Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 366 f. (367): Unter den Spaziergängen in Dreßden sind der Plauische Grund und 〈367〉 das Seifersdorfer Thal [...] von einer romantischen[3] Schönheit [...].
[2] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 608: [D]ie menschliche Gestalt ist dadurch vorzüglich ein verkleinertes Bild der Erde und des Universums, daß das Leben als Produkt der inneren Triebfedern sich auf der Oberfläche concentrirt und als reine Schönheit sich über sie verbreitet. Hier ist nichts mehr, was an das Bedürfniß und die Nothwendigkeit erinnerte, es ist die freieste Frucht der inneren und verborgenen Nothwendigkeit, ein unabhängiges Spiel, das nicht mehr an seinen Grund erinnert, sondern an und für sich selbst gefällt. Hierzu gehört nun nothwendig auch, daß die menschliche Gestalt der fremdartigen Bedeckungen entbehre, die den Thieren[1] zugegeben sind, daß sie auch auf der Oberfläche nur Organ[2] sey, unmittelbare Empfänglichkeit mit unmittelbarem Rückwirkungsvermögen. ➢ Volltext
[3] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 176: So wie die Freyheit[6] zwischen dem gesetzlichen Druck und der Anarchie mitten inne liegt, so werden wir jetzt auch die Schönheit zwischen der Würde, als dem Ausdruck 〈177〉 des herrschenden Geistes[19], und der Wollust, als dem Ausdruck des herrschenden Triebes, in der Mitte finden. ➢ Volltext
[4] L. Tieck, an Wackenroder (28. 12. 1792), VL 2, 106: Carrikaturen gefallen überhaupt vielleicht nur einem kalten nördlichen Volke[1], dessen Gefühl für den feinen Stachel der stillen Schönheit zu grob ist, oder die schon die Schule der Schönheit durchgegangen sind, und deren übersatten Magen nur noch die gewürztesten Speisen reizen können, die es daher gern sehn, wenn die Schönheit dem Ausdruck aufgeopfert wird, weil sie in der Schönheit keinen lebenden Ausdruck mehr finden.
[5] Adelung, Gesch. Cultur (1782), 143 f. (144): Man sage, was man will, das Clima[1] hat auf die Cultur[4] und die Art derselben unläugbare Einflüsse. Unter einem Himmel, wo die siedende Hitze des Clima[1] und der Leidenschaften nur für die entgegen gesetzten Gränzen Thätigkeit hat, und keine Mittelstraße kennet, wo alles entweder Despot oder Sclave ist, wo das andere Geschlecht ganz von dem Umgange mit dem männlichen abgesondert, und bloß zur Befriedigung der gröbsten Sinnlichkeit hinab gewürdiget ist, wo die Fruchtbarkeit des Bodens die natürliche[2] Trägheit begünstiget, wo die Stände im äußern noch so wenig abgesondert sind, daß auch der Herr sich nicht anders ausdruckt, als sein 〈144〉 Sclave, wo Leibesstärke das einige Verdienst ist; da muß man freylich keine feine Empfindungen des Schönen[1] erwarten, zumahl da der brennende Himmel hier wenig sanfte Schönheiten[3] zeuget. Was kann der Egyptier, der Araber, der Bewohner des mittlern Asiens, der Indianer, der Chineser für Begriffe[1] von menschlicher Schönheit[1] haben, er, der täglich keine andern als entweder plumpe Leibesstärke, oder von der Sonne verbrannte, von der Hitze ausgedörrte, und von träger Weichlichkeit entnervte menschliche Körper zu sehen gewohnt ist, und sie nie anders als mit den gierigen Augen des sinnlichsten Genusses betrachtet? Man darf es sich daher nicht befremden lassen, wenn man selbst in den Dichtungen dieser Zeit[3] den Geschmack so sehr vermisset. Ihre Schönheiten[1] rühren nicht von der Wahl und feinen Bearbeitung des Dichters, sondern von den Gegenständen selbst her, und da Homer ohne Unterschied schöne[1] und häßliche[1], angenehme und widerwärtige Gegenstände schildert, so sind auch die erstern mehr ein Werk des Zufalles, als seiner Wahl. ➢ Volltext.
[6] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 109 f.: Was Du thust, erhalte Deine Seele in reiner jugendlicher Liebe zum Großen und Schönen[1]. Auch die Sinne[4] wollen die Befriedigung in der Schönheit, sie suchen es in sich und in dem was Einfluß auf sie übt. Du 〈110〉 fühlst Dein Ohr[3] beleidigt, durch eine klanglose raue Stimme[3] die keinen Geist[20] wiederhallt, so Dein Auge lenkt ab von dem was seinem Schönheitsreiz wiederspricht. Oder es forscht nach der tieferen Schönheit des Geistesadel und der Güte, wenn es mit häßlichen[1] Zügen sich bekannt macht. ➢ Volltext.
[7] S. Bernhardi, an A. W. Schlegel (1. 7. 1810), KJ 2, 141 f. (142): Warhaft kleinlich haben Humbolds gestrebt meine Verbindung mit Knorring zu zer〈142〉reißen, es ist kein Liefländer in ihr Hauß gekommen, dem sie nicht gesagt hatten ich sei mit Knorring heimlich verheurathet, jeder hat diese Nachricht wie sie wolten Knorrings Vater hinterbracht, und so sollte endlich die Trenung nothwendig werden. Knorrings Vater hat eine lange Zeit[6] darüber geschwiegen[2]; endlich hat er jezt vor kurzen seinem Sohn geschrieben, und macht ihm nur liebevolle Vorwürfe daß er ihm verschweigt waß die ganze Welt weiß; schreibt daß er mit seiner Verheiratung zufrieden ist, weil man ihm versichert hat ich hätte vielen Ruhm, biethet mir auf eine liebevolle Art sein Hauß an, und trägt Knorring die freundlichsten Grüße an mich auf. Mich hat diese Begebenheit ausserorndlich gerührt, und ist mir ein neuer Sporn gewesen Flore und Blantscheflur zu verbessern daß es gedruckt werden kann, und ich bitte Sie und Ihren Bruder dazu beizutragen daß mein Nahme wieder mehr genant wird, denn ist es wohl sündlich daß ich dies lebhaft wünsche, da es einem alten[2] 75jährigen Mann einziger Ersaz ist wofür er alles hin giebt waß er biß in sein so hohes Alter als das Höchste betrachtet hat Adel[1], große Verbindungen, Reichthum, ja selbst Jugend und Schönheit..
[8] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 122: Der Gotthard, [...] ein berühmter Berg in der Schweiz, welcher theils wegen seiner romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Schönheiten, theils weil die Alpenstraße über den Gotthard auch nach Italien 〈123〉 führt, häufig von Fremden[[[[BedeutungsVerweis ID='170' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] besucht wird..
[9] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 326: Romantisch[7/4]. Da die meisten Romane[1] die Menschen[1] und Begebenheiten nicht so schildern, wie sie in der Natur[2] und in der wirklichen Welt erscheinen, sondern so, wie sie nach einem ästhetischen oder moralischen Ideale sein sollten, oder wie sie die oft überspannte Phantasie[3] des Dichters sich erträumt; so nennt man romantisch[7/4], im guten und schlimmen Sinne[1], alles, was entweder durch idealische[1] Vollkommenheit, oder durch abenteuerliche[3] Seltsamkeit und Verschrobenheit von dem Gewöhnlichen abweicht. So heißt ein Gesicht romantisch[7], wenn es bei dem sanften Ausdrucke von Unschuld, Zärtlichkeit, Offenheit ein reitzbares Gefühl für Freundschaft, Liebe[1], Menschlichkeit verräth – eine Gegend, eine Lage, wenn ihre erhabnen oder rührenden Schönheiten nicht durch blinde Naturkraft zusammengestellt, sondern nach einem künstlichen Plane zu Erweckung sanfter oder erhabner Empfindungen absichtlich angelegt scheinen – ein Charakter[6], in dem Neigung zum Ungewöhnlichen, Freundschaft, Liebe[1], Patriotismus, hoher Glaube an die Tugend oder Erwartung eines seltsam glücklichen Ausgangs wohlgemeinter Unternehmungen u. s. w. oder auch schlichte Sitteneinfalt, Vernachlässigung des Herkommens, der Mode, der Formalitäten, der Hofsitte in den Handlungen des gemeinen Lebens, vornehmlich aber in der Wahl des Standes, des Gatten, der Freunde hervorstechend sind. Allerdings kann sowohl der Hang zu idealisiren, als die treue Anhänglichkeit an die Natur[2] auf Abwege verleiten, jener kann unter das gewöhnlich Gute herabsinken lassen, welches er zu überfliegen, diese von der Natur[2] entfernen, welcher er anzunähern strebt; allein die 〈327〉 Grundlage des Romantischen[7] ist edel und schön[1]. In der wirklichen Welt, d. h. in der Welt der gemeinen Menschen[1], die durch Eigennutz, Gewohnheit – Vorurtheil regiert wird, verstößt freilich ein romantischer[7] Sinn[5/9] mit jedem Schritte. Flache seelenlose Weltleute, Schlendriansmänner, die da in der Meinung stehen, alles müsse so sein, wie es bisher war und noch ist, glauben daher, einen uneigennützigen Charakter[6], ein edles Streben, sich und die Menschheit[2] zu vervollkommnen, nicht leichter herabwürdigen zu können, als durch den Vorwurf des Romantischen[7]..
[10] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 97: Die Fesseln der Akademie wurden zerbrochen, und wenn auch die moderne[9] Literatur Frankreichs, welche sich als romantische[14] Schule gegen die alte[1] classische[8] geltend gemacht hat, im Allgemeinen, statt wahrhaft frei[11] zu sein und damit die Gesetze der wahren Schönheit an sich auszubilden, einer zügellosen Willkür anheimgefallen ist, so ist doch die Möglichkeit zum Trefflichsten und zum Theil dieses selbst in seinen Anfängen vorhanden. .
[11] Bürger, Vorr. Ged. (1789), 34: [...] daß es die gelehrten, geist- und herzreichen, geschmackvollen, beredten Schriftsteller in Prosa[1] und Versen sind, welche dem Verstande Licht, dem Herzen Rechtschaffenheit und Adel[5], der ganzen Empfindsamkeit Stimmung zu den schönsten[1] und edelsten Melodieen, den Sitten Glätte, Geschmeidigkeit und Anmuth, allen Leibes- und Geisteskünsten Vollkommenheit und Schönheit verleihen..
[12] Eichendorff, Ahn. u. Ggw. (1815), 208: Höchstanziehend und zurückstoßend zugleich erschien ihm [...] ihre Nachbarinn, die junge Gräfin Romana [...]. Ihre Schönheit war durchaus verschwenderischreich, südlich[3] und blendend und überstrahlte Rosa's mehr deutsche Bildung[10] 〈209〉 weit, ohne eigentlich vollendeter zu seyn..
[13] Fischer, Gust. Verirrg. (1801), 161: Sie wollte gefallen und – sonderbar genug – demohngeachtet gefiel sie wirklich. Ihre außerordentliche Schönheit, ihr blendender Witz[1] rissen auch dann noch hin, wenn man am meisten auf seiner Huth zu seyn glaubte. Bald sah man sich gefesselt, und verlohr mit der Freiheit[5] die Neigung ihren Verlust zu beklagen..
[14] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 112: Zur Linken dieser herrlichen Scene stiegen schroffe braune Felsen empor, deren Gipfel mit überhängendem Buschwerk und Bäumen gekrönt waren. Zur Rechten lag ein Haufen großer Steine, den, allem Anschein nach, die Gewalt des vom Berge herabströmenden Wassers zusammengethürmt hatte; über diesem hinaus erhob sich eine abhängige Felsen-Schicht zu einer Höhe von etwa 150 Fus, und auf diese war eine 75 Fuß hohe, senkrechte Felsenwand mit Grün- und Buschwerk überwachsen, aufgesetzt. Weiter zur Rechten sahe man Gruppen von gebrochenen Felsen, durch Moos, Farnkraut, Gras und allerhand Blumen verschiedentlich schattirt, den dort herkommenden Strohm aber zu beyden Seiten mit Bäumen eingefaßt, die, vermöge ihrer Höhe von ohngefähr 40 Fus, das Wasser gegen die Strahlen der Sonne decken. Das Getöse des Wasserfalls war so heftig, und schallte von den benachbarten, wiedertönenden Felsen so stark zurück, daß man keinen andern Laut dafür unterscheiden konnte. Die Vögel schienen sich deshalb auch etwas davon entfernt zu halten, weiter hin aber ließ sich die durchdringend helle Kehle der Drosseln [...], die tiefere Stimme[3] des Barth-Vogels [...] und der bezaubernde Gesang verschiedner Baumläufer oder Baumklettrer [...] an allen Seiten hören, und machte die Schönheit dieser wilden, romantischen[3] Gegend vollkommen..
