[1]
L. Tieck, an Wackenroder (28. 12. 1792), VL 2, 107
: Vertiefe Dich übrigens ja nicht zu sehr in die Poesie[11] des Mittelalters, es ist so ein erstaunliches Feld von Schönheit vor uns, ganz Europa und Asien und vorzüglich das alte[10] Griechenland und das neue[5] England, daß ich fast verzweifle, mich je an diese Nachklänge der Provencalen zu wagen. Vergiß ja über das angenehme das wahre schöne[1] nicht. Soviel ich die Minnesänger kenne, herrscht auch eine erstaunliche Einförmigkeit in allen ihren Ideen, es ist überhaupt schon gar keine Empfehlung für den poetischen[4] Geist[20] dieses Zeitalters, daß es nur diese eine Art von Gedichten gab, nur diesen Zirkel von Empfindungen, in denen sich jeder wieder mit mehr oder weniger Glück herumdrehte.
[2]
Adelung, Gesch. Cultur (1782), 143 f. (144)
: Man sage, was man will, das Clima[1] hat auf die Cultur[4] und die Art derselben unläugbare Einflüsse. Unter einem Himmel, wo die siedende Hitze des Clima[1] und der Leidenschaften nur für die entgegen gesetzten Gränzen Thätigkeit hat, und keine Mittelstraße kennet, wo alles entweder Despot oder Sclave ist, wo das andere Geschlecht ganz von dem Umgange mit dem männlichen abgesondert, und bloß zur Befriedigung der gröbsten Sinnlichkeit hinab gewürdiget ist, wo die Fruchtbarkeit des Bodens die natürliche[2] Trägheit begünstiget, wo die Stände im äußern noch so wenig abgesondert sind, daß auch der Herr sich nicht anders ausdruckt, als sein 〈144〉 Sclave, wo Leibesstärke das einige Verdienst ist; da muß man freylich keine feine Empfindungen des Schönen[1] erwarten, zumahl da der brennende Himmel hier wenig sanfte Schönheiten[3] zeuget. Was kann der Egyptier, der Araber, der Bewohner des mittlern Asiens, der Indianer, der Chineser für Begriffe[1] von menschlicher Schönheit[1] haben, er, der täglich keine andern als entweder plumpe Leibesstärke, oder von der Sonne verbrannte, von der Hitze ausgedörrte, und von träger Weichlichkeit entnervte menschliche Körper zu sehen gewohnt ist, und sie nie anders als mit den gierigen Augen des sinnlichsten Genusses betrachtet? Man darf es sich daher nicht befremden lassen, wenn man selbst in den Dichtungen dieser Zeit[3] den Geschmack so sehr vermisset. Ihre Schönheiten[1] rühren nicht von der Wahl und feinen Bearbeitung des Dichters, sondern von den Gegenständen selbst her, und da Homer ohne Unterschied schöne[1] und häßliche[1], angenehme und widerwärtige Gegenstände schildert, so sind auch die erstern mehr ein Werk des Zufalles, als seiner Wahl. ➢ Volltext.
[3]
Ditters v. Dittersdorf [Spazier], Lebensbeschr. (1801), 10
: Was den Dittersdorfschen Theaterstücken allenfalls hin und wieder an der höhern, innigern Wahrheit der Deklamation (dem eigentlich Poetischen[4]) und mitunter in Absicht der korrekten Bearbeitung des Textes abgeht, wie sie die strengere Kritik[8] von jedem musikalischen[2] Gesangstücke, das auf Vollendung Anspruch machen will, unerläßlich fordert, das wird von der andern Seite wieder durch so manche Schönheit des deklamatorisch-theatralischen Ausdrucks, durch den Glanz des Orchesterspiels, das eben nicht in Überladung verfällt, durch Gründlichkeit im Satze, der bisweilen vernachlässigter 〈11〉 scheint, als er ist, weil er nur etwas leer gehalten ist, und vor allen Dingen durch schönen fließenden Gesang ersetzt [...]..
[4]
G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 332
: Bey dieser einsam gelegenen und von der Natur[2] so reichlich gesegneten Gegend, wo wir ohne andre Gesellschaft als unsre beyden Indianer im Grase ruheten, fielen uns mit Recht die Beschreibungen der Dichter von bezauberten Inseln ein, die, als das Werk einer unbeschränkten Einbildungskraft[1], gemeiniglich mit allen möglichen Schönheiten geschmückt zu seyn pflegen. Würklich hatte dieser Fleck viel Aehnlichkeit mit dergleichen romantischen[7] Schilderungen..
