Wortliste
Semantik 
15. ›Libertinage, Freizügigkeit; Neigung, gegen bestehende soziale Regeln oder auch solche der Kunst oder der wissenschaftlichen Methode zu verstoßen‹.
Belege 
[1] Börne, Schild. Paris IX (1823), SS 2, 43 f. (44): Den Humor[3], diese wilde und launische Demokratie der Gedanken und Empfindungen – das in der Breite, was die Romantik[2/8] in der Höhe und Tiefe ist – kennen die Franzosen so wenig, daß sie ihren eigenen Rabelais nicht begreifen und ihn für einen Satiriker halten. Die Magnetnadel ihrer Empfindung geht haarscharf nach Norden, und sehen sie sie abweichen oder gar oszillieren, erheben sie ein Jammergeschrei, ⟨44⟩ als nahe der Untergang der Welt heran. Diese literarische Aristokratie, da sie [...] der Entwickelung der bürgerlichen Freiheit hinderlich ist, mußte den Franzosen endlich drückend werden, und manche ihrer jüngern Schriftsteller werfen die Fesseln ab und suchen eine Freistätte im Lande der Romantik[14/2/8].

[2] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. II (1834), 119: Anna [Boleyn] war [...] geistreich, lebhaft, und von einer Heiterkeit[4], der sie ⟨120⟩ nicht immer Gränzen zu setzen verstand. [...] Am Hofe wurde ihr ungemessener Beifall gezollt, und, wie man sagt, nicht ohne ihre Ehre und ihren guten Ruf zu gefährden; selbst ihre Vertheidiger verdammen die allzugroße Freiheit ihrer Rede und das Unsittliche ihres Betragens.

[3] Krünitz, Oecon. Encycl. XIV (1778; 21786), 814: Strenge Eingezogenheit von Seiten des Frauenzimmers ist [...], im Ganzen genommen, ihnen gewiß in mancherley Absicht allezeit vortheilhafter, als eine Freyheit des Umganges mit dem männlichen Geschlechte, deren schädliche Folgen nicht wohl vorausgesehen und verhindert werden können.

[4] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 45: Unter den prosaischen[1] Autorn des 16ten Jahrhunderts verdient noch ganz vorzüglich angemerkt zu werden Joh. Fischhart, der Verdeutscher oder Bearbeiter des Rabelais. Wenn ich auf diesen komme, werde ich noch etwas über den eigenthümlichen Charakter[1] seines Witzes[4] sagen. Vielleicht hat niemand die komische Willkühr mit der Sprache[1] weiter getrieben als er, und dabey mit so gründlichem Tiefsinn die possenhafte Tollheit gleichsam erschöpft. In Wortspielen könnten zehn Plagiare über ihn kommen, ohne ihn arm zu stehlen; allein man muß auch gestehen, daß die Freyheit der Zeiten[5] dem guten Humor[2] zu Statten kam: solche Verwegenheit im Scherzen würde jetzt sehr übel aufgenommen werden.

[5] Winckelmann, Gesch. d. Kunst I (1764), 28: In Ländern, wo nebst dem Einflusse des Himmels einiger Schatten der ehemaligen Freyheit[6] mit wirket, ist die gegenwärtige Denkungsart der ehemaligen sehr ähnlich; dieses zeiget sich noch itzo in Rom, wo der Pöbel unter der Priesterlichen Regierung eine ausgelassene Freyheit[15] genießet.

[6] Herder, Journ. m. Reise (*1769–70), SW 4, 424.

[7] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), XLII f..

[8] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 114.

[9] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 215.

[10] Winckelmann, Gesch. d. Kunst II (1764), 329.














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