichsam fortlaufende Theile der Hauptmasse; sie müssen daher mit ihr die abgemessenste Uebereinstimmung und noch immer Antheil an dem Charakter des Hauptwerks behalten, wenn sie gleich nicht völlig eine gleiche Höhe mit ihr erfordern, außerdem auch weniger Verzierung zulassen. Eine vollkommene Richtigkeit der Verhältnisse, Symmetrie, Einfalt, und Entfernung alles Ueppigen und Verschwenderischen, muß bey den Flügeln wahrgenommen werden, wenn sie den Eindruck der Größe zu verstärken beytragen sollen.

Allein eines der wichtigsten Mittel der Verschönerung der Außenseiten geben die Säulenordnungen und Säulenlauben, die aus der Baukunst der Alten in die Baukunst der Neuern, besonders der Italiäner, übergegangen sind.
23 Die Säulenordnungen, die zuerst von der Nothwendigkeit eingeführt, und allmählig als Gegenstände der Schönheit von dem Geschmack bearbeitet worden, geben nicht nur den Gebäuden überhaupt mehr Leben, Zierde und Würde, sondern sie enthalten auch nach Form, Verhältnissen und Verzierungen einen bestimmten, sich unterscheidenden Charakter. Die korinthische, die ein hohes und schlankes Ansehen, Reichthum von Zierrath, Mannigfaltigkeit und erhabne Pracht hat, würde sich am besten zu Residenzschlössern in großen Städten schicken. Für Lustschlösser scheint sie zu reich und prächtig zu seyn. Diesen wäre vielleicht mehr die römische Ordnung zu empfehlen, die ebenfalls eine ansehnliche, schlanke und schöne Gestalt, aber nicht den Reichthum der korinthischen hat; ihre Pracht ist mehr gemäßigt. Edle Landhäuser aber scheinen sich die ionische, die zwischen dem Ernst der dorischen und der hohen Schönheit der korinthischen in der Mitte steht, mit Recht zuzueignen: denn sie verbindet mit Einfalt eine bescheidene Zierlichkeit und eine feine Annehmlichkeit; ihre Gestalt gefällt, ohne zu blenden, und nimmt das Auge mit ihrem sanften Reiz ein. Sie kann selbst an Lustschlössern, die aus mehrern Etagen bestehen, vortheilhaft angebracht werden, indem sie alsdann über die dorische, die wegen ihrer Stärke und großen Einfachheit dem untersten Stockwerk zukommt, sich an dem zweyten Geschoß erhebt, und dem Auge eine angenehme Vergleichung zwischen ihrer lebhaftern Anmuth und dem ernsthaften Wesen ihrer ältern Schwester verstattet.
Die Säulenlauben, welche die Griechen und Römer so gerne bey ihren meisten prächtigen Gebäuden sowohl zur Bequemlichkeit als auch zur Verschönerung anbrachten, können entweder als Theile, welche den Seiten der Hauptwohnung angehängt werden, oder als für sich bestehende Werke, die ein Ganzes ausmachen, betrachtet werden. Wir führen sie hier in dem ersten Gesichtspunkte an. Sie verschaffen nicht allein einen vor Regen und Sonnenstrahl beschützten Spaziergang, und angenehme Sitze in den Stunden der Ruhe; sondern geben auch den Gebäuden ein heiteres und prächtiges Ansehen. Sie verstatten zugleich über sich offene Gallerien, als neue Plätze des Spaziergangs und der erweiterten Aussicht. Sie schicken sich vorzüglich für Lustschlösser und Landhäuser von einem prächtigen und edlen Charakter; für die mittlern Arten der Villen enthalten sie zu viel Pracht. Der Raum zwischen den Säulen kann mit Statüen, und die Wand mit Gemälden belebt werden. Man findet diese schöne Säulenlauben bey einigen italiänischen Landhäusern, besonders des Palladio. Doch ist ihr Gebrauch jetzt selbst in Italien nur selten, und in andern Ländern noch weniger eingeführt. Es ist wahr, daß sie vornehmlich dem wärmern Klima, unter welchem sie entstanden, angemessen sind. Da sie indessen doch so viel zur Pracht eines Gebäudes beytragen, und in den Sommermonaten überall einen be24quemen und angenehmen Gebrauch anbieten, so wäre zu wünschen, daß sie besonders bey Lustschlössern und edlen Landhäusern, für welche sie sich so sehr schicken, mehr angetroffen würden.

3.
Das Dach ist zwar ein zur Schönheit entbehrlicher Aufsatz. Aber er ist nun einmal ein nothwendiger Theil, und man muß ihn so gut, als es möglich ist, bearbeiten, daß er dem guten Ansehen des Gebäudes keinen Eintrag thue.
Je niedriger und flacher ein Dach ist, desto mehr Vorzug hat es. Das einfache Dach schickt sich am besten für Landhäuser. Das gebrochene Dach oder die Mansarde ist zwar bey großen Landhäusern, wegen des Bodenraums, bequem. Allein die Mansarde giebt ein etwas schwerfälliges Ansehen, nicht zu gedenken, daß es sowohl oft Unannehmlichkeit, als auch eine gewisse Unschicklichkeit ist, den Aufenthalt der Bedienten, wozu der Bodenraum gebraucht zu werden pflegt, über den Wohnzimmern der Herrschaften anzulegen.
25 Die schönsten Dächer sind die Kupeln, die runden Gebäuden zukommen. Sie geben schon in der Ferne einen prächtigen Anblick, und fast möchte man sie schon aus diesem Grunde empfehlen, wenn runde Gebäude nicht schon überhaupt in Ansehung dieser Figur so viel Schönheit enthielten. Uebertrifft die Höhe der Kupel ihre Breite, so wird dadurch das gute Ansehen vermehrt; denn die Form einer halben Kugel ist zu platt. Kupeln scheinen vorzüglich zierlichen Landhäusern angemessen, die aus einer runden einfachen Hauptwohnung ohne Flügel oder Nebengebäude bestehen, und sich durch Feinheit und Anmuthigkeit auszeichnen sollen. Sie verstatten das von oben einfallende schönere Licht, und nehmen sich inwendig, bey Verzierung mit Bildhauerwerken und Deckengemälden, vortrefflich aus.
Auch läßt sich zuweilen auf Landhäusern ein ganz flaches Dach anlegen, mit einer freyen Gallerie über dem Gebälke, mit welchem sich eigentlich das Gebäude endigt, und daher einen erhöheten Aufsatz überflüßig macht. Die Gallerie ist mit einem Dockengeländer zu umgeben, das bey der nöthigen Festigkeit mit Zierlichkeit gebauet seyn muß. Man genießt hier eine freye Aussicht, und schöpft in den Stunden des Abends eine angenehme Kühlung; daher diese Anordnung sich am meisten zu Landhäusern und Gartengebäuden schickt, und besonders in heißen Ländern, wo außerdem wenig Regen fällt, geliebt wird.
Thürme scheinen mit der Freyheit und Anmuthigkeit eines Lustschlosses oder Landhauses nicht recht vereinbar, indem sie fast immer dem Gebäude ein plumpes oder doch schweres Ansehen geben. Sie erneuern außerdem das Andenken der rauhen Jahrhunderte, da sie bald bloße Befestigungswerke, bald Magazine des Raubes, bald Gefängnisse der Schwächern waren.

26 III.
Verzierung.
1.
Die Verzierungen, die den wesentlichen Theilen der Lustschlösser und Landhäuser zur Vermehrung der Annehmlichkeit beygefügt werden, können hier so wenig gleichgültig seyn, als bey jedem andern Werke der schönen Künste. Sie müssen zuvörderst in keinem leeren Schimmer bestehen, der nur das Auge blendet, nichts Ueppiges noch Ausschweifendes haben. Sie müssen eine allgemeine Schicklichkeit zu Gebäuden überhaupt haben, aus der Natur der Anordnung zu entspringen scheinen, fähig seyn, die Wirkung eines jeden wesentlichen Theils, dem sie zugefügt werden, zu heben, und angenehmer für das Auge zu machen. Sie müssen mit Ueberlegung und Sparsamkeit angebracht werden, damit sie nicht dem Eindrucke der wesentlichen Theile Eintrag thun, nicht die Form verdecken, nicht der Einfalt und der stillen Pracht der Hauptstücke schaden. Sie müssen sowohl dem Stande und Reichthum des Bewohners, als auch dem Charakter der Landhäuser angemessen seyn, eine Bedeutung, eine Beziehung haben, die dahin weiset. Sie müssen endlich dem besondern Charakter eines Landhauses gemäß seyn, indem die zierliche und artige Ville nicht die Pracht und den Reichthum der Verzierung verträgt, die Lustschlösser und Landhäuser der ersten Klasse zu fordern berechtiget scheinen. Grundregeln genug, um die Schritte des Künstlers bey der Verzierung zu leiten, oder sie vielmehr vor Abwegen zu bewahren!
In so ferne selbst auf das Vermögen des Besitzers, bey der Ausschmückung seines Landhauses, Rücksicht zu nehmen ist, muß das mehr oder weniger Reiche und Kostbare seinem Gutachten, so wie die ganze Einrichtung zum bequemen Gebrauch, überlassen seyn. Man muß hiebey bemerken, daß man bey Verzierungen viel leichter in Ansehung des Ueberflüßigen, als des Dürftigen, zu fehlen pflegt, und daß man immer sicherer geht, wenn man bey dieser Sache zu wenig, als wenn man zu viel thut. Lustschlösser und Landhäuser dürfen überhaupt nicht den Reichthum und die Pracht der Ausschmückung zeigen, die ihre Bewohner in Stadtpalästen auszubreiten gewohnt sind; sie müssen sich mehr der reizenden Einfalt der Natur, der prunklosen Mittelmäßigkeit des Lebens nähern.
So wie die Form und die Anordnung der Außenseiten dem herannahenden Zuschauer den bestimmten Charakter des Landhauses ankündigen muß, so muß er auch, indem er hineintritt, durch die ganze innere Einrichtung und Ausschmückung diesen 27 Charakter ausgebreitet sehen. Jeder Theil muß die Verzierung zeigen, die ihm nicht blos nach einer allgemeinen Schicklichkeit zukommt, sondern die er, nach dem besondern Charakter des Landhauses, als eigenthümlich fordern zu müssen scheint. Die angenehme Wirkung des Anpassenden der Verzierung und der genauesten Uebereinstimmung kann noch durch den Reiz der Mannigfaltigkeit erhöhet werden. Denn ein Speisesaal verlangt eine andere Verzierung, als ein Schlafkabinet oder Studierzimmer. Und die Verzierungen selbst sind schon sowohl durch die Materie, als auch durch die Art und Kunst der Bearbeitung verschieden.
Die Verzierungen sind theils innere in den Fluren, Sälen und Gemächern, theils äußere an den Außenseiten des Gebäudes. Es mögen Gemälde, Laub- und Schnitzwerke, Vasen, Statüen, u. s. w. seyn; so müssen sie einen Geschmack von Ländlichkeit, eine Beziehung auf die Freyheit, Anmuthigkeit und Heiterkeit des Landes und der Gärten haben.

28 2.
Wie den Kirchen Vorstellungen der Andacht, und den Palästen der Könige Abbildungen großer Thaten des Muths und der Menschenliebe besonders eigenthümlich zukommen: so können auch Landschaftgemälde, ohne eben Bildnisse, gesellschaftliche, historische und allegorische Stücke auszuschließen, in den Landhäusern den ersten Platz verlangen. Die reiche und mannigfaltige Natur, auch wenn wir sie täglich vor Augen haben, sättigt nicht so sehr, daß sie uns nicht in einer glücklichen Nachahmung wieder gefallen sollte. Die schöpferische Kunst des Landschaftmalers weiß der Phantasie tausend neue Bilder vorzuzaubern, die sie gerne auffängt, weil sie sich gerne aus ihnen ein frohes Schauspiel erneuert. In Zimmern, mit schönen Landschaftgemälden bereichert, athmet alles um uns her die liebliche Luft des Landes. Kein Widerspruch der Eindrücke von außen, keine Befürchtung des Mißfälligen, wenn wir aus dem Freyen hereintreten; sondern eine Harmonie der Wohnung mit der Landschaft, die sich dabey durch die Abwechselung bey ihrem Vorrecht, uns immer zu ergötzen, erhält. Wir freuen uns wieder des anbrechenden Morgens mit Lukas von Uden, der Abendsonne mit Both oder Gille'e. Mit Pölemburgs Nymphen durchirren wir Hügel und Wälder, oder schleichen der Diana unter die kühlenden Schatten zum Bade nach. Bald wohnen wir beym Tenier einem fröhlichen Dorffeste bey, oder wir sehen den Aerndten, Weinlesen, Wasserfahrten und Jagden des Paul Brill zu. Bald führt uns Sachleven auf Berge, die mit den schönsten Thälern abwechseln; bald ergötzen uns die im Gebirge weidenden Heerden des Berchem. Dann reißt uns Ruisdael von den lieblichen Scenen der Natur weg zum Anblick schäumender Wasserfälle hin, aber Wilhelm van der Velde beruhigt uns wieder durch stilles Gewässer, worinn sich das sanfte Blau der Wolken und das begrasete Ufer spiegeln. Die Unschuld, die Zufriedenheit, die Spiele, die Sitten der arkadischen Welt erscheinen uns in diesen Gemälden wieder, und, vereinigt mit den Reizen der Natur, laden sie uns zum Mitgenuß der süßesten Empfindungen ein. Es ist fast unmöglich, sich der sanften Rührung zu entziehen, wenn man die glückliche Unschuld in ihrer Freude erblickt; und selbst dem zerstreuten Städter, der zum kurzen Besuch herbeyfliegt, entschleicht bey Dieterichs Hirtenscenen vielleicht der Seufzer:
O! Einsamkeit, dürft' ich mich dir ergeben!
Hier herrschest du im stillen Hayn;
Warum muß ich im Lärm der Städte leben?
Hier könnt' ich froh, wie dieser Hirte, seyn!
Zachariä.
29 Gemälde von dem angeführten Inhalt schicken sich nur für die Wände der Zimmer, wo das Auge sie auch am bequemsten betrachten kann; sie dürfen in allen Landhäusern einen Platz fordern. In Lustschlössern und edlen Landhäusern können, außer den Wänden, auch die Decken der Säle und Gemächer mit Gemälden verschönert werden, die aber Vorstellungen von einer andern Art, allegorische oder mythologische, deren Scene der Himmel oder die offene Luft ist, enthalten müssen. Veränderungen der Jahreszeiten und der Tageszeiten, natürliche Schauspiele in den Wolken, mythologische Geschichten und allegorische Wesen, die auf Wirkungen der Natur, welche in der Luft wahrgenommen werden, hinzielen, sind hier an ihrem Ort. Man hüte sich aber an den Decken Blumen, Seethiere, Springwasser und andere Vorstellungen, die an einer solchen Stelle Widerspruch und Ungereimtheit sind, malen zu lassen, so viel Beyspiele auch selbst davon in Palästen angetroffen werden.

30 3.
An den Wänden der Zimmer sowohl, als an den Außenseiten der Landhäuser, sind Laubwerk und Blumenkränze sehr schickliche Verzierungen; in Stadthäusern sind sie es schon weniger, oder vielmehr sollten sie hier mit andern verwechselt werden. Die Wahl der Bäume, Früchte und Blumen aber muß dem Geist des Klima und des Landes nicht widersprechen.
Vasen, so häufig man sie auch findet, sind doch wenig bedeutende Zierrathen. Sie gefallen freylich durch die Schönheit und Einfachheit ihrer Form; allein sie haben fast gar keinen bestimmten Gebrauch, und dienen nur als leere Gegenstände, einen leeren Raum zu füllen. Sollte denn die Kunst so arm seyn, an ihre Stelle in Zimmern und auf Vorplätzen nichts unterschieben zu können, das sowohl mehr Schicklichkeit als Mannigfaltigkeit enthielte?
Statüen sind schon als Werke der Bildhauerkunst, welche die Architektur zu ihrer Verschönerung zu Hülfe zu rufen pflegt, anständige Verzierungen für Lustschlösser und Landhäuser. Sie können den Eindruck der Schönheit und Anmuthigkeit des Ganzen sehr merklich verstärken, und müssen nicht allein als Werke der Kunst Vollkommenheit, sondern auch eine Kraft haben, ländliche und gartenmäßige Vorstellungen und Empfindungen zu erwecken. Was sollen demnach hier Statüen des Jupiters, des Mars, des Herkules, wo wir die Bildnisse der Göttinn des Friedens, der Ceres, des Bacchus, der Pomona, der Flora suchen? Auch die Reize der Grazien und Liebesgötter, allegorische Vorstellungen von den verschiedenen Zeiten des Jahres und des Tages, mögen hier der Phantasie gefallen. Große Verdienste um die wohlthätigen Künste des Landbaues und des Gartenwesens, um die Aufheiterung des menschlichen Geistes durch landschaftliche Poesie und Malerey, können hier, zu ihrem Ruhm in Statüen sichtbar, ihre anständigen und edlen Wirkungen verbreiten.
Die Mehrheit der Statüen wird von dem Charakter des Landhauses sowohl, als von dem Stande und Reichthum seines Besitzers bestimmt. Das Mindere ist auch hier dem Mehrern vorzuziehen. Sowohl in so ferne Statüen kostbare Verzierungen sind, als auch zum Gewinn einer sichern und stärkern Wirkung, dürfen ihrer nur sehr wenige seyn. Landhäuser der mittlern Klasse können sie 31 gern entbehren, und die blos artige und bescheidene Ville scheint gar keine zu vertragen.

Ohne Zweifel haben einige Engländer erst von den Italiänern die Mode angenommen, ihre Landhäuser mit Statüen, Büsten, Basreliefs und andern Werken der Bildhauerkunst, besonders aus dem Alterthum, anzufüllen. Manche Villen in Italien sehen eher einer Kunstakademie, als einem Landhause ähnlich. Indessen kann hier der Ueberfluß von Statüen und Bruststücken noch eher entschuldiget werden, da sie übrig gebliebene Zeugen von den schönsten Jahrhunderten eben dieses Landes sind, ehrwürdige Heiligthümer, die an den Geist der großen Männer erinnern, die vormals unter eben diesem Himmel wohnten, deren Afche unter eben diesem Boden ruht. Auch möchten hier die mancherley Kunstwerke des Alterthums nicht gerade aus dem Gesichtspunkte der Verzierung, die sich für ein Landhaus schickt, zu beurtheilen seyn; die Villen sind gleichsam Magazine, wohin alles bequem gebracht wer32den kann, was nach und nach an Antiken entdeckt wird. Wenn aber einige Britten mehr darauf sehen, um nur ihre Landhäuser mit alten, wahren oder eingebildeten, Kunstwerken, die sie mit vielen Kosten herbeyholen, recht voll zu füllen, als ob sich alle diese Verzierungen, zumal in Menge, für den Charakter eines Landhauses schickten; so ist dieses doch wohl nichts geringeres, als eine Uebertreibung.
Statüen werden sowohl in den Gemächern, besonders in großen Sälen, als auch bey dem Eingange und auf den Vorplätzen der Gebäude mit der meisten Schicklichkeit angebracht, weil das Auge sie hier am bequemsten betrachten kann, und weil wir menschliche Wesen auf der Erde, und nicht in der Luft, zu sehen gewohnt sind. Aus diesen beyden Gründen scheinen sie auf den Dächern weniger schickliche Verzierungen zu seyn, wozu noch die Ungewißheit ihrer Befestigung und die ängstliche Vorstellung ihres Herabstürzens kommt. Immer bleibt der Anblick menschlicher Gestalten auf unnatürlichen Plätzen sehr befremdend, auf Ründungen, auf Spitzen, auf Abschüssen, wo kein Mensch, ohne Gefahr herabzufallen, sich halten kann. Inzwischen wollen wir nicht läugnen, daß nicht allein die Gewohnheit macht, daß man sie auf den Dächern gerne duldet, sondern daß sie auch selbst eine gewisse Wirkung von Würde und Pracht haben; und nach diesem Gefühl hat man sie wahrscheinlich von den Alten nachgeahmt, die sie zuerst bey ihren öffentlichen Gebäuden, die unter dem Schutz gewisser Gottheiten standen, oder ihnen gewidmet waren, nicht ohne Beystimmung ihrer Religionsbegriffe eingeführt zu haben scheinen. Allein man kann die Beladung der Dächer mit Statüen und Büsten schwerlich weiter treiben, als in den neuern Zeiten die italiänischen Architekten gethan haben. Will man sie indessen auf den Dächern der Lustschlösser und edlen Landhäuser länger beybehalten, so müssen es doch nur sehr wenige seyn, und diese müssen nicht allein nach der Höhe eine verhältnißmäßige Vergrößerung, sondern auch nach ihren Vorstellungen die genaueste Uebereinstimmung mit dem Charakter und der Bestimmung des Gebäudes haben. Am besten stehen sie auf einem ganz flachen Dache, sowohl weil sie hier mehr Anschein von Befestigung haben, als auch die Einförmigkeit der Fläche mindern. Nichts aber ist widersinniger, als auf ein Landhaus den Jupiter, Mars, Herkules, die Göttinn des Sieges und der Gerechtigkeit zu setzen, wie man so häufig sieht. – Doch schicken sich diese Verzierungen immer noch besser auf Residenzschlösser und Paläste in großen Städten, als auf ländliche Lustschlösser, worinn die Hoheit einen Theil ihres beschwerlichen Gepränges ablegt, und näher zu der glücklichen Mittelmäßigkeit des Lebens herabsteigt.
33 Sowohl in dem Innern des Gebäudes als auch bey dem Eingange hüte man sich, die Statüen in Nischen zu verstecken, so gemein auch diese seltsame Gewohnheit ist. Eine Statüe nimmt sich nie schöner aus, als wenn sie frey stehend auf einem Fußgestell gesehen wird. Der Eindruck ihrer Schönheit ist unvollständig, so lange sie nicht in ihrem ganzen Umriß betrachtet werden kann. Und warum eben die Hälfte einer schönen Bildung in einer Mauer vergraben? Warum ein Gebäude mit Aushöhlungen verunstalten?
Blumentöpfe, Schilder, Figuren von Thieren und andere Zierrathen von diesem Schlag auf den Dächern, fallen so offenbar in das Unschickliche, daß man darüber kein Wort mehr verlieren darf; und zum Glück ist dieser sonderbare Geschmack schon an vielen Oertern aus seinem Besitz vertrieben. Da es scheint, daß man auf den Dächern, zumal auf den ganz flachen, nicht alle Verzierung entbehren kann, so wäre es für Architekten, die mit Geschmack und Beurtheilung eine glückliche Erfindungskraft verbinden, eine rühmliche Beschäftigung, anstatt der gewöhnlichen Zierrathen neue zu bestimmen, die sowohl den Gebäuden überhaupt, als auch den verschiedenen besondern Charakteren, deren sie fähig sind, angemessen wären.
34
35 Zweyter Abschnitt.
Von kleinern Gartengebäuden.
1.
Gebäude wurden zuerst, der Bequemlichkeit wegen, in Gärten angelegt. Man suchte einen Ort, wo man vor dem Regen, dem Winde und der Hitze Schutz finden könnte; man wollte für die Gesellschaft, für die Tafel, oder für die Einsamkeit einen angenehmen Aufenthalt haben; und in entfernten Gärten, wohin man zuweilen auf einige Tage sich aus der Stadt begab, war eine Wohnung mit einer kleinen häuslichen Einrichtung unentbehrlich. Die ursprüngliche Bestimmung der Gartengebäude gieng auf einen nützlichen Gebrauch.
Diese Bestimmung ist nachher fast ganz in eine andere verwandelt worden, da der Geschmack sie als Mittel der Verschönerung betrachten lernte, und ihnen daher Form, Zierlichkeit, Charakter und Lage zu bestimmen anfieng, indem man sich vorher auf die Bequemlichkeit ihrer innern Einrichtung eingeschränkt hatte.
Indessen ist die erste Bestimmung der Gartengebäude in der That so wenig entbehrlich, daß sich vielmehr noch immer von ihnen ein nützlicher Gebrauch mit Mannigfaltigkeit und Erweiterung machen läßt. Nach dieser Bestimmung bleiben sie angenehme Zufluchtsörter, wohin man vor den Unbequemlichkeiten der Witterung flieht, Plätze, wo man die Vergnügungen der Gesellschaft oder der Einsamkeit genießet.
Man kann kleinere Gartengebäude selbst zur Bewohnung einrichten. Diese Einrichtung ist nicht allein für Privatpersonen angenehm, sondern auch bey Lustschlössern und Landhäusern, deren Besitzer entweder ein starkes Gefolge, oder oft viele Besuche haben, von vorzüglicher Bequemlichkeit. Wir haben davon schon ein schönes Muster gesehen. *) Das Lustschloß oder Landhaus bedarf alsdann keiner so großen Weitläuftigkeit; und die Herrschaften leiden weder von den Gästen, noch von dem Gewühl der Bedienten Beschwerde. Der Herr der Hauptwohnung behält seine Ruhe, und der Gast seine Freyheit. Man kann zu dieser Absicht die kleinern Gebäude in einer gewissen Entfernung von der herrschaftlichen Wohnung einzeln in den Gebüschen und an andern angenehmen Plätzen zerstreuen. Jede kann sich durch Lage, Form und Auszierung unterscheiden; alle aber müssen an Bequemlichkeit und Net-
——————
*) Im Park Heschenberg. S. im 2ten B. die erste Beschreibung im Anhang.
36tigkeit übereinstimmen, eine Abtheilung für die Herren und für die Bedienten, und ein ruhiges und anmuthiges Schlafgemach haben. Die Größe darf nur nach dem Bedürfniß und der Bequemlichkeit abgemessen seyn; man braucht wenig Raum, wo man gleich auf einen grünen schattigten Vorplatz austreten kann. Nahe um diese ländliche Hütten mögen blühende Gesträuche und die lieblichsten Blumen der Jahreszeit ihre Wohlgerüche aushauchen, der Pfirschbaum und die Weinrebe mag sich an den Fenstern hinaufziehen, und an der Seite des Schlafgemachs in einem Gebüsch, wo die Sängerinn der Liebe gerne wohnt, eine Quelle rauschen. Jeder Bewohner bleibt hier die Zeit des Tages, so lange es ihm gefällt; die Besuche, die er seinen Nachbarn giebt, sind so viele angenehme Spaziergänge; er verschließt sich wieder zum Lesen und zur Beschäftigung; er liebt seine Wohnung, als sein Eigenthum. Dieses ist ohne Widerspruch ein weit mehr lachendes Gemälde, als ein Gebäude mit zwanzig Fenstern im Vordertheil; alles athmet hier ländliche Freyheit und Anmuth.
Nicht weniger lassen sich einzelne Gartengebäude zu einem besondern Gebrauch, der zwischen Ergötzung und Bequemlichkeit in der Mitte liegt, bestimmen. So kann man dem Vergnügen der Tafel ein besonderes Lusthaus widmen. Es verlangt eine kühle, schattigte Lage, und eine heitre Aussicht. Ist in der Nähe eine klare Quelle, ein Gebüsch, das von singenden Vögeln bewohnt wird, ein beschatteter Vorplatz zum Herumwandeln, desto angenehmer. Der Speisesaal muß hoch und helle seyn, und verziert in einem lebhaften angenehmen Geschmack. Die Küche verberge sich in den Schatten eines nahen Dickigts.
Ein anderes Gartengebäude kann den Vergnügungen der Musik und des Tanzes besonders gewidmet seyn. Es verlangt keine prächtige Lage, noch weite ergötzende Aussichten; keine stark interessirende Naturscenen in der Nähe. Eine Verschliessung im ruhigen Schatten ist hier am meisten angemessen. Der äußere Charakter kündige die Bestimmung des Gebäudes an, und die innere Verzierung befriedige die Erwartung, die vor dem Eintritt erregt wird.
Ein abgesondertes einzeln liegendes Studierkabinet fordert eine ruhige und einsame Lage zwischen Heiterkeit und milder Beschattung; denn gar zu viel Helle ist hier eben so unbequem, als zu viel Dunkelheit. Kein Geräusch eines starken Wasserfalls, aber kleine sanfte Wassergüsse; zur Seite eine Anhöhe, wenn es die Lage verstattet, oder hohe Bäume, die den Flug des Geistes beleben helfen. Immer so viel Aussicht auf lebhafte Scenen in der Ferne, als in Zwischenstunden zur Erheiterung nöthig ist. Am Eingang oder auf dem Vorplatz die Statüe des Vaters der Künste, oder eines Philosophen, oder eines Dichters, der Liebling des Besitzers ist, an dessen Feuer sich seine Einbildungskraft erwärmt, dessen Ruhm seine Eifersucht beherrscht. 37 Einfalt und Ruhe zeichnen sich an dem ganzen Gebäude aus, und die sparsame Verzierung winke auf die sanften Geschäfte der Musen hin. Umher einsame Spaziergänge, in deren Stille die Seele sich gerne in sich selbst versenkt; keine Scenen, die ihre Aufmerksamkeit von ihr selbst abziehen, die das Nachdenken durch eine Ueberraschung unterbrechen, oder Empfindungen erregen, die mit dieser Verfassung nicht vereinbar sind. Weil die Heiterkeit des Morgens die Beschäftigungen des Geistes begünstigt, so wird die Lage gegen Osten vorzuziehen seyn. Ein solches Gebäude muß nicht blos bequemen Raum für eine Bibliothek haben; man kann auch darinn, nach dem Studium und Geschmack des Besitzers, Plätze für Naturaliensammlungen absondern. Denn die Untersuchung der mancherley Naturmerkwürdigkeiten ist immer eine der interessantesten und anständigsten Beschäftigungen des philosophischen Landlebens.
Ein einzelnes Schlafkabinet verberge sich in die Umhüllung eines kleinen lieblichen Gebüsches, woraus süße Düfte emporathmen, und die nächtlichen Seufzer der Nachtigall sich mit zärtlicher Wehmuth erheben. Die Stille verkündige die Ruhe, und nur ein leises Geräusch von regelmäßigen Wassergüssen locke den Schlummer herbey. Kein Glanz, keine Lebhaftigkeit; alles umher in milde Ueberschattung, in den sorglosen Frieden der Natur versenkt. Die Pracht der Blumen, die nur durch Farbe ergötzen, ist hier unbekannt; aber die Nachtviole, die den Tag über unbewundert und ungesehen sich vor ihrer eigenen Gestalt zu verbergen schien, spendet nun ihre unerschöpflichen Wohlgerüche in der geliebten Dämmerung aus. Das Silberlicht des Mondes, gebrochen von dem Laube der umstehenden Gebüsche, schleicht an die Fenster heran, und scheint die Schlummernden zu suchen, um ihre Ruhestelle mit bescheidener Freundlichkeit zu erheitern. Indessen fängt allmählig die Morgenröthe an in Osten aufzuglühen, und ihre ersten Strahlen schräge in einen Theil des Schlaskabinets spielen zu lassen, das eine solche Lage hat, wobey es nicht auf einmal mit dem vollen blendenden Glanz der aufgehenden Sonne erfüllt wird. Nun erheitern sich wieder in den Gemälden an den Wänden die landschaftlichen Scenen des Morgens, die Spiele der Liebesgötter und die Flucht der gaukelnden Träume.
In Gegenden, die das Vergnügen der Jagd geben, lassen sich kleinere Jagdhäuser anlegen, die noch von den weitläuftigen Jagdschlössern unterschieden sind, welche die Fürsten vormals mehr, als itzt, zu erbauen pflegten. Ein Jagdhaus dient nicht eigentlich zur Bewohnung, sondern zu einem Zufluchtsorte, wo man in der Jagdzeit vor plötzlichen Ueberfällen einer bösen Witterung Schutz findet, Tafel hält, Erfrischungen einnimmt, und von den Beschwerden ausruhet. Es muß von dem Wildstande nicht zu weit entfernet seyn, und eine trockene, sonnigte und angenehme Lage 38 haben. Eine Anhöhe, die etwas über die Waldung emporragt, und wovon das Auge einen Theil der Jagdplätze überschauen kann, scheint die vortheilhafteste Lage zu seyn. Weil man in dieser Jahreszeit die Erwärmung der Sonne liebt, so müssen die Fenster zum reichen Empfang ihrer Strahlen angelegt seyn. Das Gebäude verlangt keine Pracht, nur Bequemlichkeit und einen mäßigen Grad von Zierlichkeit. Die gemeinen Verzierungen von Hirschgeweih und Jagdhörnern können mit feinern Sinnbildern, mit mythologischen Vorstellungen, die auf die Jagd eine Beziehung haben, vertauscht werden. Eine Venus in der rührenden Stellung, da sie ihren schönen von einem Eber auf der Jagd getödteten Adonis, ein Opfer seiner Unvorsichtigkeit, beklagt, ist wenigstens eine viel mehr anziehende Vorstellung, als ein über der Thüre gemaltes Windspiel. Am meisten interessant müssen hier Gemälde seyn, die Handlungen des Mitleidens gegen Thiere vorstellen, und den Menschen von der rohen Jagdlust wieder zu sanftern Gefühlen zurückrufen.
Zu den Ergötzungen des Vogelfangs können ebenfalls in herbstlichen Revieren besondere Gebäude bestimmt werden. Ihre Lage muß einsam, von Gebüschen umschlossen seyn; Bäume und Sträucher mit Beeren, welche die Vögel lieben, empfehlen sich hier zu einer Pflanzung, die zugleich das Auge ergötzt. Ein kleiner ruhiger Bach dient nicht blos zur Verzierung, sondern auch zum Bedürfniß. Das Gebäude kann aus einem einfachen Lustkabinetchen bestehen; es bedarf gar keines Umfangs: denn man verweilt da nur in einigen Stunden, um die kleinen Anstalten zum Fang vorzubereiten, und ihre Wirkung zu belauschen. Das Kabinet muß ein leichtes und luftiges Ansehen haben. Man muß sich auf versteckten Gängen unvermerkt zu ihm heranschleichen können.
Die Vogelhäuser, worinn man allerley lebendiges Geflügel erzieht, sind bekannt, und waren schon bey den Römern üblich. Sie erfordern vornehmlich Grün, frisches Wasser, Schatten, und einen nicht zu feuchten und kalten Ort; man überzieht sie mit einem Gitter von Drath, das so hoch seyn kann, daß Bäume darunter bequem emporwachsen können. Ein kleiner Springbrunnen erhält das Wasser frisch, und trägt zur Belebung bey. In einem Kabinetchen zur Seite kann man die verschiedene Haushaltung der Familien beobachten. Für einheimische Sangvögel ist ein Vogelhaus doch immer ein unverdientes Gefängniß.
Eine reinliche aber nachläßig gebauete Hütte oder ein freyes Lusthäuschen, das nur Pfeiler anstatt zugemachter Wände, nur ein beschützendes Dach hat, würde zu den Belustigungen des Fischfangs dienen. Es kann ein so sorgloses hingeworfenes Werk seyn, daß es gar keine Verzierungen verstattet, daß man schon zufrieden ist, wenn es nur nicht zu sehr gegen alle Richtigkeit der Verhältnisse anstößt. Es muß 39 weg von dem Ufer des Sees oder Teiches, etwas über das Wasser hin, vorrücken, und ein Boot oder einen Kahn zur Seite haben, die nach dem Nutzen zugleich eine Art von Verzierung ausmachen.
Das Bad zeige sich nicht frey, nicht an einem breiten Spaziergang, nicht auf einem Rasenplatz, wo es von allen Seiten in die Augen fällt; die widersinnigste Anlage, wiewohl man sie antrifft. Es verberge sich vor den Blicken der Neubegierde in eine Vertiefung, in einen Dickigt; eine milde Ueberschattung hange herab, und nur der sanfte Strahl der Abendsonne, gegen welche es seine schönere Lage wählt, streue ihm durch die Gebüsche eine liebliche Erheiterung zu. Wohlriechende Sträucher und Blumen mit starken Düften umkränzen seine Seiten. Die Architektur sey bescheiden und ohne allen Prunk. Ein niedriges Dach, wenig Fenster oder Oeffnung, an den innern Wänden sparsame Verzierung. Keine Vorstellung, wobey sich die Phantasie gegen die Tugend empört; nur Bilder voll sittsamer Unschuld, oder ein Gemälde der einsamen Nymphe, die vor dem Bade im umschattenden Gebüsch stehend, schüchtern in sich geschmiegt, vor sich selbst erröthend, die Hand zurückzurufen scheint, die den Gürtel lösen soll.
Es wird kaum einer Bemerkung bedürfen, daß die bisher angeführten Gartengebäude, vornehmlich in ausgedehnten Gärten und Parks, die eine Mannigfaltigkeit von Gegenden und Anlagen zulassen, Platz haben. Und auch hier werden sie mit viel Ueberlegung und Mäßigung anzuordnen seyn. Denn ein Garten verträgt nicht immer die Gebäude, die ein anderer zu fordern scheint. Man muß, ehe man sie wählt, zuerst auf die Lage, den Charakter und die Einrichtung eines Gartens Rücksicht nehmen, und daraus beurtheilen, was sich für ihn schickt. Kleinere Gärten müssen es nicht wagen, die größern in Ansehung des Reichthums der Gebäude nachahmen zu wollen; denn nichts ist unerträglicher, als einen Platz, der den Schönheiten der Natur gewidmet seyn soll, mit Gegenständen der Kunst überladen zu sehen. In einem Garten von nicht sehr beträchtlichem Umfang können drey Gebäude schon zu viel seyn.
Die gewöhnlichen Namen, die man Gebäuden dieser Art giebt, Pavillons, Lusthäuser, Lustkabinette, Lauben, und die vornehmlich nur einen Unterscheid der äußern Größe zu bezeichnen scheinen, können in dem Wesentlichen ihres Charakters nichts ändern. Es ist gleichgültig, ob man ein Gebäude, das man bey der Jagd braucht, wie es oben beschrieben ward, ein Jagdhaus oder einen Jagdpavillon nennt. Man richtet sich in Sachen, welche die Theorie noch nicht genau bestimmt hat, vielleicht nicht bestimmen mag, nach dem eingeführten Sprachgebrauch; und man versteht und wird verstanden, ohne sich an die Genauigkeit der Logik und an den Eigensinn einer willkührlichen Terminologie zu binden.
40
41 2.
Nicht blos wegen mannigfaltiger Bequemlichkeiten sind Gebäude erhebliche Gegenstände in Gärten. Sie lassen sich noch aus andern weit mehr interessanten Gesichtspunkten betrachten.
Sie dienen zuvörderst zur Belebung einer Gegend überhaupt; sie nehmen ihr das Einförmige und Oede, durch die Idee der Bewohnung und der Gegenwart des Menschen. Diese Idee ist bey dem Anblick der Gartengebäude noch mit einem besondern Reiz vergesellschaftet. Der Mensch, dessen Anwesenheit angekündigt wird, ist nicht der zur Beschwerde und Sclaverey herabgesetzte Mensch, sondern der Mensch, der hier mit Freyheit, mit Geschmack und Vergnügen wohnt, der sich an den mannigfaltigen Scenen der Natur behagt.
Wenn gleich Gebäude Werke von der Hand des Menschen sind, so gehören sie doch mit zur Landschaft, als ein fast unentbehrliches Zubehör. Sie sind zuerst von dem Bedürfniß eingeführt, und werden noch jetzt wegen der vielen Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten des Lebens, die man in ihnen sucht, vervielfältigt. Es giebt nicht leicht eine Lage, wohin sie sich nicht schicken sollten, noch eine Gegend, worinn sie nicht merkwürdige Gegenstände abgeben könnten. Alle kluge Landschaftmaler haben von dieser Beobachtung, zur Belebung ihrer Gemälde, Gebrauch gemacht.
Weil aber die Gärten mehr durch Naturscenen, als durch Werke der Kunst, ergötzen sollen, so muß aller Ueberfluß von Gebäuden vermieden werden. Auch wenn sie an sich nicht blos durch edle Einfalt und Schönheit dem wesentlichen Charakter der Gärten gemäß, sondern auch geschickt sind, die Wirkungen der besondern Plätze zu erhöhen; so schwächen sie doch bald die Eindrücke der natürlichen Scenen, wenn sie zu häufig sind. Ein Garten darf niemals unter irgend einem Vorwande so übermäßig durch Gebäude belebt werden, daß er allen Antheil an Ländlichkeit und Einsamkeit verliert, und sich dem Ansehen einer Stadt nähert. Es ist daher nöthig, sowohl, daß jedes Gebäude in das ihm zukommende besondere Revier gelegt werde, als auch daß ein jedes Revier nicht mehr als höchstens zwey Gebäude erhalte, wozu es indessen schon von einer beträchtlichen Ausdehnung seyn muß.
42
43 3.
Außerdem, daß Gartengebäude überhaupt zur Belebung der Plätze beytragen, wird ihre Wichtigkeit dadurch noch näher einleuchtend, daß sie sich theils als Gegenstände der Schönheit, theils als Mittel zur Bezeichnung und Verstärkung der Charaktere der Gegenden, theils als Denkmäler betrachten lassen.
Als Gegenstände der Schönheit sind sie fähig, dem Auge zu schmeicheln, die Phantasie zu ergötzen, und selbst den Verstand zu unterhalten. Die Schönheit ist bey Gebäuden dieser Art unentbehrlich, da ihre Bestimmung selten allein auf bequemen Gebrauch geht, sondern am meisten auf angenehme Wirkungen für das Auge; ja in vielen Fällen hören sie auf Wohnungen zu seyn, und sind blos reizende Gegenstände. Und aus welchem Grunde dürfte ihnen die Schönheit entstehen? Oder welche Entschuldigung dürfte der Architekt erwarten, der sichs einfallen ließe, im Angesichte der schönen Natur und gleichsam in ihrem Schoos Mißgestalten zu erzeugen?
Gartengebäude dürfen weder durch Größe, noch durch Pracht sich auszeichnen. Sie müssen aber durch das Gefällige und Reizende ihrer Form, durch die Simplicität, Freyheit und Leichtigkeit ihrer Anordnung, durch die Uebereinstimmung ihres Charakters mit ihrer Bestimmung, durch das Zierliche und Anmuthige ihrer Außenseiten recht fühlbare Eindrücke machen. Sie müssen das Auge sogleich anlocken, es gleichsam an sich zaubern, daß es gerne bey ihnen ruhet, lange in ihrer Beschanung verweilt. Sie müssen lebhafte Empfindungen bald von ländlicher Ruhe, bald von Einsamkeit, bald von Freyheit, bald von gelassener Behagung, bald von heitrer Freude erwecken.
44
45 Obgleich an der Erzeugung dieser Wirkungen das Innere der Gebäude seinen Antheil hat, so ist es doch vornehmlich die Form und die Anordnung der Außenseiten, welche die Eindrücke bestimmen. Auch selbst die zum äußern Anstrich gewählte Farbe trägt mehr oder minder zur Wirkung bey, unterstützt oder schwächt sie. Man muß zwischen dem zu Starken und zwischen dem zu Matten den Mittelweg halten. Das Leuchtende und Glänzende schickt sich nicht wohl in einen Garten; zu viel Licht blendet, und zu wenig erhellt nicht genug. Das Hochrothe, wenn es auch an einem Gartengebäude schicklich wäre, ist schon zu verwerfen, weil es einem kränkelnden Auge schmerzhaft und einem gesunden empfindlich ist. Der gemäßigte Eindruck der Farben ist der angenehmste. Vornehmlich hat man bey jedem Anstrich sowohl auf Schicklichkeit überhaupt, als auch auf Wahrheit der Nachahmung zu achten. Der grüne Anstrich der Gebäude ist kindisch, noch mehr in Städten. Das Abgeschmackte wird zwar in Gärten, wo das Ganze diese Farbe zeigt, weniger bemerkt. Indessen ist es doch die elendeste Nachahmung, und ein lächerliches Unternehmen, einen Pavillon mit einem Wald oder Rasen unter eine Farbe bringen zu wollen. Holz und Stein, als die gewöhnlichsten Materien der Gebäude, kennen das Grün auf ihrer Oberfläche nicht anders, als wenn die Hand eines albernen Menschen sie damit bekleckt. Ein weißer Anstrich ist der Natur nicht entgegen, noch weniger ein grauer; wir finden diese Farbe bey Steinen, und wir mögen sie bey Gebäuden wiederfinden, die von Stein erbauet sind oder seyn könnten. Das Weiße reizt schon in der Ferne das Auge, und zeichnet sich trefflich zwischen dem dunkeln Grün der Gebüsche und Waldung aus; es ist besonders Scenen der Freude gewidmet, und wirft selbst der Einöde einen Reiz zu, der sie erheitert. In den meisten Fällen wird das Blauweißliche oder das Grauweißliche vor dem Hellweißen den Vorzug verdienen. Auch das Dunkelbraune kann gewissen Gebäuden, als einer alten Einsiedeley, mitgetheilt werden. Doch wird das Dunkelgraue jenem sowohl, als dem Schwarzen, selbst bey Trauerdenkmälern, vorzuziehen seyn. Denn wo die äußere Farbe zu dem Zufälligen gehört, da muß man forgfältig die Nachahmung zu verbergen suchen. Und jedes Gebäude muß mehr durch Form und Anordnung, als durch den Anstrich, charakterisirt seyn.
Außer der eigenthümlichen Schönheit der Architektur kann auch die Lage eines Gebäudes ungemein viel beytragen, ihm ein vortheilhaftes Ansehen zu geben. Die Lage, die zunächst nach dem Charakter und der Bestimmung der verschiedenen Gartengebäude gewählt wird, kann von einer großen Mannigfaltigkeit seyn. Zuweilen können sich Gebäude auf einer Anhöhe und im vollen Lichte zeigen; aber alsdann müssen sie sich auch mit vorzüglicher Schönheit einer edlen Architektur erheben. Am meisten sind den Gartengebäuden malerische Lagen zu geben, die theils von der Beschaffenheit 46 des Bodens, theils von seiner Verzierung bestimmt werden. So gewinnen sie an dem Abhang eines sanft aufschwellenden Hügels, an dem Ufer eines schönen Wassers, worinn sich der Widerschein bildet, zwischen Umkränzungen der Bäume und Gebüsche, eine malerische Lage. Selbst in der Vertiefung kann sie eine Einsiedlerhütte, ein Bad haben, sowohl halb in eine waldigte Verhüllung versteckt, als auch auf einem freyern Platz umflossen mit Wasser, dessen Licht zwischen kleinen Gruppen gebrochen hervorschimmert. Gebäude, die in einer gewissen Entfernung betrachtet werden, nehmen sich fast allezeit weniger schön aus, wenn sie ganz in die Augen fallen, als wenn sie von Sträuchern und Bäumen halb bedeckt sind, wodurch sie die Erwartung erregen und länger unterhalten. Wenn hier ein Theil offen liegt, und der zunächst angränzende bedeckt ist, wenn die Länge der weißen Vorderseite mit einem Baum von dunklem Laube unterbrochen ist, wenn die untern Wände zwischen den Stämmen durchscheinen, indessen der obere Theil sich hinter ihren Kronen verbirgt, wenn die heitre Spitze über eine waldigte Verdickung emporragt, wenn zur Seite auf einen Abhang hinan Bäume von einem feinen Wuchs aufsteigen, oder vom Gipfel, den sie umkränzen, mit einer angenehmen Verdunkelung herabhangen; so sind alle diese Lagen für das Ansehen der Gebäude weit vortheilhafter, als wenn sie sich ganz frey zeigten, sie geben den Gesichtspunkten so viele malerische Abänderungen, daß das Auge nicht müde wird, bey so reizenden Ansichten zu verweilen.
Weil indessen der Wirkung des Ganzen die Schönheiten einzelner Scenen untergeordnet seyn müssen; so kann sie zuweilen erfordern, daß eine sonst vorzügliche Lage eines Gebäudes, die sich mit der allgemeinen Zusammensetzung nicht verträgt, aufgeopfert werde. Sobald mehrere Gebäude aus Einem Gesichtspunkte oder in Einer ununterbrochenen Folge sich dem Auge darstellen, so sind die Wirkungen ihrer gegenseitigen Beziehungen genau zu berechnen. Und wo ein Gebäude, das für sich und abgesondert betrachtet vollkommen ist, und seine ihm zugehörige Scene ziert, doch in der Uebersicht des Ganzen die Zusammenstimmung unterbricht, oder gar durch einen Widerspruch zerstört; da muß es herabgesenkt, verdeckt, oder wenn die Umstände es nicht anders verstatten, ganz entfernt werden. Denn die einzelne Scene kann zuweilen auch ohne ein Gebäude ihren Eindruck machen. Es ist überhaupt schwer, mehrere Gebäude in Einem Gesichtspunkt mit einander zu verbinden, daß ihre Wirkungen alle ungetrennt auf ein Ziel zusammenlaufen. Weit eher wird der Gartenkünstler seinen Zweck erreichen, indem er die Gebäude mit ihren Scenen nach und nach in einem allmähligen Fortgang erscheinen läßt, und den folgenden Auftritt nicht eher eröffnet, als bis der vorhergehende seine ganze Wirkung vollendet hat. Durch diese Anordnung wird er mehr der Zerstreuung des Auges und der Verwirrung der 47 Eindrücke zuvorkommen. Wo aber mehrere Gebäude auf einmal die Aussicht bereichern, und die Wirkungen sich durch ihre Vereinigung verstärken sollen, wenn z. B. der Zuschauer auf einem ausgedehnten Rasenplatz oder auf einer Anhöhe steht; da müssen sie sowohl gegen einander in einer harmonischen Beziehung, als auch mit allen umliegenden Gegenständen, die unter eben dem Gesichtspunkte liegen, in einer angenehmen Verbindung erscheinen. Alle Theile müssen einige näher, andre entfernter, einige größer, andre kleiner, einige beleuchtet, andre beschattet, zur allgemeinen Wirkung beschäftigt zu seyn scheinen; das Helle und das Dunkle, die Ruhe und die Bewegung, müssen dem Gemälde Reiz und Abwechselung mittheilen.
Ein anderes Erforderniß der Schönheit ist, daß die Gebäude zwar in Gesichtspunkten als Hauptgegenstände erscheinen, in andern Richtungen aber wieder ganz vor dem Anblick verschwinden. Auch unvermuthet erblickt können sie lebhafte Ueberraschung hervorbringen. Sind sie bloße Zufluchtsörter, und nicht Gegenstände, die erheblicher Wirkungen fähig sind, so ist es ohnedies fast besser, sie zu verdecken. Selbst wenn sie sehr wichtig sind, dürfen sie nicht das Ansehen haben, als wenn sie mit ängstlicher Sorgfalt aufgestellt wären, als wenn sie sich dem Anblick aufdringen wollten.
Wenn in einem Garten mehrere Gebäude angelegt werden, so müssen sie sich sowohl durch Verschiedenheit ihrer Form und ihres Ansehens auszeichnen, als auch alle Symmetrie und Gleichheit in Stellungen gegen einander vermeiden. Denn wenn auch ein Gebäude, als ein Werk der Architektur, für sich Symmetrie verlangt; so darf diese doch nicht auf die Plätze, Abstände und Stellung mehrerer Gartengebäude ausgedehnt werden, wovon jedes, als ein für sich bestehendes Ganzes, frey und von den andern unabhängig sein eigenes Revier beherrscht.
Endlich ist es für die Wirkung des Ganzen nöthig, sich zu hüten, daß man nicht auf eine seltsame Vermischung verschiedener ausländischen Werke der Baukunst verfalle, nicht in Einem Prospect einen ägyptischen Obelisk, einen griechischen Tempel, ein römisches Monument, einen gothischen Thurm, einen chinesischen Pavillon erscheinen lasse; eine Ausschweifung, die in einigen Parks in England herrscht, und die so auffallend ist, daß man sich verwundern muß, wie sie bisher Nachsicht finden konnte. Welche Wirkungen kann man sich von solchen pralerischen Anstalten, von solchen Werken einer schwelgerischen Nachahmung, an einem Orte versprechen, wo die Natur ihre Reize mit einer edlen Sittsamkeit verbreitet? Wie verträgt sich mit der Einfalt der Gärten ein Bestreben, so mancherley abstechende Arten von Architektur auf einem Platz zu vereinigen? Und welche Verwirrung der Zeiten und Länder, worunter fast alle Eindrücke der gegenwärtigen Naturscenen verschwinden müssen? Man erstaunt bey dem ersten Anblick über eine so ungeheure Zusammensetzung einer zügel48losen Einbildungskraft; nur der Macht des Vorurtheils und der Gewohnheit gelingt es, sie erträglich zu machen.

49 4.
Schon hin und wieder ist vorher auf den Gesichtspunkt gewinkt, aus welchem Gartengebäude als Mittel zur Charakterisirung der verschiedenen Naturplätze erscheinen. Sie verdienen von dieser Seite noch eine nähere Betrachtung.
Bey einem aufmerksamen Blick in den Landschaften umher bemerken wir schon leicht die einwirkende Kraft der Gebäude auf die sie umgebende Gegend. In einem ruhigen Thale mit Wiesen umkränzt, durch welche sich ein kleiner Bach schlängelt, erblicken wir einige hin und her zerstreuete Hütten, niedrig, bemoost und nachläßig erbaut, die ein unzertrennliches Eigenthum dieser Lage zu seyn scheinen, ihre Einfachheit und glückliche Sorglosigkeit vermehren. An dem Abhange eines Berges, den auf der einen Seite ein ansehnlicher Wald, auf der andern reiche Saatfelder mit Viehtriften abwechselnd schmücken, steigen aus den Umhüllungen der Fruchtbäume einige Spitzen von ländlichen Häusern empor, die hoch, geräumig, und zierlich ins Auge fallen; sie verkündigen mit dem Begriff von Fruchtbarkeit, welchen ihre Gegend erweckt, Wohlstand und Bequemlichkeit des Lebens. Einige Hütten nahe an dem Ufer eines Sees, der in einer versperrten, wilden und unfruchtbaren Gegend liegt, lassen uns doch die Beschäftigungen des Fischfangs errathen, und bringen dadurch etwas Leben in die Vorstellung der Einöde. Zerfallene Wohnungen, deren durchlöcherte Wände den Winden offen stehen, verstärken den Begriff von Armuth noch mehr, den weite, kornlose Sandfelder erregen. Der Anblick entdachter Landhäuser, die ein verwüstender Hagel unbewohnbar gemacht, verdunkelt noch mehr das Gemälde, das die zerstörten Kornfluren darstellen. Erfreuender lacht uns eine in hoher Cultur blühende Landschaft entgegen, wenn in ihrer Mitte sich ein Landhaus von edler und reicher Architektur erhebt. Ein zerstörtes, von einer Felsspitze herabhangendes, Schloß mit durchlöchertem Gemäuer, wovon ansehnliche Massen herabgestürzt in der Tiefe liegen, vermehrt das Grausen der umherliegenden Wildniß, wo kahle Felsen an Felsen sich thürmen, und von dem Getöse des Stroms wiederhallen, der gedrängt zwischen den Klüften kämpft. Nach einem langen Wege durch stille und einsame Gehölze ist eine Wassermühle, auf die wir unvermuthet in einer dunkeln Vertiefung stoßen, oft schon ein sehr mächtiger Gegenstand, die Scene zu erfrischen und den Geist wieder zu beleben. Noch mehr rührt uns, zumal nach dem Geräusch der Städte und offenen Landstraßen, in einem unerwartet sich senkenden Thale der Anblick einer artig gebaueten Landwohnung, die in stiller Anmuth da liegt, an einem kleinen Wasser, das sich von einem vorüberfließenden Bache gesammelt hat; die klare Fluth freuet sich, das Bild der ländlichreizenden Hütte zu tragen; an den Fenstern zieht sich vertraut der 50 spanische Hollunder mit dem Weinstock hinan; nahe Fruchtbäume verbreiten eine liebliche Dämmerung, und vor dem Eingange eine hohe über alle hervorragende Linde, deren Schatten schon die Urväter erfrischte; im Vorhofe verschiedene Geschlechter des Federviehes, die alle in ruhiger Eintracht eine Familie ausmachen, bald im Schatten sich ruhig verbergen, bald im Wasser plätschern, bald im fröhlichen Gewimmel an die volle Hand des hervortretenden Hausherrn herbeyfliegen, und mit ihren mannigfaltigen Stimmen und Bewegungen seiner Güte danken. Beglückter Aufenthalt des Friedens und der Einfalt! Rührendes Bild der Unschuld, das uns von Edens Seligkeit allein übrig blieb! Wer kann so empfindungsleer, von sich selbst so vergessen seyn, den nicht dein sanfter Reiz heranlockte, dem er nicht einen Seufzer voll wehmüthiger Sehnsucht entführte?
Eben so, wie in der Landschaft, müssen Gebäude in den verschiedenen Revieren der Gärten ihre Wirkungen beweisen, nicht bloße Gegenstände, sondern Gegenstände von einer bestimmten Bedeutung seyn. Sie müssen geschickt seyn, die Charaktere der Gegenden, denen sie zugeordnet werden, nicht blos deutlicher zu bezeichnen, sondern ihnen auch eine neue Kraft mitzutheilen, die sich schnell über das Ganze verbreitet. Sie müssen die Anmuthigkeit, die Heiterkeit, den Ernst, die Melancholie der Auftritte, unter welchen sie liegen, erhöhen, und jeden Charakter dem Gefühl eindringender machen. Eine offene Rotunde z. B. vermehrt auf einem Hügel das Luftige einer kleinen Gruppe, die sich um seinen Abhang mit hellen Zwischenräumen zieht; eine Capelle hebt das Feyerliche, eine Einsiedeley das Melancholische, ein Tempel das Edle, und eine Hütte das Ländliche der Scenen.
Demnach ist es nothwendig, daß die Gebäude zuvörderst mit dem Charakter des Orts, wo sie sich zeigen, übereinstimmen. Was kann widersinniger seyn, als ein bürgerliches Haus in einem Park, eine Einsiedeley mitten auf einem weiten offenen Rasenplatz oder an dem Eingange einer Hauptallee, einen edlen Pavillon in einer Wildniß, eine Hütte auf einem mit herrlichen Bäumen gezierten Hügel, einen Thurm oder Ruinen an einem lebhaften Bach in einem heitern Blumenrevier, ein Studierkabinet an der Landstraße, ein Badhaus auf einer Anhöhe aufzustellen? Vergehungen dieser Art verletzen so offenbar die wesentlichen Regeln der Schicklichkeit, daß sie nicht anders als mit dem größten Mißfallen bemerkt werden.
Der Charakter jeder Scene bestimmt, welches Gebäude ihr angemessen ist. Und aus dieser Bestimmung folgt der nothwendige Unterschied der Gebäude. So 51 wird eine kleine luftige Anhöhe, bekränzt mit blühenden Gesträuchern, ein leichtes, freyes und anmuthiges Lusthaus zur Vermehrung ihrer Heiterkeit; und die sanfte Melancholie eines verschlossenen, schattenvollen Reviers eine Einsiedlerhütte verlangen, die sich von dem öffentlichen Anblick entfernt. Allein auch die Größe und die äußere Verzierung eines Gebäudes muß jedesmal nach dem besondern Charakter der Scene abgemessen seyn. Zuviel Ausdehnung und Reichthum überwältigt oft den Eindruck, den die Naturscene machen soll; zu wenig hebt ihre Wirkung nicht genug. Denn niemals darf man vergessen, daß das Gebäude und die Gegend nicht als einzeln für sich bestehende Theile anzusehen sind, sondern zusammen ein Ganzes ausmachen, sich durch ihre Beziehungen auf einander freundschaftlich unterstützen, und ihre beyderseitigen Wirkungen durch harmonische Vereinigung verstärken sollen. Und daher ist selbst auch in dieser Rücksicht der äußere Anstrich der Gebäude nichts gleichgültiges. Er muß dem Charakter der Scene zustimmen, ihr weder zu viel noch zu wenig Licht zuwerfen, lebhaft seyn, wenn sie Heiterkeit hat, ihrer Milde sich nähern, wenn sie sanft ist, und wenn sie ins Dunkle sinkt, sich gleichsam mit ihrem eigenen Schatten hüllen.
Wenn nur die Gebäude nach Lage und Charakter, wovon allein die großen Wirkungen abhängen, mit ihren Scenen übereinstimmen; so darf man nicht zu abgenutzten Zierrathen und überflüßigen Zusätzen seine Zuflucht nehmen. Dahin gehören vornehmlich Bildhauerarbeiten und Malereyen, die man an den äußern Wänden anbringt, z. B. tanzende Figuren an einem Lusthause, Todtenköpfe vor einer Einsiedeley, gemalte Blumen, Vögel, Springbrunnen, u. s. f. Dieß sind leere Bezeichnungen und Erklärungen, die nur das Auge des Kindes ergötzen, die Leute ohne Verstand nöthig haben. Fehlt dem Gebäude in Form und Anordnung der Ausdruck seines Charakters, so kann aller Reichthum von solchen Sinnbildern ihn nicht ersetzen. Und trägt es schon, wie es soll, das deutliche Gepräge seines Charakters; wozu die Verschwendung von Erklärungen, die entbehrlich sind, und von Zierrathen, die der Einfalt widersprechen? Auch ist ihr Eindruck lange nicht so schnell und eindringend, als der Eindruck der Gebäude selbst. Nicht selten wird selbst das Auge beleidigt, wenn es da Malereyen findet, wo es nur einen einfachen Anstrich des Steins oder Holzes zu erwarten sich berechtigt hält. Noch unerträglicher ist die selbst aus einigen engländischen Gärten noch nicht ganz verscheuchte Mode, bloße Bretter aufzustellen, und sie mit Prospecten, Cascaden, Blumen, u. s. f. zu bemalen. Diese Mode herrschte in der alten Manier unter dem Schutz so vieler andern abgeschmackten Dinge. Man erinnert sich nicht ohne Unwillen an den Mißbrauch, den der berühmte Blumenmaler Fontenay von seiner Kunst machen mußte, da ihn Ludewig XIV. in dem Garten 52 zu Marly auf die bleyernen Einfassungen der Karpenteiche Blumen malen, und alle Jahr aufs neue ausbessern hieß; noch mehr, da dieser Künstler, zur Ausfüllung einer Lücke in einer Hecke, von Blech ausgeschnittene Blätter, die an ein hölzernes Gitterwerk geschlagen worden, wie Buchenlaub bemalen mußte. Es gehört unstreitig ein schöpferischer Erfindungsgeist dazu, um diesen Einfall zu übertreffen.
Doch zu unsern Gebäuden zurück. Um eine sichere und augenblickliche Wirkung beweisen zu können, müssen sie mit der Scene, wozu sie gehören, sich verbinden, nicht sich abhängig machen, nicht als für sich bestehende Gegenstände erscheinen. Sie müssen mitten in dem Auftritt liegen, oder doch von einem beträchtlichen Theil seines Bezirks umgeben seyn. Auf einer Ecke oder auf der Spitze einer Anhöhe scheinen sie sich von der Scene entfernen zu wollen, und man sieht sie leicht als Gegenstände an, die nicht dazu gehören. Indessen sind zuweilen einige Bäume oder ein kleines Gebüsch zur Zusammenziehung der getrennten Theile schon behülflich.
Bey der Verbindung der Gebäude mit ihren Revieren ist vornehmlich darauf sorgfältige Rücksicht zu nehmen, daß sie gerade die Lage erhalten, wodurch ihre Wirkung am meisten gewiß und deutlich empfunden wird. Denn ein Gebäude kann mit der Scene zusammenhängen, ohne eben den Ort einzunehmen, der ihm doch zugehört, und wovon ein stärkerer Eindruck zu gewinnen wäre. Diese Regel hat ohne Zweifel ihre Richtigkeit; allein ihre glückliche Anwendung hängt in jedem vorkommenden Fall von der gesunden Beurtheilungskraft des Gartenkünstlers ab.
In Rücksicht auf das Ganze eines ausgedehnten Parks, der mehrere Gebäude zuläßt, haben sie noch den Vortheil, daß sie dem Auge die Unterscheidung der verschiedenen einzelnen Gegenden und Anlagen erleichtern. Denn oft können Gruppen, Hayne, Gewässer und Rasenplätze sich im Ganzen so fest an einander anschließen, daß dadurch der Unterschied der Plätze undeutlich wird. Gebäude helfen am besten dieser Unbequemlichkeit ab. Sie kündigen sich dem Auge so hervorstechend an, sie bezeichnen den Ort so kenntbar, sie prägen dem Gedächtnisse die Merkmale ihrer Verschiedenheit so deutlich ein, daß keine Vermengung der verschiedenen Theile in der Zusammensetzung mehr zu besorgen ist.
Bey allen einzelnen Scenen muß man jedoch von der Kraft der Gebäude nicht mehr erwarten, als was sie leisten können. Sie machen freylich fast immer den ersten Eindruck, der sich mit vorzüglicher Lebhaftigkeit verbreitet; allein die Scene selbst 53 muß von einem solchen Charakter, von einer solchen Abbildung seyn, daß sie ihren Eindruck freundschaftlich begleitet und unterstützt. Gebäude können zwar die Charaktere der Naturplätze verstärken; sie können sie aber niemals umändern. Ein edler Pavillon kann keine Wüste in ein Lustgefilde verwandeln.
Noch andere weniger beträchtliche Vortheile lassen sich den Gebäuden abgewinnen. Sie dienen oft zur Unterbrechung der Aussicht, und verhindern die Zerstreuung des Auges, das auf den innern Bezirk eingeschränkt werden soll. Sie verdecken oft widrige Prospecte, z. B. auf eine leere Ebene, auf Sandfelder, auf Torfmoore, auf kahle Höhen, wovon der Blick abgezogen wird, und sich dagegen mit dem Genuß ihrer Schönheit unterhält. Und diese Wirkungen können zugleich von nahe umherstehenden Bäumen, welche die Ausdehnung vergrößern, unterstützt werden. Gruppen von Bäumen und Gebüschen können indessen zu eben dieser Absicht gebraucht werden; auch ist ihre Anlage weniger kostbar. Allein wenn sich von einem Gebäude, seiner Hauptbestimmung unbeschadet, zugleich diese Vortheile als gefällige Umstände gewinnen lassen; so dürfen sie nicht vernachläßigt werden, zumal da sie gewisser und von einer beständigern Dauer sind, weil sie der Veränderung der Jahreszeit, welche die Bäume entblättert, nicht unterworfen sind.
Zu allen den bisher entwickelten Vortheilen der Gartengebäude kommt noch die Bequemlichkeit ihrer Anwendung. Sie sind mehr in der Gewalt des Menschen, als die Gegenden, welche die Natur schaffen muß, und die Kunst fast immer nur mit vieler Mühe, und nicht selten mit verfehlter Erwartung, bearbeitet. Der Gartenkünstler ist, als Architekt, weniger eingeschränkt. Er kann Formen und Charaktere bilden; er kann Lagen und Verbindungen geben, wie er will.
54
55 5.
Noch mehr läßt sich die Anwendung der Gebäude erweitern, indem sie zu Denkmälern bestimmt werden. Sie sind alsdann in der Architektur ungefähr das, was in der Bildhauerkunst Statüen, Urnen und andere Monumente sind. Durch diesen Gebrauch erhalten die Werke der Baukunst eine neue Bestimmung, und werden zugleich veredelt, indem sie moralische Wirkungen auf die Seele des Anschauers beweisen.
Sie können dem Andenken einer Sache oder einer Person gewidmet werden. Allein diese Sache oder diese Person muß nicht allein eine gewisse Würde und Wichtigkeit haben, sondern auch in dem Bezirk der Vorstellungen und Bewegungen liegen, die den Gärten eigen sind. So hat man in England im Park zu Hagley Popens und Thomsons Andenken an Stellen, die sie gern besuchten, wo sie sich oft den Entzückungen der Natur überließen, Gebäude mit Wahrheit und Schicklichkeit gewidmet.
Die Vorstellung und Empfindung, die durch diese Denkmäler erweckt wird, kann ernsthaft oder munter, melancholisch oder heiter seyn. Eine Begebenheit, deren Wiedererinnerung eine süße Schwermuth erregt, kann hier mit eben so vielem Rechte Platz finden, als eine andere, die das Gemüth mit Lustigkeit erfüllt.
Das Gebäude muß, um seine Wirkung nicht zu verfehlen, durch seine ganze Anordnung und Lage stark charakterisirt seyn; seine Bedeutung muß nicht allein unzweifelhaft seyn, sondern auch ohne langes Nachdenken empfunden werden. So schwer es auch ist, so viel Scharfsinn und Genie es auch erfordert, so muß der Künstler sich doch bestreben, diese Verständlichkeit durch den Charakter des Gebäudes selbst auszudrücken. Er kann diesen Ausdruck des Charakters durch äußere Sinnbilder unterstützen. Von ihnen ganz allein alles erwarten, muß er gemeinen Köpfen überlassen, die unfähig, ihrem Werke den Charakter der Wahrheit und der Uebereinstimmung aufzuprägen, zu erklärenden Zusätzen ihre Zuflucht nehmen müssen.
Bey den Alten waren einige Tempel bloße Denkmäler, und zum Theil als solche haben die Engländer sie in ihre Parks eingeführt. Da die nachgeahmten Tempel bey uns keinen bestimmten Gebrauch haben, indessen sich besonders durch einen gewissen Charakter des Edlen und Ehrwürdigen auszeichnen, so scheinen sie gerade die Art von Gebäuden zu seyn, die sich am besten als Denkmäler gebrauchen läßt. Wir werden uns davon bey der nähern Untersuchung der Tempel überzeugen.
56 Zu dieser Gattung von Gebäuden, die als Denkmäler aufgestellt werden, gehören noch besonders die Mausoleen oder Trauergebäude, die eben nicht nothwendig beygesetzte Leichname aufbewahren dürfen. Sie müssen eine stille Ernsthaftigkeit und melancholische Feyerlichkeit in ihren Außenseiten zeigen, und in der höchsten Einfalt, frey von jeder Verzierung seyn, die nichts zum Ausdruck ihres Charakters beyträgt. Wenige ausgewählte Sinnbilder können auch bey diesen Gebäuden von einer sehr schnellen Wirkung seyn, wie in diesem Beyspiel.