[5]
Gerstenberg, Merkw. Litt. I (1766), 20
: Dem Trissino folgte Tasso, und nahm in seinem Gierusaleme liberata die Alten[10] zu Wegweisern; dabey aber blieb ihm das Nationalvorurtheil für idealische[3] Wesen und für romantische[2/4] Abenteuer noch allzuwichtig, als daß er sie gänzlich hätte verbannen oder verabsäumen sollen. Er hatte die classischen[7] Schönheiten studirt, er hatte sie sich zu eigen gemacht [...]. Dennoch behielt er seine erste und Lieblingsbekanntschaft, die alten[11] provenzalischen Dichter[3], zum Augenmerk..
[6]
Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 59
: Wie oft hört man sagen, daß eine europäische Schönheit[3] einem Chinesen oder gar einem Hottentotten mißfallen würde, indem dem Chinesen ein ganz anderer Begriff[1] von Schönheit[1] inwohne als dem Neger, und diesem wieder ein anderer als dem Europäer u. s. f. Ja betrachten wir die Kunstwerke[2] jener außer-europäischen Völker[1], ihre Götterbilder z. B., die als verehrungswürdig und erhaben aus ihrer Phantasie[1] entsprungen sind, so können sie uns als die scheußlichsten Götzenbilder vorkommen, und ihre Musik als die abscheulichste in die Ohren[2] klingen, während sie ihrer Seits unsere Skulpturen, Malereien, Musiken für unbedeutend oder häßlich[1] halten werden. ➢ Volltext.
[7]
Heinse, H. v. Hohenth. I (1795), SW 5, 55
: Wahrscheinlich übertrift das Ohr[3] des Menschen[1] an feiner und mannigfaltiger Aufnehmung und Unterscheidung der Töne[1] auch das Ohr[3] aller andern Thiere[2]. Mich dünkt, schon die Menge der Sprachen[3] allein wäre hinlänglicher Beweis. So wie der vortrefliche Lehrmeister des Gefühls, ist es noch Lehrmeister der Zunge und der Kehle. Ein vollkommen zartes, festes, reines, und noch mehr, ausgebildetes Gehör ist freylich auch eben so selten, wie alle hohe Schönheit; und durch böse Gewohnheiten kann man diesen 〈56〉 göttlichen Sinn[3] sehr verderben. Wer ihn aber nicht einigermaaßen in Vortreflichkeit hat, soll sich nicht mit Gesang und Instrumenten[3] plagen, wo er nothwendig entscheidet..
[8]
Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 183 f. (184)
: Laßet uns also auf die Tugenden des Weibes[1] kommen, wie sie sich in der Geschichte[2] der Menschheit[2] offenbahren. Auch 〈184〉 unter den wildesten Völkern[1] unterscheidet sich das Weib[1] vom Mann durch eine zärtere Gefälligkeit, durch Liebe zum Schmuck und zur Schönheit; auch da noch sind diese Eigenschaften kennbar, wo die Nation[1] mit dem Klima[1] und dem schnödesten Mangel kämpfet. Ueberall schmückt sich das Weib[1], wie wenigen Putz es auch hie und da sich zu schmücken habe [...]. – – Reinlichkeit ist eine andre Weibertugend, dazu sie ihre Natur[12] zwingt und der Trieb zu gefallen reizet..
[9]
A. v. Humboldt, Cordill. I [TrN. N.] (1810), 5
: Was ich romantisches[3] oder grandioses an den Ufern der Saverne, im nördlichen Deutschland, in den euganeischen Gebirgen, auf der Centralkette von Europa, auf dem jähen Abhang des Vulcans von Teneriffa gesehen habe, das Alles findet sich in den Cordilleren der neuen[3] Welt vereinigt. Jahrhunderte würden nicht hinreichen, die Schönheiten zu betrachten, und die Wunder zu entdecken, welche die Natur[2] dort auf einer Strecke von 2500 Meilen, von den Granitgebirgen der magellanischen Meerenge, bis zu den Nachbar-Küsten des östlichen Asiens hin, zerstreut hat. [Original A. v. Humboldt, Vues des Cord. (1810), 4: Ce que j'ai vu de romantique ou de grandiose sur les bords de la Saverne, dans l'Allemagne septentrionale, dans les monts Euganéens, dans la chaîne centrale de l'Europe, sur la pente rapide du volcan de Ténériffe; tout se trouve réuni dans les Cordillères du nouveau monde. Des siècles ne suffiroient pas pour observer les beautés et pour découvrir les merveilles que la nature y a prodiguées sur une étendue de deux mille cinq cents lieues, depuis les montagnes granitiques du détroit de Magellan jusqu'aux côtes voisines de l'Asie orientale.].