[15] G. Forster, Ansichten I (1791), W 2, 451: Auf etwas Gemeinschaftliches, auf eine gewisse Übereinstimmung des Gefühls gründet sich indessen doch das Bestreben eines jeden Künstlers, die tiefempfundene Schönheit darzustellen. [...] 〈452〉 Weil nun aber das Wesen des Ideals es mit sich bringt, daß es ein Abdruck der sittlichen Vollkommenheit in sinnlich anschaulichen Formen sei; so scheinen zur Hervorbringung eines solchen höchstvollendeten Werkes der menschlichen Kunst[2] dreierlei Requisite in der Person des Künstlers zusammentreffen zu müssen: erstlich, eine reiche Ausstattung mit jenen überlegenen Seelenkräften, in deren Fülle und Harmonie schon individuelle Größe und subjektive Vollkommenheit gegeben ist; zweitens, Schauplatz und Gelegenheit zur zartesten Entwickelung und Ausbildung dieser innern Energie, höchste sittliche Kultur[3]; drittens, hohe Darstellungsgabe und innerer Trieb sowohl, als äußere Veranlassung, sie in Wirksamkeit zu versetzen.
[16] G. Forster, Ansichten I (1791), W 2, 558: Was konnte ich von diesem Reichthum noch sehen, nachdem ich eine Danaë von Tizian, und ein Porträt der Frau des Malers Joconde, von Leonardo da Vinci's Hand gesehen und verschlungen hatte? [...] Frau Joconde erinnerte mich [...] an mein Lieblingsbild in der Landgräflichen Galerie zu Cassel, wo dem Künstler genau dasselbe Gesicht zu einer himmlischen Madonna gedient haben muß. [...] Ein wenig Härte und Trockenheit 〈559〉 mag immer der Pinsel beibehalten haben; es ist doch unmöglich eher daran zu denken, als bis man an den Wundern der Zeichnung geschwelgt hat, und einen Vorwand sucht, um endlich sich loszureißen. Umsonst! diese kleinen Unvollkommenheiten, die so innig in der Schönheit und dem Seelenadel des Weibes verwebt sind, werden bei ihr zu neuen Fesseln für unser Auge und für das Herz..
[17] Goethe, Wilh. Meister IV (1795), WA I, 22, 36: Hatte man oft zwischen vier Wänden gute und fröhliche Stunden zusammen genossen; so war man natürlich[4] noch viel aufgeweckter hier, wo die Freiheit[1] des Himmels und die Schönheit der Gegend jedes Gemüth zu reinigen schien..
[18] Goethe, Farbenl. Hist. Thl. I (1810), WA II, 3, 85: Durch den Apelles erreichte endlich die Mahlerei bei den Griechen ihr höchstes Ziel. Was den Adel[5] der Erfindung, die Schönheit der Gestalten betrifft, scheint er allen seinen Kunstgenossen wenigstens gleichgekommen zu sein; in Betreff der Anmuth aber über alle den Vorzug behauptet zu haben..
[19] Gutzkow, Wally (1835), 5: Auf weißem Zelter sprengte im sonnengolddurchwirkten Walde Wally, ein Bild, das die Schönheit Aphroditens übertraf, da sich bei ihm zu jedem klassischen[[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]?] Reize, der nur aus dem cyprischen Meerschaume geflossen sein konnte, noch alle romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='923' Anzeige='4' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]?] Zauber gesellten: ja selbst die Draperie der modernsten[[[[BedeutungsVerweis ID='165' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Zeit[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] fehlte nicht, ein Vorzug, der sich weniger in der Schönheit selbst als in ihrer Atmosphäre kundzugeben pflegt..
[20] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 59: Wie oft hört man sagen, daß eine europäische Schönheit[3] einem Chinesen oder gar einem Hottentotten mißfallen würde, indem dem Chinesen ein ganz anderer Begriff[1] von Schönheit[1] inwohne als dem Neger, und diesem wieder ein anderer als dem Europäer u. s. f. Ja betrachten wir die Kunstwerke[2] jener außer-europäischen Völker[1], ihre Götterbilder z. B., die als verehrungswürdig und erhaben aus ihrer Phantasie[1] entsprungen sind, so können sie uns als die scheußlichsten Götzenbilder vorkommen, und ihre Musik als die abscheulichste in die Ohren[2] klingen, während sie ihrer Seits unsere Skulpturen, Malereien, Musiken für unbedeutend oder häßlich[1] halten werden. ➢ Volltext.
[21] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 157: [Über Märtyrerdarstellungen:] [E]iner Seits müssen die Individuen in einem ganz andern Grade noch, als wir es in der Leidensgeschichte Christi forderten, als wirkliche einzelne Individuen, mit dem Stempel der zeitlichen Existenz bezeichnet, und in den Gebrechen der Endlichkeit und Natürlichkeit herausgestellt werden, anderer Seits sind die Qualen und unerhörten Abscheulichkeiten, die Verzerrungen und Verrenkungen der Glieder, die leiblichen Martern, die Henkeranstalten, das Köpfen, Rösten, Verbrennen, in Oel Sieden, auf's Rad Flechten u. s. f. an sich selbst häßliche[1], widrige, ekelhafte Aeußerlichkeiten, deren Entfernung von der Schönheit zu groß ist, als daß sie von einer gesunden Kunst[18] sollten zum Gegenstande erwählt werden dürfen. ➢ Volltext.
[22] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 439: Das Wesentlichste, was bei dieser Gruppe [sc. Laokoon] in Betracht kommt, ist, daß bei dem hohen Schmerz, der hohen Wahrheit, dem krampfhaften Zusammenziehn des Körpers, dem Bäumen aller Muskeln, dennoch der Adel[5] der Schönheit erhalten, und zur Grimasse, Verzerrung und Verrenkung auch nicht in der entferntesten Weise fortgegangen ist. ➢ Volltext.
[23] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 52: Ist [...] von Hause aus ein frohes Naturell, Freiheit[14], Heiterkeit[4], Entschiedenheit, die das Leben und die Bande der Wirklichkeit leicht nehmen und es kurz damit abzumachen wissen, vom Künstler zu Grunde gelegt, so vergesellschaften sich damit auch mehr ein natürlicher[2] Adel[5], Grazie, Frohheit, Freiheit[13] und Schönheit der Form. ➢ Volltext.
[24] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 94: Für den Ausdruck der geistigen Schönheit wird allerdings der Künstler das an und für sich Häßliche[1] der äußeren Formen vermeiden, oder es durch die Macht der hindurchbrechenden Seele zu bändigen und zu verklären wissen, aber er kann dennoch die Häßlichkeit nicht durchweg entbehren. ➢ Volltext.
[25] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[26] Heinse, H. v. Hohenth. I (1795), SW 5, 113: Jeder, der nur einigermaaßen ein gutes Gehör hat, wird im Dunkeln seine Bekannten und Freunde auch am bloßen Ton[5] der Stimme[1] kennen, und von einander unterscheiden. Im Ton[5] der Stimme[1] liegt etwas Charakteristisches[1], was die besondre Art der Nerven anzeigt, woraus ein Mensch[1] besteht. Für einen Blindgebornen ist er die sinnliche Schönheit. Eine quikende, grelle, heisere, schreyende Stimme[1] benimmt einer Helena, einem Paris an Gestalt den Reiz. Ein erfahrnes zartes Ohr[3] ist eben so gut physiognomischer Sinn[5], als ein erfahrnes scharfes Auge..
[27] Herder, Plastik (1778), 54 f. (55): Im Gemählde ist keine einzelne Person Alles: sind sie nun alle gleich schön[1], so ist keine mehr schön[1]. Es wird ein mattes Einerley langschenklichter, geradnäsiger, sogenannter Griechischen[4/6] Figuren, 〈55〉 die alle dastehn und paradiren, an der Handlung[3] so wenig Antheil nehmen als möglich, und uns in wenigen Tagen und Stunden so leer sind, daß man in Jahren keine Larven der Art sehen mag. [...] Und nun, wenn diese Lüge von Schönheit sogleich der ganzen Vorstellung, der Geschichte[10], dem Charakter[4] der Handlung[3] Hohn spricht, und diese jene offenbar als Lüge zeihet? Da wird ein Mißton, ein Unleidliches vom Ganzen im Gemählde, das zwar der Antikennarr nicht gewahr wird, aber der Freund der Antike[4] um so weher fühlet. Und endlich wird uns ja ganz unsre Zeit[4], die fruchtbarsten Sujets der Geschichte[3], die lebendigsten Charaktere[5], alles Gefühl von einzelner Wahrheit und Bestimmtheit hinwegantikisiret..
[28] Herder, Bef. d. Hum. I (1793), 72: Fast immer tönet diese Stimme[3] um mein Ohr[3], wenn ich Friedrichs [des Großen] Schriften lese. Man wandelt in ihnen wie auf klaßischem[3] Boden; ein Gefühl für die Würde, den Werth, die Schönheit der Wissenschaften ist in seine kleinsten und größesten Aufsätze verbreitet..
[29] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 261: Edel [...] bezeichnet die Größe, Vorzüglichkeit oder Erhabenheit des Charakters[1] oder der Gesinnung. Man sagt von einem Menschen[1], der sich durch diese Eigenschaften auszeichnet: sein Wesen ist edel. – Bei Thieren[1] bezieht es sich auf die Gestalt, die Race[1], welche sich vor den andern durch Schönheit 〈262〉 des Wuchses, Stärke etc. auszeichnet; so z. B. die arabischen Pferde, die edlen Schafe (Merino's)..
[30] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VII (1836), 94: Auf den jungen Thronerben Rußlands [...] machte Mariens blendende Schönheit, ihr Geistesadel, und vor allem die Sanftmuth ihres Herzens den lebhaftesten Eindruck..
[31] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), V: Nichts vollendet so sehr den absoluten Werth eines Gedichts, als wenn es, neben seinen übrigen eigenthümlichen Vorzügen, zugleich den sichtbaren Ausdruck seiner Gattung und das lebendige Gepräge seines Urhebers an sich trägt. Denn wie groß auch die einzelnen Schönheiten seyn mögen, durch welche ein Kunstwerk[3] zu glänzen im Stande ist, wie regellos die Bahnen, welche selbst das echte Genie[4] manchmal verfolgt; so bleibt es doch immer gewiß, daß dasselbe da, wo es in seiner vollen Kraft thätig ist, auch immer in einer reinen und entschiedenen Individualität auftritt, und sich eben so wieder in einer reinen und bestimmten Form ausprägt. Wenn daher andere Pro〈VI〉ducte der Kunst[3] nur eine einseitige Bewunderung oder eine flüchtig aufbrausende Begeisterung[3] hervorbringen; so sind es allein die, welche jenen Grad der Vollkommenheit besitzen, in welchen der Leser seine volle und dauernde Befriedigung findet, und aus denen er wieder die Stimmung zu schöpfen vermag, die ihnen selbst das Daseyn gab. Vorzüglich aber sind sie ein dankbarer Gegenstand für die ästhetische Beurtheilung. Denn sie erheben zugleich mit sich auch ihren Beurtheiler empor, und führen von selbst eine Art der Kritik[2] herbei, die in dem einzelnen Beispiel zugleich die Gattung, in dem Werke zugleich den Künstler[3] schildert..
[32] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 174: Es giebt weder eine Wissenschaft des Schönen[1], sondern nur Critik[2], noch schöne[2] Wissenschaft, sondern nur schöne[2] Kunst[1]. Denn was die erstere betrifft, so würde in ihr wissenschaftlich, d. i. durch Beweisgründe ausgemacht werden sollen, ob etwas für schön[1] zu halten sey oder nicht; das Urtheil über Schönheit würde also, wenn es zur Wissenschaft gehörte kein Geschmacksurtheil seyn. Was das zweyte anlangt, so ist eine Wissenschaft, die, als solche, schön[2] seyn soll, ein Unding. Denn, wenn 〈175〉 man in ihr als Wissenschaft nach Gründen und Beweisen früge, so würde man uns durch geschmackvolle Aussprüche (Bon Mots) abfertigen. – Was den gewöhnlichen Ausdruck, schöne[2] Wissenschaften veranlaßt hat, ist ohne Zweifel nichts anders, als daß man ganz richtig bemerkt hat, es werde zur schönen[2] Kunst[1] in ihrer ganzen Vollkommenheit viel Wissenschaft, als z. B. Kenntnis alter[10] Sprachen[3], Belesenheit der Autoren, die für Classiker gelten, Geschichte[6], Kenntnis der Alterthümer[5] u. s. w. erfordert und, um daher diese historische Wissenschaften weil sie zur schönen[2] Kunst[1] die nothwendige Vorbereitung und Grundlage ausmachen, zum Theil auch weil darunter selbst die Kenntnis der Producte der schönen[2] Kunst[1] (Beredsamkeit und Dichtkunst) begriffen worden, durch eine Wortverwechselung, selbst schöne[2] Wissenschaften genannt hat..
[33] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 15: Angenehm heißt Jemandem das, was ihn vergnügt; schön[1], was ihm blos gefällt; gut, was geschätzt, gebilligt, d. i. worin von ihm ein objectiver Werth gesetzt wird. Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Thiere[1]; Schönheit nur für Menschen[1] d. i. thierische, aber doch vernünftige Wesen, aber auch nicht blos als solche (z. B. Geister[1]) sondern zugleich als thierische; das Gute aber für jedes vernünftige Wesen überhaupt..