57 Bey grössern Trauergebäuden müssen reiche Säulengänge, die zu viel Pracht und Lebhaftigkeit geben, vermieden werden. Einige Säulen beym Eingange sind schon zureichend; und die einfache toscanische Ordnung scheint hier am meisten angemessen. Dichte Mauern ohne Oeffnung, die Sparsamkeit der Beleuchtung, die einförmige Gestalt der Außenseiten, der dunkle Anstrich tragen nicht wenig zu dem schicklichen Charakter dieser Gebäude bey.

58 Dritter Abschnitt.
Von Tempeln, Grotten, Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen.
I.
Tempel.
1.
Die Tempel in den heutigen Gärten sind Werke der Nachahmung. Wir müssen daher zuerst sehen, wie sie im Alterthum eingerichtet waren, so weit es zu unserer Absicht nöthig ist.
Die Tempel der Alten waren entweder ins Gevierte gebauet, und zwar so, daß ihre Länge gemeiniglich zweymal so viel, als ihre Breite, betrug; oder sie waren runde Gebäude mit einem Gewölbe oder Kupel. Die Tempel der ersten Form waren vornehmlich bey den Griechen gebräuchlich, obgleich auch von der andern bey ihnen Beyspiele angetroffen wurden. Die Römer liebten am meisten die runden Tempel. Sie hatten zuweilen dazu einen allegorischen Grund, z. B. bey der Sonne, deren Runde dadurch angedeutet ward.
Die Säulenordnungen, worauf die Tempel ruhten, gaben ihnen nicht allein Festigkeit, sondern auch ein edles Ansehen. Weil eine, zuweilen mehrere, Außenseiten dieser Gebäude mit einem Vordache versehen waren, das durch Säulen getragen ward; so konnten diese nicht entbehrt werden. Einige Tempel der Griechen hatten nur an der Vorderseite eine mit einem Vordach bedeckte Halle; und diese bestand bald aus vier, bald aus sechs Säulen. Zuweilen hatte zugleich die hintere Seite einen Eingang mit einer Halle. Andre Tempel waren auf allen vier Seiten mit Säulen umgeben, die ein um das ganze Gebäude laufendes Vordach unterstützten. Man führte, zur Vergrößerung des Ansehens, zuweilen zwo Reihen Säulen um den ganzen Tempel herum.
Diese Säulenlauben wurden von den Griechen, und nachher von den Römern so sehr geliebt, daß sie nicht allein bey ihren öffentlichen Gebäuden, sondern auch bey vielen Privathäusern sie anbrachten, sowohl der Schönheit, als auch des Nutzens wegen. Sie dienten, wenn sie bedeckt waren, zur Beschirmung gegen Regen und gegen Sonnenstrahl. Im Winter erwärmte man sich in den Hallen, die gegen Mittag angelegt waren. Man fand unter ihnen einen bequemen Spaziergang und einen Ort sowohl zur Berathschlagung und zu Geschäften, als auch zu freundschaftlichen 59 Unterredungen. Die Geräumigkeit und Länge vermehrte nicht blos ihre Bequemlichkeit, sondern auch ihre Schönheit. Auf dem Gebälke sah man oft Statüen, die nicht weniger die Zwischenräume zierten, so wie Gemälde die Wände belebten. Die Tempel der Griechen erhielten schon frühzeitig einen großen Theil ihres schönen Ansehens von diesen Säulenlauben.
Der Gebrauch der Säulenordnungen war nicht gleichgültig. Im Anfang wählte man die dorische Ordnung, wegen der hohen Einfalt und des stillen Ernstes, der ihr eigen ist, und der sich nach der Meynung der ältern Baumeister am besten zu Gebäuden dieser Art zu schicken schien. Nachher ward die ionische, und seltener die korinthische, die zu viel Ueppigkeit für die Würde der Tempel zu haben schien, gebraucht. Indessen giebt Vitruv *) eine Anleitung, wie die Säulenordnungen, nach dem Unterschied der Gottheiten, zu wählen sind. Für Tempel der Minerva, des Mars und des Herkules bestimmt er die ernsthafte und starke dorische Ordnung; die feine und zärtliche korinthische widmet er der Venus, der Flora, der Proserpina und den Nymphen; die ionische aber, die zwischen der Einfalt der dorischen und dem Schmucke der korinthischen die Mitte hält, spricht er der Juno, Diana und dem Bacchus zu. So wenig auch diese feine Vorschrift immer zur Anwendung gekommen ist, so scheint sie doch eine Erfindung der Griechen zu seyn. Eben dieses gilt von einer andern, die den Tempeln des Jupiters, Mars und Herkules grauen und röthlichten Marmor, der Flora und der Grazien aber weißen und glänzenden bestimmt.
Der Charakter der alten Tempel war eine edle Einfalt und stille Größe in den Formen, eine Schönheit, die aus den einfachen Verhältnissen der Haupttheile und aus der freyen und natürlichen Anordnung entsprang, und ein zustimmendes äußeres Ansehen von Pracht ohne Ueppigkeit, das vornehmlich durch die Ordnungen und die Säulenlauben hervorgebracht ward. Nur wenige Tempel zeichneten sich durch einen großen Umfang aus; aber die ganze Schönheit der Architektur war fast in allen ausgeprägt. Es waren darinn keine Versammlungen gewöhnlich, außer zuweilen bey gewissen öffentlichen Feyerlichkeiten; viele waren gar nicht zu Opfern und andern gottesdienstlichen Handlungen bestimmt, sondern bloße Denkmäler.
Die Lage der Tempel erhöhete ihr Ansehen, das ihnen schon die Architektur gab. Sie standen frey, von andern Gebäuden abgesondert, und hatten ringsumher einen schönen Platz, der oft mit Statüen geziert war. Sie waren gemeiniglich auf einer Erhöhung, oder auf einem kleinen Hügel errichtet, und hatten, zuweilen auf allen Seiten umher, zuweilen blos am Eingange, ein prächtiges marmornes Treppenwerk, worauf man zu ihnen hinanstieg. Nach einer Bemerkung des Vitruv **) sollte man
——————
*) lib. 1. c. 2.
**) lib. 2. c. 7.
60 selbst die besondern Lagen der Tempel nach der Verschiedenheit des Charakters der Gottheiten bestimmen: Jupiter, Juno und Minerva sollten, als die vornehmsten Schutzgötter, die ihnen geweiheten Gebäude an dem erhabensten Orte; Merkur am Markte; Apoll und Bacchus beym Theater; Ceres außerhalb der Stadt; und Neptun am Ufer des Meeres haben.
Alle Verzierungen der Tempel, äußere und innere, sie mochten halb erhobene Bildwerke, Statüen, Gemälde seyn, sie mochten aus Geschichte oder Allegorie bestehen, hatten doch immer eine harmonische Beziehung auf die Natur, die Eigenschaften oder Thaten der Gottheiten. In diesem Geschmack war z. B. zu Rom auf dem palatinischen Berge der berühmte Tempel des Apoll verziert, den August errichten ließ. In der Halle umher glänzten Statüen, die auf die wohlthätigen Wirkungen des Gottes winkten; an der Vorderspitze des Gebäudes zeigte sich der goldene Wagen der Sonne; die elfenbeinernen Thüren und die marmornen Wände enthielten Gemälde, die den Apoll angiengen; er selbst erschien im Innern, eine herrliche Statüe, und rührte voll Entzücken die Leyer; zwo Bibliotheken, eine mit griechischen, die andere mit römischen Werken, verkündigten seine göttliche Macht. – Selbst die Verzierung sowohl, als die Höhe der Altäre, war bestimmt und andeutend. Die Zweige oder das Laubwerk des Lorbeers, des Epheu, der Fichte, der Cypresse, des Oelbaums, der Myrte kündigten das Heiligthum des Apoll, des Bacchus, des Pan, des Pluto, der Minerva, der Venus an; und höher erschien der Altar des Jupiter, da hingegen der Vesta und dem Neptun ein niedriger zugetheilt ward.

61 2.
Schon die Römer führten Tempel in ihre Gärten ein. In den sallustischen Gärten war der Venus, und in den Gärten des aventinischen Berges dem Silvan ein Tempel gewidmet. Dieser Gebrauch ist ohne Zweifel in den spätern Zeiten gemeiner geworden, als die Liebe zur Pracht bis zur Ausschweifung stieg, und die Gartenplätze mit allen Arten von Gebäuden überfüllte.
Unter den neuern Nationen sind es die Britten, die Gebäude in Form der Tempel des Alterthums zuerst in die Gärten wieder eingeführt haben. Als der neue Geschmack sich zu verbreiten anfieng, dachte man auf Erfindungen, wodurch den Naturplätzen ein mehr edles Ansehen, als durch die gewöhnlichen Lusthäuser, mitgetheilt werden könnte. Und man mußte bey dieser Absicht bald auf die Nachahmung der Tempel fallen, da um eben diese Zeit, durch die Reisen der Kunstkenner nach Griechenland und dem übrigen Orient, aus den Ruinen des Alterthums ein hellerer Tag hervorzubrechen anfieng, der die Geister nicht aufklären konnte, ohne sie zugleich mit Bewunderung zu erfüllen.
Man hat in verschiedenen engländischen Parks Tempel nach der Bauart der Alten aufgestellt. Keine aber sind bis jetzt von dieser Seite berühmter, als die Gärten zu Stowe und zu Kew. Wir wollen die wichtigsten von ihnen etwas näher betrachten, ohne zugleich auf die Menge der übrigen Gebäude, womit sie angefüllt sind, Rücksicht zu nehmen. Beyde haben etwas Eigenthümliches. Die Tempel zu Kew zeichnen sich, nach der Architektur betrachtet, durch eine höhere Schönheit aus; zu Stowe sind sie mit reichen und wohl bearbeiteten Scenen mehr verbunden.
a.
Tempel zu Stowe. *)
Der ganze weite Raum, der den Garten zu Stowe umfaßt, ist in eine große Menge von Auftritten vertheilt, wovon jeder von Geschmack und Erfindungskraft zeugt.
Unter den Tempeln erscheint zuerst eine offene ionische Rotunde **) auf einem kleinen von allen Nebenumständen gänzlich abgesonderten Hügel. Ihre Lage ver-
——————
*) Stowe liegt in Bukinghamshire, 60 engl. Meilen von London, und anderthalb Meilen von Bukingham. Man kann hier die Manier des berühmten Kent sehen, welcher der wahre Schöpfer dieses Gartens ist. – Uebrigens habe ich mich bey der folgenden Beschreibung mehrerer Quellen bedient, und eigene Bemerkungen untergestreut; doch bey den Scenen besonders die schöne Schilderung des Hrn. Whately zum Grunde gelegt.
**) S. 1ster B. S. 189.
62spricht einen welt ausgedehnten Prospect, und es sind auch hier die meisten von den Gegenständen des Gartens, die auf dieser Seite liegen, sichtbar. Allein sie sind in dieser Aussicht nicht nur des Zusammenhangs, sondern auch des Contrastes beraubt. Ein jeder gehört besonders zu irgend einem andern Revier. Blos der See erscheint als ein Hauptgegenstand. Eine breite Strecke davon ist so nahe, daß sie ununterbrochen durch die am Ufer stehenden kleinen Gruppen übersehen werden kann. Die Rotunde besteht aus zehn Säulen, die ein rundes erhabenes mit Bley gedecktes Dach tragen, unter welchem eine mediceische Venus von Bronze auf einem etwas erhöheten Fußgestell steht. Dieses zierliche Gebäude fällt mit der Statüe zwischen den weissen Säulen schon in der Ferne von allen Seiten vortrefflich in die Augen; die Lage könnte nicht glücklicher seyn, als auf diesem sanftaufschwellenden Hügel, den man unmerklich besteigt.
Der Tempel des Bacchus ist von dorischer Ordnung. Man steigt zu ihm auf einigen Stufen, zwischen zwey Sphinxen hinauf, die am Eingang liegen. Die Gemälde stellen das Erwachen des Gottes vor. Auf beyden Seiten des Tempels stehen zwo Statüen, die lyrische und die satyrische Poesie. Die Scene bey diesem Gebäude hat einen Charakter, welcher dem, der um die Rotunde herrscht, ganz entgegengesetzt ist, obgleich der Bezirk und die Gegenstände in beyden beynahe eben dieselben sind. Allein hier kommen alle Theile zusammen, um ein Ganzes zu machen. Der Boden senkt sich von allen Seiten stufenweise gegen den See herab. Die Waldungen auf dem entgegengesetzten Ufer öffnen sich, um den Tempel der Venus zu zeigen; sie steigen von dem Rande des Wassers bis zu der Höhe hinauf, worauf er steht, und schließen sich hinter ihm wieder zusammen.
Indem der Tempel der Venus in diesem Prospect ein wenig von der Seite erscheint, und also ein perspectivisches Ansehen bekömmt, so wird er ein weit schönerer Gegenstand; und ob er sich gleich in einer größern Entfernung zeigt, als vorher aus einem andern Gesichtspunct, so ist er doch hier wichtiger, weil er allein in die Augen fällt. Das Wasser, der Boden und die Waldungen locken das Auge dahin; und die Landgegend schimmert nicht sowohl aus einer entlegenen Ferne hervor, sondern erscheint vielmehr nahe und erhaben über dem Walde, und ist mit dem Garten durch Baumklumpen verbunden. Der ganze Auftritt zusammengenommen macht eine sehr belebte Landschaft aus. Die Schönheit des Gebäudes, der Widerschein seines Bildes in dem See, die durchsichtige Klarheit dieses Gewässers, der malerische Reiz seiner Figur, erhöhet von kleinen umhergepflanzten Gruppen von Bäumen, alle diese Umstände, die untereinander um den Vorzug der Schönheit streiten, und sich wieder vereinigen, um das Ganze zu heben, werfen über dieses Gemälde einen außerordentlichen 63 Glanz. Der Tempel der Venus selbst besteht aus drey Flügeln, die durch sechs Schwibbogen von ionischer Ordnung mit einander verbunden sind, und macht einen halben Zirkel. Diese Form sowohl, als die innere Verzierung, die in Gemälden aus Gedichten des Spenser besteht, weicht von der Vorstellung eines Tempels im antiken Geschmack zu merklich ab. Indessen hat man von dem Orte dieses Gebäudes wieder vortreffliche Aussichten. Sie laufen alle an dem Abhange der Wildbahn herab. Diese steigt an der Anhöhe hinauf, und weil hier der Gipfel mit einer hohen Waldung gekrönt ist, so wird sie dadurch weit ansehnlicher. Die Hügel, welche den allgemeinen Abhang unterbrechen, senken sich von dieser Seite viel weiter herab, als auf irgend einer andern; und dadurch erhalten sie hier einen Werth, den sie vorhin nicht hatten. Besonders scheint der Hügel, worauf die Rotunde steht, eine stolze Lage abzugeben, und das Gebäude selbst hat das Ansehen, einer so freyen Gegend ganz angemessen zu seyn. Im Gegentheil ist hier der Bacchustempel, der einen so prächtigen Prospect hat, nur ein einsamer Gegenstand, der völlig mit Gebüschen umringt ist. Der auf den Gipfel gepflanzte und an einer Seite des Berges herablaufende Wald zeigt sich hier, als ob er sehr dichte wäre; er scheint höher zu seyn, als er wirklich ist. Auch die Wildbahn hat einen großen Umfang, und weil ein Theil der Begränzung versteckt ist, so wird dadurch die Vorstellung von einer noch größern Ausdehnung erzeugt. Es ist zwar nur ein kleines Stück von dem See sichtbar, allein er ist hier kein Gegenstand, sondern nur ein Theil des Auftritts. Und da sein Ende von keiner Seite in die Augen fällt, so hat er kein kleines Ansehen. Hätte man einen grössern Theil des Wassers zeigen wollen, so würde er dem Charakter der Gegend nachtheilig gewesen seyn: denn dieser ist sittsam und gemäßigt, weder feyerlich noch lustig; er ist groß und einfach, aber zugleich schön.
Mehr im antiken Styl ist der Tempel der alten Tugend, *) der eine glückliche Lage auf einer kleinen Anhöhe hat. Er ist ein schönes, rundes Gebäude mit einer Kupel, und einer Säulenlaube von ionischer Ordnung umgeben, verschlossen von allen Seiten. Eine Treppe von zwölf Stufen führt durch zwo Thüren hinein, wovon die eine gegen Mittag, die andere gegen die Morgenseite sich eröffnet. Jede hat die Inschrift: Priscae Virtuti! Das Innere des Gebäudes ist mit Bildwerk artig ausgezieret, und in vier Nischen erblickt man in Lebensgröße die Statüen von den größten Männern Griechenlands verewigt durch den Ruhm der Gesetzgebung, der Philosophie, der Dichtkunst und der Heldentugend. Man lieset über einem jeden eine erzählende Inschrift, die das Verdienst richtig bestimmt.
——————
*) S. 1ster B. S. 208.
64 Lycurgus
Qui summo cum consilio, inventis legibus
omnemque contra corruptelam munitis optime,
pater patriae
libertatem firmissimam
et mores sanctissimos,
expulsa cum divitiis avaritia, luxuria, libidine,,
in multa saecula
civibus suis instituit.
Socrates
Qui corruptissima in civitate innocens,
bonorum hortator, unici cultor Dei,
ab inutili otio et vanis disputationibus,
ad officia vitae et societatis commoda,
philosophiam avocavit,
hominum sapientissimus.
Homerus
Qui poetarum princeps, idem et maximus,
virtutis praeco et immortalitatis largitor
divino carmine
ad pulchre audendum et patiendum fortiter,
omnibus notus gentibus, omnes incitat.
Epaminondas
Cuius a virtute, prudentia, verecundia,
Thebanorum respublica
libertatem simul et imperium,
disciplinam bellicam, civilem et domesticam
accepit,
coque amisso, perdidit.
65 Auch die Thüren sind inwendig mit Inschriften versehen, die der ehrwürdigen Scene angemessen sind, und auf Erweckung patriotischer Gesinnungen, der Liebe des Vaterlandes, der Tugend und des Nachruhms hinzielen. Eine von diesen Thüren hat die Ueberschrift:
Carum esse civem, bene de republica mereri, laudari, coli, diligi, gloriosum est; metui vero, et in odio esse, invidiosum, detestabile, imbecillum, caducum.
Ueber der andern findet man diese Worte:
Iustitiam cole et pietatem, quae cum sit magna in parentibus et propinquis, tum in patria maxima est. Ea vita via est in coelum, et in hunc coetum eorum, qui iam vixerunt.
Allein der schönste Tempel in diesem Garten ist der Tempel der Eintracht und des Sieges.
Er ist in der ionischen Ordnung, länglich, nach dem Tempel der Minerva zu Athen erbauet; daher er auch der griechische Tempel heißt. Man steigt zu ihm auf funfzehn Stufen in eine prächtige Säulenlaube von acht und zwanzig Säulen hinauf, die um das ganze Gebäude herumgeht, und deren Decke mit Bildwerk ausgeziert ist. Der Giebel stellt in halb erhabener Arbeit die vier Welttheile vor, wie sie Großbri66tannien die vornehmsten Producte überreichen, die jedem eigen sind. Auf dem Gipfel des Vordertheils stehen drey Statüen; eben so viele über dem Hintertheil. In den Fries ist die Inschrift gegraben:
Concordiae et Victoriae.
Auf beyden Seiten der Thüre, die in Blau und Gold gemalt ist, sind an der Wand zwey große Medaillons, in deren einem man die Worte:
Concordia foederatorum
in dem andern die Worte:
Concordia civium
erblickt. Ueber der Thüre selbst ist diese Stelle des Valerius Maximus eingegraben:
Quo tempore salus eorum in ultimas angustias deducta, nullum ambitioni locum relinquebat.
Das Innere des Tempels zeugt von einer großen Simplicität. Man erblickt darinn vierzehn leere Nischen, die von einer andern unabhängig sind, worinn man eine Statüe mit der Inschrift sieht:
Libertas publica.
Ueber der Nische findet man diese Stelle aus dem Valerius Maximus:
Candidis autem animis voluptatem praebuerint in conspicuo posita, quae cuique magnifica merito contigerunt.
Ueber den Nischen, die nicht hätten leer bleiben sollen, sind eben so viele Medaillons, worinnen die Siege der Engländer über die Franzosen in halb erhabener Arbeit vorgestellt sind.
Dieser Tempel würde, nach seinem besondern Charakter betrachtet, sich besser in den Park des Königs schicken, noch besser auf einen schönen Platz in der Residenz, als ein öffentliches Nationalgebäude. So erhebend die Vorstellung der Eintracht ist, so niederschlagend ist auf der andern Seite der Gedanke, daß diese Eintracht eine Folge der Uebermacht und eine Wirkung der Siege ist. Gar zu bald hängt sich an die Idee des Sieges das traurige Bild von Thränen, von Blut, von Verwüstung. Und Vorstellungen dieser Art vertragen sich nicht wohl mit der glücklichen Ruhe des Landlebens und mit dem Frieden der Natur. Inzwischen kann nichts reizender seyn, als die Scene, worinn dieser prächtige Tempel liegt.
67 Ein breiter Spaziergang führt in das griechische Thal, das einen weit erhabnern Auftritt ausmacht, als irgend einer in diesem Garten seyn kann. Nachdem es sich in eine ansehnliche Breite erweitert hat, so fängt es an sich zu krümmen; es wird schmäler und zugleich tiefer, und endlich verliert es sich in ein dichtes Gebüsch hinter einigen erhabenen Ulmen, hinter welchen sich sein wahres Ende versteckt. Angenehme Wälder und Haine neigen sich überall an den Abhängen herab; und der offene Raum ist mit abgesonderten Bäumen überpflanzt. So wie das Thal tiefer wird, so laufen diese freyer von seinen Seiten herab, überkreuzen die Tiefe, oder ziehen sich längst an ihrem Rande dahin, und kommen zuweilen in solche Gruppen und Figuren zusammen, welche die Abwechselungen der größern Waldungen vervielfältigen. Diese sind bald dichte Gebüsche, bald offene Haine. In dem einen steigen die Bäume in hohe Stämme auf; in einem andern bedecken sie mit ihren Aesten den Boden; und durch sie erscheinen kleine Oeffnungen. Mitten in dieser Scene steht der Tempel auf einer natürlichen und bequemen Anhöhe von einem großen Umfange, gleich bey der Krümmung des Thals, so daß man beyde Seiten übersehen kann. In einer gewissen Gegend zeigt sich seine majestätische mit sechs ionischen Säulen gezierte Vorderseite gerade vor dem Gesichte. In einer andern zieht sich die schöne Säulenordnung in ein Perspectiv zurück. Der Tempel fällt von allen Seiten ins Auge; und indem er seinen eigenen anständigen Charakter allen benachbarten Gegenständen mittheilt, so verbreitet er eine gewisse Ehrfurcht über das Ganze. Allein er erweckt keine Traurigkeit, keine Melancholie: die Empfindungen, die er einflößt, sind vielmehr sanft; aber voll Ehrfurcht, Bewunderung und Feyerlichkeit. Man sieht kein Wasser, die Aussicht zu beleben; keinen entfernten Prospect, sie zu bereichern. Die Theile des Auftritts sind groß; die Erfindung ist erhaben, und die Ausführung glücklich. Die Scene ist unabhängig von allen zufälligen Umständen, und ruhet auf ihrer eigenen Größe.
b.
Tempel zu Kew. *)
Der Garten zu Kew umfaßt keinen sehr beträchtlichen Umfang, der eine große Mannigfaltigkeit von natürlichen Scenen verstattete. Allein außer dem Reichthum
——————
*) Ein bekannter Ruhesitz und Garten des Königs von England, nahe bey London. Die Tempel, die man hier findet, sind aus Chamber's Werk: Plans, Elevations etc. of the Gardens and Buildings at Kew, fol. London 1763. Man sehe auch 1sten B. S. 55.
68 von einheimischen und ausländischen, besonders nordamerikanischen Bäumen, Sträuchern und Pflanzen, die hier ein vortreffliches Gedeyen haben, geben ihm seine Tempel einen merkwürdigen Vorzug. Man hat durch diese den Mangel der natürlichen Abwechselungen, die dem Orte fehlen, zu ersetzen gesucht. Denn in dem Innern laufen die Prospecte nur in der Nähe herum, nur auf ein Wasserstück, auf die Bäume, Büsche und kleine Anhöhen; und man muß einen Thurm besteigen, um eine Aussicht aufs Land zu genießen. Die Tempel mögen für den eingeschränkten Raum zu gehäuft seyn, sie mögen nicht immer ihnen zugehörige Scenen haben, wodurch sie sich mehr von einander absondern, und ihre Wirkungen, die sich nun in einander verlieren, bestimmter und stärker beweisen würden; dennoch haben diese Gebäude so viel Schönheit der Architektur, sie ahmen die antike Form mit so viel Geschmack nach, daß sie unter den neuern Werken dieser Art eine vorzügliche Aufmerksamkeit verdienen. Wenn ein König, der so viel feinen Geschmack in der Baukunst und zugleich so viel Kenntniß der Botanik besitzt, dessen sanfte Seele den Eindrücken der Naturscenen nicht weniger, als den Gefühlen der Menschenliebe, der Zärtlichkeit und der Freundschaft offen steht, der mit der Würde des Monarchen das Glück eines Privatmannes zu vereinigen weiß, und wenn ihm die öffentlichen Geschäfte erlauben vom Thron zu steigen, sich in ein Haus voll Einfalt und bescheidener Zierlichkeit *) verbirgt, nur stolz, Gemahl und Vater zu seyn, wenn dieser König einer Nation vorsteht, die ihre Neigung zum Freyen und Edlen selbst in ihren Landsitzen zu verbreiten gewohnt ist; so sollten ihm zu seinen Lustörtern die besten Plätze des Landes gehören, um sie noch mehr zum Ruhm der Kunst mit den Denkmälern seiner Erfindung zu verschönern.
Die schönsten Gebäude im Garten zu Kew sind die Tempel des Sieges und der Sonne. Der erste ist zum Andenken des berühmten Sieges errichtet, den 1759 bey Minden die brittische alliirte Armee unter den Befehlen des Herzogs Ferdinand von Braunschweig über die französische unter dem Marschall von Contades erhielt. Der Tempel erhebt sich auf einem Hügel, und ist ein vollkommen und prächtig ausgeführtes Gebäude. Es ist ein zirkelförmiger Peripteros von konischer Ordnung, und die Säulen haben Streifen. Der Fries ist mit Laubwerk geziert, und rings um die Attike schlingt sich ein Kranz von Lorbeerblättern. Die Zelle oder das innere Gemach, woraus man einen artigen Prospect hat, ist mit fei-
——————
*) S. Abbildung des Hauses zu Kew im 2ten B.
69nen Stuccaturarbeiten ausgeziert, die Siegeszeichen vorstellen. Dieses edle Gebäude ist nach Chamber's Zeichnung und unter seiner Aufsicht aufgeführt.

Der Tempel der Sonne liegt in einem offenen Hain. Er ist ebenfalls ein zirkelförmiger Peripteros, mit einer Attike versehen, und von korinthischer Ordnung. Die Säulen sind gestreift. Das Gebälke ist reich, und von dem berühmten Tempel zu Balbeck nachgeahmt. Ueber jeder Säule ist in dem Fries eine Leyer mit einem Lorbeerzweig in erhabener Arbeit abgebildet. Außerhalb rings um den obern Theil der Zelle läuft ein Kranz von Früchten und Blumen. Das Innere bildet einen im reichen Geschmack ausgeführten und vergoldeten Saal. In dem Mittelpunkt der 70 Decke ist die Sonne vorgestellt, und in den Friesen erscheinen in zwölf mit Lorbeerzweigen umkränzten Abtheilungen die Zeichen des Sonnenkreises in erhabener Arbeit. Der Tempel ist unter Chamber's Aufsicht erbauet.

Der Tempel des Aeolus erscheint auf einer Anhöhe. Er ist seiner Figur nach ein Monopteros. Die Ordnung ist zusammengesetzt; doch die dorische die herrschende. Innerhalb der Säulen ist eine große Nische in einem halben Zirkel, die zum 71 Sitzen dient. Das Gebäude ist zum Umdrehen eingerichtet, und seiner Größe ungeachtet kann man es sehr leicht mit einer Hand nach einer andern Seite wenden.

Indem man in einen abgelegenen einsamen Gang einschlägt, trifft man den Tempel des Pan an. Er ist ein Monopteros und von dorischer Ordnung; seinem Profil nach von dem Theater des Marcellus zu Rom nachgeahmt. Die Metopen 72 sind mit Stierschedeln und Opferschalen verziert. Er ist auf einer Seite verschlossen, und so eingerichtet, daß er zu einem Ruhesitze dient.

73 Nicht weniger ist der Tempel der Einsamkeit ein schönes Gebäude, mit einer achteckichten Zelle und zwey Fenstern, die sich auf den Seiten der Thüre zeigen.

3.
Die Tempel gehören ihrer Form und ihres Charakters wegen zu den anständigsten und schönsten Gebäuden, und sie verdienen die Nachahmung, die man in den Gärten von ihnen zu machen angefangen hat. Allein diese Nachahmung muß in den Gränzen der Wahrheit bleiben, und von allen Ausschweifungen frey seyn.
Die Tempel der Alten hatten, wie wir gesehen haben, eine bestimmte Bauart. Sie machen immer eine besondere Gattung von Gebäuden aus, wovon die Muster in Beschreibungen und in Ruinen vor Augen liegen, und wovon die Nachahmung nicht abweichen darf. Nichts wird gewöhnlicher, als Gebäude Tempel zu nennen, deren Form und Anordnung diesem Namen widerspricht. Der Tempel der Hirtenmuse zu Stowe ist eine glückliche Erfindung; das Gebäude ist leicht, nachläßig und 74 angenehm; allein die Form ist nicht im antiken Geschmack. Der Tempel der Freundschaft in eben diesem Garten sieht mehr einer Capelle ähnlich, und der Tempel der Damen einem Pavillon. Das erste Gesetz bey dieser Art von Nachahmung verlangt, daß die Form und der Charakter der antiken Tempel getreu beybehalten werden. Daher ist es eine sehr unrichtige Meynung, daß der Architekt sich hier jede Verschönerung erlauben dürfe, daß ein Tempel gerne alles annehme, was nur die Einbildungskraft Prächtiges und Reiches erfinden kann.
Nach diesem Charakter, dessen wesentliche Bestandtheile Schönheit und Würde sind, gehört ein Tempel nur zu Scenen, die diesem Charakter beystimmen. Ein edler Tempel in einer Wildniß oder in einem niedrigen Buschwerke würde eine sehr unschickliche Lage haben. Es giebt so viele andere Arten von kleinen Gartengebäuden, von Cabinetten, Lusthäusern, Pavillons, u. s. w. die sich mit den Gegenden immer auf eine abwechselnde und angemessene Weise verbinden lassen, daß man Tempel nur für reiche und edle Plätze sparen sollte, worinn sie mit Uebereinstimmung ihre Wirkungen verbreiten können. Von Anhöhen, die über prächtige Aussichten herrschen, an Stellen, die ein Gefühl von feyerlicher Ruhe, von Ehrfurcht, von Bewunderung einflößen, wo die Eindrücke der Naturscenen eine Veredelung erhalten sollen, erblickt man sie mit Vergnügen. Und in ausgebreiteten Parks, die eine Mehrheit der Auftritte von dieser Art zulassen, kann ihre Anzahl steigen, doch mit Abwechselung der Größe, der Lage, und der besondern Bestimmung. Kleine Lustplätze, die blos ländlich sind, sich auf einfältige Anmuth einschränken, Gärten, die weder nach ihrem Umfang, noch nach ihrer besondern Bestimmung irgend einen höhern Charakter zulassen, vertragen auch keine Tempel, und nur ein feister und schwelgerischer Geschmack bürdet sie ihnen zum Pomp auf. Die Anwendung der Tempel sollte nicht weniger bestimmt seyn, als es ihre Bauart ist.
Die runden Tempel scheinen für Gärten am meisten angemessen. Ihre Form führt bey aller Würde eine gewisse Leichtigkeit, Freyheit und Anmuth mit sich, die sie vorzüglich Revieren empfiehlt, wo die Natur ihre Reize enthüllet. Die länglicht oder ins Gevierte gebaueten Tempel erhalten, sowohl von dieser Form, als auch von ihrem weitern Umfang und von der größern Anzahl der Säulen, mehr Feyerliches und Ehrwürdiges. Bey ihrer Anwendung wird man diesen Unterschied nicht ganz vernachläßigen dürfen.
Wenn die Nachahmung den wesentlichen Erfordernissen Genüge geleistet hat, so darf sie sich durch zufällige oder geringere Umstände nicht weiter fesseln lassen. Die 75 Tempel sind nicht mehr gottesdienstliche Gebäude für uns; sie verlangen daher in dem Innern keine Anordnung, als sie im Alterthum hatten. Sie können, wie wir an den Tempeln zu Kew bemerkt haben, in den innern Theilen zur Bewohnung, oder zum angenehmen Aufenthalt, nach dem Gebrauch unsers Zeitalters, eingerichtet werden. Was vormals Zelle, geweiheter Ort, Sitz der Gottheit war, kann jetzt ein Saal seyn. Nach dieser Veränderung der innern Einrichtung wird auch die Erleuchtung nöthig, die in den alten Tempeln vermieden ward, oder doch gering war, um die Ehrfurcht und Feyerlichkeit des Ortes zu vermehren. Denn die länglichten Tempel hatten insgemein keine Fenster und kein anderes Licht, als das durch die Thüren hereinfiel; nur eine Lampe streute durch das heilige Dunkel einen dürftigen Schein. Bey den runden Tempeln leuchtete indessen ein reicheres Licht von oben durch eine Oeffnung herein. Allein es giebt auch hier Ausnahmen; denn zuweilen kann es die besondere Bestimmung eines neuern Tempels erfordern, daß er inwendig des Lichts beraubt werde, oder sein Tag in eine sanfte Dämmerung dahinsinke. Ein Tempel den Gottheiten des Todes gewidmet, würde eine sehr fehlerhafte Anordnung haben, wenn seine Zelle mit vielen Fenstern versehen wäre.
Wenn den schönen Künsten noch jetzt verstattet ist, durch Vorstellungen aus der alten Mythologie zu unterhalten, so darf auch die Baukunst davon nicht ausgeschlossen werden. Nicht allein ergötzen uns die übrig gebliebenen Gemälde, Statüen und halb erhobene Werke des Alterthums, durch den Reichthum und die Mannigfaltigkeit der mythologischen Fabel; sondern auch die neuern Künstler haben bis jetzt sehr oft mit Glück aus dieser Quelle geschöpft. Gebäude, deren Charakter sich auf Mythologie bezieht, haben daher eben die Zuläßigkeit, als ein neueres Gemälde, oder eine neuere Statüe von dieser Art. Es ist wahr, Tempel, die noch jetzt einer Gottheit oder einem Helden des Alterthums gewidmet werden, haben kein religiöses noch Nationalinteresse mehr für uns; selbst keine Aehnlichkeit zwischen jener und unserer Zeit, zwischen jenem und unserm Lande. Allein außerdem, daß die Schönheit dieser Gebäude ihnen überall eine Art von Bürgerrecht erwirbt, überall mit Vergnügen wahrgenommen wird, so versetzt uns ihr Anblick in ein Weltalter, wo die Einbildungskraft unter den anmuthigsten Bildern umherschwärmt, wo der Geschmack sich nährt und die Liebe zur Kunst sich begeistert. Wir sinnen nach, wir vergleichen, wir bleiben an einem Bilde hängen, das uns zu gehören scheint; wir sondern aus der allgemeinen Masse der mythologischen Vorstellung einen Begriff ab, der für jedes Zeitalter, für jeden empfindsamen Beobachter interessant ist; wir werfen die Hülle der Fabel ab, und erblicken die nützliche unterrichtende Wahrheit, die darunter verkleidet lag.
76 Wenn sich Tempel diesen Wirkungen nähern sollen, so erhellet noch mehr die Nothwendigkeit eines deutlichen Ausdrucks ihres Charakters. Demnächst muß der mythologische Charakter der Gottheiten, denen sie gewidmet werden, eine Verwandtschaft mit den Vorstellungen und Bewegungen haben, die einem Garten eigen sind. So schön die Architektur des Tempels der Bellona zu Kew ist, so wenig erwartet man ein Monument dieser Göttinn in einem Garten. Mehr angemessen sind hier die Tempel der Sonne und des Pan; zu Stowe die Tempel der Venus, der Mutter der Erzeugungen, und des Bacchus. Auch Diana, Ceres, Flora, Pomona, Apollo, die Musen, die Grazien können noch immer in den heutigen Gärten ihre Tempel sparsam und immer in Scenen errichtet finden, die ihrem Charakter zustimmen. Was ihrer Zuläßigkeit einen Grund mehr ertheilt, ist dieses, daß sie zugleich einer allegorischen Bedeutung fähig sind, indem sie auf Kräfte, Wirkungen und Eigenschaften hinwinken, die dadurch vorgestellt werden.
Allein da diese Gattungen von Tempeln fast nur für Kenner der Mythologie und für Leute von Geschmack verständlich sind, so läßt sich die Anwendung dieser Gebäude noch auf eine Art erweitern, die mehr Deutlichkeit mit sich führt. Es giebt gewisse Wirkungen des Landlebens und der Gärten, denen man Tempel widmen kann. Der Tempel der Heiterkeit, der Ruhe, der Vergessenheit der Sorgen, der Selbstbetrachtung, u. a. sind sehr schickliche, und fast noch gar nicht gebrauchte Gegenstände in Gärten. Solche Gebäude stimmen den ihnen zugeordneten Scenen sehr deutlich zu; und durch Anordnung, Verzierung und Lage werden sie eine neue Quelle der Mannigfaltigkeit. Sie ehren die Natur, indem sie das Andenken ihrer Wirkungen erhalten; und erregen davon dem empfindenden Beobachter, so oft er sich ihnen nähert, oder in ihnen verweilt, neue Gefühle.
Auch die verschiedenen Zeiten des Jahres und des Tages können ihre Tempel haben, zur Erhöhung der Eindrücke der Scenen, die ihnen vorzüglich gewidmet werden, und zur Gewinnung eines reichern Genusses der Annehmlichkeiten, die einer jeden eigenthümlich sind. Gebäude von dieser Erfindung tragen so viel zur Vermehrung der Abwechselung und zur Charakteristik der Plätze bey, sie bieten dem Genie des Künstlers so viel Gelegenheit zu neuen Beschäftigungen an, daß ihre Einführung eine besondere Empfehlung verdient. Der Tempel des Frühlings erhebe sich an einem warmen und hellen Ort, in einem angenehmen und gefälligen Styl, mit lachenden Bildern umgeben, welche das Erwachen der Natur ankündigen, und mit jungen Blumen, zwischen welchen die zurückkehrenden Weste ihre muthwilligen Spiele wie77der beginnen. Auf der Spitze des anmuthigsten und heitersten Hügels steige der Tempel des Morgens, leicht, luftig und reizend erbauet, dem Glanz der heraufglimmenden Morgenröthe entgegen, umkränzt von nahen Gewässern und Gebüschen, welche die prächtigen Schauspiele des umherwallenden Lichts vervielfältigen. Zwischen glänzenden Blumen und Pflanzen, die mit schwelgerischem Wachsthum emporschießen, zwischen Gebüschen von Obstbäumen, deren reifende Früchte mit mannigfaltigen Gestalten und Farben von Zweig zu Zweig sich im reizenden Gemisch verbreiten, hebe sich reich und edel der Tempel des Sommers empor. Auf einem Abhange, den der brennende Strahl nicht trifft, ziehe sich der Tempel des Mittags in den Schatten hoher und dickbelaubter Bäume hin, zwischen welchen kleine Wassergüsse rauschen; er kündige das Vergnügen der Kühlung an, und errege Sehnsucht nach Ruhe. Auf einem mit Weinreben, mit Quitschern und andern beerentragenden Bäumen und Sträuchern bekränzten Hügel, zwischen Gebüschen, die das Vergnügen des Vogelfangs gewähren, erscheine der Tempel des Herbstes, von der milden Heiterkeit des Lichts umflossen. An dem westlichen Abhange einer Anhöhe, an deren Fuß sich ein klares Wasser hinschlängelt, ruhe zwischen luftigen Gruppen wohlriechender Gesträuche der Tempel des Abends nachläßig und einsam.
4.
Diese Bemerkungen haben keine andere Absicht, als dem Gartenkünstler blos die Bahn zu Erfindungen zu zeigen, die er zu einem neuen Ruhm selbst betreten kann; denn hier ist die Quelle fast unerschöpflich. Es läßt sich eine Mannigfaltigkeit von Anlagen und Verzierungen gewinnen, die nur von einer gesunden Beurtheilungskraft beherrscht werden dürfen, um noch immer jedem eigenthümlichen Charakter der verschiedenen Zeiten des Jahres und des Tages getreu zu bleiben. Und dieser Charakter kann nicht blos durch die umliegende Scene angedeutet werden, sondern auch durch das Eigenthümliche der Architektur, und durch Verzierungen von einer bestimmten Bezeichnung.
Sinnbilder, die andeuten und die Ungewißheit aufheben, sind hier anständiger als Inschriften, und bieten sich mannigfaltiger an; und die Verzierungen erhalten unstreitig einen grössern Werth, wenn sie zugleich allegorische Bilder sind. Sie schicken sich an verschiedenen Theilen der Gebäude, am meisten an der Vorderseite und in dem Fries. Sie müssen das Verdienst der Einfalt und der Deutlichkeit haben, 78 aus wenigen und einfachen, aber auf die zu bezeichnende Sache sich nahe beziehenden Zeichen bestehen. Sie können in kleinen Gemälden, noch besser aber in halb erhobenen Arbeiten, die für die Außenseiten der Gebäude schicklicher sind, vorgestellet werden. Hier sind einige Sinnbilder der Alten, die in diesem Theil der Erfindung so glücklich waren; sie verdienen bey den angezeigten Tempeln eine Nachahmung. Auf einer bis jetzt erhaltenen Urne *) erscheinen die Jahrszeiten in weiblichen Figuren, ohne Flügel, in Stufen des Alters, nach dem Fortgang der Zeit im Jahre. Der Winter, mehr als die andern bekleidet, gehet voran, trägt einen Haasen und einen Wasservogel an einer Stange, und schleppt einen Frischling nach sich; der Herbst mit Zügen einer jüngern Person, und leichter als jene bekleidet, hält eine Ziege bey dem vordern Beine, und trägt Früchte in einem Korbe; der Sommer ist sehr leicht bekleidet und hält einen Kranz; und der Frühling, mit Zügen und Geberden eines unschuldigen Mädchens, hält in ihrem Gewande vor der Brust ausgeschaalte Erbsen als Früchte dieser Jahreszeit. Allein die Sinnbilder der Jahreszeiten waren bey den Alten nicht einförmig. Der Winter zeigte sich zuweilen in einem Genius, der einen Tannzapfen in der Hand hält. Das Bild des Herbstes war Ceres, einen Korb auf dem Kopf tragend, zuweilen neben ihrer Figur eine Ameise, die eine Kornähre fortschleppt, oder ein Genius, der in der rechten Hand eine Weintraube, in der linken einen Haasen trägt. Den Sommer und Frühling stellte oft eine Venus mit einer Myrte und Rose vor. Der Sommer besonders zeigte sich in dem Bilde einer Figur, im Laufen mit zwo brennenden Fackeln in den Händen, die sie gerade in die Höhe hält. Der Frühling besonders erschien als ein Genius, jünger und zärter als die andern, in der einen Hand ein Blumenstrauß, in der andern ein Milchlamm. Apoll mit einem Hahn auf der Hand deutete den Morgen an; und den Abend Diana, in einem mit zwey Ochsen bespannten Wagen, die bergab gehen, um sie zu ihrem Endymion zu bringen. Andre Sinnbilder zeugten von eben dieser Richtigkeit und Feinheit. So ward z. B. die Ruhe unter einer sitzenden Figur vorgestellt, die einen Arm nachläßig an das Haupt legt. Bacchus und eine tanzende Bacchante, welche die Cymbeln zusammenschlägt, und zwischen ihnen ein junger Satyr, der eine Urne mit zwo Handhaben auf der Schulter trägt, und mit der andern Hand eine umgekehrte Fackel hält, war ein zusammengesetztes sehr bedeutendes Bild, das zum Genuß der Freude aufmunterte, ehe das Licht des Lebens verlöscht und unsere Asche beygesetzt wird. **) – Diese Beyspiele lehren das Zutreffende und Liebliche der
——————
*) Winkelmanns Versuch einer Allegorie, besonders für die Kunst. 4. 1766. S. 68.
**) Winkelmanns Anmerkungen über die Baukunst der Alten. 4. 1762. S. 62.
79 Sinnbilder, die ein Architekt von Genie mit neuen Erfindungen in dem Geist der Griechen vermehren wird.

80 5.
Nach ihrem Beyspiel können wir auch Tempel zu Denkmälern anwenden, indem wir sie Männern von vorzüglichen Verdiensten in unsern Gärten widmen. Keine Arten von Gebäuden scheinen sich dazu mehr zu schicken, als diese. Sie erhalten dadurch eine nähere Bestimmung, die ihrem Charakter so wohl ansteht, und einen Theil der Würde wieder, die sie im Alterthum hatten, wo sie, nach den Göttern, auch den Helden, den Patrioten und den Weisen heilig waren. Sie stellen weit edlere und angenehmere Denkmäler vor, als Urnen und andere Monumente der Sterblichkeit. Sie sind in der Macht eines jeden Eigenthümers, der dadurch seine Gartenreviere zu dem Rang der heiligen Oerter erheben kann, wo dem Verdienste geopfert wird, Oerter, die bey den Griechen so häufig waren, und selbst in unsern größten Städten so selten sind. Die Tempel der Freundschaft, der berühmten Britten, der alten Tugend zu Stowe, gehören als die ersten Muster in diese Klasse. Allein in eben diesem Garten ist der Tempel der neuen Tugend, der mit einer zerbrochenen Statüe und zerstörten Arcade, mit Epheu und Brombeerstrauch bewachsen in Ruinen liegt, ein ungerechter Vorwurf für unser Zeitalter, und hier um so weniger schicklich, da er mit dem Gebäude, das die Brustbilder so vieler edlen Männer Großbritanniens enthält, im Widerspruch steht. – Denkmäler, zur Ehre der Helden und der Gesetzgeber, der Männer, deren Bestrebungen zunächst die Glückseligkeit der bürgerlichen Gesellschaft betrafen, deren Verdienst mehr in einer erhabenen Thätigkeit, als in einer stillen Erfindsamkeit bestand, gehören für die öffentlichen Plätze in Städten. In Gärten aber suchen wir vornehmlich Monumente für solche Gattungen des Verdienstes, die mit diesen Scenen in einer gewissen Verwandtschaft stehen, Tempel zum Andenken der Männer, deren Geist über die Naturkenntniß, und die mannigfaltigen Theile des Landbaues und der nützlichen Gartencultur einen neuen Tag verbreitete, die den Menschen die Schönheiten der Schöpfung bald in begeisternden Gesängen, bald in nacheifernden Gemälden empfinden lehrten. Das Eigenthümliche eines jeden Verdienstes giebt Veranlassung sowohl zu angemessenen Lagen der Gebäude, als auch zu ihrer Verzierung. Sinnbilder bieten hiezu wieder ihre gefällige Hülfe an; indessen sind hier Inschriften ein leichteres und kürzeres Mittel der Bezeichnung. Der bloße Name in dem Fries ist schon hinreichend; er läßt keinen Zweifel mehr übrig, er entscheidet auf den ersten Blick.
Nach allen diesen Vorschlägen zur Anwendung der Tempel wollen wir jedoch den Gartenbesitzern gerne verstatten, Gebäude dieser Art zuweilen, blos der Nachah81mung der äußern Form wegen, anzulegen, ohne sie gewissen Wesen, Personen oder Begebenheiten zuzuordnen. Sie sind alsdann als Lustgebäude anzusehen, die mit den Tempeln des Alterthums keine weitere Aehnlichkeit als die Außenseite haben; in ihrer innern Einrichtung sowohl als in ihrer Verzierung findet jede Abwechselung Platz, jede Art der Anordnung, wenn sie nur nicht den allgemeinen Regeln des guten Architekturgeschmacks widerspricht; der Zweck ist erreicht, wenn das Gebäude nur als ein angenehmer Gegenstand ins Auge fällt.

6.
Uebrigens ist es wohl ohne Beweis klar, daß bey der Nachahmung fremder Bauarten die griechische einen großen Vorzug verdient. Es ist wahr, daß sie in 82 gewissem Verstande für uns fremde ist. Allein sie ist seit Jahrhunderten in dem Besitz des Beyfalls der Kenner; ihre Schönheiten sind unzweifelhaft und entschieden; sie gefallen allen Nationen, sobald sich bey ihnen die Gefühle für das Edle und Große entwickeln; und nur einer geschmacklosen Rohigkeit der Sitten und einer barbarischen Prachtliebe gelang es auf einige Zeit, die Empfindlichkeit für ihre stille Einfalt zu ersticken. Die Verhältnisse, die Form, die Anordnung, die Verzierung, alles was zur Schönheit der Architektur gehört, zeigten die Griechen durch Muster, die wir noch in Ruinen bewundern. Man hat in den neuern Zeiten des reinen Geschmacks nach ihnen gebauet, wie die Bildhauer nach ihnen geformt, und die Dichter nach ihnen gesungen haben. Alle Völker, die auf Geschmack Anspruch machen, sehen die Baukunst der Griechen als ihr Eigenthum an, die uns näher scheinen, weil unter ihren Denkmälern sich schon die Jugend bildet, und an ihrem Lichte unsere feinern Wissenschaften und Künste so oft ihre verloschene Fackel wieder anzünden; mit deren Geist und Tugenden wir in einer Art von vertraulicher Verbindung stehen. Doch versteht es sich, daß die Nachahmung in keine sclavische Nachfolge übergehen, und nichts mehr aufnehmen darf, als was nach unserm Klima, nach unserer veränderten Lebensart, und nach unsern verschiedenen Bedürfnissen einer Anwendung fähig ist.
Allein, bald nach der Einführung des neuen Gartengeschmacks, fiel man auf die Nachahmung so seltener und fremder Bauarten, daß es schien, als wenn sie die Stelle der abentheuerlichen Wasserkünste, der wasserspeyenden Drachen und Löwen, der in Alleen aufgestellten Wallfische, die man eben zu verdrängen anfieng, wieder ersetzen sollten. Die chinesische Baukunst machte den Anfang. Alles sollte à la chinoise seyn, Lusthäuser, Tempel, Brücken. Man täuschte sich durch den sonderbarsten Wahn, daß Gärten in England und Frankreich, blos mit den einheimischen Gewächsen und Bäumen dieser Länder bepflanzt, chinesische Gärten seyn könnten; und wers nicht glauben wollte, der ward auf ein Gebäude verwiesen, das da stand, und chinesisch hieß. Deutschland fieng an, auch hier der Mode zu folgen, und wir haben wirklich einige kleinere und größere Gärten voll Spielwerke mit chinesischen Gebäuden, und wenn die Nachäffung sich um einige Grade weiter verbreitet, so wird bald der beeisete Nord die luftigen Pavillons der heißesten Zone zeigen. Man fragt vergebens nach einem Grund, weil die Nachäffung keinen Grund kennt; und nie hat man einen Kenner die Vorzüge der chinesischen Baukunst für unsere Gärten entwickeln gesehen. Sie ist doch weit von der wahren und edlen Einfalt der griechi83schen entfernt; ihr fehlt Schönheit und Würde der Form; sie ist aber dagegen mit einer Menge kleiner unbedeutender Zierrathen, die zuweilen in das Ekelhafte fallen, überhäuft. Und nicht wenig Gebäude dieser Art, die man in den Gärten sieht, sind bloße Ideale, die nach keinen ächten Originalmustern entworfen wurden. *) Und welches Interesse, diese Werke von einem entfernten und von uns so weit unterschiedenen Volke aufzunehmen, dessen Charakter, Geschmack, Lebensart keine würdige Beyspiele für uns eröffnet, das seine schöne Künste seit Jahrhunderten noch in der Kindheit erhält! Man sieht, daß blos eine blinde Liebe zu dem Ausländischen und Seltsamen die chinesische Baukunst in die neuern Gärten eingeführt hat, und daß die Vorurtheile der Mode sie beschützen. Und welcher Widerspruch mit dem Lande und dem Klima! Welche Verwirrung der Bewegungen, wenn uns eine Pagode, eine Brücke, ein Schiff nach Asien versetzt, indeß uns der Anblick der umher bepflanzten Scene, Bäume und Lust überzeugen, daß wir auf deutschem Boden stehen? Es ist vergebens, hier eine Täuschung zur Absicht zu haben; der verrätherische Widerspruch des Reviers wird sie bald entdecken, und Widerwille oder gar Ekel sich an dem unglücklichen Versuch rächen. Allein die eltle Ueppigkeit unsers Zeitalters glaubte mit der chinesischen Baukunst sich noch nicht befriedigen zu können. Sie führte selbst ägyptische, maurische, gothische, türkische und andere Bauarten ein, und wenn es so fortgeht, so wird die Nachahmung sich bis zu den Ställen der Kamtschadalen verbreiten. Und bey allen diesen verschiedenen ausländischen Gebäuden ist nichts mehr auffallend, als ihre Vermischung in einem einzigen Garten, ohne Ordnung und Plan durch einander geworfen. Man vereinigt Gebäude und Gebräuche so sehr verschiedener Länder auf einem Platz, und bringt ein so groteskes Gemälde hervor, daß die wildeste Einbildungskraft, über alle Schranken der Wahrscheinlichkeit hinausspringend, es nicht verwirrter zusammenhäufen kann. Eine christliche Kirche steht neben einer Moschee, ein griechischer Tempel bey einem chinesischen, ein Obelisk bey einem maurischen Werk, gothische Ruinen bey einer Pagode; Asien und Europa sind in einander geschmolzen; die alte und die neue Welt sind geplündert, um einen kleinen Fleck mit dem widersinnigsten Gemisch von Gebäuden zu überladen, und ihn in einen Schauplatz der sonderbarsten Prachtsucht zu verunstalten. O! Natur, o! Einfalt, sanfte Huldgöttinnen der Gärten, wenn euch ein falscher Stolz von unsern
——————
*) Verschiedene chinesische Gebäude sind nach Willkühr besonders vorgezeichnet von den engländischen Architekten, Will. and John Halfpenny in New Designs for Chinese Bridges, Temples, Garden-Seats, Summer-Houses etc. 8. London 1751.
84 Lustplätzen verdrängt, wo werdet ihr anders seyn, als hinter der Hütte des Landmanns im Veilchenthal?

II.
Grotten.
1.
Grotten, die jetzt in unsern Gärten zu den Werken der Nachahmung gehören, waren in dem ersten Weltalter Wohnungen der Menschen, wie sie es noch bey Völkerschaften sind, die in der Kindheit leben.
Allein diese Höhlen in Bäumen, in Bergen und Felsen, die Grotten der Natur, verloren bald das Gemeine und Rauhe, das sich in ihre Vorstellung zu mischen pflegt, als die Griechen anfiengen, sie ihren Nymphen zu weihen. Sie heißen daher Nymphäen. Eine von solchen Grotten lag vier Stunden von Athen an der See85küste bey Vary, und war sehr berühmt. Chandler, *) der ihre Reste vor verschiedenen Jahren besuchte, versichert, sie sey eine außerordentliche Merkwürdigkeit, von einer Art, wie sie noch kein Reisender beschrieben hat. Sie liegt an der Seite des Berges. Man steigt durch eine Oeffnung hinab. In dem Platz vor der Treppe befindet sich eine griechische Inschrift, die sehr schwer zu lesen ist. Sie ist in den vorher geebneten Felsen gehauen, und sagt, daß Archidamus von Pherä die Höhle für die Nymphen gemacht. Gegenüber ist eine kleine Nische oder Aushöhlung mit einigen Buchstaben, Theilen eines Worts, das bedeutet, man habe hier das Geschenk hinzulegen. Von diesem Platz führen zwey Wege hinab in die Höhle. Geht man auf den engen Stufen hinunter, die in den Felsen eingehauen sind, so findet man linker Hand in sehr alten Buchstaben die Inschrift: Archidamus der Pheräer. Ist man unten und wendet das Gesicht nach der Treppe, so hat man am äußersten Ende zur Rechten einen Ithyphallus, das Symbol des Bacchus, und dabey eine Isis, die ägyptische Ceres. Unter schmalen Nischen an zwey Stellen steht: des Pan. An der andern Seite der Treppe sind noch zwo Nischen, und unter jeder: des Apollo; bringe dar! Bey dem Bilde der Isis lag ein Stein auf beyden Seiten mit Inschrift, und ehedem so aufgestellt, daß beyde sichtbar waren. Auf einer Seite stand: Archidamus der Pheräer und Chollidenser machte diese Wohnung für die Nymphen; und auf der andern Seite: Archidamus der Pheräer pflanzte den Garten für die Nymphen. Auf den Stufen, die an der Seite des Felsen tiefer hinablaufen, kommt man in die untere Grotte durch einen engen Gang, den man in der Abtheilung gelassen, und den Versteinerungen sehr malerisch gemacht haben. Sie ist von zirkelförmiger Gestalt, die Seiten mit phantastischem Steinansatz, und die Decke mit spatartigen Zapfen überzogen. Von diesen wachsen einige zugespitzt von unten herauf, andere haben schon die von oben herabhangenden erreicht und sich mit ihnen vereinigt. Unten ist ein Brunn von sehr kaltem und klarem Wasser. – Zwo andere berühmte Grotten der Nymphen waren die zu Ithaka und Heraklea; jene war inwendig dunkel, aber merkwürdig wegen eines immerfließenden Wassers, steinerner Gefäße und honigtragender Bienen; diese war lang und weit, durchflossen von einem kalten und krystallhellen Wasser; beyde hatten zwo Eingänge, einen gegen Norden, den andern gegen Süden. In die Höhle zu Ithaka stiegen Menschen nur die nordliche Oeffnung hinab; die südliche ward für heilig und für den Weg der Götter gehalten; die andere Höhle hatte ebenfalls einen Weg für höhere Wesen. – Man glaubte, daß die Nymphen ein vorzügliches Vergnügen an Quellen fänden; und daher
——————
*) Reisen in Griechenland. Aus dem Engl. 8. 1777. 32stes Cap. Er trat die Reise 1765 an.
86 hatten gemeiniglich ihre Wohnungen eine Quelle oder einen Wasserbrunnen. Eine verdickte, oben und an den Seiten ausschwitzende Feuchtigkeit gab den Grotten nicht selten ihre Form; oft war die Quelle mit Steintheilchen geschwängert, die sie ansetzte, und ihren Weg mit einem Ueberzug bezeichnete. Den Gestalten, die sich durch diese Zufälligkeit bildeten, theilte die Phantasie Leben und Bedeutung zu. Der Landmann, der Jäger und der Hirte begaben sich in diese Höhlen, um den Nymphen Geschenke zu bringen, die auf ihre Natur und die Gegenstände ihrer Aufsicht eine Beziehung hatten. Sie opferten ihnen bald ein Lamm oder eine Ziege, bald Früchte, bald Milch, Oel und Honig. Ihre fromme Einfalt glaubte, daß ihre Schutzgöttinnen, obgleich unsichtbar, hier gegenwärtig wären, und die dargebrachten Geschenke ihre Gunst erwerben könnten. Man umwand ihre Statüen mit Kränzen, und weihete ihnen kleine Gärten, die oft aus einem Stückchen Erde bestanden, bepflanzt mit solchen Kräutern und Blumen, wovon man glaubte, daß sie den Göttinnen gefielen. Diese unterhielten sich in ihren Wohnungen mit angenehmen Erzählungen, beschäftigten sich mit künstlichen Arbeiten, und machten Purpurkleider. Pan und Bacchus, der sie in Gesängen unterrichtete, waren ihre gewöhnlichen Gesellschafter; man sah ihre Bildnisse zuweilen in den Grotten aufgestellt. Um Mittag verstummte die Flöte der Hirten, um nicht den Schlummer des Pan zu unterbrechen, der um diese Zeit in den Höhlen zu ruhen pflegte.
Dieses Bild von den Grotten der Nymphen hat die Anmuth, womit die Griechen alles zu beleben wußten. Sie waren heilige Oerter; aber frey von allem Schrecklichen. Sie waren noch keine Theile von Gärten, die überhaupt bey dieser Nation nicht weit über die Gränzen der ersten Rohigkeit hinausrückten; aber sie waren einzelne Werke, die von ihrer Lage an Seen und Flüssen, in Bergen und Wäldern einen vollkommen ländlichen Charakter erhielten. Und die Zurückerinnerung an ihre ursprüngliche Einrichtung kann den Gartenkünstler zu anmuthigen Erfindungen leiten, die das Gepräge ihrer alten ehrwürdigen Einfalt tragen, und doch unsern Gärten angemessen sind.
2.
Nicht überall so heiter ist das Bild der Grotten in den spätern Jahrhunderten, als es unter den Nymphen der Griechen war. Denn in den Zeiten der Fehde und des Raubes wurden sie bald Wohnungen der Räuber, bald Zufluchtsörter der Unglücklichen. – Zuweilen aber nahmen Helden darinn ihren Aufenthalt, und die Höhlen vertraten die Stelle befestigter Schlösser, die man nicht so leicht erbauen konnte, 87 als sich eine Oeffnung in einen Felsen oder in einen Berg finden ließ; zuweilen ruheten sie in Zeiten des Friedens darinn aus, wenn sie von der Jagd ermüdet waren. Solche Höhlen sieht man noch jetzt in verschiedenen Ländern; und da sie oft nach ihrer innern Bildung und Einrichtung merkwürdige Naturscenen sind, so haben sie besonders von dieser Seite die Aufmerksamkeit der Reisenden erregt.
Vornehmlich sind die nördlichen und westlichen Gegenden von Schottland an Höhlen dieser Art reich. Pennant *) sah verschiedene davon auf der westlichen Küste der Insel Arran. Die merkwürdigste Höhle darunter ist die Höhle des Finmac-cuil oder Fingals, des Sohns des Cumhals und Vater des Ossians, der sich nach den Ueberlieferungen hier der Jagd wegen aufhielt. Eine von diesen Höhlen ist hundert und zwölf Fuß lang, und dreyßig hoch, und läuft oben spitzig zu, wie ein gothisches Gewölbe. Gegen das Ende zu theilt sie sich in zwo andere Höhlen, die weit in den Felsen hineingehen, und an jeder Seite verschiedene kleine, einander gegenüberstehende, Löcher haben. In diese waren Queerbalken gelegt, auf welchen die Töpfe gestellt wurden, worinn die Helden ihr Wildpret sotten; oder woran sie, nach der Art der damaligen Zeiten, die Beutel aufhiengen, die aus den Häuten der Thiere, die sie auf der Jagd tödteten, gemacht waren, und die mit Fleisch angefüllt wurden, das darinn eine hinlängliche Wärme erhalten konnte. Denn die alten Helden aßen ihr Fleisch halb roh, da sie den Saft für die beste Nahrung hielten. Auf der Vorderseite der Scheerwand zwischen diesen Nebenhöhlen sind verschiedene sehr rauhe Figuren in Stein ausgehauen; sie stellen Menschen, Thiere, und ein großes Schlachtschwerd vor. Es sind noch hier nahe dabey verschiedene Höhlen, die für den Stall, die Keller und das Hundebehältniß des großen Mac-cuil ausgegeben werden. – Allein die wichtigste Merkwürdigkeit, ein Wunder der Natur, das so lange unbekannt geblieben, ist die Fingalshöhle auf der kleinen Insel Staffa. **) Das
——————
*) Reise durch Schottland und die hebridischen Inseln. 1ster Th. Aus dem Engl. 1779. S. 278.
**) S. 338. Die Beschreibung ist von Joseph Banks, und zugleich mit einer Abbildung dieser außerordentlichen Höhle versehen. – Berühmter als diese, und am meisten vor allen gepriesen ist die Grotte zu Antiparos, die Tournefort (Voyage du Levant Tom. I. Lett. V.) beschreibt, und worinn der französische Gesandte Nointel 1673 mit einem Gefolge von einigen hundert Personen unter so vielem Pomp die Weihnachtsmesse feyerte. Allein Neugierige müssen auf die mühsamste Art und mit vieler Lebensgefahr hinunter kriechen. Der Baron von Riedesel (Remarques d'un Voyageur moderne au Levant 1773. Chap. 3.) fand darinn wenig Seltenes. Die neueste Abbildung, wie auch eine natürliche und weniger begeisterte Beschreibung von dieser Höhle trifft man in dem 4ten Heft von Voyage pittoresque de la Grèce an.
88 ganze Ende dieser Insel ruhet auf Reihen von natürlichen Basaltpfeilern, die größtentheils über funfzig Fuß hoch sind, und in natürlichen Säulengängen stehen, die sich nach dem Laufe der Buchten und Landspitzen richten. Sie ruhen auf einem festen Grunde von unförmlichen Felsen. Ueber sie ist die Lage, die an den Boden oder die Oberfläche der Insel reicht, von ungleicher Dicke, so wie das Land in Hügel aufsteigt, oder in Thäler abfällt. Jeder Hügel, der unten über die Säulen herabhängt, macht einen großen Fronton. Verschiedene davon sind über sechzig Fuß von der Grundfläche bis an die Spitze dick, und erhalten, durch den Abfall des Hügels an den Seiten, fast die völlige Gestalt der Frontons, die in der Baukunst üblich sind. Die Fingalshöhle selbst ist vermuthlich die prächtigste, die je von einem Reisenden beschrieben ward. Man kann sich kaum einen größern Anblick vorstellen, als einen solchen Raum, der an jeder Seite von Säulengängen unterstützt wird. Sein Dach besteht aus den untern Theilen von abgebrochenen Säulen, aus deren Winkeln eine gelbe tropfsteinartige Materie ausgeschwitzt ist, welche die Winkel genau bestimmt. Ihre Farbe zeigt eine ungemeine Mannigfaltigkeit und Schönheit. Die ganze Höhle erhält Licht von außen, so daß man bis an ihr tiefstes Ende hineinsehen kann. Die Luft, die durch die beständige Ebbe und Fluth in Bewegung gesetzt wird, ist rein und völlig frey von den feuchten Dämpfen, die sonst gewöhnlich die natürlichen Höhlen erfüllen. Die ganze Länge dieser Höhle von dem Felsen außerhalb derselben ist dreyhundert ein und siebenzig Fuß; ihre Breite bey dem Eingange drey und funfzig, und an dem innern Ende zwanzig Fuß; die Höhe des Bogens bey dem Eingange hundert und siebzehn, und an dem innern Ende siebzig Fuß; die Tiefe des Wassers am Eingange beträgt achtzehn Fuß, und macht die Höhle unbewohnbar, die jedoch eine so prächtige und wunderbare Naturscene ist, daß sie hier eine Anführung verdiente.
3.
Als sich unter den Christen die Liebe des Einsiedlerlebens verbreitete, wurden die Höhlen Wohnungen der Heiligen, die sich darinn, von dem Anblick einer sündigen Welt entfernt, den Betrachtungen des Himmels widmeten. Sie bildeten sich in den Felsen Altärs, Capellen, Küche, Schlafstellen und andere Plätze des Bedürfnisses und der Bequemlichkeit. Alles war voll Einfalt, entfernt von Weichlichkeit oder Pracht. Die Armuth und die Andacht waren die beyden einzigen Gesellschafterinnen des Heiligen. Sein strenges und enthaltsames Leben erwarb ihm oft die Aufmerksamkeit der ganzen Gegend; seine Höhle ward ein heiliger Ort, dem man sich nicht ohne Ehrfurcht nähern durfte, und den zuweilen der Aberglaube als einen Sitz der 89 Wunderthätigkeit ansah. Man bemerkt in vielen Ländern solche Höhlen, die noch den Namen der Heiligen führen, die sie ehemals bewohnten.
So ist die St. Beatushöhle in der Schweiz: sie liegt an der Nordseite des Sees von Thun im Canton Bern, und soll die Wohnung dieses Heiligen gewesen seyn, den man für den ersten Bekehrer der Helvetier hält. Der Eintritt in die Höhle liegt in der Mitte eines sehr hohen und steilen Felsens, in welchen sie fast gerades Weges über hundert Schritte hineingeht. Der Eingang ist sehr geräumig; man begegnet einem hervorfließenden ziemlichen Bach von ungemein kaltem und klarem Wasser. Der Grund der Höhle ist von Tuff, der aus dem Niedersatze des Wassers entstanden, und aus sehr artigen wellenförmigen Lagen zusammengesetzt ist. Oben aber ist das Gewölbe mit weißen traubenartigen Tropfsteinen ausgeziert. Außer der Höhle sieht man verschiedene Arten von Incrustationen.
Allein eine weit mehr bewundernswürdige Grotte von dieser Classe ist die St. Georghöhle *) in dem Felsen von Gibraltar. Der Mund der Höhle ist von außen enge, aber von innen sehr geräumig, und ein angenehmer kühler Aufenthalt für Gesellschaften, die oft aus der Stadt kommen, um hier den Tag zuzubringen. Man steigt etwa hundert Schritte in die Höhle hinunter. Die Decke ist wenigstens sechzig Fuß hoch, und ruhet auf einem vortrefflichen Schwibbogen, dessen Basis eben so viele Ellen hält. So weit eine freye Luft in der Höhle herrscht, und die Sonne durchdringt, ist sie mit Büscheln von breitblättrigem Epheu geziert. Das Wasser dringt das ganze Jahr über an verschiedenen Stellen durch, und tröpfelt herab. Diese Tropfen bilden an der Decke der Höhle hängende Krystallirungen und Eiszapfen von Stein, von tausend verschiedenen Gestalten. Weiter hinein, wo die Feuchtigkeit viel größer ist, gehen die Versteinerungen bis an den Boden herunter, und bilden Säulen, welche die Höhle auf immer bey zufälligen Erschütterungen des Erdbebens unterstützen werden. Diese Säulen weichen nach der sonderbaren Wirkung ihrer Natur von allen Regeln der menschlichen Baukunst ab. Die Capitäle und Fußgestelle entstehen zuerst, und die Schäfte, ein Werk von Jahrhunderten, kommen allmählig durch den Anwachs des Marcasit hinzu. Unten, wo die Stufen aufhören, ist eine Oeffnung von beynahe funfzig Fuß Tiefe, und dem Ansehen nach sehr lang, wo die versteinerten Pfeiler von erstaunlicher Schönheit und Regelmäßigkeit sind, und einen bezaubernden gothischen Tempel bilden, dessen Seitengänge und Capelle ganz deutlich zu unter-
——————
*) Carters Reise von Gibraltar nach Malaga im Jahr 1772. Aus dem Engl. 8. 1779. 1ster Theil, 3tes Kap.
90scheiden und von bewundernswürdiger Symmetrie sind. Schon Pomponius Mela erwähnt dieses merkwürdigen Naturwunders. *)
4.
Diese vorgelegten Beschreibungen zeigen nicht allein den ursprünglichen Gebrauch der Grotten, sondern auch vornehmlich die Art, wie die Natur sie zu bilden pflegt. Bey Werken, die in der Nachahmung sich so weit von ihrem wahren Charakter verloren haben, ist nichts nöthiger, als sie auf die erste Einrichtung der Natur zurückzuweisen.
Wir sehen, daß Grotten ihre natürliche Heimath in bergichten und felsichten Landschaften haben; man findet sie am meisten bey uns, in den Wildnissen des Harzes, **) auswärts in den Gebirgen der Schweiz, in den Höhen von Norwegen, und in den Felsen von Schottland. Sie können demnach nur in einem Revier natürlich seyn, das aus Bergen oder Felsen besteht, die Aushöhlungen und Klüfte durch zufällige Wirkungen, oder der Hand des Menschen, sie zu bilden, verstatten.
Obgleich der Gartenkünstler sonst von Felsen ***) wenig Gebrauch machen kann, so werden sie doch in Rücksicht auf Grotten schon nutzbarer. Sie entfernen sich schon um einige Grade von der Wildniß, indem sie das Gepräge von irgend einer Bewohnung annehmen; in ihrer Vorstellung verschwindet das Oede, das ihr sonst anhängt. Die Gegenwart des Menschen rechtfertigt einige Cultur, die wenigstens in der Minderung ihrer Rauhigkeit sichtbar wird, ohne eitle Bestrebung, ihren Charakter umschaffen zu wollen. Sie können mit Gräsern und rankenden Pflanzen bekleidet werden; an einigen Stellen mag ein kleines Buschwerk von angenehmem Grün aufschiessen; nahe umher mögen sich einige Bäume mit gesundem Wachsthum erheben. Alle diese Umstände zerstören nicht den Charakter der Felsen, sie mildern ihn nur, sie helfen der Einförmigkeit ab, erfrischen die Trockenheit der Gestalt, und stimmen übrigens noch immer mit dem natürlichen Ansehen einer Grotte zusammen. Durch Ausrottung der lebhaft grünenden Gebüsche und durch Umherpflanzung solcher Bäume, die ein dunkles und trauriges Laubwerk haben, kann der Künstler auf eine entgegen-
——————
*) B. 2. K. 6.
**) Die bekannteste unter den größern Höhlen ist die Baumannshöhle, die eine große Aehnlichkeit mit der Grotte von Antiparos hat, in Ansehung sowohl ihrer Bildung, als auch der Tropfsteinzapfen. Sie besteht aus verschiedenen Gewölbern, die zum Theil ein großes Ansehen haben, und mit weißem Tropfstein und Zapfen bekleidet sind. Diese Grotte verdiente einen Dichter.
***) S. 1sten B. S. 192. 193.
91gesetzte Art das kahle und finstere Ansehen der Felsen vermehren. Er kann ihnen Lebhaftigkeit geben, indem er das Wasser in kleine Güsse vertheilt, und ihre Wildheit erhöhen, indem er es in einen brausenden Strom vereinigt. Seine Macht erstreckt sich noch weiter. Er kann in ihr Inneres dringen, und Oeffnungen hauen, die bequeme Sitze und selbst geräumige Wohnplätze geben.
Eine von der Kunst angelegte Grotte muß zuvörderst eine Lage haben, wie wir sie in der Natur zu sehen gewohnt sind, an Bergen, an Felsen, zwischen rohen Klippen und Wassergüssen, in versteckten Winkeln. Nichts ist unnatürlicher, als nachgeäffte Grotten in Ebenen, auf freyen Plätzen, wo sie gleich das Auge an sich ziehen, oder in gerader Linie gegen ein Blumenbett hervorstechend.
Weil Grotten nicht allein schon an sich Seltenheiten in der Natur sind, sondern auch nur wenig Gärten sich solchen Lagen zu nähern pflegen; so dürfen auch angelegte Grotten nicht zu häufig seyn. Ein Garten kann der Grotten sehr leicht entbehren; und einige Gattungen von Gärten scheinen sie kaum zu vertragen.
Sie müssen eine etwas versteckte und dunkle Lage haben, die sie nicht leicht entdeckt; kein geschmückter Eingang, keine reiche Verzierung der Vorplätze darf sie ankündigen. Nur ist es nicht nöthig, daß der Ort ganz versperrt und aller Aussicht beraubt sey; er kann Oeffnungen zu Prospecten in die Ferne, aufs Meer, auf entlegene Waldungen haben; allein das Revier, das unmittelbar die Grotte umgiebt, muß verwildert und eingeschlossen seyn.
In der Anlage muß eine höchst einfältige, nachläßige und rohe Zusammensetzung herrschen; alles muß scheinen, von der wilden Hand der Natur selbst gebildet zu seyn. Je grösser die Einfalt ist, desto natürlicher ist das Ansehen der Grotten. Ihre innere Verzierung erhalten sie von der Bildung des Felsen selbst und von den zufälligen Wirkungen des herabträufelnden und durchfließenden Wassers. Sie verwerfen jede Einrichtung, jeden Zierrath, der seiner Natur nach nicht in ihrem Schooße anzutreffen ist.
Ihre äußere Gestalt muß ein Gepräge von Einfalt und Rohigkeit haben. Ein unordentlicher Steinhaufen, eine zerborstene Felswand, eine Erhöhung von einzelnen Massen, die sich durch die Gewalt der Zeit getrennt zu haben scheinen, hie und da überwachsen mit Moos und Gesträuch, oder mit Epheu und wildem Wein bekleidet, die zwischen den Ritzen herumklettern, oben mit Erde bedeckt, woraus einige unansehnliche Bäumchen sich dürftig nähren, und ihre kraftlosen Zweige über dem Eingange herabhängen lassen, kleine Wassergüsse, die auf den Seiten zwischen Gebüsch herabirren – alles dieses trägt zur malerischen Schönheit der Außenseite der Grotten am meisten bey.
92 Obgleich Gartengrotten Nachahmungen der natürlichen Höhlen sind, so muß man doch in so weit auf eine bequeme Einrichtung bedacht seyn, daß sie sowohl die nöthige Reinlichkeit haben, als auch der Gesundheit nicht durch eine dumpfe Luft schaden. Sie müssen nicht feucht, noch der Reinigung der Luft verschlossen seyn; sie lassen ohnedieß oft genug das Vergnügen der Kühlung von der Gefahr des Fiebers begleiten. Wenn sie eng, niedrig und finster sind, so hören sie auf, Plätze eines angenehmen Aufenthalts zu seyn. Allein wie erfrischend sind sie nicht, wenn sie aus hohen, trocknen und luftigen Felsen bestehen, mit freyen und geräumigen Gewölben, mit Oeffnungen, die Licht und Aussicht verstatten!

