Frage: In einem Interview mit Christian Gauck, dem Sohn des künfigen Bundespräsidenten, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (4. 3. 2012) lese ich das Wort dekonspirieren: Sein Vater, so Gauck junior, habe seinerzeit DDR-Bürgern, wenn diese von der Stasi angeworben werden sollten und sich darauf nicht einlassen wollten, geraten, sich zu dekonspirieren. – Das Wort steht nicht in meinem Duden. Können Sie es erklären?
Antwort: Nicht nur in Ihrem Duden – vermutlich dem Rechtschreib-Duden – fehlt das Wort, sondern auch im Flaggschiff der Mannheimer Dudenredaktion (Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 4. Aufl. 2012). Es handelt sich um ein – heute glücklicherweise historisches – Jargonwort der Stasi. Konspiration hieß dort die politisch-operative Arbeit mittels Täuschung, Verschleierung und Geheimhaltung; das dazu gehörige Verb konspirieren bedeutete, frei übersetzt, ›etwas im Sinne der Stasi insgeheim tun‹. Versehen mit der lateinischen Vorsilbe de- (›von ... weg, ab‹), stand das Verb für die Aufhebung der Geheimhaltung. Wenn jemand sich dekonspirierte, dann machte er öffentlich, dass er Stasi-Mitarbeiter war oder werden sollte – und wurde so für die Konspiration unbrauchbar. Eine alltagssprachliche Entsprechung von jemanden bzw. sich dekonspirieren wäre enttarnen.