[34] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 141: Wenn mir jemand sein Gedicht vorliest, oder mich in ein Schauspiel führt, welches am Ende meinem Geschmacke nicht behagen will, so [...] mögen gewisse Stellen, die mir eben mißfallen, mit Regeln der Schönheit [...] gar wohl zusammenstimmen: ich stopfe mir die Ohren[2] zu [...]..
[35] Krünitz, Oecon. Encycl. XVI (1779; 21787), 199: Bewege durch den Garten stark die Einbildungskraft[1] und die Empfindung, stärker, als eine bloß natürlich[1] schöne[1] Gegend bewegen kann. Rufe daher natürliche[1] Schönheit der Landschaft herbey: rufe aber auch die Kunst[13], damit sie jene durch ihre Mitwirkung mehr erhöhe..
[36] Krünitz [Flörke], Oecon. Encycl. CXXII (1813), 182: Das Reisen auf Flüssen, Canälen und eingeschlossenen Seen ist größtentheils sehr angenehm, und gewährt oft die schönsten[1] Aussichten, indem viele Flüsse durch die angenehmsten Thäler führen, manche Seen in höchst romantischen[3] Gegenden liegen, und die Canäle meistens in den am besten angebaueten Gegenden angelegt sind. [...] So erleichtern die ansehnlichen Flüsse, welche z. B. Deutschland durchströmen, die Wasserreisen in diesem Lande. Schwerlich ist in diesem Lande eine Gegend zu finden, die mehr Mannichfaltigkeit und Schönheit der Landschaft, mehr Cultur[2] und Wohlstand verriethe, als die Rheingegenden. Wer daher aus dem südlichen[1] Deutschland nach Holland reisen will, würde thöricht und wieder sein eigenes Vergnügen handeln, wenn er nicht die angenehme und reizvolle Reise auf dem Rheine von Mannheim über Maynz, Koblenz, Kölln und Düsseldorf allen andern Gelegenheiten vorziehen wollte..
[37] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714: Romantisch[3/4], ein mit romanhaft[1] aus einer Quelle entspringendes Wort[1], allein von verschiedener Bedeutung. Man gebraucht es sowohl in der Malerei[3], als auch in der Poesie[18] von Gegenden, die sich durch eine einnehmende, bezaubernde Schönheit und abwechselnde Mannigfaltigkeit der Gegenstände auszeichnen. In der Malerei[3] ist ein romantischer[3/4] Styl die Vorstellung einer Gegend mit Ruinen oder mit andern erhabenen, die Phantasie[1] des Beschauers fesselnden, Gegenständen. [...] 〈715〉 [...] Freilich muß [...] der Landschaftsmaler eine glühende Phantasie[1], ein dichterisches Gefühl besitzen, um den Beschauer, durch eine glückliche und harmonische Zusammenstellung des Ganzen, durch eine richtige Perspective, durch ein heiteres[1], frisches, überhaupt dem Gegenstande angemessenes, Kolorit, durch sanfte Verschmelzung der Tinten in einander, zu fesseln und sein Gemüth zu dem Schönen[1] zu erheben..
[38] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520: Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten[1] Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst[4], in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]. Nachdem nun Buonarotti sie eine Zeitlang in dem 〈521〉 Wahne, eine wirkliche Antike[3] vor sich zu haben, gelassen, auch viele ironische[1] Bemerkungen zwischen der Antike[4] und seiner Arbeit mit angehört hatte, so trat er endlich hervor, und erklärte die Bildsäule für sein Werk [...]..
[39] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 34: [I]ch habe einen herrlichen schönen[1] Gott[6], er ist mir überall, wo sich mir eine Schönheit[3], eine Thätigkeit, eine Bewegung offenbart, er rauscht in den Bäumen, in den Wellen, er sieht aus der feuchten Pflanze[1], wenn sie sich öffnet, [...] aber so lieb, und so klar und bezaubernd hat er noch nimmer zu mir gesprochen, als heute aus Deiner Schönheit[1]. Aus [...] der weißen Haut und der vollkommenen Form Deiner Schulter lacht er mir in die Augen wie der unverhüllte [...] Reiz der Griechen. Hier, wo das Kleid das widerspenstige, mich hindert, mehr als ein Stück Deines stolzen Oberarms zu sehen, hier beginnt die verschleiernde Romantik[8] [...]..
[40] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 40: Schönheit gleicht dem Genie[2]; sie ist freie[5] Gabe der Götter[4], und als solche hat der Wille der Menschen[1] keinen Theil daran. Was selbst erworbner Reiz des Betragens langsam hervorbringt, ist bei ihr das Werk eines Augenblicks: die angenehme Rührung, welche mein Herz bewegte, goß einen höhern Reiz über die ganze Natur[2] um mich her. Der Glanz der Abendsonne schien mit überirdischer Klarheit auf den Baumwipfeln zu ruhen – der Rheinstrom und die romantische[8] Ferne, 〈41〉 die einsamen Höhen und der frische duftige Wiesengrund mit dem lebendigen Gewühl von Menschen[1] und Thieren[1] – das zarte Laub, das, kaum entfaltet, freudig im Abendwind flüsterte. – Alles schien verklärt, harmonisch, ahnungsvoll..
[41] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 128: Die Schönheit der Gegend überraschte mich, denn die glückliche Stellung der Gebirge, die sich um das schöne[1] Thal ziehen, bildete sehr romantische[3] Parthien und einen reizenden Grund [...]..
[42] C. Michaelis, an L. Gotter (12. 1. 1781), C 1, 38: Friedericke Böhmer ist zu sehr meine Freundinn, überdem ist der Contrast was Schönheit betrift zu groß, als daß sie ihr gut seyn könte, denn das Therese häßlich[1] ist, das ist die allgemeine Stimme[11]..
[43] Moritz, Bild. Nachahm. (1788), 7: [W]eil [...] der edle Mensch[1], um edel zu seyn, der körperlichen Schönheit nicht bedarf, so scheiden sich hier [...] die Begriffe[1] von Schön[1] und Edel, indem durch das letztre die innre Seelenschönheit, im Gegensatz gegen die Schönheit auf der Oberfläche, bezeichnet wird. In so fern nun aber die äussre Schönheit zugleich mit ein Abdruck der innern Seelenschönheit ist, faßt sie auch das Edle in sich, und sollte es, ihrer Natur[1] nach, eigentlich stets in sich fassen. Hiedurch hebt sich aber demohngeachtet der Unterschied zwischen schön[1] und edel nicht wieder auf. Denn unter einer edlen Stellung denken wir uns z. B. eine solche, die zugleich eine gewisse innere Seelenwürde bezeichnet: irgend eine leidenschaftliche Stellung aber kann demohngeachtet immer noch eine schöne[1] Stellung seyn, wenn gleich nicht eine solche innere Seelenwür〈8〉de ausdrücklich dadurch bezeichnet wird; nur darf sie einem gewissen Grade von innerer Würde nie geradezu widersprechen; sie darf nie unedel seyn..
[44] W. A. Mozart, an seinen Vater (15. 12. 1781), S 2, 142: bevor ich ihnen von meinem gewäsche frey mache, muß ich ihnen doch noch näher mit dem karackter[2] meiner liebsten konstanze bekannt machen. – sie ist nicht hässlich[1], aber auch nichts weniger als schön[1]. – ihre ganze schönheit besteht, in zwey kleinen schwarzen augen, und in einem schönen[1] Wachsthum. sie hat keinen Witz[3], aber gesunden Menschenverstand genug, um ihre Pflichten als eine frau und Muter erfüllen zu können..
[45] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 85: In dem Maße, als der einzelne Redner nach der Fülle seines Gegenstandes strebt, wird auch seine Rede rythmischer, seine Prosa[1] nähert sich der Poesie[3], nicht etwa indem sie sich poetischer[4] Mittel, Bilder oder gar, wie es mitunter schlechte Prediger auf der Kanzel versucht haben, der Verse und des Reims bedient, sie wird nicht etwa zu dem ekelhaften Zwitter, den man poetische[6] Prosa[1] genannt hat und die mit den weibischen Männern zu vergleichen seyn möchte, sondern wie der recht männliche Mann im Umgang mit Frauen[1] durch das Gesetz der Schönheit, durch die Sitte gedämpft und veredelt wird, so wird der wahre Redner durch den Umgang mit der Poesie[3/4], durch das Leben in ihrem Elemente, durch Aufenthalt als Gast in jener göttlichen Region, die sie immerwährend bewohnt, kurz 〈86〉 durch den Einfluß des wahren Geschmacks, der im Gebiete der Poesie[3/4] einheimisch ist, auf gewisse Weise verklärt, beruhigt: seine Rede wird, obwohl auf ganz andre eigenthümliche, männliche Weise, rythmisch und vollendet..
[46] Novalis, Tageb. (*1793), NS 4, 17: Das Schloß, das auf einem hohen und steilen Berg liegt, wird durch die Aussichten aus seinen Zimmern, die heitere[2] Luft, welche daselbst herrscht und den es zum Theil umgebenden Lustwald ein anmuthiger[2] Wohnort; denn um dieser Schönheiten willen kann man wohl die Unbequemlichkeiten des Herauf- und Herunterfahrens oder Gehens und die Rauhheit der Luft vergessen..
[47] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 49: Vorzüglich hielt sie sich bei dem Lobe ihrer Landsleute und ihres Vaterlandes auf. Sie schilderte den Edelmuth derselben, und ihre reine starke Empfänglichkeit für die Poesie[15/14] des Lebens und die wunderbare, geheimnißvolle Anmuth der Natur[2]. Sie beschrieb die romantischen[3] Schönheiten der fruchtbaren Arabischen Gegenden [...]..
[48] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 46: Wer kann [...] die Pracht des erhabnen[3] Warwik Castle mit seinem grossartigen tausendjährigen Thurme, oder den königlichen Sitz des Herzogs von Northumberland sehen, ohne sich von romantischer[7/13/14] Ehrfurcht durchdrungen zu fühlen, und ein gleiches Entzücken an der unübertreffbaren Schönheit dieser colossalen Gebäude, als an ihrer imposanten Grossartigkeit zu emfinden..
[49] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 117: Ist kein Hinderniss vorhanden, [...] so lasse man den Weg immerhin grade, oder nur äusserst wenig gebogen hinlaufen, sei die Distanz auch noch so weit. Wo ein Hinderniss eintritt, biege man aber immer lieber kurz daran hin, als schon aus der Ferne, der sogenannten Schönheits-Wellenlinie zu gefallen, einen langen Anlauf dazu zu nehmen. Die jählingen Biegungen sind bei weitem die malerischsten[4], besonders wenn sich der Weg mit einer solchen etwa von fern in das Dunkel eines Waldes verlieren kann..
[50] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 383: Der Wahrheit entspricht die Nothwendigkeit, der Güte die Freiheit[10]. Unsere Erklärung der Schönheit, sie sey die Ineinsbildung des Realen und Idealen, sofern sie im Gegenbild dargestellt ist, schließt also auch die in sich: Schönheit ist Indifferenz der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit, in einem Realen angeschaut. Wir nennen z. B. schön[1] eine Gestalt, in deren Entwurf die Natur[2] mit der größten Freiheit[10] und der erhabensten Besonnenheit, jedoch immer in den Formen, den Grenzen der strengsten Nothwendigkeit und Gesetzmäßigkeit gespielt zu haben scheint. Schön[1] ist ein Gedicht, in welchem die höchste Freiheit[10] sich selbst wieder in der Nothwendigkeit faßt. Kunst[10] demnach eine absolute Synthese oder Wechseldurchdringung der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit. ➢ Volltext.
[51] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 468 f.: Das Erhabene[3], inwiefern es nicht schön[2], wird aus diesem Grunde auch nicht erhaben[3], sondern nur ungeheuer oder abenteuerlich[3] seyn. Ebenso muß die absolute Schönheit mehr oder weniger immer zugleich auch die furchtbare 〈469〉 Schönheit seyn. ➢ Volltext.
[52] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 470: Im Kunstwerk[2] selbst als Objektivem verhalten sich Erhabenheit und Schönheit wie im Subjektiven Poesie[1] und Kunst[4]. Aber auch in der Poesie[1] für sich, sowie der Kunst[4] für sich, ist wieder derselbe Gegensatz möglich, dort als naiv[1] und sentimental[1], hier als Styl und Manier. ➢ Volltext.
[53] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 526: Außer denjenigen Dingen, welche die Schönheit unmittelbar vernichten, wie das an sich Widrige, gibt es Dinge, die, ohne an sich häßlich[1] zu seyn, die Schönheit verderben, und das Vorzüglichste unter diesen ist Darstellung des Ueberflüssigen, namentlich in dem, was ganz accidentell, z. B. der Umgebung, die mit einer Handlung zugleich vorgestellt werden soll. ➢ Volltext.
[54] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 552: Die höchste Regel ist [...], wie in aller Kunst[2], so auch hier, die Schönheit, und daß das rein Gräßliche, Abscheuliche und Widrige vermieden werde. Die wüthende Nothwendigkeit, wie sie Horatius nennt, die Wuth des Krieges bei Virgilius oder die Teufeleien des Milton würden in der Malerei nur mit schlechtem Erfolg ausgeführt werden können. So ist in der St. Peterskirche zu Rom ein allegorisches Gemälde, das die Ketzerei zu den Füßen der Heiligen in der häßlichsten[1] Gestalt vorstellt, als ob sie in einer schönen[1] weiblichen Figur vorgestellt in dieser Unterwerfung und Beugung nicht eine viel bessere Wirkung machte. ➢ Volltext.
