Wortliste
Semantik 
17. ›gegen herrschende Normerwartungen verstoßende, ihnen (z. B. in moralischer, konventioneller oder sexueller Hinsicht) nicht entsprechende Handlung‹; speziell ›Handlung, Verfahrensweise, die nicht lege artis ist‹ [22], ›Verstoß gegen Sprachregeln‹ [14] sowie ›(gerechtfertigter oder für gerechtfertigt gehaltener) ästhetischer Regelverstoß; Abweichung von der Natur oder der hisorischen Vorlage in der künstlerischen Darstellung‹ [1, 3, 4, 9, 11, 13, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 31]; Metonymie zu 9. F. ist in der Kunst nicht rein willkürlich und insbesondere keine Rechtfertigung für technisches Unvermögen, sondern wird auf der Grundlage perfekter Regelbeherrschung gesehen [3].
Belege 
[1] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 678: Opitz gebraucht Bach Ein Mahl für Wasser, welche sonst ungewöhnliche Figur wohl nur eine poetische[4] Freyheit ist [...].

[2] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 849: Sich bey jemanden eine Gurke zu viel heraus nehmen, figürlich, sich einer unerlaubten Freyheit bedienen.

[3] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 454: Es ist nicht Noth in der Kunst[2] das Vortreffliche anzuschaffen, es ist Noth das Schlechte, Falsche, Verkehrte abzuschaffen, denn alles Vortreffliche erblühet aus dem Rechten und Wahren. – Die Freiheit ist die Blüthe des Gesetzes, der Tod aller darstellenden Kunst[2] aber ist die Eitelkeit und Selbstgefälligkeit, und ich werde mir es niemals nehmen lassen, daß einst die strenge, grausam scheinende bürgerliche Verachtung der Schauspieler ein Hausmittel der Geschichte[1] war vortreffliche Künstler zu haben. Volltext

[4] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 406: Man sieht sehr bald, daß die Assonanz musikalisch[1] angesehen, dasjenige ist, was man den Ton[5] eines Musikstückes zu nennen pflegt, und daß, weil es für den Dichter kein absolutes Gesetz giebt, sondern er dies jedesmahl erst als ein individuelles aus dem individuellen Stoffe erhält, hiebei besonders in nicht classischen[7] Formen, mannigfaltige Freiheiten und Abwechselungen erlaubt sind. Volltext

[5] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 232: [D]as Frauenzimmer wollte ihm die Freiheiten, die er sich mit ihr erlauben wollte, nicht gestatten.

[6] Goethe, Unterh. dt. Ausgew. (1795), WA I, 18, 153: Sie gefiel mir außerordentlich, und da ich mir einige Freiheiten herausnehmen wollte, lehnte sie meine Liebkosungen mit sehr guter Art ab [...].

[7] Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 139: Der Oberforstmeister hatte bald nach Anfang des Stücks seine Pfeife angezündet, und nach und nach nahmen sich mehrere diese Freiheit heraus.

[8] Goethe, Laun. d. Verl. (*1767/68; 1806), WA I, 9, 21: Das allerbeste Herz vergißt bei munterm Spiele, | Wenn es des Tanzes Lust, des Festes Lärm zerstreut, | Was ihm die Klugheit räth, und ihm die Pflicht gebeut. | Du magst wohl oft an mich auch beim Vergnügen denken; | Doch fehlt es dir an Ernst die Freiheit einzuschränken, | Zu der das junge Volk[7] sich bald berechtigt glaubt, | Wenn ihm ein Mädchen nur im Scherze was erlaubt.

[9] A. v. Haller, Usong (1783), XI: [D]as costume zu verletzen ist eine Freyheit[17/9], die man auch dem Racine ⟨XII⟩ verdacht hat, wann er sie nahm.

[10] Riepel, Sylbenmaß I (1776), 7: Siehst du hier die langen Noten auf kurzen Sylben? Du wirst in guten Compositionen viel solche Freyheiten antreffen; denn sie thun im Gesange zuweilen eine ganz besondere Wirkung.

[11] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 282: Was [...] die beyden letzten Exempel betrifft: so gehören solche unter die gegen die Regel anstoßenden Freyheiten, die aber vorlängst autorisiret sind [...].

[12] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 8: Auch von dem in den Gesprächen des Pasquino und Marforio herrschenden Witz[4], dem treffenden und volksmäßig einleuchtenden Spott über Zeitbegebenheiten, finden sich manche Spuren, noch aus der Zeit der Kaiser, die sonst solchen Freyheiten nicht günstig waren. Volltext

[13] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 410: An einem wunderbaren Stoffe, wie die Geschichte[9] der Jungfrau von Orleans ist, glaubte Schiller sich mehr Freyheiten erlauben zu dürfen. Volltext

[14] A. W. Schlegel, Vorr. Flor. Blansch. (1822), XXXIV: Ich würde vieles bewundernd zu bemerken, nur hier und da gegen einzelne Ausdrücke, gegen die Gliederung der Sätze und manche grammatische Freyheiten etwas zu erinnern finden, wenn ich das Amt eines Kunstbeurtheilers, und nicht das willkommenere eines Herausgebers übernommen hätte.

[15] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 295 f..

[16] ?S. Boisserée, Rez. Quaglio (1820), 174.

[17] Börne, Brf. Paris V (1834), 134 f. (135).

[18] J. N. Forkel, Bach (1802), 41.

[19] Goethe, an J. G. I. Breitkopf (20. 2. 1782), WA IV, 5, 268.

[20] Herder, Engl. u. dt. Dichtk. (1777), 425.

[21] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VII (1836), 475.

[22] Kant, Syllog. Fig. (1762), AA 2, 55.

[23] Koch, Compos. I (1782), 350.

[24] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 76.

[25] Riepel, Sylbenmaß I (1776), 27.

[26] Riepel, Sylbenmaß II (1776), 59.

[27] Riepel, Sylbenmaß II (1776), 67.

[28] Riepel, Sylbenmaß II (1776), 68.

[29] Ritter, Fragm. II (1810), 101, Nr. 487.

[30] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 9.

[31] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 241.

[32] Schiller, Chor. Trag. (1803), VIII.

[33] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 31.

[34] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 339.

[35] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 356.

[36] Willkomm, Europamüd. I (1838), 277.














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