[10]
Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 34
: [I]ch habe einen herrlichen schönen[1] Gott[6], er ist mir überall, wo sich mir eine Schönheit[3], eine Thätigkeit, eine Bewegung offenbart, er rauscht in den Bäumen, in den Wellen, er sieht aus der feuchten Pflanze[1], wenn sie sich öffnet, [...] aber so lieb, und so klar und bezaubernd hat er noch nimmer zu mir gesprochen, als heute aus Deiner Schönheit[1]. Aus [...] der weißen Haut und der vollkommenen Form Deiner Schulter lacht er mir in die Augen wie der unverhüllte [...] Reiz der Griechen. Hier, wo das Kleid das widerspenstige, mich hindert, mehr als ein Stück Deines stolzen Oberarms zu sehen, hier beginnt die verschleiernde Romantik[8] [...]..
[11]
Moritz, Dt. in Engld. (1783), 206
: Mein Begleiter geriet beinahe in poetische[6] Begeisterung[2], da er mich auf die Schönheiten dieses Thales aufmerksam machte [...]..
[12]
Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 133
: Die Schönheit ist daher als die Bürgerin zwoer Welten anzusehen, deren einer sie durch Geburt, der andern durch Adoption angehört; sie empfängt ihre Existenz in der sinnlichen Natur[11], und erlangt in der Vernunftwelt das Bürgerrecht. Hieraus erklärt sich auch, wie es zugeht, daß der Geschmack, als ein Beurtheilungsvermögen des Schönen[1], zwischen Geist[19] und Sinnlichkeit in die Mitte tritt, und diese beyden, einander verschmähenden Naturen[11], zu einer glücklichen Eintracht verbindet – wie er dem Materiellen die Achtung der Vernunft[1], wie er dem Rationalen die Zuneigung der Sinne[3] erwirbt – wie er Anschauungen zu Ideen adelt, und selbst die Sinnenwelt gewißermaaßen in ein Reich der Freyheit[10] verwandelt. ➢ Volltext.
[13]
A. W. Schlegel, Geist d. Zeitalt. (1803), Eur. 2, 46 f. (47)
: Die Philologie ist an sich ein liberales Studium, weil es bloß auf Uebung und Bildung[2] des Geistes[14] im allgemeinen abzweckt, und sich der Gemeinnützigkeit bestimmter Anwendungen entzieht. Man hat sie aber auch in der neueren[5] Epoche diesen unterwürfig machen wollen, 〈47〉 und dadurch auf Abwege geleitet. Die älteren[10] Philologen suchten den Schülern bloß den Buchstaben[11] der alten[10] Autoren zu eröffnen, in der Zuversicht, wenn sie selbigen treufleißig erlernt hätten, würde ihnen der Geist[30] nach dem Maaße ihres Sinnes[5] von selbst aufgehen. Jetzt hat man sie voreilig in diesen einzuweihen gedacht, ohne ihn selbst recht gefaßt zu haben: man hat in Noten viel über die Schönheiten der Dichter gefaselt, man hat die Mythologie nach oberflächlichen Ansichten aus der sogenannten Geschichte[4] der Menschheit[2], d. h. aus Vergleichungen mit andern Nationen[1] auf gleichen Stufen der Cultur[4] [...], zugestutzt, u. s. w. Was ist dabei herausgekommen? Die grammatische Gründlichkeit ist vernachlässigt, und das Höhere nicht erreicht worden. ➢ Volltext.
[14]
Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 610
: Ohne Zweifel wollte die Natur[2] durch die von allen Seiten auf uns zuströhmenden Annehmlichkeiten unsre Gemüther überhaupt zu der Sanftmuth und Empfindsamkeit bilden, wodurch das rauhe Wesen, das eine übertriebene Selbstliebe und stärkere Leidenschaften geben, mit Lieblichkeit gemäßiget wird. Diese Schönheiten sind einer in uns liegenden feineren Empfindsamkeit angemessen; durch den Eindruk, den die Farben, Formen und Stimmen[3] der Natur[2] auf uns machen, wird sie beständig gereizt, und dadurch wird ein zarteres Gefühl in uns rege, Geist[22] und Herz werden geschäftiger und nicht nur die gröbern Empfindungen, die wir mit den Thieren[1] gemein haben, sondern auch die sanften Eindrüke werden in uns würksam. Dadurch werden wir zu Menschen[1]; unsre Thätigkeit wird vermehret, weil wir mehrere Dinge interessant[1] finden, es entsteht eine allgemeine Bestrebung aller in uns liegenden Kräfte, wir heben uns aus dem Staub empor, und nähern uns dem Adel[5] höherer Wesen. Wir finden nun die Natur[2] nicht mehr zu der bloßen Befriedigung unsrer thierischen Bedürfnisse, sondern zu einem feinern Genuß und zu allmähliger Erhöhung unsers Wesens eingerichtet..