[55] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 569: So kann die höchste Weisheit und innere Schönheit des Künstlers sich in der Thorheit oder Häßlichkeit desjenigen spiegeln, was er darstellt, und nur in diesem Sinn kann das Häßliche[1] Gegenstand der Kunst[2] werden, indem es durch diesen Reflex gleichsam aufhört es zu seyn. ➢ Volltext.
[56] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 672: Die [...] Charaktere[7] des romantischen[12/2] Epos oder des Rittergedichts sind hinreichend, seine Verschiedenheit und Entgegensetzung mit dem antiken[2] Epos zu zeigen. Wir können das Wesen desselben so aussprechen: es ist durch den Stoff episch, d. h. der Stoff ist mehr oder weniger universell, durch die Form aber ist es subjektiv, indem die Individualität des Dichters dabei weit mehr in Anschlag kommt, nicht nur darin, daß er die Begebenheit, welche er erzählt, beständig mit der Reflexion begleitet, sondern auch in der Anordnung des Ganzen, die nicht aus dem Gegenstand selbst sich entwickelt, und [...] überhaupt keine andere Schönheit als die Schönheit der Willkür bewundern läßt. An und für sich schon gleicht der romantisch[12/1/2/4]-epische Stoff einem wild verwachsenen Wald voll eigenthümlicher Gestalten, einem Labyrinth, in dem es keinen andern Leitfaden gibt als den Muthwillen und die Laune des Dichters. ➢ Volltext.
[57] Schiller, an C. G. Körner (28.–31. 7. 1787), NA 24, 117: Auf dem Spaziergang mit Wieland im Stern hatte ich durch Wieland einige Weimarische Menschen[1] kennen lernen, die an uns vorbei passierten. Ein Spaß begegnete mir. Wir stießen auf drei Frauenzimmer, worunter die mittlere und größte sehr hübsch war. Eine andre junge und eine alte[2] waren dabei, die sich sehr vertraut mit Wieland unterhielt. Ich blieb in einiger Entfernung gleichgültig zurück, unterließ aber nicht meine Augen an der schönen[1] zu weiden. Als sie weg waren, frug ich Wieland ziemlich hastig, wer diese Schöne[1] gewesen. „Ein Fräulein von – –“ (ich weiß den Namen nicht mehr) war die Antwort. – Und die anderen? – „Meine Frau[3] und Tochter.“ Ich wurde roth biß über die Ohren[1], weil ich erstaunlich gleichgültig nach den leztern gefragt hatte, denn Wieland hatte mich seiner Familie noch nicht vorgestellt gehabt und also kannte ich sie nicht. Er half mir aber aus dieser Verlegenheit, indem er sich selbst über die Schönheit der andern verbreitete..
[58] Schiller, Lykurg. u. Sol. (1790), NA 17, 438: Wenn unsre Gesetzgeber unrecht gethan haben, daß sie moralische Pflichten und Sitten ganz vernachläßigten, so hatten die Gesetzgeber der Griechen darin Unrecht, daß sie moralische Pflichten mit dem Zwang der Gesetze einschärften. Zur moralischen Schönheit der Handlungen[1] ist Freiheit[5] des Willens die erste Bedingung, und diese Freiheit[5] ist dahin, sobald man moralische Tugend durch gesetzliche Strafen erzwingen will. Das edelste Vorrecht der Menschlichen Natur[1] ist, sich selbst zu bestimmen, und das Gute um des Guten willen thun..
[59] Schiller, Trag. Kunst (1792), NA 20, 169: Das Produkt einer Dichtungsart ist vollkommen, in welchem die eigenthümliche Form dieser Dichtungsart zu Erreichung ihres Zweckes am besten benutzt worden ist. Eine Tragödie also ist vollkommen, in welcher die tragische Form, nehmlich die Nachahmung einer rührenden Handlung am besten benutzt worden ist, den mitleidigen Affekt zu erregen. Diejenige Tragödie würde also die vollkommenste seyn, in welcher das erregte Mitleid weniger Wirkung des Stoffs als der am besten benutzten tragischen Form ist. Diese mag für das Ideal der Tragödie gelten. | Viele Trauerspiele, sonst voll hoher poetischer[1] Schönheit, sind dramatisch tadelhaft, weil sie den Zweck der Tragödie nicht durch die beste Benutzung der tragischen Form zu erreichen suchen; andre sind es, weil sie durch die tragische Form einen 〈170〉 andern Zweck als den der Tragödie erreichen. Nicht wenige unsrer beliebtesten Stücke rühren uns einzig des Stoffes wegen, und wir sind großmüthig oder unaufmerksam genug, diese Eigenschaft der Materie dem ungeschickten Künstler als Verdienst anzurechnen. Bey andern scheinen wir uns der Absicht gar nicht zu erinnern, in welcher uns der Dichter im Schauspielhause versammelt hat, und, zufrieden durch glänzende Spiele der Einbildungskraft und des Witzes[2] angenehm unterhalten zu seyn, bemerken wir nicht einmal, daß wir ihn mit kaltem Herzen verlassen. Soll die ehrwürdige Kunst[3], (denn das ist sie, die zu dem göttlichen Theil unsers Wesens spricht) ihre Sache durch solche Kämpfer vor solchen Kampfrichtern führen? – Die Genügsamkeit des Publikums ist nur ermunternd für die Mittelmäßigkeit, aber beschimpfend und abschreckend für das Genie[4]..
[60] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 140 f.: Die Natur[13] gab die Schönheit des Baues, die Seele giebt die Schönheit des Spiels. Und nun wissen wir auch, was wir unter Anmuth und Grazie zu verstehen haben. Anmuth ist die Schönheit der Gestalt unter dem Einfluß der Freyheit[10]; die Schönheit der〈141〉jenigen Erscheinungen, die die Person bestimmt. Die architektonische Schönheit macht dem Urheber der Natur[13], Anmuth und Grazie machen ihrem Besitzer Ehre. Jene ist ein Talent, diese ein persönliches Verdienst. ➢ Volltext.
[61] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 142: Grazie ist immer nur die Schönheit der durch Freyheit[10/13] bewegten Ge〈143〉stalt, und Bewegungen, die bloß der Natur[13] angehören, können nie diesen Nahmen verdienen. ➢ Volltext.
[62] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 143: Endlich bildet sich der Geist[19] sogar seinen Körper, und der Bau selbst muß dem Spiele folgen, so daß sich die Anmuth zuletzt nicht selten in architektonische Schönheit verwandelt. | So, wie ein feindseliger, mit sich uneiniger Geist[19] selbst die erhabenste Schönheit des Baues zu Grund richtet, daß man unter den unwürdigen Händen der Freyheit[10] das herrliche Meisterstück der Natur[2] zuletzt nicht mehr erkennen kann, so sieht man auch zuweilen das heitre[4] und in sich harmonische Gemüth der durch Hindernisse gefesselten Technik zu Hülfe kommen, die Natur[12] in Freyheit[10/13] setzen und die noch eingewickelte, gedrückte Gestalt mit göttlicher Glorie auseinander breiten. ➢ Volltext.
[63] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 162: Die geschäftlose Seele ist ein bescheidener Gast in ihrem Körper und ein friedlicher stiller Nachbar der sich selbst überlassenen Bildungskraft. Kein anstrengender Gedanke, keine Leidenschaft greift in den ruhigen Takt des physischen Lebens; nie wird der Bau durch das Spiel in Gefahr gesetzt, nie die Vegetation durch die Freyheit[10] beunruhigt. Da die tiefe Ruhe des Geistes[19] keine beträchtliche Konsumtion der Kräfte verursacht, so wird die Ausgabe nie die Einnahme übersteigen, vielmehr die thierische Oekonomie immer Ueberschuß haben. Für den schmalen Gehalt von Glückseligkeit, den sie ihm auswirft, macht der Geist[19] den pünktlichen Hausverwalter der Natur[12], und sein ganzer Ruhm ist, ihr Buch in Ordnung zu halten. Geleistet wird also werden, was die Organisation[3] immer leisten kann, und floriren wird das Geschäft der Ernährung und Zeugung. Ein so glückliches Einverständniß zwischen der Naturnothwendigkeit und der Freyheit[10] kann der architektonischen Schönheit nicht anders als günstig seyn, und hier ist es auch, wo sie in ihrer ganzen Reinheit kann beobachtet werden. ➢ Volltext.
[64] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 171: Es läßt sich ebensowenig sagen, daß der Geist[19] die Schönheit erzeuge, als man [...] von dem Herrscher sagen kann, daß er Freyheit[6] hervorbringe; denn Freyheit[6] kann man einem zwar lassen, aber nicht geben. ➢ Volltext.
[65] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 174: Der [...] Geist[19] läßt die von ihm abhängende Natur[12], sowohl da, wo sie im Dienst seines Willens handelt, als da, wo sie seinem Willen vorgreifen will, erfahren, daß er ihr Herr ist. Unter seiner strengen Zucht wird also die Sinnlichkeit unterdrückt erscheinen, und der innere Widerstand wird sich von außen durch Zwang verraten. Eine solche Verfassung des Gemüths kann [...] der Schönheit nicht günstig seyn, welche die Natur[12] nicht anders als in ihrer Freyheit[1] hervorbringt, und es wird daher auch nicht Grazie seyn können, wodurch die mit dem Stoffe kämpfende moralische Freyheit[10] sich kenntlich macht. | Wenn hingegen der Mensch[1], unterjocht vom Bedürfniß, den Naturtrieb ungebunden über sich herrschen läßt, so verschwindet mit seiner innern Selbständigkeit auch jede Spur derselben in seiner Gestalt. [...] Nachgelassen hat aller 〈175〉 Widerstand der moralischen Kraft, und die Natur[13] in ihm ist in volle Freyheit[1] gesetzt. Aber eben dieser gänzliche Nachlaß der Selbstthätigkeit, der im Moment des sinnlichen Verlangens und noch mehr im Genuß zu erfolgen pflegt, setzt augenblicklich auch die rohe Materie in Freyheit[1], die durch das Gleichgewicht der thätigen und leidenden Kräfte bisher gebunden war. Die todten Naturkräfte fangen an, über die lebendigen der Organisation[3] die Oberhand zu bekommen, die Form von der Masse, die Menschheit[1] von gemeiner Natur[13] unterdrückt zu werden. ➢ Volltext.
[66] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186 f. (187): Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen[1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen[1] eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter[1] ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen[1] zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[67] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 187 f. (188): In einer schönen[1] Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft[1], Pflicht und Neigung harmo〈188〉nieren, und Grazie ist ihr Ausdruck in der Erscheinung. Nur im Dienst einer schönen[1] Seele kann die Natur[12] zugleich Freyheit[13] besitzen und ihre Form bewahren, da sie erstere unter der Herrschaft eines strengen Gemüths, letztere unter der Anarchie der Sinnlichkeit einbüßt. Eine schöne[1] Seele gießt auch über eine Bildung[10], der es an architektonischer Schönheit mangelt, eine unwiderstehliche Grazie aus, und oft sieht man sie selbst über Gebrechen der Natur[12] triumphieren. Alle Bewegungen, die von ihr ausgehen, werden leicht, sanft und dennoch belebt seyn. Heiter[1] und frey wird das Auge strahlen, und Empfindung wird in demselben glänzen. ➢ Volltext.
[68] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 158 f.: Schön〈159〉heit des Gehalts ist von der Schönheit der Objekte zu unterscheiden; häßliche[1] Dinge können schön[1] gedacht werden und umgekehrt..
[69] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 266: Es giebt [...] in der menschlichen Schönheit etwas allgemein geltendes, wenn es schon von jenen manierirt gebildeten Nationen[1] nicht anerkannt wird; das darf uns nicht irren, machen es doch die Manieristen in der Kunst[4] mit dem einfachen Style der großen Meister eben so. Es begreift sich, daß Nationen[1] die aus einer solchen einseitigen, ihnen von der Natur[2] aufgezwungnen National-Physiognomie nicht heraus können, in der bildenden Kunst[2], deren höchster Gegenstand die menschliche Gestalt ist, keine sonderlichen Fortschritte haben machen mögen, auch gar keine Anmuthung dazu haben; wie hingegen dieselbe, unter einer von dieser Seite so einzig begünstigten Nation[1], wie die Griechen waren, ganz vorzugsweise gedeihen mußte..
[70] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 57: Was aber den Lohenstein betrifft, da ich sehe, daß man seinen Namen sprüchwörtlich gebraucht, um das Abgeschmackte zu bezeichnen, und so gegen die verhaßte Poesie[15] zu polemisiren, so muß ich darauf erwiedern, daß eine altfränkisch gewordne Verkehrtheit dem ungeachtet leicht eine neumodische werth seyn möchte, und daß unsre heut zu Tage beliebten Schriftsteller vor Lohensteins Fehlern sehr sicher sind. Man könnte ihnen in der That zu jedem Symptome der Art Glück wünschen. Es ist in seinen Antithesen oft ein großer Aufwand von Scharfsinn, in den sinnreichen Vergleichungen Schwung der Fantasie[2], und wo der Prunk die Stelle der Schönheit vertreten muß, spürt man doch zuweilen noch die ursprüngliche Anschauung und Wahrheit der Natur[19], welche solche Ausdrücke zuerst gefunden hat..
