Relationale Semantik

Der Ansatz der relationalen Semantik, der dem Konzept der ZBK zugrunde liegt, geht aus von einem Gedanken des späten Ludwig Wittgenstein („Wittgenstein II“): Die Bedeutung sprachlicher Zeichen besteht in der Gesamtheit der Regeln ihres Gebrauchs, d. h. in der Gesamtheit derjenigen anderen Ausdrücke, auf die ein Ausdruck in jeweils spezifischer Art verweist. Mit anderen Worten: Die Bedeutung eines Ausdrucks wird greifbar in der Gesamtheit der Ausdrücke, die in einer jeweils spezifischen semantischen Relation zu ihm stehen. Die Bedeutung historischer sprachlicher Zeichen (in unserem Fall also: die Bedeutung literatur- und kunsttheoretischer Ausdrücke der Zeit von ca. 1760 bis ca. 1840) besteht demnach in der Gesamtheit ihrer in einem Untersuchungskorpus nachweisbaren semantisch-relationalen Ausdrücke. Damit ist Bedeutung im Sinne der ZBK nichts Außersprachliches, auch keine mentale Größe (eine „Vorstellung“, „Idee“ o. Ä. im Kopf eines Autors), sondern ein sprachliches Phänomen. Sie muss vom Lexikographen aus den Quellentexten herausgearbeitet werden. Lexikographie erscheint unter diesem Aspekt als systematische philologisch-hermeneutische Analyse.

    Die Forschung kennt bislang lediglich einige wenige semantische Relationen. Am bekanntesten sind

    Für die Wörterbucharbeit sind solche semantischen Relationen insofern wichtig, als sie helfen können, die Interpretationen des Lexikographen zu stützen. Beispielsweise lassen sich unterschiedliche Bedeutungsansätze bei einem und demselben Wort dadurch stützen, dass man in beiden Fällen unterschiedliche relational verknüpfte Einheiten nachweisen kann (vgl. Reichmann 1989, 111 f.). So erscheint als Synonym des Substantivs Volk in der Bedeutung ›Menge von Menschen, die politisch eine Einheit bilden‹ unter anderem das Substantiv Nation, nicht aber dann, wenn Volk so viel bedeutet wie ›Gesamtheit niederer Stände‹: In diesem Fall lassen sich statt dessen Synonyme wie Pöbel und Kompleonyme wie Adel oder Klerus finden.

    Es versteht sich, dass in der obigen Aufzählung nicht einmal ansatzweise alle relevanten semantischen Relationen erfasst sind. Nicht berücksichtigt hat die relationale Semantik bislang Verhältnisse wie Ursache, Zweck oder Eigenschaft. Die ZBK greifen zurück auf ein weitaus differenzierteres System, das vom Herausgeber eigens für diese Zwecke entwickelt wurde (Bär 2015).

Eine vollständige Liste aller bislang erfassten Relationen finden Sie ➢ hier.

Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern führt nur diejenigen Relationen auf, die im Rahmen der lexikographischen Arbeit tatsächlich Anwendung fanden. Sie kann jederzeit erweitert werden, wenn die eingeführten Kategorien nicht zureichen.

    Im Wörterbuchartikel selbst werden – im Anschluss an jede Bedeutungserläuterung – sämtliche belegten semantischen Relationen nachgewiesen. Da diese Angaben vor allem von linguistischem Interesse sind, bleiben sie im Online-Wörterbuch standardmäßig zunächst verborgen. Sie können aber jederzeit durch einen Mausklick auf das Pfeilsymbol ▾ in der Kopfleiste des Feldes „Semantik“ angezeigt werden, das erscheint, sobald eine beliebige Bedeutung eines beliebigen Lexems ausgewählt wurde.