[15]
L. Tieck, Phantasus I (1812), 97
: Nichts alberneres, als zwei Menschen, die sich nicht leiden mögen, und die sich plötzlich in gezwungener Einsamkeit in einer dunkeln Grotte eng neben einander befinden, da brummt man was von schöner[1] Natur[2] und rennt aus einander, als müßte man die nächste Schönheit noch eilig ertappen, die sich sonst vielleicht auf flüchtigen Füßen davon machen möchte; und, siehe da, indem du dich bald nachher eine enge Felsentreppe hinauf quälst, kommt dir wieder die fatale Personage von oben herunter entgegen gestiegen, man muß sich sogar beim Vorbeidrängen körperlich berühren, eine nothgedrungene Freundlichkeit anlegen, und der lieben Humanität wegen recht entzückt sein über das herrlich romantische[3] Wesen, um nur der leidigen Versuchung auszuweichen, jenen in den zauber- aber nicht wasserreichen Wasserfall hinab zu stoßen..
[16]
L. Tieck, Phantasus I (1812), 117
: [I]ch wollte nur auf die Bemerkung einlenken, wie es zu verwundern sei, daß es noch keinem von uns eingefallen ist, [...] irgend ein dramatisches Werk, am liebsten eins der Shakspearschen, darzustellen. Welchen Genuß würde jedem von uns dieser Dichter gewähren, wenn wir eins seiner Lustspiele, zum Beispiel Was ihr wollt, bis ins Innerste studirten, und neben dem Vergnügen welches das Ganze gewährt, auf das vertrauteste mit jeder einzelnen Schönheit und ihrer Beziehung und Nothwendigkeit zum Ganzen bekannt würden, und so mit vereinigter Liebe eins seiner herrlichsten Gedichte auch äußerlich vor uns hinzustellen suchten. | Du hast ja diesen Einfall und Verstand[3] für uns alle gehabt, versetzte Wilibald, auch kannst du zur Noth, wie Zettel, drei oder vier Rollen übernehmen. Schade nur, daß kein romantisch[3] brüllender Löwe in diesem Lustspiel auftritt, um dein ganzes Talent zu entwickeln.
.
[17]
Wackenroder, an seine Eltern (1793), VL 2, 158
: Die sinnlichen Schönheiten fürs Auge, können nur durchs Auge, im Original der Natur[2], oder in Nachahmungen des Pinsels, vollkommen empfunden werden. – Doch ich schwatze zuviel, da ich Ihnen bloß sagen wollte, daß ich Ihnen unmöglich ein treues Gemählde von der Folge einzelner Romantischer[3] Aussichten, die wir diesen Vormittag u[nd] auf der ganzen Reise hatten, geben kann..
[18]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 110
: Zunächst wird jeder gleich sehen, daß [...] jeder heutige Ästhetiker sich in den Fall versetzt findet, mit hinlänglicher Willkür [...] aus dem Chaos untergegangener Schönheiten beliebig dies und jenes auszuwählen, bald mehr die klassischen[7], bald mehr die romantischen[13] zu begünstigen, bald mehr die Kunst[4], bald mehr die Poesie11 in sein Gebiet hereinzuziehen, oder auch den rhetorischen Schönheiten das Uebergewicht zu verstatten..
[19]
Winckelmann, Anm. Gesch. Kunst (1767), 39
: Viele Künstler sind gelehrt in der Proportion, aber wenige haben Schönheiten[3] hervorgebracht, weil hier der Geist[20] und das Gefühl mehr als der Kopf arbeitet. Da nun das Idealische der Schönheit[1] von den alten[10] Künstlern als das höhere Theil derselben betrachtet worden, so haben sie dieser die bestimmten Verhältnisse unterworfen und diese jener zugewäget. In der Proportion haben sie sich zuweilen einige Freyheit[9] genommen, und es ist dieselbe zu entschuldigen, wenn es mit Grunde geschehen..