[71] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 83: Wenn man die classische[7] Bildung[2] mit einem Worte[2] schildern will, so war sie vollendete Naturerziehung. Jetzt da aus den Trümmern jener und einem Chaos verschiedenster Elemente eine neue[1] Welt hervorging, konnte Freyheit[10] mehr das herrschende Princip werden, welche denn auch nicht unterließ, die Natur[13] zu unterdrücken, und sich so als Barbarey kund zu geben. Die Natur[13] machte aber ihre Rechte geltend, und dieser Zwist bestimmte den Charakter[1] der modernen[1] Bildung[2], in welcher die unauflöslichen Widersprüche unsers Daseyns, des Endlichen und Unendlichen in uns, mehr hervortreten, aber wieder verschmolzen werden. | Da eine ausschließende persönliche Neigung unstreitig die freyeste Huldigung des Gefühls ist, so empfand man eine Scheu, in derselben der Natur[13] noch dienen zu müssen. Alle Sinnlichkeit ward verkleidet, und man bestrebte sich die Schönheit rein zu vergöttern. Ein unendlich reizender Widerspruch ist in diesem Geist[34] der Liebe, aber zugleich die Anlage zur Ironie[1], welche aus dem Bewußtseyn des Unerreichbaren, statt zu niederschlagendem Ernst überzugehn, einen leisen Scherz macht..
[72] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 15 f. (16): Was nun die dichterische Gattung betrifft, womit wir uns hier beschäftigen, so verglichen wir die antike[2] Tragödie mit einer Gruppe in der Sculptur: die Figuren entsprechen dem Charakter[7], ihre Gruppirung der Handlung[3], und hierauf ist, als auf das einzige Dargestellte, die Betrachtung bey beyden Arten von Kunstwerken[2] ausschließlich gerichtet. Das romantische[12/4] Drama denke man sich hingegen als ein großes Gemälde, wo außer der Gestalt und Bewegung in reicheren Gruppen auch noch die Umgebung der Personen mit abgebildet ist, nicht blos die nächste, sondern ein bedeutender Ausblick in die Ferne, und dieß alles unter einer magischen Beleuchtung, welche den Eindruck so oder anders bestimmen hilft. | Ein solches Gemählde wird weniger vollkommen begränzt seyn als die Gruppe, denn es ist wie ein ausgeschnittnes Bruchstück aus dem optischen Schauplatze der Welt. [...] 〈16〉 [...] | Gerade dergleichen Schönheiten sind dem romantischen[12/4] Drama eigenthümlich. Es sondert nicht strenge wie die alte[10] Tragödie den Ernst und die Handlung[1] unter den Bestandtheilen des Lebens aus; es faßt das ganze bunte[2] Schauspiel desselben mit allen 〈17〉 Umgebungen zusammen, und indem es nur das zufällig neben einander befindliche abzubilden scheint, befriedigt es die unbewußten Foderungen der Fantasie[3], vertieft uns in Betrachtungen über die unaussprechliche Bedeutung des durch Anordnung, Nähe und Ferne, Colorit und Beleuchtung harmonisch gewordnen Scheines, und leiht gleichsam der Aussicht eine Seele. ➢ Volltext.
[73] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 143 f., Nr. 42: Die Philosophie ist die eigentliche Heimath der Ironie[3], welche man logische Schönheit definiren möchte: denn überall wo in mündlichen oder geschriebenen Gesprächen, und nur nicht ganz systematisch philosophirt wird, soll man Ironie[3] leisten und fordern; und sogar die Stoiker hielten die Urbanität für eine Tugend. Freylich giebts auch eine rhetorische Ironie[1], welche sparsam gebraucht vortreffliche Wirkung thut, besonders im Polemischen; doch ist sie gegen die erhabne[4] Urbanität der sokratischen Muse, was die Pracht der glänzendsten Kunstrede gegen eine alte[10] Tragödie in hohem Styl. Die Poesie[11] allein kann sich auch von dieser Seite bis zur Höhe der Philosophie erheben, und ist nicht auf ironische[1] Stellen be〈144〉gründet, wie die Rhetorik. Es giebt alte[10] und moderne[1] Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie[3] athmen. Es lebt in ihnen eine wirklich transcendentale[1] Buffonerie. Im Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst[8], Tugend, oder Genialität: im Äußern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen guten italiänischen Buffo. ➢ Volltext.
[74] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 174 f. (175): Das Charakteristische[1] im Tasso ist der Geist[12] der Reflexion und der Harmonie; nämlich daß alles auf ein Ideal von harmonischem Leben und harmonischer Bildung[2] bezogen und selbst die Disharmonie in har〈175〉monischem Ton[12] gehalten wird. Die tiefe Weichlichkeit einer durchaus musikalischen[7] Natur[17] ist noch nie im Modernen[1] mit dieser sinnreichen Gründlichkeit dargestellt. Alles ist hier Antithese und Musik[7], und das zarteste Lächeln der feinsten Geselligkeit schwebt[5] über dem stillen Gemählde, das sich am Anfange und Ende in seiner eignen Schönheit zu spiegeln scheint. Es mußten und sollten Unarten eines verzärtelten Virtuosen zum Vorschein kommen: aber sie zeigten sich im schönsten[1] Blumenschmuck der Poesie[3] beynah liebenswürdig. Das Ganze schwebt[5] in der Atmosphäre künstlicher Verhältnisse und Misverhältnisse vornehmer Stände, und das Räthselhafte der Auflösung ist nur auf den Standpunkt berechnet, wo Verstand[1] und Willkühr allein herrschen, und das Gefühl beynah schweigt. ➢ Volltext.
[75] F. Schlegel, Ideen (1800), 24, Nr. 116: Wie beym Manne der äußre Adel[5] zum Genie[2], so verhält sich die Schönheit der Frauen zur Liebesfähigkeit, zum Gemüth. ➢ Volltext.
[76] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 52: Alle diese verschiednen Formen werden sich als nützlich und ächt, ja als wesentlich bewähren, wenn sich erst der Roman[1] selbst in seiner ganzen Fülle bei uns weiter wird entfaltet haben, und die Mannichfaltigkeit der alten[1] romantischen[12/1/4] Geschichten[9] in eben so mannichfaltigen[1] Formen neu[1] dargestellt und eigen gebildet, uns den ehemaligen Frühling des romantischen[12/1/4] Lebens und Dichtens, in seiner ganzen Schönheit wieder bringen wird. ➢ Volltext.
[77] F. Schlegel, Entw. d. Philos. I (!1804–05), KFSA 12, 480: Das Licht ist das Prinzip der unendlichen Raumerfüllung, indem es die höchste Fülle, Mannigfaltigkeit und Schönheit von Bildung[10] und Gestaltung hervorruft, die das letzte Ziel der ganzen Weltentwicklung sind..
[78] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 56: Der Gang der bloß grammatischen Kunst[13] und Ausbildung ist in den beiden Hauptgattungen grade umgekehrt. Die Sprache[3] durch Affixa ist im Anfang ganz kunstlos, wird aber immer künstlicher[1], je mehr die Affixa mit dem Hauptwort zusammenschmelzen; in den Sprachen[3] durch Flexion hingegen geht die Schönheit und Kunst[13] der Structur, durch den Hang sichs zu erleichtern, allmählig mehr und mehr verlohren, wie wir es sehen, wenn wir manche deutsche[5], romanische[1] und jetzige indische Mundarten[1] mit der ältern[1] Form, aus der sie abstammen, vergleichen. ➢ Volltext.
[79] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 478: In diesem Sinne[1], da das Romantische[7] bloß die eigenthümlich christliche Schönheit und Poesie[11] bezeichnet, sollte wohl alle Poesie[11] romantisch[7] seyn. ➢ Volltext.
[80] R. Schumann, Symph. Berlioz (1835), 46 f. (47): Aehnlich verhält es sich mit der Anfangsmelodie [...] der dritten 〈47〉 Abtheilung, die Herr Fétis, wie ich glaube, dunkel und geschmacklos nennt. Man schwärme nur in den Alpen und sonstigen Hirtengegenden herum und horche den Schalmeien oder Alpenhörnern nach; genau so klingt es. So eigenthümlich und natürlich[6] sind aber alle Melodieen der Symphonie; in einzelnen Episoden streifen sie hingegen das Charakteristische[2] ganz ab und erheben sich zu einer allgemeinen, höheren Schönheit..
[81] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 3: Es scheinet, daß Hr. Wieland bey Bekanntmachung seines Idris die Absicht gehabt, Deutschland ein Werk dieser Gattung [sc. des Abenteuerlichen3] zu liefern, das in seiner Art claßisch[3/4] werden sollte, so wie es der Orlando furioso des Ariost in Italien ist. Es fehlt in der That diesem Werk nicht an glänzenden poetischen[3] Schönheiten; doch scheint etwas mehr, als dieses erfoderlich zu seyn, um ein Buch bey einer ganzen Nation[1] claßisch[4] zu machen..
[82] L. Tieck, Phantasus I (1812), 64 f. (65): Es fehlt unsrer Zeit[5], sagte Friedrich, so sehr sie die Natur[19] sucht, eben der Sinn[5] für Natur[19], denn nicht allein diese regelmäßigen Gärten, die dem jetzigen Geschmacke zuwider sind, bekehrt man 〈65〉 zum Romantischen[3/4], sondern auch wahrhaft romantische[3/4] Wildnisse werden verfolgt, und zur Regel und Verfassung der neuen[7] Gartenkunst erzogen. So war ehemals nur die große wundervolle Heidelberger Ruine eine so grüne, frische, poetische[1/3?] und wilde Einsamkeit, die so schön[1] mit den verfallenen Thürmen, den großen Höfen, und der herrlichen Natur[2] umher in Harmonie stand, daß sie auf das Gemüth eben so wie ein vollendetes Gedicht aus dem Mittelalter wirkte, ich war so entzückt über diesen einzigen Fleck unsrer deutschen Erde, daß das grünende Bild seit Jahren meiner Phantasie[1] vorschwebte, aber vor einiger Zeit[6] fand ich auch hier eine Art von Park wieder, der zwar dem Wandelnden manchen schönen[1] Platz und manche schöne[1] Aussicht gönnt, der auf bequemen Pfaden zu Stellen führt, die man vormals nur mit Gefahr erklettern konnte, der selbst erlaubt, Erfrischungen an anmuthigen Räumen ruhig und sicher zu genießen, doch wiegen alle diese Vortheile nicht die großartige und einzige Schönheit auf, die hier aus der besten Absicht ist zerstört worden..
[83] L. Tieck, Phantasus I (1812), 95: Wir hörten von den Englischen Parks, von denen viele in der That in hoher Schönheit prangen, und so fing man denn in Deutschland ebenfalls an, mit Bäumen, Stauden und Felsen auf mannichfache Weise zu malen, lebendige Wasser und Wasserfälle mußten die springenden Brunnen verdrängen, so wie alle geraden Linien nebst allem Anschein von Kunst[13] verschwinden mußten, um der Natur[19] und ihren Wirkungen auf unser Gemüth Raum zu gewähren. Weil man sich nun hier in einem unbeschränkten Felde bewegte, eigentlich keine Vorbilder zur Nachahmung vor sich hatte, und der Sinn[6], der auf diese Weise malen und zusammen setzen soll, vom feinsten Geschmack, vom zartesten Gefühl für das Romantische[3] der Natur[2] geleitet werden muß, ja, weil jede Lage, jede Umgebung einen eigenthümlichen Garten dieser Art erfordert, und jeder also nur einmal existiren kann, so konnte es nicht fehlen, daß man von jenem ächten Natursinn verlassen, in Verwirrung gerieth, und bald Gärten entstanden, die [...] widerlich [...] waren..
[84] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. II (1837–42), 43: In dem reinsten Adel[5] der Weiblichkeit strahlte hier die größte Schönheit, der Ausdruck der Unschuld und Tugend in aller Fülle der Weltbildung..
[85] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 121 f. (122): Als Albrecht [Dürer] den Pinsel führte, da war der Deutsche auf dem Völkerschauplatz unsers Welttheils noch ein eigenthümlicher und ausgezeichneter Charakter[6] von festem Bestand; und seinen Bildern ist nicht nur in Gesichtsbildung und im ganzen Äußeren, 〈122〉 sondern auch im inneren Geiste[12], dieses ernsthafte, grade und kräftige Wesen des deutschen Charakters[2] treu und deutlich eingeprägt. In unsern Zeiten[3] ist dieser festbestimmte deutsche Charakter[2], und eben so die deutsche Kunst[4], verloren gegangen. Der junge Deutsche lernt die Sprachen[3] aller Völker[1] Europa's, und soll prüfend und richtend aus dem Geiste[10] aller Nationen[1] Nahrung ziehen; – und der Schüler der Kunst[4] wird belehrt, wie er den Ausdruck Raphaels, und die Farben der venezianischen Schule, und die Wahrheit der Niederländer, und das Zauberlicht des Correggio, alles zusammen nachahmen, und auf diesem Wege zur alles übertreffenden Vollkommenheit gelangen solle. – O traurige Afterweisheit! O blinder Glaube des Zeitalters, daß man jede Art der Schönheit, und jedes Vorzügliche aller großen Künstler der Erde, zusammen〈123〉setzen, und durch das Betrachten aller, und das Erbetteln von ihren mannigfachen großen Gaben, ihrer aller Geist[20] in sich vereinigen, und sie alle besiegen könne! ➢ Volltext.
