[1]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 282
: Wenn [...] der Mensch, durch Freyheit[1] seiner Caussalität, die Naturdinge seinen oft thörichten Absichten (die bunten Vogelfedern zum Putzwerk seiner Bekleidung, farbige Erden oder Pflanzensäfte zur Schminke), manchmal auch aus vernünftiger Absicht, das Pferd zum Reiten, den Stier und in Minorca sogar den Esel und das Schwein zum Pflügen, zuträglicher findet: so kann man hier [...] nicht [...] einen relativen Naturzweck (auf diesen Gebrauch) annehmen. Denn seine Vernunft weiß den Dingen eine Uebereinstimmung mit seinen willkürlichen Einfällen, wozu er selbst nicht einmal von der Natur[2] prädestinirt war, zu geben.
[2]
Grosse, Genius I (1791), 134
: Um mich ganz wieder zu heilen, ließ man mich periodisch allein. Die durch Gesellschaft beschäftigte Einbildungskraft[1] überließ den kalten Schlüssen der Vernunft dann die Sprache[12]..
[3]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. X (1838), 116
: Eigentliche Vernunft[1] mangelt den Thieren[1]; doch ihre Gelehrigkeit, ihr[e] sich dem menschlichen Verstande[2] so oft annähernde Entwickelungsfähigkeit sind durch viele der merkwürdigsten Beispiele hinlänglich documentirt. Die eigentliche thierische Vernunft[1] dagegen, d. i. das Vermögen, ohne eigne Ueberlegung gerade das Richtige zu ergreifen, wird Instinkt genannt. Mit diesem verwandt ist der Kunsttrieb, jene thierische Aeußerung, welche einen Stoff außer sich handhabt und, wie beim Nestbauen, einen bestimmten Gebrauch davon macht, um ihn zu ihren Zwecken zu benutzen. Und wie mannichfaltig ist nicht dieser Kunsttrieb und Instinkt, der Bau und die Gestalt der 〈117〉 Thiere[1]!.
[4]
Kant, Daseyn Gottes (1763), 108
: So bald eine Naturanstalt nützlich ist, so wird sie gemeiniglich unmittelbar aus der Absicht des göttlichen Willens, oder doch durch eine besonders durch Kunst[1] veranstaltete Ordnung der Natur[2] erklärt; entweder weil man einmal sich in den Kopf gesetzt hat: die Wirkungen der Natur[2], gemäs ihren allgemeinsten Gesetzen, könten auf solche Wohlgereimtheit nicht auslaufen, oder wenn man einräumete, sie hätten auch solche Folgen, so würde die〈109〉ses heissen die Vollkommenheit der Welt einem blinden Ohngefehr zuzutrauen, wodurch der göttliche Urheber sehr würde verkant werden. Daher werden in einem solchen Falle der Naturforschung Grenzen gesetzt. Die erniedrigte Vernunft[2/9] stehet gerne von einer weiteren Untersuchung ab, weil sie solche hier als Vorwitz ansieht, und das Vorurtheil ist desto gefährlicher, weil es den Faulen einen Vorzug vor dem unermüdeten Forscher giebt durch den Vorwand der Andacht und der billigen Unterwerfung unter den grossen Urheber, in dessen Erkentnis sich alle Weisheit vereinbaren muß..
[5]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 169
: Die allgemeine Logik ist über einem Grundrisse erbauet, der ganz genau mit der Eintheilung der oberen Erkenntnißvermögen zusammentrifft. Diese sind: Verstand[2], Urtheilskraft und Vernunft. Jene Doctrin handelt daher in ihrer Analytik von Begriffen[1], Urtheilen und Schlüssen, gerade den Functionen und der Ordnung jener Gemüthskräfte gemäß, die man unter der weitläuftigen Benennung des Verstandes[6] überhaupt begreift. ➢ Volltext.
[6]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 503
: Weil es aber doch einem nachdenkenden und forschenden Wesen anständig ist, gewisse Zeiten[6] lediglich der Prüfung seiner eigenen Vernunft zu widmen, hiebey aber alle Partheylichkeit gänzlich auszuziehen, und so seine Bemerkungen anderen zur Beurtheilung öffentlich mitzutheilen: so kann es niemanden verargt, noch weniger verwehrt werden, die Sätze und 〈504〉 Gegensätze [...] auftreten zu lassen..
[7]
Kant, Crit. pract. Vern. (1788), 108
: Der Mensch[1] ist ein bedürftiges Wesen, so fern er zur Sinnenwelt gehört und so fern hat seine Vernunft allerdings einen nicht abzulehnenden Auftrag, von Seiten der Sinnlichkeit, sich um das Interesse derselben zu bekümmern und sich practische Maximen, auch in Absicht auf die Glückseligkeit dieses, und, wo möglich, auch eines zukünftigen Lebens, zu machen. Aber er ist doch nicht so ganz Thier[11], um gegen alles, was Vernunft für sich selbst sagt, gleichgültig zu seyn, und diese blos zum Werkzeuge der Befriedigung seines Bedürfnisses, als Sinnenwesens, zu gebrauchen. Denn im Werthe über die bloße Thierheit erhebt ihn das gar nicht, daß er Vernunft hat, wenn sie ihm nur zum Behuf desjenigen dienen soll, was bey Thieren[1] der Instinct verrichtet; sie wäre alsdenn nur eine besondere Manier, deren sich die Natur[2] bedient hätte, um den Menschen[1] zu demselben Zwecke, dazu sie Thiere[1] bestimmt hat, auszurüsten, ohne ihn zu einem höheren Zwecke zu bestimmen. ➢ Volltext.
[8]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 214
: [I]n aller schönen[2] Kunst[9] besteht das Wesentliche in der Form, welche für die Beobachtung und Beurtheilung zweckmäßig ist, wo die Lust zugleich Cultur[3] ist und den Geist[18] zu Ideen stimmt, mithin ihn mehrerer solcher Lust und Unterhaltung empfänglich macht; nicht in der Materie der Empfindung (dem Reize oder der Rührung), wo es bloß auf Genuß angelegt ist, welcher nichts in der Idee zurückläßt, den Geist[18] stumpf, den Gegenstand nach und nach anekelnd, und das Gemüth, durch das Bewußtseyn seiner im Urtheile der Vernunft zweckwidrigen Stimmung, mit sich selbst unzufrieden und launisch macht..
[9]
Kant, Metaph. d. Sitt. II (1797), 110
: Der Anbau (cultura) seiner Naturkräfte (Geistes- Seelen- und Leibeskräfte), als Mittel zu allerley möglichen Zwecken ist Pflicht des Menschen gegen sich selbst. – Der Mensch ist es sich selbst (als einem Vernunftwesen) schuldig, die Naturanlage und Vermögen, von denen seine Vernunft dereinst Gebrauch machen kann, nicht unbenutzt und gleichsam rosten zu lassen [...].
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