Sie dienen zwar nicht mehr zur beständigen Wohnung; indessen bieten sie durch Vereinigung der Felsen, der kleinen Quellen und Wassergüsse, und der schattigten Lage für gewisse Stunden eine erquickende Kühlung an. Außerdem können sie mit ihren Nebenumständen eigene Scenen bilden, zumal an Plätzen des Sommers. Sie 93 gehören übrigens nicht sowohl in das Revier des Angenehmen, als vielmehr zu dem Romantischen, als ein vorzügliches Eigenthum dieser Gattung.
Man kann dem Eindruck der Grotten, in so ferne sie in Gärten Gegenstände sind, zu Hülfe kommen, indem man ihnen einen bestimmten Charakter giebt, der sich auf einen Gebrauch bezieht, den man vormals von ihnen machte. Man kann sie einer Nymphe, einem Nationalhelden aus der ältesten Zeit, oder einem Heiligen des Landes widmen, wodurch sie bey der Wirkung, die sie schon als besondere Naturscenen haben, noch eine Kraft zur Erweckung interessanter Erinnerungen oder ergötzender Phantasien gewinnen.
5.
Es bedarf nur wenig Beyspiele von wirklichen Ausführungen, um diesen Bemerkungen über die wahre Anlage der Grotten sowohl etwas mehr Nachdruck als Erweiterung zu geben. Dazu mögen mit ihren Scenen die Grotten in den Leasowes, zu Stowe und zu Twickenham dienen.
In den Leasowes *) führt ein einsamer Weg nach einer Grotte von natürlich scheinenden, aber durch die Kunst ausgehöhlten Felsen, worinn eine Cascade rauscht. Sie ist dick mit Buschwerk eingefaßt, wovon einiges über den Rand des Felsen hängt, und mit immergrünenden Bäumen und Waldbäumen vermischt ist. Um den Charakter einer Grotte noch stärker auszudrücken, hat man einen rauhen steinernen Sitz unter wilden Wurzeln sehr schicklich angebracht; ein Zusatz, daraus vielleicht nicht viel gemacht wird, der aber doch eine angenehme Wirkung hat. Eine schickliche Inschrift bezeichnet diese Grotte:
Intus aquae dulces, vivoque sedilia saxo,
Nympharum domus.
Der Ellernhain zu Stowe **) giebt einen einsamen Aufenthalt mitten in einem Schatten ab, den selbst die Strahlen des Mittags nicht ausklären können. Das Wasser scheint ein stillstehender Teich zu seyn, der sein Ufer durchfrißt, und eine ganz besondere Farbe hat; denn er ist nicht schlammigt, sondern nur dunkel, und wirft das schwärzliche Bild der Roßkastanien und Ellern zurück, die zunächst um den Rand ste-
——————
*) In Shropshire zwischen Birmingham und Stourbridge. S. Heely Briefe über die Schönheiten von den Leasowes u. s. f. 20ster Br.
**) Betrachtungen über das heutige Gartenwesen, S. 274.
94hen. Die Stämme der letztern, die in großer Menge aus einer Wurzel hervorschießen, drücken einander nieder, und schweben über dem Wasser. Ungestalte Ulmen und höckerichte Tannen stehen häufig in der Waldung, welche die Tiefe umgiebt; Stämme abgestorbener Bäume trauren darunter, der Sumach, der Taxbaum, nebst Hollunder und Haselsträuchern machen den Unterwuchs aus; einige wenige Linden und Kirschlorbeern sind mit untergemischt. Der Wald ist meistens vom dunkelsten Grün; und das Laubwerk wird durch Epheu verdickt, der sich nicht nur an den Bäumen hinaufschlängelt, sondern auch über die Abfälle des Bodens hinüberläuft. Diese sind abschüßig und steil. Der Kiesweg ist mit Moos bedeckt. Am Ende dieser Scene erscheint die Grotte. Sie ist mit zerbrochenen Feuersteinen und Kieseln bekleidet, und erhält, durch die Einfachheit ihrer Materialien und die Dunkelheit ihrer Farbe, den ganzen Charakter ihrer Lage.
Popens Grotte zu Twickenham *) ist berühmt, weil sie der Dichter nicht blos anlegte, sondern auch besang. Ueber dem Eingange an der Nordseite lieset man diese in einen Stein gehauene Inschrift:
Secretum iter et fallentis semita vitae.
Um den abschüssigen Eingang stehen Rüstern und Linden, die ihn beschatten, und an den Seiten sind Topfsteine und große Stücken Feuersteine in kleinen Hügeln aufgesetzt, und überzogen mit Moos und Kräutern, die an schattigten Felsen wachsen. Die Grotte ist gewölbt, läuft ohngefähr eilf Schritte vorwärts nach Süden, und theilt sich alsdenn in Seitengänge und kleine Kammern. Die zur Rechten machen eine Art von Irrgang, die zur Linken oder gegen Morgen aber endigen sich in ein paar geräumige Zimmer. Die Wände der Grotten sind mit mancherley Arten von Steinen überzogen. Die südliche Thüre führt auf einen grünen Rasen, der das Ufer der Themse ist, etwa fünf und zwanzig Schritte bis ans Wasser abschüssig herunter läuft, und von hohen babylonischen Weiden beschattet wird. – Allein diese Grotte hat doch Verzierungen, die nicht die Strenge der Kritik aushalten, als eine gemalte Decke, allerhand mit Steinen ausgelegte Figuren an den Wänden, und in den Nischen antike Bildsäulen. Es ist so schwer, selbst in den besten Gärten eine Grotte anzutreffen, die nicht, durch irgend einen üppigen Zierrath oder einen unschicklichen Zusatz der Kunst, gegen die wahre Einfalt fehlte; und doch ist in allen Grotten der Natur nichts mehr hervorstechend, als ihre Einfalt.
——————
*) Bemerkungen eines Reisenden durch Deutschland, Frankreich, England und Holland. 8. 2ter Th. 1775. 53 Br.
95 6.
Allein gewiß ist es auch, daß die alte Manier keine Werke so sehr verstellt hat, als die Grotten, und daß es daher selbst Männern von Geschmack zuweilen eine kleine Ueberwindung kostet, sich von der herrschenden Kunst loszureißen, und sich wieder in die einfältige Natur hineinzufinden. Man wollte nicht blos einige Bequemlichkeit haben; sondern man suchte auch eine Einrichtung und Auszierung, wie man sie in den Wohnhäusern zu finden gewohnt war. Man vergaß dabey, daß Grotten aufhörten, diesen Namen zu verdienen, so bald sie zu regelmäßigen Zimmern geformt würden; daß sie keine Häuser, sondern nur Werke der Nachahmung seyn sollten, wozu die Muster nicht deutlicher vor Augen liegen konnten. Nicht weiter aber konnte man von der Natur abirren, als da man das Vorurtheil saßte, daß Grotten sich nach dem Stande der Gartenbesitzer richten, mit ihm sich an Reichthum und Pracht heben müßten. Durch diesen Wahn hörten sie ganz auf, Nachehmungen wirklicher Naturscenen zu seyn; sie schweiften in die Kunst hinüber, wurden nicht blos Häuser, sondern zuweilen kleine Paläste. Sie bekamen die genaueste Regelmäßigkeit, hohe Treppenwerke, reiche Zusammensetzungen, Säulen, Colonnaden, Statüen, Gemälde, eine unermeßliche Ueberladung von Verzierungen, alles was die Kunst erfinden konnte, und nichts, was ihnen nach dem Vorbilde der Natur gehörte. Es sind nicht blos die berüchtigten Grotten zu Meudon und St. Clou, die von Symmetrie strotzen. Man sieht noch jetzt in so vielen Gärten der Fürsten Gebäude dieser Art, die den Namen von Grotten führen, womit sie nichts gemein haben, und auf Plätzen prangen, wohin sie nur von einer Fee hingezaubert zu seyn scheinen. Die Architekturlehrer, die so selten Kenntniß der ächten Regeln der Gartenkunst hatten, womit sie sich doch fast alle beschäftigten, beeiferten sich, diesen falschen Geschmack zu unterstützen. Decker belastete sogar das Dach seiner Grotten mit Statüen, die kaum neben einander Platz hatten. Vergebens suchte man durch Muscheln, Corallen, Crystallen und andere kostbare Spielwerke, die in dem Innern verschwendet wurden, das Unnatürliche zu verbergen, das unter den mühsamsten Kleinigkeiten nur desto deutlicher durchschien; man verfiel mitten unter den Auszierungen, die den Palast in eine Grotte wieder verwandeln sollten, aus einer Lächerlichkeit in die andere. Man bildete an den Decken schwebende Frösche, und an den Wänden kletternde Fische; und wenns recht herrlich zugieng, so erschien der ehrwürdige Neptun in voller Pracht, aus tausend flimmernden Steinchen zusammengesetzt; oder man belustigte die Herren und Damen mit unvermutheten Vexirwassern, die von schalkhaften Krebsen gesprützt wurden. Es ward kein Witz, keine Mühe, keine Summe gespart, um den Zuschauer durch die 96 Ausschweifungen des Unnatürlichen und Abgeschmackten in Erstaunen zu setzen. Um sich davon wieder zu erholen, erfrische man sich bey der hier folgenden Vorstellung in der Grotte der Natur.

III.
Einsiedeleyen.
1.
Die Einsiedeleyen, die man zuweilen in den Gärten anlegt, sind, eben so wie die Grotten, Werke der Nachahmung, nicht sowohl zur Bewohnung, als vielmehr zum kurzen Genuß der Ruhe und der Einsamkeit, und zur Verstärkung der Eindrücke bestimmt, die stille und melancholische Reviere machen sollen. Sie sind von Grotten, denen sie ähnlich scheinen, noch in wesentlichen Stücken unterschieden. Beyde haben eine verborgene Lage mit einander gemein; beyde sind in Bergen, in 97 Felsen, in Wildnissen einheimisch. Allein die Grotte kann zuweilen eine sehr natürliche Lage am Wasser haben; die Einsiedeley scheint mehr für Waldung und öde Wildniß in Bergen zu gehören. Die Grotte ist eine Nachahmung der Höhlen, wie sie die Natur bildet; die Einsiedeley ist eine Hütte, ein einfältiges Haus, von der Hand des Menschen gebauet, oder wenn sie zuweilen in Felsen liegt, so ist dieser doch zu einem sich der Regelmäßigkeit nähernden Zimmer bearbeitet, welches die Grotte nicht seyn kann, ohne in das Unnatürliche überzugehen. Ein Werk, von Holz erbauet und mit Schiefer gedeckt, würde eine sehr unnatürliche Erscheinung für eine Grotte seyn, aber nicht für die Einsiedeley. Beyde trennen sich in Absicht auf die Bauart und die Materialien; aber sie kommen beyde in der Einfalt wieder zusammen. Die Grotte läßt in der Vorstellung den Aufenthalt mehrerer Bewohner zu; die Einsiedeley ist auf einen Einzelnen eingeschränkt, indem mit zwo Personen schon die Geselligkeit anfängt. Aus diesem Grunde können mehrere Grotten dicht neben einander liegen, ohne unnatürlich oder unschicklich zu werden; eine Vereinigung mehrerer Einsiedeleyen aber, die sich an einander drängten, würde ihren Eindruck durch die Vorstellung der Geselligkeit schwächen. Endlich ist die Grotte, wie schon bemerkt ist, ein Eigenthum des Romantischen; die Einsiedeley gehört für die einsame und sanft melancholische Gegend, der sie ungemein angemessen ist.

98 2.
Eine Einsiedeley läßt uns nicht allein die Wirkungen des melancholischen Reviers, *) worinn sie liegt, besser empfinden, sondern unterhält uns zugleich mit der Erinnerung jener Zeiten, wo die fromme Einfalt die Welt verließ, um den Himmel in der Wüste zu finden. Es ist wahr, diese Erinnerung wird durch die Vorstellung von Irrthum und Schwärmerey getrübt; aber wo ist das Zeitalter, das nicht irrte oder schwärmte? Unter allen Wendungen, die das Klosterwesen genommen, ist vielleicht keine, die so wenig schädlicher Misbrauch war, als das Fliehen in einsame und öde Gegenden. Hier ward das Leben der Mönche doch nützlich, indem sie das Land baueten, und so viele Einöden fruchtbar und gesund machten. Die Wüste ertönte nicht blos von ihren Gebeten, sondern auch von der Axt in ihren Händen; der benachbarte Landmann holte bey ihnen nicht blos einen Segen, sondern auch Anweisung für seinen Beruf. Ein Leben, das sich alle Freuden der Welt, alle Bequemlichkeiten der Gesellschaft versagte, das zwischen Arbeit, Bußübungen und Betrachtungen getheilt war, sahe nur der Himmel, der es belohnen sollte. In einer glücklichen Einförmigkeit, ohne Bedürfniß und ohne Leidenschaft, walleten die kurzen Tage der Prüfung dahin; der Abend beleuchtete eben die ruhige Stirne des Einsiedlers, wie sie die Morgenröthe geweckt hatte: denn sein Gott wohnte bey ihm in der Zelle. Er hatte alle Ansprüche an dieser Welt für die Hoffnungen in jener vertauscht; ihm nur schwebte immer sein Geist mit dem Frieden der Zuversicht entgegen. Wenn sein Abend herandämmerte, so horchte er voll stiller Erwartung auf die Stimmen der Engel, die ihn zu sich riefen; das Crucifix in der Hand, gieng er mit feyerlicher Heiterkeit von hier, und hinterließ einem betenden Bruder seine Zelle und das Andenken seiner Frömmigkeit. – Diese Erinnerung erwacht bey dem Anblick der Einsiedeleyen wieder; und sie hat eine Kraft zu Rührungen, die ein Herz, das nicht allein für die Welt empfindet, gerne bey sich unterhält. Ich weiß nicht, warum wir nicht solche Bilder wieder erneuern sollen, die Veranlassung zu sanften und der menschlichen Würde so angemessenen Empfindungen sind. Es ist schon eine Aeußerung von Tugend, wenn uns die Denkmäler der Tugend erwärmen; und man nähert sich schon um einige Schritte der Frömmigkeit, wenn man den Ort ehrwürdig findet, wo ein frommer Mann in der Anbetung liegt.
——————
*) S. 1sten B. S. 211–213.
99
3.
Die ersten Eremiten baueten oft in Felsen, und noch in den neuern Zeiten haben sie darinn oft ihre Wohnungen angelegt. Ein sehr merkwürdiges Werk dieser Art, das von einem Waldbruder bewohnt wird, sieht man in der Schweiz zwischen Bern und Freyburg eine Stunde von dieser Stadt. Die Gegend umher ist eine wahre melancholische Einöde; man erblickt weder Dörfer noch Landhütten; man sieht nichts als Wälder und Felsen, und in der Tiefe rauschet die Sane in einem urgestalten, von Steinen erfüllten, Bett vorüber. Die tiefe Einsamkeit und die Ernsthaftigkeit der Natur flößt der Seele ein gewisses ruhiges und schwermüthiges Wesen ein. Diese Gegend ist für die Wirkung der Einsiedeley, die sie berühmt macht, überaus günstig. An dem rechten Ufer des Flusses liegt eine Reihe von Felsen, deren Höhe auf vierhundert Fuß beträgt; sie sind voll Spaltungen, auch ungemein steil. Ein Theil dieser Felsen zieht sich näher nach der Sane hin; und hier hat vor etwa hundert Jahren ein Einfiedler sich so vielen Raum ausgehauen, als er zu einem Lager 100 und zu seiner Beschirmung vor dem Wetter nöthig hatte. Sein Nachfolger *) wollte sich mit dieser engen Wohnung nicht begnügen. Er unternahm es, die Einsiedeley zu erweitern, und nach einer Arbeit von fünf und zwanzig Jahren, die er mit einem Untergebenen unabläßig betrieb, brachte er eine Kirche mit einem Thurm, eine Sacristey, ein Refectorium, eine Küche, einen großen Saal, zwo Seitenkammern, zwo Treppen, und unten einen Keller, alles in den Felsen gehauen, zu Stande. Die Kirche hält in der Länge drey und sechzig, in der Breite sechs und dreyßig, und in der Höhe zwey und zwanzig Fuß. Die Sacristey auf eben dieser Seite ist zwey und zwanzig Fuß lang und breit, und vierzehn hoch. Der Thurm der Capelle oder Kirche hat eine Höhe von siebzig und eine Breite von sechs Fuß; er reicht bis oben an den Felsen. Zwischen der Kirche und dem Refectorium ist ein Vorzimmer, vier und vierzig Fuß lang und vier und dreyßig breit. Das Refectorium ist ein und zwanzig Fuß lang. Auf der Seite ist die Küche mit ihrem Camin, dessen Röhre eine Höhe von neunzig Fuß hält. Von da kommt man in einen großen Saal, neunzig Fuß lang und zwey und zwanzig breit; er ist, wie die übrigen Gemächer, mit großen Fenstern gegen den Fluß zu versehen. Sieht man daraus in den tiefen Fluß hinab, so wird man vom Schauer ergriffen. Noch sind zwey andere Gemächer da, zusammen vier und funfzig Fuß lang. Auf der Seite des großen Saals ist eine verborgene Treppe. Man muß über dieses Wunder eines eisernen Fleißes erstaunen, wenn man sieht, wie geschickt alles dieses in dem Felsen ausgeführet worden. In dem Keller befindet sich eine reiche Wasserquelle; und in einem kleinen Vorwerk ist ein Gärtchen mit Kräutern und Blumen angelegt.
Allein nicht immer verbargen sich die Einsiedler in abgelegenen Thälern und felsichten Gründen; sie suchten oft ihre Sitze in den Wäldern und Felsen der Gebirge aus. Auch eine große Höhe giebt Einsamkeit, und eine Aussicht auf weite und herrliche Landschaften, tief in die Ferne hin, verträgt sich mit der Bestimmung der Einsiedeley, wenn diese nur dem Blick des Menschen sowohl als dem Geräusch entzogen ist, und sich in ihren abgesonderten Bezirk verschließt. Der Rigiberg im Canton Schweiz hat die schönsten Aussichten, und seine berühmte Einsiedeley dennoch eine angemessene Lage. Dieser große, hohe und fruchtbare Berg, der einen Umfang von zehn Stunden hat, ist fast von allen Seiten mit Wasser umgeben; sein südlicher Fuß wird an zwey Orten von dem Vierwaldstättersee, der nordliche von dem Lauwerzersee, und der westliche von dem Zugersee bespült. Bey dem Flecken Brunnen wird er durch Wasser von andern Bergen abgeschnitten. In der Ferne scheint er rauh
——————
*) Der Name dieses Mannes verdient aufbehalten zu werden. Er hieß Jean dy Pré von Gryers, und verunglückte in der Sane 1708.
101 und wild; in der Nähe sieht man das Gegentheil; viele Fremde besuchen ihn wegen seiner unvergleichlichen Aussicht. Man besteigt ihn auf verschiedenen Wegen. Nur wenige hundert Schritte über Art zieht sich der Weg sehr steil hinauf; doch wird er einigemal durch kleine Ebenen unterbrochen. Er geht meistens durch Wälder und dazwischen liegende Weiden, wo man große Heerden von Vieh erblickt. Man braucht beynahe vier kleine Stunden, um oben die Capelle oder Einsiedeley zu ersteigen, zu welcher im Sommer viele Wallfahrten geschehen. Der oberste Gipfel dieses Berges, der außerdem noch verschiedene Höhlen enthält, gewährt eine der prächtigsten Aussichten auf dieser Erdkugel. Da dieser Berg unter den hohen Bergen Helvetiens von Mitternacht gegen Mittag einer der ersten ist; so breitet sich die Aussicht sowohl auf die noch höhern Berge der Cantons Schweiz, Lucern, Uri und Unterwalden, als auch über die anmuthigen und fruchtbaren Gefilde des Lucerner und Zürcher Gebiets, in das Aargau und weiter aus, und bey heller Luft fallen zehn verschiedene Seen auf einmal in die Augen mit einer Wirkung, die keine Sprache beschreibt. –
Eine andre Einsiedeley von einer überaus merkwürdigen Lage und Einrichtung ist das so genannte Korkkloster auf dem Felsen Cabo di Rora bey Lissabon, das Baretti *) beschreibt. Zu dieser Einsiedeley führt nur ein einziger Weg durch einen Bogen, den die Natur in einem Felsen gemacht hat. Er steht ungefähr zweyhundert Fuß niedriger, als die Einsiedeley; sonst ist es nirgends möglich hinanzuklettern. Man kann sich diesen Ort nicht sonderbarer, wilder, romanmäßiger denken. Zuerst kommt man auf einen unregelmäßigen Platz, der ohngefähr vierzig Ellen ins Gevierte hält. Vor demselben liegt ein hoher, hin und wieder durchlöcherter Felsen, und aus diesen Löchern und Kellern besteht die ganze Einsiedeley. Die Kirche ist eine besondere Höhle, die Sacristey wieder eine andre; der Beichtstuhl, die Küche, das Schlafund das Speisezimmer, alle Zellen sind eben so viele Höhlen, und andre Oeffnungen dienen zur Thüre und zu den Fenstern. Keine Höhle aber unter allen kann geräumig genannt werden. Die Natur hat hier allerdings einen sonderbaren Ort gebildet, denn die Kunst hat für die jetzigen Bewohner sehr wenig gethan. Das Erdbeben wütete hier entsetzlich, konnte aber nichts ausrichten. Diese Wohnungen können nicht anders, als mit dem Berge selbst, über den Haufen fallen. Was diesen von der Natur gebaueten Ort noch sonderbarer macht, ist dieses, daß alle Wände und Fußböden mit Kork oder Pantoffelholzrinde bedeckt sind, wodurch die schädliche Feuchtigkeit abgehalten wird. Die Einsiedler steigen durch eine Reihe sehr unregelmäßiger Stufen zu ihrem Wasserbehältnisse und zu ihrem kleinen Stück Gartenland hinab, das dadurch gewässert wird. Sie nennen die vielen kleinen Fußsteige ihre Spaziergänge;
——————
*) Reise durch Portugall, Spanien, u. s. f. 1ster B. 28ster Br.
102 und wenn man die Unbequemlichkeit wegnimmt, so ist es wirklich ein angenehmer Gang, der von Bäumen und Buschwerk beschattet wird. Mitten in der Höhle, die den Speisesaal vorstellt, liegt ein großer Stein, der statt des Tisches dient, wenn man des Wetters wegen einen bedeckten Ort zum Speisen suchen muß. Die Aussicht aus dieser Einsiedeley, die zwischen Felsen, Bäumen und Gebüschen eine angenehme Lage hat, ist erstaunlich weit, und erstreckt sich über eine große Fläche des Meeres, über alle Dörfer und Flecken an der Mündung des Tagus, über das königliche Kloster zu Mafra, und eine Menge einzelner auf dem Lande umher zerstreuter Wohnungen, über eine lange Reihe theils felsichter und unfruchtbarer, theils bewohnter Berge. Einige davon sind mit Eichen, Fichten und Pantoffelbäumen besetzt; auf andern sieht man Weinberge, Oelbäume, Pomeranzen, Citronen und unzählige Gewächse von mancherley Art.

103 4.
Weil man in Gärten keine weitläuftigen Gebirge, und selten rauh verwilderte Berge hat, worinn sich nachgeahmte Einsiedeleyen verbergen könnten; so legt man sie am besten in verwachsenen Winkeln und in schattigten Vertiefungen an, wo sie den Charakter der Einsamkeit, den sie verlangen, leichter gewinnen. Denn nichts kann ihrer Natur und Absicht mehr widersprechen, als wenn man sie auf kleine offene Hügel oder auf freye Rasenplätze, wo sie von allen Seiten erblickt werden, verlegt; eine Anlage, die nicht unschicklicher seyn kann, ob man sie gleich noch oft genug antrifft. Eine sehr glückliche Lage ist es, wenn sie sich an einen Berg oder an eine Felsenwand lehnen; und oft wird man in der Nachbarschaft des Gartenreviers, in einer angränzenden Wildniß, einen mehr angemessenen Ort für sie finden, als in dem Bezirk des Gartens selbst. Die zunächst umliegende Gegend oder die Scene muß nichts Prächtiges, nichts Reizendes noch Geschmücktes haben; sondern nachläßig und bescheiden seyn, in stiller Einfalt, ohne Lebhaftigkeit und ohne auffallende Schönheit. Ein ruhiges Gewässer oder eine Quelle mit leisem Gemurmel ist dem Charakter dieser Scene sehr gemäß. Man kann durch umhergepflanzte Bäume von tief herabhangenden Zweigen und dunklem Laubwerk, durch dicke Gebüsche ihre Einsamkeit verstärken, und ihr Ansehen finsterer machen.
Das Gebäude mag aus Stein oder Holz bestehen; nur muß die Zusammensetzung die höchste Einfalt und Nachläßigkeit zeigen. Keine Kunst, viel weniger ein Anschein von Pracht; selbst die Vernachläßigung der Verhältnisse der Baukunst ist hier eher ein Verdienst, als ein Fehler. Das ganze Ansehen muß Einfalt, Dürftigkeit, Verläugnung ankündigen. Ein Dach von Stroh oder Schiefer, rohe Pfeiler, die es tragen, ein Gemäuer oder eine von leimigter Erde aufgeführte Wand, woran man die Spuren der Zeit und des Wetters, beschädigte Stellen und Ueberzüge von Moos wahrnimmt, eine Thür, die, ohne Zierde zwischen den Pfosten, blos die Oeffnung schließt, Fenster mit trüben oder bemalten Glasscheiben – Alles dieses bezeichnet die äußere Gestalt der Einsiedeley.
Die innere Einrichtung ist auf Reinlichkeit und unentbehrliche Bequemlichkeit eingeschränkt; daher keine Merkmale eines verfeinerten Geschmacks, keine Einladung zur Weichlichkeit und zu irgend einer Art von wollüstiger Behagung, keine reiche Verzierungen mit Gemälden und ausgelegter Arbeit, die wider den Begriff der Dürftigkeit oder Mäßigkeit streiten. Ueberall Einfalt, Bescheidenheit, Ernst; alles, was lachend und frölich ist, tödtet den Eindruck, den das Ganze machen soll. Eine 104 Bank, eine Ruhestelle in dem einen Winkel, ein Capellchen in dem andern, eine Nische mit dem kunstlosen Bildniß eines Schutzheiligen, an der Wand einige Sprüche, die in Worten voll Einfalt die hohe Weisheit des Lebens lehren, oben über die Thüre hinaus ein Glöckchen, das die Stunde des Gebets verkündigt – machen die anständige Verzierung einer Einsiedeley aus, die aus dem Mönchsleben nachgeahmt ist. Andere Einsiedeleyen, die sich nicht ganz an diesen Charakter halten, müssen doch eine innere Einrichtung und Auszierung haben, die sich zum Genuß der Ruhe schickt, und das ernste Nachdenken unterhält. Und dazu sind Inschriften, die den Geist auf wichtige Betrachtungen leiten, von vorzüglicher Kraft.
Einsiedeleyen müssen eine gewisse Dunkelheit haben, entweder durch wenig Fenster und Oeffnungen, oder durch starke Beschattungen von Bäumen. In Gebäuden, die eine Empfindung von feyerlicher Ruhe oder eine Art von heiligem Schauer erregen sollen, wird diese Wirkung am sichersten von der Verdunkelung erhalten; auch hilft hier der plötzliche Uebergang vom Licht zur Finsterniß; wir fühlen es sogleich, daß wir an einen Ort von einer andern Bestimmung gekommen sind.
Selbst die äußere und innere Farbe ist, dieser Eindrücke wegen, nicht gleichgültig; sie muß den Ernst des ganzen Werks unterstützen, und entweder braun oder dunkelgrau seyn. Nichts ist mehr widersprechend, als eine Hütte der Melancholie oder der einsamen Betrachtung mit einer hellgrünen oder weißen Farbe zu bekleiden.
Man glaubt zuweilen, daß man für Einsiedeleyen, als Gegenstände, die nur durch ihr Ansehen einen Eindruck machen sollen, genug gethan habe, wenn nur das Aeußere den Charakter der Eremitagen trägt, und daß die innere Einrichtung alle Schönheit eines Prachtsaals vertrage. Allein, ohne zu gedenken, daß diese Einrichtung das Aeußere und das Innere des Gebäudes in einen Widerspruch setzt, so unterbricht sie doch beym Hereingehen und beym Heraustreten jedesmal den Eindruck, und macht, daß zuletzt die umliegende Scene selbst ihre Wirkung verliert. Es ist keine Nothwendigkeit da, die eine solche Anlage rechtfertigte; und die kleine Ueberraschung, die das erstemal bey dem Eintritt entsteht, ist zu vorübereilend und unbedeutend, als daß sie die Wirkungen, die darüber verloren werden, wieder ersetzen könnte.
Ehe man eine Einsiedeley anlegt, muß man den besondern Charakter und die besondere Bestimmung des Gartens betrachten. Denn gewisse Arten von Gärten vertragen diese Gebäude nicht. In einem heitern Lustgarten, in einem Frühlingsgarten, in einem Garten bey Gymnasien und Akademien würde eine Einsiedeley sehr unschicklich seyn. Aber sehr gut steht sie in einem Garten bey Klöstern, bey Capellen, bey Begräbnißörtern, in jedem einzelnen Garten von einem einfachen Charakter des 105 Ernstes oder der Melancholey; und wo ein Garten sich in eine Folge von vielen verschiedenen Scenen ausbreitet, da kann sie auch die ihrige zur Verstärkung ihrer Wirkung besonders einnehmen.

5.
In Gärten, die mit Geschmack angelegt sind, findet man auch Einsiedeleyen, die wenigstens in den wesentlichen Stücken die Anordnung haben, welcher diese Art von Gebäuden folgen muß.
Die Eremitage des H. Augustin zu Stowe ist bekannt. Sie liegt an einem abgelegenen und dunkeln Orte des Gartens, und ist ganz von Gebüsch eingehüllt. Sie ist eine kleine viereckigte, von Wurzeln und Stämmen aufgeführte, mit Stroh gedeckte Hütte. Ihre äußern Verzierungen bestehen blos in Kreuzen an den vier Ecken und oben auf der Spitze des Dachs. Einige Bänke in den Winkeln machen ihre ganze Auszierung. Die sich verbergende Lage verräth eine glückliche Eingezo106genheit, und ihr ganzes Ansehen kündigt eine fromme Armuth an. Nur Schade, daß die Inschriften in das Unanständige ausarten, und allen Eindruck des Ehrwürdigen zerstören.
Die Einsiedeley in dem berühmten Park zu Hagley *) besteht aus alten Sturzen und zusammengefügten Wurzeln, deren Zwischenräume mit Moos ausgefüllt sind. Der Fußboden des Vorhauses ist mit kleinen Kieseln artig gepflastert, und rings umher geht ein Sitz von Stroh. Die Thüre führt in ein Zimmer, das ungefähr in eben dem Geschmack angelegt ist. Alles hat ein armseliges Ansehen, und verräth eine Verachtung des Ueberflusses in der Welt, wie es sich für den Bewohner einer solchen Einsiedeley schickt. Man findet hier eine sehr passende Inschrift, die aus dem Milton genommen ist:
Möchte ich doch in meinem entkräfteten Alter eine ruhige Einsiedeley, ein schlechtes Kleid und eine bemooste Zelle finden, wo ich sitzen, und über jeden Stern des Firmaments, über jedes vom Thau befeuchtetes Gras nachdenken kann, bis ich eine vieljährige Erfahrung und dadurch gleichsam einen prophetischen Geist erreiche. Dieß Vergnügen gewähre mir, Melancholie, so will ich gerne mit dir meine Tage beschließen.
**)
Aus der Thür dieser moosichten Zelle hat man zwey perspectivische Durchsichten über das entfernte Land, wovon eine über die gegenüberstehenden Bäume wegsteigt, die andere unter ihnen durchschleicht. Alles übrige ist eingeschlossen. Vor sich hat man einen Theil von einem tiefen waldigten Thal, worinn ein Wasserstück liegt, das von dicken Bäumen umschattet wird.
6.
Um eine Abwechselung zu erhalten, können die gewöhnlichen Einsiedeleyen auch mit andern Arten von Wohnsitzen der Melancholie oder einsamen Betrachtung vertauscht werden. Man darf sie nicht blos einem merkwürdigen Eremiten der katholischen Kirche widmen, sondern auch dem Andenken irgend eines alten Philosophen, der die Einsamkeit liebte. So kann man dem Pythagoras eine Hütte weihen. Unter allen Weltweisen des Alterthums scheint keiner sich besser, als er, auf die Vorzüge des Landlebens verstanden zu haben; ehrwürdig und einnehmend war die Lebensart, die er seine Schüler beobachten ließ. Mit dem Aufgang der Sonne standen sie auf; sie erheiterten sich durch eine angenehme Musik, giengen in Wäldern und einsamen Gegenden spazieren, wo die Stille und die Gegenstände der Natur die Seele
——————
*) S. Heely Briefe u. s. f. 9ter Br.
**) Il Penseroso.
107 rührten, und sie zu einer erhabenen Begeisterung hinrissen. Sie theilten einander ihre Beobachtungen mit; und jeder Abend ward mit sittlichen Betrachtungen und stiller Selbstprüfung beschlossen.
Man hat in den brittischen Parks angefangen, Tempel der Druiden anzulegen. Es ist eine schickliche Idee, diesen Weisen der Celten, die in dem tiefsten Schatten der Wälder die Geheimnisse des Gottesdienstes lehrten, Gartengebäude zu widmen. Allein es ist zugleich zu bedauern, daß wir so wenig zuverläßige Nachricht von der Bauart ihrer heiligen Plätze haben; denn die Ueberbleibsel, die man davon in einigen Ländern, vornehmlich in Schottland antrifft, geben, von der Zeit verunstaltet, nur einen sehr unvollkommenen Begriff. Ohne Zweifel war ihre Baukunst noch nicht über die Gränzen der ersten Rohigkeit geschritten; und ein wilder Haufen von aufgeworfenen Steinen, mit Erde und Moos verbunden, und von hohen Eichen überschattet, war das ganze Werk, das den geweiheten Ort einschloß. Man darf hier nichts von Zierlichkeit noch Richtigkeit der Verhältnisse suchen; vielweniger eine Annäherung zu der Architektur der Alten. Diese Werke gehören indessen zu der ehrwürdigen und einfältigen Gattung von Gebäuden, wie die Einsiedeleyen, und der Name von Tempel, der mehr ankündigt, als was sie waren, scheint ihnen weniger zu gehören. Inzwischen führt Young *) einen solchen Druidentempel in dem Park zu Halswell bey Bridgewater an, von dessen Bauart er zu wenig und nichts mehr sagt, als daß er in dem gehörigen Styl von Baumrinden sey. Allein das Revier um diesen Tempel hat einen Charakter, der nicht glücklicher ausgewählt seyn könnte. Man tritt in einen Hain von prächtigen Eichen, die einen einsamen, wilden Platz beschatten, wo eine klare Quelle am Fuß eines Felsen entspringt, der mit Buschwerk verwachsen ist, und ein kühnes Ansehen hat. Das Wasser schlängelt sich durch den Hain in vielen Krümmungen fort. Wenn man um die Ecke herumkommt, so wird man im dicksten Schatten eine Brücke gewahr, und gelangt zu dem Druidentempel. Der Anblick ist ganz melancholisch und eingeschränkt. Das Wasser schleicht ruhig vorbey, einen kleinen Fall ausgenommen, der aber dem stillen Eindruck, den diese Scene macht, nicht schadet. In einiger Entfernung verändert sich der ganze Charakter der Scene wieder. Der Wald erweitert sich zu beyden Seiten des Wassers. Wildbahnen von dem frischesten Grün, einzelne dünne stehende Bäume, ein schöner Strom, Blicke in entfernte Gegenden, zierliche Gebäude, alles
——————
*) Tour through the East of England. Vol. IV. S. 16–19. Deutsche Uebers. 4ter Th. S. 268. 269.
108 dieses giebt wieder Heiterkeit, so wie man nach und nach aus dem finstern Auftritt herauskömmt.

IIII.
Capellen.
Diese Werke scheinen fast zu wichtig, um blos Werke zur Nachahmung zu seyn; so wie man in einigen brittischen Parks gothische Kirchen errichtet hat, die zu viel Kosten erforderten, als daß man sie blos als überflüßige Denkmäler einer überlebten Baukunst wieder hätte aufstellen sollen.
Es giebt Gegenden, die sowohl durch ihre Abgelegenheit und Stille, als auch durch die Dunkelheit ihrer Lage zwischen Bergen und Felsen, und durch den erhabenen Charakter ihrer Bäume die Seele auf eine ernsthafte und feyerliche Art rühren. Man findet sie in der Natur, und man kann sie durch Lage und Baumwerk nachbilden. In solchen Revieren übergiebt sich der Geist gerne den Betrachtungen über seine Bestimmung, über die Zukunft und über das höchste Gut, Betrachtungen, die ihn 109 desto stärker rühren, je mehr sie von der Scene unterstützt und vor aller Zerstreuung verwahrt werden. Eine Capelle ist Betrachtungen dieser Art sehr zustimmend. Schon ihr bloßer Anblick erweckt eine heilige Ehrfurcht, und ihre Einrichtung muß diese Bewegung unterhalten.
Ein solches Gebäude ist dem Gebete, der einsamen Betrachtung, den rührendsten Empfindungen über das Wesen und die Absichten der Gottheit und über die erhabenste Bestimmung des Menschen gewidmet. Man tritt hinein, um seinem Gott näher zu seyn, um aus der Fülle aller empfundenen Reize seiner Schöpfung sich nun zu ihm selbst zu erheben, zu dem geistigen Anschauen seiner unwandelbaren Schönheit und Güte.
Der Charakter einer Capelle muß aus hoher Einfalt und stiller Würde bestehen. Alle Pracht, alle Ueppigkeit der Verzierung muß hier entfernt seyn. Ein hohes Gewölbe mit wenigen allegorischen Bildern, ein Altar mit einem Gemälde, das die Anbetung unterstützt, an der Wand eine Inschrift, welche die Heiligkeit des Orts empfinden lehrt, eine gemäßigte Erleuchtung des ganzen innern Bezirks, simples und ehrwürdiges äußeres Ansehen, eine schattenreiche Lage umschlossen von emporsteigenden Bäumen, dieß alles scheint einer Capelle am meisten angemessen.
In Klostergärten sind Capellen sehr schickliche Gebäude, und vertreten die Stelle der Tempel, der Pavillons und Lusthäuser, die man hier nicht erwartet. Allein auch in andern Gärten von einer großen Ausdehnung und einer Folge verschiedener Scenen kann, in einer besonders dazu geschickten abgelegenen und feyerlichen Gegend, eine Capelle errichtet werden. Nach einer Reihe von vielen angenehmen und heitern Auftritten kann der Garten allmählig zu Scenen voll Ernst und feyerlicher Einsamkeit übergehen; die Bewegungen können gleichsam von Schritt zu Schritt an Würde steigen. Nur muß hier kein plötzlicher Uebergang gesucht, noch eine Capelle blos als ein Gegenstand des Contrastes angebracht werden. Sie ist nach ihrer Bestimmung ein Werk, das sich zwar mit den eigentlichen Bewegungen der Gartenauftritte verträgt, das aber doch ihr eigenes, von allen übrigen Scenen abgesondertes, Revier zu verlangen scheint. Bey großen Landsitzen kann eine solche Capelle der gewöhnliche Ort des Gottesdienstes für den Gutsbesitzer und seine Hofhaltung werden, und die Abgelegenheit einer Kirche ersetzen.
110 V.
Ruinen.
1.
Ruinen als Werke der Nachahmung in Gärten betrachtet, haben bey dem ersten Anblick so viel Auffallendes, daß man sich mit Recht darüber verwundern zu dürfen scheint, wie man sie mit Bedacht anlegen kann. Es scheint ein Eingriff in die Vorrechte der Zeit zu seyn, deren Wirkung sich ohne unsere Beyhülfe in der Verschlimmerung und Auflösung der Dinge zeigt; eine übel verstandene Anwendung der Kunst zu bauen, die durch Schöpfung und nicht durch Zerstörung sich anzukündigen pflegt; eine Verletzung der Annehmlichkeiten der Natur, die sich wundern muß, mitten in ihrem Schooße klägliche Steinhaufen von der Hand des Menschen, die sie sonst wegzuschaffen beschäftigt war, hingeworfen zu sehen.
In der That, so lange man noch nicht angefangen hatte, von allen Gegenständen der Landschaft die Wirkungen zu berechnen, die sich zur Erweiterung und Verstärkung der Gartenempfindungen vortheilhaft anwenden lassen; so lange konnte man nicht auf eine künstliche Nachahmung der Ruinen fallen. Sie sind daher erst in den neuern Gärten der Engländer in Gebrauch gekommen.
Bey einer nähern Betrachtung verschwindet das Unschickliche, das man in der Anlage nachgeahmter Ruinen zu bemerken glaubt. Wirkliche Ruinen sind an sich nichts Unnatürliches auf einem Gartenplatz, und von der Kunst nachgeahmte Ruinen können völlig das Ansehen und daher auch die Wirkung wahrer Ruinen erhalten. Weil Gärten doch nichts anders, als Nachahmungen aller Arten von wirklichen Gegenden sind, so können auch Ruinen in ihrem Bezirk eine Stelle einnehmen.
2.
Vornehmlich aber sind es die Wirkungen der Ruinen, die ihre Nachahmung nicht allein rechtfertigen, sondern selbst empfehlen. Zurückerinnerung an die vergangenen Zeiten und ein gewisses mit Melancholie vermischtes Gefühl des Bedauerns, sind die allgemeinen Wirkungen der Ruinen. Allein diese Wirkungen können von dem besondern Charakter und der vormaligen Bestimmung, von dem Alter, von der oft deutlichen, öfters ungewissen Einrichtung und Gestalt, von den hie und da halb vertilgten Aufschriften eines verfallenen Gebäudes, von der Lage und von andern Umständen, die auf Begebenheiten und Sitten hinwinken, mannigfaltige Modificationen 111 annehmen. So erwecken die Ruinen eines Bergschlosses, eines Klosters, eines alten Landsitzes sehr abgeänderte Bewegungen, besonders abgeändert durch die Betrachtung der Zeit und anderer Umstände, die an sich so vielfältig unterschieden seyn können. Man kehrt in Zeiten zurück, die nicht mehr sind. Man lebt auf einige Augenblicke wieder in den Jahrhunderten der Barbarey und der Fehde, aber auch der Stärke und der Tapferkeit; in den Jahrhunderten des Aberglaubens, aber auch der eingezogenen Andacht; in den Jahrhunderten der Wildheit und der Jagdbegierde, aber auch der Gastfreundschaft. Allein außer einem Bergschlosse, einem Kloster, einem alten Landsitz können noch Ruinen von andern Arten von Gebäuden ihre besondern Wirkungen verbreiten. Bey allen Ruinen aber stellt der Geist unvermerkt eine Vergleichung zwischen ihrem vormaligen und ihrem jetzigen Zustande an; die Erinnerung an Begebenheiten oder Sitten der Vorwelt wird erneuert; und die Einbildungskraft nimmt aus den vorliegenden Denkmälern Veranlassung weiter zu gehen, als der Blick reicht, sich in Vorstellungen zu verlieren, die eine geheime, aber reiche Quelle des Vergnügens und der süßesten Melancholie enthalten.
Dies sind die Wirkungen der wahren Ruinen; und wenn die nachgeahmten mit einer glücklichen Täuschung angelegt sind, so können sie fast eben diese Wirkungen haben. Und durch diese Wirkungen werden die Ruinen eine schätzbare Gattung, Werke von einem eigenthümlichen Charakter; sie erregen Vorstellungen und Empfindungen, welche die Gebäude selbst, wenn sie noch vollständig vorhanden wären, nicht hervorbringen würden.
3.
Aus diesen Wirkungen der Ruinen läßt sich auch die Anlage bestimmen, die man ihnen zu geben hat. Die wichtigste Kunst ist, ihnen das Ansehen der Kunst zu nehmen, ihnen eine Anordnung, eine Verbindung oder eine Unterbrechung zu geben, wodurch sie alt und wirklich von der Hand der Zeit oder von der Macht der Witterung gebildet scheinen. Zu dieser Absicht ist nöthig, daß sich Maffen von einer beträchtlichen Größe zeigen, und daß, so zertrennt und zerstört auch alles ist, sich doch einige Verhältnisse der Stücke, wiewohl undeutlich, erkennen lassen. Kleine unbeträchtliche Steine haben so wenig Wirkung, als Trümmer, denen man es gleich ansieht, daß sie nur zusammengeworfen sind, nicht aber als Theile eines zerfallenen Ganzen zusammen gehören. Die Verbindung aller Theile mag aufgehört haben, weil die Trennung eine natürliche Wirkung der Zeit ist; nur müssen die Theile, noch dem Orte nach, eine gewisse Verbindung behalten haben, nicht so weit von einander zerstreut 112 liegen, daß das Auge sie erst mühsam zusammensuchen muß, oder daß gar der Anschein einer Auseinanderwerfung von der Hand des Menschen verräth. Inzwischen ist die Trennung aller Theile nicht unumgänglich nöthig; ganze Stücke von Gemäuer können noch vollständig seyn, noch zusammenhängen, noch den vormaligen Gebrauch sehen lassen. Und dieses wird durch die Absicht, eine bestimmte Gattung von Wirkung zu erzeugen, zuweilen nothwendig gemacht. Alsdann muß die vormalige Bestimmung des Gebäudes in irgend einer Spur noch sichtbar seyn. Daher kein wilder Steinhaufen, der gar keine Bedeutung hat, sondern erhaltene, oft noch zusammenhängende Theile, welche die vorige Gestalt und Einrichtung des Ganzen erkennen lassen. Auch müssen die Trümmer und die Lage in keinem Widerspruch stehen; der Ort mag noch so ungleich, so verwildert seyn, so muß er doch keine Unwahrscheinlichkeit enthalten, daß ein solcher Bau, wovon die Reste da liegen, nicht nach seinem Umfang und nach seiner Bestimmung hätte ausgeführt seyn können.
Wenn künstliche Ruinen ihre Wirkung nicht verfehlen sollen, so muß die Täuschung beschleunigt und der Seele kein Anlaß verstattet werden, erst lange nachzusinnen, die Wirklichkeit oder die Nachahmung zu untersuchen, oder Zweifeln Raum zu geben. Bey dem Nachdenken wird die Täuschung schwach, und mit der Entdeckung der Nachahmung verschwindet sie unaufhaltsam dahin. Sie wird vornehmlich erhalten, wenn die Ruinen eine unzweifelhafte und gewisse Andeutung haben; die vormalige Bestimmung und die Einrichtung des Gebäudes, das sie zurückließ, sogleich zu erkennen geben. Ein halb versunkenes Basrelief, eine zerbrochene Statüe, ein Capitäl einer zertrümmerten Säule, ein Gesimse, eine Inschrift an einem hervorragenden Stein, sind sehr oft dazu schon hinlängliche Mittel.
Um Ruinen einen Schein des Alterthums und ein Gepräge der Wahrheit zu geben, kann man zuweilen zu einem dunkeln und matten Anstrich der Materialien seine Zuflucht nehmen. Weil aber Steinmassen mehr, als Holzwerk, zu Ruinen gehören, so müssen sie zertrümmert, zerlöchert, zerrieben oder sonst auf irgend eine Art von der Gewalt der Witterung beschädigt vorgestellt werden. Denn Steine, als Ruinen, vertragen keinen Anstrich, der bey Gebäuden angebracht doch von der Zeit wieder abgerieben wird; aber eine matte und etwas beschmuzte Gestalt nimmt selbst der reinste Marmor an, der lange dem Regen, dem Schnee und Winde unbeschirmt ausgesetzt ist.
Noch mehr trägt die Verbindung oder Unterbrechung der Ruinen mit Gras, mit Buschwerk und einzelnen Bäumen bey, ihnen ein natürliches Ansehen zu geben. Die Natur scheint die Plätze, die ihr die Baukunst geraubt hatte, mit einer Art von Triumph sich wieder zuzueignen, so bald sie, verlassen von dem Bewohner, veröden. 113 Nichts giebt einen sichtbarern Beweis von der Länge der Zeit, als wenn der Ort, den ein Gebäude zierte, mit Moos, mit Gras und grünem Gesträuch überzogen ist. Eine Menge von Epheu, der aus dem Innern einer zerbrochenen Thurmspitze hervorwächset, ein Kirschbaum, der einsam und gekrümmt zwischen einem zerfallenen Gemäuer blühet, Gesträuche, die aus den Fenstern herabhangen, ein Bach, der zwischen den Steinen einer halb kenntlichen Treppe herabmurmelt – alle diese Veränderungen, welche oft die wirklichen Ruinen begleiten, kündigen sehr lebhaft die Macht der Zeit an, und sind zugleich Zubehör und Verzierung der Ruinen, welche die Kunst anlegt. Andere Zufälligkeiten können einen noch weit mehr rührenden Contrast zwischen den Ruinen und der vorigen Herrlichkeit der Gebäude machen.
Welche Empfindungen von Wehmuth, von Melancholie und Trauer bemächtigten sich nicht zuweilen der reisenden Bewunderer des Alterthums, wenn sie, in den ehemals prächtig bebaueten Gegenden Griechenlands, Schlafstellen der Hirten und Höhlen der wilden Thiere zwischen den Ueberbleibseln der Tempel fanden! Chandler *) beschreibt einen solchen feyerlichrührenden Auftritt, als er die Ruinen von dem Tempel des Apollo zu Ura, nicht weit von Miletus, sah. Die Säulen waren noch so ungemein schön, die Marmormasse so groß und edel, daß es vielleicht unmöglich ist, sich mehr Schönheit und Majestät in Trümmern zu denken. Als es Abend ward, breitete sich eine große, in ihre Hürde zurückkehrende Ziegenheerde mit läutenden Schellen über den Ruinenhaufen aus, und kletterte umher, die Büsche und Bäume abzunagen, die zwischen den ungeheuern Steinen wachsen. Die ganze Masse ward mit einer Mannigfaltigkeit reicher Tinten von der untergehenden Sonne erleuchtet, und warf einen sehr starken Schatten. Das Meer in der Ferne war eben und glänzend, und von einer bergichten Küste mit felsichten Inseln begränzt. – Allein wir dürfen Zufälligkeiten bey Ruinen nicht so weit her suchen. Eine Eule, die in einem zerstörten Thurm wohnt, eine Familie von Krähen, die sich zwischen altem Gemäuer häuslich niedergelassen hat, eine kleine Hürde für Schafe sind keine seltene Erscheinung bey Ruinen; sie verstärkt den Begriff von dem Oeden eines Orts, den der Mensch schon lange verlassen hat. Aber wo auch solche Zufälligkeiten fehlen, da wird doch eine Verwilderung in Gras, Moos, Epheu und andere rankende Gewächse, eine Unterbrechung mit dickem Gesträuch, eine Verschließung mit ungestalten Bäumen das Natürliche der Ruinen vermehren können.
——————
*) Reisen in Kleinasien, 43stes Kap.
114 4.
Home *) verlangt, daß man Ruinen nach der gothischen und nicht nach der griechischen Baukunst anlegen soll, weil man in jenen den Triumph der Zeit über die Stärke sieht, ein melancholischer, aber nicht unangenehmer Gedanke; griechische Ruinen aber erinnern uns mehr an den Triumph der Barbarey über den Geschmack, ein finstrerer und niederschlagender Gedanke.
Allein ein noch mehr wichtiger Grund für gothische Ruinen, der dem Lord nicht einfiel, ist der, daß diese in unsern Ländern allein eine Wahrscheinlichkeit haben, die den griechischen entgeht. Wir wissen, daß Gothen unter unserm Himmel gebauet, oder doch ihre Bauart ausgebreitet haben. Allein die Baukunst der Griechen ist noch nicht so allgemein in dem nördlichen Europa geworden, daß deren Ueberbleibsel wahrscheinlich seyn könnten. Ruinen müssen alle Täuschung verlieren, sobald sich der Gedanke erhebt, daß die Gebäude selbst, wovon sie Reste vorstellen sollen, hier nie vorhanden waren, noch vorhanden seyn konnten. Man sieht demnach die große Unschicklichkeit ein, in unsern Gärten Ruinen von alten Tempeln anzulegen, wie man sehr unbedächtig versucht hat. Gerne lassen wir uns zu ihnen, auf den Grund und Boden des Alterthums, in der angenehmen Gesellschaft eines Riedesels und Chandlers führen. Aber in einem engländischen Park die erkünstelten Ueberbleibsel eines Gebäudes, das in Griechenland stand, und dessen Reste nur da gesucht werden können, welcher Widerspruch des Gegenstandes und des Orts! Der Betrug entdeckt sich bald; und Widerwille verfolgt den verunglückten Versuch.
Vorausgesetzt demnach, daß die Ruinen der in dem Lande bekannten oder üblich gewesenen Bauart nicht widersprechen, so müssen sie die Lage haben, die sie nach ihrem Charakter erfordern, und wo sie ihre Wirkungen unverfälscht beweisen können. In öden Vertiefungen, an dürren felsichten Anhöhen, scheinen sie am meisten natürlich; nicht aber an heitern Gewäffern, in anmuthigen Hainen, in Blumenrevieren, überhaupt in Scenen von einem lebhaften und muntern Charakter. Sie können des Contrastes wegen zwar auf solche Scenen folgen; sie müssen aber nie zwischen ihnen liegen oder ein Theil von ihnen seyn, wodurch nur ein unangenehmes Gemisch entstehen würde. Denn Ruinen sind ein Zubehör der einsamen, sanftmelancholischen, ernsthaften und feyerlichen Gegend; sie machen daher ein Gegentheil von der belebten und heitern Gegend, mit welcher sie nicht zu gleicher Zeit und von eben demselben Platz wirken können, ohne eine Verwirrung der Eindrücke zu veranlassen.
——————
*) Grundsätze der Kritik, 24stes Kap.
115 Ein Revier von einem solchen einfachen Charakter, eine einsame und melancholische Gegend, oder eine Scene des Herbstes oder des Abends in einem sehr ausgedehnten Garten, ein Klostergarten, wird gerne Ruinen aufnehmen. Sie verstärken den eigenthümlichen Charakter dieser Plätze, und geben dem Ganzen einen Ton von Ernst und Melancholie.
Eben deswegen können sie nicht zu einer Absicht dienen, die mit ihrer Natur und Wirkung in einem Widerspruche steht; sie können nicht, wie man seltsam genug versucht hat, zu Speisezimmern, zu Musiksälen eingerichtet werden; sie können keine Wohnungen des Vergnügens seyn, da von außen alles Hinfälligkeit und Melancholie ankündigt.
Auch kein künstlich zubereiteter, kein geschmückter Zugang zu ihnen. Sie dürfen sich nicht dem Auge entgegen drängen; sie müssen sich gleichsam in ihre eigene Dunkelheit und Trauer zu verbergen scheinen. Nach steilen und verwilderten Wegen, in kleinen felsichten oder bebüschten Einöden unerwartet erblickt, erregen und beschäftigen sie die Phantasie auf eine fühlbare Art.
Außerdem können Ruinen oft durch ihre Lage und Verbindung mit Gebüsch und Bäumen eine weit mehr malerische Scene bilden, als ganz neue oder doch vollkommen erhaltene Gebäude. Sie verstatten eine weit größere Mannigfaltigkeit von Gestalten; ihre Untermischung mit grünen Gesträuchen vervielfältigt ihr Ansehen; ihre Farbe ist sanfter, und vereinigt sich leichter mit den umliegenden Gegenständen; ihr Mangel an Symmetrie erleichtert diese Verbindung; und selbst ihre Zufälligkeiten sind abwechselnder. Ohne Zweifel war es auch das Gefühl dieser Vorzüge, das viele große Landschaftmaler bewegte, lieber Ruinen, als ganze Gebäude, in ihre Landschaften überzutragen.
Schwerer bleibt es immer für den Gartenkünstler, Ruinen auf eine vollkommen täuschende Art nachzuahmen; und weil so viele Versuche selbst unter den Händen der Kenner mißlingen, so möchte man fast veranlaßt werden, ihre Fortsetzung lieber abzurathen, als zu empfehlen. Zuweilen kann ein Gartenkünstler wirkliche Ruinen von einer beträchtlichen Größe und einem bedeutenden Charakter in seinem Bezirk vorfinden; ein solcher zufälliger Vortheil ist freylich selten: allein er ist von einem weit größern Werth, als die glücklichste Kunst der Nachahmung. Indessen wollen wir zuerst von diesen ein brittisches Beyspiel sehen, das den Fortgang des guten Geschmacks beweiset, und darauf zwo Beschreibungen von wahren Ruinen in England, die als Muster dienen können, folgen lassen. Die Mehrheit der Beyspiele und Beschreibungen ist nirgends nöthiger, als in Sachen, welche die Gartenkunst betreffen, sowohl um die 116 Einförmigkeit des Begriffs zu verhüten, als auch um die Einbildungskraft junger Künstler und Liebhaber zu befruchten.
5.
Die Ruinen in dem Park zu Hagley *) zeigen sich, sobald man sie erblickt, in einem ehrwürdigen feyerlichen Ansehen zwischen Bäumen, über welche ihre gothische Spitze hervorragt. Bey dem ersten Anblick dieses Gegenstandes stutzt man, und kann dem Eindruck nicht widerstehen; man verfällt in Nachdenken, und die Neubegierde wird gereizt, die Geschichte dieses Gebändes kennen zu lernen. Ein Liebhaber der Alterthümer wird voll Ungeduld seyn, um zu wissen, in welchen Zeiten und von wem dieses Schloß aufgeführt worden; was für Belagerungen es ausgehalten, wie viel Blut dabey vergossen worden; er wird beklagen, daß die alles verzehrende Zeit es so geschwind vernichtet hat. Dieses alte Gebäude ist so meisterhaft aufgeführt, um einen solchen Eindruck zu machen. Ob es gleich erst von dem letztverstorbenen Besitzer angelegt worden, so sieht es, so nahe man auch kommt, doch aus, als wenn es vor einigen hundert Jahren ein festes Schloß gewesen. Diese gothischen Ruinen sind sehr weislich am Rande der größten Anhöhe des ganzen Landsitzes angebracht, und man hat von hier eine gränzenlose Aussicht, insonderheit aus einem Zimmer in dem Thurm, der mit Fleiß noch in einem guten Stande erhalten ist. Um die Absicht der Anlage vollkommen zu erreichen und allen Verdacht zu vermeiden, daß es keine wirkliche Ruinen sind, so liegen allenthalben große Steine und Felsenklumpen in größter Unordnung umher, als wenn sie nach und nach von der Mauer herabgestürzt wären. Um den Begriff von dem Alterthum des Gebäudes noch mehr zu bestärken und feyerlicher zu machen, ist an den Mauern und Thürmen so viel Epheu angebracht, daß man es unmöglich ansehen kann, ohne es wirklich für so alt zu halten, als es scheint.
Mit dem Park zu Sandbec **) sucht man nach Youngs Bericht die wahren Ruinen der alten Abtey Roche in Verbindung zu bringen. Es wird in der Absicht ein neues Stück angelegt. Der Platz dazu besteht aus einem engen, krummen mit Holz bewachsenen Thale, wodurch sich ein Bach schlängelt, der über die abgefallenen Steinklumpen, die von dem zu beyden Seiten des Thals stehenden steilen Felsen herunterbrechen, fortrauscht. In der Mitte stehen die Ruinen der Abtey, von welcher nur noch einige große Stücke Mauer und wenige gewölbte Bogen übrig sind. Zwischen dem abgebröckelten Gemäuer wachsen Bäume heraus, die ihre Aeste zwischen
——————
*) Heely Briefe u. s. f. 8ter Br.
**) Reise durch die östlichen Provinzen von England, 3ter Th. 6ter Br.
117 den verfallenen Säulen ausbreiten. Die Wände sind zum Theil mit Epheu bedeckt, der an manchen Stellen zwischen dem Gesträuche in natürlichen Festonen von der Mauer herabhängt. Die Oberfläche des Thals ist halb mit Dornen und Brombeeren bedeckt; nur hie und da hebt sich ein alter Klumpen Mauer hervor. Der zwischen den Steinen murmelnde Bach, die steilen Felsen, deren Haupt vom Walde geschwärzt ist, verbreiten eine feyerliche Melancholie über die ganze Scene. Alles ist wild und finster, und vereinigt sich, eine sanfte Schwermuth einzuflößen.
Von den herrlichen Ruinen der Abtey Tintern *) giebt einer der größten Kenner, Whately, eine genaue Beschreibung, worinn sie nicht blos als ein Gegenstand der Neubegierde, sondern auch als ein vorzügliches Muster der Nachahmung erscheinen. Der ursprüngliche Bau der Kirche ist vollkommen bezeichnet. Fast alle Mauern sind noch ganz; blos das Dach ist eingefallen; die meisten von den Säulen, welche die Flügel von einander absonderten, stehen noch; und von den umgefallenen ist noch das Fußgesimse übrig, ein jedes vollkommen an seinem gehörigen Orte. In der Mitte des Schiffs steigen vier erhabene Schwibbögen, auf welchen ehemals der Thurm ruhete, hoch über alles übrige hinauf; und ob sie gleich alle wegen der abgefallenen Steine jetzt sehr schmal sind, so haben sie doch noch ihre völlige Form. Selbst die Figuren der Fenster sind nur wenig geändert. Einige davon aber sind ganz mit Gebüschen von Epheu überwachsen, andere nur zum Theil davon überschattet, und die, welche noch am deutlichsten in die Augen fallen, sind mit den zarten Ranken des Gewächses und mit anderm laufenden Laubwerk eingefaßt, das an den Seiten und Abtheilungen hinaufklettert, hier sich rund um die Pfeiler schlängelt, an den Mauern hängt, und bey dem einen Flügel sich oben so dichte in einander windet, und einen so großen Raum einnimmt, daß die untere Gegend ganz davon verfinstert wird. Die übrigen Flügel und das große Schiff stehen unter freyem Himmel. Der Fußboden ist ganz mit Rasen überzogen; und die Sorgfalt, ihn vor Unkraut und Gebüschen zu verwahren, ist jetzt seine vornehmste Erhaltung. Grabsteine von Mönchen und Denkmäler schon lange vergessener Wohlthäter erscheinen über dem Grase; aus diesem ragen zugleich die Fußgesimse der eingefallenen Pfeiler hervor; verstümmelte Bilder, von Zeit und Wetter unkennbar gemachte Statüen, gothische Capitäle, ausgeschnitzte Karniese und verschiedene andere Trümmer sind überall herumgestreut, oder liegen in einem Haufen übereinandergethürmt beysammen. Andere beschädigte Theile, die zwar nicht völlig mehr zusammengefügt sind, und ihren Zerfall beginnen, befinden sich noch an ihren ursprünglichen Oertern; und eine sehr verstümmelte Treppe, die
——————
*) Betrachtungen über das heutige Gartenwesen, S. 162.
118 auf einen Thurm führte, dessen ehemaliges Daseyn sie nur noch bezeichnet, schwebt in einer erstaunlichen Höhe, unbedeckt und unzugänglich. Kurz, nichts ist vollkommen; von einem jeden Theile aber sind noch deutliche Spuren übrig; alle sind augenscheinlich gewiß, aber auch alle sind ein Raub der Verwüstung. Sie erwecken auf einmal alle Begriffe, die in einer Wohnung der Andacht, der Einsamkeit und der Zerstörung in uns aufsteigen können.