[86] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20): Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit, alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion[1] und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit[3] über dasselbe..
[87] Winckelmann, Anm. Gesch. Kunst (1767), 39: Viele Künstler sind gelehrt in der Proportion, aber wenige haben Schönheiten[3] hervorgebracht, weil hier der Geist[20] und das Gefühl mehr als der Kopf arbeitet. Da nun das Idealische der Schönheit[1] von den alten[10] Künstlern als das höhere Theil derselben betrachtet worden, so haben sie dieser die bestimmten Verhältnisse unterworfen und diese jener zugewäget. In der Proportion haben sie sich zuweilen einige Freyheit[9] genommen, und es ist dieselbe zu entschuldigen, wenn es mit Grunde geschehen..
[2] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 608: [D]ie menschliche Gestalt ist dadurch vorzüglich ein verkleinertes Bild der Erde und des Universums, daß das Leben als Produkt der inneren Triebfedern sich auf der Oberfläche concentrirt und als reine Schönheit sich über sie verbreitet. Hier ist nichts mehr, was an das Bedürfniß und die Nothwendigkeit erinnerte, es ist die freieste Frucht der inneren und verborgenen Nothwendigkeit, ein unabhängiges Spiel, das nicht mehr an seinen Grund erinnert, sondern an und für sich selbst gefällt. Hierzu gehört nun nothwendig auch, daß die menschliche Gestalt der fremdartigen Bedeckungen entbehre, die den Thieren[1] zugegeben sind, daß sie auch auf der Oberfläche nur Organ[2] sey, unmittelbare Empfänglichkeit mit unmittelbarem Rückwirkungsvermögen. ➢ Volltext
[3] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 176: So wie die Freyheit[6] zwischen dem gesetzlichen Druck und der Anarchie mitten inne liegt, so werden wir jetzt auch die Schönheit zwischen der Würde, als dem Ausdruck 〈177〉 des herrschenden Geistes[19], und der Wollust, als dem Ausdruck des herrschenden Triebes, in der Mitte finden. ➢ Volltext
[4] L. Tieck, an Wackenroder (28. 12. 1792), VL 2, 106: Carrikaturen gefallen überhaupt vielleicht nur einem kalten nördlichen Volke[1], dessen Gefühl für den feinen Stachel der stillen Schönheit zu grob ist, oder die schon die Schule der Schönheit durchgegangen sind, und deren übersatten Magen nur noch die gewürztesten Speisen reizen können, die es daher gern sehn, wenn die Schönheit dem Ausdruck aufgeopfert wird, weil sie in der Schönheit keinen lebenden Ausdruck mehr finden.
[5] Adelung, Gesch. Cultur (1782), 143 f. (144): Man sage, was man will, das Clima[1] hat auf die Cultur[4] und die Art derselben unläugbare Einflüsse. Unter einem Himmel, wo die siedende Hitze des Clima[1] und der Leidenschaften nur für die entgegen gesetzten Gränzen Thätigkeit hat, und keine Mittelstraße kennet, wo alles entweder Despot oder Sclave ist, wo das andere Geschlecht ganz von dem Umgange mit dem männlichen abgesondert, und bloß zur Befriedigung der gröbsten Sinnlichkeit hinab gewürdiget ist, wo die Fruchtbarkeit des Bodens die natürliche[2] Trägheit begünstiget, wo die Stände im äußern noch so wenig abgesondert sind, daß auch der Herr sich nicht anders ausdruckt, als sein 〈144〉 Sclave, wo Leibesstärke das einige Verdienst ist; da muß man freylich keine feine Empfindungen des Schönen[1] erwarten, zumahl da der brennende Himmel hier wenig sanfte Schönheiten[3] zeuget. Was kann der Egyptier, der Araber, der Bewohner des mittlern Asiens, der Indianer, der Chineser für Begriffe[1] von menschlicher Schönheit[1] haben, er, der täglich keine andern als entweder plumpe Leibesstärke, oder von der Sonne verbrannte, von der Hitze ausgedörrte, und von träger Weichlichkeit entnervte menschliche Körper zu sehen gewohnt ist, und sie nie anders als mit den gierigen Augen des sinnlichsten Genusses betrachtet? Man darf es sich daher nicht befremden lassen, wenn man selbst in den Dichtungen dieser Zeit[3] den Geschmack so sehr vermisset. Ihre Schönheiten[1] rühren nicht von der Wahl und feinen Bearbeitung des Dichters, sondern von den Gegenständen selbst her, und da Homer ohne Unterschied schöne[1] und häßliche[1], angenehme und widerwärtige Gegenstände schildert, so sind auch die erstern mehr ein Werk des Zufalles, als seiner Wahl. ➢ Volltext.
[6] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 109 f.: Was Du thust, erhalte Deine Seele in reiner jugendlicher Liebe zum Großen und Schönen[1]. Auch die Sinne[4] wollen die Befriedigung in der Schönheit, sie suchen es in sich und in dem was Einfluß auf sie übt. Du 〈110〉 fühlst Dein Ohr[3] beleidigt, durch eine klanglose raue Stimme[3] die keinen Geist[20] wiederhallt, so Dein Auge lenkt ab von dem was seinem Schönheitsreiz wiederspricht. Oder es forscht nach der tieferen Schönheit des Geistesadel und der Güte, wenn es mit häßlichen[1] Zügen sich bekannt macht. ➢ Volltext.
[7] S. Bernhardi, an A. W. Schlegel (1. 7. 1810), KJ 2, 141 f. (142): Warhaft kleinlich haben Humbolds gestrebt meine Verbindung mit Knorring zu zer〈142〉reißen, es ist kein Liefländer in ihr Hauß gekommen, dem sie nicht gesagt hatten ich sei mit Knorring heimlich verheurathet, jeder hat diese Nachricht wie sie wolten Knorrings Vater hinterbracht, und so sollte endlich die Trenung nothwendig werden. Knorrings Vater hat eine lange Zeit[6] darüber geschwiegen[2]; endlich hat er jezt vor kurzen seinem Sohn geschrieben, und macht ihm nur liebevolle Vorwürfe daß er ihm verschweigt waß die ganze Welt weiß; schreibt daß er mit seiner Verheiratung zufrieden ist, weil man ihm versichert hat ich hätte vielen Ruhm, biethet mir auf eine liebevolle Art sein Hauß an, und trägt Knorring die freundlichsten Grüße an mich auf. Mich hat diese Begebenheit ausserorndlich gerührt, und ist mir ein neuer Sporn gewesen Flore und Blantscheflur zu verbessern daß es gedruckt werden kann, und ich bitte Sie und Ihren Bruder dazu beizutragen daß mein Nahme wieder mehr genant wird, denn ist es wohl sündlich daß ich dies lebhaft wünsche, da es einem alten[2] 75jährigen Mann einziger Ersaz ist wofür er alles hin giebt waß er biß in sein so hohes Alter als das Höchste betrachtet hat Adel[1], große Verbindungen, Reichthum, ja selbst Jugend und Schönheit..
[8] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 122: Der Gotthard, [...] ein berühmter Berg in der Schweiz, welcher theils wegen seiner romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Schönheiten, theils weil die Alpenstraße über den Gotthard auch nach Italien 〈123〉 führt, häufig von Fremden[[[[BedeutungsVerweis ID='170' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] besucht wird..
[9] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 326: Romantisch[7/4]. Da die meisten Romane[1] die Menschen[1] und Begebenheiten nicht so schildern, wie sie in der Natur[2] und in der wirklichen Welt erscheinen, sondern so, wie sie nach einem ästhetischen oder moralischen Ideale sein sollten, oder wie sie die oft überspannte Phantasie[3] des Dichters sich erträumt; so nennt man romantisch[7/4], im guten und schlimmen Sinne[1], alles, was entweder durch idealische[1] Vollkommenheit, oder durch abenteuerliche[3] Seltsamkeit und Verschrobenheit von dem Gewöhnlichen abweicht. So heißt ein Gesicht romantisch[7], wenn es bei dem sanften Ausdrucke von Unschuld, Zärtlichkeit, Offenheit ein reitzbares Gefühl für Freundschaft, Liebe[1], Menschlichkeit verräth – eine Gegend, eine Lage, wenn ihre erhabnen oder rührenden Schönheiten nicht durch blinde Naturkraft zusammengestellt, sondern nach einem künstlichen Plane zu Erweckung sanfter oder erhabner Empfindungen absichtlich angelegt scheinen – ein Charakter[6], in dem Neigung zum Ungewöhnlichen, Freundschaft, Liebe[1], Patriotismus, hoher Glaube an die Tugend oder Erwartung eines seltsam glücklichen Ausgangs wohlgemeinter Unternehmungen u. s. w. oder auch schlichte Sitteneinfalt, Vernachlässigung des Herkommens, der Mode, der Formalitäten, der Hofsitte in den Handlungen des gemeinen Lebens, vornehmlich aber in der Wahl des Standes, des Gatten, der Freunde hervorstechend sind. Allerdings kann sowohl der Hang zu idealisiren, als die treue Anhänglichkeit an die Natur[2] auf Abwege verleiten, jener kann unter das gewöhnlich Gute herabsinken lassen, welches er zu überfliegen, diese von der Natur[2] entfernen, welcher er anzunähern strebt; allein die 〈327〉 Grundlage des Romantischen[7] ist edel und schön[1]. In der wirklichen Welt, d. h. in der Welt der gemeinen Menschen[1], die durch Eigennutz, Gewohnheit – Vorurtheil regiert wird, verstößt freilich ein romantischer[7] Sinn[5/9] mit jedem Schritte. Flache seelenlose Weltleute, Schlendriansmänner, die da in der Meinung stehen, alles müsse so sein, wie es bisher war und noch ist, glauben daher, einen uneigennützigen Charakter[6], ein edles Streben, sich und die Menschheit[2] zu vervollkommnen, nicht leichter herabwürdigen zu können, als durch den Vorwurf des Romantischen[7]..
[10] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 97: Die Fesseln der Akademie wurden zerbrochen, und wenn auch die moderne[9] Literatur Frankreichs, welche sich als romantische[14] Schule gegen die alte[1] classische[8] geltend gemacht hat, im Allgemeinen, statt wahrhaft frei[11] zu sein und damit die Gesetze der wahren Schönheit an sich auszubilden, einer zügellosen Willkür anheimgefallen ist, so ist doch die Möglichkeit zum Trefflichsten und zum Theil dieses selbst in seinen Anfängen vorhanden. .
[11] Bürger, Vorr. Ged. (1789), 34: [...] daß es die gelehrten, geist- und herzreichen, geschmackvollen, beredten Schriftsteller in Prosa[1] und Versen sind, welche dem Verstande Licht, dem Herzen Rechtschaffenheit und Adel[5], der ganzen Empfindsamkeit Stimmung zu den schönsten[1] und edelsten Melodieen, den Sitten Glätte, Geschmeidigkeit und Anmuth, allen Leibes- und Geisteskünsten Vollkommenheit und Schönheit verleihen..
[12] Eichendorff, Ahn. u. Ggw. (1815), 208: Höchstanziehend und zurückstoßend zugleich erschien ihm [...] ihre Nachbarinn, die junge Gräfin Romana [...]. Ihre Schönheit war durchaus verschwenderischreich, südlich[3] und blendend und überstrahlte Rosa's mehr deutsche Bildung[10] 〈209〉 weit, ohne eigentlich vollendeter zu seyn..
[13] Fischer, Gust. Verirrg. (1801), 161: Sie wollte gefallen und – sonderbar genug – demohngeachtet gefiel sie wirklich. Ihre außerordentliche Schönheit, ihr blendender Witz[1] rissen auch dann noch hin, wenn man am meisten auf seiner Huth zu seyn glaubte. Bald sah man sich gefesselt, und verlohr mit der Freiheit[5] die Neigung ihren Verlust zu beklagen..
[14] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 112: Zur Linken dieser herrlichen Scene stiegen schroffe braune Felsen empor, deren Gipfel mit überhängendem Buschwerk und Bäumen gekrönt waren. Zur Rechten lag ein Haufen großer Steine, den, allem Anschein nach, die Gewalt des vom Berge herabströmenden Wassers zusammengethürmt hatte; über diesem hinaus erhob sich eine abhängige Felsen-Schicht zu einer Höhe von etwa 150 Fus, und auf diese war eine 75 Fuß hohe, senkrechte Felsenwand mit Grün- und Buschwerk überwachsen, aufgesetzt. Weiter zur Rechten sahe man Gruppen von gebrochenen Felsen, durch Moos, Farnkraut, Gras und allerhand Blumen verschiedentlich schattirt, den dort herkommenden Strohm aber zu beyden Seiten mit Bäumen eingefaßt, die, vermöge ihrer Höhe von ohngefähr 40 Fus, das Wasser gegen die Strahlen der Sonne decken. Das Getöse des Wasserfalls war so heftig, und schallte von den benachbarten, wiedertönenden Felsen so stark zurück, daß man keinen andern Laut dafür unterscheiden konnte. Die Vögel schienen sich deshalb auch etwas davon entfernt zu halten, weiter hin aber ließ sich die durchdringend helle Kehle der Drosseln [...], die tiefere Stimme[3] des Barth-Vogels [...] und der bezaubernde Gesang verschiedner Baumläufer oder Baumklettrer [...] an allen Seiten hören, und machte die Schönheit dieser wilden, romantischen[3] Gegend vollkommen..
