[1]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
21801), 1146
: Der Verstand[4], [...] das Vermögen, die Fähigkeit, einen andern zu verstehen, welche erste und eigentliche Bedeutung noch im gemeinen Leben häufig ist, in welcher denn auch den Thieren[1] Verstand[4] zukommt. In weiterer Bedeutung ist der Verstand[6] das Vermögen zu erkennen, so daß es auch die Sinne[4] und Einbildungskraft mit unter sich begreift, und den Thieren[1] gleichfalls zukommt. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist es das Vermögen, deutliche Begriffe[1] zu haben; in welchem Falle der Verstand[2] nur vernünftigen Geschöpfen allein zukommt, sich aber von der Vernunft[1] in engerm Verstande[7] hinlänglich unterscheidet..
[2]
Fichte, Urth. d. Publ. (1793), XVIII ff. (XX)
: „Wenn wir uns der Freiheit[6] auch würdig machten, so werden die Monarchen uns doch nicht frei[6] lassen.“ [...] 〈XX〉 [...] Sagen hilft da nichts, denn wer könnte so laut schreien, daß es ihr Ohr[3] erreichte, und durch ihren Verstand zu ihrem Herzen eindränge? Nur handeln hilft. Seyd gerecht, ihr Völker[1], und eure Fürsten werden es nicht aushalten können, allein ungerecht zu seyn..
[3]
A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 136
: Da die Ureinwohner fast alle zur Classe[2] der Bauren und des niedrigen Volks[5] gehören, so ist es nicht leicht, über ihre Anlagen für Künste[6] der Lebensverschönerung zu urtheilen. Indessen kenn ich keine Menschenraçe, welche ärmer an Einbildungskraft[1] zu seyn schiene. Gelangt ein Indianer auf einen gewissen Grad von Cultur[4], so zeigt er eine große Leichtigkeit zu lernen, viel richtigen Verstand, natürliche[2] Logik, und eine besondre Neigung zu subtilisieren, oder die feinsten Verschiedenheiten zwischen mehreren zu vergleichenden Gegenständen aufzufassen. Dabei räsonnirt er kalt, aber mit Ordnung, ohne jedoch jene Beweglichkeit der Einbildungskraft[1], jenes Colorit der Empfindung, jene Kunst[6] zu schaffen und hervorzubringen zu zeigen, welche die Völker[1] des südlichen Europa's und mehrere africanische Neger-Stämme characterisirt. Ich spreche diese Meinung indeß mit Vorbehalt aus; indem man äußerst vorsichtig im Urtheil über das seyn seyn soll, was man moralische oder intellectuelle Anlagen der Völker[1] zu nennen wagt, von denen wir durch so manche Scheidewand der Verschiedenheit der Sprachen[3], der Gewohnheiten und Sitten getrennt sind..
[4]
A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 172 f. (173)
: Der ausgezeichnetste Geometer, welchen Neu-Spanien seit Siguenza's Epoche gehabt hat, war Don Joacquin Velasquez Cardenas y Leon. Alle astronomischen und geode〈173〉tischen Operationen dieses unermüdlichen Gelehrten tragen den Character[1] der größten Genauigkeit. Er war den 21sten Juli 1732 im Innern des Landes, auf dem Maierhof Santiago Acebedocla, in der Nähe des indianischen Dorfs Tizicapan, geboren, und bildete sich, so zu sagen, ganz allein. In seinem vierten Jahr theilte[1 er seinem Vater die Pocken mit1], der daran starb, daher sein Oheim, welcher Pfarrer von Xaltocan war, seine Erziehung übernahm, und ihn durch einen Indianer, Namens Manuel Asentzio, einen Mann von viel natürlichem[2] Verstand und tiefen Kenntnissen in der mexicanischen Geschichte[3] und Mythologie, unterrichten ließ. Velasquez lernte in Xaltocan mehrere indianische Sprachen[3] nebst dem Gebrauch der aztekischen Hieroglyphenschrift, und es ist sehr zu bedauern, daß er nichts über diesen merkwürdigen Zweig des Alterthums[2] bekannt gemacht hat..
[5]
Jahn, Dt. Volksth. (1810), 202
: Wundergeschichten! Das größte Wunder, wie ein Mensch[1] ohne Verstand[3] Dinge erfinden will, die unter und über und wider allen Verstand[4] sind. Geistergeschichten! Wo Geister[1] spuken weht kein Geist[28]..
[6]
Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 633
: Die ersten Kunstrichter widmeten ihr Nachdenken der Theorie der Künste[2], weil die Natur[2] ihnen das besondere Genie[2] zu Untersuchungen dieser Art gegeben hatte: was sie bemerkten und entdekten, hatte das Gepräg der Gründlichkeit, ob es gleich noch nicht allgemein und vollständig genug war. Nachdem einmal die Critik[2] durch dergleichen Bemerkungen mit Säzen so weit bereichert worden, daß es der Mühe werth war, sie in ein System zu sammeln; so wurd sie zu einer Wissenschaft, die nun auch mittelmäßigen und seichten Köpfen in die Augen leuchtete. Nicht nur Männer von Genie[2], sondern auch bloße Liebhaber ohne Talente wiedmeten ihr ihre Zeit[6]. Diese bildeten sich ein, man könne sie lernen, weil die Kunstsprache, und die einmal in die Wissenschaft aufgenommenen Säze sich leicht ins Gedächtnis fassen lassen. Was also im Anfang die Frucht des wahren Genies[2] war, wurd nun zur Modewissenschaft, auf welche sich Leute ohne Genie[2] und Talente legten. Jeder seichte Kopf, der sie ohne Verstand blos durch das Gedächtnis gefaßt hatte, versuchte sie mit seinen eigenen Säzen, mit neuen[1] Wörtern[1], an denen das Genie[2] keinen Antheil hatte, zu bereichern; und so wurd die Critik[2] zulezt zu einem Gewäsche, in welchem man nur mit großer Mühe, die von den wahren Kunstrichtern gemachten Entdekungen noch wahrnehmen konnte. Wenn nun zugleich auch Menschen ohne natürlichen[3] Beruf sich auf die Künste[2] legen; so glauben sie dieselben aus den Theorien erlernen zu können: und so werden Künste[2] und Critik[2] zugleich verdorben..