119 Vierter Abschnitt.
Von Ruhesitzen, Brücken und Thoren.
I.
Ruhesitze.
Ruhesitze sind ein Bedürfniß, um sich wieder von der Ermüdung zu erholen, die das Umherwandeln verursacht. Sie müssen also in gewissen Entfernungen von einander, weder zu häufig, noch gar zu sparsam, vertheilt werden; ihre Anzahl richtet sich nach dem grössern oder geringern Umfang der Plätze. In Gärten des Volks, wo sich zahlreiche Gesellschaften versammeln, muß schon für ihre Mehrheit gesorgt werden.
Die Bequemlichkeit verlangt, daß Ruhesitze an kühlen und schattigten Stellen, unter einem Dach von Laubwerk, an der Seite einer Anhöhe, nicht aber, wie man in den alten Gärten so häufig sah, an ganz freyen, sonnereichen und sandigten Plätzen angelegt werden, wo kein Mensch zu sitzen wünschen kann.
Allein Ruhe und Bequemlichkeit ist nicht alles; Gartensitze sollen zugleich durch das Vergnügen der Aussicht unterhalten, zu deren Genuß man im Sitzen mehr Muße hat, als im Gehen, vorausgesetzt, daß die Scene nach ihrem Charakter einen Prospect verstattet. Wir freuen uns, die Erquickung der Ruhe an einem Platze zu genießen, wo das Auge sich in weiten oder doch mannigfaltigen Aussichten weidet, und die Phantasie Beschäftigung findet.
Verschiedene Scenen sind von der Art, daß sie, um ganz genossen zu werden, den Zuschauer in der Nähe bey sich verlangen, z. B. Blumenreviere, kleine Gruppen von seltenen Pflanzen, ein Bach mit spielenden Güssen. Eine Bank lade zum Genuß dieser kleinen Lieblichkeiten ein, die man im Gehen leichter übersieht, zumal wenn das Auge zugleich von grössern und prächtig zusammengesetzten Auftritten gerufen wird.
In vielen Fällen kann ein Sitz ein sehr willkommener Wink zur Aufmerksamkeit auf eine ergötzende Aussicht oder Scene seyn, und zur Anzeige des Gesichtspunktes 120 dienen, woraus sie mit der ganzen Fülle ihrer Wirkungen erscheinen. Wir empfinden alsdann zugleich ein Vergnügen, indem wir bemerken, daß selbst die Stellung einer Bank für diese Absicht überlegt war.
Eine kleine Rasenbank oder eine Erderhöhung,
Der die Natur das Moos zum Teppich schenkt,
v. Haller.
war die gewöhnliche Art von Sitzen, die man in der ersten Einfalt der Gärten kannte; der Landmann hat sie noch, und noch verdienen sie in Plätzen von einem solchen einfachen und ungeschmückten Charakter erhalten zu werden, obgleich Gewürm und Feuchtigkeit sie etwas unbequem machen.
Steine geben zwar dauerhafte Sitze, doch sind sie unter einem regnichten und kältern Himmel zuweilen der Gesundheit schädlich. Bänke und Sitze von Holz verdienen den Vorzug, weil sie nicht die Unbequemlichkeit der Rasen und der Steine haben, leichter zu verfertigen und zu versetzen sind, eine angenehme Form und einen schicklichen Anstrich annehmen. Je einfacher und leichter die Form der Bänke und Stühle ist, desto besser; Verzierung wäre hier Verschwendung. Zum Anstrich schickt sich weder das Rothe, noch das öfter gewählte Grün, sondern das Graue oder das Weiße, welches letzte mit dem Grün der Bäume und der Rasen einen anmuthigen Contrast bildet.
Zu einer grössern Bequemlichkeit kann man gemeine Bänke oder Stühle zuweilen mit bedeckten Sitzen abwechseln lassen. Die Wände halten den Wind, und das Dach den Regen ab. Ein halber Zirkel scheint für sie die angenehmste Figur zu seyn. Die Architektur *) muß leicht, einfältig und gefällig seyn; weder etwas Plumpes noch Prächtiges haben. Man kann solche bedeckte Sitze mit einer Inschrift oder einem Denkspruch zieren, die das Nachdenken wecken und der Seele bey der Ruhe des Körpers eine nützliche Beschäftigung anbieten; sie können demnach einen moralischen Inhalt haben: aber fast unentbehrlich ist es, daß sie auf den besondern Charakter der Aussicht oder der Scene sich beziehen, und dadurch veranlaßt zu seyn scheinen.
——————
*) Morris hat in seiner Architecture einige bedeckte Ruhesitze vorgezeichnet, die so, wie man sie in verschiedenen engländischen Parks sieht, ein gar zu festes und schweres Ansehen haben.
121
122 II.
Brücken.
Brücken sind Mittel zur Verbindung der durch Wasser getrennten Theile. Sie müssen also nur da angelegt werden, wo entweder eine offenbare Nothwendigkeit sie erfordert, oder wo sie doch ein scheinbares Bedürfniß des Uebergangs sind.
Ihr Gebrauch schränkt sich eigentlich auf laufende Gewässer ein, die einen ununterbrochenen Fortgang haben, auf Ströme, Flüsse und Bäche. Bey Teichen und Seen, oder bey Ecken von solchen stehenden Wassern, sind Brücken unnöthig, weil man durch einen Umgang an den Seiten zu dem gegenüberliegenden Ufer gelangen kann, und sie haben an solchen Stellen immer eine widrige Wirkung. Brücken dürfen demnach auch in Gärten nur über laufendes Gewässer führen, über kleine Flüsse, Bäche, Waldwasser.
Außer der nöthigen Festigkeit und Bequemlichkeit muß ihre Bauart eine gewisse Leichtigkeit und Bescheidenheit haben. Sie vertragen-hier nicht den Pomp der Schwibbogen und Säulenordnungen, noch reiche Sculpturverzierungen. Bey Bächen, worüber gemeiniglich die Brücken der Gärten führen, ist gar kein Grund, sie hoch emporschwebend anzulegen; auch sind die Schwibbogen eben keine reizende Verzierung; die Höhe ist hier selten angenehm, und eine mäßige und leichte Wölbung verdient fast immer den Vorzug. Die Einfachheit ist am meisten bey Brücken zu empfehlen. Ein Werk von dieser Art ist schon gut, wenn es die beyden Ufer verbindet und einen sichern und gemächlichen Uebergang giebt. Und in manchen bebuschten Revieren ist ein Steg von einigen Brettern mit einer gemeinen Lehne schon so anmuthig, daß ein gesunder Geschmack nichts Reichers verlangen kann. Indessen darf zuweilen der Charakter der Scene, zu welcher eine Brücke führt, entscheiden, ob diese ganz einfältig oder etwas geschmückter mit einer gewissen Bedeutung vorbereiten soll. So würde z. B. zu einem Tempel eine hölzerne Brücke von einer zierlichen Form, zu Ruinen eine eingefallene steinerne leiten.
Gemauerte Brücken haben fast immer ein zu schweres Ansehen. Feldsteine haben den Vorzug, daß sie weniger künstlich und mehr nachläßig scheinen. Der Zugang zu einer Grotte oder zu einer Einsiedeley verlangt oft keine andere Brücke, als einige gemeine Steine, sicher und bequem hingelegt. Brücken von Holz haben ein leichteres und anmuthigeres Ansehen, als die gemauerten, und sind zugleich einer grössern Mannigfaltigkeit der Formen fähig. Ein weißlicher, noch mehr ein grauer Anstrich ist ihnen angemessen.
Wenn in einem Garten mehrere Brücken erfordert werden, so muß man der Einförmigkeit ihres Ansehens, sowohl durch Vermeidung einer gerade fortlaufenden Reihe, als auch durch die Verschiedenheit ihrer Bauart, zuvor zu kommen wissen. 123 Durch Bauart und Form können Brücken, die Gegenstände der Nothwendigkeit sind, zugleich Gegenstände der Schönheit oder der Verzierung werden. Sie vermehren die Abwechselung und helfen gute Prospecte bilden. Sie geben schon eine gewisse Anmuth und Lebhaftigkeit, wenn sie frey liegen; allein sie gewinnen eine schönere Wirkung, wenn sie halb verdeckt neben einem Gebüsche oder in einem waldigten Grunde erscheinen, oder wenn sie höher angelegt sich gegen die Seite eines Hügels oder eines dunkeln Waldes zeigen, oder zwischen den Stämmen luftiger Gruppen durchschimmern. Die Bewegung des Wassers, das man unter ihnen fortspielen sieht, scheint ihnen eine Art von Beweglichkeit mitzutheilen.
In sehr anmuthigen Revieren, wo man gerne verweilt, können Brücken, die zunächst nur zum Uebergange bestimmt sind, zugleich zu Ruhesitzen eingerichtet werden. Eine kleine Bank, auf welcher man sich niederlassen und die Scene genießen kann, giebt einer Brücke in dieser Lage oft einen Werth, der sie uns wichtiger macht, als sie nach ihrer ursprünglichen Bestimmung ist. Man betrachtet mit einer sanften Behagung bald die Bewegung, die Eile, den kleinen Ungestüm des sich fortdrängenden Wassers, bald die Spiele der durchschlüpfenden Forelle, bald die umliegenden Gebüsche, ihre Schatten und ihre Wiederscheine im Bache, bald die nahen Haine oder Hügel, die sich auf den Seiten emporheben; man hört den Gesang der Waldvögel in das Gemurmel des Wassers fallen; man genießt eine liebliche Kühlung und den Duft der Kräuter; und oft vereinigen sich hundert kleine Umstände, um in einem solchen Revier die Seele mit den süßesten Empfindungen, die sie da nicht erwartete, zu überraschen.
124 III.
Thore
Thore oder Portale in Gärten können theils bey dem Haupteingang in einen Park oder Garten, theils in den verschiedenen abgesonderten Revieren als Mittel der Verbindung gebraucht werden. Sie sind aber nicht immer nöthig. Oft ist es weit angenehmer, wenn, ohne einen besonders bezeichneten Eingang, der Garten gleich bey dem Lustschlosse oder Landhause anfängt; und wenn die verschiedenen Theile eines Gartens sich durch ihren eigenen Charakter merklich unterscheiden, oder durch weniger auffallende Uebergänge verbunden werden. Indessen wird man z. B. bey Gärten in Städten, die von den Gebäuden durch einen dazwischen liegenden Hof abgesondert sind, bey Thiergärten, in weitläuftigen Parks bey manchen Gelegenheiten Thore anzulegen berechtigt seyn.
Einfachheit ist das höchste Gesetz für diese Werke der Baukunst. Sie dürfen weder künstliche Formen, noch reiche Verzierungen haben, so sehr sie auch ein falscher Geschmack damit zu überladen pflegt. Die toscanische Ordnung, die einfachste und entblößt von allem Schnitzwerk, schickt sich für Gartenthore am besten. Bey der nöthigen Festigkeit hat der Architect doch zu sorgen, daß sie kein plumpes, sondern vielmehr, so weit als es die Natur des Werks erlaubt, ein leichtes und gefallendes Ansehen erhalten. Der Charakter des Gartens kann zuweilen dem Hauptportal, zumal wenn es von dem Wohngebäude aus gesehen wird, einige kleine Verzierungen verstatten; doch müssen sie nicht zu merklich von der Einfalt des Werks abweichen, und außerdem in einem gartenmäßigen Styl seyn; nichts ist unschicklicher, als hier Schilder und Wappen der Besitzer auszuhängen.
Bey den Haupteingängen der Gärten haben Thore die meiste Schicklichkeit, und es ist nicht schwer, ihre gute Anlage zu bestimmen. Allein sie mitten in den verschiedenen Revieren der Gärten so anzulegen, daß sie nicht überflüßig und unschicklich, sondern so sehr sie auch entbehrlich seyn mögen, ihrem Ort doch zu gehören scheinen, ist schon wichtiger und erfordert eine reife Ueberlegung. Indessen sind sie hier auch nur in wenig Fällen nothwendig, und überhaupt eben keine Gegenstände, die zur Verzierung einer Scene nachgeahmt werden könnten. Man sieht sie daher mit Widerwillen, wo keine scheinbare Nothwendigkeit ihre Gegenwart rechtfertigt. Uebrigens fallen Gartenthore anmuthiger ins Auge, wenn sie zum Theil, wenigstens auf einer Seite, mit überragendem Gebüsch und Bäumen bedeckt sind, als wenn sie ganz frey da liegen.
125 Ein Thor in dem ächten Geschmack erbaut, ist weniger kostbar, und hat doch immer ein edleres Ansehen, als die eisernen Gitterwerke, die man in den alten Gärten so häufig fand, und die oft aus so seltsam verwickelten Formen bestanden. Man verschwendete sie um Blumenbette, um Statüen, und nicht selten an dem Ende des Gartens zur Bezeichnung eines Ausgangs, der nicht vorhanden war.
Auch geben offene Portale eine weit angenehmere Perspectiv, als Gitterwerke, welche die Gegenstände nur in kleine Theilchen zerstückt, verwirrt und unkenntlich durchschimmern lassen.

126 Fünfter Abschnitt.
Von Statüen, Monumenten und Inschriften.
I.
Statüen.
1.
Auch die Bildhauerkunst hat nicht unterlassen, an der Verzierung der Gärten, wie die Architectur, Antheil zu nehmen. Statüen und Monumente sind ihre Werke, jene in den alten, diese in den neuern Gärten häufiger.
Statüen mußten bald zu den Verzierungen der Gärten gerechnet werden, da man anfieng, diese als Schauplätze der Pracht, oder als Scenen der Kunst zu behandeln, worinn die Bildhauerey nicht weniger, wie die Architectur, ihren Glanz ausbreiten dürfte. Der Römer führte Statüen in die Gärten ein, mehr aus unüberlegender Prachtsucht; der Franzose mehr aus Wahn, daß, was Gebäude ziert, auch Gartenplätzen zukomme.
Ohne Zweifel hatten die Römer zuerst Statüen in den Gärten der Griechen gesehen, unter welchen schon Alkamenes eine von ihm verfertigte Venus in seinem Garten zu Athen aufstellte, die nachher der Kaiser Hadrian in seine berühmte Ville versetzte. In den letzten Zeiten der Republik und unter den Kaisern, als die Liebe der Kunstwerke ein Theil des herrschenden Luxus ward, brachten die Römer von der Menge der Statüen, die aus Griechenland nach Italien kamen, auch viel in ihre Gärten. Sie gaben hier ihre Gastmale und Feste; sie stellten daher alles auf, was sie nur Prächtiges finden konnten. Man sah hier fast alle Arten von Gebäuden und Kunstwerken, und zwar in einem solchen Ueberfluß, daß Juvenal die Gärten seiner Zeit mit einem Beywort belegte, das ihnen die übermäßige Pracht vorwarf, worunter alle Einfalt der Natur verschwinden mußte.
Contentus fama jaceat Lucanus in hortis
Marmoreis.
Doch in den ältesten Zeiten herrschte mehr Mäßigkeit. Man begnügte sich mit einer Statüe des Priap in der Mitte der Gärten.
Pomosisque ruber custos ponatur in hortis,
Terreat ut saeva falce Priapus aves.
Tibullus.
127 Columella *) erinnert, daß man nicht die Kunstwerke eines Dädalus, Polyclet oder anderer berühmter Bildhauer suchen, sondern sich begnügen solle, den Priap ganz einfältig gearbeitet aufzustellen. Doch folgte man nicht immer dieser Vorschrift. Man machte zu Augusts Zeiten den Priap von Marmor.
Custos es pauperis horti,
Nunc te marmoreum pro tempore fecimus.
Virg. Ecl. 7.
Und in den Servilianischen Gärten zu Rom standen die Statüen der Ceres und der Flora, die Werke des Praxiteles waren. Auch die Statüen der Satyren, als Schutzgötter der Gärten, sah man nach einer Nachricht des Plinius **) aufgestellt. Alle diese Statüen hatten doch in den Gärten der Alten einen Grad von Schicklichkeit, der ihnen in den Gärten der Neuern abgieng; sie waren den Gottheiten gewidmet, unter deren besonderm Schutz, nach der allgemeinen Meynung, die Oerter, die Pflanzen und die Früchte standen. Mit einer gleichen Schicklichkeit stellten die Alten, nach einer Bemerkung des Vitruv, ***) in die Zimmer, wo sie sich im Frühling, im Sommer und im Herbste aufhielten, solche Bilder, die auf jede dieser Jahreszeiten immer eine gewisse Beziehung hatten.
2.
Als in den neuern Zeiten die Gartenkunst von den Händen des Le Notre ihre Bildung empfieng, so konnten, nach dem Geist, worinn dieser Mann arbeitete, die Statüen nicht in seinen Entwürfen fehlen. Vielmehr fieng man an, sie als ein Bedürfniß der Gärten anzusehen. Die Plätze, die er verkünstelte, wurden damit bis zum Ekel überladen. Denn es war nicht etwa eine Flora am Blumenbette, oder ein Bacchus am Traubengeländer, die man hie und da aufgestellt sah; sondern alles, was Athen und Rom an großen und kleinen Gottheiten gekannt hatte, ward in neuen Bildern wieder erweckt, nicht zur Auszierung, sondern zur Anfüllung der Gartenplätze. Die eifrigsten Vertheidiger der symmetrischen Manier konnten sich doch zuweilen nicht enthalten, die Unschicklichkeit eines solchen Ueberflusses zu bemerken. Selbst Blondel, ****) der den alten Geschmack seines Vaterlandes erhob, und doch den Dufreny lange vor Kent zum ersten Gartenkünstler in der neuen Manier machen wollte, gesteht, daß die Menge der Statüen zu Versailles das Auge belästigen.
——————
*) de cultu hort.
**) Hist. nat. lib. XIX. c. 4.
***) lib. VII. c. 5.
****) Jaques François Blondel, im Cours d' Architecture &c. 8. Paris, im 4ten B. 1773.
128 Diese verschwenderische Zusammenhäufung der Statüen ward nicht blos in Frankreich Mode, sondern auch in andern Ländern nachgeahmt. Italien folgte desto williger, da es nicht blos so viele Reste der alten Bildhauerkunst aus seinem Schoos hervorzog, sondern auch zuerst sich mit den Werken der neuern Künstler bereichert sah. In einem Lande, wo Kirchen und Paläste mit den Meisterwerken der Künste angefüllt sind, wo der Marmor unter einem heitern Himmel länger sich unbeschädigt in seiner Schönheit erhält, mußten die Gärten bald öffentliche Sammelplätze von Statüen und Büsten werden. Unter den übrigen Nationen, die gute Kunstwerke dieser Art mit vielen Kosten aufkauften, besaßen die Engländer den größten Vorrath; und doch hat sich keine weniger bemühet, sie in den Gärten auszustellen. Mäßig war der Holländer, weil er, bey dem Reichthum seiner Gemälde, weniger auf Statüen rechnete, sie weder holen zu lassen Enthusiasmus oder Stolz hatte, noch sie von eigenen Künstlern erschaffen sah. In Deutschland und Norden suchte man die Gärten mit Statüen, wie mit Taxusbäumen, zu bepflanzen; man hatte, einige Ausnahmen in fürstlichen Gärten jetzt nicht gerechnet, weder antike noch neue Werke im guten Geschmack; und verschwendete für gemeine Klötze beträchtliche Summen. Von dem reichsten Landbesitzer bis auf den kleinsten Krämer in den Flecken, herrschte unter uns der Wahn, daß Klumpen, die man mit dem Namen Statüen beehrte, erfordert würden, um einen Garten recht schön nennen zu können. Daher so viele unerträgliche Puppenspiele und unförmliche Klötze, ein Herkules einen halben Fuß hoch niedlich aus Bley gebogen, ein Bacchus aus einem Eichenstamm wie ein baumhoher und betrunkener Landknecht gebildet, und andere ekelhafte Vorstellungen mehr, die man zuweilen wider Vermuthen in den Gärten des Adels antraf. Wenn man bedenkt, wie wenig erhebliche Werke des Meißels Deutschland von eigenen Künstlern selbst an seinen vornehmsten Höfen aufzuweisen hat, wie weit wir, in der Verewigung unserer einheimischen Verdienste durch trefliche Statüen von der Hand der Nation gearbeitet, gegen Italien und Frankreich noch zurückstehen; so darf man sich eben nicht wundern, daß von den so genannten Statüen, die man in unsern Gärten für unentbehrlich hielt, die meisten nur gemeine aus Stein oder Holz grob gehauene Klötze waren, ohne Schönheit, ohne Ausdruck und selbst oft ohne die geringste Zeichnung. Der Kenner würde vielleicht der Verschwendung verziehen haben, wenn er nur Werke gefunden hätte, die der Kunst Ehre machten; denn Statüen von dieser Classe lassen sich ohne einen beträchtlichen Aufwand nicht aufstellen.
Vornehmlich aber verstieß der ältere Geschmack mit seinen Statüen sowohl gegen die Einfalt, als auch gegen den Charakter der Gärten. Es gab Gärten, worinn man es für eine vorzügliche Schönheit zu halten schien, daß eine Statüe die andere 129 berühre, und wo die gedrängte Menge machte, daß man den Ort vergaß, und sich in eine Gallerie versetzt glaubte. Dieses Uebermaaß widerspricht den ersten Regeln der Schicklichkeit und der Simplicität, wenn auch übrigens die Statüen vom schönsten Styl sind, und selbst zwischen ihnen und dem Orte kein Widerspruch bemerkt wird. Das andere Vergehen stieß gegen den Charakter der Gärten, und war noch gewöhnlicher. Es wurden Statüen aufgestellt, die nicht allein gar keine Verwandtschaft mit den Vorstellungen und Empfindungen haben, die ein wohlangelegter Garten erwecken soll, sondern die sogar jeden Eindruck der Naturscenen stören helfen. Einem begeisterten Liebhaber mag es gleichgültig scheinen, ob er ein Werk aus dem besten Zeitalter der Kunst in einem Cabinet, oder in einer Gallerie, oder auf einem offenen Platz betrachten kann. Aber hier muß doch die Sache aus ihrem wahren Gesichtspunkt angesehen werden. Es ist nicht zu begreifen, was die Bildsäulen des Jupiters, Neptun, Mars, Herkules, der Juno, Minerva und verschiedener andern, deren ausführlichste Mythologie noch immer in einer weiten Entfernung von der Natur und der Bestimmung eines Gartens liegen bleibt, an einem solchen Orte bedeuten sollen. Eine geringe Betrachtung wird sie zu den unüberlegten Zierrathen hinstellen, die auch eine allgemeine Mode, der Beyfall des Haufens und der Schriftsteller *) nicht rechtfertigen kann. So hat, um nur ein Beyspiel von einer ähnlichen Ausschweifung anzuführen, der ludovisische Garten zu Rom, der für einen der schönsten in Italien gehalten wird, noch jetzt Statüen, die gefangene barbarische Könige und selbst den Nero vorstellen. Man hat diesen falschen Geschmack noch in andern Wendungen gezeigt; man hat mehr als einmal den Neptun in einer Allee, und den Vulkan bey einer Fontaine hingestellt, und ist gerade in den Fehler gefallen, den Horaz rügt:
Qui variare cupit rem prodigialiter unam,
Delphinum silvis appingit, fluctibus aprum.
Es ist nicht der Mühe werth, sich bey solchen Auswüchsen einer ungesunden Kunst weiter aufzuhalten. Man fühlt es schon zum Ekel, wie elend sie sind; und man sieht sie noch zu oft, um hier die Erinnerung an sie wiederholt zu wünschen.
——————
*) Man kann sich leicht vorstellen, daß die meisten Architecturlehrer, von Vorurtheil und Mode hingerissen, auch Statüen vorschlugen, die sich gar nicht in Gärten schicken. Allein man kann fast nichts seltsameres lesen, als was Miller darüber vorträgt in seinem großen Gärtnerlexicon, (2ter Theil S. 303. u. s. w. Nürnberg 1751.) einem Werke, das, bey seinen unläugbaren wichtigen Berdiensten um die botanische und ökonomische Gärtnerey, in allen Artikeln, welche die Lustgärten betreffen, den kleinen gezierten Geschmack bis zur Verwunderung begünstigt.
130 Man müßte in der That einen sehr unvollkommenen Begriff von den mannigfaltigen Wirkungen der Naturscenen haben, wenn man die Statüen für Werke hielte, die in den Gärten nicht entbehrt werden könnten. Ohne sie beweisen die schönsten Gegenden die ganze Macht ihres Eindrucks; und das dürftige Revier kann durch sie nur eine Nebenwirkung, als einen schwachen Ersatz der Anmuth, gewinnen, die ihm die Natur verweigert hat. Statüen zeigen die Vollkommenheit des menschlichen Genies, und eine gewisse Pracht, die mehr den Gebäuden, als den Plätzen zukommt, wo die Natur ihre Reize verbreiten will; und es scheint, daß sie sich von den Wohnungen verloren, und in fremde Reviere verirrt haben, wo man sie nicht erwartete. Weil sie indessen durch die Länge der Zeit nun einmal eine Art von Bürgerrecht in den Gärten erhalten haben, so ist es der Klugheit gemäßer, zu zeigen, wie man einen guten Gebrauch von ihnen machen kann, als sie ganz zu verbannen. Doch giebt es einige Arten von Gärten, mit deren Charakter sie sich nicht wohl zu vertragen scheinen, weil sie zu viel Lebhaftigkeit und Glanz mittheilen. Dahin gehören Gärten von einem blos ländlichen oder einfachen Charakter, Gärten des Landmanns und des Bürgers, Gärten bey Klöstern und Begräbnißörtern. Im Gegentheil haben sie mehr Schicklichkeit in Gärten, die eine höhere Verzierung und Lebhaftigkeit, reiche und edle Scenen, Lustgebäude, Tempel und andere Werke der menschlichen Kunst verstatten.
Es ist nicht zu läugnen, daß in solchen Gärten gute Statüen schon anständige Verzierungen ausmachen. Sie beleben die Plätze, und haben etwas gesellschaftliches; sie beschäftigen das Auge und die Einbildungskraft; sie dienen zur charakteristischen Bezeichnung der Scenen sowohl, als der Tempel und anderer Gebäude. Allein sie sollen als so kostbare Arbeiten des Genies, als Werke von einem so kräftigen Ausdruck, mehr als bloße Verzierungen seyn. Sie sind sichtbare Gestalten von Gedanken, Empfindungen, Leidenschaften und Charakteren; Gestalten, die den Menschen schon deswegen interessiren, weil er sich selbst darinn erblickt. Sie veranlassen nicht blos Nachdenken, sondern wirken auch Empfindungen. Es giebt keine Bewegung, die sie nicht ausdrücken, keine, die sie nicht in dem Anschauer erregen könnten. Sie haben eine schnelle und fast überall eindringende Wirkung. Allein um diese zu erreichen, müssen sie mit der verhältnißmäßigen Größe Richtigkeit in der Zeichnung, Geist in der Bearbeitung, einen bestimmten und deutlichen Charakter, Wahrheit und Stärke des Ausdrucks vereinigen. Es müssen Statüen seyn, und keine Termen, die halb Bilder, halb Säulen, nur eine unvollkommene Gestalt, womit wahrscheinlich die Kunst den Anfang machte, darstellen, und die Täuschung so leicht verfehlen. Auch 131 kann es eben so wenig gleichgültig seyn, ob die Figuren groß oder klein sind, wenn man nicht, wie man noch in manchen Gärten sieht, aus Statüen ein bloßes Marionettenspiel machen will.
4.
Aber welche Vorstellungen soll man wählen? Ist die alte Mythologie, diese fruchtbare Nährerinn der Künste, hier ganz zu verbannen? Nicht schlechterdings. Wer kann sich beleidigt finden, wenn er die Gottheiten der Gärten und des Vergnügens unter den Alten wiedersieht, wenn er in einer Blumenscene die Flora, den Bacchus bey einem Weingeländer, in einem waldigten Revier die Diana, die Pomona in einer Pflanzung von Fruchtbäumen, an einem zum Baden bequemen Ort eine Gruppe der Venus und ihrer Nymphen, oder den tanzenden Faun in einem verwilderten Gebüsche erblickt? Allein solche Statüen sind doch wenig mehr zu empfehlen, weil sie durch die so oft wiederholten Nachbildungen und den gar zu häufigen Gebrauch in den Gärten fast alle Kraft angenehmer Eindrücke verloren haben. Und als schützende Gottheiten betrachtet, ist für uns ihr Interesse dahin.
Näher scheinen uns anzugehen, wiewohl sie nicht weniger verbraucht sind, die allegorischen Statüen, die Göttinn des Friedens, den Oelzweig oder die Kornähre tragend, oder ihren Schoos voll Früchte, die Göttinn des Ueberflusses mit dem Füllhorn, die Fröhlichkeit mit der Myrte, die Freude mit den Rosen in der Hand, und die angenehmern Jahreszeiten, deren Bilder so sehr geschickt sind, die ihnen gewidmeten Scenen und Gebäude zu bezeichnen.
Mehr noch interessiren uns Vorstellungen von Menschen, die wirklich gelebt haben, in der Gestalt, die ihnen eigen war, und die so ganz ihren Charakter darstellt; Vorstellungen von Menschen, die uns durch die Größe ihres Geistes oder Herzens, durch den Glanz ihrer Talente oder durch die Wohlthätigkeit ihrer Handlungen ehrwürdig sind; die uns durch ihre Schriften zur Weisheit und durch ihre Geschichte zur Tugend erheben, die großen Dichter und Weisen der Vorwelt. Einen kleinen Lustwald zu Sanssouci, wo der königliche Philosoph unter erhabenen Betrachtungen ruhend die Lorbeern des Helden vergißt, beleben hin und wieder antike Statüen griechischer und römischer Weltweisen. Wer empfindet nicht das Anständige und Feyerliche einer solchen Scene?
Am meisten aber müssen uns Statüen, die der Patriotismus dem nationalen Verdienst errichtet, interessant seyn; die Bildnisse der Männer, die mit uns zu einer Nation gehören, deren Zierde sie waren; Männer, denen wir Aufklärung, Freyheit, 132 Wohlstand, Vergnügen verdanken. Allerdings hat das Verdienst auf eine solche Art von Belohnung Anspruch. Der Nachkömmling verweilt vielleicht vor dem Bildnisse, überdenkt eine ganze Reihe von edlen oder großen Thaten oder Bestrebungen, wird gerührt, zur Nacheiferung hingerissen, vergießt wohl selbst eine Thräne, die den aufkeimenden Entschluß befruchtet; vielleicht giebt auch die Einsamkeit, die hier mehr als anderswo herrscht, seiner Betrachtung mit der Ruhe mehr Stärke, und beschleunigt die Thätigkeit. Wenn dieses auch nicht immer die Wirkung der Bildnisse verdienstvoller Männer ist, so kann sie es doch seyn, und ist es oft gewesen, wo, anstatt eines flüchtigen Begaffers, ein empfindsamer Betrachter hinzutrat. Man weiß, wie oft die edlen Jünglinge des Alterthums von den Statüen ihrer berühmten Vorfahren begeistert wurden, wie viel man damals auf diese Wirkungen rechnen durfte, wie nachdrücklich die Philosophen sowohl als die Väter auf diese Bildnisse hinwiesen, auf diese
Ora ducum et vatum, sapientumque ora priorum,
Quos tibi cura sequi, quos toto pectore sentis.
Indessen gehören den Statüen der Helden, der Gesetzgeber, der Erretter und Aufklärer des Vaterlandes, mehr freye, als verborgene Scenen; sie sind schicklicher auf öffentlichen Plätzen in den Städten, um die Schlösser der Regenten, um die Paläste der Großen her, wo die Würde des Orts ihrem Charakter beystimmt, und sie dem Volke mehr ins Auge fallen. In den Gärten, vornehmlich der Privatpersonen, würden Statüen der Landschaftmaler, der Dichter, welche die Schönheit der Schöpfung besangen, der Philosophen, die uns über die Weisheit der Natur und über den Gebrauch des Lebens unterrichteten, mehr an ihrer Stelle seyn. Sollte dieser Gedanke irgendwo eine Anwendung finden, so wird der Deutsche doch wohl so patriotisch gesinnt seyn, dem einheimischen Verdienst vor dem auswärtigen den Vorgang zu gönnen. Dadurch würden unsere Gärten, die so lange Nachahmungen der Mode und so selten Werke unsers Genies sind, nicht allein einen Theil von einem eigenen Nationalcharakter, sondern auch eine Kraft zu weit lehrreichern Unterhaltungen gewinnen, als alle die gewöhnlichen Kopien von Statüen des Alterthums nicht geben können. Aber sodann müßte auch ein Andreas von Schlüter und ein Balthasar Permoser nicht mehr so selten unter uns auftreten.
5.
In Absicht auf die gute Wirkung der Statüen hängt viel von dem Ort und der Stellung ab, die man ihnen giebt.
133 Zunächst um das Wohngebäude werden Statüen am besten in einer symmetrischen Ordnung aufgestellt, wegen des Werks der Architectur, zu welchem sie als Kinder einer verschwisterten Kunst gehören; in dem Garten selbst aber können sie am vortheilhaftesten hin und wieder einzeln vertheilt werden, nachdem es der Ort und die Anlagen erfordern.
Wenn man Statüen auf freye offene Plätze stellt, wie man in Gärten fast immer zu thun pflegt, so erkennt man bald, daß sie blos des Pomps wegen da stehen. Da sie immer dem Anblick ausgesetzt sind, so ermüden sie zuletzt durch die ewige Unbeweglichkeit, die ihnen eigen ist. Und wenn eine gewisse Anzahl auf einmal in die Augen fällt, so geben sie zwar ein verwirrtes Ansehen von Pracht, aber keine Folge von angenehmen Bewegungen.
Eine weit vortheilhaftere Wirkung beweisen Statüen, wenn man sie einzeln in Scenen aufstellt, mit deren Charakter sie übereinstimmen. Hier gewinnt eine Statüe, wo sie seltener gesehen wird; wo die Schönheit keine Nebenbuhlerinn hat, wo sie sich ganz ohne Theilung ihrem Liebhaber übergeben kann. Er bleibt stehen, macht Gesellschaft mit ihr, denkt oder fühlt mit ihr, überläßt sich einer ganzen Folge von stillen Ideen und Empfindungen, die sie zu erwecken sähig ist; die Seele wird beschäftigt und nicht blos das Auge, das wichtigste Verdienst eines Kunstwerks.
Eine Statüe in einer dunkeln Waldung, in einem abgesonderten Revier, unvermuthet erblickt, giebt oft eine angenehme Ueberraschung. Auch nimmt sie sich zwischen Bäumen und Gebüschen, in kleinen Gruppen und Hainen weit schöner aus, als auf nackten Plätzen; sie scheint hier zu wohnen oder sich zu verbergen; der weiße Marmor ist zwischen den braunen Stämmen und den Umwölbungen des Laubwerks sehr malerischer Ansichten fähig; und die Veränderung, welche der Wachsthum der Bäume und ihre zunehmende und wieder abnehmende Belaubung hervorbringt, giebt der Scene eine immer neue Abwechselung.
Eine solche glückliche Stellung hat in dem Park zu Hagley eine Statüe der mediceischen *) Venus. Sie steht in einem auf bäurische Art gewölbten Winkel einsam, an einem abgelegenen Ort, in einem Dickigt von Bäumen und Sträuchern. Gegenüber stehen die angenehmsten Gruppen von Lorbeern und andern immer grünenden Bäumen, und hängen damit zusammen. Sie machen den Fuß eines prächtigen Waldes aus, der sich hinterwärts mit aller Schönheit den Hügel hinanzieht. In der blumichten Vertiefung und unter dem Lorbeerhain sind ländliche Sitze, als wenn
——————
*) Heely Briefe, 7ter Br.
134 die Natur sie hier von Felsen gebildet hätte, mit aller Simplicität angebracht. Von einer andern Seite zeigt sich die reizende Venus abermals, gleichsam schüchtern, als wollte sie sich in ihrer ländlichen Höhle verstecken, oder als wenn sie eben aus dem Wasser gestiegen wäre. In einer hohlen Vertiefung, die in einer darüber liegenden steilen Anhöhe angebracht, und nur grob mit Glasschlacken und unregelmäßigen Steinen verziert ist, entdeckt man eine Cascade, die mit Gewalt hervorbricht, und schäumend über steile Absätze herabstürzt, bis sie sich unter den Wurzeln eines hohen Baums in eine Oeffnung verliert, und nicht mehr gesehen wird. Die sanft ansteigenden Abhänge sind mit Rosen, Geisblatt und andern Sträuchen, wie auch mit Pflanzen geziert, die in verschiedenen Monaten blühen, und eine ununterbrochene Flor darstellen.
Wo eine Mehrheit von Statüen aufgenommen werden kann, da wird Mannigfaltigkeit in ihren Vorstellungen, Ausdrücken und Stellungen erfordert. Einige verlangen nach dem Charakter, den sie vorstellen, Ruhe, Nachdenken, stilles Versinken in große Empfindungen; andre Bewegung, Anstrengung, Handlung. Einige stehend, andere sitzend; einige tanzend, wie die Dryaden; andere ruhend, wie badende Nymphen in einem klaren Wasser unter einer Felsenwand. Einige in einer zeigenden, andere in einer beobachtenden, einige in einer bewundernden, andere in einer gefühlvollen Stellung, wodurch sie gleichsam die statüenartige Steifigkeit verlieren und an Täuschung gewinnen. Vorstellungen ohne Geist und Leben schicken sich nicht an einem Orte, wo die ganze Natur zur Beobachtung und Empfindung auffordert. Die Statüen sollen die Scene beleben; sie müssen daher lauter Natur scheinen, und gleichsam die Rolle denkender und empfindender Wesen spielen. – Auch die bloße Weglassung der Postamente kann zuweilen die Täuschung befördern helfen. Indem die Statüen auf einem Fußgestell stehen, so haben sie mehr das Ansehen einzelner Kunstwerke, ohne merkliche Verbindung mit der Scene.
6.
Gewöhnlich werden Statüen einzeln in den ihnen zukommenden Revieren vertheilt. Die meiste Zeit ist eine einzige hinreichend, den Eindruck der Scene zu heben oder zu veredeln. Auch muß im Ganzen aller Ueberfluß, der sich nicht mit der Einfalt der Gegenstände der Natur verträgt, vermieden werden. Und selbst die Kostbarkeit schöner Werke dieser Art kann den sparsamern Gebrauch empfehlen.
135 Indessen können doch zuweilen ganze Gruppen von Statüen in einem dazu eingerichteten Revier mit einer guten Wirkung angelegt werden. Dieß giebt sodann eine Scene, die durch eine höhere Lebhaftigkeit und durch den Reichthum der Kunst sich von den gewöhnlichen unterscheidet, oft des Contrastes wegen angelegt, noch mehr aber um eine Folge von Ideen und Empfindungen zu gewinnen, die sich sonst nicht erhalten lassen. Anlagen von diesem Charakter überraschen, beleben, reißen zur Bewunderung oder versetzen die Seele des Zuschauers in andere Zeiten und in entfernte Gegenden hin. Zu dieser Classe gehören alle Nachahmungen von Plätzen und Scenen, die in andern Ländern ihre Heimath haben, oder blos in der Mythologie und in den Phantasien der Dichter vorhanden sind. Die ersten Werke in diesem Geschmack entstanden ohne Zweifel in dem berühmten Landsitz des Kaisers Hadrian zu Tivoli, als er darinn die merkwürdigsten Gegenden Griechenlands nachahmte. *) Und in den neuern Zeiten sind die elysäischen Felder zu Stowe ein sehr gepriesenes Muster geworden, das hier eine Beschreibung **) verdient.
Die elysäischen Felder werden von einem angenehmen Bache durchströmt. Die Bäume stehen so zerstreut und dünne, daß sie ganz licht und luftig sind. An dem einen Ende öffnen sie sich gegen ein grösseres Wasser und eine ausgedehntere Flur. Die Einfassung ist sehr oft unterbrochen, um weit entlegene Gegenstände zu zeigen, die durch die Art, wie sie erscheinen, ein weit entfernteres Ansehen bekommen. Der Eingang ist unter einem dorischen Schwibbogen, der auf eine Oeffnung durch die Bäume trifft. Inwendig stehen die Tempel der alten Tugend und der brittischen Helden; der eine liegt hoch, der andere tief in dem Thale, nahe bey dem Wasser. Beyde sind mit den Bildern der Männer geziert, die sich durch ihre Verdienste im Kriege, im Staat oder in der Gelehrsamkeit am meisten berühmt gemacht haben. Der Tempel der unsterblichen Britten hat die Gestalt eines halben Zirkels, und enthält eine Folge von sechszehn Nischen, wovon jede mit einem Brustbild geziert ist. Die Mitte der Krümmung ist mit einer Pyramide geschmückt, worinn sich in einer Nische eine schöne Büste des Mercur zeigt, über welcher diese Inschrift aus dem Virgil steht:
Campos ducit ad Elysios.
——————
*) S. 1ster B. S. 19.
**) Diese Beschreibung ist theils aus dem Whately, theils aus einem eigenen Werke von diesem Park: Stowe: a description &c. (1ster B. S. 69.) wovon ich hier gelegentlich die neue verbesserte Ausgabe von 1773 anzeige.
136 Unten ist in eine Platte von schwarzem Marmor diese Stelle aus eben dem Dichter gegraben:
Hic manus ob patriam pugnando vulnera passi,
Quique pii vates, et Phoebo digna locuti,
Inventas aut qui vitam excoluere per artes,
Quique sui memores alios fecere merendo.
Man erblickt die Brustbilder von Alexander Pope, Thomas Gresham, Ignatius Jones, John Milton, William Shakespear, John Locke, Isaac Newton, Franz Bacon, König Alfred, Edward Prinzen von Wales, der Königinn Elisabeth, König Wilhelm III. Walter Raleigh, Franz Drake, John Hampden und John Barnard. Unter jeder Büste ist eine Inschrift, welche die Thaten und Verdienste dieser Personen erzählt. Diese Folge von Nischen, unter welchen drey große Stufen herumlaufen, stößt an ein Gebüsch von Lorbeerbäumen, wovon die Zweige sich herüberbiegen, und eine Art von Krone über eine jede Büste bilden; eine Scene, wie sie Virgil schildert:
Inter odoratum lauri nemus.
Der zwischen dem Gebäude und dem Wasser liegende Strich ist ein sanfter Abhang mit Rasen bedeckt, etwa zwey Ruthen breit. – Den Werth der Tapferkeit in den elysäischen Feldern zu bestimmen, und sie mit Vorstellungen solcher Männer anzufüllen, die sich am meisten um das menschliche Geschlecht verdient gemacht haben, ist ein sowohl dem Ort, als den Fabeln der Dichter angemessener Gedanke; und die Menge der Bilder, welche hier aufgestellt werden, harmonirt mit dem Charakter. Einsamkeit ist niemals unter die Reizungen von Elysium gerechnet worden; man hat es vielmehr allezeit als die Wohnung der Freude geschildert. In dieser Nachahmung stimmt ein jeder Umstand mit diesem eingeführten Begriff überein. Die Lebhaftigkeit des Bachs, der durch das Thal fließt, der Schimmer von einem andern, der sich jenem nähert, um sich mit ihm zu vereinigen, das von dem Wasser zurückgeworfene muntere Grün des Grases und die darinn sich spiegelnden Brustbilder der brittischen Helden, die Verschiedenheit der Bäume, der Glanz ihres Laubwerks, ihre Ordnung, wodurch sie sich alle deutlich von einander unterscheiden, indem sie über die kleinen Ungleichheiten des Bodens hie und da herum zerstreut sind, die Mannigfaltigkeit sowohl der innern als äußern Gegenstände, welche die Scene verschönern und beleben; dieses alles zusammen genommen giebt ihr eine Munterkeit, die sich die Einbildungskraft kaum vorstellen kann.
137 So vortrefflich auch diese Anlage zu Stowe ist, so lassen sich doch, wo man etwa eine ähnliche Nachahmung von den elysäischen Feldern machen will, noch verschiedene Umstände verbessern. Die Idee von Elysium ist zugleich erhaben und reizend, und stimmt sehr glücklich mit den herrlichsten Wirkungen eines heitern Gartens zusammen. Zuvörderst muß zu einer solchen Anlage eine Gegend ausgesucht werden, die lachende Anmuth mit Ruhe verbindet. Eine Gegend, die kein Sturm erschüttert, die nur sanfte Winde erfrischen; ein weites, freyes, hügelichtes Gefilde; keine Gebirge, nur die Gränze mit kleinen Bergen umschlossen, zwischen welchen sich Aussichten in die entferntesten Landschaften eröffnen, und die Vorstellung von Fortgang, von Unermeßlichkeit geben; liebliche Zusammensetzung von frischem Rasen, von spielenden Bächen, von hellgrünenden und lange blühenden Gebüschen, von luftigen Gruppen hoher, edler und seltener Bäume, die angenehme Durchsichten zwischen ihren Stämmen verstatten; Hügel mit einem dicken Gemisch stark duftender Kräuter und Blumen mit glänzenden Farben bepflanzt; keine Wasserfälle, welche die Ruhe unterbrechen, keine Tempel, noch andere Gebäude, die den Begriff der Einschränkung oder Verschließung erregen; keine Thiere, die viel Bewegung und Geräusch verursachen, und die feyerliche zu den süßesten Empfindungen des Vergnügens einladende Stille stören; nur etwa einige kleine Vögel, die hie und da sich in der Dämmerung des Laubes wiegen, und die sanftern Melodien der Liebe durch duftende Gebüsche hinathmen. Der Eingang sey wild verwachsen, überschattet, von Bäumen mit schwärzlichem Laub verdunkelt und öde; er lasse nichts angenehmes erwarten, verwildere immer tiefer; und auf einmal breche das helle, lachende, entzückende Elysium hervor.
Devenere locos laetos, et amoena vireta Fortunatorum nemorum, sedesque beatas, Largior hic campos aether, et lumine vestit Purpureo –
Virgil. Aen. VI.
Die Bildnisse der glückseligen Bewohner dieser Gefilde müssen nicht alle auf einmal in die Augen fallen, sondern nach und nach, zwischen Blumenhügeln, Gruppen von blühenden Sträuchern und Hainen; immer an einem Ort, in einer Stellung, mit einem Ausdruck, der dem Charakter gemäß ist; bald in einsamen Entzückungen, bald in gesellschaftlichen Unterredungen. Keine Büsten, die nur eine halbe Wirkung haben, sondern Statüen in Lebensgröße. Nicht ganz im Freyen, wodurch der Marmor zu 138 viel Licht erhält, sondern zwischen Bäumen, wo eine angenehmere Erleuchtung von oben einfällt.
So reizend auch Scenen von dieser Classe für Personen sind, die Kenntniß der Dichterfabel mit feiner Empfindung begleiten, so muß man doch gestehen, daß ihre Wirkung für Zuschauer vom gewöhnlichen Schlag verloren geht. Die Einbildungskraft der meisten Menschen ist so schwer, daß sie fast keiner Beweglichkeit fähig scheint; ihre Begriffe von der Fabel des Alterthums sind so unzulänglich und so schwankend, ihre Bekanntschaft mit den Vorstellungen der Dichter ist so gering, daß auch die glücklichsten Nachahmungen der Gartenkunst, ohne den innern Sinn zu berühren, vor ihnen vorüberschwinden, und nur ein bloßes Schauspiel für das Auge bleiben. Und doch erfordern gerade am meisten Scenen dieser Art, um genossen zu werden, eine gewisse Empfänglichkeit des Gefühls, eine gewisse Schnelligkeit der Phantasie, die zuvorkommt, die das zu ersetzen weiß, was der Nachahmung an Vollständigkeit abgieng. Denn der Charakter der Oerter und ihrer Verzierungen kann nie so vollkommen dargestellt, nie so täuschend werden, als die Beschreibung der Dichter ist. Die Plätze, die Bäume und übrigen Gegenstände sind fast keine andern, als die wir sonst zu sehen gewohnt sind; vieles beruht auf Sitten und Gebräuchen, die nicht mehr auf unsere Zeiten passen; vieles muß von dem Genie des Himmelsstrichs und von Zufälligkeiten der Natur erhalten werden, die nie in unserer Gewalt sind. Bey einer solchen Unzulänglichkeit der Mittel ist die Ausführung des Unternehmens immer schwer, und der Gartenkünstler hat schon alles gethan, was seine Kunst vermag, wenn er die Nachahmung bis zu einem gewissen Grad der Täuschung für empfindende Kenner gebracht hat, indessen der große Haufe nur angaffend vor seinem Werke vorübergeht.
7.
Um diesen Unbequemlichkeiten der Vorstellungen aus der Mythologie und Dichterfabel des Alterthums auszuweichen, kann der Gartenkünstler sich an Scenen aus seiner Zeit oder aus seiner Nation wenden, die nicht allein eine allgemeine Verständlichkeit, sondern auch noch überdieß ein stärkeres Interesse haben. Er ist hier an keine Vorbildung gefesselt; er erfindet selbst und ist Herr über seine Erfindungen; die Anordnung ist ganz in seiner Gewalt; die Scene liegt gleichsam schon auf seinem Boden da. Er darf nicht zu entlegenen Hülfsmitteln seine Zuflucht nehmen; er hat alles in der Nähe, er kann den geraden Weg wählen, und seiner glücklichen Annäherung zu der Empfindung oder dem Geiste des Zuschauers versichert seyn.
139 Ein treffliches Muster einer solchen nationalen Scene ist das Normannsthal in dem königlichen Park zu Friedensburg, nicht weit von Copenhagen, wie man unten sehen wird. *)

II.
Monumente.
1.
Monumente oder Denkmäler sind sehr wirksame Mittel, das Andenken einer Pexson oder einer Begebenheit für die Nachkommenschaft zu erhalten. Wir finden sie daher fast bey allen Völkern, sowohl bey denen, die noch wenige Fortschritte in der Cultur gethan hatten, als auch bey denen, unter welchen die Künste und Wissenschaften blüheten. Wo die Schrift noch nicht erfunden war, da sah man sich noch
——————
*) S. Beschreibung dieses Parks im Anhange dieses Bandes.
140 mehr genöthiget, durch Denkmäler, so roh sie auch waren, das Andenken irgend einer That oder Person zu erhalten. Ein bloßer wilder Steinhaufen kündigte den Ort an, wo eine denkwürdige Begebenheit vorgefallen war, welche die Völkerschaft interessirte, wo eine Schlacht geliefert, wo Bündniffe geschlossen und feyerliche Versammlungen gehalten worden; oder er bezeichnete die Stelle, wo die Ueberbleibsel eines Nationalhelden ruheten. Man findet noch in verschiedenen Ländern, besonders in Norden und in Schottland, Beyspiele von solchen Denkmälern, die aus bloßen rohen, zusammengehäuften Feldsteinen bestehen, die in längst verflossenen Jahrhunderten zum Andenken einer Nationalbegebenheit der gefallenen Helden errichtet sind.
Bey Nationen, die mit der Schätzung des Verdienstes die Cultur der schönen Künste vereinigten, mußten die Denkmäler, die sie errichteten, zugleich von der Seite des Geschmacks wichtig werden. Die Aegypter, die Phönizier, die Hetrurier, hatten schon schätzbare Werke dieser Art; allein die Griechen besaßen sie in einer Menge und Schönheit, als vor ihnen noch keine, von den Künsten aufgeklärte, Nation sie gesehen hatte. Schon früh belohnten sie Stärke und Tapferkeit mit Statüen und andern öffentlichen Ehrenmählern; allein nicht blos den Sieger in den feyerlichen Spielen, nicht blos den Helden, sondern auch den Patrioten, der die Tyrannen verjagte, und zuweilen auch die Philosophen und Dichter, die das Vaterland erleuchteten. Alle Städte, alle öffentliche Plätze, sogar die Landstraßen Griechenlands waren mit einer Menge von herrlichen Denkmälern des Verdienstes ersüllt, die uns noch jetzt aus der Beschreibung des Pausanias entgegenglänzen, und deren Reste noch jetzt der Stolz der Künste und die Bewunderung des Kenners sind. Die Grabmäler waren nicht verborgen, wie bey uns, sondern an den Landstraßen dem öffentlichen Anblick ausgestellt. Verschiedene Plätze, wo sich das Volk zu Spaziergängen versammelte, waren mit den Bildnissen der weisesten und tapfersten Männer der Nation verschönert. Sogar einige Gebäude waren blos zur Aufbewahrung rühmlicher Denkmäler aufgeführt. Nirgends konnte der Grieche sein Auge hinwenden, ohne der Statüe eines Helden, eines Patrioten, eines Weisen zu begegnen; und diese feyerlichen Denkmäler der Tugend, die ihn überall umgaben, die vom ganzen Vaterlande gebilligt, verehrt, und nicht selten auf öffentliche Kosten aufgeführt worden, welche starke und dauernde Eindrücke zu edlen Erinnerungen und Nacheiserungen mußten sie nicht einprägen! Es konnte nicht fehlen, der Bürger mußte da für das Vaterland und für die Tugend empfinden lernen, wo er von allen Seiten dazu aufgefordert ward. – Auch die Römer belohnten schon in den ältesten Zeiten Verdienste mit öffentlichen Denkmälern, die aber 141 mehr Geschmack und Verfeinerung der Bearbeitung gewannen, als sie mit den Künsten der Griechen vertrauter wurden. Nicht blos der Senat zu Rom widmete dem Andenken seiner Helden und Patrioten Ehrenmäler an feyerlichen Plätzen, sondern auch die andern Städte des Reichs erhielten die Freyheit, ihren Wohlthätern Statüen und Brustbilder zu errichten; selbst Privatbürger konnten, mit Erlaubniß des Gerichts, das dazu den Ort anwies, Personen aus ihrer Familie ein Denkmal weihen, oder es in ihrem Testamente verordnen. Man erinnert sich, wie sehr sich die Römer von den ehrwürdigen Monumenten ihrer Vorfahren nicht blos gerührt, sondern zur thätigen Nacheiferung begeistert fühlten. *)
Bey den neuern Nationen hat man von einem so kräftigen Mittel, zu Verdiensten aufzumuntern, indem man ihr Andenken erhält, nur selten Gebrauch gemacht. Es sind nur einige Regenten, nur einige Helden oder Staatsmänner, denen hie und da in Residenzstädten an öffentlichen Plätzen eine Statüe errichtet steht, nur hie und da eine Büste auf einem Saal oder ein Grabmal in einer Kirche. Wie viele Summen sind nicht für unendlich oft wiederholte Copien der Gottheiten des Alterthums, womit wir unsere Städte und Gärten füllten, verschwendet worden, und wie wenig hat man daran gedacht, einen Theil dieses Aufwandes den wahren Wohlthätern des menschlichen Geschlechts und den verdienstvollen Männern aus unserer eigenen Nation zu widmen! **) Nichts sollte den Fürsten heiliger seyn, als gemeinnützige Verdienste durch öffentliche Monumente zu belohnen, und dadurch an Plätzen, wo oft große Ver-
——————
*) Der jüngere Plinius erklärt sich bey Erwähnung einer Bildsäule, die Trajan dem Andenken des jungen Cottius aufzurichten befohlen, über die Kraft der Denkmäler auf eine Art, die man nicht ohne Theilnehmung lesen kann. Quo quidem honore, quantum ego interpretor, non modo defuncti memoriae, et dolori patris, verum etiam exemplo prospectum est; acuent ad bonas artes juventutem adolescentibus quoque (digni sint modo) tanta praemia constituta; acuent principes viros ad liberos suscipiendos, et gaudia ex superstitibus, et ex amissis tam gloriosa solatia. Erit ergo pergratum mihi, hanc effigiem ejus intueri, subinde respicere, sub has consistere, praeter hanc commeare. Etenim si defunctorum imagines domi positae dolorem nostrum levant, quanto magis eae, quibus in celeberrimo loco, non modo species et vultus illorum, sed honor etiam et gloria refertur? Lib. 2. Ep. 7.
**) Dieses gilt allerdings von Deutschland. In Norden ist eine herrliche Anstalt dieser Art, die noch kein Land hat, angefangen. Man sehe unten im Anhange die Beschreibung von Jägerspreis.
142sammlungen sind, wo das Volk verweilt, begeisternde Erinnerungen zu verbreiten. Ein Denkmal, dem weisen und edlen Mann errichtet, ist nicht blos ein Triumph, den man der Tugend verstattet; es ist zugleich eine öffentliche Aufforderung zu einer ähnlichen Tugend, nicht blos an die Zeitgenossen, sondern auch an die Nachkommenschaft gerichtet.
2.
Wenn wir nach dem Beyspiele der Alten die Kraft der Denkmäler mehr schätzen lernten, so würden selbst manche Gegenden in den Gärten, mit dem Genuß der ländlichen Annehmlichkeiten, die Erweckung des Andenkens an ein schönes oder nützliches Verdienst, und die Unterhaltung moralischer Empfindungen verbinden können. Es kostet wenig Ueberlegung, um auf eine mit dem guten Geschmack übereinstimmende Weise einen Garten, den Aufenthalt des Vergnügens, zugleich hie und da zu einer Schule der Weisheit einzurichten; und dazu sind Monumente des Verdienstes weit geschickter und anständiger, als der kindische Einfall in den Gärten zu Versailles, durch Fontainen äsopische Fabeln vorzustellen, deren Bedeutung man jedoch erst durch Inschriften in der Nähe aufzuklären sich genöthigt fühlte.
Unter den verschiedenen Gattungen von Denkmälern schicken sich einige mehr für öffentliche Plätze in den Städten, andere mehr für Gärten. Regenten, Helden, Staatsmänner, große Wohlthäter der menschlichen Gesellschaft, Verdienste von einem allgemeinen Einfluß in den Staat, haben einen Anspruch auf öffentliche Monumente in den Residenzstädten, wo sie auf Kosten der Nation errichtet, oder doch ihrem Auge ausgestellt sind. In Gärten aber schicken sich mehr Denkmäler, die der Privatmann stiften kann, Denkmäler, nicht sowohl für die glänzenden, als vielmehr für die angenehmen Gattungen des Verdienstes, und zwar solche, die mit gartenmäßigen Vorstellungen eine gewisse Verbindung haben, oder sich auf Naturscenen und ihre Veredelung beziehen.
Man kann hier die Monumente Philosophen, Dichtern, Künstlern, nützlichen Bürgern oder Freunden, lebenden sowohl als verstorbenen, widmen. Sie können nicht weniger Denkmäler des Vergnügens, als der Trauer seyn. Sie erfordern allemal eine ihrem Charakter angemessene Scene. Ein Monument, irgend einer frohen Begebenheit, irgend einer Empfindung oder Wiedererinnerung von der angenehmen Art geweihet, reize von einem schönen Hügel das Auge; ein Denkmal des Schmerzes 143 oder der Melancholie verberge sich bescheiden in der öden Vertiefung oder zwischen Umhüllungen dunkler Gebüsche, oder unter einer Felsenwand.