[15] G. Forster, Ansichten I (1791), W 2, 451: Auf etwas Gemeinschaftliches, auf eine gewisse Übereinstimmung des Gefühls gründet sich indessen doch das Bestreben eines jeden Künstlers, die tiefempfundene Schönheit darzustellen. [...] 〈452〉 Weil nun aber das Wesen des Ideals es mit sich bringt, daß es ein Abdruck der sittlichen Vollkommenheit in sinnlich anschaulichen Formen sei; so scheinen zur Hervorbringung eines solchen höchstvollendeten Werkes der menschlichen Kunst[2] dreierlei Requisite in der Person des Künstlers zusammentreffen zu müssen: erstlich, eine reiche Ausstattung mit jenen überlegenen Seelenkräften, in deren Fülle und Harmonie schon individuelle Größe und subjektive Vollkommenheit gegeben ist; zweitens, Schauplatz und Gelegenheit zur zartesten Entwickelung und Ausbildung dieser innern Energie, höchste sittliche Kultur[3]; drittens, hohe Darstellungsgabe und innerer Trieb sowohl, als äußere Veranlassung, sie in Wirksamkeit zu versetzen.
[16] G. Forster, Ansichten I (1791), W 2, 558: Was konnte ich von diesem Reichthum noch sehen, nachdem ich eine Danaë von Tizian, und ein Porträt der Frau des Malers Joconde, von Leonardo da Vinci's Hand gesehen und verschlungen hatte? [...] Frau Joconde erinnerte mich [...] an mein Lieblingsbild in der Landgräflichen Galerie zu Cassel, wo dem Künstler genau dasselbe Gesicht zu einer himmlischen Madonna gedient haben muß. [...] Ein wenig Härte und Trockenheit 〈559〉 mag immer der Pinsel beibehalten haben; es ist doch unmöglich eher daran zu denken, als bis man an den Wundern der Zeichnung geschwelgt hat, und einen Vorwand sucht, um endlich sich loszureißen. Umsonst! diese kleinen Unvollkommenheiten, die so innig in der Schönheit und dem Seelenadel des Weibes verwebt sind, werden bei ihr zu neuen Fesseln für unser Auge und für das Herz..
[17] Goethe, Wilh. Meister IV (1795), WA I, 22, 36: Hatte man oft zwischen vier Wänden gute und fröhliche Stunden zusammen genossen; so war man natürlich[4] noch viel aufgeweckter hier, wo die Freiheit[1] des Himmels und die Schönheit der Gegend jedes Gemüth zu reinigen schien..
[18] Goethe, Farbenl. Hist. Thl. I (1810), WA II, 3, 85: Durch den Apelles erreichte endlich die Mahlerei bei den Griechen ihr höchstes Ziel. Was den Adel[5] der Erfindung, die Schönheit der Gestalten betrifft, scheint er allen seinen Kunstgenossen wenigstens gleichgekommen zu sein; in Betreff der Anmuth aber über alle den Vorzug behauptet zu haben..
[19] Gutzkow, Wally (1835), 5: Auf weißem Zelter sprengte im sonnengolddurchwirkten Walde Wally, ein Bild, das die Schönheit Aphroditens übertraf, da sich bei ihm zu jedem klassischen[[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]?] Reize, der nur aus dem cyprischen Meerschaume geflossen sein konnte, noch alle romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='923' Anzeige='4' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]?] Zauber gesellten: ja selbst die Draperie der modernsten[[[[BedeutungsVerweis ID='165' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Zeit[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] fehlte nicht, ein Vorzug, der sich weniger in der Schönheit selbst als in ihrer Atmosphäre kundzugeben pflegt..
[20] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 59: Wie oft hört man sagen, daß eine europäische Schönheit[3] einem Chinesen oder gar einem Hottentotten mißfallen würde, indem dem Chinesen ein ganz anderer Begriff[1] von Schönheit[1] inwohne als dem Neger, und diesem wieder ein anderer als dem Europäer u. s. f. Ja betrachten wir die Kunstwerke[2] jener außer-europäischen Völker[1], ihre Götterbilder z. B., die als verehrungswürdig und erhaben aus ihrer Phantasie[1] entsprungen sind, so können sie uns als die scheußlichsten Götzenbilder vorkommen, und ihre Musik als die abscheulichste in die Ohren[2] klingen, während sie ihrer Seits unsere Skulpturen, Malereien, Musiken für unbedeutend oder häßlich[1] halten werden. ➢ Volltext.
[21] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 157: [Über Märtyrerdarstellungen:] [E]iner Seits müssen die Individuen in einem ganz andern Grade noch, als wir es in der Leidensgeschichte Christi forderten, als wirkliche einzelne Individuen, mit dem Stempel der zeitlichen Existenz bezeichnet, und in den Gebrechen der Endlichkeit und Natürlichkeit herausgestellt werden, anderer Seits sind die Qualen und unerhörten Abscheulichkeiten, die Verzerrungen und Verrenkungen der Glieder, die leiblichen Martern, die Henkeranstalten, das Köpfen, Rösten, Verbrennen, in Oel Sieden, auf's Rad Flechten u. s. f. an sich selbst häßliche[1], widrige, ekelhafte Aeußerlichkeiten, deren Entfernung von der Schönheit zu groß ist, als daß sie von einer gesunden Kunst[18] sollten zum Gegenstande erwählt werden dürfen. ➢ Volltext.
[22] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 439: Das Wesentlichste, was bei dieser Gruppe [sc. Laokoon] in Betracht kommt, ist, daß bei dem hohen Schmerz, der hohen Wahrheit, dem krampfhaften Zusammenziehn des Körpers, dem Bäumen aller Muskeln, dennoch der Adel[5] der Schönheit erhalten, und zur Grimasse, Verzerrung und Verrenkung auch nicht in der entferntesten Weise fortgegangen ist. ➢ Volltext.
[23] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 52: Ist [...] von Hause aus ein frohes Naturell, Freiheit[14], Heiterkeit[4], Entschiedenheit, die das Leben und die Bande der Wirklichkeit leicht nehmen und es kurz damit abzumachen wissen, vom Künstler zu Grunde gelegt, so vergesellschaften sich damit auch mehr ein natürlicher[2] Adel[5], Grazie, Frohheit, Freiheit[13] und Schönheit der Form. ➢ Volltext.
[24] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 94: Für den Ausdruck der geistigen Schönheit wird allerdings der Künstler das an und für sich Häßliche[1] der äußeren Formen vermeiden, oder es durch die Macht der hindurchbrechenden Seele zu bändigen und zu verklären wissen, aber er kann dennoch die Häßlichkeit nicht durchweg entbehren. ➢ Volltext.
[25] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[26] Heinse, H. v. Hohenth. I (1795), SW 5, 113: Jeder, der nur einigermaaßen ein gutes Gehör hat, wird im Dunkeln seine Bekannten und Freunde auch am bloßen Ton[5] der Stimme[1] kennen, und von einander unterscheiden. Im Ton[5] der Stimme[1] liegt etwas Charakteristisches[1], was die besondre Art der Nerven anzeigt, woraus ein Mensch[1] besteht. Für einen Blindgebornen ist er die sinnliche Schönheit. Eine quikende, grelle, heisere, schreyende Stimme[1] benimmt einer Helena, einem Paris an Gestalt den Reiz. Ein erfahrnes zartes Ohr[3] ist eben so gut physiognomischer Sinn[5], als ein erfahrnes scharfes Auge..
[27] Herder, Plastik (1778), 54 f. (55): Im Gemählde ist keine einzelne Person Alles: sind sie nun alle gleich schön[1], so ist keine mehr schön[1]. Es wird ein mattes Einerley langschenklichter, geradnäsiger, sogenannter Griechischen[4/6] Figuren, 〈55〉 die alle dastehn und paradiren, an der Handlung[3] so wenig Antheil nehmen als möglich, und uns in wenigen Tagen und Stunden so leer sind, daß man in Jahren keine Larven der Art sehen mag. [...] Und nun, wenn diese Lüge von Schönheit sogleich der ganzen Vorstellung, der Geschichte[10], dem Charakter[4] der Handlung[3] Hohn spricht, und diese jene offenbar als Lüge zeihet? Da wird ein Mißton, ein Unleidliches vom Ganzen im Gemählde, das zwar der Antikennarr nicht gewahr wird, aber der Freund der Antike[4] um so weher fühlet. Und endlich wird uns ja ganz unsre Zeit[4], die fruchtbarsten Sujets der Geschichte[3], die lebendigsten Charaktere[5], alles Gefühl von einzelner Wahrheit und Bestimmtheit hinwegantikisiret..
[28] Herder, Bef. d. Hum. I (1793), 72: Fast immer tönet diese Stimme[3] um mein Ohr[3], wenn ich Friedrichs [des Großen] Schriften lese. Man wandelt in ihnen wie auf klaßischem[3] Boden; ein Gefühl für die Würde, den Werth, die Schönheit der Wissenschaften ist in seine kleinsten und größesten Aufsätze verbreitet..
[29] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 261: Edel [...] bezeichnet die Größe, Vorzüglichkeit oder Erhabenheit des Charakters[1] oder der Gesinnung. Man sagt von einem Menschen[1], der sich durch diese Eigenschaften auszeichnet: sein Wesen ist edel. – Bei Thieren[1] bezieht es sich auf die Gestalt, die Race[1], welche sich vor den andern durch Schönheit 〈262〉 des Wuchses, Stärke etc. auszeichnet; so z. B. die arabischen Pferde, die edlen Schafe (Merino's)..
[30] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VII (1836), 94: Auf den jungen Thronerben Rußlands [...] machte Mariens blendende Schönheit, ihr Geistesadel, und vor allem die Sanftmuth ihres Herzens den lebhaftesten Eindruck..
[31] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), V: Nichts vollendet so sehr den absoluten Werth eines Gedichts, als wenn es, neben seinen übrigen eigenthümlichen Vorzügen, zugleich den sichtbaren Ausdruck seiner Gattung und das lebendige Gepräge seines Urhebers an sich trägt. Denn wie groß auch die einzelnen Schönheiten seyn mögen, durch welche ein Kunstwerk[3] zu glänzen im Stande ist, wie regellos die Bahnen, welche selbst das echte Genie[4] manchmal verfolgt; so bleibt es doch immer gewiß, daß dasselbe da, wo es in seiner vollen Kraft thätig ist, auch immer in einer reinen und entschiedenen Individualität auftritt, und sich eben so wieder in einer reinen und bestimmten Form ausprägt. Wenn daher andere Pro〈VI〉ducte der Kunst[3] nur eine einseitige Bewunderung oder eine flüchtig aufbrausende Begeisterung[3] hervorbringen; so sind es allein die, welche jenen Grad der Vollkommenheit besitzen, in welchen der Leser seine volle und dauernde Befriedigung findet, und aus denen er wieder die Stimmung zu schöpfen vermag, die ihnen selbst das Daseyn gab. Vorzüglich aber sind sie ein dankbarer Gegenstand für die ästhetische Beurtheilung. Denn sie erheben zugleich mit sich auch ihren Beurtheiler empor, und führen von selbst eine Art der Kritik[2] herbei, die in dem einzelnen Beispiel zugleich die Gattung, in dem Werke zugleich den Künstler[3] schildert..
[32] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 174: Es giebt weder eine Wissenschaft des Schönen[1], sondern nur Critik[2], noch schöne[2] Wissenschaft, sondern nur schöne[2] Kunst[1]. Denn was die erstere betrifft, so würde in ihr wissenschaftlich, d. i. durch Beweisgründe ausgemacht werden sollen, ob etwas für schön[1] zu halten sey oder nicht; das Urtheil über Schönheit würde also, wenn es zur Wissenschaft gehörte kein Geschmacksurtheil seyn. Was das zweyte anlangt, so ist eine Wissenschaft, die, als solche, schön[2] seyn soll, ein Unding. Denn, wenn 〈175〉 man in ihr als Wissenschaft nach Gründen und Beweisen früge, so würde man uns durch geschmackvolle Aussprüche (Bon Mots) abfertigen. – Was den gewöhnlichen Ausdruck, schöne[2] Wissenschaften veranlaßt hat, ist ohne Zweifel nichts anders, als daß man ganz richtig bemerkt hat, es werde zur schönen[2] Kunst[1] in ihrer ganzen Vollkommenheit viel Wissenschaft, als z. B. Kenntnis alter[10] Sprachen[3], Belesenheit der Autoren, die für Classiker gelten, Geschichte[6], Kenntnis der Alterthümer[5] u. s. w. erfordert und, um daher diese historische Wissenschaften weil sie zur schönen[2] Kunst[1] die nothwendige Vorbereitung und Grundlage ausmachen, zum Theil auch weil darunter selbst die Kenntnis der Producte der schönen[2] Kunst[1] (Beredsamkeit und Dichtkunst) begriffen worden, durch eine Wortverwechselung, selbst schöne[2] Wissenschaften genannt hat..