Die Wirkungen der Monumente können sehr abwechselnd seyn, nach der Verschiedenheit der Personen oder Sachen, deren Andenken sie erneuern. Sie erwecken interessante Erinnerungen oder Empfindungen der Verehrung, der Freundschaft und der Liebe; Bewegungen eines sanften Vergnügens, oder einer süßen Schwermuth. Man verweilt, wenn die Schönheiten der Natur unser Auge gesättigt haben, gerne bey Monumenten, wo das Herz Nahrung findet.
Die Monumente, die ein Gartenbesitzer aus dem Zirkel seiner Familie oder Freunde wählt, haben für ihn und für die, welche mit ihm ein gleiches Interesse verbindet, die meiste Kraft. Allein in einem solchen Fall ist doch auch auf den entferntern Zuschauer so weit Rücksicht zu nehmen, daß er, wo er auch nicht mit empfinden 144 kann, doch durch eine würdige Vorstellung, entweder von der Seite des Gegenstandes, oder von der Seite des Geschmacks in dem Denkmal selbst, unterhalten werde.
Die verschiedenen Arten der Denkmäler können bald zur Baukunst, bald zur Bildhauerkunst gehören. Zu jener die Gebäude, und besonders die Tempel, wovon oben gehandelt ist, die Pyramiden, die Pfeiler, die Ehrenpforten, die Triumphbögen; zu dieser die Statüen, die Obelisken, die Säulen, die Urnen, die Grabmäler, u. s. w. In einigen Werken vereinigen sich beyde Künste. Einige Denkmäler sind einfach, wie eine Statüe, oder eine Urne, oder eine Säule; andre zusammengesetzt, wie ein Grabmal mit einer Gruppe von Figuren, oder eine Urne mit einer daran sich lehnenden klagenden Statüe. Aus allen diesen kann überhaupt der Künstler nach dem Charakter und der Wichtigkeit seines Gegenstandes Denkmäler wählen.
Doch giebt es unter diesen Monumenten einige, welche, weil sie einen Charakter von Pracht, Größe und Hoheit haben, zur Verehrung erhabener und glänzender Verdienste vorzüglich geschickt sind, und daher mehr in Residenzstädten, als in Gärten, Platz finden können. Dahin gehören die Ehrenpforten, Triumphbogen, Statüen zu Pferde, Obelisken und andere hohe Säulen. Man hat sie in einige königliche Parks und Gärten von großem Umfang und einem edlen Charakter eingeführt; sie schicken sich allerdings da besser, als in Gärten von Privatpersonen; allein sie gehören doch mehr auf öffentliche Plätze in den Städten, in der Nähe der Residenzschlösser oder anderer prächtiger Gebäude, wo sie schon durch ihren eigenen Charakter den Eindruck von Würde und Erhabenheit verstärken können. Sie kündigen eine solche Art von Pracht an, die sich nicht überall mit der Simplicität der Gärten verträgt. Ein Obelisk kann oft gegen eine Waldung oder gegen einen See eine treffliche Wirkung machen. Allein ein Triumphbogen in einem Garten ist beynahe das, was eine grüne Laube mitten auf dem Markte seyn würde. Das Ungewöhnliche kann Aufsehen machen oder ein kurzes Erstaunen erregen; aber nie den wahren Geschmack befriedigen. Eine Pyramide ruft uns in die Zeit der Aegypter zurück; ein altes Monument soll zur Bezeichnung einer neuen Sache dienen; man sieht nichts Eigenthümliches, man sieht eine bloße Nachahmung, deren Wirkung mit der Absicht, die man zu erreichen sucht, nicht immer glücklich zusammenstimmt; da im Gegentheil eine einfache Säule, die jedes Land haben kann, ein weit schicklicheres Mittel seyn würde.
Urnen und Grabmäler können schon aus dem Grunde in dunkeln und melancholischen Revieren der Gärten schickliche Gegenstände seyn, weil sie dem Charakter und den Wirkungen dieser Gegenden so natürlich zustimmen. Allein sie verstärken nicht blos überhaupt den Eindruck der melancholischen Gegend, sondern erwecken auch Ideen und Empfindungen, welche die melancholische Gegend für sich nicht so bestimmt 145 hervorbringen kann. Sie machen den Anschauer schon auf den ersten Blick aufmerksam; er wird unter einer bangen Ahndung herbeygelockt; Verehrung, Liebe, Verbindung, Trennung, Thränen, Sehnsucht, Schmerz, alle diese rührenden Vorstellungen drängen sich seiner Seele entgegen; er tritt näher, sieht, lieset; er höret die stumme Klage der Freundschaft, und stimmt bald mit ein; und indem er in das sympathetische Gefühl dahinfließt, empfindet er wieder, was auch er einst verlor, und was vielleicht bald sein Freund oder seine Gattinn an ihm selbst verlieren wird; ein Gemisch von melancholischem Schauer, von sanfter Wehmuth, von zärtlichem Verlangen, und von dunklen Hoffnungen durchwallet sein Herz; und mit einem Seufzer, der die ganze Fülle seiner Bewegungen verräth, schleicht er davon. Mehr noch müssen solche wirkliche Denkmäler in Gärten rühren, als Poussins berühmtes Gemälde Arcadien, *) das mitten in einer reizenden Landschaft das Grabmal einer jungen Schäferinn vorstellt, die in der Blüthe ihres Alters gestorben ist. Die Grabschrift besteht blos aus diesen Worten: Et in Arcadia ego! Aber diese kurze Inschrift erweckt die ernsthaftesten Betrachtungen in zween Jünglingen und zwo Mädchen, die mit Blumenkränzen geschmückt sind, und, wie es scheint, dieses traurige Denkmal von ohngefähr an einem Orte angetroffen haben, wo sie keinen solchen Gegenstand aufsuchten. Einer von ihnen läßt die übrigen diese Inschrift bemerken, indem er mit dem Finger dahin zeigt, und man nimmt in ihren Gesichtern, durch den Schmerz, der sich ihrer bemächtigt, nun nichts mehr, als die letzten Ueberreste einer sterbenden Freude wahr. Man glaubt die Betrachtungen zu hören, die diese jungen Personen über den Tod machen, der weder des Alters, noch der Schönheit schont, und vor dem die glücklichsten Himmelsgegenden keine Freystätte haben.
Dem Künstler steht bey dem Bau eines Monuments eine Menge von Formen zu Gebot, wenn sie nur sowohl an sich in einem richtigen Geschmack sind, als auch sich zu dem Charakter seines Werks schicken. Die Erfindung aller Theile des Baues, die ganze Ausführung und selbst die Verzierung, muß nach dem mehr oder weniger Wichtigen, nach den Regeln der Schicklichkeit, und nach der besondern Art und Bestimmung des Werks genau beurtheilt und abgemessen werden. Die ganze äußere Gestalt muß auf eine gefällige Weise das Auge an sich ziehen. Es muß einen deutlich ausgedruckten Charakter haben, der den Anschauer nicht lange über die Bedeutung zweifelhaft läßt; und dieser Charakter muß schon begriffen werden können, ehe noch die Lesung einer Inschrift die Aufklärung vollendet. Eine Urne, ein Grabmal ist schon
——————
*) Du Bos in den Reflexions critiques sur la Poésie & la Peinture. Tom. I. ch. 6.
146 durch sich verständlich; allein eine bloße Säule, die einer Verschiedenheit der Bezeichnung fähig ist, bedarf schon eines kleinen aufklärenden Zusatzes, einer Aufschrift oder eines Sinnbildes. Ein Schmetterling, worunter schon die Alten die Unsterblichkeit der Seele sehr richtig vorstellten, Psyche, die mit gestütztem Haupte sich an den Fuß einer Säule lehnt, eine sitzende Figur, die mit beyden Händen ihre Knie umfasset, ein Genius, der eine Fackel auslöscht, u. a. sind weit anständigere Sinnbilder bey Trauermonumenten, als ein ekelhafter Todtenkopf. Ein bloßer Blumenkranz ist zuweilen schon eine hinlängliche Bezeichnung auf einer Säule, die einer frohen Erinnerung gewidmet ist. Bey keinem Kunstwerke ist alles Ueberflüßige in der Verzierung sorgfältiger zu vermeiden, als bey Monumenten. Nichts schadet mehr der stillen Größe und der ernsthaften Einfalt, die das Wesentliche ihres Charakters ausmachen. Ein Trauerdenkmal scheint fast gar keine Verzierung zu vertragen. Je einfacher ein Monument ist, desto weniger kann es das Auge zerstreuen, desto sicherer und schneller ist sein Eindruck. Das Auge muß es auf einmal umfassen können, nichts haben zum Aufsuchen, noch zum Herumirren. Zwo Inschriften widersprechen schon dem Gesetze der Einfachheit, und eine ganz vollständige Säule, die auf ihrer Spitze noch eine Urne trägt, ist beynahe schon eine überflüßige Zusammensetzung.
3.
Nachdem in der neuen Manier der Kunst die Bewegungen, die Gärten zu erregen fähig sind, vervielfältigt worden, hat man auch edle Monumente einzuführen angefangen. Schon lange haben die Britten ihren Dichtern und andern verdienten Männern der Nation Urnen, Säulen und, wie schon bemerkt ist, Gebäude zu Denkmälern in ihren Parks gewidmet. Man trifft davon jetzt fast überall Beyspiele an. Angenehm ist die Erinnerung, daß eines der ersten davon eine Denksäule der kindlichen Liebe war, die Pope seiner Mutter in seinem bekannten Garten in Twickenham setzte, und die noch steht. Es ist eine vierseitige abgestutzte Säule; sie hält funfzehn Fuß in die Höhe, außer dem Postament von fünf Fuß, und ist mit dieser Inschrift geziert:
Ah Editha, matrum optuma, mulierum amantissima, vale!
Das Monument steht auf einer kleinen Erhöhung von Rasen, und ist ringsumher mit Fichten, Ulmen und Cypressen umschlossen; der Eingang ist ein mit Moos bekleideter und von hohen Bäumen überschatteter Platz.

147 Deutschland hat in verschiedenen Gärten sehr anständige Denkmäler in einem ächten Geschmack. *) Doch unter unsern Dichtern ist Gellert noch der erste, dem Oeser in einem Garten bey Leipzig **) ein Monument errichtet hat, das dieses vortrefflichen Künstlers so würdig, als des Mannes ist, dessen Asche die ganze Nation verehrt. Gellert gab zuerst der deutschen Poesie Leichtigkeit, Feinheit, Gefälligkeit, verbunden mit Einfalt und Unschuld, das, was man Grazie nennt. Man kann ihn daher mit Recht als den Vater der deutschen Grazien ansehen; aber er starb ihnen ab, da sie noch Kinder waren, und hinterließ ihre völlige Ausbildung andern Händen. Diese Idee, die ein so wahres und gemäßigtes Lob auf Gellert und den wesentlichen Hauptzug aus seinem schriftstellerischen Charakter enthält, leitete den Künstler. Er versammlet um die Urne des Dichters die drey Grazien; aber sie sind noch Kinder, kleine holdselige Kinder, die auf die Zukunft, wenn sie ihre Reize erst ganz entwickelt haben, die liebenswürdigsten Geschöpfe versprechen. Sie betrauren ihren Vater und ehren sein Andenken. Zwo der kleinen Göttinnen haben sich wehmüthig über seine offene Urne hingeworfen, die auf einer unvollendeten Säule steht. Unter ihnen beugt sich die dritte, am Fuße der Urne knieend, zu seinem medaillenförmigen Bildnisse nieder, das, in Lorbeerlaube angeknüpft, an der Säule herabhängt, und giebt ihm durch ihr Attribut, die Rose, seine letzte Zierde. Der Ausdruck des Schmerzes ist der Würde solcher Kinder gemäß, die über gemeine Kinder erhaben sind. Kein wilder Ausbruch der Thränen entstellt ihr Antlitz, und ihre Traurigkeit scheint ihre Reizungen zu erheben. – Das ganze Werk ist von vortrefflichem sächsischen Marmor, der dem von Paros völlig gleich ist, und das Säulenstück kanelirt; der Ring am Schaftgesimse hat, wie an der Säule des Antonin und Trajan zu Rom, die Gestalt eines Lorbeerkranzes, und dieses Stück von unverjüngter Dicke ruhet mit seinem Untersatze auf der Mitte einer viereckigten Stufe. An der dem Bildnisse entgegengesetzten Seite lieset man auf einer ihm an Größe, Form und Verzierung gleichen Tafel: Gellerts Andenken. Die Figuren sind etwas über Lebensgröße von Kindern; die drey Fuß und sechs Zoll hohe Urne ist, wie der Säulenstamm, drey Fuß und drey Zoll im Diameter; mit den Figuren ist die Urne fünf, das Säulenstück mit der Stufe acht, und also der ganze Bau dreyzehn Fuß hoch. – ***)
——————
*) Ein solches neulich gesetztes Monument befindet sich in dem Garten des adelichen Gutes Rastorf, zwo Meilen von Kiel, wovon Herr Magister und Prediger Mielck zu Preetz 1779 in 8 eine Beschreibung gegeben hat. – Es bedarf indessen wohl keiner Erinnerung, daß man hier keine Beschreibung der vornehmsten Denkmäler, sondern vielmehr nur einige wenige Beyspiele erwarten kann.
**) Gellerts Monument. 8. Leipzig 1774. woraus die folgende Beschreibung gezogen ist.
***) Siehe Tab. I.
148 Wir haben keine Westmünster-Abtey, wo die Asche der ersten Männer der Nation neben der Asche ihrer Könige ruht. Wir haben nicht einmal, wie Frankreich, eine Akademie, die den Genies vom höchsten Range eine Statüe zu bewirken weiß. Die Verdienste der Wissenschaften und Künste sehen noch unter uns keine Anstalt zu ihrer öffentlichen Verehrung; manche große Gelehrte und Dichter, deren Werke die benachbarten Nationen mit Bewunderung lesen, haben kaum einen Grabstein mit ihrem Namen. – Aber in unsern Gartenrevieren ist Raum und Macht, uns selbst zu ehren, indem wir zur Ehre unserer verdientesten Männer Denkmäler setzen. Welcher Fürst, welcher Große, oder welcher Privatmann will den Anfang machen? –
Haller, der uns zuerst die großen Schauspiele der Natur schilderte, die sein Vaterland enthält, verdient schon als Dichter eines der ersten Monumente in Scenen, die dem erhabenen Charakter seiner malerischen Poesie zustimmen. Ihm,
aus dessen ewigen Liedern
Der Aare Ufer uns duften und vor dem Angesicht prangen;
Der sich die Pfeiler des Himmels, die Alpen, die er besungen,
Zu Ehrensäulen gemacht; *)
ihm sey dieses Denkmal gewidmet, das auf einem hohen Felsen steht, in einer schweizer Landschaft mit Viehweiden und Dörfern, und den Alpen in der Ferne. **)
Ihm folge hier Hagedorn, der uns so oft zu den Freuden des Landlebens lockte, und dessen Lied rein und heiter dahin floß, wie der Quell, der sich unter seinem Denkmal hervorgießt, das in einem luftigen Wäldchen auf einer Wiese ruht. ***)
Hier ist ein Monument für einen andern Dichter, der uns die Schönheit der Natur besang, für einen Mann, der als Menschenfreund lebte, und als Held für das Vaterland fiel. †)
Wer setzt es unserm Kleist, dem Sänger des Frühlings? Ihm, der sich im Leben beglückter fühlte, als Achill und Hannibal; denn
Er sah auf blumigter Flur das Winken schattigter Erlen,
Den Schmuck des lachenden Hains, die weißen Birken voll Laub,
Den Thaldurchirrenden Bach. ††)
——————
*) Kleist im Frühling.
**) Siehe Tab. II.
***) Siehe Tab. III.
†) Siehe Tab. IV.
††) Eine Stelle des Dichters von sich selbst.
149 Traurend legt sich hier Herkules auf seine Urne, um welche diese Worte stehen:
Ihr Winde, wehet sanft! die heilge Asche ruht. *)
Ein kleiner Liebesgott bekränzt seine Leyer. Das Denkmal steht unter düster herabhangenden Bäumen, an einem etwas erhabenen Orte, wovon man die weite Landschaft übersieht.
Nicht weniger erhebe sich in unsern Gärten ein Monument für Hagedorn, den Bruder des Dichters, den scharfsinnigen Kunstgelehrten und den glücklichen Künstler, der die Schönheit der Natur und der Landschaftgemälde so gründlich zu entwickeln wußte. Er verstand das große Geheimniß, die Kunst in der Natur zu finden. Bald fühlte er, **) von Horaz und Chaulieu begleitet, das unschuldige Vergnügen des Landlebens, bald betrachtete er mit mehrerer Rücksicht auf den liebenswürdigen Schöpfer, mit den angenehmen Beschreibungen eines Thomsons und Sulzers, die Schönheit der Natur, und fand sie darauf zu Hause in den Gemälden des Swanevelts und Thomans wieder. In seinen Betrachtungen durchwandert der Kenner mit Vergnügen die Mannigfaltigkeit der Scenen, die uns in der Natur entzücken, und der reizenden Nachbildungen, die uns die Landschaftmaler davon darstellten. Sein Denkmal steht hier vor einem düstern Walde auf einem freyen Platze, wovon man eine große Landschaft und in der Ferne Dresden erblickt.
***)
Doch dürfen wir mit Monumenten für unsere verdienten Männer nicht immer erst warten, bis wir sie beweinen; wir können sie ihnen, wenn ihr Ruhm entschieden ist, schon bey ihrem Leben widmen. Denkmäler für das noch lebende Verdienst haben außerdem noch eine Heiterkeit, die den Trauermonumenten abgeht, und sind dadurch den Bewegungen eines anmuthigen Gartens vorzüglich angemessen. Keine Idee kann wohl natürlicher seyn, als dem größten Idyllendichter der neuern Zeit, der uns mit so vieler Einfalt und Naivität die Unschuld und süßen Freuden des arkadischen Weltalters empfinden lehrte, der die kunstlosen Reize der Natur nicht blos in seinen Gedichten, sondern auch durch seine Radiernadel vor uns hinzuzaubern wußte, unserm Geßner, ein Monument zu weihen. Hier ist ein Entwurf dazu, der eine Ausführung erwartet. ****)
——————
*) Worte des Dichters.
**) S. seine Betrachtungen über die Malerey. 8. 2 Th. Leipzig 1762. S. 5.
***) Siehe Tab. V.
****) Siehe Tab. VI.
150 Das Denkmal ist in einer Felsenhöhle an einem Bache errichtet. Einige wenige Bäume stehen davor, Epheu schlingt sich um sie herum, und an den Felsen wächst die Weinrebe empor. Die Hirtenmuse an einem Altar, auf welchem eine Flöte und eine Radiernadel mit Blumen umwunden liegt, lehrt einen Genius die Empfindungen der reinen Liebe, indem sie auf die vor ihm sitzenden Tauben zeigt; ein Satyr und ein junger Faun hören aufmerksam zu. –
Trauerdenkmäler sind ein Eigenthum der melancholischen Scene; außerdem finden sie in Gärten bey Klöstern und Begräbnißplätzen eine schickliche Anwendung. Wenn es die Absicht des Gartenkünstlers fordert, den Schauer einer solchen Scene zu verstärken; so können Monumente dieser Art in einer dunkeln Felshöhle, die selbst in besondern Fällen zu Begräbnißörtern dienen kann, mit einer guten Wirkung errichtet werden.
151 4.
Man wird leicht empfinden, wie viel alle die bisher angeführten Werke der Kunst und der Nachahmung in Gärten, wenn sie in den ihnen angemessenen Plätzen mit Ueberlegung, Geschmack, und besonders einer weisen Sparsamkeit angebracht werden, nicht allein zur Verstärkung der Wirkungen der Naturscenen, sondern auch zur Hervorbringung neuer Bewegungen beytragen können. Die nöthigste Vorsichtigkeit aber bey ihrer Anwendung bestehet darinn, daß man sie nie zu Hauptwerken in den Gärten mache, sondern sie allemal den Naturrevieren unterordne, daß man sie nie ohne Unterschied zusammenhäufe, und daß man nie ein einzelnes Werk zugleich mit allen Nebenumständen, die sich bey der Gattung zufällig befinden können, erscheinen lasse. Selbst die anständigsten und schätzbarsten Werke der Kunst können zuweilen in besondern Fällen ganz verwerflich werden; und was einen Garten von einem gewissen Charakter ziert, kann für einen andern Verunstaltung seyn. Nirgends findet der Gartenkünstler mehr, selbst zu sehen, selbst zu beurtheilen, zu vergleichen, auszuwählen, oder zu verwerfen, als wo es auf den Gebrauch der Werke der Kunst ankommt.
Auch bedarf es wohl keines Beweises, wie weit die angezeigten Gegenstände der Kunst und der Nachahmung, die wichtige Vorstellungen und Empfindungen zu erwecken Kraft haben, über die leeren und kleinen Verzierungen erhaben sind, die der alten Manier eigen waren. Unter allen schönen Künsten vertragen die Gärten, ihrer Natur nach, am wenigsten künstliche Verzierungen, und doch sind sie gerade die, welche der vormals herrschende Geschmack damit am meisten gemißhandelt hat. Es ist fast kein Spielwerk des kleinen Witzes, kein Auswurf eines phantastischen Kopfs, den man nicht in die Gärten aufgenommen, und als wenn er da recht an seiner Stelle wäre, hartnäckig zu beschützen gesucht hätte. Die Natur hat oft diesen Tyranneyen so sehr weichen müssen, daß kaum eine Spur von ihr übrig blieb. Einige Spielwerke vom kleinen Kram waren so abgeschmackt, daß der verständige Mann davon sein Auge mit Verdruß wegwenden mußte, daß sie höchstens nur eine Belustigung für Kinder abgeben konnten. Dahin gehören z. B. die Parterre von bunt gefärbten Steinchen, Porzellanstücken, Glasscheiben, Marmortäfelchen, Muscheln, woraus man auf dem Sandboden allerley Figuren zusammensetzte; das Pflaster der Gänge mit schwarzen und weißen Kieseln, die Bildungen von Laubwerk oder Thieren vorstellen sollten; die Vexierwasser; die Maschinen, welche den Schall der Posaunen, oder den Knall der Raketen nachahmten; die Wasserorgeln und andere künstliche Possen mehr. Man kann nicht behaupten, daß dieser Geschmack jetzt überall verdrängt ist. Noch jetzt 152 sehen wir in Deutschland, in so manchen Gärten der Fürsten, eine Menge von leeren Vasen aufgestellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt sind besonders die Gärten Italiens mit phantastischen Spielwerken und seltsamen Spitzfindigkeiten angefüllt. Hier sind nur einige Beyspiele dieser Art aus dem berühmten Garten des großherzoglichen Lustschlosses Pratolino bey Florenz, *) einem Garten, wovon die Italiäner mit Entzücken reden. Man lese und urtheile selbst.
Ohne des Riesen zu gedenken, in dessen Bauch sich eine Grotte befindet, noch des Jupiters, dessen glänzender Donnerkeil Wasser spritzt, verweilen wir zuerst bey den Künsten der langen Grotten, an der Seite des Schlosses. Eine davon, mit dem Namen Galatea bezeichnet, hat in der Mitte ein sogenanntes Meer von hellem Wasser, aus welchem sich Felsen erheben, die mit Corallen und Meerschnecken bedeckt sind. Unvermuthet erscheint ein Triton, der auf einer Seemuschel bläset. Sogleich eröffnet sich ein Fels, und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muschel sitzend, von zween Delphinen gezogen, die aus ihren Rachen Wasser ausspeyen. Zwo andere Muscheln, aus deren Mitte hohe Wasserstrahlen hervorspritzen, begleiten sie auf beyden Seiten bis ans Ufer. In einer andern Grotte siehet man auf großen Wasserschalen zwo erzene Harpyen, die Wasser ausspeyen, noch zwo andere, die mit mosaischer Arbeit bekleidet sind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Wasser umgedrehet wird; zu seinen Füßen sind in einem kleinen Teiche Enten, die sich ins Wasser tauchen und trinken. Eine andere Grotte stellt eine Badstube vor, die ringsum mit Spiegeln bedeckt ist. Indeß man sich auf allen Seiten erblickt, weicht der Boden unter den Füßen, und man wird ganz naß. Fast in allen Grotten sind betriegerische Sitze an den Wänden angebracht; setzt man sich nieder, so spritzt ein Wasserstrahl unter den Füßen gerade empor. Weiter sieht man in den Grotten Schäfer mit ihren Heerden, Wassermühlen im vollen Gange, kleine Bildsäulen, die hin und her gehen, singende Vögel, ein Frauenzimmer, das, mit einem Eimer in der Hand, aus einer sich öffnenden Thür hervorkommt, und unter dem Schall eines Dudelsacks, den ein naher Hirte bläst, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo sie Wasser schöpft, worauf sie ihren Weg zurückkehrt. Man nennt diese Dame Samaritana. Diesem Kunststücke gegenüber ist eine Festung, die von einer großen Menge Soldaten von außen bestürmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und Flinten spritzen Wasser aus. Man hört die Trommel schlagen und ein gewaltiges Geräusch, alles wird durchs Wasser in diese Bewegung gesetzt. – Unter der Treppe, wo man in den Garten von Seiten des Schlosses hinabsteigt, steht in einer Grotte die
——————
*) Aus Jagemanns Briefen über Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.
153 Bildsäule der Fama mit einer vergoldeten Posaune, ein trinkender Drache, ein Bauer, der eine Schale darreicht. Wenn das Wasser zu spielen anfängt, so bläst die Fama die Posaune, und schwingt die Flügel; die Schale wird mit Wasser angefüllt, der Bauer reicht sie dar, und die Schlange taucht ihren Kopf hinein und trinkt. In einer der Fama gegenüberstehenden Grotte sitzt Pan, der durch die Bewegung des Wassers aufsteht, auf der Flöte bläst, den Kopf bewegt, und sich wieder niedersetzt. Orgeln, Stockuhren, Glockenspiele, alles vom Wasser getrieben, Bildsäulen, die sich unvermuthet umdrehen und den Zuschauer bespritzen, Theater, in deren Mitte sich Wasserbecken erheben, und ähnliche Erfindungen in diesem Geschmack wechseln in diesem Garten zur Verschwendung ab. – Nach diesen kleinen Künsten von seltsamen Wasserspielen erhole man sich wieder an der edlen Naturscene in dieser Vorstellung.

154 III.
Inschriften.
1.
Inschriften (Aufschriften) machen Zusätze bey Gebäuden oder Denkmälern aus, die ihren Ursprung oder ihre Bestimmung erklären. Sie dienen demnach, die Ungewißheit der Bedeutung aufzuheben, und die Wißbegierde, die bey der Annäherung gereizt wird, auf einmal zu befriedigen.
Ihre wesentlichen Eigenschaften sind, daß sie kurz und deutlich, dem Gegenstande angemessen, und aus seiner Natur und Bestimmung von selbst entsprungen zu seyn scheinen müssen. Man kann sich kurzer Sätze in Prose, oder noch besser kurzer Verse, die sich leichter dem Gedächtniß einprägen, bedienen. Die Ausdrücke müssen kurz, stark und ungeschmückt seyn. Nichts empfiehlt sich mehr zu Inschriften, als Einfalt und Nachdruck.
Einige Werke der Baukunst, Säulen und andere Monumente würden oft ohne eine Aufschrift unverständlich seyn. Allein hier, wo die Nothwendigkeit sie zuerst eingeführt hat und noch oft erfordert, müssen sie auch am meisten sich der Kürze befleißigen; zuweilen sind einige Worte oder ein paar Verse schon hinreichend, die Bestimmung des Gegenstandes, worauf sie sich geschrieben oder eingegraben befinden, deutlich zu machen.
Ein Gebäude oder ein Denkmal verträgt nicht mehr, als Eine Inschrift, weil seine Bestimmung nur einfach ist, und zu ihrer Andeutung schon Eine zureicht. Das Werk ist nicht für die Aufschrift, sondern die Aufschrift für das Werk da; und mehrere Inschriften an einem Denkmal, so schön auch jede seyn mag, geben eine üppige Verzierung, die mehr zur Verwirrung, als zur Deutlichkeit wirkt.
Indessen können zuweilen, auch außer Gebäuden und Monumenten, Inschriften hin und wieder in einem Garten an Ruhesitzen, an Bänken, an Portalen u. s. w. hingestreut werden. Sie hören alsdann auf, nothwendige Erklärungen zu seyn, und entfernen sich also etwas von ihrer ersten Bestimmung. Sie können in diesem Fall, da sie keine Bezeichnung mehr abgeben, schon etwas länger oder ausführlicher seyn; doch dürfen sie weder in weitläuftige Beschreibungen, noch in trockene Erzählungen, zwey sehr gewöhnliche Fehler, ausarten. Sie können bald auf die besondern Schönheiten der Scenen hinwinken, bald eine nützliche Lehre ins Gedächtniß zurückrufen, oder eine Empfindung ausdrücken, die dem eigenthümlichen Charakter des Ortes angemessen und durch ihn selbst veranlaßt ist. Sie dürfen daher nicht mühsam gesucht 155 scheinen, noch sich im Ganzen durch eine Vermischung der Zeiten und Sprachen, woraus sie entlehnt sind, widersprechen. Vornehmlich müssen sie, wenn sie moralisch sind, einen wichtigen Gedanken oder eine wahre und edle Empfindung ausdrücken; wenn sie auf den Charakter des Auftritts weisen, treffend und stark seyn.
Wenn die Inschriften glücklich erfunden und an ihren Plätzen schicklich angebracht sind, so beweisen sie immer eine gute Wirkung. Sie sind freylich entbehrlich, indem die Eindrücke eines Gartens sehr schwach seyn müßten, wenn sie erst einer solchen Unterstützung bedürftig wären. Allein sie halten doch oft den flüchtigen Lustwandler an; sie reizen das Nachdenken zu einer Zeit, da man sich blos den sinnlichen Bewegungen überläßt, sie unterhalten in der Einsamkeit, beleben die Einbildungskraft, wecken die Empfindlichkeit, oder streuen nützliche Erinnerungen über den Pfad des Vergnügens oder über den Sitz der Ruhe aus; und fast immer sind sie doch wichtig als Veranlassung zu einer Folge von Ideen und Empfindungen, welchen sich die Seele vielleicht ohne sie nicht so leicht überlassen hätte.
Zum klugen Gebrauch der Inschriften gehört, daß sie überhaupt in einem Garten nur überaus sparsam angebracht werden. Nicht jede Scene verlangt so wenig, als jedes Gebäude, eine Inschrift; und wenn sich ihre Zahl zu sehr vermehrt, so verlieren sie zuletzt ihre Wirkung, weil sich die Aufmerksamkeit auf sie vermindert. Es ist angenehm, an diesem oder jenem Orte eine hingestreute Inschrift zu finden; aber es wird beschwerlich, wenn sich eine Menge dem Auge zudrängt. Ein Gartenkünstler, der überall, wo man ruhen will, zum Lesen auffordert, der jede Bank, jedes Bret mit einer Inschrift bekleckt, ist eben so unerträglich, als ein dreister Schwätzer, der uns seine Einfälle oder seine Belesenheit unaufhörlich aufdringen will.
Man kann Inschriften aus verschiedenen Quellen, besonders aus den Dichtern des Alterthums oder seiner Nation, oder aus eigener Erfindungskraft schöpfen. Es ist bekannt, wie vortrefflich sich die Sprache der Alten zu Inschriften schickt, und wie oft ihre Schätze in dieser Absicht genutzt sind. Indessen sollten doch, in den meisten Fällen, die Inschriften in der bekannten Sprache des Landes abgefaßt seyn, weil in einer alten oder ausländischen Sprache ihre Wirkung für den größern Haufen verloren geht. Es ist sonderbar, wenn man in einem Garten ein Gemenge von lateinischen, englischen, französischen und deutschen Aufschriften zusammenwirft. Der vernünftige Britte schreibt sie in seiner Sprache, wenn er nicht aus Roms Dichtern schöpft. Nur der Deutsche kann seine eigene Sprache, seine eigene Dichter übersehen; und scheint mit sich zufriedener, wenn er engländische oder französische Inschriften ausstellt.
156 2.
Weil Beyspiele sowohl unterrichten, als auch unterhalten, so wollen wir hier zuvörderst einige lateinische Inschriften sehen, die sich in verschiedenen brittischen Parks befinden, und wovon die meisten bekannte Stellen aus römischen Dichtern sind.
Die Inschriften in den Leasowes oder Hirtenfeldern sind schon lange, sowohl der Schönheit ihrer Poesie, als der glücklichen Anwendung wegen, geschätzt, die das Genie des vortrefflichen Schenstone von ihnen zu machen wußte, obgleich darunter einige in engländischer Sprache zu weitläuftig sind. Auf einer Urne, die er dem Andenken einer jungen Verwandtinn weihete, steht diese rührende Inschrift:
Peramabili suae consobrinae,
M. D.
Ah Maria!
puellarum elegantissima.
Ah flore venustatis abrepta!
Vale!
Heu quanto minus est
cum reliquis versari,
quam Tui
meminisse.
In einem einsamen und waldigten Thale, wo sich eine schöne Cascade zeigt, findet man im Rücken einer Bank diese Stelle:
– – lucis habitamus opacis
Riparumque toros et prata recentia rivis
Incolimus. –
An einem Orte, wo man ein schönes Thal ganz übersieht:
Huc ades, o Meliboee! caper tibi salvus et hoedi,
Et si quid cessare potes, requiesce sub umbra.
Indem man durch ein ländliches Thal, unter dem Schatten dicker Birken, zu einem finstern Winkel hinaufkommt, trifft man an einer Bank diese Worte an:
– – me gelidum nemus
Nympharumque leves cum Satyris chori
Secernunt populo.
157 In einem verborgenen Aufenthalt, der angenehme Schatten, große Bäume und klares Wasser hat, wo das Ohr durch das Säuseln eines benachbarten Hains und das entfernte Geräusch eines fallenden Bachs gereizt wird, findet man diese zärtliche Einladung:
Nerine Galatea! thymo mihi dulcior Hyblae,
Candidior cygnis, hedera formosior alba!
Cum primum pasti repetent praesepia tauri,
Si qua Tui Corydonis habet te cura, venito.
In einer andern Gegend kommt man an einen reizenden Sitz, unter Schatten auf einem Felsen, wo man aus der Finsterniß einen angenehmen Prospect über die abwechselnde Landschaft hat; man sieht auf die Leasowes, auf das Wohnhaus, auf die mit Wald umgebenen Rasen und auf schimmerndes Wasser hinab; die Hauptzierde dieser Aussicht ist Grange, ein Landsitz zwischen Pflanzungen. An diesem Sitze lieset man:
– – Hic latis otia fundis
Speluncae, vivique lacus, hic frigida Tempe,
Mugitusque boum, mollesque sub arbore somni.
An einem Tempel des Pan, der mit einer Schalmey und der siebenröhrigten Pfeife der Alten geziert ist:
Pan primus calamos cera conjungere plures
Edocuit; Pan curat oves, oviumque magistros.
Bey einem Sitz, der Thomsons Andenken gewidmet ist:
Quae tibi, quae tali reddam pro carmine dona?
Nam neque me tantum venientis sibilus austri,
Nec percussa juvant fluctu tam littora, nec quae
Saxosas inter decurrunt flumina valles.
Auch der berühmte Park zu Hagley hat einige aus den römischen Dichtern glücklich entlehnte Inschriften, wovon diese zum Beyspiel dienen mögen.
In einem einsamen Eichenwald lieset man, bey einem rauschenden Bach, diese philosophische Lehre des Dichters:
Inter cuncta leges et percunctabere doctos,
Qua ratione queas traducere leniter aevum,
Quid minuat curas, quid te tibi reddat amicum,
158 Quid pure tranquillet, honos an dulce lucellum,
An secretum iter, et fallentis semita vitae.
In einer anmuthigen Vertiefung, die gleichsam mit Bäumen gewölbt ist, geht man dicht bey einer Quelle vorbey, die zwischen Steinen hervordringt und in den Fluß fällt; etwas weiter hin rieselt ein Bach mit angenehmem Geräusch über Felsen fort, vereinigt sich mit dem Flusse, gewinnt noch einen Fall und verliert sich ins Gebüsche. Hier lieset man:
Hic gelidi fontes, hic mollia prata Lycori,
Hic nemus, hic ipso tecum consumere in aevo.
Ein Sitz von Moos in einem Hain ist mit hohen, weit ausgebreiteten Bäumen überwölbt. Die Bänke haben im Rücken Gebüsche, Epheu und Moos. Gegenüber hat man einen zwischen Epheu senkrecht hinabstürzenden Wafserfall, der unten über Steine wegrauscht, und sich in das Gesträuch verliert. Dieser schöne Sitz hat die Ueberschrift:
– – Ego laudo ruris amoeni
Rivos et mosco circumlita saxa nemusque.
An einem andern Orte hat man den Anblick einer schönen Cascade vor sich, die durch einen Felsen in zween Absätze getheilt wird, und in einen Strom fällt, worüber eine Brücke geschlagen ist. Höher hinauf ist eine wilde Gegend, weiter hin eine offene Wildbahn, und zuletzt ein grüner Hügel, worauf ein runder Tempel steht. Alle diese Gegenstände sieht man durch einen dicken Wald, welcher der ganzen Scene ein feyerliches finsteres Ansehen giebt. Hier lieset man die überaus anpassende Inschrift:
Viridantia Tempe,
Tempe, quae silvae cingunt superimpendentes.
Weiter hin umgiebt eine Bank die Hälfte einer ehrwürdigen Eiche, die in einem tiefen einsamen Thale steht. Es ist mit allerley Bäumen, Eichen, Buchen, Eschen, durch einander angefüllt; einige sind sehr alt, und ihre nackenden Wurzeln ganz in einander gewachsen; andere hoch, schmal und gerade; zwischen ihnen schlängeln sich Bäche in steilen Gängen fort. Das Geräusch derselben, das Girren der Holztauben, welches sich mit den durchdringenden Tönen der kleinen Vögel vermischet, die feyerliche Einsamkeit und Dunkelheit des Platzes, machen einen so angenehmen Eindruck auf das Gemüth, daß es alle Sorgen vergißt, und sich der Ruhe und dem Vergnügen überläßt. Die Bank führt diese Inschrift:
159 Libet jacere modo sub antiqua ilice,
Modo in tenaci gramine;
Labuntur altis interim rivis aquae,
Queruntur in silvis aves.
Fontesque lymphis obstrepunt manantibus,
Somnos quod invitet leves.
Der Tempel der Venus zu Stowe ist mit dieser Inschrift aus dem Catull geziert:
Nunc amet, qui nondum amavit;
Quique amavit, nunc amet.
Eine Menge von ähnlichen glücklichen Aufschriften, aus den alten Dichtern entlehnt, trifft man in andern Parks von England an.
3.
Allein deutsche Inschriften sind für deutsche Gärten doch vorzüglich zu empfehlen, zumal wenn sie nicht eben bey Gebäuden und Monumenten, denen oft lateinische besser zu stehen scheinen, angebracht, sondern nur an Sitzen, Portalen, oder anderswo zur angenehmen Beschäftigung des Geistes oder des Herzens hingestreuet werden. Wer sie nicht aus sich selbst zu schöpfen weiß, der kann seine Zuflucht zu unsern besten Dichtern nehmen, bey welchen hin und wieder Stellen vorkommen, die sich mit Glück als Inschriften gebrauchen ließen. Hier sind einige Beyspiele davon, die man leicht mit ähnlichen vermehren kann, und deren Anführung an diesem Ort eine Veranlassung zur Aufmerksamkeit auf unsere eigene Schätze seyn mag. Es gehört nur eine sehr mäßige Beurtheilung dazu, um einzusehen, bey welchen Scenen und Plätzen sie eine Anwendung finden könnten.
* *
Das Vergnügen folget nur
Sanften Trieben der Natur.
Stille Lauben sind sein Haus,
Seine Pracht ein frischer Strauß;
Einfalt und Gemächlichkeit
Sein gewöhnliches Geleit.
O! wie schön ist alles hier!
Dorimene komm zu mir
In der Laube Schatten;
Wo die Geißblattranken blühn,
Und mit duftendem Jasmin
Sich begatten.
160 * *
Immer rinnet diese Quelle,
Niemals plaudert ihre Welle.
Komm, Wandrer, hier zu ruhn!
Komm, lern an dieser Quelle
Stillschweigend Gutes thun!
* *
Weil ich nicht prächtig schmausen kann,
Sollt' ich nicht fröhlich schmausen können?
Will Flora für mein Haar mir holde Rosen gönnen,
Was geht der Fürsten Pracht mich an?
* *
Wie sanft, wie ruhig fühl ich hier
Des Lebens Glück, nicht seine Sorgen!
Und sonder Ahndung leuchtet mir
Willkommen jeder Morgen.
* *
Hier seh ich, was ich nimmer sahe,
Die Hölle fern, den Himmel nahe,
Hier trotz ich ihr, hier preiß ich ihn;
Hier, wo wir nur in Hütten wohnen,
Seh ich nicht Perlen und nicht Kronen,
Doch seh ich Veilchen und Jasmin.
* *
Um Reichthum thu ich keine Bitte,
Wenn auf mein Land und meine Hütte
Nur Regen trieft und Sonne scheint;
Was nöthig ist, hab ich zum Leben,
Will mir der Himmel mehr noch geben,
So geb er mir noch einen Freund.
* *
Laß andre nur nach Reichthum streben,
Ihn nimmt und giebt der Zufall nur;
Mir ist ein Baum und Bach gegeben,
Und diese gab mir die Natur.
Laß andre weit und prächtig wohnen,
Ich habe doch noch größern Raum;
Sie liegen auf erhabnen Thronen,
Ich unter einem hohen Baum!
* *
Mich entzücket der Wald, mich der entblühte Baum,
Mich der tanzende Wiesenquell,
Mich der Morgengesang oder das Abendlied
Meiner Freundinn, der Nachtigall.
* *
Wann der bethaute Morgen lacht,
Wann von den Fittigen der Nacht
Die Stunden kühler sind;
Spricht mir die Weisheit liebreich zu;
O! Sterblicher, was sorgest du,
Und wünschest in den Wind?
Der dich gemacht, sorgt auch für dich!
Nicht auf die Erde schränket sich
Der Plan des Himmels ein.
Dieß Leben ist ein Augenblick,
Ein Frühlingstraum das längste Glück;
Du sollst unsterblich seyn!
* *
O! Wald, o! Schatten grüner Gänge!
Geliebte Flur voll Frühlingspracht!
161 Mich hat vom städtischen Gedränge
Mein günstig Glück zu euch gebracht;
Wo ich, nach unruhvollen Stunden,
Die Ruhe, die dem Weisen lacht,
Im Schooße der Natur gefunden.
* *
Die Anmuth prächtiger Natur
Vergnügt mich auf beblumter Flur,
Auf Hügeln und im dunkeln Haine.
Ich jauchz' an stiller Musen Brust
So fröhlich, als bey Cyperns Weine;
Ja, wenn ich Thoren einsam scheine,
Vertraut sich mir die reinste Lust.
* *
Du hast mit Schönheit, die entzückt,
Das Antlitz der Natur geschmückt,
O! aller Schönheit reiche Quelle!
Dir geht kein Wesen vor!
Die reinste Liebe schwelle
Mein ganzes Herz zu dir empor!
* *
Die gütige Natur verlangt nicht unsre Plage.
O! ruhten wir an ihrer Brust,
Und ließen ihr die Wahl der bessern Lust,
Wie heiter flössen unsre Tage!
Die Freude, welche sie mit milder Hand bereitet,
Reizt ungekauft, ermüdet nicht,
Ist ruhig, rein, sanft wie das Morgenlicht,
Das über frische Rosen gleitet.
* *
O! wie beglückt ist der, den nie sein Herz verdammt,
Und den kein leerer Stolz, kein Durst nach Gold entflammt!
Der, wenn die ganze Welt in Lastern um ihn brennet,
Sich kalt erhält, nach keinen Würden rennet;
Und, fern vom Lärm der Falschheitsvollen Stadt,
Frey unter Linden ruht, die er gepflanzet hat!
* *
Noch rinnt und rauscht die Wiesenquelle,
Noch ist die Laube kühl und grün;
Noch scheint der liebe Mond so helle,
Wie er durch Adams Bäume schien –
O! wunderschön ist Gottes Erde,
Und werth, darauf vergnügt zu seyn!
Drum will ich, bis ich Asche werde,
Mich dieser schönen Erde freun.
162 * *
Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht
Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht,
Das den großen Gedanken
Deiner Schöpfung noch einmal denkt.
* *
Die grüne Nacht belaubter Bäume
Lockt uns in anmuthsvolle Träume,
Worinn der Geist sich selber wiegt;
Er zieht die schweifenden Gedanken
In angenehm verengte Schranken,
Und lebt mit sich allein vergnügt.
* *
Freund, lege deinen Unmuth ab,
Der macht sich aus der Welt ein Grab,
Der ihre Lust nicht will genießen;
Wär unser Herz von Ekel leer,
So würde bald ein Wollustmeer
Von jedem Hügel in uns fließen.
* *
O! Land, der Tugend Sitz, wo zwischen Trift und Auen
Uns weder Stolz noch Neid der Sonne Licht verbauen;
Und Freude Raum erblickt; wo Ehrgeiz und Betrug
Sich nicht dem Strohdach naht, noch Gift dem irdnen Krug;
Wo Redlichkeit ein Ruhm, und Treu ein Erbtheil ist,
Wie in Arcadien!
* *
Wunderseliger Mann, welcher der Stadt entfloh!
Jedes Säuseln des Baums, jedes Geräusch des Bachs,
Jeder blinkende Kiesel
Predigt Tugend und Weisheit ihm.
Jedes Schattengesträuch ist ihm ein heiliger
Tempel, wo ihm sein Gott näher vorüberwallt;
Jeder Rasen ein Altar,
Wo er vor dem Erhabenen kniet.
* *
Nur der ist ein Liebling des Himmels, der, fern vom Geräusche der Thoren,
Am Bache schlummert, erwachet und singt. Ihm malet die Sonne
Den Ost mit Purpur, ihm haucht die Wiese, die Nachtigall singt ihm;
Ihm folget die Reue nicht nach, nicht durch die wallenden Saaten,
Nicht unter die Heerden im Thal, nicht an sein Traubengeländer.
Mit Arbeit würzt er die Kost, sein Blut ist leicht, wie der Aether;
Sein Schlaf verfliegt mit der Dämmrung, ein Morgenlüftchen verweht ihn.
163 * *
Wir wollen unser Lebenlang
Uns sanften Freuden weihen!
Der Wiese Duft, der Waldgesang
Soll immer uns erfreuen!
Uns grünen Saaten, Trift und Hain,
Uns rauschen Wasserfälle;
Uns malt des Himmels Widerschein
Roth, weiß und blau die Quelle.
Aus Blumenkelchen lächelt uns
Der süße Blick der Freude;
Wir sehen ihn, und freuen uns,
Wie Lämmer auf der Weide.
Es danket unser frohe Blick
Dem Gott, der uns ins Leben
Gerufen, und so manches Glück
Aus Vaterhuld gegeben.
* *
Des Mondes silbern Bild
Ist ruhig, lieblich, mild;
Er lächelt jedem Ruh
Und süße Stille zu.
Die Weisheit gleichet ihm,
Nie wild und ungestüm,
Die jedem, der sie liebt,
Auch gleiche Sanftmuth giebt.
* *
Wie Gottes Sonne sich zum Untergange neigt,
So neige sich dereinst mein Leben!
Mein Gang durch diese Welt ist blumicht, still und eben;
O! möchte Gott es geben,
Daß sich am Ziel kein rauher Abweg zeigt!
* *
Gern senket sich mit schweigendem Gefieder
Der Schlaf zur stillen Hütte nieder;
Er liebt ein schattigt Thal, wo Zephyr lauscht,
Und sanft die Silberquelle rauscht.
* *
Froh ist mein Abend, froh mein Morgen!
Der Fürsten schwere Sorgen
Und Tyranney,
Die Hoffart mit dem dürren Neide,
Des Lasters wilde Freude,
Gehn fern von mir vorbey.
* *
Komm in die kühle Nacht der Sommerlaube,
Wo lieblicher Jasmin bey Rosen blüht,
Und feuriger der Saft der rheinschen Traube
Im Deckelglase glüht!
164 Manch Rosenblättchen schwimmt herabgerissen
Im edlen Wein, und ruft uns warnend zu;
Eil, Jüngling, deine Tage zu genießen!
Denn sterblich bist auch du.
* *
Still ist diese Gegend; Ruhe wohnet
Ringsumher; der Liebe Göttinn thronet
Hier am liebsten. Eine Schäferinn,
Die an Liebreiz nicht der Göttinn weichet,
Daphne mit den blauen Augen schleichet
Oft in diese stille Schatten hin.
Und der Friede wallt auf allen Wegen
Der geliebten Schäferinn entgegen,
Unschuld folget ihren Schritten nach;
Zephyr haucht durchs junge Laub gelinder,
Laute Wassergüsse rauschen minder,
Und das Lied der Nachtigall wird wach.
* *
An Phillis.
Erkenne dich im Bilde
Von dieser Flur:
Sey stets, wie dies Gefilde,
Schön durch Natur!
Erwünschter, als der Morgen,
Hold, wie sein Strahl;
So frey von Stolz und Sorgen,
Wie dieses Thal!
* *
Ich will mich stets, bey jeder kleinen Gabe,
Die mir der Himmel giebt, erfreun;
Ich will den Weg, den ich zu laufen habe,
Mit Blumen mir bestreun.
* *
Sollt' ich mich nicht des Lebens freun?
Ich athme hier im Klee
Der Kräuter Süßigkeiten ein,
Bevor ich sie noch seh.
* *
Euch Thäler, und euch Höhen,
Die jetzt der Sommer schmückt,
In stiller Ruh zu sehen,
Ist, was mein Herz entzückt.
Schön seyd ihr, Wald und Weiden!
Und du bethaute Flur!
Wie groß sind deine Freuden,
O! reizende Natur!
* *
Willst du frey und lustig gehen,
Durch dieß Weltgetümmel;
Mußt du auf die Vögel sehn
Wohnend unterm Himmel;
165 Jedes hüpft, und singt, und heckt
Ohne Gram und Sorgen,
Schläft, vom grünen Zweig bedeckt,
Sicher bis zum Morgen.
Keines bebt im Sonnenstrahl
Vor den fernen Stürmen;
Kömmt ein Sturm, so wirds im Thal
Baum und Fels beschirmen.
Täglich bringt es seinen Dank
Gott für jede Gabe,
Flattert einstens mit Gesang
Still und leicht zu Grabe.
* *
Geliebtes Land, dein aufgeklärter Him- mel,
Der sanft und rein um stille Fluren fließt,
Empfange mich vom Lärm und vom Getümmel
Der weiten Stadt, wo Unmuth mich umschließt!
* *
Rund herum ist Freude,
Freude dort am Hügel,
Und im Thale Freude,
Freude in Gebüschen,
Freude auf den Bäumen,
Alles lebt und fühlet;
O! wie schön, o! wie schön
Ist der May!
* *
Hier, Freund, verstummt der letzte Laut
Vom tollen, städtischen Getümmel;
Wohin dein Fuß sich lenkt, wohin dein Auge schaut,
Liegt schönre Bahn vor dir, glänzt dir ein heitrer Himmel.
Die reine Luft, die deinem Kinn
Liebkosend hier entgegen schwebet,
Wie still ist sie! Kein Laut von Unsinn ist darinn,
Kein Dampf, der auf dem Haupt gedrängter Städte schwebet.
* *
Wann von der Flur die satten Heerden ziehen,
Und keines Schäfers Rohr im Thale mehr erklingt,
Und nun im Hain dein Lied, in sanften Melodien,
Den Tag hinab zur Ruhe singt;
Und eine Schaar bewundernder Gespielen,
Von deiner Kunst entzückt, auf nahen Aesten lauscht;
166
Wann alles schweigt, und selbst das Laub, dein Lied zu fühlen,
In jedem Wipfel leiser rauscht;
Wann sie dann kommt, die meine Seele liebet,
Wann sie dann kommt und auch auf deine Lieder hört,
Bey jedem Wechsellaut dir frohen Beyfall giebet,
Mit Lächeln jeden Schlag beehrt:
Dann, Nachtigall, o! dann laß deine Töne
Entzückender, als sonst, und wollustvoller seyn.
Es flöße dein Gesang der muntern Dorimene
Die angenehmste Schwermuth ein!
* *
Einwohnerinn in diesen Sträuchen,
An diesem kühlen Wasserfall,
Du mußt noch nicht von dannen weichen,
Du kleine, süße Nachtigall.
Bald kommt Philinde aus der Ferne:
Wie süß die singet, singst du nicht.
Lern von ihr singen; von dir lerne
Sie lieben; denn dieß kann sie nicht.
* *
Ja! alles, was ich seh, sind Gaben vom Geschicke,
Die Welt ist selbst gemacht zu ihrer Bürger Glücke
;
Ein allgemeines Wohl beseelet die Natur,
Und alles trägt des höchsten Gutes Spur.
* *
O! selig, wer in Ruh, mit selbst gezognen Stieren,
Den angestorbnen Grund von eignen Aeckern pflügt,
Wen reine Wolle deckt, belaubte Kränze zieren,
Und ungewürzte Speis aus süßer Milch vergnügt;
Wer sich bey Zephyrs Hauch, an kühlen Wasserfällen,
Zum unbesorgten Schlaf auf weiche Rasen streckt;
Wen nie in hoher See das Brausen wilder Wellen,
Noch der Trompeten Schall in bangen Zelten weckt;
Wer seinen Zustand liebt, und niemals wünscht zu bessern,
Gewiß! der Himmel kann sein Glücke nicht vergrössern.
* *
Gott zeigt in seiner Schöpfung Werke
Sich über unserm Haupt, sich auf der Erde groß;
167 Er gab der Sonne Glut, den Elephanten Stärke,
Den Blumen Duft, und Sammt dem Moos.
* *
Was nützt die Rose, wenn man sie nicht bricht?
Man geht unfühlend vorbey,
Fragt nicht, wie schön sie sey;
Sie stirbt, der Jüngling beklaget sie nicht!
* *
O! Chloe, in dem Schatten hier
Genieß mit mir dein Leben!
Die Götter können dir und mir
Kein größer Glücke geben.
Der Baum, der uns jetzt Schatten giebt,
Wird bald den Lenz betrauern;
Doch soll auch unsre Zärtlichkeit
Des Lebens Winter dauern.
Was brauchen wir des Glückes Gunst
Mit seinen Gütern allen?
Die Liebe lehrt uns ja die Kunst,
Uns ewig zu gefallen.
* *
Willkommen schöner Morgen!
Wär ich nicht früh erwacht,
So bliebst du mir verborgen
Mit deiner ganzen Pracht.
Rings um mich her ist Freude,
Im Feld und auf der Weide;
Schön ists, wohin ich seh,
Im Thal und auf der Höh!
* *
Unmuth ist oft bloßer Wahn;
Laßt uns ewig ihm entfliehn!
Selbst auf unbesuchter Bahn
Findet man ein Veilchen blühn;
Glücklich, wer es dankbar pflückt,
Und nicht achtlos niederdrückt.
* *
O! Freund! dem unterm niedern Dach
Die selge Zeit verfließt,
So wie der sanfte Silberbach
Sich durch die Au' ergießt!
Du siehst die Flur sich ihre Brust
Mit Perlen überziehn,
Du siehst voll jugendlicher Lust
Des Himmels Wange glühn.
Du fühlst, wie Zephyrs linder Hauch
Den schwülen Mittag kühlt,
Indem er hier mit Baum und Strauch,
Und dort mit Aehren spielt.
Du trinkst den süßen Traubenmost
Und schöpfest frischen Muth;
168 Dein Feldbau würzet dir die Kost,
Und schafft dir leichtes Blut.
Du schläfst, wo dir ein Platz gefällt,
Zufriednes Herzens ein.
Dein ist die ganze schöne Welt,
Der ganze Himmel dein!
* *
O! Schöpfer! was ich seh, sind deiner Allmacht Werke,
Du bist die Seele der Natur!
Der Sterne Lauf und Licht, der Sonne Glanz und Stärke
Sind deiner Hand Geschöpf und Spur.
* *
Blumen, holde Frühlingskinder,
Kommet dieses Jahr geschwinder!
Meine Chloe fänget dann
Ganz gewiß zu lieben an.
* *
Wer deine Freuden kennt, einfältige Natur!
Wünscht keine Schätze, wünscht sich eine Hütte nur,
Und einen kühlen Quell, und einen kleinen Wald,
Worinn das Abendlied der Nachtigall erschallt.
* *
Die Luft ist blau, das Thal ist grün,
Die kleinen Mayenglocken blühn,
Und Schlüsselblumen drunter;
Der Wiesengrund
Ist schon so bunt,
Und malt sich täglich bunter.
Drum komme, wem der May gefällt,
Und freue sich der schönen Welt,
Und Gottes Vatergüte,
Der diese Pracht
Hervorgebracht,
Den Baum und seine Blüte!
* *
Der Hirte zu dem Höfling.
Du schläfst auf weichen Betten, ich schlaf auf weichem Klee;
Du siehest dich im Spiegel, ich mich in stiller See;
Du trittst auf Fußtapeten, ich tret auf sanftes Gras;
Dich tränken theure Weine, mich tränkt ein wohlfeil Naß;
Du wohnst in bangen Mauern, ich wohn auf freyer Flur;
Dir malt die Kunst den Frühling, mir malt ihn die Natur;
169 Du bist oft siech vor Wollust, ich bleibe stets gesund;
Dich schützt vor Geld ein Schweizer, mich schützt mein treuer Hund;
Du schlummerst ein bey Saiten, ich bey dem Wasserfall;
Du hörst Castrat und Geiger, ich Lerch und Nachtigall;
Dich sieht der heiße Mittag, mich sieht der Morgen wach;
Dein Mädchen glänzt von Schminke, mein Mädchen glänzt vom Bach.
* *
Kommt, des schönen Mayen,
Schwestern, euch zu freuen,
Mit Gesang und Tanz!
Durch das Grün der Linde
Lispeln laue Winde,
Schimmert Mondenglanz.
O! genießt des Lebens!
Sollen euch vergebens
So viel Freuden blühn!
Laßt das Haar uns kränzen,
Und in raschen Tänzen
Unsre Wangen glühn!
* *
In Wiesen und Flur
Giebt uns die Natur
Die schönsten Blumen zu pflücken;
Drum will ich zum Tanz
Mit einem Kranz
Die blonden Haare mir schmücken.
Doch sollt' ich nicht den,
Der alles so schön
Erschuf, erst brünstig erheben?
Durch Jubelgesang
Preiß ihn mein Dank,
Doch mehr mein künftiges Leben!
* *
O! du bist selig, o! du Weiser,
In deiner ungestörten Ruh!
Viel seliger, als alle Kaiser,
Und alle Könige bist du!
* *
Am Morgen meiner Lebenszeit
Blüh ich der Rose gleich;
Noch ist mein Herz von Fröhlichkeit
Und süßen Wünschen reich.
Doch öffn' ich dieses der Begier,
Der Wollust falschen Scherz:
So trifft mich ihre Glut, in ihr
Verwelkt ein edles Herz.
* *
Wie selig ist, wer ohne Sorgen
Sein väterliches Erbe pflügt!
170 Die Sonne lächelt jeden Morgen
Den Rasen an, auf dem er liegt,
Sie lächelt ihm, sie geht ihm unter;
Und nun willkommen, süße Nacht!
Er singt sich in den Schlaf, und munter
Erwacht er, wenn die Sonn' erwacht.
* *
O! laßt, beym Klange süßer Lieder,
Uns lächelnd durch dies Leben gehn;
Und, sinkt der letzte Tag hernieder,
Mit diesem Lächeln stille stehn!

[nicht gezählt] Anhang.
Beschreibungen von Gärten
I. Beschreibung von Friedensburg.
II. Beschreibung von Jägerspreis.
III. Beschreibung von Marienlust.
IV. Beschreibung von Sophienberg.
V. Beschreibung von Friedrichsberg.
VI. Beschreibung einiger Landsitze in Seeland; besonders von Bernstorf.
VII. Beschreibung von Schwansee.
VIII. Beschreibung von Brese.
IX. Beschreibung des fürstlichen Gartens vor Zelle.
171 I.
Friedensburg. *)
Die Ehrfurcht, womit man sich den Wohnungen der Könige nähert, hat zu Friedensburg ein seltenes Vorrecht; sie darf mit der natürlichen Freyheit des Lebens vereinigt bleiben. Kein steifes Ceremoniel, kein sclavischer Zwang fordert hier Verstellung oder Verläugnung. Die Ehrerbietung und der Anstand folgen blos den Gesetzen der Natur, und die Feinheit der Sitten wird von dem guten Geschmack geleitet. Man ist hier frey und heiter, wie die schöne Landschaft, die ringsumher reizt. Der Hof hat nur Würde, kein leeres Gepränge. Er hat keine Leibwache, aber die Liebe des Volks, das ihn mit vergnügten Blicken umringt. Der Unterthan aus den entferntesten Gegenden glaubt hier noch in seiner Heimath zu verweilen; und der Fremde fängt an, sein Vaterland nicht mehr zu vermissen. Die Heiterkeit des Geistes und die anständige Freyheit der Sitten, die hier überall herrschen, sind natürlich; denn sie sind Wirkungen der mildesten Monarchie und der persönlichen Leutseligkeit der Königlichen Herrschaften.
Friedensburg ist sowohl des Sommeraufenthalts des Hofes, als auch der mannichfaltigen Schönheiten der Natur, und der Anlagen des ausgebreiteten Gartens wegen, das erste der Königl. Lustschlösser. Zwar genießt es nach seiner Lage nicht, wie Marienlust, Sophienberg, Charlottenlund, Friedrichsberg, der herrlichen Aussichten auf das Meer; allein es hat dafür einen Reichthum von abwechselnden Annehmlichkeiten der ländlichen Natur. Die Gegend umher trägt das reizende Gepräge der Fruchtbarkeit und der Cultur; die schönsten Wälder, in deren weiten Zwischenräumen Kornfluren und Wiesen ruhen, erheben von allen Seiten ihre stolzen Häupter; und von Norden nach Westen wallet in der Tiefe zwischen grünen Anhöhen und Waldungen der ausgebreitete Esseromersee.
Diese Gegend verdiente es, von Friedrich dem Vierten zuerst zum Aufenthalt gewählt zu werden. Er vollendete den Bau des Schlosses in dem Jahre 1720, als hier der Friede mit Schweden unterschrieben ward, und gab ihm den Namen von einer Begebenheit, die für das Herz eines Königs, der Vater seiner Völker ist, mehr als hundert Eroberungen gilt. Das Monument auf dem Schloßplatze ist zugleich ein Ehrendenkmal für Könige, die den Frieden lieben. An einer mit Kränzen
——————
*) Dieses Königl. Lustschloß gehört Ihro Majestät der verwitweten Königinn Juliana Maria, und liegt fünf Meilen von Copenhagen.
172 gezierten Säule, die sich in der Mitte des Platzes erhebt, erscheint unten auf der Vorderseite die Göttinn des Friedens in weißem Marmor. Man lieset unter der Statüe an dem weißen marmornen Fußgestell der Säule diese Inschrift mit goldenen Buchstaben:
Paci
statuam arcem
quodque reliquum fuit vitae
dedicavit Fridericus quartus
Anno MDCCXX.
und auf der Seite nach dem Schlosse:
Pacis
huc usque continuae
Regis Christiani septimi
moderamine firmatae
statori et conservatori
D O M.
dicat
Iuliana Maria Anno
MDCCLXXV.
Das Schloß, das vor einigen Jahren erweitert worden, erhebt seine Kupel zwischen den umherlaufenden Flügeln mit einem freyen und edlen Ansehen. *) Es hat eine Menge von schönen Gemächern, die prächtig ausgeziert und mit Gemälden von den größten Meistern bereichert sind. Die schönern Aussichten verbreiten sich in den Garten, und verlieren sich zwischen den weiten Alleen, die des Prospects wegen in gerader Linie ablaufen, bald über den Esseromersee, bald über die Feldgegenden, unter abwechselnden Reizen in die Ferne hinaus.
Hier ruhete Friedrich der Fünfte in den unvergeßlichen Jahren seiner glücklichen Regierung, und machte dieses Lustschloß zur gewöhnlichen Sommerwohnung des königlichen Hauses. Seine sanfte Seele ergötzte sich hier an den Freuden der Natur und an dem höchsten Glücke eines Königs, den süßen Empfindungen, die ihm die
——————
*) Eine Vorstellung des Hauptgebäudes s. im 2ten Band der Theorie der Gartenkunst, S. 4.
173 reinste Liebe seiner Völker erregte. Ihm, der tausend nützliche Anstalten aufleben, und alle Künste seines Vaterlandes blühen hieß, Ihm verdankt der Garten seine Erweiterungen und Verschönerungen. Noch scheint Sein Geist, wenn Seine Königinn hier wandelt, in heiliger Stille über diese ehrwürdige Eichen zu schweben, die Er liebte, die Seine Juliana liebt. Sie wohnt hier gerne, und gerne wohnt der Friede und die Glückseligkeit bey Ihr. An jedem Tage erfreut Sie diese reizenden Spaziergänge mit Blicken, die alles um Sie her erheitern, und mit einem Geschmack, welcher der Güte Ihres Herzens gleicht, fährt Sie fort, die Natur mit neuen Verschönerungen zu beleben, die noch in den weitläuftigen Revieren dieses Parks Raum haben.
Das Lustschloß hat die vortheilhafte Lage, daß es gleich an einem sehr ansehnlichen Wald liegt, der aus allen Arten von den schönsten Bäumen besteht, welche die Natur unter diesem Himmelsstrich wild wachsen läßt, besonders aus ehrwürdigen Eichen und Buchen. Der Wald ist so ausgedehnt, daß man ihn mit mehrerem Rechte eine Sammlung von Wäldern, die an einander hängen, nennen könnte. Durch diesen Wald, der schon von der Hand der Natur mit allen Mannigfaltigkeiten von waldigten Scenen bereichert, der mit freyen und heitern Rasenplätzen geziert ist, der hin und wieder sanfte Erhöhungen und Senkungen des Bodens, an der Seite nach dem Esseromersee aber tiefe Abhänge hat, sind die Verschönerungen ausgebreitet. Und durch diese Vorzüge der ursprünglichen Bildung hat nicht nur das Ganze ein ungezwungenes und ländliches Ansehen, sondern auch eine gewisse Pracht der Natur und eine Würde erhalten, die den Parks der Könige gehört, und die keine Kunst hervorzwingt. Auch sind hier keine Versuche gewagt, denen das Clima widerspricht, noch tändelnde Anlagen, welche die Wirkung der natürlichen Größe, die hier herrschen soll, nur stören würden. Das Ganze ist frey und edel, wie die Natur, oder wie eine Königinn, die ihre Würde kennt.
Der ganze Wald ist ringsumher mit einer großen Einhegungsallee, deren frey wachsende Bäume aus Roßkastanien und Linden abwechselnd bestehen, umgeben. Aus der Einhegungsallee auf der westlichen Seite erhebt sich eine Kastanienallee, die mitten durch den Park nach Osten gehet; sie hebt sich und senkt sich, hat frey wachsende Bäume mit schönen Laubdecken, bildet anmuthige Prospecte, die auf dunkle Hintergründe fallen, vereinigt Licht und Schatten in wechselnden Spielen, die Nacht und den Tag in sanfter Harmonie. Von der Gartenseite des Schlosses laufen sechs große gerade Hauptalleen mit weiten Prospecten den Wald hinab, und verlieren sich unten in die Einhegungsallee. Und zwischen diesen Hauptalleen streckt sich gerade vom Schloß ab eine breite Schloßallee. Dieß sind die Abtheilungen des Ganzen, zwi174schen welchen die Haine, Lustgebüsche, Wildnisse, Spaziergänge, alle Anpflanzungen und Scenen, mit Waldstücken abwechselnd, liegen.
Die Schloßallee geht nach Norden, und theilt den Wald und den ganzen Park in zwey große Reviere, in das Ostrevier, das sich von Norden nach Osten zur Rechten erstreckt, und in das Westrevier, das sich von Norden nach Westen zur Linken verbreitet.
Zwischen dem Schlosse und dem Anfange des Waldes, wo die Schloßallee mit allen Hauptalleen anfängt, außer daß die äußerste Allee zur Rechten, oder die sogenannte Reitallee schon unmittelbar bey dem Schloßgebäude anhebt, verbreitet sich ein überaus ansehnlicher Vorplatz. Er ist nahe an dem Schlosse mit zwey Vasen und vier schönen Statüen, welche die Jahreszeiten vorstellen, von Wiedewelt gezieret. Die beyden Vasen *) sind von weißem italiänischen Marmor, und stehen auf Fußgestellen von nordischem Marmor. Sie sind mit Blumen umkränzt und behangen; und auf der einen sind die Bildnisse des Socrates und des Diogenes, auf der andern die vom Anacreon und der Sappho medaillenförmig vorgestellt. Die Figuren der Jahreszeiten sind in völliger Lebensgröße: Flora mit einem Blumenkranz; Ceres mit Kornähren und Sommerfrüchten; ein junger Bacchus mit Trauben; ein Greis im Gewand eingehüllt, bey einem Feuertopf. Der Vorplatz ist darauf mit zwey großen Rasen bekleidet, die ringsumher mit Blumenstücken umkränzt sind. In gerader Linie von diesem Vorplatze hat man eine prächtige Aussicht in die große Schloßallee hin.
Auf den beyden Ecken des Waldes, wo sie anfängt, wird das Auge von zwey großen Werken der Bildhauerkunst gereizt, welche die beyden Königreiche, zur Rechten Norwegen, zur Linken Dännemark abbilden. Sie sind in sitzenden weiblichen Figuren von weißem italiänischen Marmor, das Gesicht nach dem Schlosse gekehrt, vorgestellet, und ruhen auf erhabenen Sitzen, mit einem auf den Seiten fortlaufenden Dockengeländer von röthlichem nordischen Marmor. Das ganze längliche Fußgestell mit den Geländern und den Sitzen in der Mitte ist zwey und sechzig Fuß lang. Der obere Theil des Geländers ist mit den Wappen des Königs, mit Blumenkrän-
——————
*) Diese und die folgenden Werke der Bildhauerkunst, die hier genauer angezeigt werden, sind von dem berühmten Bildhauer, dem Justizrath und Professor, auch Director der Academie der Künste zu Copenhagen, Herrn Wiedewelt. Man hat von dem größten Theil Abbildungen in Fol. gestochen, unter dem Titel: Monumenta Fredensburgica jussu Friderici V. erecta, ohne Beschreibung. Allein diese Werke verdienten durch einen glücklichern Grabstichel zum Ruhm der nordischen Kunst den Ausländern bekannt gemacht zu werden.
175zen, Fruchthörnern und andern Sinnbildern, alle ebenfalls von weißem italiänischen Marmor, geziert. Der Anfang des Parks, so nahe im Angesichte des Schlosses, konnte nicht anständiger und prächtiger verziert werden. Die Figuren, die acht Fuß halten, haben mit den erhabenen Sitzen ein gutes Verhältniß gegen die Höhe des Waldes, und der weiße Marmor macht gegen das dunkle Grün der feyerlich emporragenden Bäume einen herrlichen Contrast.
Bey diesen Monumenten der Meisterhand eines Wiedewelt fängt die Schloßallee an sich zu verbreiten. Sie besteht eigentlich aus zwo breiten Alleen, mit erwachsenen Linden und jungen Tannen abwechselnd. Diese beyden Alleen lassen in der Mitte einen sehr breiten und langen Platz liegen, der mit verschiedenen großen Rasen von abwechselnden Formen geschmückt ist, und auf welchen sich vier ansehnliche Gruppen mit Vorstellungen aus der alten Dichterfabel und andre Zierden der Bildhauerkunst von Wiedewelts Erfindung erheben. Das Auge hat einen prächtigen Prospect über diese verzierten Rasenplätze hin, und wo sie sich endigen, übersieht es in der Feldgegend einen hügelichten Vorgrund von Kornfeldern, zur Linken eine breite Strecke des Esseromersees, und über ihn hinaus Wälder, die sich in ihren dunkeln Schatten hüllen, zur Rechten heitre Landschaften in der Ferne, die dagegen eine reizende Abwechselung bilden. Zwischen der Außenlinie der beyden Alleen und einer Hecke, welche die Einfassung des Waldes macht, geht auf jeder Seite noch ein Weg mit abändernden Prospecten hinab. Und auf beyden Seiten dieses Reviers hinab bilden die emporsteigenden Gipfel der Waldbäume einen erhabenen Anblick.
Die Schloßallee macht, wie bemerkt ist, eine natürliche Abtheilung dieses königlichen Parks. Zuerst
Das Ostrevier.
1.
Die Gegenden von der rechten Seite des Vorplatzes vor dem Schloß bis an den Wald.
Unmittelbar vom Schlosse verbreitet sich auf der Rechten des Vorplatzes ein Luststück mit niedrigen Hecken, über welche die Aussicht aus dem Schlosse bequem hinstreicht; in seinem Bezirk laufen Gänge umher, und in den Zwischenräumen sieht man bald Plätze mit Erdbeeren, bald Gruppen von kleinen Statüen. Ein breitet Gang zur Rechten, der in eine gerade Hauptallee führt, ist mit Lorbeerbäumen besetzt. 176 Um den untern Theil des Luststückes windet sich eine Allee von Linden in einem halben Zirkel, und stößt auf die linke Seite der äußersten Hauptallee dieses Ostreviers, oder der Reitallee, die weiter oben bey der Kirche des Schlosses anfängt, und sich nach unten hinab mit einer sehr malerischen Durchsicht fortzieht.
An die Lindenallee, welche den halben Zirkel unten an den Hecken umschreibt, stoßen zwo andere Partien.
Die zur Rechten besteht aus vier Rasenstücken, die mit niedrigen Hecken, zwischen welchen Gänge laufen, eingefaßt sind. Zwo kurze Alleen von Linden kommen von der Gegend des Schlosses durch diese Partie. Das obere Ende nach dem Schlosse ist mit einer Reihe Statüen in lebhaften und fliegenden Stellungen geziert, die auf Fußgestellen vor einem kleinen Rasenrand stehen, an welchen sich ein Gang herumwindet. Die untere Seite drängt sich an den Wald, hat auf jeder Ecke eine Säule, und in der Mitte ein treffliches Werk der Bildhauerkunst von Wiedewelts Erfindung, das auf einem kleinen runden erhöheten mit Linden umkränzten Rasenplatz stehet. Es stellet in einer Gruppe von sechs halb erhobenen Figuren, auf einer weißen Marmortafel, mit beystimmenden Verzierungen, das Fest der Weinlese im antiken Geschmack vor. Die Tafel ist an einem aus rohen nordischen Marmorblöcken zusammengesetzten Werk, das mit einer weißen marmornen Vase gekrönt ist, befestigt. Beyde Lindenalleen laufen auf dieses Monument hin. Hinter dieser Partie erscheint eine anmuthige waldigte Scene mit offenen Grasplätzen.
Die andere Partie liegt zur Linken, und wird von dieser durch eine hinablaufende Hauptallee, die hier anfängt, getrennt. Sie ist ein schöner runder Platz mit einer niedrigen Hecke umzogen. In der Mitte liegt eine Erhöhung, worauf sich eine hohe marmorne Säule (columna rostrata) erhebt, die unten nahe am Säulenfuß auf zwo Seiten in einer runden mit Lorbeerblättern umkränzten Tafel Inschriften mit goldenen Buchstaben zeigt. Auf der Seite nach dem Schlosse:
Fortissima Consilia Tutissima
Auf der andern Seite:
Anno MDCCLXII.
Unten an dieser Erhöhung laufen zwey niedrige Absätze herum, die mit einer einfachen Reihe von Linden, zwischen welchen kleine Rosengebüsche blühen, umgeben sind. 177 Auf dem obern Absatz dienen zwey mit allegorischen Sinnbildern, als dem Hintertheil eines Schiffs und einem Eichenkranz, geschmückte Bildhauerwerke von Marmor den Seiten der Denksäule, wo sie keine Inschrift hat, zur Zierde. Kleine Rasenstücke verzieren den Platz umher. Hinter der Säule, fast unter dem Schatten des anliegenden Waldes, ruhen zwey Lusthäuser, die vorne offen sind, mit der Durchsicht zwischen den Bäumen nach dem Schlosse hin, und wo zuweilen der Hof Tafel hält. In dem Durchgang zwischen den Lusthäusern nach dem Walde sieht man eine andre Säule (columna miliaria) von nordischem Marmor, oben mit einer Kugel geziert. Alle diese Werke der Kunst sind von Wiedewelt. Der Waldplatz hinter dieser Partie ist voll Anmuth. Von den schönsten Grasplätzen, auf welchen einige Zelte liegen, erheben sich hohe und dickbelaubte Buchen, bald einzeln, bald in Gruppen, mit malerischen Durchsichten zwischen den Stämmen, und mit reizenden Schauspielen der umherschwebenden Lichter und Schatten. Hundert Waldsänger in der Höhe stimmen ein frohes Concert an; die abwechselnden Gesänge ertönen von Gipfel zu Gipfel, und werden aus den niedrigen Gebüschen mit neuen Melodien beantwortet.
2.
Die Gegenden von dem obersten Waldstück an zwischen der äußersten Hauptallee (Reitallee) und der Einhegungsallee hinunter.
Wendet man sich aus der beschriebenen Partie weiter nach Osten, so kommt man bald in die äußerste Hauptallee dieses Reviers, oder die Reitallee. Sie fängt von der Ecke des Schlosses, der Kirche zur Rechten, an, hat drey Wege, wovon der in der Mitte mit freywachsenden schattenreichen Linden besetzt ist, und die beyden auf der Seite mit einer niedrigen Hecke eingefaßt sind, die sie von dem anliegenden Wald absondert. Diese Allee verwildert, wie die übrigen Hauptalleen, gegen ihren Auslauf in die Waldgegend, und endigt sich in die untere Einhegungsallee.
An dieser Reitallee verbreitet sich nach Osten hin das oberste Waldstück in seiner natürlichen Schönheit. Es ist sehr ansehnlich; hohe Buchen erheben ihre reichbelaubten Gipfel, und zwischen ihnen liegen Grasplätze, Teiche, eine Reitbahn, und eine junge Eichenpflanzung. Das Ende dieses Waldstücks hat einen vorzüglichen Reiz. Man erblickt eine große Gruppe von hohen, geraden, schlanken Buchen, die mit den schönsten Rasenplätzen umgeben ist. Einige dieser Rasen zur Rechten nach den Schloßgebäuden sind mit Blumen umkränzt; die äußersten nach der Einhegungsallee schmiegen sich mit ihrem ungeschmückten Grün in sanften Abhängen dahin.
178 An dem untern Rande dieses Waldstückes windet sich ein langer sehr anmuthiger Gang herum, der zur Rechten mit einer einfachen Reihe von jungen Tannen besetzt ist. Man hat, indem man diesen reizenden Spaziergang verfolgt, zur Linken sehr abwechselnde Auftritte. Man sieht gleich eine Allee von Tannen hinablaufen, in deren Mitte sich eine schöne sehr gerade freystehende Eiche erhebt. Hierauf folgt ein dunkler undurchsichtbarer Dickigt von Tannen. Eine zwote Allee mit Linden und Tannen abwechselnd geht wieder hinab, und eröffnet den Anblick einer Statüe. Es folgt ein finstrer Dickigt von Tannen. Eine dritte Allee von Roßkastanien und Tannen senkt sich hin; und ein neuer Dickigt von Tannen erscheint. Eine vierte Allee von Linden und Tannen zeigt sich. Und ein schöner freyer Grasplatz mit einigen hohen Buchen und einer kleinen jungen Pflanzung von Eichen folgt. Eine fünfte Allee wechselt mit Linden und Tannen; und nun bricht ein junger überaus anmuthiger Eichenhain mit schlängelnden Gängen, und untermischt mit einigen hohen Buchen und alten Eichen von Rasensitzen umgeben, hervor. Alle diese fünf kurze Alleen oder kleine Baumgänge, die zur Linken ablaufen, führen in die sogenannte Pleßische Plantage. Sie geben eben so viele reizende Abwechselungen des Offenen mit dem Verschlossenen, des Heitern mit dem Dunkeln. Die Dickigte sind wohl angelegt und von einer glücklichen Wirkung. Aus der Heiterkeit der Oeffnung und der Gebüsche in der Pleßischen Plantage kehrt das Auge auf diese finstre Gruppen, die keinen Eingang verstatten, und selbst dem Licht des Tages das Einschauen versagen, zurück, und bemühet sich vergebens, eine Durchsicht zu erschleichen.
Eine neue Abänderung der Ansichten erscheint, wenn man durch diese fünf kurze Alleen hinabwandelt. Die erste hat zur Rechten den Tannendickigt, der in der Mitte sich zu einem freyen Grasplatz mit einer Gruppe von Buchen öffnet; zur Linken geht durch die einfache Reihe der Tannen die Durchsicht auf die Stämme der Waldbäume, deren hohe Belaubung herabschattet. Bey dem Eingange in die zwote Allee dämmern die Dickigte der Tannen auf beyden Seiten; zur Rechten läuft zwischen den Dickigten ein Nebenweg, mit schönen Roßkastanien und Tannen eingefaßt, hinab; zur Linken winkt eine einsame Linde in einer Grasvertiefung. In der dritten Allee schwebt auf beyden Seiten das ewige Dunkel der Dickigte. Die vierte hat zur Rechten eine Gruppe von Tannen, zur Linken dunkelt der Dickigt; gegen das Ende laufen zwey Se itenwege in die Pleßische Plantage, der zur Rechten mit Tannen und der Aussicht auf eine große Vase, der zur Linken mit Tannen und Roßkastanien und dem Anblick einer Statüe. In der fünften sieht man auf beyden Seiten junge Eichen grünen; ein schlängelnder Gang leitet zur Rechten in einen Hain von diesen Bäumen; zur Linken erscheint ein langer Gang, der vor dem Eingange in die Pleßplantage, wodurch er 179 führt, eine Gruppe von Eichen zur Seite hat. Diese letzte Allee geht, dem Eichenhain zur Rechten, fort, an der obern Ecke der Pleßplantage weg, die zur Linken bleibt, rechts der Statüe der Flora vorbey, und fällt in die Einhegungsallee.
Gegen das Ende des obersten Waldstückes biegt man zur Linken an der Seite einer jungen Eichenpflanzung zwischen zwo kleinen Erderhöhungen, worauf bejahrte Bäume stehen, ein, hat zur Rechten einen kleinen Rasen, und kommt in die Plantage des Kronprinzen. Sie besteht aus einer jungen Anpflanzung von verschiedenen Bäumen, Sträuchern, Pflanzen, Küchengewächsen und Blumen. Hier sammelt der hoffnungsreiche Prinz, selbst in den Stunden Seiner Erholung, noch immer Kenntnisse, die vergnügen, und Vergnügungen, die unterrichten; hier lernt Er einen Geschmack an der reinen Einfalt der Natur empfinden, der auch Königen wichtig ist, weil er die Ruhe der Seele unterhält. Er sieht hier, auch in dem kleinen Bezirk, die unablässig fortschreitende Wirksamkeit der Natur, wie alle Kräfte nach unveränderlichen Gesetzen fortstreben, wie sie alle auf Zwecke hineilen, worinn sich Weisheit und Güte begegnen; Er siehts und fühlt es, daß in der höhern Sphäre der Ordnung es Fürsten am wenigsten verstattet seyn kann, ihren Platz zu füllen, ohne einen wohlthätigen Gebrauch ihrer Kräfte.
Weiter unten, ganz am Ende des obersten Waldstückes, wo die schönen Rasen sich senken, tritt man in einen überaus anmuthigen jungen Eichenhain, durch welchen der Weg schlängelt, und ebenfalls in die Plantage des Kronprinzen leitet.
Wenn man sie durchgeht, so kommt man wieder in einen angränzenden Hain von Eichen, der an eine jüngere Pflanzung von diesen Bäumen stößt, die man auf dem Spaziergang an dem Rande des obern Waldstückes sah. Er ist viel größer, als alle, die bisher auf unserm Wege erschienen sind. Sein Anblick erfreuet, und hält auf. Die geraden Stämme steigen mit einem frischen Wachsthum empor. Man sieht die sich zusammenwölbenden Gipfel eine liebliche Dämmerung bilden, wodurch hie und da ein Sonnenblick fällt, um das lebhafte Grün des Bodens noch mehr zu verschönern. Der lange fortschlängelnde Gang führt nach einer Laube, einem geliebten Sitz der Königinn; sie ist aus einem natürlichen Gewebe der Zweige und des Laubwerks junger Bäume gebildet, und hat vor sich einen geraden breiten Gang, der aus dem Haine führt. Zur Rechten geht der windende Gang fort, und geht aus diesem reizenden Hain, oben in der Höhe der Pleßplantage, bey der Statüe der Flora heraus.
Man überschaut von der Höhe die Mitte dieser Plantage mit ihren Verzierungen, die hier oben in der eben erwähnten Statüe der Flora, unten in der Statüe der 180 Diana, und in einer großen Vase zwischen beyden bestehen, die mit Genien geschmückt ist, die Blumenkränze und Früchte halten.
Die Pleßplantage ist ein weit ausgedehntes Revier, von den hohen Bäumen des Waldes und der Alleen umgeben. Es ist in niedrige Heckengebüsche von Haseln und Ellern vertheilt, zwischen welchen auf allen Seiten längere und kürzere gerade Wege gehen, die mit vielen Ausgängen in die anliegenden Gegenden führen. Die Zwischenräume in den Hecken sind Dickigte, von allen Arten einheimischer Bäume, als Birken, Ellern, Quitschern, Eschen, Weiden, Tannen, Haseln und andern zusammengepflanzt, wodurch das ganze Stück ein waldigtes Ansehen erhält, und die verschiedenen durch einander spielenden Farben des Grüns dem Auge eine angenehme Scene vorbilden. Das Wild und die Vögel finden in den verschlossenen Zwischenräumen einen sichern Aufenthalt.
Die längste Allee, die aus dieser Plantage führt, liegt zur Rechten, wenn man von der Statüe der Flora herabkommt, und stellt eine reizende Aussicht dar. Sie wechselt mit Linden und Tannen, geht queer über die Kastanienallee, welche die Mitte des ganzen Parks durchläuft, und fängt hier an mit Roßkastanien von einem schönen schlanken Wuchs und mit jungen Tannen abzuändern, zieht sich zwischen der Wildniß des Waldes fort, und fällt auf einen großen runden Platz, über welchen sie weiter fortgeht, und sich unten in die Einhegungsallee verliert. Der eben gedachte runde Platz in dieser Allee hat eine erhöhete Lage mit vier Aufgängen, und ist zu einem Gebäude bestimmt, das hier einen treflichen Prospect geben, und zugleich selbst genießen wird. Zwo kleine Alleen von schönen Ahorn laufen auf beyden Seiten hin. Die zur Rechten, indem man von der Pleßplantage kommt, geht zwischen dem Wald in die Einhegungsallee. Und die zur Linken hat um ihre Mitte zwey Tannenhaine zur Seiten, und fällt in die äußerste Hauptallee oder Reitallee. Die Winkel, die man von diesem runden Platz zwischen den vier Zugängen übersieht, sind mit jungen Hainen von Eichen bepflanzt, und hinter ihnen macht rings umher der Wald einen trefflichen Umzug.
Von der Statüe der Flora in der Pleßplantage an erstrecken sich zwischen der beschriebenen Allee, die aus diesem Revier abgeht, und zwischen der Einhegungsallee noch drey Gegenden in der Länge hinab. Die erste geht bis an die Kastanienallee, welche die Mitte des Parks durchstreicht, und ist ein wildes Waldstück, besonders mit jungen Eichen und vielem Untergebüsch untermischt. Die zwote erstreckt sich bis an die Ahornallee, und ist ebenfalls eine Wildniß ohne Gänge. Auch die dritte ist ein waldigtes Stück, das vornehmlich aus jungen dicht an einander gedrängten frischen Buchen besteht, und unten nach der Ecke der Einhegungsallee, wohin es sich zieht, 181 in eine freye Grasvertiefung übergeht, um welche schöne Tannen mit dem vollen ausgebreiteten Unterwuchs ihrer Zweige stehen. Auf der andern Außenseite, nach dem Ausgang der aus der Pleßplantage ablaufenden Allee hin, ist dieses Stück mit einem jungen Eichenhain umgeben, der sich nach dem runden Platz zwischen den beyden Ahornalleen, wie schon bemerkt ist, hinauf verbreitet. Diese Gegend hat noch einen Rasensitz, der auf den Seiten verschlossen ist, vorne die Aussicht auf die umliegenden Gebüsche und die ersten Stämme des anstoßenden Eichenhains, und hinter sich einen natürlichen Bogengang hat, den die jungen Waldbäume wölben.
Schlägt man aus dieser Gegend unten in die Einhegungsallee ein, so kommt man bald neben einem steinernen, viereckigten hohen Gebäude vorbey, das seine Spitze in die dichten Gipfel emporragender Buchen erhebt. Dieß ist eine Wassermühle, die das Wasser nach dem Schlosse durch Röhren hinauftreibt. Das Gebäude macht wegen seines rohen gothischen Ansehens und in dieser einsamen Lage, wo es ein ganz unerwarteter Gegenstand ist, eine der Gegend so sehr zustimmende Wirkung, daß es anfänglich scheint, als wenn es blos dieser Absicht wegen angelegt wäre. Man kommt von hier in ein schönes Waldstück, das aus sehr hohen und vortrefflichen Buchen besteht, worunter freye Grasplätze grünen und windende Wege umhergehen; man sieht hier zugleich zur Rechten den Ausgang der Reitallee verwildern. Ein schlängelnder Pfad leitet in die diesseitigen Gegenden hinauf, die zwischen der langen von der Pleßplantage ablaufenden Allee und der Reitallee liegen. Man gelangt bald an den kleinen Tannenhain, der an der linken Ahornallee dämmert, und hat zur Rechten das erfreuende helle Grün junger Wallnußbäume, zwischen welchen einige hohe und schlanke Birken ihre leichten Blätter dem Spiel der Luft überlassen. Man geht über die Ahornallee in den andern größern Tannenhain, an dessen Rande der Pfad wegschlängelt, und in eine gemischte Pflanzung von Eichen, Wallnußbäumen und Haselgebüschen bringt. Zur Rechten dieser Pflanzung liegt wieder ein kleiner Hain von Tannen, eine andre vermischte Baumpflanzung und daran ein wildes Waldstück mit Grasplätzen. Der schlängelnde Gang fällt auf zwey Ausgänge in die große Kastanienallee, die den Park durchstreicht.
Queer über diese Allee kommt man in einen kurzen Weg von Linden und über sie hinaus sirebenden Tannen. Auf beyden Seiten liegen ansehnliche Waldstücke mit hohen und niedrigen Bäumen, Buschwerk und kleinen Zwischenpflanzungen. Zur Linken, indem man den geraden Weg verfolgt, senkt sich eine Vertiefung mit Rasensitzen in einem halben Zirkel, umgeben von Linden und Tannen, und hinten von Eichen aus der Vorwelt überschattet. Man schaut von diesem Sitz gerade vor sich zwischen vorstehenden hohen Buchen in eine waldigte Verdunkelung.
182 Man kommt in die untere Gegend der Pleßplantage zurück, und sieht, daß die in der Ferne schimmernde Statüe die Diana in diesem Revier ist. Aus der Pleßplantage, die von dieser Seite offen an der Reitallee liegt, kann man entweder durch diese zum Schloß zurückkehren, oder durch eine der fünf kleinen Alleen sich wenden, die, wie oben beschrieben ist, aus dem obersten Waldstücke hier hinab laufen.
3.
Die Gegenden zwischen der Reitallee und der nächsten Hauptallee zur Linken.
Die Hauptallee, die zur Linken hin auf die äußere Hauptallee oder Reitallee folgt, ist von Linden, hat einen Rasen in der Mitte, und die Aussicht in die grünende Landschaft hinaus. Sie ist unter den Hauptalleen des Ostreviers die mittlere.
Hinter der Partie mit dem Monumente des Festes der Weinlese liegt, wie schon bemerkt ist, ein vortrefflicher Waldplatz mit hohen Buchen und natürlichen Rasen.
Aus der Reitallee biegt links eine Allee, mit Linden und Tannen besetzt, in die Gegend ein, die wir jetzt besuchen. Man sieht in der Mitte dieser Allee ein Werk der Bildhauerkunst schimmern; zu beyden Seiten des Weges erscheint der Wald in seiner Wildniß.
Man kommt bald auf einen runden Platz mit Linden und Tannen umkränzt. Von diesem Platz laufen zwo kurze Alleen, ebenfalls von Linden und Tannen, zwischen der Waldung ab. Die zur Linken geht in die nächste Hauptallee. Die zur Rechten läuft in die Reitallee und eröffnet zugleich eine reizende Durchsicht zwischen zwo Ellernhecken, deren Zwischenräume mit Bäumen von dieser Art und mit Quitschern angefüllt sind, in die Mitte der Pleßplantage hin, wo die Statüe der Diana im Vorgrunde, und im dunkeln Hintergrunde die Flora erscheint. Die beyden Ellerngebüsche, die noch vor der Reitallee liegen, machen einen halben Zirkel. Indem man darinn herumschleicht, erblickt man oben einen Eingang zu einem halbrunden heiter liegenden Rasensitz, in dessen Mitte eine einsame Linde ihre Zweige herabhängen läßt; wozu man durch eine kleine Pflanzung von Tannen, und demnächst neben einer schönen Buche tritt, die ebenfalls einen Grassitz an ihrem Fuß anbietet. Unten im Gebüsch ist ein Eingang zu einem ähnlichen Rasensitz; in dem Mittelpunkt erblickt man eine Linde; allein zwey nahe stehende junge Quitschern unterbrechen die Uebereinstimmung mit dem obern Sitz; große Buchen werfen von ihrem dichten Gipfel kühlende Schatten herab.
183 Ueber den runden Platz, woran wir einen Seitenspaziergang machten, geht die Allee weiter hinaus. Zur Linken hat man einen angenehmen, dichten, düsternden Hain, besonders von Tannen. Man kommt über die große durch den Park hinüberstreichende Kastanienallee, und blickt zu beyden Seiten auf dicke Wildnisse, von verschiedenen Baumarten, vornehmlich Tannen, zusammengepflanzt. Ein runder erhöheter Platz erscheint, worauf sich die colossalische Gruppe der Bildhauerkunst, die schon in der Ferne den Prospect belebte, erhebt. Die obere Erhöhung des Platzes ist mit einer einfachen Reihe von Linden besetzt; und unten wechseln sie mit Tannen ab, mit welchen sie die Rundung umlaufen.
Weiter über diesen Platz hinaus hat das Auge, in dieser noch immer fortlaufenden und sich allmählig senkenden Allee, die sich in die einhegende Gränzallee verliert, zur Linken eine dicke Wildniß von mancherley Bäumen, besonders jungen Eichen, mit vielem Untergebüsch; darauf erscheint eine heitere Oeffnung über einen kleinen niedrig liegenden Rasen; allein unmittelbar darauf stößt ein so verschlossener, in sich verwickelter, nächtlicher Dickigt, von Tannen geschwärzt, daß alle Schärfe des Sonnenblicks ihn nicht durchdringt.
Zur Rechten wird der Spazierende von einem angenehmen jungen Eichenhain, und bald darauf von einem finstern Dickigt von Tannen, über welchen emporsteigende Birken ihre Zweige malerisch hangen lassen, ergötzt.
Oben in diesen jungen Eichenhain ladet bald ein Seitenpfad ein, der gerade hindurchführt, und neben einem angenehmen mit Bäumen verzierten Grasplatz, der zur Rechten liegt, sich links in eine reizende Wildniß von Tannen, Eichen, Haseln und andern Bäumen, zwischen welchen erhabene Eichen und Buchen und Birken den Wolken entgegensteigen, einschmiegt, sich zwischen nahe andrängenden Gebüschen von Jasmin und Syringen, die den Spazierenden mit ihren Wohlgerüchen begrüßen, herumwindet, lange zur Irre verführt, und lange ergötzt. Man ermüdet nicht, mit ihm fortzulaufen, und verweilt kaum auf dem kleinen Ruhesitz, der sich hinter einer Tanne und jungen schwesterlich vertrauten Eichen zu verstecken scheint; so anziehend ist diese Wildniß, die sich weit verbreitet, selbst oben bis an die große Kastanienallee zurück, und da, wo diese über die Reitallee streicht, einen Ausgang hat.
Ganz unten in der Allee, die wir bisher verfolgten, läuft in diese Wildniß noch ein andrer schlängelnder Gang hinein. Beyde Gänge streichen über einen breiten Weg, der von der Reitallee abgeht, diese Wildniß durchläuft, und sich unten durch ein freyes Waldstück in die Einhegungsallee verliert.
Von der untern Gegend der Reitallee bis zu dem Auslauf jener Hauptallee, zwischen welchen beyden wir bisher herumwandeln, verbreitet sich ein sehr großes und 184 schönes Waldstück in natürlicher Wildniß. Die Hauptallee selbst läuft blos zwischen der Waldung fort, und bald fangen ihre beyden Gänge an, in einen ungebahnten Grasplatz zu verwildern.
4.
Die Gegenden zwischen der mittlern Hauptallee und der äußern Hauptallee.
Die Aussicht durch diese äußere Hauptallee, die von Linden mit einem Rasen in der Mitte ist, geht in die grünende Landschaft hinaus. Indem man die mittlere Hauptallee hinabwandelt, hat man zuerst auf beyden Seiten die schönen Waldstücke, die in dieser Gegend hinter den beyden Partien, die oben beschrieben sind, liegen.
Man erblickt zur Rechten eine kleine Seitenallee nach der Reitallee hinüber, mit der weiten perspectivischen Aussicht auf die Mitte der Pleßplantage und ihre Verzierungen.
In dieser Gegend gleich zur Linken erscheint ein breiter Gang zwischen zwey dunkeln Tannenhainen hin. Queer durch streicht eine kleine Allee, die oben von der Partie mit der Denksäule abläuft, mit Tannen und Linden, die sich bald nachher zu beyden Seiten an den Tannenhain drängen; sie fällt gleich darauf in die mittlere große Kastanienallee. Der erwähnte breite Gang läuft weiter zwischen zwey andern finstern Tannenhainen in die äußere Hauptallee ab.
Verfolgt man ferner die mittlere Hauptallee, so tritt man in die große Kastanienallee, die hier zu beyden Seiten sehr reizende Perspective bildet, besonders zur Linken seitwärts sich in eine liebliche Dämmerung verliert, mittelst einer Wendung, die sie dort in der Tiefe macht.
Geht man ganz diese mittlere Hauptallee hinunter, so hat man auf beyden Seiten sehr angenehme dichtbewachsene Waldstücke von allerley Bäumen, zur Rechten noch besonders mit jungen Eichen und zur Linken mit Tannen zugepflanzt.
Man kommt von hier in die Einhegungsallee, und biegt gleich links in einen anmuthigen schlängelnden Pfad ein. Immer sich windend, mit Jasmingebüschen besetzt, führt er durch eine reizende Wildniß von allerley Bäumen. Er bringt auf den sogenannten Schneckenberg.
Dieß ist ein schöner runder Berg, mit sanften Abhängen umgeben, und mit einigen sehr hohen Buchen bekrönt. Er ist ringsumher von den herrlichsten Bäumen und Gebüschen des Waldes umschlossen. Man kann sich keinen schönern Umzug von 185 Waldung, keine mehr malerische Wölbungen der Gebüsche vorstellen. Alles ist dicht und verschlossen, und doch dabey frey und anmuthig. Nur eine einzige geringe Oeffnung verstattet die Aussicht auf einen hügelichten Vorgrund der Feldgegend hinaus. Nach der nordlichen Seite, wo unten zur Linken ein kleines heiteres Rasenstück hervorbricht, ist der Berg steil abfallend; man sieht in eine büschigte Tiefe hinab. Diese Tiefe, die Höhe der Bäume auf dem Berge, der schattenvolle waldigte Umzug, und die feyerliche Einsamkeit die hier herrscht, vereinigen sich, einen Sitz der ernsten Betrachtung zu bilden.
Unten am Berge auf der südlichen Seite führt der schlängelnde Gang am Gebüsche weiter durch ein Waldstück, und biegt zur Linken in eine große angenehme Wildniß, besonders von Tannen. Ueberall tiefe Schatten und Kühlung; überall Gesänge von tausend Waldbewohnern, die das Glück der Freyheit in dieser ungestörten Ruhe besingen. Verschiedene Gänge winden sich in dieser Wildniß herum; einige laufen in die äußere Hauptallee hinein; ein gerader Weg führt oben hinauf, und bringt unvermuthet mit einer Ueberraschung in die große mittlere Kastanienallee.
Ein andrer Weg führt oben vom Berge ab, und läuft auf dem Rande andrer anliegenden Höhen in der Waldung fort; man sieht über sich dickbelaubte Bäume den Wolken entgegen steigen, und an den Abhängen zur Rechten blickt man in eine waldigte Tiefe hinab. Dieser Weg bringt in die vorher erwähnte Wildniß, oder, wenn man will, in die äußere Hauptallee, oder darüber in die reizenden Spaziergänge, die in dem Waldstück an der Schloßallee herumleiten.
5.
Die Gegenden zwischen der äußern Hauptallee und der Schloßallee.
Diese äußere Hauptallee hat zur Linken noch besondere Gegenden, die an die Schloßallee angränzen, und sich nach unten hinabziehen.
Gleich oben liegt zur Linken ein durchgepflanztes Waldstück, worinn ein Teich erscheint. Von da läuft ein windender Weg durch dieses ansehnliche Waldstück, geht schräg über die mittlere große Kastanienallee, und nachdem er eine sehr angenehme Unterhaltung zwischen abwechselnden Waldscenen gegeben, so biegt er ganz unten in den Grasplatz ein, der in der Schloßallee am Ende liegt; und geht, indem er hier die reizende Aussicht auf einen Theil des Esseromersees und die hinter ihm sich verdüsternden Wälder eröffnet, in das Westrevier über. Von diesem langen Weg laufen zur 186 Rechten sich fortschlängelnde Nebengänge nach den übrigen Gegenden dieses ausgebreiteten Waldstücks hin, das unten nach Norden mit dem Berge eine starke Senkung gewinnet.
Mannigfaltiger und reizender können nicht leicht Waldgänge seyn, als diese; heitre Gebüsche erfrischen das Auge, und junge Buchen, die in der ersten Schönheit ihres Wuchses blühen, spielen in den blinkenden Lichtern, die sich zwischen der zarten Belaubung ihrer Häupter herabstreuen.
Westrevier.
Das Luststück mit den niedrigen Hecken auf dieser Seite des Vorplatzes ist dem zur Rechten gleich; es hat inwendig fast eben die Auszierung, und unten windet sich um dieses Stück eine Lindenallee, die an die äußerste Hauptallee in dem Westrevier stößt.
In diesem Westrevier laufen drey Hauptalleen vom Schlosse herunter, die sich unten tief senken. Die Aussicht fällt auf den tiefen Esseromersee; das Auge steigt von dem Wasser zu den hinten anliegenden dunkeln Wäldern wieder herauf. Die Helle des Wassers, die Dunkelheit der Wälder, die blaue Reinigkeit des Himmels über ihnen, geben prächtige Gegenstellungen. Die Veränderung der Luft, die Beweglichkeit der umherziehenden Wolken, ihre Verdunkelungen oder plötzliche Aufhellungen erfrischen diese Prospecte mit dem Reiz der Abwechselung.
1.
Die Gegenden zwischen der Schloßallee und der nächsten äußern Hauptallee.
Die Aussicht dieser äußern Hauptallee ist prächtig; sie fällt auf den Esseromersee, und erhebt sich aus seiner Tiefe zu der Waldung empor, die sein Ufer krönt. Diese Allee, die aus Roßkastanien und Linden mit einem Rasen in der Mitte besteht, hat bald seitwärts schöne Buchen. Der breite Weg, der dahin einschläget, ist mit Linden besetzt, die in natürlicher Freyheit neben den Waldstämmen und Gebüschen wachsen; er streicht eine ansehnliche gerade Länge fort. Der Spaziergang ist reizend, und von allen, die wir bisher betraten, verschieden. Zur Linken läuft ein mit jungen Tannen auf einer Graserhöhung besetzter Weg schlängelnd zwischen anliegenden Wildnissen, von welchen einige aufsteigende Lerchenbäume den Blick erfreuen; er geht über die Hauptallee weiter fort.
187 Indem der angefangene Weg auf der rechten Seite fortschreitet, wechselt er mit jungen Tannen ab, die sich an die Wildniß des Waldes drängen. Er führt auf eine mit Linden und Syringen umkränzte Rundung, von da über die mittlere große Kastanlenallee, weiter über einen andern mit Rasensitzen und Linden eingefaßten Platz, und geht darauf gerade zwischen Bäumen dieser Gattung, die auf der grünen Graseinfassung der anliegenden Waldstücke stehen, lange fort. Er kommt unten über eine neue mit jungen Roßkastanien bepflanzte Allee, die aus dem untersten Grasplatze der Schloßallee anfängt, und läuft auf einen entfernten Irrgarten zu, in dessen Mitte sich ein offenes Lusthaus von Gitterwerk auf einem Hügel erhebt, der mit Statüen besetzt ist.
Von diesem Irrgarten schleicht unten rechts ein Pfad durch eine anmuthige Wildniß der Natur von mancherley Bäumen ab, senkt sich und wendet sich wieder zwischen ehrwürdigen Eichen und Grasplätzen hinauf in die junge Kastanienallee, die bey dem Ende der Schloßallee abgieng.
Auf der westlichen Seite des Irrgartens geht aus einer Lindenallee, die ihn umläuft, ein Weg in einen großen dunkeln Tannenhain, der sich am Anhang des Berges herabsenkt. Der Weg bringt in das untere Ende der äußern Hauptallee dieses Reviers. Will man sie von hier hinaufgehen, so hat man zur Linken bald das Lusthaus in der Höhe des Irrgartens, bald schöne Seiten des Waldes im Gesicht, vornehmlich Buchengebüsche in ihrer heitern Jugend.
2.
Die Gegenden zwischen der äußern Hauptallee nach der Seite der Schloßallee und zwischen der mittlern Hauptallee hinab.
Indem man diese mittlere Hauptallee betritt, so erblickt man gleich oben die Partie mit dem Obelisk, der Friedrichs V. Andenken geheiligt ist. Der Eingang ist von Wiedewelt, dessen Meißel diese ganze Scene verschönert hat, mit einem Werke der Bildhauerkunst von weißem Marmor geziert, das auf der einen Seite den Tempel der Tugend, auf der andern den Tempel der Ehre halb erhoben darstellt. Der Platz hat eine runde Form, und liegt etwas in der Tiefe. Rings umher zieht sich ein gemauerter Graben mit Wasser, worüber eine Brücke geht; um den Rand des Grabens glänzt ein Kranz von Blumenstücken; zwischen ihnen und einer kleinen Rasenerhöhung lauft ein Gang herum; auf der Rasenerhöhung windet sich wieder ein schmaler Pfad herum, mit einer einfachen Reihe von Linden mit Malven verbunden, 188 zwischen welchen marmorne Dockengeländer angebracht sind; in dem obern Winkel liegt eine Laube. In der Mitte des Platzes ist eine Erhöhung, zu welcher Rasenstufen gehen. Hier erhebt sich der Obelisk von nordischem Marmor mit dem Bildniß Friedrichs V. auf einer runden weißen italiänischen Marmortafel. Auf der andern Seite des Obelisk lieset man die Inschrift:
Prudentia et Constantia
und diese:
Anno MDCCLXIII.
Hinter dieser Partie windet sich unten ein trefflicher Tannenhain herum; und durch ihn geht ein breiter Gang, der den Anblick einer andern den Grazien gewidmeten Säule in einer unmittelbar anliegenden Partie eröffnet. Diese Partie ist von einem Teiche umgeben; hierüber führt eine Brücke, deren Geländer sich um den ganzen innern Platz fortlaufend verbreiten; rings um den Teich stehen Tannen. In der Mitte dieser Partie erhebt sich die Säule. Der Schaft ist von bläulichem nordischen Marmor, und mit Kränzen von Rosen und Myrten behangen. Das korinthische Capital ist von weißem Marmor, und darüber erhebt sich eine vergoldete Vase. Unten am Säulenfuß erscheint eine runde Tafel von weißem italiänischen Marmor, mit den drey sich umarmenden Grazien in halb erhobener Bildung. Dieses Wiedeweltische Werk wird auf beyden Seiten von zwey kleinen mit den Bildnissen des Mercur und der Venus geschmückten Monumenten zur Verzierung begleitet.
Man sieht, wenn man die mittlere Hauptallee hinuntergeht, diese beyden Partien zur Rechten glänzen, und dagegen den dunkeln Tannenhain contrastiren. Ein Weg zur Rechten, mit einer einfachen Reihe von Tannen besetzt, sondert die untere Partie von dem Walde, und kehrt auf der andern Seite oben in den Tannenhain wieder hinauf. Ein großes mannigfaltig bewachsenes Waldstück erscheint beym Fortgang in der mittlern Hauptallee. Man erblickt weiter zur Rechten einen kleinen runden Platz, aus welchem ein Weg zwischen jungen Tannen, hinter welchen Linden sich an die Gebüsche anschließen, neben der schattenvollen Wildniß des Waldes sich fortschlängelt und auf die äußere Hauptallee auslauft. Zur Linken sieht man zwey Gänge in die jenseitigen Gegenden hinlaufen.
Vor sich hat man die sich immer mehr verschönernde Scene des Esseromersees in der Tiefe; man erblickt ein freyes Stück Kornland, das nahe vom Ufer an sich in 189 die umschließende Waldung hinauf erhebt, und dessen Helle mit den dunkeln Massen der Wälder einen schönen Contrast bildet. Man kommt über die große mittlere Kastanienallee, und hat zur Rechten einen jungen Eichenhain auf hellem Grasboden; zur Linken contrastirt ein dunkler rasenleerer Tannenhain, der indessen eine breite Oeffnung zum Anblick eines hohen Lusthauses macht.
Unten in den Eichenhain schlängelt sich ein Gang, führt durch, und kommt gleich wieder in einen andern Hain von Eichen, der von umliegenden Gebüschen, Taunenklumpen und den hohen Bäumen der Waldung ein dunkles und einsames Ansehen gewinnt. Er geht heraus und führt über die untere aus der Schloßallee ablaufende Kastanienallee, die hier zur Linken in der Tiefe die Ansicht des Sees unter einer Wölbung der Bäume gewährt, in ein wildes Gebüsch hin, woraus er gleich in einen großen schönen Tannenhain bringt, der sich an dem Abhange des Berges hinabzieht. Indem man an seiner diesseitigen Gränze hinabgehen will, macht ein Theil des Sees, der hinter dem buschigten Vorgrund auf dieser Seite heraufschimmert, mit seinen hinter ihm sich erhebenden Waldungen eine prächtige Scene. Zur Rechten laufen aus diesem Hain verschiedene Wege in die angränzenden obern Gegenden hin. Auf dem geraden Wege an dem diesseitigen Rande des Hains hinab, hat man in der Tiefe vor sich am Gebüsche eine rohe steinerne Säule mit einer Büste, und vor ihr einen Stuhl von wilden Feldsteinen. Nahe vor der Säule geht links ein Pfad ab, und man hat gleich wieder zur Rechten einen kleinern Tannenhain, der sich auf die Anhöhe hinaufhebt. Bey der Säule läuft unten ein Pfad hieher. Man hat bald zur Rechten wieder den Anblick einer rohen Felsensäule, die sich von einem nachläßig zusammengesetzten Unterwerk erhebt. Hier winkt dem Spazierenden ein herrlicher Ruhesitz. Man hat ganz nahe das Ufer des Sees, mit einer reizenden Uebersicht auf die jenseitigen Waldungen. Die Wellen erheben aus der Tiefe ihr Geräusch, und aus den Wolken stimmen die Gipfel der Buchen ein, um ein majestätisches Concert zu beginnen. Von hier schlängelt sich ein Gang am Rande des Berges weg, und wendet sich links wieder in den letzten Tannenhain hinauf, worauf man in die untere Kastanienallee zurückkehren kann. Geht man ganz unten am Rande des großen Tannenhains fort, so hat man zur Linken eine Wildniß von allerley Gebüschen und das Geräusche des Sees, der zuweilen an eröffneten Stellen hervorschimmert. Der Weg verwildert an der Ecke des Tannenhains zur Linken in die rohen Waldgegenden hinab. Geht man wieder herauf, zur Rechten dem Tannenhain vorbey, so hat man auf der andern Seite wieder eine dicke Wildniß von Gebüschen. Auf der obern Ecke des Hains dämmert ein sehr dunkler Weg hinab, mit jungen Tannen bepflanzt, zwischen hohen schattenvollen Bäumen, schlängelt am Fuß des Berges hinab, und sinkt in den Ausgang der äußern 190 Hauptallee. Aus dieser steigt man wieder hinauf, und kommt zunächst in die untere Kastanienallee, die aus dem Ende der Schloßallee abläuft; man biegt rechts in sie hinein. Sie geht zwischen sehr anmuthigen Gegenden fort, und senkt sich da, wo sie die vorhin bemerkte gewölbte Durchsicht nach dem See bildet, in die Einhegungsallee hinab.
3.
Die Gegenden zwischen der mittlern Hauptallee und zwischen der äußern und letzten (westlichen) Hauptallee.
Der Rand des Waldes bis zu der Partie mit dem Obelisk ist mit einer Reihe von Statüen besetzt, die unter dem Schatten der Bäume stehen.
Die äußere Hauptallee, die aus Linden besteht, giebt bey ihrem Eintritt einen täuschenden Prospect: ihr langer Rasen, der im Entfernen sich schmälert, scheint mit seiner Spitze gerade auf das Wasser des Sees zu fallen. Jenseits glänzen heitere Gefilde, und hinter ihnen erhebt sich die Finsterniß der Waldung, worüber sich der blaue Himmel färbt.
Gleich zur Rechten nach dem Eingang in die äußere Hauptallee verbirgt sich der Fasanenhof, ein von allerley Geflügel belebtes Revier, unter dem Schatten alter Bäume; eine dichte Lindenallee liegt vor ihm auf dieser Seite.
Ein windender Gang, mit jungen Tannen besetzt, läuft zur Rechten in den Wald hinein. Er erhebt sich und senkt sich, führt über einen geraden Weg, der zu beyden Seiten fortgeht, und rechts über einen kleinen runden Platz streicht, tritt hier in einen hinabschlängelnden breitern Weg mit Linden und kleinen Tannen besetzt, und bringt in das Normannsthal.
Dieß ist eine der interessantesten Scenen des ganzen Parks. Eine kleine Lindenallee führt in ein Thal herunter, das rund, und in vier Rasenstücken vertheilt ist. Zwischen ihnen liegt in der Mitte eine Rasenerhöhung, worauf sich eine Säule von nordischem Marmor, mit Kränzen umwunden und oben mit einer vergoldeten Kugel geziert, erhebt. Um das Thal laufen drey erhöhte Absätze über einander in der Runde herum; ihre Abhänge sind schöne Rasen. Jeder Absatz hat einen bequemen breiten Gang, auf beyden Seiten mit Linden besetzt. Auf dem untersten stehen zwey offene Lusthäuser der Säule gegenüber. Ringsumher ist ein schöner wölbender Umzug der Waldbäume, die hoch über die jungen Linden emporsteigen. Die oberste Höhe ist zur Rechten durch einen Tannendickigt verschlossen; zur Linken stößt an sie ein 191 Waldstück von alten und jungen Buchen, mehr frey und heiter. Allein was diese Scene interessant macht, das ist ihre Ausstaffirung. Sie ist mit einer Menge Statüen *) in natürlicher Lebensgröße angefüllt, die rings umher auf den drey Absätzen zwischen den Linden stehen, das Gesicht nach der Säule in der Mitte des Thals gerichtet. Die Statüen sind von weißem Sandstein gearbeitet, und stehen auf kleinen Fußgestellen. Sie machen eine wichtige Nationalgruppe; denn sie stellen Unterthanen des Königs, Einwohner beyderley Geschlechts, aus allen Stiften und Inseln von Norwegen in ihren verschiedenen Trachten, Beschäftigungen und Lustbarkeiten vor. Man sieht hier Arbeiter des Feldes und des Waldes, Fischer, Jäger, Seefahrer, Musicanten, Tänzer, Anwerber, Bräute, Hausfrauen, Mätter, alle mit wahrem Ausdruck der Gesichtsbildung, mit ihren Werkzeugen und Putzzierrathen. Die Gesellschaft besteht schon aus vier und sechszig Personen, und wird noch jährlich vermehrt; man fängt schon an die oberste Gallerie zu besetzen. Gleich der Eingang kündiget Fröhlichkeit an; man sieht zur Rechten zwo tanzende Figuren, und zur Linken zwey Musicanten mit einer Trommel und einer Violin. Diese Scene ist überaus reizend. Der weiße Schimmer der vielen Statüen ist zwischen dem heitern Grün der Rasen und der Linden, um welche sich rings umher die hohen dunkeln Laubdecken der Waldung ziehen, von einer trefflichen Wirkung, zumal wenn man hereintritt, oder bey der Annäherung von der linken Seite den Schein der Scene durch die leichte Dämmerung der Bäume brechen sieht. Die Anlage hat Neuheit und zugleich eine große Mannigfaltigkeit; sie hat Wahrheit mit Nationalinteresse vereinigt. Das Thal liegt einsam und verschlossen; und ist doch so gesellig. Man geht von einer Person zur andern, glaubt sich mit ihr in eine Unterredung einzulassen, zu fragen, woher sie kommt, und wer sie ist, was sie daheim macht, was dieses Werkzeug, dieser Zierrath bedeutet; man sieht auf die Inschriften am Fußgestell, die das Vaterland angeben. Man macht eine angenehme Bekanntschaft, und unterhält sich mit einer Gesellschaft aus einer der schätzbarsten Nationen in Europa, berühmt durch die Einfalt ihrer Sitten und durch die Liebe und Treue gegen ihren König. Und sie
——————
*) Die Statüen sind von dem Königl. Hofbildhauer, Herrn Grund, gearbeitet. Man hat sie in Kupfer gestochen, unter dem Titel: Abbildung des Normannsthals in dem Königl. Lustgarten zu Friedensburg. Herausgegeben von Joh. Gottfr. Grund, Königl. Hof-Bild- und Steinhauer. Fol. Kopenhagen, 1773. mit einer kurzen Beschreibung, dänisch und deutsch. Die Figuren sind von Heckel gut gestochen. Allein das Ganze muß man in keiner Kunstvorstellung, worinn es immer verliert, sondern auf dem Platze selbst sehen. Seit der Ausgabe dieser Abbildung hat sich die Zahl der Statüen schon merklich vermehrt.
192 fand einen König, der sie belohnte! Welcher Triumph für eine Nation, wenn ein Monarch, wie Friedrich V. war, die Bildnisse seiner geliebten Unterthanen vor Seinem täglichen Anblick, und selbst mitten in den Scenen Seines Vergnügens aufzustellen würdigt, wenn Er die Pracht Seines Palastes verläßt, um sich im Thal mit der Vorstellung ihrer Beschäftigungen und Lustbarkeiten zu ergötzen, wenn Seine würdige Königinn Seinen menschenfreundlichen Schritten folgt, noch jetzt diesen Schauplatz nordischer Tugenden liebt, noch jetzt die schätzbare Nationalgesellschaft sich mit neuen Ankömmlingen vermehren läßt!
Aus dem Normannsthal läuft unten eine Lindenallee, hinter welcher allerley einheimische Sträucher mit wohlriechenden Blumen gepflanzt sind, in die Einhegungsallee hinab.
Vor dem Eingang in das Normannsthal geht die große mittlere Kastanienallee mit ihren schönen Stämmen und sich verbreitenden Zweigen queer vorüber, und läuft zur Linken über die ganz nahe äußere Hauptallee an dem Abhange des Berges hinab, in die Einhegungsallee.
Wendet man sich rechts in diese Kastanienallee, so kommt man bald zur Linken in einen schmalen Pfad. Er ist windend, abwechselnd, reizend, und führt neben einem Sitze unter einer Eiche in die Partie, in deren Mitte sich ein schönes Lusthaus, in Form eines runden Tempels, von offenem Gitterwerk, erhebt. Die Lage dieses Gebäudes ist entzückend. Auf beyden Seiten laufen zwo kleine Alleen ab, mit Linden und Lerchenbäumen abwechselnd, wovon die zur Rechten in die mittlere Hauptallee geht. Hinter sich hat man eine Allee von Linden und Tannen, mit einer Durchsicht bey dem oben liegenden Fasanenhof hinauf; und vorne gerade aus eine herrliche Aussicht auf den See, in welchen die von oben herablaufende Allee von Linden und Tannen sich unmittelbar hineinzustürzen scheint; und hinter dem hellen Wasser schwärzen sich die großen Massen der Waldung. Von diesem Platz sieht man auf allen vier Seiten zwischen den Zugängen dunkle Tannenhaine ruhen.
Verfolgt man die Allee zum Wasser hinab, so kommt man gleich zur Rechten in einen Weg, an dem äußern Rande eines von diesen Tannenhainen hin. Man erblickt die Büste Friedrichs IV. in weißem italiänischen Marmor, auf einem hohen Fußgestell von nordischem Marmor. Von dieser Büste, deren weiße Farbe eine gute Wirkung vor dem Dunkeln der Bäume macht, führt ein gerader Weg hinab in eine Wildniß von Tannen, zwischen welchen die heitern Blätter junger Ahorne trefflich contrastiren. Der lange, gerade, dunkle, immer nächtliche Weg fällt unerwartet auf eine Partie voll Glanz und Schönheit. Es eröffnet sich ein großer Platz, der sich von dem Walde nach dem See hinabsenkt, dessen helle Massen aus der Tiefe heraufstrahlen. 193 Der Platz ist oben mit Rasen, Blumen und heitern Lindengängen geziert. Unten liegen zwey Lusthäuser. Sie stehen auf dem Rande der Anhöhe, ehe der Berg sich völlig senkt. Durch die Oeffnung der Einhegungsallee bricht hier eine überaus erfrischende Aussicht hervor. Das Auge überschauet die ganze Breite des Sees, seine Wälder mit den heitern Grasplätzen und Kornfluren, die in den Zwischenräumen aus der Finsterniß der Waldung hervorlachen, die weiten Felder, die sich zur Linken hinstrecken; eine Aussicht, welche die Seele mit neuen Empfindungen belebt, indem sie ihr das Vergnügen der Freyheit und der Ausdehnung gewährt.
Dieß ist in der That der Ruhm von Friedensburg, daß es alle Annehmlichkeiten des Landlebens in sich vereinigt. Die vielen Scenen sind in beständiger Abwechselung; die wilden und die bepflanzten Plätze, das Offene und das Verschlossene, das Heitere und das Dunkle, die geraden Alleen und die schlängelnden Gänge, die Haine und die Waldstücke, die Rasen und die Dickigte, alles ändert ab, und ähnliche Auftritte erscheinen immer unter neuen Gestalten. Alle Arten von Waldsängern wohnen in diesen sichern Revieren, und beleben fast jeden Baum und jeden Busch mit ihren Liedern; wilde Tauben flattern überall umher oder girren von den hohen Aesten; und das junge Wild streicht sorglos über die beschatteten Wege dahin. Die Freyheit umarmt hier die Liebe der Natur. Eine reine und gesunde Luft weht über ihren Häuptern; Wasser, Wälder, weitläuftige Spaziergänge locken; Schatten und Kühlung schweben aus den Gipfeln der Eichen herab; die frischen Düfte der gemäheten Grasplätze durchwallen die labyrinthischen Gänge; und die späte Helle der Sommerabende, die dieser Himmelsgegend eigen ist, verlängert jeden Genuß der stillen Freuden der Natur.
4.
Die Gegenden zwischen der äußersten (westlichen) Hauptallee und zwischen der Einhegungsallee.
Oben unmittelbar am Schlosse bey dem Cabinet der Königinn auf der westlichen Seite liegt ein kleiner Garten, der einer stillen Ruhe gewidmet ist. Er besteht aus Blumen, kleinen Rasen und Bäumchen, und ist mit vielen trefflichen Werken der Bildhauerkunst von italiänischem und nordischem Marmor geziert. Er hat liegende Figuren, schlafende Kinder, feine Gruppen von Bildern, Vasen von mancherley Formen und Verzierungen, Sitze von Marmor, Säulen, eine Cascade. Man sieht hier wieder vortreffliche Denkmäler von Wiedewelt, einem Künstler, den 194 Norden gegen die größten neuen Meister der südlichen Länder, wo die Künste zuerst aufblüheten, aufstellen darf. *) Von ihm sind vornehmlich folgende Stücke schätzbar. Unten bey der Treppe zwey liegende Sphynxe; vier brennende Vasen auf den Ecken des Geländers; vier Vasen mit den Früchten der Jahreszeiten belegt; eine Vase mit einem Satyrkopfe; und außer diesen noch vier Vasen, welche den verschiedenen Styl der Kunst unter den Völkern zeigen, bey welchen sie im Alterthum am meisten blüheten. Die ägyptische Vase ist von schwarzem Marmor mit dem Kopf der Isis und einem Sistrum; das Fußgestell von nordischem Marmor stellet einen Altar vor, der mit Hieroglyphen bezeichnet ist. Die hetrurische Vase zeigt vorne den Kopf des hetrurischen Königs Arminus; sie ist von schwarzem Marmor, das Fußgestell aber von nordischem in Form eines Altars. Die griechische Vase ist mit ihrem Fußgestell von weißem Marmor; sie ist mit den Bildnissen des Jupiters und der Juno in halb erhobener Arbeit geziert; das Fußgestell ist ein runder Altar. Die römische von weißem Marmor ist eine Zusammensetzung von dem spätern Styl in der Kunst, um die Abweichung der schönen Formen zu zeigen; das Fußgestell ist ein Altar, mit der Inschrift: Marti sacrum, Patriae custodi. Auf den beyden Enden eines marmornen Dockengeländers mitten in diesem kleinen Garten liegen zwey schlafende Kinder von weißem Marmor; die Unschuld kann nicht ruhiger schlummern. Am Ende des Gartens liegt die kleine Cascade von nordischem Marmor, felsenförmig gemacht. Das Wasser breitet sich über einen Felsen und gießt sich über einige ausgehauene Tritte hinunter in ein Baßin; in dem Gestein sind Wassergewächse, Fische, Frösche auf eine malerische Art gruppirt; an den Seiten des Baßins stehen Vasen mit Schlangen gedeckt.
Hinter diesem Garten liegt unten in der Tiefe ein andrer kleiner Garten, wohin eine Treppe mit zwey Gängen hinabführt, in deren Mitte sich eine Nische mit einem Grottenwerk eröffnet. In diesem Garten erhebt sich ein gemauerter Berg mit vielen Absätzen und Aufgängen, zwischen welchen sich Oeffnungen zeigen; er ist oben mit einer Gruppe Bildhauerarbeit und grünenden Büschen geziert, unten ist er von einem Wassergraben umgeben, den eine niedrige Hecke umzäunt, und worüber eine Brücke führt. Der Berg wird von einer zahlreichen Colonie von Enten bewohnt. Die Seiten des Gartens sind mit Obstbäumen besetzt.
An diesen Garten stößt noch ein Platz mit Fruchtbäumen und Erdbeerbeten bereichert.
——————
*) Das herrlichste Werk dieses Künstlers und der nordischen Kunst überhaupt ist noch nicht vollendet, das Trauermonument Friedrichs V. das unter den königlichen Begräbnissen der Kirche zu Rothschild errichtet werden soll.
195 Ein Geländer von Gitterwerk, woran sich die Zweige der Obstbäume verbreiten, dient diesen drey Plätzen auf der Seite des Parks zu einer besondern Abzäunung. Und auf eben dieser Seite läuft oben vom Schlosse an neben ihnen eine Allee von Linden herunter, die der Anfang der äußersten Hauptallee dieses Westreviers ist.
Oben aus dieser äußern Hauptallee läuft, in der Gegend des Fasanenhofes, zur Linken ein Weg ab, und windet sich rechts zwischen Waldstücken fort. Er führt auf einen großen Platz, von welchem zur Rechten ein Weg in die äußerste Hauptallee weiset, und ein andrer zur Linken in den Ausgang des Parks auf der Südseite fällt. Der Platz ist mit Lindengängen und einigen bejahrten Waldbäumen geziert, und hat zur Linken einen Teich. Man geht gerade durch, zur Linken neben einem kleinen Luststück vorbey, woraus schöne Lerchenbäume emporsteigen, läßt auf dieser Seite noch eine Laube liegen, und kommt zum Berge der Königinn.
Unten an dem Sitze auf dieser Höhe läuft gerade ein Weg in die waldigten Abhänge hinab. Er führt zunächst durch einen Hain von Tannen, der sich in die Einhegungsallee endigt. Man geht unten in dieser fort, über die Stelle, wo die große mittlere Kastanienallee anfängt, und sich zur Rechten hinaufzieht, verfolgt den Weg am Fuß des waldigten Berges, und genießt, indem man sich dem Schiffhause nähert, den Anblick einer schönen Wiese, an deren Gränze die blinkenden Wellen des Sees spielen, mit dem man hier in der Tiefe ist. Das Schiffhaus ist zum bequemen Einsteigen in das große Lustschiff und die kleineren Böte erbauet, die hier zum Vergnügen der Wasserfahrten liegen. Man überschaut hier die ganze prächtige Strecke des Sees, der fast immer wallet, und eine belebte Scene darstellet, mit seinen weiten Ufern und den jenseitigen Waldungen und Landschaften.
Von dem Schiffhause geht man weiter durch die Einhegungsallee, und kehrt rechts in einen schlängelnden Weg den Berg hinauf. Er führt, lange herumirrend, immer schattigt und kühl, unter dem Geräusch der hier unsichtbaren See, durch die waldigte Wildniß, fast immer durch junge Buchengebüsche mit alten Bäumen untermischt, steigt allmählig und leitet oben etwas seitwärts zur Rechten in einen verborgenen Winkel, wo eine grüne Laube zum Ruhen einladet. Der Winkel liegt auf einem steilen Absatz des Berges, wovon man eine anmuthige Aussicht in die Einhegungsallee hinab hat. Indem man in den vorigen Weg zurückkehrt, sieht man zur Linken einen Pfad zu dem Normannsthal hinlaufen. Der angefangene Weg steigt höher fort, geht über die große mittlere Kastanienallee nach dem gegenüber liegenden Waldstück, und windet sich hier fort, nach der Höhe von dem Berge der Königinn wieder hinaus.
196 Hier laß uns ruhen, ländliche Gartenmuse, und die letzte Scene voll neuer Schönheiten betrachten. Schau, welch ein erhabener und feyerlicher Sitz auf dieser Höhe! Unter einer Buche, die Jahrhunderte ihres Lebens zählt, die mit ihren ausgebreiteten starken Aesten sich fast in der Höhe dem Blick entzieht, der ihr nachstrebt, ruhet eine von Linden geflochtene Laube. Ringsumher hat sie eine Umkränzung des kleinen runden Vorplatzes mit einem niedrigen Gebüsch von Ligustrum. Hinter dem Gebüsch sind die Abhänge dieser Höhe in drey Absätze getheilt, die herumlaufen; der oberste und mittlere sind mit Malven geschmückt; und aus dem untersten erheben sich Lerchenbäume herauf.
Prächtiger kann keine Aussicht über die Kronen hinwallender Waldungen seyn, als hier. Das Auge stürzt gleich in den waldigten Vorgrund hinab, woraus sich die Häupter von mancherley Bäumen mit mannigfaltigem Grün und Gestalten erheben. Ein seltsames, überraschendes Gemisch von Formen und Farben; die Spitzen der Tannen mit den breiten Wölbungen der Buchen, das flatternde Laub der Birken mit den festen Blättern der Eichen. Das Auge erhebt sich wieder aus dem Vorgrunde, um bald über steile Spitzen, bald über wellenförmige Erhebungen des obern Laubwerks dahin zu schweben. Ein Strich von dem Ende des Sees schimmert hinter den ungeheuern Massen der waldigten Scenen herauf, um sie zu erfrischen, und in dieß große Waldgemälde eine milde Erheiterung einzustreuen. Gleich hinter dem Strich vom Wasser steigen wieder die jenseitigen Waldungen empor, und verbreiten ihren nächtlichen Schatten in langen Strecken fort.
Und welche neue Feyer für diese Scene, wenn die Königinn hier in den milden Augenblicken ruhet, wo das untergehende Licht des Tages über die Wälder dahingleitet, und die goldenen Strahlen sich zwischen den dunklen Massen der belaubten Spitzen brechen. Die stolzen Gipfel der Wälder wallen über einander dahin; ein lautes Geräusch scheint ihre Belebung anzukündigen; sie scheinen sich zu neigen, sich von dem Blicke der Königinn begrüßt zu fühlen. Indessen schaut Ihr erhabenes Auge mit ruhiger Behagung über die Wälder hin, zu fernen Landschaften, die hinter ihrem Schatten blühen, hinaus, zu den glücklichen Landschaften, wo jede Hütte sich allmählig bereitet, Ihr das Abendopfer zu weihen.
197 II.
Jägerspreis. *)
Jägerspreis liegt in einer überaus angenehmen, fruchtbaren und waldigten Landschaft. Sie ist von dem großen Meerbusen Isefiord umgeben, der sie bis auf die südliche Seite, wo sich das Land mit seinen Fluren und Wäldern verbreitet, ganz mit Wasser umschließet. Dieser Meerbusen theilet sich um diese Landschaft her in seine beyden Hauptarme; der kleine oder Rothschilder liegt auf der östlichen Seite, und erstreckt sich bis Rothschild; der große verbreitet sich auf der Westseite in ein ansehnliches Gewässer, das eine Breite von mehr als einer Meile hat, und geht bis Holbek und andere Gegenden, wo er einige andre Namen erhält. Man darf diese Lage nur berühren, um die Phantasie zur Vorstellung der prächtigen Aussichten zu wecken, die sich um Jägerspreis eröffnen.
Das Schloß ist alt, aber geräumig, mit einer Menge von Zimmern, die zum Theil mit Gemälden geziert und sehr prächtig meublirt sind. Aus den obern Stockwerken genießt das Auge die vortrefflichsten Prospecte auf die Gewässer des östlichen und des weiten westlichen Meerbusens und auf die Reichthümer der Landschaft umher.
Unmittelbar vom Schlosse verbreiten sich zunächst sowohl auf der östlichen als auf der nordlichen Seite große und freye Rasenplätze, die mit mancherley Blumen umkränzt sind. Die Rasen auf der Ostseite laufen auf grüne Lauben, die mit Linden umgeben sind, zwischen welchen Blumen blühen; zur Linken zieht sich ein schattenreicher anmuthiger Bogengang von Ypern und Linden, hinter welchem ein Teich ruhet. Die Rasen auf der nordlichen Seite haben, außer ihrer Umkränzung mit Blumen, eine Blumengruppe auf einer Erhöhung; sie sind außerdem mit vier schönen Vasen mit den Sinnbildern der Jahreszeiten auf Fußgestellen ruhend, und mit einer feinen marmornen Säule verziert, deren Schimmer auf dem frischen Grün eine sehr anmuthige Wirkung macht. Der ganze Platz ist mit schönen Linden umgeben, zwischen welchen die stolzen Malven ihre farbigten Häupter erheben.
——————
*) Dieses Lustschloß gehört Sr. Königl. Hoheit dem Erbprinzen Friedrich; und liegt sechs Meilen von Kopenhagen.
198 In beyde Gegenden, gegen Osten sowohl als gegen Norden, laufen von diesen Rasenplätzen gerade Alleen ab, welche in die freyeren Anlagen, in die Spaziergänge und in die Wälder führen.
Auf der östlichen Seite streicht das Auge in die Landschaft durch eine hohe waldigte Allee, die sich zwischen anliegenden Wäldern erhebt, und von Eschen, Weiden, Ellern, Linden, Haseln und andern Geschlechtern dicht bepflanzt ist. Auf der rechten Seite liegt ein junger Hain von Eichen, auf der linken ein anderer von Tannen mit geraden Alleen und schlängelnden Gängen abwechselnd; und ganz nahe an sie gränzen noch andre Wälder, die durch eine Ahornallee mit den nordlichen Wäldern, die aus alten ehrwürdigen Eichen mit Buchen und Untergebüsch untermischt bestehen, verbunden werden. Die auf der Nordseite liegenden Wälder sind groß, frey, voll natürlicher Schönheit, hie und da mit Grasplätzen und Aussichten erheitert, und mit windenden Gängen durchschnitten, worinn angenehme Rasensitze liegen. Und zwischen diesen Wäldern sind Alleen von Ahorn, von Linden, und von Eichen gepflanzt, die sich an die Waldbäume schließen, ein verändertes Grün und reizende Spaziergänge geben. Die angepflanzten Bäume stehen auf natürlichen Rasen, und wachsen in ihrer glücklichen Freyheit. Man findet überall eine schöne, sich selbst überlassene Natur; alles ist ausgedehnt, frey und unverstellt. Ein Schein von Wildniß, der über das Ganze herrscht, ist an einem Orte von einer solchen Bestimmung, wie dieser hat, überaus schicklich. Er verlangt Größe und keine künstliche Verzierungen; die Verwilderung in Dickigte, die Dunkelheit und die Einsamkeit der Wälder vereinigen sich zur Verstärkung der Eindrücke, die hier die Seele empfangen soll.
Jägerspreis ist ein Park von einem feyerlichen Charakter, den großen und heiligen Bewegungen gewidmet, die aus der Gegenwart der Denkmäler sowohl des hohen Alterthums, als auch der ehrwürdigen Männer dieser Reiche, nur entspringen können.
Man sieht hier Grabmäler, wo die Gebeine der alten Helden Nordens ruhen, in Kammern von Steinen, die der Zeit eben so unbezwingbar waren, als ihr Muth ihren Feinden war. Indem man diese Oerter betritt, so empfindet die Seele das Ehrwürdige jener Zeiten, wo edle Einfalt des Herzens und feste Männlichkeit der Tugend bey rohen Sitten wohnte. Eines von diesen Grabmälern ruhet in einem Walde auf der Nordseite. Es bestehet aus Feldsteinen, in der Höhlung eines Hügels, welche für zwanzig stehende Personen Raum hat; über dem Hügel breiten zwey alte krum199me Eichen, deren Ansehen sich so wohl zu dieser Scene schickt, ihre unförmlichen Aeste aus; und rings umher bilden Eichen, Buchen, Ellern und Haselgebüsche mit dichten Laubdecken eine schattenvolle Verschließung. Eine Marmortafel, die zwischen den beyden Eichen steht, sagt in einer lateinischen Inschrift, daß dieser Begräbnißplatz, der die Gebeine von vier Sterblichen seit acht Jahrhunderten verwahrte, von Friedrich dem V. im Julius 1744 zuerst eröffnet worden. Man hat diesen Hügel zugleich zu einem Ruheplatz über dem Begräbnisse eingerichtet; er ist mit einer Bekleidung von Rasen mit Aufgängen und Sitzen versehen, und durch eine ausgehauene Oeffnung der Hölzung hat das Auge die Aussicht auf Wiesen, auf einen Theil des östlichen Meerbusens und in die weite Landschaft hinaus.
Ein andres altes Begräbniß ist mit dem Namen von Julianenshügel ausgezeichnet, und liegt frey auf der Westseite, wohin vom Schlosse eine Lindenallee führt. Der ganze Platz ist mit einem Geländer und mit Bäumen umgeben. In diesen Hügel geht eine mit rohen Feldsteinen gebildete Höhle, die sich etwas krümmt; sie ist sieben und zwanzig Fuß lang, und so hoch, daß eine Person darinn stehen kann. Im Hintergrunde der Höhle brennt eine Lampe, die einen feyerlichen Schein durch die Dunkelheit dieses Gewölbes streut. Ueber dem Eingang lieset man die Inschrift:
Dem Andenken der besten Mutter ist dieses uralte Denkmal (gefunden im Jahr 1775) geheiligt vom Erbprinz Friedrich.
Der Hügel besteht aus zwey Absätzen oder Abtheilungen. Man steigt beym Eingange der Höhle zu beyden Seiten auf eine Rasentreppe zu der ersten Höhe, auf welcher ein runder Gang herumführt. Hier stehen um den äußern Rand des Ganges zwischen Malven sieben runde und einfache Säulen, die, wie die Inschriften der Namen zeigen, alten dänischen und norwegischen Königen, Skiold, Frode den Fredegode (Friedliebenden), Dan Mykillati (Prächtigen), Harald Haarfager (Schönhaar), Gorm den Gamle (Alten), Harald Hyldetand, und dem Stammvater des oldenburgischen Hauses, Wittekind, gewidmet sind. Diese Säulen geben durch die Inschriften, die sie zu Denkmälern bestimmen, und durch die Einfachheit ihrer Form, die ihnen an diesem Orte zukommt, eine sehr glückliche und anständige Verzierung. Die obere Hälfte des Hügels ist mit Bäumen bepflanzt, und ebenfalls am Rande mit Blumen umkränzt. Auf der Spitze liegt ein runder Platz, inwendig mit Sitzen, und rings umher von einer Rasenerhöhung eingeschlossen. Man genießt von dieser Höhe eine weite herrliche Aussicht. Zunächst wird das Auge rings umher von einer sehr angebaueten, fruchtbaren, blühenden Landschaft, die mit allen abwechselnden Schönheiten der Natur angefüllt ist, entzückt. Auf der Westseite erscheint 200 der lange und weite Meerbusen, Isefiörd, der, indem der Blick auf die jenseitigen Ufer hinreicht, in der Aussicht einen großen glänzenden Kranz von Wasser bildet. Zur Linken auf der südlichen Seite ruhen Waldungen in der Landschaft; weiter zurück zeigt sich das Schloß mit den Gebäuden von Jägerspreis und mit den wölbenden Gipfeln der Wälder von Eichen und Buchen, zwischen welchen die hohen Spitzen des Tannenhains hervorstechen. Nach Osten verbreitet sich der Blick über Wälder, streicht durch eine eröffnete Durchsicht auf den rothschilder Meerbusen hin, und von da verliert er sich in die dahin dämmernde Ferne der Landschaft. Auf der nördlichen Seite strecken sich die weiten Flächen der Landgegenden mit einzelnen Häusern, Einzäunungen, Gebüschen und Bäumen hin. Die Aussicht ist zu reich für eine Beschreibung sowohl, als für ein Gemälde.
Von diesem Hügel kann man auf verschiedenen Wegen in die stille Dunkelheit der Wälder kehren. Hier eröffnen sich Scenen, die das Auge reizen, und die Seele mit einer feyerlichen Ehrfurcht erfüllen. Man glaubt auf einmal in die geheiligten Haine Griechenlands versetzt zu seyn. Das Innere der Wälder und die freyen Alleen sind mit schimmernden Monumenten erfüllt, die der Königliche Prinz, dessen edler Geist hier wirkt, den verdientesten Männern Seines Vaterlandes in nordischem Marmor von der Erfindung Seines Wiedewelt errichten läßt. Welche neue und ehrwürdige Scene! Ein Prinz in Norden schafft hier ein Werk, das Griechenland in den heitersten Zeiten der Vernunft und der Künste nicht auf die Art hatte; denn Er ehrt alle Gattungen von Verdiensten, nicht blos die Helden und die Sieger, die vornehmlich in dem Marmor der Griechen wieder auflebten, sondern auch den weisen Staatsmann, den Erfinder, den Aufklärer der Wissenschaften, den Lehrer des Volks, den Retter seiner Mitbürger, den Beförderer jeder gemeinnützigen Anstalt, die ohne Schimmer in sich selbst gehüllt, oft unbemerkt vor dem Auge der Fürsten vorüberschwindet, und selbst die, welche durch männliche Tugend in weiblicher Brust den Ruhm ihres Geschlechts erhöheten. Auch bey allem Eifer Britanniens, seine Parks zu veredeln, hat es noch keine Unternehmung dieser Art; die einzelnen Tempel oder Monumente zum Andenken verdienter Britten, die hie und da errichtet sind, selbst die bekannten elysäischen Felder zu Stowe, sind nicht das, was Jägerspreis zeigt. Der Kenner findet hier die erste Ausführung eines Werks, das vielleicht kaum in diesem Geschmack gedacht ward, und das den Gärten einen Adel giebt, den ihnen das ganze Götterchor, das Ludewig XIV. aus dem mythologischen Himmel herabrief, nicht geben konnte.
201 Allein nicht blos den Werth der Neuheit, auch das Verdienst des Nationalen hat die Errichtung der Monumente zu Jägerspreis. Man sieht hier das Andenken der verdientesten Personen aus der Nation, von entfernten Jahrhunderten bis auf das gegenwärtige, erneuert. Man hat eine strenge Wahl beobachtet. Es sind Verdienste von der ersten Größe, und von einem so bekannten und entschiedenen Werthe, daß selbst der Neid, indem er hinschielt, stumm vorübergeht. Seit drey Jahren, da dieses Werk seinen Anfang nahm, dessen Fortsetzung noch von der glücklichsten Begeisterung begünstigt wird, sind hier nun dreyßig Denkmäler errichtet, und ihre Anzahl wird noch wohl auf eben so viel vermehrt werden. Welcher Ruhm für die Nation, die ihre Verdienste von allen Classen und aus allen Ständen hier verewigt sieht, von einem Prinzen, dessen Geist sie alle kennt, und dessen Edelmuth sie alle schätzt! Und welche Begeisterung für die Nachkommen, die hier die Denkmäler ihrer würdigen Vorfahren erblicken, vor ihnen mit stummer Rührung stehen bleiben, das Feuer der Nacheiferung bey sich auflodern fühlen, und mit dem edlen Entschluß, auch einst zu seyn, was sie waren, zurückkehren! Auch der Patriot, der mit den verewigten Namen in keiner andern Verbindung steht, als durch das Interesse seiner Nation, der sie angehören, wird bey dem Anschauen ihrer Monumente erwärmt. Man hat hier diese Wirkungen in der That bemerkt. Man hat oft gesehen, wie selbst in den Augen der Damen eine sanfte Rührung hervorbrach, wie sie das Edle in diesen Anstalten empfanden, und sich mit Wehmuth an die Personen oder an ihre Verdienste erinnerten. Die vaterländische Geschichte wird ein Lieblingsstudium; man würde vor sich selbst erröthen, die Personen, deren Ehrenmäler hier stehen, nicht zu kennen, oder sie vergessen zu haben. Und selbst der Fremde giebt seinen Beyfall, und gesteht, daß ein Prinz, der große Männer seiner Nation zu ehren weiß, das Vorrecht hat, sie zu besitzen.
Gewiß konnte der Prinz, der alle schönen Künste Seines Vaterlandes begeistert, ihnen keine würdigere Bestimmung geben, als da Er sie zur Verewigung der Nationalverdienste rief. Die Monumente sind Säulen von einer edlen Einfalt, die der Schönheit bey Werken des Geschmacks zugehört. Die Formen sind richtig, frey und in jedem Denkmal abwechselnd; einige haben eine charakteristische Bezeichnung, die auf das Persönliche des 202 Verdienstes hinwinkt. Die Säulen sind mit den Namen der Personen, und nach den Gesetzen des Geschmacks, mit wenigen, aber richtig gewählten Sinnbildern, die bey Werken dieser Art von einer großen Kraft sind, bezeichnet. Bey aller Mannigfaltigkeit der Formen und der Sinnbilder ist die Simplicität sorgfältig beybehalten.
Hier sind einige Monumente *) als Beyspiele: Absalon, der berühmte Bischof und Feldherr; Tycho Brahe, der große Astronom; Peter Colbiörensen, **) der edelmüthige Patriot; Ulrich Friederich Gyldenlöve, der muthige Eroberer von Marstrand; Friedrich Danneskiold Samsoe, Generaladmiral und Verbesserer des Seewesens; Johann Hartwig Ernst Bernstorf, der unvergeßliche Staatsminister, dessen kluge Unterhandlungen Holstein das Glück vorbereiteten, unter der dänischen Regierung aufzublühen.
——————
*) Alle Monumente werden von Clemens jetzt in Kupfer gestochen, und künftig mit historischen Erläuterungen, welche die Thaten und Verdienste der Personen betreffen, in einem besondern Werke herauskommen.
**) Diese Männer sind aus der dänischen Geschichte bekannt genug; Peter Colbiörensen möchte es vielleicht weniger seyn. Dieser patriotische Normann that sich bey der Belagerung von Friedrichshall unter Karl XII. nicht nur durch außerordentlichen Eifer und Muth her vor, sondern er munterte auch, um die Festung zu retten, seine Mitbürger zur Anzündung der Stadt auf, und steckte zuerst sein eigenes Haus in Brand. Der nordische Alexander ward dadurch genöthigt, noch vor dem Abend die Stadt mit großem Verlust zu verlassen. Colbiörensen war Kaufmann, und starb als Obrister. – Der Künstler hat den Marmor so täuschend zu bearbeiten gewußt, daß man bey der Annäherung in der That verbranntes Holz und zerbrochene Mauersteine zu sehen glaubt.
203
205
207
209 Die Säulen sind in dem jungen Eichenhain und in dem Tannenwald auf der Ostseite des Schlosses, in dem großen Walde voll alter Eichen gegen Norden, und in den Alleen und Spaziergängen bis an das Ende des Parks in den Fasanengarten hinab, überall zerstreut. Sie stehen einzeln und abgesondert, damit jede ihre Wirkung vollenden könne, ehe eine andre erscheint. Man erblickt sie fast immer an schattigten Plätzen, auf kleinen Erderhöhungen, unter der Dämmerung bejahrter Eichen oder Buchen. Der Schimmer des Marmors, der durch die Belaubung bricht, und das heilige Dunkel, worinn sich zuweilen die Monumente verbergen, bis das Auge sie plötzlich erblickt, lassen abwechselnd ihre Eindrücke zur Seele dringen. Alles ist still, einsam, feyerlich. Die Wirkungen dieser Scenen sind groß und immer zutreffend; aber nur eigene Empfindung faßt sie, keine Beschreibung kann sie überliefern. Das Gefühl der Kenner ist hier Richter und Lobredner zugleich; alle sind hier zur warmen Verehrung des Prinzen vereinigt, der selbst an dem Orte Seines ländlichen Vergnügens die Tugenden und die schönen Künste zu Begleiterinnen hat, und der Seine Haine und Spaziergänge nur liebt, wenn sie von den Ehrensäulen der Verdienste Seines Vaterlandes glänzen.
210 III.
Marienlust. *)
Eine vortrefflichere Lage, als dieses königliche Lusthaus in der westlichen Gegend der Stadt Helsingör genießt, dichtet kaum ein Thomson aus der reichsten Phantasie hervor, findet kaum ein Tavernier, der die herrlichsten Lustplätze aller Welttheile durchwanderte.
Das Gebäude ist schön und erst vor zwanzig Jahren erbauet. Es ruhet an einem Hügel, und besteht aus zwey Stockwerken zur Bewohnung; denn das Erdgeschoß, das nur auf der Vorderseite ganz sichtbar und mit einem Ausgang unter einer Arcade versehen ist, dient zu den Bedürfnissen der Tafel in geräumigen und hellen Abtheilungen. An der Vorderseite des zweyten Stockwerks befindet sich unter einer zwoten Arcade ein anmuthiger Sitz, besonders zum Genuß der Aussicht über den Garten oder den Vorplatz. Auf der Hinterseite des Gebäudes ist die Anlage so gebildet, daß man zu dem obersten Stockwerk fährt. Das Dach ist flach und mit einer Gallerie umgeben, deren Vorderseite vier schöne Vasen zieren. Das ganze Gebäude ist von Stein aufgeführt und mit einem grauen Anwurf überkleidet.
Die Zimmer dieses Lusthauses sind nach richtigen Verhältnissen vertheilt und eingerichtet; in dem untern Stockwerke befinden sich vier, außer einigen Cabinetten; allein die schönsten sieht man in dem obersten Stockwerk, mit Geschmack verziert und mit Gemälden über den Thüren von Mandelbergs Pinsel geschmückt. In der Mitte dieses Stockwerks liegt ein großer, viereckigter, heitrer, schöner Saal, der die herrlichsten Prospecte eröffnet und sie in zwey hohen Wandspiegeln wiederscheinen läßt, die oben mit den Bildnissen Friedrichs des Fünften und Julianens, wie halb erhobene Arbeit medaillenförmig von Pilo gemalt, bekrönt sind. Das Auge vergißt bald die reizenden Wiederscheine von Meer und Landschaft, und bleibt verweilend an den geliebten Bildnissen mit stummer Entzückung hangen. Zur Linken stößt an diesen Saal ein länglicher Speisesaal; zur Rechten liegen zwey Zimmer.
——————
*) Dieses königliche Lusthaus gehörte Ihrer Königl. Majestät, der verwittweten Königinn, Juliana Maria, und ist von Ihr Sr. Königl. Hoheit, dem jetzigen Kronprinzen, Friedrich, geschenkt. Es liegt ganz nahe bey der Stadt Helsingör und dem Schlosse Kronenburg, fünf Meilen von Kopenhagen. Man hat von Marienlust zwey Kupferstiche, einen kleinen von Quist, der blos das Gebäude zeigt, und einen grössern von W. A. Müller (1767), der außer dem Lusthause den Hügel und den Garten vorstellt.
211 Der Hügel, woran sich das Gebäude lehnt, ist in verschiedene Absätze zertheilt, mit Aufgängen versehen, und mit Statüen und Vasen verziert. Ihn kleiden einige Bäume, die schon die Vorwelt wachsen sah, andre, besonders Linden, sind vor einiger Zeit angepflanzt, und davon überall beschattete Spaziergänge gebildet, die mit angenehmen Ruheplätzen abwechseln. Das Gebäude steigt mit dem Hügel zu einer gleichen Höhe; aber die Bäume ragen noch über das flache Dach empor, und bilden einen schattigten Hintergrund, der von den Gesängen der Vögel wiederhallt.
Vor dem Angesichte des Lusthauses verbreitet sich der Garten oder vielmehr der Vorplatz, dessen Heiterkeit die angenehmen Eindrücke des Hügels und des Gebäudes unterstützt. Er ist ein Luststück von grünen Rasen und Blumen, mit Statüen und Vasen unterbrochen; rings umher laufen kühle Spaziergänge unter Linden. Die symmetrische Vertheilung und Verzierung dieses Vorplatzes ist hier in einer so unmittelbaren Verbindung mit dem Gebäude selbst schicklich; der Raum verstattet keine freyen Anlagen, und man sucht sie ohnedies nicht an einem Ort, wo man die prächtigsten Gegenstände der Natur und der menschlichen Kunst, die sich über jede Verschönerung von Anpflanzung erheben, in der Aussicht genießen soll.
Diese großen Gegenstände der Natur und der Kunst sind es, welche die Herrlichkeit von Marienlust ausmachen. Erhabener und feyerlicher mag die allmächtige Natur Scenen bilden können; aber an Einem Platz hat sie nicht Scenen in der Aussicht vereinigt, die diesen gleichen. Besteige den Hügel oder das flache Dach, und erwarte ein Entzücken, das die ganze Seele erweitert und dich über dich selbst erhebt. Zur Rechten verbreitet sich der Blick über die Ostsee; die Insel Hween, die sich aus ihren blauen Wellen erhebt; die ansehnliche Stadt Helsingör; hinter ihr unzählbare Masten von Schiffen aller Nationen, die durch den Sund gehen; das prächtiggothische Schloß Kronenburg, das auf seiner Anhöhe, wovon es über die Meerenge gebietet, mit seinen Thürmen, starken Mauern und unbezwingbaren Bollwerken, wo tausend Donner auf den ersten Wink ausbrechen, in einer solchen heroischen Landschaft von einer weit grössern Wirkung ist, als der zierlichste Palast, das an die Helden der Vorwelt zurück erinnert, und noch jetzt durch die Vorstellung von Stärke und Herrschaft erhebt. Weiter herauf nach der Mitte überschauet das Auge den ganzen Oeresund, der das baltische Meer dem Ocean übergiebt; die langen Strecken der Küste von Schweden; und auf ihr die Stadt Helsingburg mit ihren Häusern und dem Thurm über sie hinaus, der, als der Ueberrest der verwüsteten Festung, einsam auf dem Berge trauert. Zur Linken hin erscheinen auf der Spitze der jenseitigen Küste von Schonen die Kulla-Berge; man übersieht ferner auf dieser Seite den Codanschen Meer212busen, den Eingang in den Ocean; und tiefer links die diesseitigen fruchtbaren und mit schöner Waldung bekleideten Ufer von Seeland. – Doch diese Aussichten, die einzigen von dieser Art in Europa, übersteigen alle Beschreibung; man muß sie schauen, um ihre Größe zu fühlen. Man vergißt in ihrem Genuß Schönheiten, die sonst bezaubern und hier verschwinden; man vergißt den anmuthigen Vorgrund, wo umhergrasende Heerden zwischen den grünen Abhängen ein sanftes Landschaftgemälde vollenden, die Wiesen und die zerstreueten Gärten und Häuser in der Tiefe, die frohen Lieder der Vögel in den Bäumen, welche die Spitze des Hügels krönen. Das Auge schweift über Meere und Landschaften hinaus, und die Einbildungskraft schwelgt in der unermeßlichen Größe dieser Scenen.
Bey aller ihrer Ausdehnung sind sie doch dem Auge nahe, das sie gleich sieht, ohne sie mühsam in der Ferne suchen zu dürfen; und auf der Höhe, wovon man sie genießt, erkauft man sie weder durch Ermüdung, noch durch Schwindel. Sie sind groß, ohne schrecklich zu seyn; prächtig, und doch immer unterhaltend. Die wechselnden Lichter des Himmels, sein heiteres Blau oder die abändernden Gemälde der Wolken, der Schlaf des Meeres oder sein brausendes Erwachen, seine aufschäumenden, sich aufthürmenden, sich gewaltsam fortschlagenden Wellen, das Getöse der Winde, das Geschrey der sich umherwälzenden Seevögel, die unaufhörlichen Bewegungen von Schiffen, deren in jedem Jahre sieben bis achttausend, und zuweilen an einem Tage drey bis vierhundert diese Straße durchsegeln – alle diese Zufälligkeiten geben diesen Scenen Leben und Abwechselung, und begleiten ihre Größe mit neuen Wirkungen.
Keine Meerenge in allen entdeckten Weltgegenden erfreuet sich solcher prächtigen Durchzüge von Schiffen, als diese nicht selten auf einmal hat. Oft versammeln sich an vierhundert Segel, die auf einen günstigen Wind zum Durchgang warten, und deren ruhende Masten einen meilenlangen Wald zu bilden scheinen. Der Wind erhebt sich, die Segel schwellen in die Luft, die Flaggen aller Nationen flattern, eine schwimmende Stadt nähert sich mit majestätischer Pracht, die Begrüßungen ihrer Kanonen, die dem Schlosse Kronenburg huldigen, erschallen von allen Seiten, der Donner hallt von beyden Ufern wieder, die mächtigsten Elemente, das Wasser und das Feuer, scheinen in einen Kampf zu gerathen, der dicke Dampf steigt aus den weißschäumenden Wellen empor, und zerfliegt von den Spitzen der Masten den Wolken zu; das stolze Gefühl der dänischen Herrschaft über den Sund erhebt die Brust des Patrioten.
213 Von einer sanftern Feyerlichkeit ist in den heitern und stillen Abenden der Sommermonate der Untergang der Sonne, von Marienlust betrachtet. Indem sie zur Linken über die Waldungen des Ufers von Seeland dahin sank, und den West mit glühendem Golde überströmte; so streute sie ihren Abglanz über die weiten Flächen des Codanschen Meerbusens. Das Meer ruhete, um die feyerliche Pracht dieser Scene vollenden zu helfen. Ein Strom von Purpur, der von dem Rande der Sonnenbahn abfloß, verbreitete sich in der ganzen Strecke zwischen den Küsten beyder Königreiche, wo das Meer in die Unendlichkeit hinwallet; die höhere Gegend des Himmels ließ ihre bläuliche Farbe allmählig in ein sanftes Grau hinüberschmelzen; und auf dem Wasser erschienen wechselnde Gemälde, worinn das Gelbe mit dem Rosenfarbigen spielte. In dem Purpur am Horizont standen unbeweglich die stolzen Segel einiger großen Schiffe; andre, mehr entfernt, waren halb in den Duft verschwunden. Das Abendgeläute in Helsingör fieng an, durch die schweigende Gegend zu ertönen. Feyerlicher war nie die Natur zur Ruhe gegangen.
Unter den Eindrücken solcher Scenen sucht der liebenswürdige Prinz, der jetzt die Hoffnung und einst das Glück dieser Reiche ist, Seine Empfindungen zu bilden, und die beyden ersten Gefühle, welche die Seele der Könige adeln, das Gefühl der Größe und das Gefühl der Milde, in Seiner jungen Brust zu beleben. Juliana an Seiner Seite winkt auf diese Scenen voll Bedeutung hin; und der künftige Herrscher gelobt Ihrem Wink, gelobt, einst groß und milde durch sich selbst zu seyn, wie Sie seyn wollte und ward, die zu seyn berechtigt ist, Lehrerinn der Könige durch Geist und Beyspiel.
214 IV.
Sophienberg. *)
Sophienberg hat eine Lage, als einem königlichen Lustschloß zukömmt. Es steht frey auf einer Anhöhe, deren Fuß von den Wellen der Ostsee bespült wird; die Abhänge des Hügels nach dem Wasser hinab sind in verschiedene Absätze zertheilt und mit Rasenstücken verziert. Die weite Aussicht über das Meer und die Menge der hin und her segelnden Schiffe, das Geräusch der Wellen, die langen Strecken der fruchtbaren und bebaueten Küsten, die sich auf beyden Seiten des Schlosses verbreiten, zur Linken mit einer ansehnlichen Bucht der See, mit Waldungen und Fischerwohnungen, füllen die Seele mit den Empfindungen der Größe und einer hohen Wonne.
Der Meerprospect von diesem Lustschloß hat etwas Eigenthümliches. Die Ostsee erscheint in ihrer ganzen gränzenlosen Ausdehnung. Denn die benachbarte Meerenge des Oeresunds verbirgt sich in dieser Aussicht ganz zur Seite; und die gegenüber liegenden Küsten von Schonen krümmen sich so sehr, daß sie in der Ferne einem Meerbusen ähnlich scheinen. Die Schiffe, die aus der Nordsee oder dem Codanschen Meerbusen (Cattegat) sich herum wenden, scheinen in der That wie durch eine Zauberkunst sichtbar zu werden. Man sieht sie heraufkommen, als wenn sie selbst aus der Tiefe des Meeres aufstiegen.
Die Menge von Schiffen aller Nationen, die aus dem Oeresund kommen und dahin gehen, macht diese Gegend des Meeres ungemein belebt. Man sieht die Segel auf allen Seiten den Wolken entgegenflattern; schwimmende Paläste wälzen sich auf den blauen Wellen daher und verschwinden; jeder Augenblick stellt durch die Verschiedenheit der Größe und der Bauart der Schiffe, durch ihre Annäherung und Entfernung, durch die Abwechselung der Fahrt, die bald sanft dahingleitend, bald fortfliegend ist, ein immer verändertes Schauspiel vor Augen. Das Schloß genießt dieser erfreuenden Prospecte, deren Europa nur wenige hat, in der Nähe, indem die meisten Schiffe, zur Sicherheit der Fahrt, diesseits der Insel Hween vorübersegeln.
Das Lustschloß liegt gegen Morgen, und hat durch diese Lage zugleich alle die großen Schauspiele vor Augen, welche die aus dem Meere aufgehende Sonne bildet.
——————
*) Ein königliches Lustschloß am Ufer der Ostsee, zwo Meilen von Kopenhagen.
215 Welche Schauspiele! Allmächtige Natur! Sie erhebt sich, deine Königinn, und ein vorlaufender Schimmer, der ihre Annäherung verkündigt, erheitert den östlichen Himmel und die um ihn wallenden Wellen, die ihn zu bespülen scheinen. Flimmernde Lichter zünden sich immer mehr und immer heller am Horizont an, und werfen über die weißen Flächen hin lange Streifen. Die wechselnden Gemälde, die das steigende Licht in den kleinen Gewölken bildet, die hin und wieder noch am Himmel zu schlummern scheinen, spiegeln sich in der klaren Fluth; und allmählig sich erhebende Lüfte fangen an, ihren Stand und ihre Gestalten zu verändern. Und nun steigt sie empor, die Sonne, in der ganzen Herrlichkeit ihres Lichts. Ein blendendes Feuer schießt über das Meer herüber; die Wellen dieses Bezirks fangen an zu glühen; Glanz und Schimmer zerstreuen sich seitwärts über die ungeheuern Flächen dahin; überall empfangen die weißen Segel die Begrüßungen des Lichts; und in der Ferne am Horizont werden ungesehene Masten wieder sichtbar. Von der erleuchteten Höhe der umliegenden Ufer erschallt das Gebrüll der Heerden, und in ihrer Tiefe erneuern sich wieder die Geschäfte zufriedener Fischer. Man wird gereizt, nicht blos die erhabene Schönheit, sondern auch die Glückseligkeit zu empfinden, die dem Auge in diesen Aussichten begegnet.
Tutus bos etenim rura perambulat;
Nutrit rura Ceres, almaque Faustitas;
Pacatum volitant per mare navitae;
Culpari metuit fides. *)
Das Lustschloß ist **) in einem sehr edlen Geschmack gebauet, und hat ein großes und prächtiges Ansehen. Es macht ein längliches Viereck von zwey Stockwerken und mit zwey Flügeln; das mittlere Hauptgebäude ist mit einer Kupel gekrönt. Der weiße Anwurf des Gebäudes und das blaue Dach machen es nicht weniger, wie die Lage, zu einem vortrefflichen Gegenstande im Prospect, besonders für das Auge der Vorübersegelnden.
Die Vorderseite des Schlosses hat drey Thüren, wovon die mittlere, als der Haupteingang, in einen schönen Saal führt. Ueber ihm, in der Mitte des obern Stockwerks, liegt ein anderer prächtiger Saal, mit Blumenmalereyen geschmückt, vorne mit der freyen Aussicht auf das Meer und hinten auf den Garten, den angränzenden Lustwald und die benachbarten Waldungen, aus welchen das weiße Landhaus
——————
*) Horat. Lib. IV. Od. V.
**) Im Jahr 1744. Eine Abbildung davon ist im 2ten B. dieses Werks S. 11.
216 von Kokkedahl anmuthig hervorschimmert. Die Zimmer des Schlosses haben eine gute Vertheilung; sie sind geräumig, heiter und mit Geschmack verziert. Aus dem obern Stockwerk, das zur Bewohnung der Herrschaft dient, steigt man auf zwey Altane, die auf beyden Seiten der Kupel liegen, einer entzückenden Aussicht entgegen.
Gleich hinter dem Schlosse liegt ein kleines Luststück von Blumen, mit Obstbäumen abwechselnd, welche die schönsten Früchte liefern; zur Rechten und zur Linken machen schattigte Lindengänge die Gränze. Unmittelbar aus dieser Partie führt eine Thür in einen kühlen und reizenden Lustwald, meistens von Buchen, zwischen welchen Eschen und andere Bäume angepflanzt sind. Man sieht hier besonders vortreffliche Buchen, von einer mehr als gewöhnlichen Höhe und mit einem Reichthum überschattender Zweige. Auf beyden Seiten des Waldes, der über vier Morgen Landes enthält, ruhen Wiesen mit Ellerngebüschen. Durch den Wald gehen krümmende Wege; eine Allee von Roßkastanien führt durch ihn nach Kokkedahl, und aus ihr läuft eine kurze Nebenallee nach Hirschholm ab. Der Boden hat einige Erhöhungen und freye Grasplätze; er hat viel Quellwasser, das zu fließenden Bächen genutzt werden kann. Die Schönheiten dieses Orts gehören der Natur; sie sind etwas wild, aber unverstellt, und erwarten noch ihre Ausbildung und Erweiterung von der Hand des Geschmacks, wenn das Lustschloß, das jetzt nur besucht und nicht bewohnt wird, einst zu einem ordentlichen Aufenthalt für eine Person von der Königlichen Familie geweihet werden sollte.
217 V.
Friedrichsberg. *)
Der Garten bey diesem Schlosse ward zu einer Zeit angelegt, als die Symmetrie noch über alle Gärten in Europa herrschte. Allein die Symmetrie, die auch hier die Anlagen vorschrieb, wird doch etwas wieder durch die hohen Bäume gemildert, die in den Zwischenräumen der Hecken sich erheben, und aus Tannen und einigen sehr bejahrten und astreichen Roßkastanien bestehen, die schattigte Lauben bilden, welche hin und wieder von kleinen Grasplätzen umgeben sind. Der Garten besteht aus einer Ebene, aus lauter geraden Alleen von Linden, aus Hecken, Teichen und runden Rasenstücken, alles dem strengen Gebot der Regelmäßigkeit unterworfen. Von der Nordseite des Schlosses geht eine Terrasse mit sechs Absätzen, an welchen auf beyden Seiten sechs schattenreiche Lindenalleen mit Rasenstücken liegen, die sich von der Anhöhe mit hinabsenken, nach dem Garten in die Tiefe hinunter.
Sollte dieser Garten, der wegen seiner niedrigen Lage wenig erfrischende Aussichten verstattet, keine neue Umbildung von dem reinern Geschmack zu erwarten haben; so könnte doch das große Stück auf der gegenüber liegenden Mittagsseite des Schlosses vortreffliche Anlagen mit geringen Kosten annehmen. Dieses Stück hat etwa eine kleine halbe Meile im Umkreis. Es liegt hoch und hat sanfte Abhänge und einen sehr fruchtbaren Boden, wie man an den schon angebrachten Pflanzungen von Linden und andern Bäumen, und den schönen Grasplätzen sieht. Man genießet hier die herrlichsten Aussichten auf die Landschaften umher, auf die Ostsee, die Insel Amak, das jenseitige Meer und die dort segelnden Schiffe, die Stadt Kopenhagen und besonders das prächtige Residenzschloß Christiansburg. Hier könnten durch neue Anpflanzungen und einige edle Gebäude bald sehr interessante Scenen von dem Geschmack gebildet werden.
Das Schloß, ein längliches Viereck mit zwey auf beyden Seiten hervortretenden Flügeln, ist ein schönes Werk der Architectur; die Zimmer sind mit Vergoldun-
——————
*) Ein königl. Lustschloß, eine Viertelmeile von Kopenhagen. Im 2ten Th. des dänischen Vitruv findet man sowohl einen Grundriß des Gartens, als auch Abbildungen des Schlosses.
218gen und Gemälden geziert; und der Hof ist von niedrigen Gebäuden mit offenen Arcaden in der Runde umschlossen. Das Hauptgebäude hat einen Altan, wovon man die weitesten und erhabensten Aussichten genießt. Auf der Mittagsseite erblickt man die See zwischen Seeland und Amak, und über diese Insel hinaus das Meer; die Landzunge Stevensklint; einen Theil der Landschaft, bis nach der Stadt Köge, die vier Meilen entfernt ist; und nahe im Vorgrunde das Dorf Walby. Gegen Abend durchschauet das Auge die weiten Ebenen der Landschaften, bis zu den Kirchthürmen von Rothschild, eine Entfernung von vier Meilen. Gegen Mitternacht erscheinen über den Garten hin die Flächen der bebauten und belebten Landschaft, das edle Landhaus Bernstorf auf seiner Höhe, hinter ihm die weiten und schönen Waldungen des großen Thiergartens, näher nach Osten das königliche Lustschloß Charlottenlund aus dem Walde hervorragend, und ein Theil der Villen, welche die Ufer der See verschönern. Auf der Morgenseite streift der Blick über die Stadt Kopenhagen, ihre schiffvolle Rhede und über die Insel Salzholm; weiter hinaus nach der Küste von Schweden die Städte Landskrone und Malmöe, fünf Meilen entfernt, und verschiedene Kirchthürme. Alle diese herrliche Aussichten, die so viel Größe und so viel Leben haben, stellen sich frey und deutlich dem unbewaffneten Auge auf dieser Höhe dar. Allein Friedrichsberg ist auch selbst auf seiner erhabenen Lage ein vortrefflicher Prospect, indem man das Schloß sowohl auf der Landreise, als auch besonders von der See aus, weit in der Ferne mit einer großen Wirkung sich erheben sieht.
219 VI.
Beschreibung einiger Landsitze in Seeland;
besonders von Bernstorf.
Man kann keine schönere Natur sehen, als in Seeland. Das Auge wird von Gegenden und Aussichten entzückt, die jedes Landschaftgemälde vollenden, und nach den Vergnügungen des Landlebens eine heiße Sehnsucht entzünden. Fruchtbare Felder, Wiesen, Anhöhen, Seen und Dörfer liegen mit Wäldern, die voll malerischer Schönheiten sind, mit den herrlichsten Aussichten auf das schiffvolle Meer und mit den Fischerwohnungen am Ufer, in einer reizenden Abwechselung vor Augen.
Die Natur hat hier Anlagen zu Gärten gebildet, die keine Kunst hervorbringt. Die Ufer des Meeres bieten auf ihren Anhöhen, und in den Waldungen, womit sie bekleidet sind, die trefflichsten Lagen an. Man sieht leicht Wälder von einem größern Umfang, aber selten von der Schönheit, die den seeländischen eigen ist. Die Eichen und Buchen, woraus sie bestehen, sind von dem schönsten Wuchs; das Laubwerk hat eine vorzügliche Lebhaftigkeit und Dauer des Grüns. Die Wälder haben reiche Grasplätze und eine unglaubliche Menge von Wild und mancherley Geflügel; sie steigen auf Anhöhen, senken sich in Tiefen hinab, und enthüllen oft mitten in ihrem Schoos die anmuthigsten Seen und Teiche, in deren frischem Wasser alle Arten von Fischen spielen. Auch aus den Ebenen glänzen dem Auge schöne Landseen entgegen. Diese natürlichen Vorzüge werden noch durch die gesunde, von den Winden des Meers gereinigte, Luft erhöhet.
Wo die Natur schon solche Gärten oder solche gartenmäßige Anlagen schafft, da erwacht bald der Trieb zum Genuß der Annehmlichkeiten des Landlebens. In der That hat Seeland viele Gegenden mit Landhäusern bebauet, und diese Lagen sind überaus glücklich gewählt. Der größte Theil der Landhäuser liegt am Meer. Man kann sich keine Lustreise gedenken, die mehr heiter, mehr abwechselnd an reizenden Auftritten wäre, als die Fahrt von Kopenhagen an dem Ufer der Ostsee hin nach Helsingör; und ich wüßte keine andere, die hier um den Vorzug streiten dürfte, als die entzückenden Ufer des Genfersees, wiewohl diese von einem andern Charakter sind. Außer den Aussichten, welche das segelvolle Meer darstellt, hat man zur Linken diese Menge von anmuthigen Landhäusern, bey welchen der Weg vorüber läuft. Sie sind fast alle in einem guten, zum Theil angenehmen Geschmack gebauet, und ruhen zerstreut an den Anhöhen umher, zwischen kleinen Gärten mit Blumen und Fruchtbäu220men, und zwischen umliegenden Gebüschen; ein überaus malerischer Anblick, der das Auge des Reisenden auf viele Stunden lang ergötzt. Sie liegen nicht so gedrängt, wie die Gartenhäuser vor Hamburg und an andern Orten, wo sie gleichsam eine fortlaufende Stadt bilden, sondern abgesondert, wodurch die Vorstellung von ländlicher Einsamkeit mehr unterhalten wird. Je weiter man sich von Kopenhagen entfernt, desto weniger häufig erblickt man diese artigen Landhäuser; doch verschwinden sie nicht ganz, und wo sie auch seltener erscheinen, da unterhält der Reiz der Landschaft das Auge auf die angenehmste Art. Der Weg geht bald nahe am Strande fort, bald erhebt er sich auf die Höhen, läuft zwischen fruchtbaren Kornfeldern, Weiden, Gebüschen, oft im Schatten angränzender Wälder dahin; keine Beschreibung faßt alle die reichen Abwechselungen der Aussichten, alle die feinen Nüancen, die dem aufmerksamen Blick in der Schönheit dieser Landschaft begegnen. So stellt sich z. B. bey der Papiermühle zwischen Charlottenlund und Sophienberg das lange Ufer, das man vor sich sieht, mit seinen heitern Hügeln, mit seinen Erhebungen und Senkungen, mit den anmuthigen Wäldern, die sich an seine linke Seite hinschmiegen, in einer Schönheit dar, die selbst der glücklichste Landschaftmaler nur schwach nachbilden würde. Man hat den vollen Genuß dieser Aussicht unten am Wasser bey der Brücke. Etwas weiter auf der Höhe sieht man zur Linken die Aue des königlichen Thiergartens, deren Wasser die Mühle treibt, in einer tiefen und großen Wiese von einem überaus frischen Grün, und mit herrlichen Waldungen umkränzt, sich glänzend daherwälzen; eine Scene, die mit einer hohen Wonne überrascht. Bald geht der Weg wieder in der Tiefe am Meere fort, und auf der andern Seite am Fuße von einer Reihe grüner Hügel, die wellenförmig fortlaufen, und sich nachher allmählig herumwenden, mit ihrem Gipfel aber an die Waldung des Thiergartens stoßen. Indem man weiter auf der Höhe des Ufers fährt, zwischen reichen Kornfluren und Weideplätzen, die von Wäldern begränzt werden; so schauet man mit einer erhabenen Wollust hier auf das im Grunde wallende Meer hinab, und jenseits zu den Küsten von Schonen hinüber. Je mehr man sich dem Sunde nähert, destomehr wird das Auge sowohl von den unzähligen Segeln, die sich dort versammeln, als auch von den anmuthigen Fischerdörfern am Strande unterhalten, durch welche der Weg läuft. Man erblickt hier mit Vergnügen ein muthiges und fleißiges Volk, das überall seine Netze für den Reichthum des Fischfangs ausbreitet; man sieht das Ufer voll Kähne und Fischergeräthschaft, und in den blinkenden Wellen umher die kühne Jugend sich mit Schwimmen belustigen.
Von den Landhäusern, die diese reizende Lage am Meer haben, sind einige noch mit besonderm Vortheil in Wäldern auf den Anhöhen des Strandes angelegt. 221 So ruhet das königliche Lusthaus Charlottenlund in der kühlen Nacht eines Waldes von Eichen und Buchen, mit Ellern, Zitterespen und Haseln durchpflanzt. Man sieht hier zuweilen in den Morgenstunden das Meer ein romantisches Schauspiel bilden. Indem es unten aus der Tiefe zwischen einer Oeffnung der hinablaufenden Alleen und Waldbäume hervorbricht, so vermischt sich die ungeheure Masse des entfernten Hintergrundes mit der weißen Luftfarbe so täuschend, daß das Meer sich an den Himmel hinaufzuheben scheint. Allein der Wald selbst liegt, einige wenige Gänge ausgenommen, noch ganz in seiner natürlichen Wildniß, und erwartet von der Nachhülfe des reinern Geschmacks noch Scenen, die wegen seiner reichen Beschattungen, der einsamen und ruhigen Lage, der schönen Wiesen von abwechselnder Form und Größe, die in seinem Bezirke ruhen, der sanften wellenförmig aufschwellenden Grasplätze mit anmuthigen Gruppen von Gebüschen verziert, der kleinen Teiche, und der vörtrefflichen Aussichten, welche ringsumher die Landschaft verstattet, sich hier leicht bilden ließen. Denn noch ist hier eine unverstellte Natur; und wenn das sich versammelnde Wasser gereinigt und erweitert, wenn Plätze zu bestimmten Scenen abgesondert, wenn ihre Charaktere durch neue Anpflanzung und durch beystimmende Werke der Kunst erhöhet würden, mit welchen schönern Wirkungen würde nicht dieser Sitz sich aus den rohen Wildnissen erheben! – Eine ähnliche Lage im Walde auf einem Berge mit der Aussicht auf das Meer haben zwischen Sophienberg und Helsingör besonders die edlen Landhäuser Kokkedahl und Eenrom. Man kann sich keine angenehmere Waldsitze gedenken, nach den Anlagen der Natur. Kokkedahl hat ein schönes Gebäude, ein längliches Viereck von Einem Stockwerk, mit einem weißen Anstrich und einem blauen Dach; es genießt von seiner Höhe die heitersten Aussichten über fruchtbare Landschaften, über eine lange Reihe von Waldungen, die das Ufer bekränzen, und eine große Bucht hinab, welche die See hier macht. Die Lage ist hoch, die Abhänge sind Viehtriften, Kornfelder und Wald; allein der Garten selbst ist noch ein Heckenstück in der alten Manier; doch hat er reizende Durchsichten auf das Meer. – Ein überaus ansehnlicher und reizender Wald ist es, der zwischen Freudenlund und Eenrom liegt, man mag auf den hohen und schlanken Wuchs der Bäume, oder auf den Kranz von waldigten Bergen, die gegen einander aufsteigen, oder auf das breite und tiefe Thal, das zwischen ihnen blühet, oder auf das ansehnliche Gewässer, das sich auf der andern Seite zwischen den bewachsenen Höhen herumwindet, oder auf die anmuthig verzierten Abhänge nach dem Meere hinuntersehen. Die Wälder haben eine so reiche Wölbung von Laubdecken, sie steigen mit einem solchen Reiz gegen einander auf, und bilden mit dem Thale und mit dem Wasser ein so prächtiges Ganze, daß die Einbildungskraft sich keinen schönern Waldsitz ge222denken kann. Und doch ist dies alles blos ein Werk der sich überlassenen Natur, das sie in ihrer heitersten Laune gebildet zu haben scheint, und woran keine Kunst Antheil hat. Das Gebäude von Eenrom ist ein einfaches, ländliches Landhaus. Es liegt in den Umschattungen des Waldes. Auf der westlichen Seite hat es in einer großen Vertiefung einen Fischteich, in der Mitte mit einem offenen Pavillon zum fischen. Die Vorderseite hat die Aussicht auf das Meer, auf die nahe Insel Hween, und auf die Küste von Schweden, wo Landskrone mit den Gebäuden sich hell dem unbewaffneten Auge zeigt. Unmittelbar vor dem Gebäude blühet ein Blumengarten mit Obstbäumen; und darauf folgt eine Terrasse mit blühenden Sträuchern geziert, und mit freyen Rasensitzen und schattigten Lauben versehen, wo man unter dem Rauschen der nahen Wellen sich an den Meerprospecten ergötzt; am Fuß der Abhänge ruhet ein Dorf in den Umhüllungen seiner Fruchtbäume.
Andre Landhäuser, die vom Meer entfernt sind, haben doch eben diese reizende Lage auf waldigten Höhen. Schatten, Ruhe und Aussichten, diese angenehmen Vortheile des Landlebens, sind besonders das Eigenthum einer solchen Lage. So erhebt sich das königliche Lustschloß Selleröd in der nordlichen Gegend von Kopenhagen auf seiner weit umher sehenden Anhöhe. Man schaut auf eine prächtige Sammlung von Wäldern herab, und hinter ihnen verbreiten sich die fruchtbaren Landschaften, deren Gränze sich in den dunklern Schatten ferner Waldungen am Horizont verliert. Die nähern Wälder, die das Auge alle übersieht, heben und senken sich an kleinen anmuthigen Bergen. Zwischen den Wäldern liegen Kornfelder und Weiden, von Heerden belebt, Plätze von mannigfaltigem Grün und Gestalten, die sich hier in einen schattigten Winkel hinein schmiegen, dort wieder frey hervorlaufen, und deren hellere Farbe gegen die Dämmerung der Eichen und Buchen anmuthig contrastirt. Nicht leicht wird man eine prächtigere Gruppe von Wäldern antreffen, die alle in Einem Prospect vereinigt liegen.
Eine ähnliche schöne Lage hat in der westlichen Gegend von Kopenhagen auf der waldigten Höhe zu Friedrichsthal das edle Landhaus, das sich zugleich durch seine Architectur dem Auge empfiehlt. Von seiner Anhöhe senkt sich ein Garten in Terrassen mit Rasen und Alleen zu den Seiten herab. Ringsumher liegen reizende Wälder und Hügel, und hinter ihnen schlängelt sich ein ansehnlicher fischreicher Landsee herum. Gegen das Gebäude steigt aus der Tiefe, die von dem Geräusch eines Bachs und von der Bewegung einer Mühle belebt wird, ein schöner Hügel empor, der eine überaus anmuthige Verzierung verstattet. Die Buchenwälder hängen umher von den Bergen zum Thal hinab, und die Landschaft hat einen so zauberischen Reiz, daß man sich in eine schweizer Landschaft versetzt zu seyn glaubt. An dem niedrigen 223 Ufer des Sees ruhen noch verschiedene artige Landhäuser, die auf der einen Seite den frischen Anblick des Wassers, und auf der andern die kühlen Ueberschattungen der aufsteigenden Wälder genießen. – Nicht weit von Friedrichsthal liegt das reizende Dorf Lyngbye, ebenfalls an einem fischreichen See und an einem niedrigen Walde, wo das Auge wieder von verschiedenen feinen Landhäusern, die ansehnlichen Familien zugehören, ergötzt wird.
In Landschaften, die mit allen Schönheiten der Natur so sehr bereichert sind, dürfte die Kunst nur wenig beytragen, um diese Schönheiten zu erhöhen und zu vervielfältigen, um durch Mannigfaltigkeit der Anpflanzungen und durch Feinheit der Anlagen, durch ausgewählte und bestimmte Scenen, durch ihre Veredelung mit zustimmenden Gebäuden und andern Gegenständen, neue Schauspiele zur Unterhaltung des Geschmacks, zur Ergötzung der Einbildungskraft, und zur Erweckung einer Folge von stärkern und interessanten Empfindungen zu bilden; denn dieß ist das Geschäfte der schönen Gartenkunst. Man sieht in den Gärten noch hin und wieder die Spuren der alten symmetrischen Manier; doch hebt sich der bessere Geschmack über sie empor. Zu Seelust, eine Stunde von Kopenhagen am Strande, ist eine neue Anlage angefangen, die viel verspricht, weil sie mit Geschmack entworfen ist. Allein eine schon vollendete Pflanzung sieht man zu Bernstorf, *) weiter in der Höhe hinauf, in der nordlichen Gegend der Stadt, eine halbe Meile von ihr entfernt.
Dieses prächtige Landhaus **) vereinigt mit der glücklichsten Lage zugleich die ganze Schönheit der Architectur, und gehört schon von dieser Seite zu den besten Gebäuden dieser Art. Es steht da auf seiner Anhöhe, mit einer Aussicht, erhaben und frey, wie der weit umherschauende Blick des Ministers, der hier seine großen Geschäfte ausführt. Auf der Nordseite des Gebäudes, das am Eingang mit der edlen Inschrift:
Honesto inter labores otio sacrum
bezeichnet ist, verbreitet sich der Prospect über fruchtbare Gefilde hinab zu den herrlichen Waldungen des königlichen Thiergartens. Gegen Süden erscheint die Stadt Kopenhagen mit ihren stolzen Thürmen, mit ihrer Rhede, die mit den Schiffen aller Nationen angefüllt ist, und mit der weiten Aussicht in das Meer hinaus, das durch kommende und sich entfernende Segel eine erhabene und immer belebte Scene darstellt. An die westliche Seite gränzt ein kühler Wald; und auf der östlichen liegt unmittelbar
——————
*) Der bekannte Landsitz des Königlichen Staatsministers, geheimen Raths, Ministers der ausländischen Affairen, Directeurs der deutschen Kanzeley, Ritters vom Elephantenorden, &c. &c. Herrn Grafen von Bernstorf.
**) Eine Abbildung davon s. im 2ten Bande dieses Werks, S. 129.
224 an dem Gebäude der Garten, der sich in sanften Abhängen hinabzieht. Die Vorderseite gegen Norden ist frey von der gewöhnlichen Versperrung mit Baumpflanzung; Grasplätze, die hier mit ihrem frischen Grün ergötzen, vereinigen sich bald mit nahen Kornfluren, um ein ländliches Gemälde darzustellen, das um so viel heitrer ist, da die wirthschaftlichen Gebäude mit einer glücklichen Anordnung, die noch wenige Landsitze kennen, in einer Entfernung angelegt sind. Dieses Landhaus ist zugleich ein sehr interessanter Prospect in der Landschaft; man sieht es frey von allen Seiten, und in einer weiten Ferne. Die erwähnte Pflanzung des Gartens besteht aus einer großen Mannigfaltigkeit von einheimischen und ausländischen, besonders nordamerikanischen Bäumen und Sträuchern, *) die zu reizenden Lustgebüschen mit Spaziergängen schon
——————
*) Hier ist ein Verzeichniß von den Bäumen und Sträuchern, die ich dort fand, und die noch vermehrt werden. Diese Sammlung ist, so viel ich weiß, die erste und noch bis jetzt die vollständigste in Dännemark. Man sieht daraus zugleich, was unter diesem Klima sehr glücklich fortkommt, und Kenner werden bald die weichlichern Geschlechter von den härtern unterscheiden.
Acer Pseudo-Platanus.
— — Platanoides.
Aesculus Hippocastanum.
— Pavia. Amorpha fruticosa.
Annona glabra.
— triloba.
Azalea viscosa fl. rubro
— — — albo.
Berberis vulgaris.
Bignonia Catalpa.
— radicans.
Chionanthus Virginica.
Clethra alnifolia.
Cercis Siliquastrum.
— Canadensis.
Cytisus Laburnum.
Calycanthus floridus.
Colutea arborescens.
Crataegus aria.
— — torminalis.
— — oxyacantha fl. simpl.
— — — — fl. pleno.
— — — — fl. pleno rubro.
— — crus galli.
— — coccinea.
— — viridis.
Cornus alba.
— mas.
Ceanothus americanus.
Cephalanthus occidentalis.
Celtis australis.
Celastrus scandens.
Elaeagnus angustifolia.
Evonymus latifolius.
— europaeus.
Gleditsia triacanthos.
— acanthos.
Hamamelis Virginiana.
Hydrangaea arborescens.
Hibiscus.
Ilex aquifolium.
Itea Virginiana.
225 vor mehrern Jahren angepflanzet sind, und durch einen überaus glücklichen Wachsthum sich zu reichen Beschattungen ausgebildet haben. Man sieht Bäume und Sträucher, die man für das seeländische Clima zu weichlich halten sollte, und die hier im Freyen, auf einer Höhe, eine halbe Meile vom Meer, schon viele Winter ausgedauert haben. *) Die Anlage ist mit einem feinen Geschmack gemacht. Die
——————
Liriodendron tulipifera.
Liquidamber styraciflua.
Ligustrum vulgare.
Lonicera caprifolium.
— alpigena.
— Diervilla.
— symphoricarpos.
Lycium barbarum.
Myrica cerifera[.]
Mespilus Pyracantha.
— cotoneaster.
— arbutifolia.
— amelanchier.
Prunus Virginiana.
— Padus.
— Cerasus.
— — fl. pleno.
— Lauro-Cerasus
Potentilla fruticosa.
Platanus occidentalis.
Philadelphus coronarius.
— — inodorus.
Pyrus Cidonia.
Ptelea trifoliata.
Robinia caraganna.
— hispida.
– pseudo-acacia.
Rhus Cotinus.
Rubus odoratus.
Rhamnus catharticus.
Rhamnus frangula. — paliurus.
Rosa; viele Arten und Varietäten.
Staphylea pinnata.
— trifolia.
Spiraea hypericifolia.
— salicifolia.
— opulifolia.
Syringa vulgaris fl. caerul.
— — fl. albo.
— Persica.
Salix Babylonica.
Sorbus aucuparia.
Viburnum opulus.
Zanthoxylum, clava Herculis.
*) Ein anderer Beweis von der Güte des hiesigen Clima, das man auswärts für so rauh hält, ist dieser, daß zu Charlottenlund nahe am Strande die ächten Kastanien zur vollkommenen Reife kommen. In dem Fruchtgarten auf Bernstorf werden schon lange die feinsten französischen Obstsorten zu einer solchen Vollkommenheit gezogen, daß sie von denen, die aus Frankreich kommen, nicht zu unterscheiden sind; dieser Garten hat zuerst in Seeland erhebliche Versuche dieser Art mit Glück gemacht. Auf Falster, dieser fruchtbaren mit allen Arten von Getraide und Obst so sehr gesegneten Insel, die man nicht ohne die leb-
226 Bäume und Sträucher sind so geordnet, daß sie ein angenehmes Ganze bilden. Bald erscheinen sie in einem mannigfaltigen Gemisch von Blättern und Blüten; bald stellen sie einzelne Scenen dar, als eine glänzende Gruppe von allen Arten von Rosen, oder eine Sammlung von Gebüschen mit lauter weißen nach und nach hervorbrechenden Blumen, die einen kleinen Rasen umkränzen, den niedrige Blümchen von eben dieser Farbe zieren. Man erblickt hier vom Frühling bis in den Herbst blühende Sträucher, die besonders in den angenehmen Monaten die Gegend umher mit ihren Wohlgerüchen füllen. Die ganze Anlage ist so heiter, daß sie bald die Einbildungskraft reizt, in lieblichen Bildern umher zu irren, und die besondere Pflege eines unserer liebenswürdigsten Dichter *) verdient, der uns die Schönheit der Natur mit so feuriger Empfindung vorsang, und der hier zur Freude der Natur den Gärtner mit dem Dichter vereinigt.
VII.
Schwansee. **)
Das herrschaftliche Wohngebäude dieses angenehmen Landsitzes, das erst vor einigen dreyßig Jahren neu aufgeführt worden, ist ein dauerhaftes, in einem einfachen, aber sehr reinen Geschmack der Architectur vollendetes Werk. Es macht ein ins Längliche gezogenes Viereck, und besteht aus drey Stockwerken, wovon das niedrige Erdgeschoß zur Wohnung der Bedienten, zur Küche, Keller und andern häuslichen Einrichtungen vortheilhaft eingerichtet ist. In dem zweyten und dritten Stockwerk sind die Wohnzimmer der Herrschaft und der Fremden. In dem zweyten liegen zwey große und schöne Säle, die durch eine Thüre, welche den Mittelpunkt des Gebäudes ausmacht, mit einander verbunden sind. An jedem dieser Säle liegen auf je-
——————
hafteste Freude durchreiset, sah ich nach einem kalten und regenvollen Frühling am Ende des Julius nahe am Strande den schwarzen Maulbeerbaum schon mit reifenden Früchten bedeckt.
*) Herr Friedrich Leopold, Reichsgraf von Stolberg, Herzoglicher Holsteinischer Oldenburgischer Oberschenk und Minister.
**) Ein Park in dem adelichen Gute dieses Namens im Herzogthum Mecklenburg an der Ostsee, nicht weit von Travemünde, dem Herrn Grafen von Brockdorff, königlichen dänischen geheimen Rath und Kammerherrn, Verbittern des adelichen Klosters zu Itzehoe, Rittern vom Dannebrogorden, Erbherrn auf Kletkamp, Rolübbe u. s. w. zugehörig.
227 der Seite zwey Zimmer. Die Gemächer sind in beyden Stockwerken hoch, hell, geräumig, und zum Theil von dem jetzigen Besitzer mit Geschmack noch mehr verziert. Eine große und schöne Windeltreppe führt aus dem Erdgeschoß zu den übrigen Stockwerken; eine geheime Nebentreppe dient zur Bequemlichkeit. Außer der vortheilhaften Einrichtung des ganzen Gebäudes hat man auf allen Seiten eine reizende Aussicht.
Seine Lage kann in Ansehung der reinen Luft sowohl, als auch der Prospecte, nicht glücklicher seyn. Es steht frey auf einer Anhöhe, am Ufer der Ostsee, wovon es jedoch über siebenhundert Schritte noch entfernt ist; und es wird zugleich für die Vorübersegelnden ein noch wichtigerer Gegenstand im Prospect seyn, wenn es einst einen lebhaftern Anstrich erhält.
Die See bildet hier zwischen den holsteinischen und mecklenburgischen Küsten einen Meerbusen, der etwa eine Breite von drey Meilen hat. Die ganze Seeaussicht in der Länge beschreibt einen großen und prächtigen Zirkel von Wasser, und über das Meer hinaus verlieren sich die Landschaften in eine dunkelblaue Ferne, die uns von Anhöhen geschaut so sehr gefällt, weil sie das Gefühl von Ausdehnung lebhaft verstärkt, und zugleich der Phantasie Veranlassung giebt, sich über das Unabsehbare zu beschäftigen. Der Blick reicht gemächlich zu dem holsteinischen Ufer hinüber. Man erblickt zur Rechten hin einige schöne Waldungen, Landgüter und Dörfer, Neustadt und weiter hinauf die Insel Fehmern. Zur Linken erscheint Travemünde. Alle Schiffe, die aus der Ostsee nach Lübeck fahren und wieder zurückgehen, sind ganz in diesem Prospecte sichtbar, und man genießt aus den Gemächern, besonders aus dem hintern Saale, den reizenden Anblick der stolzen Segel, die zwischen den blauen Wellen und der hellen Luft emporflattern. Eine Lindenallee mit weit von einander gepflanzten Bäumen, die durch diese Stellung eine freyere Aussicht verstatten, läuft auf vierhundert und funfzig Schritte zu dem Wasser hinab. An den Seiten dieser Allee liegen Weideplätze; zur Linken erscheint ein Dorf, und auf einer Anhöhe ein kleiner Tannenwald; zur Rechten ist das Feld von zerstreutem Gehölz und Gebüschen begränzt. An dem Ausgange der Allee überrascht zuweilen bey einer Windstille eine angenehme Zufälligkeit das Auge, indem sich das niedrige Ufer ganz verbirgt, und die Schiffe, wie durch einen Zauber herbey geführt, zwischen den Bäumen zu liegen scheinen. Allein ein höheres Schauspiel ergötzt hier noch öfter, wenn in den stillen Sommerabenden die über das Meer hin untergehende Sonne ihre Pracht verbreitet, wenn ihre mildern Strahlen in den umherschwebenden Gewölken am Himmel immer abändernde Gemälde bilden, deren Wiederscheine auf den klaren Flächen aufglimmen, entzücken, und verlöschen, wenn sie, indem die weißen Segel in den gerötheten Fluthen 228 dahin gleiten, allmählig über das jenseitige Ufer, das sie mit einem falben von dem aufsteigenden Duft sanft gebrochenen Schimmer übergießt, in Holsteins glücklichen Gefilden niederzusinken scheint; ein Schauspiel, das in den Gemächern auf der Abendseite nicht vergebens zur Empfindung seiner Wonne ruft. Man hört indessen das Gemurmel des Meeres, auch bey geringer Lust, vom Ufer heraufsteigen, und die Seele zur ruhigen Behagung in der Abendfeyer einladen.
Auf der Westseite des Wohngebäudes liegen Rasenstücke mit Blumen umkränzt; und gegen Norden verbreitet sich der Park. Er eröffnet sich mit drey schönen Pflanzungen von Linden in der Ordnung des Quincunx, neben welchen Eingänge von den Blumenstücken, von der Seite des Wohngebäudes und von dem Hofplatz hineinführen.
Die Natur hat zuerst für die Anlage durch einen Wald gesorgt, der zwar in der Ebene liegt, aber aus vortrefflichen Eichen, Buchen und Eschen, mit vielem dicken Untergebüsch, besteht, zwischen welchen Linden und Roßkastanien angepflanzt sind. Durch diese Grundlage hat das Ganze nicht allein viel Schatten und angenehme Wildnisse erhalten, aus welchen einheimische blühende Gesträucher ihre Wohlgerüche verbreiten; sondern man hört auch überall die frohen Gesänge der Waldvögel, die ihren Aufenthalt preisen.
Beym Eingange von dem Hofplatz tritt man in eine lange natürliche Allee, die zwischen den Waldbäumen, mit einem Rasen in der Mitte, dessen reguläre Länge hie und da durch kleine blühende Sträucher anmuthig wird unterbrochen werden, hinauf läuft, und oben von einem offenen Pavillon begränzt wird. Aus diesem Gange, welcher der längste in dem Park ist, biegt man bald zur Rechten zwischen Obstbäumen in einen dunklen Weg, aus welchem auf beyden Seiten andre Pfade unter einer angenehmen Dämmerung der umherhangenden Laubdecken ablaufen, und verfolgt ihn, bis er sich oben aus einem schattenvollen Winkel in einen geraden Gang mit einer freyern Aussicht wendet. Nicht weit nach der Wendung führt er über einen kleinen Bach, und von hier zur Rechten nach einem herrlichen Sitz in einer Laube hin.
Man hat in diesem Schattensitz gerade vor sich einen kleinen Teich, in welchem das abfließende Wasser rauschet, zur Rechten ein Fortunaspiel und zur Linken eine Kegelbahn. Gerade über den Teich hin eröffnet sich zwischen den Bäumen eine lange weite Aussicht, die jenseits der Gränzlinie des Parks über eine Wiese streicht, und sich, durch eine in einem entfernten Gebüsch gemachte runde Oeffnung, auf das Meer hin verliert. Man wird hier in einer gewissen Zeit des Sommers von einem zauberischen Schauspiel überrascht. Indem die Sonne untergeht, so erscheint ihre feurige Kugel gerade in dieser Oeffnung des Gebüsches mit einer Wirkung, die jedes Auge 229 entzückt. Der Anblick des Meeres verschwindet, und das Feuer nimmt ganz die Stelle ein, die eben vorher das Wasser füllte. Wenn in einem solchen Augenblick zugleich ein Schiff diese Oeffnung vorüber segelt, und unmittelbar in der brennenden Scheibe zu stehen scheint, so ist dies ein Zauber, der zur lebhaftesten Verwunderung hinreißt. Zufälligkeiten dieser Art sind selten; man darf sie aber bemerken, weil Zufälligkeiten, so schnell sie auch vorüberfliehen, einen überaus wichtigen, bald reizenden, bald romantischen, bald majestätischen Theil in landschaftlichen Schönheiten ausmachen. *)
Von diesem Sitze wandelt man, unter den Ueberschattungen der hohen und schönen Waldbäume, die immer Kühlung herabsäuseln, nach der Gegend des offenen Pavillon weiter, und findet vorher unter einer Buche eine Bank, wovon man vor sich in drey schattigte Gänge von einander verschiedene Prospecte hat. Nahe vor dem Pavillon laufen schlängelnde Gänge, die von dem jetzigen Besitzer angeleget worden, in einen anliegenden wilden Wald, der sich zwischen Kornfluren fortzieht; er hat sanfte Erhebungen und Senkungen des Bodens, treffliche Bäume und Gebüsche, und aus dem Schatten anmuthige Durchsichten, bald auf die Feldgegenden, bald auf das Meer hinaus; man wird durch die Abwechselung der innern und äußern Prospecte, und durch das Geräusch der See ergötzt, die fast immer dem Blicke entzogen ist, und nur in einigen wohl gewählten Durchschnitten der dunklen Büsche mit einem unerwarteten Lichte hervorbricht; man wird nicht müde, diese reizenden Spaziergänge zu verfolgen.
Der Pavillon, zu dem wir zurückkehren, steht auf einer Rasenerhöhung, und macht hier die Gränze des Parks. Er hat hinter sich eine Sammlung von Feldern, die mit Getraide und mit Klee besäet sind, oder zu Weiden dienen, und auf der östlichen Seite einen Kranz von Wäldern, worinn die gedachten schlängelnden Spaziergänge laufen; und vor sich die lange Waldallee mit dem Rasen nach dem Hofplatze zurück. Etwa in der Mitte hat der Rasen eine Erweiterung in der Runde, und von diesem Platz blickt das Auge in acht verschiedene Spaziergänge hinein, die bald kürzer, bald länger, bald heiter, bald dunkel sind, bald am Ausgange freye Durchsichten eröffnen, bald sich verschließen. Diese Abwechselung des Hellen und des Finstern, des Offenen und des Versperrten sowohl, als auch die Verschiedenheit der Ruhepunkte, worauf das Auge geleitet wird, und wozu zuweilen eine Statüe dient, die aus dem dunklen Hintergrunde hervorscheint, mildert wieder auf gewisse Weise das Einförmige der geraden Linie, welche die Gänge halten. An dem Rasen sieht man im Fortgange noch verschiedene angenehme Durchschnitte und Gänge, die seitwärts in die Schatten des Parks einladen.
——————
*) S. 1ster Band, S. 207. 208.
230 Von der rechten Seite des Pavillon leitet ein Lindengang an der Gränze des Parks herum. Man läßt zur Rechten einen schönen Rasenplatz liegen, und hat zur Linken eine Pflanzung von Quitschern, Tannen, Ellern und Birken, worüber die höhern Gipfel der Eichen und Buchen emporragen; anmuthige Aussichten in die seitwärts hineinlaufenden Gänge beschäftigen das Auge. Dieser Weg geht nachher in eine natürliche Waldallee, über eine leicht gebauete weiße Brücke, worunter ein kleiner Bach mit einem Guß vorüber rauscht.
Bäche sind in einem Park von einem sanften ländlichen Charakter so anmuthig, daß sie immer genutzt und vergrößert zu werden verdienen. Sie beleben und erfrischen, und sind weit mehr werth, als stehende Teiche, die man in Lustwäldern noch so häufig sieht, die in ihrem Schlamm das Ungeziefer nähren, und kein Spiegel der Bäume mehr sind. Sie sind mehr werth, als Wasserkünste, die dem Freyen und Edlen eines Waldes widersprechen, und die man doch mit der widersinnigsten Wirkung hie und da noch in Wäldern, und oft ganz wider die Natur zu verunglückten Wasserfällen verunstaltet, auf ebenen Plätzen anzulegen wagt. Was kann schöner seyn, als ein Bach, der mit seinem reinen Wasser sich durch die Gebüsche hinwindet, hier fortrauscht, dort sanft dahinschleicht? Der Bach bleibt überall eine schöne Natur; man wird nirgends von ihm beleidigt; er gefällt besonders in Scenen, wo das Auge gerne verweilt, und seine Annehmlichkeit mit Muße genießen kann. Allein Wasserkünste werden in der Nähe des Meers, wo sein Geräusch die Empfindung des Erhabenen erregt, noch unerträglicher. Was sind die kleinen Künsteleyen gegen das große Schauspiel des wallenden Meers? das dürftige Geplätscher gegen das majestätische Getöse der aufbrausenden und niederstürzenden Wellen? Die stärkere Wirkung verschlingt die schwächere; und die verschiedenen Modificationen der Bewegung des Wassers fallen in einen Widerspruch. – Hier aber ergötzt uns ein Bach mit seinem natürlichen Lauf.
Man sieht in der erwähnten Waldallee, bald seitwärts zur Linken, auf einen runden von Roßkastanien eingefaßten Lustplatz hin, der ringsumher von den Waldbäumen umschlossen ist. Weiter hinauf erscheint auf eben dieser Seite noch ein dunkler Gang, in dessen Mitte der bejahrte Stamm einer hohen Eiche, deren Aeste sich oben in der allgemeinen Laubmasse der umstehenden Bäume verbergen, die Durchsicht anmuthig unterbricht. Die Waldallee führt zu den Blumenstücken auf der Abendseite des Wohngebäudes zurück, das durch seinen Park noch mehr gewinnt, um die Sommertage einer durch die gegenseitigen Empfindungen der Zärtlichkeit und durch eine ruhige Weisheit des Lebens beglückten Familie zu erheitern.
231 VIII.
Brese *)
Von dem herrschaftlichen Wohngebäude geht der Eingang in den Garten, durch eine Colonnade von ionischer Ordnung, über eine Brücke hin, die von nahe umherstehenden Eichen, Eschen, Linden und Rüstern beschattet wird, die von der Hand lange vermoderter Vorfahren gepflanzt wurden.
Gleich beym Eintritt erblickt man vor sich eine lange gerade Allee von Linden; sie durchschneidet oben eine dunkle Tannenallee, und läuft darauf durch einen Ellernwald, und von da in eine jüngere Lindenallee eine sehr weite Strecke fort. Zur Rechten gränzt an diese Lindenallee zuerst ein Theil der neuen Anlage, wohin eine artige Brücke über einen dazwischen fließenden Bach führt, der mit verschiedenen lauten Wassergüssen belebt ist. In der Mitte wird die Allee von einer andern, die aus dem Küchengarten zur Linken queer heraufläuft, durchschnitten; von dieser Mitte an wird das Auge von zwey großen schönen Rasenstücken ergötzt, die sich bis an den Schatten der Tannenallee hinaufziehen, gegen welche ihr helles Grün anmuthig contrastirt; diese Rasenstücke sind auf allen Seiten von Bächen mit Wassergüssen umflossen.
Außer dieser Lindenallee, die vor dem geraden Blick des Eintretenden liegt, eröffnen sich beym Eingange zur Linken und zur Rechten zwey Gänge. Auf diesem, der in die neue Anlage führt, blickt man zwischen einer breiten Oeffnung von hohen schattenreichen Bäumen über den Fluß hin, der doch selbst in diesem Prospect nicht sichtbar ist, auf eine Gruppe von Roßkastanien, die sein jenseitiges Ufer ziert, und hinter den Bäumen schimmert ein schöner Rasenplatz hervor.
Zur Linken wendet sich ein Gang unter hohen bejahrten Eichen und Ulmen, dem Küchengarten zur Linken, und zur Rechten einem übrig gebliebenen Heckenstück der alten Manier vorbey, in eine junge Allee von Wallnußbäumen, die nach einigen Einbiegungen oben in den Eingang der dunklen Tannenallee einschlägt. Indem man zwischen den Wallnußbäumen hinaufwandelt, hat man zur Linken einen Obstgarten, und
——————
*) Ein Park in dem Freyherrlichen Gute Brese, im Fürstenthum Lüneburg, eine Meile von der Stadt Dannenberg, dem Herrn Baron von Grote, Churcöllnischen wirklichen geheimen Rath und Minister beym Niedersächsischen Kreise, Ritter vom Stanislausorden, u. s. w. zugehörig. Verschiedene Anlagen, die in dieser Beschreibung als vollendet vorkommen, wurden im May dieses Jahres, als ich das Vergnügen hatte, zu Brese zu seyn, verabredet, und werden nächstens ihre Ausführung erhalten.
232 zur Rechten eines von den beyden erwähnten Rasenstücken; das andere winket zwischen den Stämmen der Lindenallee freundlich hervor.
Bey dem Eintritt in die Tannenallee schleicht zur Linken ein Pfad nach dem Nachtigallenwinkel hin. Zur Rechten eröffnet sich ein breiter langer Gang, auf den das schwarze Grün der hohen Tannen, die hin und wieder mit Roßkastanien untermischt sind, eine feyerliche Dunkelheit herabwirft. Die Seele sinkt in Ruhe und eine ernsthafte Verfassung dahin. Nur sparsam durch die finstere Ueberwölkung einfallende Lichter unterbrechen hie und da die Nacht, worinn sich der Blick verliert, bis er im entfernten Hintergrunde auf einem freyen Gebüsch in einer erquickenden Heiterkeit wieder ruhet. Zur Linken dieses erhabenen Ganges vermehrt seinen Ernst ein naher Teich, der sich bis an seine Mitte hin unter dicken Ueberschattungen eines angränzenden Ellernwaldes, der sich weiter hinauf mit Eichen vermischt, erstreckt, und zur Rechten ist durch ein hinter den Bäumen angepflanztes Gebüsch die Durchsicht auf den anliegenden Rasen, dessen freyer Anblick hier die Wirkung dieser Scene nur unterbrechen würde, fast ganz verschlossen. Gegen das Ende der Tannenallee, wo eine Bank zum Ruhen einladet, erblickt man über ihr an einem Baum eine Tafel mit dieser Inschrift:
Mit meiner Mutter ist mein Vater hier gesessen:
Hier will ich ruhig auch des Lebens Müh vergessen,
Stets euer eingedenk, stets dankbar euch noch seyn,
Und euch, ihr Liebsten, oft hier stille Thränen weihn.
Diese simple Poesie rührt, weil sie eine edle Gesinnung ausdrückt, die jedes wohlgestimmte Herz nachempfinden kann; sie rührt besonders an diesem Orte, wo Verschlossenheit und Schatten die Seele zum Gefühl rufen. Nach einer Zurückerinnerung an die Vorfahren, die diese Bäume pflanzten, die unter diesen Bäumen ruhten, kommt man immer mehr der neuen Anlage näher.
Verschiedene Wege laufen hier seitwärts nach verschiedenen Gegenden ab, die, obgleich sie außerhalb der Linie der neuen Anlage liegen, doch mit abwechselnden Auftritten und Spaziergängen bereichert sind.
Ein Blick in die dunkle Tannenallee zurück erneuert die ernsthafte Empfindung, die der Eingang erweckte; und gleich darauf tritt man zur Rechten in die neue Anlage, und wird von dem Geräusch eines lebhaften Wasserfalls empfangen, der sich zur Seite des Weges hervorstürzt, ohne daß man seinen Ursprung errathen kann.
Man schaut in eine lange Pflanzung von lauter jungen edlen Obstbäumen hin; der Blick geht von da weiter über einen Rasen, zwischen den weißen Bogen, worauf 233 ein erhabenes Architecturwerk ruhet, hindurch, und verliert sich in die Dunkelheit eines fernen Waldes, der jenseits der Gartenlinie liegt.
An beyden Seiten dieser Obstallee verbreiten sich in einen weiten Umfang die neu angelegten reizenden Gebüsche mit mannigfaltigen Sträuchern und Bäumen, zwischen welchen schlängelnde Gänge laufen.
Nahe am Eingange führt eine Brücke zur Rechten in diese Gebüsche, wo bald ein schmaler Gang sich seitwärts nach einer Bank unter einer Eiche windet, worauf man dem Wasserfall gerade gegenüber sitzt, ihn sieht, wie er zwischen blühenden herüberhängenden Sträuchern hervorschäumt, und von seinem hellen Geräusch, worein die Waldvögel ihren Gesang mischen, unterhalten wird. Rings umher ist die Aussicht verschlossen; das Auge ruhet überall zwischen den grünen Vorhängen der Gebüsche, deren leichte Spitzen unter dem sanften Hauch der Winde auf und nieder wallen. Man hört durch den angränzenden Ellernwald die Nachtigallen lauter schlagen; man verweilt, ohne es zu wissen, und vergißt beynahe ganz, von der Schwelgerey an dieser lieblichen Scene aufzustehen.
Das Wasser theilt sich hier nach seinem Fall in zwey Bäche, wovon der linke an der Obstpflanzung hinunterläuft, der rechte die neue Anlage auf dieser Seite umschlängelt, sich aber ungefähr in der Mitte seines Laufs wieder theilt, und einen Bach bildet, der durch den innern Bezirk der Gebüsche rauscht; dieser Bach sowohl, als jener an der Obstallee, ergießen sich beyde nachher in den Canal.
Von diesem Sitz am Wasserfall irrt man zur Rechten in den Gebüschen umher. Sie sind von allen Arten von einheimischen Sträuchern, mit Bäumen untermischt, angepflanzt; und hie und da vermehren ausländische Hölzer die Mannigfaltigkeit des Grüns und der Blüthen. Kleine Rasenstücke, mit Erdbeeren bepflanzte Plätze, Grassitze liegen in dem Innern der Gebüsche zerstreut.
Indem man hier umflossen vom Wohlgeruch des Laubes und der Blüthen, und bald von einem auffliegenden Vogel geweckt, bald von den Liebesliedern der Waldsängerinnen wieder eingewiegt, in süßen Träumen dahin schwärmt, wird man zur Linken auf einen runden Platz geleitet, wo aus einer Rasenvertiefung, von Linden umkränzt, ein schöner Meleager, auf einem Fußgestell stehend, den Ankommenden entgegenblickt, das Gesicht nach der Waldung hinter der Tannenallee hin gerichtet. Die gute Wirkung dieser Statüe, die völlig nach der bekannten Antike in Rom gearbeitet ist, beruhet nicht blos auf ihrer eigenen Schönheit, sondern auch auf ihrer Stellung; sie steht hier einsam, und beschäftigt um desto mehr die Aufmerksamkeit des Spazierenden; und aus höhern Standpunkten sieht man sie zwischen den Gebüschen mit einem anlockenden Reiz durchschimmern. Unmittelbar an diesem Platz, den noch zwo natürliche 234 Lauben zieren, liegt halb im Gebüsche verhüllt ein kleiner Pavillon, offen gebaut, und mit einer weißen Kupel bekrönt, die aus verschiedenen Gesichtspunkten gesehen zwischen den grünen Umwölbungen des Laubwerks mit einer angenehmen Wirkung emporragt. Man sieht aus dem Pavillon über die Gebüsche hinweg, durch eine eröffnete Gruppe von Ellern, die Thürme der Stadt Dannenberg, eine Meile entfernt.
Aus dieser verschlossenen Partie kehrt man zurück, und sieht indessen die Spitze der finstern Tannenallee einen trefflichen Contrast gegen die diesseits liegenden heitern Lustgebüsche bilden.
Zur Rechten schlängelt sich ein Weg bis zu einer Brücke, die über den krümmenden Bach, der von dem oben die Lustgebüsche umfließenden Wasser abläuft, zu einer der lieblichsten Scenen führt, die nur die Phantasie schaffen kann. Der Bach ist in beständiger Bewegung durch drey Wassergüsse und durch aufsprudelnde Quellen, die ihn beleben. Die kleine weiße Brücke, worunter der Bach in ihrem spielenden Wiederschein dahinhüpft, stößt unmittelbar auf eine Rasenerhöhung. Auf dieser ladet sogleich eine von blühenden Sträuchern umgebene Bank ein, zu ruhen, und auf die Spiele des Baches, auf die Brücke und die übrigen Gebüsche herabzuschauen. Nach dem Uebergang über die Brücke leitet zu beyden Seiten ein Gang in ein Revier von meistens ausländischen Bäumen und Sträuchern und den schönsten Blumen, die in angenehmer Vermischung umher auf kleinen mit Gras eingefaßten Erhöhungen dicht gepflanzt stehen. Um diese mit einem Zauberreiz blühenden Hügel winden sich schlängelnde Gänge; in der Mitte ein runder Rasenplatz, worauf die mediceische Venus in liebenswürdiger Schüchternheit steht; sie, die, indem sie jetzt den May mit den süßesten Empfindungen begleitet, nie mehr beglückt, als wenn sie die Bescheidenheit mit der Schönheit verschwistert. Alle Geschöpfe umher scheinen die Gegenwart der Göttinn zu empfinden; aus zwey Vogelhäusern von Gitterwerk, in deren einem ein Springbrunn plätschert, und deren weiße Spitzen über die Gebüsche sich reizend erheben, ertönt ein Concert von wetteifernden Liedern der Liebe; und, glücklicher durch Freyheit und muthiger im Gesang, flattern andre Vögel umher, wiegen sich auf den blüthenvollen Sträuchern oder schwärmen neugierig um das Gitterwerk, das, wie ein feindseliges Kloster, vielleicht eine noch unbeglückte Braut des letzten Frühlings verschließt; alles lockt, alles ist Freude und Selbstgenuß.
Es webet, wallt und spielet
Das Laub um jeden Strauch,
Und jede Staude fühlet
Des lauen Zephyrs Hauch.
235 Was hier vor Augen schwebet,
Gefällt und hüpft und singt;
Und alles, alles lebet,
Und alles scheint verjüngt. *)
Ein tausendfältig gemischter Duft verbreitet sich aus diesem Lustrevier über die benachbarten Gegenden hinaus, und kündigt den Sitz einer Göttinn an. Dieser zauberische Platz ist rings umher von den übrigen Lustgebüschen umschlossen; um seinen runden Umkreis schlängelt sich ein Gang. Er hat, außer dem Sitz nahe bey der Brücke, noch einen andern auf einer Erhöhung, wo man gerne ruhet und sich mit der Wollust dieser Scene tränkt. Die große Mannigfaltigkeit der ausländischen, besonders nordamerikanischen Gewächse, bezaubert, und ihr glücklicher Wachsthum geht bis zum Erstaunen.
Hinter dieser reizenden Scene hinauf liegen noch zwey kleine Rasenplätze; auf einem steht auf einer grünen Erderhöhung ein gläserner Bienenkorb, worinn man die Aemsigkeit der nützlichsten Republik nicht ohne Vergnügen belauscht.
Aus diesen schönen Lustgebüschen kann man sich dem Canal auf verschiedenen Gängen nähern; der angenehmste läuft an dem schlängelnden Bach hinab, der auf beyden Seiten mit einem kleinen Rasenufer verziert ist. Wo er in den Canal fällt, hat er noch eine kleine flache Brücke, ohne Lehne, mit vier Vasen besetzt. Er durchschneidet den Canal, und geht aus diesem mit verstärktem Wasser in einen Fluß über, der auf der nördlichen Seite durch eine andre große Gegend des Gartens fließt.
Man wird diesem Canal gerne vergeben, daß er Canal ist, ein reguläres Wasserbehältniß, das sich in einer langen Strecke hinaufzieht. Ein vorhandener wasserreicher Graben, der nicht verlegt werden konnte, und die Beschaffenheit des Platzes, der hier nicht wohl einen schlängelnden Bach zu verstatten schien, machten ihn nothwendig; und seine Anlage ist von den gewöhnlichen Fehlern der Canäle frey. Er hat ein reines und helles Wasser, worinn Fische gehen; er wird, außer daß zwey Bäche, wovon einer durch ihn hindurch in einen Fluß übergeht, sich in ihn ergießen, von kleinen Wassergüssen und sprudelnden Quellen belebt. Seine Ufer sind mit Rasen bekleidet; zu beyden Seiten laufen bequeme Gänge; ihre Außenlinien sind mit einer einfachen Reihe von schönen schwarzen Pappeln besetzt, deren immer schwankende Zweige und Blätter das rege Wasser durch Wiederscheine beleben, und die Erfrischung der Scene vermehren helfen.
——————
*) v. Hagedorn.
236 An dem untern Ende des Canals erhebt sich ein hoher Obelisk, der, wie eine Inschrift lehrt, dem Andenken des churhannöverischen unsterblichen Ministers, von Münchhausen, gewidmet ist. Bey diesem Obelisk, an dessen Fuß ein kleiner Wasserguß aus einer steinernen Vorlage hervorrauscht, überschaut man den ganzen Canal seiner Länge nach; man sieht über den linken Gang hin zwo Brücken, die über die beyden Bäche gehen, die sich in den Canal ergießen. Die Aussicht endigt sich auf einen großen Pavillon, der in einer malerischen Lage vor einem Ellernwalde ruht.
Nachdem man auf dem linken Gang über die zwote Brücke, die am Canal liegt, gekommen ist, sieht man zur Linken wieder in die beym Eingange erwähnte Obstallee hinauf. Die Bäume sind auf einer Erderhöhung, deren Rand mit Gras eingefaßt ist, gepflanzt, und zwischen ihnen zeigen sich Rosen, Malven und andre Stauden, die, indem die Früchte ihrer Süßigkeit entgegen reifen, das Auge mit der Mannigfaltigkeit der Blumenfarben wieder ergötzen.
Auf diesem Wege führt bald ein andrer Gang in das große Luststück hinein, das an dieser Seite der Obstallee liegt, und aus einem ansehnlichen Rasen besteht, umkränzt mit anmuthigen Gebüschen, worinn gebogene Gänge umherlaufen.
An dem obern Ende des Canals sprudelt eine Quelle und veranlaßt einen kleinen Wasserguß. Von diesem Standpunkt, wo man den ganzen Canal hinabsieht, macht der Obelisk eine gute Wirkung, indem sich im Hintergrunde dunkle, hohe, über ihn emporragende Bäume zeigen, und er selbst im Wasser seine längliche Gestalt heraufspiegelt.
An diese obere Gränze des Canals stößt ein ziemlich großer Rasen, um welchen die Gänge mit der einfachen Besetzung der Pappelbäume auf beyden Seiten in einem halben Zirkel auslaufen, und sich wieder nach dem großen Pavillon hinwenden, der vor dem Ellernwald liegt. Von diesem Platze hat man den Prospect über den Canal auf den Obelisk zurück, und hinter dem Pavillon ein Rasenstück in einem halben Zirkel, mit Bäumen bekränzt.
Zur Rechten dieses Pavillons verbreitet sich wieder ein schöner Rasen, worauf eine artige Baumgruppe, die zugleich mit Blumen verziert ist, das Auge an sich lockt. Der Rasen läuft zur linken Hand an ein Lustgebüsch hin, zur Rechten an eine junge schlängelnde Tannenallee, die nach dem Eingange am Wasserfall führt, und oben an eine dichte Gruppe von Eichen. In dem obern Winkel erhebt sich zwischen dem Gebüsch die Büste einer Waldgottheit. Näher nach dem Pavillon herauf eröffnet sich, zur Rechten der eben erwähnten jungen Tannenallee, ein Rasenplatz in einer sehr anmuthigen Lage mit dem schönsten Grün; er schmiegt sich an ein vortreffliches Ellerngebüsch, das bald mit malerischen Gruppen vorspringt, bald wieder in die dunklere 237 Masse des Gehölzes zurückweicht; tiefer im Hintergrunde hinauf wölben Eichen, Ellern, Birken und andere Bäume einen herrlichen waldigten Umzug. An der jenseitigen Gränze dieses Rasens, zwischen den Ellerngebüschen, erscheint eine ländliche Hütte mit einem strohernen Dach und einem weißen Anwurf der Wände, die Wohnung des Thierwärters; denn dieser Rasen ist der Anfang des Thiergartens, und man genießt oft den erfreuenden Anblick, hier das Wild weiden zu sehen.
Hinter dem Pavillon windet sich durch den anliegenden Ellernwald links ein Weg nach dem Thiergarten, und rechts ein andrer nach dem Ottonisberge.
Nach verschiedenen Krümmungen des Weges steigt man unmittelbar aus dem Ellernwald auf den Berg hinauf, der auf dieser Seite die Gränze des Gartens macht, und durch Fleiß und Kunst aus der Ebene erhöhet ist. Wo er in windenden Gängen bestiegen wird, ist er mit einheimischen und ausländischen Bäumen und Sträuchern dicht bepflanzt, die nicht allein sein Ansehen vergrößern, sondern auch besonders dazu dienen, die Aussicht auf eine Weile zu verschließen. Man steigt in den Umhüllungen der Gebüsche fort, bis man die Spitze erreicht, sich auf einmal unter den Ruinen eines Tempels befindet, und zugleich von einem fast unermeßlichen Prospect in die Landschaft hinaus überrascht wird. Die Aussicht streicht zuerst über eine ausgebreitete Masse von Wiesen, die zur Rechten in niedrige Gebüsche verwildern; über ihnen hin die Stadt Dannenberg mit dem Schlosse, der Kirche und dem Thurm der Capelle; weiter hinaus auf der unsichtbaren Elbe die Masten der Schiffe, die durch die Landschaft zu schwimmen scheinen; und höher rechts am Horizont die mecklenburgischen Berge, die von dieser Seite den Gesichtskreis begränzen. Außer einzelnen Landhütten unterscheidet man in diesem Prospect mit bloßem Auge sieben Dörfer. Nach der Mitte hin erblickt man bey Hitzacker zwey hohe Berge, und auf dem einen Ruinen; und ganz zur Linken erscheint ein Strich der lüneburger Heyde, welche die traurige Vorstellung von Unfruchtbarkeit gegen den heitern Anblick der angränzenden großen Wiesenmasse contrastiren läßt. Tief im Vorgrunde, links an der Seite des Ellernwaldes, sieht man unter sich ein niedriges Gebüsch, das sich hier an den Fuß des Berges schließt; unmittelbar daran liegt ein See, der beynahe die Hälfte des Berges umspült, indem er hier in seine größte Breite ausfließt. Die Seite des Berges nach dem See hinab ist steil, mit Einschnitten abwechselnd, mit Gras und niedrigem Gesträuch bewachsen. Der See ist, so wie der Berg, eine Anlage der Kunst, und dennoch hat er ein natürliches und großes Ansehen. Er ist durch Enten, Schwäne und ein Fahrzeug belebt, zu welchem man, auf der Seite des Gartens hin, auf einem bequemen Gange hinabsteigt, wenn man nicht auf dem Wege, den man aus dem Ellernwald gekommen ist, zurückkehren will. Zwo Inseln verschönern den See. 238 Die kleinste erhebt sich nahe am Fuß des Berges mit einer artigen Gruppe von Ellern. Die größere erscheinet weiter hin, und ist mit niedrigen Sträuchern und Blumen geziert, die ihre Gestalten im Wasser spiegeln. Sieht man von dem Berge gerade über den See hin, so erblickt man links eine Reihe von Ellern und Buschwerk, die seine Ufer beschatten; gerade über ihn hinaus, nachdem seine Begränzung durch ein Amphitheater von Bäumen verdeckt ist, unter welchen er noch fortzugehen scheint, eine Reihe von Eichen, die sich rechts nach dem Wohngebäude hinaufziehen, und da, mit andern Klumpen vereinigt, eine dunkle Verschließung bilden; zwischen den Stämmen dieser Eichen bricht ein weites helles Kornfeld hervor, das links von einem dunkeln Walde begränzt wird, der sich gegen die Mitte des Feldes zu in dünnere Gebüsche und Baumgruppen ausspreitet, und die Aussicht auf ein entferntes Dorf verstattet. Von dem Berge übersieht man zugleich den Fluß mit seiner Brücke, die Weide nebst der Meyerey, die Menagerie, und einen Theil des herrschaftlichen Wohnhauses zwischen den Bäumen, den Obelisk, einige Häuser von dem Dorfe Brese, hinter welchem hohe Eichen emporsteigen, und den Gesichtskreis malerisch verschließen; und näher her einige Partien von den Lustgebüschen. – Auf dem Berge selbst, von welchem man alle diese herrlichen Aussichten genießt, ist ein Tempel, ein Monument der kindlichen Ehrfurcht, von dem jetzigen Besitzer dem Andenken seiner Aeltern gewidmet. Und von dieser Bestimmung führt der Berg den Namen des Ottonisbergs, und der See den von Wilhelminensee. Allein dieser Tempel liegt halb in Ruinen, welche die Form des berühmten Tempels bey Tivoli zeigen, und von Gesträuchen, die in den traurigen Resten verwildern, hier an den Säulen herabhängen, da an einem halb zerstörten Gebälke herauf klettern, ein natürliches und sanft melancholisches Ansehen gewinnen. Ueber dem Eingange liest man die Inschrift: Pietati! Das Ganze macht einen rührenden Eindruck, und selbst in der Fern sind die Ruinen dieses Tempels ein interessanter Gegenstand im Prospect, zumal wenn die Strahlen der entweichenden Sonne an die Säulen eine sanfte Uebergoldung hinstreuen und die wechselnden Lichter in den Gesträuchen spielen.
Man steigt, wie erwähnt ist, von dem Berge in ein Fahrzeug, und rudert über den See; oder man kehrt den Weg zurück, nach dem Pavillon, der vor dem Ellernwalde liegt. Von der linken Seite dieses Gebäudes schlängelt sich ein Gang, zwischen den angepflanzten Lustgebüschen, auf eine runde Erhöhung, worauf sich eine Gruppe von schönen Fruchtbäumen erhebt. An den äußern Bäumen, die einen runden Kreis beschreiben, schlingen sich von Baum zu Baum schön blühende Geisblätter, und bilden anmuthig herabhängende Festonen; und in der Mitte hat jeder Fruchtbaum einen Rosenstrauch, der seinen untern Stamm umarmt.
239 Auf diesem Wege läßt man den Berg zur linken Hand liegen, und tritt, an dem Ufer des Sees, in eine Reihe von Gruppen von Sträuchern und Blumen gepflanzt, zwischen welchen der Spaziergang sich hinwindet, bis dahin, wo der Fluß sich in den See gießt. Man schleicht bald am Wasser, bald entfernt man sich wieder davon, nach dem verschiedenen Abstande der Gruppen, nach deren Richtungen sich der Weg bequemt. Zur Rechten bleibt ein ansehnlicher Rasen liegen, der mit verschiedenen Baumgruppen auf kleinen Erderhöhungen verziert ist.
Von dem See wendet sich der Weg, an dem Fluß hinauf, zu einer mit Roßkastanien bepflanzten Anhöhe, von welcher eine Brücke über den Fluß geht, und unmittelbar auf einen von der Kunst gebildeten Hügel stößt, der mit einigen Tannen besetzt und mit einem Sitze versehen ist. Will man nicht hinüber gehen, so kann man rechts in einen schlängelnden Weg einschlagen, der mit einheimischen und nordamerikanischen Sträuchern zu beyden Seiten auf Erhöhungen umpflanzt ist. Man stößt auf kleine Hügel, die mit Gras geschmückt sind, oder mit Steinen natürlich beworfen ein verwilderndes Ansehen haben. Der Weg fällt auf den Rasenplatz vor dem großen Pavillon. Von hier geht man an dem linken Ufer des Canals hin, und biegt bald wieder in einen Gang zwischen einigen Obstbäumen ein, die das Ende der großen Obstallee machen, die sich beym Eingang am Wasserfall anfieng.
Man kommt nun auf den großen Rasen, den man ebenfalls schon beym Eintritt erblickte, und sieht nun näher den Gegenstand, der aus entfernten Gesichtspunkten zuweilen unkenntlich reizte, ein Mausoleum, das der jetzige Besitzer zu seinem Begräbniß bestimmt hat. Es ist ein erhobenes Werk von schöner und einfacher Architectur, auf Bogen ruhend, unter welchen die Aussicht aus entferntern Standpunkten hindurchgeht, und mit einem Aufgang versehen. Die Lage auf einem großen Rasenplatz ist frey und heiter, und die ganze Anordnung den gemeinen finstern Vorstellungen entgegen, die man in den neuern Zeiten zu unterhalten gewohnt ist. Man weiß, wie sehr die Griechen den Gedanken des Todes mit anmuthigen Bildern aufzuheitern wußten. Diese Anlage hat einen Theil von jener Heiterkeit, worinn die weisesten Männer die unvermeidliche Auflösung der Hütte des Menschen darstellten, und führt den Geist leichter zu der Vorstellung von Elysium hinüber. So heiter auch an sich diese Scene ist, so ist sie doch von den angränzenden durch ein Gebüsch, das sie umkränzt, abgesondert.
Will man vor diesem Revier vorübergehen, so verfolgt man rechts einen schmalen sich krümmenden Pfad, der durch eine ziemlich ansehnliche Pflanzung von weißen Maulbeerbäumen leitet, die auf den Seiten mit einem Lustgebüsch von mancherley einheimischen Sträuchern umschlossen ist, und sich mit einer kleinen Gruppe von Obst240bäumen endigt. Beym Ausgang befindet man sich an dem Fluß, wo er aus dem Canal hervorgeht, und sieht gerade über ihn hin einen Platz mit einer ähnlichen Gruppe von Obstbäumen bepflanzt.
Man wandelt mit der Wendung des Flusses hinauf, und sieht ihn mit Vergnügen zwischen seinen Rasenufern dahin fließen. An beyden Seiten erscheinen Baumgruppen bald von Roßkastanien, bald von Ahorn, bald von Pappeln; und hin und wieder spiegeln näher gepflanzte Blumen ihre Farben in dem klaren Wasser.
Man kommt wieder an die Brücke, die über den Fluß führt, und kann entweder auf den Sitzen, die darauf angelegt sind, oder auf dem Hügel, wohin sie bringt, ruhen, von allen Seiten eine schöne Aussicht genießen, den Fluß, den See, die umliegenden Lustgebüsche und Rasen überschauen, den Blick sich ringsumher über das Ganze verspreiten, oder an der Schönheit einer einzelnen Scene schwelgend hängen lassen. Fast um die Mitte des Hügels windet sich ein Gang; und ein niedriger Weg geht an seinem Fuß unter der Brücke hindurch, am Ufer des Flusses, nach dem See hin.
Von dem Hügel übersieht man ein großes Stück Landes, das der Fluß diesseits der Länge nach von den bisher beschriebenen Lustgebüschen absondert, und das noch in dem Bezirk des Parks liegt. Es wird, in der Länge hin, wieder von einem mit Gras überwachsenen Graben getheilt, dessen fließendes Wasser sich in den See ergießt, wohin sich dieses Revier von dem herrschaftlichen Landhause an erstreckt. Die nordliche Seite ist mit der, oben bey der Aussicht vom Berge bemerkten, Reihe von Eichen besetzt, die hier die Gränze des Gartens machen, und unter welchen vom Landhause an ein Weg, neben drey Fischbehältnissen vorbey, mit Schattensitzen abwechselnd, herumläuft, sich um den See und den Berg wendet, und oben, in dem daran stoßenden Ellernwald, sich in den Thiergarten verliert. Das diesseits zwischen dem Fluß und dem Graben liegende Stück ist mit Baumgruppen und niedrigen Gebüschen, zwischen welchen sich Gänge schlängeln, bepflanzt; die jenseitige Hälfte aber ist eine ansehnliche fruchtbare Weide in zwey Abtheilungen, worauf man weiße Kühe und Schafe frey herumirren sieht: einer der angenehmsten ländlichen Auftritte, der in dem Bezirk eines Gartens, wie dieser ist, mit seiner Bestimmung so glücklich zusammentrifft. Ueber die Weide hin, nach der Seite des herrschaftlichen Wohnhauses zu, das in diesem Prospect fast ganz von hohen Bäumen umhüllt ist, erblickt man unter dem Schatten bejahrter Eichen die Meyerey, ein fast mehr der Schönheit der Ansicht, als der Nothwendigkeit wegen angelegtes Gebäude von einem sehr einfachen ländlichen Ansehen, in einer anmuthigen Lage. Von dem Hügel am Fluß führt dahin eine über den Graben gehende Drehbrücke, und ein Weg mit einem niedrigen weißen Geländer versehen, der zugleich die Abtheilung der Weide macht.
241 Dieß sind die vornehmsten Gegenden und Scenen auf diesem ausgebreiteten Gartenplatz, der, ohne die umherlaufenden Alleen und wilden Spaziergänge, an sich über drey und funfzig Morgen Landes enthält, und nicht blos ein Werk des feinen Geschmacks und der erfindungsreichen Einbildungskraft des Besitzers, sondern auch einer mühsamen und standhaften Arbeitsamkeit ist. Denn da, wo jetzt alle diese Anlagen reizen, sah man vorher nichts als Moräste, von Ungeziefer bewohnt; selbst die Erde war den Gewächsen ungünstig, und mußte erst zur Fruchtbarkeit bereitet werden. Das ganze Werk ist erst seit drey Jahren mit einem Eifer angefangen, der nöthig war, um einen so glücklichen Erfolg zu beschleunigen. Und da schon die Jugend dieses Gartens so blühend ist, so kann man mit Zuversicht nach einigen Jahren weit schönere Wirkungen erwarten, wenn alle Anlagen vollendet und die neuen Anpflanzungen zu ihrer ganzen Ausbildung angewachsen sind.
In der That erstaunt man, hier nicht blos ein treffliches Werk von so wenigen Jahren zu finden, sondern auch eine solche reiche Sammlung von den herrlichsten Wäldern, Wiesen und Kornfeldern, die man um diesen Sitz sich verbreiten sieht, nachdem man aus den öden Sandwüsten der lüneburger Heide hergekommen ist. Welch ein auffallender Contrast! dieser Lustort, und dagegen die angränzende meilenlange Strecke, wo das Auge vergebens nach einer Hütte des Menschen in der Ferne umhersucht, wo es fast immer mit trübern Vorstellungen von Unfruchtbarkeit und Mangel zurückkehrt!
Obgleich der Garten nur aus einer Ebene besteht, und nur den einzigen angelegten Berg am See hat, so ist doch durch die Mannigfaltigkeit der Anpflanzung und hie und da durch kleine Erhöhungen, besonders den Hügel am Fluß, ihre natürliche Einförmigkeit fast ganz verdrängt. Die Bäche, die ein helles und trinkbares Wasser haben, und worinn Fische spielen, die kleinen Wassergüsse und sprudelnden Quellen, die weißen Brücken, die im guten Geschmack leicht und anmuthig gebauet sind, die Menge von schönen Rasen, und die unzählbaren Geschlechte von Sangvögeln, für welche die ganze Landschaft einen erwünschten Aufenthalt anbietet, alles dieses vereinigt sich, die Empfindung von Leben und Bewegung zu verbreiten. Dennoch hat alles eine sanfte Ländlichkeit und den einnehmenden Reiz der Natur. Nach dem Eingange ist die Gränze des Gartens nirgends sichtbar; die Aussichten laufen in Kornfluren, Wiesen und Wälder hinaus, oder die Gänge verlieren sich in die anmuthigsten wilden Spazierwege, die auf manche Stunden weit in den anliegenden Gegenden umherführen.
242 Mit Vergnügen bemerkt man in den Anlagen die Anpflanzungen von schönen Obstbäumen, die in manchen Gärten dieser Art aus einem seltsamen Vorurtheil verdrängt werden. Schon deswegen, weil sie durch die Blätter die Mannigfaltigkeit vermehren helfen, verdienen sie mit Recht ihre Stelle, und sie machen sich fast unentbehrlich durch die Schönheit der Blüte und durch die angenehmen Erwartungen ihrer Früchte, die mit der allmähligen Reifung so lange den Baum zieren, bis er als ein geliebter Wohlthäter seine Geschenke giebt.
Auf verschiedenen Grasplätzen trifft man ländliche Spiele an, womit sich der Liebhaber belustigen kann, als Caroussel, Schaukel, Wurfspiel, Wippen; sie veranlassen Leibesübungen, die schon die Römer in ihren Gärten liebten. Außerdem hat man Belustigungen mit Wasserfahrten, mit Fischen und mit Jagen in der umliegenden Landschaft, die eine Menge von mancherley Wild nährt.
Indessen, wer an Ergötzungen dieser Art keinen Geschmack findet, der hat noch außer der eigentlichen Gränze des Gartens eine Menge von weiten Spaziergängen, auf welchen er zur Bewegung und zum Genuß eines mannigfaltigen Vergnügens umherschweifen kann. Schon sind die umliegenden ausgedehnten Gegenden auf der südlichen Seite des Gartens mit ihm durch Spaziergänge verbunden, die eine Folge von anmuthigen immer abwechselnden Naturscenen, mit bescheidenem Geschmack unterstützt, erscheinen lassen; und die Verschönerungslinie wird sich noch durch manches ungebahnte Revier erstrecken. Wir wollen aus der Menge dieser Spaziergänge nur einige verfolgen.
Geht man vom herrschaftlichen Wohnhause weg queer durch die dunkle Tannenallee, so kommt man über eine Brücke in eine gerade sehr lange Allee von Linden, die durch die Wegnehmung eines Rasens, der in der Mitte hinauflief, ein viel größeres Ansehen gewonnen hat, und sich mit Quitschern endigt. Zu beyden Seiten erblickt man abwechselnd Feld und Wiesen, die von Waldungen begränzt werden. Bald zur Rechten wird man von einer unerwarteten Durchsicht auf ein sehr langes schmales Wiesenstück, das sich zwischen Ellern und Birken hinstrecket, und wo oft Rehe weiden, überrascht. Auf dieser Seite folgen noch zwo andre solcher anmuthigen Oeffnungen von Wildbahnen. Man wandelt nachher unter dem Schatten, womit zu beyden Seiten anstoßende hohe und dichte Gehölze den Lindengang überdämmern. Die Länge dieser Allee verursacht, daß die Aussicht nach beyden Enden zu in eine tiefe Dunkelheit dahin sinkt. Sie läuft über den Fahrweg von Dannenberg, der sich links zwischen Eichen nach Brese schlängelt. Indem man den Fahrweg überschreitet, kommt man über eine Brücke in einen Gang zwischen Quitschern; zur Linken eine rei243zende Wiese von weitem Umfang, von schönen Gehölzen bekränzt, mit einzelnen Bäumen und Gruppen unterbrochen, zur Rechten ein anmuthiger Wald von Ellern und Eichen; weiter hinauf, wo die Wiese aufhört, tritt an ihre Stelle ein Wald, der mit dem zur Rechten den Weg überschatten hilft. Diese lange Allee endigt sich auf das Feld. Am Ausgang zur Rechten läuft ein Weg ins Gebüsch, der wieder auf den Eingang des dannenberger Weges führt. Zur Linken irrt ein Gang durch die Aussenlinien des Gehölzes fort, mit einer schönen Aussicht auf die sich rechts erhebenden Kornfelder, von Klumpen und einzelnen Bäumen verziert, und dem Anblick des Dorfs Yameln. Nach langem Umherirren kommt man wieder auf die Fahrstraße von der Stadt Lücho, die mit alten ehrwürdigen Eichen, die schöne perspectivische Durchsichten bilden, besetzt ist, und zur Linken nach Brese geht.
Aus dem Rehwinkel, einem buschigten Revier auf der südlichen Seite des Gartens, der seinen Namen von dem häufigen Aufenthalt des Wildes führt, leitet einer der Gänge nach dem Kaninchenhügel. Dieser liegt in dem bebuschten Winkel einer Wiese, an einem Teiche, dessen Wasser ihn ringsumher umfließt. Er ist außerdem mit einem, in sehr artigem ländlichen Geschmack gebaueten, Knöppelgeländer von ungeschälten Birkenholz umschlossen, das in der Ferne so weiß scheint, als wenn es einen Anstrich erhalten hätte. Die Brücke, die nach der Wiese führt, und gerade vor dem Eingang ein Sitz unter einer Eiche, sind von eben dieser anmuthigen Bauart.
Verschiedene Wege führen nach dem Thiergarten, wovon, wie schon angezeigt ist, ein schöner Theil von Rasenstück mit dem Ellerngehölz im Bezirk des Gartens liegt. Der Thiergarten enthält über neun Morgen Landes, und bietet an seinem Rande sehr anmuthige Spaziergänge an, die sich zwischen schönen Alleen von Eichen und Ellern hinwinden. Er besteht aus dicken Waldungen und Gebüschen, zwischen welchen sich reiche Grasplätze verbreiten. Man hat auf dem Spaziergange bald einige weite Durchschnitte durch die Waldung, besonders die drey angenehmen Durchsichten wieder, die man von der langen Lindenallee aus sah, bald ein breites Stück Feld, umschlossen von hohen Ellern, deren Gipfel von emporragenden Tannen noch mehr verdüstert werden, bald gerade vor sich die Aussicht auf grünende Fluren. Am Ausgang dieses reizenden Spazierganges, wobey man oft durch ein aufspringendes Reh überrascht wird, erblickt man vor sich den Eiskeller auf einem bepflanzten Berg, wovon man wieder eine schöne Aussicht zurück auf die Wälder der Spaziergänge genießt.
Bey dem Eingange in die dunkle Tannenallee, wenn man aus der Wallnußallee kömmt, schleichen windende Gänge nach dem Nachtigallenwinkel, der aus ei244nem Wald von Eichen, Ellern, Haselgesträuchen und anderm dicken Untergebüsch besteht,
Wo Philomel auf jedem Zweige scherzt.
v. Haller.
Man hat in diesem dickbuschigten Revier, das überall von den süßesten Gesängen widerhallt, zur Seite sehr weite perspectivische Durchschnitte, zwischen den nähern hellern Bäumen und den entfernten dunklen Gebüschen, über glänzende Wiesen und Kornfelder hin, dann wieder auf einen dämmernden Hintergrund, wo das Auge ausruhet. Die Abwechselungen von finstern und heitern Stellen, von Oeffnungen und Verschließungen, von vorspringenden und zurückweichenden Bäumen, die mannigfaltigen Spiele der Lichter und der Schatten, die ungewissen täuschenden Erscheinungen in der Ferne, bilden ein Schauspiel, das man sehen, aber nicht beschreiben kann. Noch unbeschreiblicher ist diese Scene bey der stillen Abendfeyer, wenn der Mond durch die dunklen Gipfel der hohen Ellern strahlt, und auf die niedrigen Laubdecken der Gebüsche umherschwebende Schimmer eines mildern Lichtes verstreut; wenn alles ruht, selbst die obern Blätter kaum wanken; wenn die lauten Jubel der Nachtigallen in steigenden Accenten frohlocken, dann in sanftere Töne herabschmelzen, wieder in ein schmetterndes Gewirbel ausbrechen, und darauf in schmachtenden Seufzern sinken und verstummen; wenn bey diesem gemischten Concert das Herz bald mit der Wonne der beglückten Zärtlichkeit, bald mit den Unruhen der Liebe, bald mit der süßen Schwermuth ungewisser Hoffnungen sympathisirt.
Man kann aus diesem ziemlich weiten Revier in verschiedene Alleen und Spaziergänge einschlagen; einer der angenehmsten führt nach dem Borkhause. Fast alle diese Spaziergänge laufen über Dämme, denen die Zeit schon lange das Ansehen der künstlichen Erhöhung genommen hat, und die mit bejahrten Eichen, Ellern und verschiedenen Arten von Gebüschen, besonders Haseln, bekleidet sind. Der Gang nach dem Borkhause wechselt beständig in angenehmen Wendungen ab. Gleich anfangs zur Rechten hat man eine weite herrliche Wiese, rund umher von Eichenwäldern bekränzt, und mit einzelnen Eichen und kleinen Ellerngebüschen unterbrochen; zur Linken ein anschließender Wald von Buchen und Eichen. Man kommt ganz nahe an einem aufgesetzten Faden Holze vorbey; und indem man sorglos weiter schreiten will, öffnet sich darinn eine Thüre, und man sieht wie vom Zauber auf einmal eine Hütte entstehen, aus welcher ein völlig gekleideter Einsiedler hervortritt und gastfreundschaftlich bittet, auf eine Weile bey ihm einzukehren. Seine Hütte ist, wie schon der Name Borkhaus anzeigt, voll Einfalt und Dürftigkeit; ein Tisch, ein paar Stühle, 245 ein Ruhebett, alles von Holz ohne einen Polster für den weichlichen Gast, macht die ganze Ausmeublirung. Hinten hinaus geben zwo rohe Lucken die Aussicht auf eine überaus große Pläne von Kornfeldern, die ringsumher von lauter Eichenwäldern umgeben ist; aus der Thüre sieht man auf einen Fischteich und nahe stehende Gebüsche, die den Anblick der oben erwähnten weiten Wiese verbergen.
Von dem Borkhause hat man auf seinem weitern Gang lange diese Wiese auf der rechten Seite, und auf der linken jene fast unermeßliche Ebene von Kornfluren, umkränzt von entfernten dunkeln Wäldern, eine herrliche Aussicht, die man zuerst aus dem Borkhause genoß, und wodurch die ganze Seele zur Freude sich erweitert fühlt. Der Weg läuft auf einer Erhöhung, immer schlängelnd, immer bald von hohen Bäumen, bald von niedrigen Gebüschen überschattet. Bald zur Rechten, wo jene Wiese aufhört, erscheint eine Pflanzung von weißen Maulbeerbäumen. Unter den immer abwechselnden Ansichten der Wälder, die sich bey dem Fortgang zu bewegen, sich hinterwärts tiefer in ihre eigene Nacht hineinzuziehen scheinen, kommt man an das Mooshaus.
Dieß ist ein ganz rohes, höchst einfaches Werk, das anstatt der Thüre nur eine Oeffnung, anstatt der Fenster nur Lucken hat; mit einem Dach vor Regen und Sonne beschirmt, und mit einer Bank zum Sitzen versehen. Vor sich hat man die Aussicht auf die oft erwähnte weite Ebene der Kornfelder, deren Helle von den umschliessenden Wäldern gebrochen wird; zur Rechten wälzt sich ein Waldbach vorbey, und über ihn hin erblickt man eine schöne Wiese mit einzelnen Bäumen und Gebüschen umzingelt. Der größte Theil der Wiese erscheint sehr anmuthig durch eine Gruppe von Bäumen, die auf dem jenseitigen Ufer am Bache stehen. Ueber dem Eingang der Hütte werfen einige sehr alte Eichen eine wohlthätige Ueberschattung herab. Zur Linken liegt jene Maulbeerpflanzung, mit wilden Klumpen von Eichen; und hinter dem Mooshause ein dichtes Buschwerk, woraus der Waldbach hervorbricht. Diese Hütte bietet dem Spazierenden nicht allein eine erwünschte Ruhe an, sondern ist auch in dieser Gegend ein sehr angemessener Gegenstand. Die Inschrift am Eingange:
Felix, qui potuit rerum cognoscere causas;
Fortunatus et ille, deos qui novit agrestes!
scheint nirgends mehr, als für diese Lage zu gelten, welche den Werth der Ruhe des Landlebens und der philosophischen Betrachtungen, wozu sie den Weisen leitet, ganz empfinden läßt.
Man wird nicht ohne einige Betrachtungen dieser Art den Sitz im Mooshause verlassen, und indem man weiter den anmuthigen Spaziergang unter schattenreichen 246 Bäumen verfolgt, hat man lange zur Linken jenes Kornfeld, zur Rechten den schönen Waldbach, der bald nahe fließt, bald seitwärts umirret, bald von überhängenden Sträuchen ganz verdunkelt ist, bald im gebrochenen Sonnenschein dahin wallt. Ueber den Bach erblickt man, in abwechselnden Durchsichten durch die Gebüsche, einzelne Theile der Wiese, die man zuerst im Mooshause entdeckte. Endlich hört die angenehme Begleitung des Bachs auf, indem er sich rechts in die Gebüsche ganz verliert. Noch immer bleibt zur Linken das Kornfeld, und auf der rechten Hand tritt wieder eine reizende Wiese hervor, die mit Waldung umschattet, und in ihrem Umfange hier mit einzelnen Eichen, dort mit kleinen Gruppen dieser Bäume malerisch geziert ist.
Indem die Seele sich den angenehmen Empfindungen über die Schönheit dieser ländlichen Auftritte überläßt, so wird sie aus ihrer sanften Behagung auf einmal durch das starke Geräusch eines angelegten Wasserfalls geweckt, den das Auge nirgends findet. Man hört ihn mehr, je weiter man wandelt; man glaubt ihn jetzt sehen zu müssen, und doch verbirgt er sich; man tritt in seine Nähe auf einen runden erhöheten Platz, unter emporsteigenden ehrwürdigen Eichen, und noch immer ist er blos dem Ohr durch sein Getöse gegenwärtig. Indem man in den einfachländlichen der Natur gewidmeten Tempel, der auf diesem Platze steht, eintritt; so sieht man auf einmal den schönen Wasserfall von der gegenüber liegenden Anhöhe aus der waldigten Verdunkelung in eine nahe Tiefe über fünf Absätze hinabschäumen, eine Scene, deren Schönheit durch die Ueberraschung des Auges noch empfindbarer wird. Der Ursprung des Wasserfalls ist hier noch immer unsichtbar, denn er stürzt sich unter einem Buschwerk aus einem ansehnlichen Waldbach hervor, der von jenem obern Bach beym Mooshause abfließt, und von dem Tempel aus nicht gesehen wird. Ringsumher ist dieses Revier von hohen Bäumen und dicken Gebüschen umschlossen; nur zur rechten Seite eine Aussicht auf die zuletzt erwähnte Wiese und ihren dunkeln waldigten Hintergrund. Das Wasser eilt seitwärts unter der Dunkelheit der Gebüsche fort, um eine nahe Mühle in Bewegung zu bringen, die dieser anmuthigen Einöde ein neues Leben giebt. Der Eindruck dieser Scene, als ich sie zum erstenmal sah, versetzte mich in eine schwermüthige Begeisterung. Es athmete eben der süßeste Abend des May; das frische Laub und die Kräuter gossen einen Reichthum von Wohlgerüchen aus; der Himmel war milde, ruhig, und noch von dem letzten Lichte der Abendröthe übergoldet; wir wurden von der holden Musik einiger Waldhörner in der Ferne empfangen, deren Kraft in einer solchen Gegend und an einem solchen Abend über allen Ausdruck bezaubernd ist; der Wasserfall rauschte, und die jungen Bräutigams der Nachtigallen flöteten in das rauhe Concert wetteifernd ihre verliebten Melodien.
247 Von der Scene des Wasserfalls leitet ein weiter anmuthiger Weg, an einem Waldbach zur Linken, und zur Rechten an einer Wiese, durch einen Wald von Eichen und Ellern, und von da weiter nach verschiedenen Krümmungen durch Gebüsche zu der Einsiedeley hin. Verschlossener, einsamer und angemessener kann für ein Gebäude von diesem Charakter keine Lage von der Natur bestimmt seyn. Sie ist auf allen Seiten von Waldung und nahen Gebüschen umschlossen, die sich heranzudrängen scheinen, um diesen Ort vor jedem Anblick zu verbergen; die wenigen schmalen dämmernden Durchsichten endigen sich immer wieder auf andere Verdunkelungen; und die Gruppen, die bald vorspringen, bald sich zurückziehen, machen nur Oeffnungen, um die Finsterniß der hintern Vorhänge desto mehr zeigen zu können. An diesem Platze ruhet die von Wurzeln und Moos erbaute und in dem wahren Charakter ausgeführte Einsiedeley, in einer kleinen Niedrigung zwischen Eichen, die ihre Zweige herabhängen lassen, und selbst ihre bejahrten Stämme über sie hinbeugen. Zehn Fuß von ihrem Eingang fließt jener Waldbach, der hier stille, ohne alles Geräusch, vorüberschleicht; nichts als die Klage eines verirrten Vogels und das melancholische Gesäusel der Winde in den Gipfeln und in den Gebüschen; überall tiefe Ueberschattungen des vorhängenden Laubwerks. Die Seele empfindet hier ganz den Eindruck der Stille und der ruhigen Abgezogenheit von der Welt; selbst alle lachenden Scenen der Natur sind zurückgeschwunden, um ihr Nachdenken nicht zu unterbrechen. Sie muß hier mit sich allein seyn, sich ganz mit einem ernsten Nachsinnen beschäftigen; fühlen, daß sie ein geistiges, über die Körperwelt erhabenes Wesen ist, sich gewöhnen, zu den reinen Betrachtungen emporzusteigen, die einst auf einem andern Platz ihre längere Glückseligkeit bestimmen sollen. Die Dürftigkeit der Einsiedeley ist nur ein Spiegel von der glücklichen Entbehrlichkeit, die allein der Weise kennt, der nicht träumt, hier immer wohnen zu wollen; der Altar, die Bücher der Andacht, das Kreuz, das aus dem bemoosten Dach sich im Eichenlaube verbirgt, sind nur Veranlassungen zu Gedanken, welche die Seele heben und zugleich stärken; und die Dämmerung der Gebüsche, unter welchen der Bach, ein Bild von dem Frieden des Lebens, dahinschleicht, läßt doch jenseits Aussichten erwarten, die mit allem ihren Reiz nicht denen gleich kommen, welche die künftige Welt der Tugend durchstrahlen.
248 IX.
Der fürstliche Garten vor Zelle. *)
Beym Eingang des Gartens hat man gleich das ländliche Lustschloß vor sich, zu welchem auf der rechten Seite die Zufahrt zwischen einer niedrigen Pflanzung geschieht. Zur Linken des Gebäudes tritt man in einen überaus anmuthigen, langen, schlängelnden Gang, zu beyden Seiten mit einheimischen und ausländischen Bäumen, Sträuchern und Blumen, auf einem mit Gras bekleideten Boden, bepflanzt. Die Bäume zeigen sich bald einzeln in der Schönheit ihres Wuchses und ihres Laubes; bald sammeln sie sich zu dichten Gruppen, und reizen das Auge durch eine mannigfaltige Mischung des Grüns.
Auf diesem Gange sieht man zur Rechten einen sehr großen länglichen Weideplatz bald durch die Gebüsche hindurch schimmern, bald in ihren Oeffnungen sich freyer verbreiten.
Dieses ansehnliche ringsumher mit einem niedrigen Geländer umgebene Rasenstück, das unmittelbar vor dem Gebäude anfängt, macht den Mittelpunkt des Gartens, um welchen die übrigen Anlagen sich herumwinden. Das Auge wird von dem ländlichen Anblick einiger Kühe ergötzt, die hier umherweiden oder im Grase hingestreckt ruhen. Näher nach dem Lustschloß hin erhebt sich ein von der Kunst gebildeter Berg, und außerdem sieht man von dieser Seite die Fläche noch von zwo Gruppen, einer grössern von Bäumen, die etwa in der Mitte des Platzes liegt, und einer kleinern von Sträuchern verziert.
Zur Linken des Ganges blickt man zuweilen, zwischen den Gebüschen und Gruppen hindurch, auf angränzende Felder und Weiden, die fast die Hälfte des Gartens umgeben, und von ihm nur durch eine niedrige Hecke abgesondert sind.
Gegen das Ende der großen Grasweide wenden sich allmählig die Lustgebüsche, und der Weg erhebt sich zu einer kleinen anmuthig bepflanzten Erhöhung, wovon man, gerade über die ganze Länge des Weideplatzes, nach dem Lustschloß hinaufblickt. Von hier aus umgeben fast lauter anstoßende Gärten die Gränze der Anlage, nur durch die
——————
*) Dem Durchl. Prinzen Ernst von Mecklenburg-Strelitz, Königl. Großbritannischen und Churbraunschweigischen Generallieutenant und Gouverneur zu Zelle zugehörig. Er liegt ganz nahe vor der Stadt.
249 fortlaufende niedrige Hecke von ihr getrennt; und ein bedeckter Gang leitet links zu einem chinesischen Pavillon im Gebüsch. Er hat eine einsame und angenehme Lage; die Aussicht, die ringsumher durch die vorhängenden Laubdecken begränzt ist, fällt gerade aus auf einen kleinen Rasen und einen wohl angelegten ruhenden Teich, mit buntem Gras an den Ufern umwachsen, und von herüberneigenden dick beschattenden Bäumen umzingelt; ein anmuthiges Revier voll Schatten und Kühlung, dessen stille Einfalt die Seele vermuthlich noch mehr rührte, wenn einer blos ländlichen Hütte vergönnt wäre, den Platz des chinesischen Pavillon einzunehmen. Zur Linken trifft man bald wieder einen Sitz mit der Aussicht, zwischen umherhängenden Schatten, auf das nahe Wasser; und dem Pavillon gegenüber steht an dem diesseitigen Ufer unter Gebüschen eine ländliche Bank von unbeschälten Birken, deren Einfachheit sich hier so wohl zu der Scene schickt. In dem Revier um den Teich schlängeln sich verschiedene Gänge unter hohen Ellern und andern Bäumen mit Strauchwerk untermischt; und zur Rechten schimmert in die Außenlinie dieser Partie, die eine der schönsten des Gartens ist, ein Theil des großen Weideplatzes hinein.
Man übersieht seine diesseitige Fläche ganz, indem man aus den Gebüschen sich rechts herauswindet; und nach dem Berge führt zwischen Bäumen ein schlängelnder Weg, der, umgeben von einem Geländer, zugleich eine Weide für Pferde von jener, die für Kühe grünt, absondert. Auf der linken Seite des Weges sieht man hier wieder eine artige Gruppe über den Rasen aufsteigen. Der Berg hat eine sanfte Erhöhung. Der Pfad schlängelt sich herum, hebt sich links allmählig, und läuft auf dem andern Abhange nach dem Gebäude wieder hinab. Man genießt eine herrliche Aussicht auf der Höhe, die über die ganze Anlage und die angränzende Landschaft gebietet; das Auge übersieht in der Nähe ringsumher den ausgebreiteten Weideplatz, der für das Ganze des Gartens hier fast zu groß scheint, die Gruppen von Bäumen und Sträuchern, die kleine Heerde, und an dem Rand hin die obern Wölbungen der umliegenden Lustgebüsche; und weiter hinaus erstreckt sich der Prospect über die Stadt Zelle, die weiten Landschaften umher, worinn die Aller strömt, und selbst bey heiterm Wetter zu den ehrwürdigen Tannengebirgen des Brocken hinauf. Man erwartet zum ruhigen Genuß dieser schönen Aussichten noch einen im ländlichen Styl gebaueten Tempel, der diese Anhöhe zieren wird, die ein sehr geliebter Platz ist, zu welchem gleich aus dem Lustschlosse ein kurzer Pfad hinauf führt. Der Berg ist grün bewachsen, und nur mit sehr niedrigen Sträuchern hie und da verziert. Indem man an seinen Fuß hinabsteigt, bemerkt man in seiner Mitte einen hohen, gewölbten, von Backsteinen gemauerten Durchgang, der den Vortheil einer angenehmen Durchsicht auf die gegenüber liegen250den Gebüsche, die er von dem Gebäude aus gewährt, durch einen verrätherischen Wink von der künstlichen Anlage des Berges, etwas mindert.
Will man nicht in den Weg, der in die Weide zu dem Berg hinauf führt, einbiegen, so locken auf der andern Seite drey schlängelnde Gänge, mit schönen Bäumen, blühenden Sträuchern, Stauden und Blumen untermischt umgeben, mit einem wetteifernden Reiz, in ihnen weiter hinauf zu irren. Mit Vergnügen sahen wir, wie das Geisblatt und andre kletternde Pflanzen von schöner Blüthe hie und da die Stämme der Kastanien, Linden und andrer größern Bäume freundlich umarmten, wie die blauen und weißen Syringen ihre Büsche überdeckten, und unter dem dunkeln zum Boden herabströmenden Laubwerk Iris und Narcissen sich bescheiden zu verbergen schienen, indessen die Tulpe mit ihrer stolzen Pracht sich freyer zum Anblick hervordrängte. Diese drey Gänge irren oben nach einem schönen Rasen hinauf, und ehe sie dahin auslaufen, wird man noch in den Lustgebüschen von einem kleinen, runden, grünen Platz angelockt, um hier in einer überaus lieblichen Scene zu ruhen. Man sieht um sich her ein angenehmes Gemisch von Bäumen, die sich noch ihrer schönen Jugend freuen; blinkende Lichter und halbe Schatten spielten umher auf den wankenden Blättern, und mit matten Seufzern entschlummerten allmählig die Nachtigallen in den Traum der Liebe.
In diesem Zauber genossen wir den sanften Eindruck dieser Scene, die noch eine ihrem Charakter zustimmende Statüe aufzunehmen fähig schien, und schlichen mit Unterhaltungen von ihrem süßen Reiz ins Freye hinaus, dem erwähnten Rasen zu. Er ist von einer angenehmen länglichen Form, mit einzelnen Bäumen und Strauchgruppen verschönert. Die Gänge um seinen Umkreis sind von Lustgebüschen umkränzt. Oben an dem Rasen liegt ein Haus von einfacher Bauart, mit einem weißen Anstrich der Wände und einem strohernen Dache; es besteht fast nur aus einem einzigen großen Zimmer, das zur Aufnahme einer Bibliothek bestimmt ist. Die einsame Lage dieses Gebäudes macht es seinem Gebrauch sehr angemessen. Hinten liegt eine kleine Menagerie und ein Taubenhaus; zur Linken schleicht ein verdeckter Pfad nach einem eingeschlossenen Blumengarten und einem Glashause; und von da schlängelt sich, an dem obern Rande des Weideplatzes weg, nach dem Lustschlosse zu ein umpflanzter Gang, an welchem ein anmuthiger Sitz unter Schatten nicht vergebens einladet.
Die Bäume dieses Gartens, worunter überaus viele ausländische sich erheben, sind von einer besondern Schönheit der Form; und alle Plätze, wo sie entweder einzeln, oder in Gruppen, oder in Verbindung mit Sträuchern blühen, sind ein reich mit 251 Grün bekleideter Boden. Die kiesichten Gänge sind fest, bequem, und in der Mitte etwas erhoben; und ihnen zur Seite bieten Bänke, einige von unbeschälten Birken geflochten, die ein ländliches Ansehen haben, angenehme Ruhesitze an.
Der Garten ist seit zehn Jahren angepflanzt, und scheint jetzt seine schönsten Tage erreicht zu haben. Die ganze Anlage ist in einem sehr reinen und anmuthigen Geschmacke. Sie hat keine große Mannigfaltigkeit; allein das Einfache und Ländliche, das ihren Charakter ausmacht, und worüber sich eine liebliche Heiterkeit verbreitet, hat so viel Reiz, die Anordnung ist so frey und so natürlich, daß man vergißt, etwas mehr zu wünschen, als was man genießt. Es gehörte ein feiner Geschmack dazu, diese Einfachheit nicht blos vorzuziehen, sondern sie auch gegen jeden kühnen Einfall der Mode zu schützen. Und noch mehr als Feinheit des Geschmacks, auch eine liebenswürdige Unschuld der Seele war es, von welcher der Prinz die Kunst lernte, sich an dieser ungeschminkten Schönheit der Natur zu ergötzen.
252 Verzeichniß der Kupferverzierungen.
Nr. 1. Ein großes Landhaus von Blondel, aus seiner Distribution des Maisons de Plaisance. Seite 5.
Nr. 2. Ein kleineres Landhaus von demselben. Seite 8.
Nr. 3. Lustschloß Wansted in Essex, nach Campbells Erfindung und Ausführung. Aus dem 1sten Th. des Vitruvius Britannicus (or the British Architect containing the Plans, Elevations and Sections of the regular Buildings, both publick and private in Great Britain. With variety of new designs; in 200 large Folio-Plates by Colen Campbell, Esq. London, fol. 1 u. 2ter Th. 1717. 3ter Th. 1725.) Seite 10.
Nr. 4. Lustschloß nach Campbells Zeichnung. Eben daher. Seite 12.
Nr. 5. Buckinghamhouse in St. James-Park. Eben daher. Seite 14.
Nr. 6. Landhaus zu Cholmondeley in Cheshire. Vitr. Brit. 2ter Th. Seite 15.
Nr. 7. Lustschloß Hopton in der Grafschaft Linlithgon in Schottland. Eben daher. Seite 18.
Nr. 8. Landhaus zu Chevening in Kent, von der Erfindung des Inigo Jones. Eben daher. Seite 20.
Nr. 9. Landhaus zu Chester-Leestreet in der Grafschaft Durcham, nach Campbells Erfindung. Eben daher. Seite 22.
Nr. 10. Landhaus zu Ambresbury in Wiltshire, nach Inigo Jones Erfindung. Vitr. Brit. 3ter Th. Seite 24.
Nr. 11. Lustschloß zu Stocke in Northamptonshire, von Inigo Jones erbaut. Eben daher. Seite 25.
Nr. 12. Landhaus zu Mereworth bey Maidstone in Kent. Eben daher. Seite 27.
Nr. 13. Landhaus zu Stourhead in Wiltshire, von Campbells Erfindung. Eben daher. Seite 29.
Nr. 14. Landhaus zu Atherton in Lancaster. Eben daher. Seite 31.
253 Nr. 15. Erfindung von Hrn. Schuricht in Dresden. Ein Landhaus, das aus einem Souterrein, Parterre und Entresol besteht. Die Fenster des ersten gehen in den Garten. Das ganze Haus liegt halb auf einer Terrasse, und braucht also auf der Hofseite nur drey Stufen vor der Colonade. Aus dieser tritt man in einen Vorsaal 1. Auf den Seiten 2 und 3 liegen Vorzimmer. An 2 liegt eine Treppe, die ins Souterrein und Entresol führt, das durch das Dach erleuchtet ist, und zu Gefinde- und Vorrathskammern dient. 4. Schlafzimmer. 5. Wohnzimmer. 6. Schreibekabinet. 7. Gartensaal oder Speisezimmer, aus welchem man auf einer Freytreppe in den Garten hinuntergeht. 8. 9. Spielkabinette. 10. Besuchzimmer. 11. Wohnzimmer. 12. Cabinet. Im Erdgeschoß liegen die Officen, Speise- und andre Gewölber. Seite 34.
Nr. 16. Erfindung von eben demselben. Ein Gartenhaus auf einem erhabenen Unterbau, auf welchen eine Freytreppe führt. Es besteht aus einem kleinen von oben erleuchteten Saale, der zwey kleine Seitenkabinets neben sich hat, deren eins zum Vorzimmer, das andre zur Passage dient; im letztern geht ein Treppchen ins Souterrein. Aus dem Saal tritt man auf einen Säulengang, unter dem der Haupteingang ins Erdgeschoß führt, welches aus einem großen mit Pfeilern unterstützten Saal oder Bade besteht. Seite 40.
Nr. 17. Erfindung von eben demselben. Eine Laube mit einer auf freystehende Säulen gesetzten halben Kupel. Seite 42.
Nr. 18. Erfindung von eben demselben. Ein Lusthaus mit zwey an Form verschiedenen Gemächern, und zwey kleinen von oben erleuchteten Degagements zu unterschiedenem Gebrauch. Der Eingang ist ein von freystehenden Säulen unterstütztes Kugelgewölbe, welches auf einer Freytreppe eine halbrunde Vorlage macht. In den zwo mittelsten Säulenweiten sind Bildsäulen aufgestellt. Seite 44.
Nr. 19. Erfindung von eben demselben. Ein kleines Lustkabinet mit vier in die Mauer eingelassenen Bänken und einem Büfet, worinn eine kleine Springquelle zur Kühlung angebracht werden kann. Die runden Löcher in den Ecken sind Abfallröhren des Wassers vom platten Dache. Seite 48.
Nr. 20. Erfindung von eben demselben. Ein kleines Lustkabinet, durch zwey große Glasthüren erleuchtet, inwendig mit einem Spiegelgewölbe bedeckt. Der Aufsatz des Dachs könnte, um es noch heller und durchsichtiger zu machen, zu einem Oberlicht mit einem horizontalaufliegenden Fenster gebraucht werden. In die vier Nischen könnte man Statüen oder Tische, und in die Einschnitte der Mauer Bänke setzen. Seite 54.
254 Nr. 21. Erfindung von Hrn. Schuricht. Ein kleines Trauergebäude. Seite 56.
Nr. 22. Ein Mausoleum oder Begräbnißgebäude aus Morris Architecture. Seite 57.
Nr. 23. Tempel von der Erfindung des Hrn. Brandts, im Styl des Pantheons zu Rom. Seite 60.
Nr. 24. Tempel der Eintracht und des Sieges zu Stowe. Aus der neuen Ausgabe des Werks: Stowe: a Description etc. 1773. Seite 65.
Nr. 25. Tempel des Sieges zu Kew. Seite 69.
Nr. 26. Tempel der Sonne, eben daselbst. Seite 70.
Nr. 27. Tempel des Aeolus, eben daselbst. Seite 71.
Nr. 28. Tempel des Pan, eben daselbst. Seite 72.
Nr. 29. Tempel der Einsamkeit, eben daselbst. Seite 73.
Nr. 30. Erfindung von Hrn. Schuricht. Ein Lustgebäude in Form eines Tempels. Seite 79.
Nr. 31. Erfindung von Hrn. Brandt. Ein Lustgebäude in Form eines Tempels. Seite 81.
Nr. 32. Landhütte von der Erfindung des Hrn. Schurichts. Seite 84.
Nr. 33. Grotte von Hrn. Brandts Erfindung. Seite 92.
Nr. 34. Grotte von eben demselben. Seite 96.
Nr. 35. Einsiedeley. Erfindung aus dem Détail des nouveaux Jardins. Seite 97.
Nr. 36. Eine Einsiedlerscene von Hrn. Brandt. Seite 99.
Nr. 37. Einsiedeley von demselben. Seite 102.
Nr. 38. Einsiedeley. Erfindung aus dem Détail des nouveaux Jardins. Seite 105.
Nr. 39. Einsiedeley. Erfindung aus dem Détail des nouveaux Jardins. Seite 108.
[Es fehlt die Erläuterung der Abbildung Seite 118.]
Nr. 40. Erfindung von Hrn. Schuricht. Eine vor einem Gebüsch mit einer Vorlage erbauete Ruhebank, da die Durchschnitte des erstern mit ihren Gegenständen auf die Oeffnungen der Mauer treffen, welche, wie im Grundrisse angedeutet worden, auf den innern Seiten und oben mosaisch verziert sind. Das Ganze liegt auf einer natürlichen Terrasse, mit einer vorgelegten Treppe. Seite 121.
Nr. 41 und 42. Zwey Portale in dem Park zu Stowe. Aus dem oben erwähnten Werk. Seite 125.
[Es fehlt die Erläuterung der Abbildung Seite 139.]
255 Nr. 43. Trauerdenkmal von Hrn. Brandts Erfindung. Seite 143.
Nr. 44. Tab. I. Gellerts Monument von Hrn. Oeser. Seite 147.
Nr. 45. Tab. II. Hallers Monument von Hrn. Schuricht. Seite 148.
Nr. 46. Tab. III. Hagedorns, des Dichters, Monument von eben demselben. Seite 148.
Nr. 47. Tab. IV. Kleistens Monument von eben demselben. Seite 148.
Nr. 48. Tab. V. Hagedorns, Chursächsischen geheimen Legationsraths und General-Directors der Kunstacademien zu Dresden und Leipzig, Monument, von eben demselben. Seite 149.
Nr. 49. Tab. VI. Geßners Monument von eben demselben. Seite 149.
Nr. 50. Trauermonument in einer felsichten Begräbnißhöhle, von Hrn. Brandt. Seite 150.
Nr. 51. Landschaftsstück von eben demselben. Seite 153.
Nr. 52 und 53. Absalon und Tycho Brahe Monument, von Clemens. Seite 203.
Nr. 54 und 55. Colbiörensen und Güldenlöve Monument, von eben demselben, Seite 205.
Nr. 56 und 57. Danneskiold und Bernstorfs Monument, von eben demselben. Seite 207.
[[Zum Anfang des Textes]]