[33] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 15: Angenehm heißt Jemandem das, was ihn vergnügt; schön[1], was ihm blos gefällt; gut, was geschätzt, gebilligt, d. i. worin von ihm ein objectiver Werth gesetzt wird. Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Thiere[1]; Schönheit nur für Menschen[1] d. i. thierische, aber doch vernünftige Wesen, aber auch nicht blos als solche (z. B. Geister[1]) sondern zugleich als thierische; das Gute aber für jedes vernünftige Wesen überhaupt..
[34] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 141: Wenn mir jemand sein Gedicht vorliest, oder mich in ein Schauspiel führt, welches am Ende meinem Geschmacke nicht behagen will, so [...] mögen gewisse Stellen, die mir eben mißfallen, mit Regeln der Schönheit [...] gar wohl zusammenstimmen: ich stopfe mir die Ohren[2] zu [...]..
[35] Krünitz, Oecon. Encycl. XVI (1779; 21787), 199: Bewege durch den Garten stark die Einbildungskraft[1] und die Empfindung, stärker, als eine bloß natürlich[1] schöne[1] Gegend bewegen kann. Rufe daher natürliche[1] Schönheit der Landschaft herbey: rufe aber auch die Kunst[13], damit sie jene durch ihre Mitwirkung mehr erhöhe..
[36] Krünitz [Flörke], Oecon. Encycl. CXXII (1813), 182: Das Reisen auf Flüssen, Canälen und eingeschlossenen Seen ist größtentheils sehr angenehm, und gewährt oft die schönsten[1] Aussichten, indem viele Flüsse durch die angenehmsten Thäler führen, manche Seen in höchst romantischen[3] Gegenden liegen, und die Canäle meistens in den am besten angebaueten Gegenden angelegt sind. [...] So erleichtern die ansehnlichen Flüsse, welche z. B. Deutschland durchströmen, die Wasserreisen in diesem Lande. Schwerlich ist in diesem Lande eine Gegend zu finden, die mehr Mannichfaltigkeit und Schönheit der Landschaft, mehr Cultur[2] und Wohlstand verriethe, als die Rheingegenden. Wer daher aus dem südlichen[1] Deutschland nach Holland reisen will, würde thöricht und wieder sein eigenes Vergnügen handeln, wenn er nicht die angenehme und reizvolle Reise auf dem Rheine von Mannheim über Maynz, Koblenz, Kölln und Düsseldorf allen andern Gelegenheiten vorziehen wollte..
[37] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714: Romantisch[3/4], ein mit romanhaft[1] aus einer Quelle entspringendes Wort[1], allein von verschiedener Bedeutung. Man gebraucht es sowohl in der Malerei[3], als auch in der Poesie[18] von Gegenden, die sich durch eine einnehmende, bezaubernde Schönheit und abwechselnde Mannigfaltigkeit der Gegenstände auszeichnen. In der Malerei[3] ist ein romantischer[3/4] Styl die Vorstellung einer Gegend mit Ruinen oder mit andern erhabenen, die Phantasie[1] des Beschauers fesselnden, Gegenständen. [...] 〈715〉 [...] Freilich muß [...] der Landschaftsmaler eine glühende Phantasie[1], ein dichterisches Gefühl besitzen, um den Beschauer, durch eine glückliche und harmonische Zusammenstellung des Ganzen, durch eine richtige Perspective, durch ein heiteres[1], frisches, überhaupt dem Gegenstande angemessenes, Kolorit, durch sanfte Verschmelzung der Tinten in einander, zu fesseln und sein Gemüth zu dem Schönen[1] zu erheben..
[38] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520: Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten[1] Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst[4], in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]. Nachdem nun Buonarotti sie eine Zeitlang in dem 〈521〉 Wahne, eine wirkliche Antike[3] vor sich zu haben, gelassen, auch viele ironische[1] Bemerkungen zwischen der Antike[4] und seiner Arbeit mit angehört hatte, so trat er endlich hervor, und erklärte die Bildsäule für sein Werk [...]..
[39] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 34: [I]ch habe einen herrlichen schönen[1] Gott[6], er ist mir überall, wo sich mir eine Schönheit[3], eine Thätigkeit, eine Bewegung offenbart, er rauscht in den Bäumen, in den Wellen, er sieht aus der feuchten Pflanze[1], wenn sie sich öffnet, [...] aber so lieb, und so klar und bezaubernd hat er noch nimmer zu mir gesprochen, als heute aus Deiner Schönheit[1]. Aus [...] der weißen Haut und der vollkommenen Form Deiner Schulter lacht er mir in die Augen wie der unverhüllte [...] Reiz der Griechen. Hier, wo das Kleid das widerspenstige, mich hindert, mehr als ein Stück Deines stolzen Oberarms zu sehen, hier beginnt die verschleiernde Romantik[8] [...]..
[40] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 40: Schönheit gleicht dem Genie[2]; sie ist freie[5] Gabe der Götter[4], und als solche hat der Wille der Menschen[1] keinen Theil daran. Was selbst erworbner Reiz des Betragens langsam hervorbringt, ist bei ihr das Werk eines Augenblicks: die angenehme Rührung, welche mein Herz bewegte, goß einen höhern Reiz über die ganze Natur[2] um mich her. Der Glanz der Abendsonne schien mit überirdischer Klarheit auf den Baumwipfeln zu ruhen – der Rheinstrom und die romantische[8] Ferne, 〈41〉 die einsamen Höhen und der frische duftige Wiesengrund mit dem lebendigen Gewühl von Menschen[1] und Thieren[1] – das zarte Laub, das, kaum entfaltet, freudig im Abendwind flüsterte. – Alles schien verklärt, harmonisch, ahnungsvoll..
[41] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 128: Die Schönheit der Gegend überraschte mich, denn die glückliche Stellung der Gebirge, die sich um das schöne[1] Thal ziehen, bildete sehr romantische[3] Parthien und einen reizenden Grund [...]..
[42] C. Michaelis, an L. Gotter (12. 1. 1781), C 1, 38: Friedericke Böhmer ist zu sehr meine Freundinn, überdem ist der Contrast was Schönheit betrift zu groß, als daß sie ihr gut seyn könte, denn das Therese häßlich[1] ist, das ist die allgemeine Stimme[11]..
[43] Moritz, Bild. Nachahm. (1788), 7: [W]eil [...] der edle Mensch[1], um edel zu seyn, der körperlichen Schönheit nicht bedarf, so scheiden sich hier [...] die Begriffe[1] von Schön[1] und Edel, indem durch das letztre die innre Seelenschönheit, im Gegensatz gegen die Schönheit auf der Oberfläche, bezeichnet wird. In so fern nun aber die äussre Schönheit zugleich mit ein Abdruck der innern Seelenschönheit ist, faßt sie auch das Edle in sich, und sollte es, ihrer Natur[1] nach, eigentlich stets in sich fassen. Hiedurch hebt sich aber demohngeachtet der Unterschied zwischen schön[1] und edel nicht wieder auf. Denn unter einer edlen Stellung denken wir uns z. B. eine solche, die zugleich eine gewisse innere Seelenwürde bezeichnet: irgend eine leidenschaftliche Stellung aber kann demohngeachtet immer noch eine schöne[1] Stellung seyn, wenn gleich nicht eine solche innere Seelenwür〈8〉de ausdrücklich dadurch bezeichnet wird; nur darf sie einem gewissen Grade von innerer Würde nie geradezu widersprechen; sie darf nie unedel seyn..
[44] W. A. Mozart, an seinen Vater (15. 12. 1781), S 2, 142: bevor ich ihnen von meinem gewäsche frey mache, muß ich ihnen doch noch näher mit dem karackter[2] meiner liebsten konstanze bekannt machen. – sie ist nicht hässlich[1], aber auch nichts weniger als schön[1]. – ihre ganze schönheit besteht, in zwey kleinen schwarzen augen, und in einem schönen[1] Wachsthum. sie hat keinen Witz[3], aber gesunden Menschenverstand genug, um ihre Pflichten als eine frau und Muter erfüllen zu können..
[45] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 85: In dem Maße, als der einzelne Redner nach der Fülle seines Gegenstandes strebt, wird auch seine Rede rythmischer, seine Prosa[1] nähert sich der Poesie[3], nicht etwa indem sie sich poetischer[4] Mittel, Bilder oder gar, wie es mitunter schlechte Prediger auf der Kanzel versucht haben, der Verse und des Reims bedient, sie wird nicht etwa zu dem ekelhaften Zwitter, den man poetische[6] Prosa[1] genannt hat und die mit den weibischen Männern zu vergleichen seyn möchte, sondern wie der recht männliche Mann im Umgang mit Frauen[1] durch das Gesetz der Schönheit, durch die Sitte gedämpft und veredelt wird, so wird der wahre Redner durch den Umgang mit der Poesie[3/4], durch das Leben in ihrem Elemente, durch Aufenthalt als Gast in jener göttlichen Region, die sie immerwährend bewohnt, kurz 〈86〉 durch den Einfluß des wahren Geschmacks, der im Gebiete der Poesie[3/4] einheimisch ist, auf gewisse Weise verklärt, beruhigt: seine Rede wird, obwohl auf ganz andre eigenthümliche, männliche Weise, rythmisch und vollendet..
[46] Novalis, Tageb. (*1793), NS 4, 17: Das Schloß, das auf einem hohen und steilen Berg liegt, wird durch die Aussichten aus seinen Zimmern, die heitere[2] Luft, welche daselbst herrscht und den es zum Theil umgebenden Lustwald ein anmuthiger[2] Wohnort; denn um dieser Schönheiten willen kann man wohl die Unbequemlichkeiten des Herauf- und Herunterfahrens oder Gehens und die Rauhheit der Luft vergessen..
[47] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 49: Vorzüglich hielt sie sich bei dem Lobe ihrer Landsleute und ihres Vaterlandes auf. Sie schilderte den Edelmuth derselben, und ihre reine starke Empfänglichkeit für die Poesie[15/14] des Lebens und die wunderbare, geheimnißvolle Anmuth der Natur[2]. Sie beschrieb die romantischen[3] Schönheiten der fruchtbaren Arabischen Gegenden [...]..
[48] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 46: Wer kann [...] die Pracht des erhabnen[3] Warwik Castle mit seinem grossartigen tausendjährigen Thurme, oder den königlichen Sitz des Herzogs von Northumberland sehen, ohne sich von romantischer[7/13/14] Ehrfurcht durchdrungen zu fühlen, und ein gleiches Entzücken an der unübertreffbaren Schönheit dieser colossalen Gebäude, als an ihrer imposanten Grossartigkeit zu emfinden..
[49] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 117: Ist kein Hinderniss vorhanden, [...] so lasse man den Weg immerhin grade, oder nur äusserst wenig gebogen hinlaufen, sei die Distanz auch noch so weit. Wo ein Hinderniss eintritt, biege man aber immer lieber kurz daran hin, als schon aus der Ferne, der sogenannten Schönheits-Wellenlinie zu gefallen, einen langen Anlauf dazu zu nehmen. Die jählingen Biegungen sind bei weitem die malerischsten[4], besonders wenn sich der Weg mit einer solchen etwa von fern in das Dunkel eines Waldes verlieren kann..
[50] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 383: Der Wahrheit entspricht die Nothwendigkeit, der Güte die Freiheit[10]. Unsere Erklärung der Schönheit, sie sey die Ineinsbildung des Realen und Idealen, sofern sie im Gegenbild dargestellt ist, schließt also auch die in sich: Schönheit ist Indifferenz der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit, in einem Realen angeschaut. Wir nennen z. B. schön[1] eine Gestalt, in deren Entwurf die Natur[2] mit der größten Freiheit[10] und der erhabensten Besonnenheit, jedoch immer in den Formen, den Grenzen der strengsten Nothwendigkeit und Gesetzmäßigkeit gespielt zu haben scheint. Schön[1] ist ein Gedicht, in welchem die höchste Freiheit[10] sich selbst wieder in der Nothwendigkeit faßt. Kunst[10] demnach eine absolute Synthese oder Wechseldurchdringung der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit. ➢ Volltext.
[51] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 468 f.: Das Erhabene[3], inwiefern es nicht schön[2], wird aus diesem Grunde auch nicht erhaben[3], sondern nur ungeheuer oder abenteuerlich[3] seyn. Ebenso muß die absolute Schönheit mehr oder weniger immer zugleich auch die furchtbare 〈469〉 Schönheit seyn. ➢ Volltext.
[52] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 470: Im Kunstwerk[2] selbst als Objektivem verhalten sich Erhabenheit und Schönheit wie im Subjektiven Poesie[1] und Kunst[4]. Aber auch in der Poesie[1] für sich, sowie der Kunst[4] für sich, ist wieder derselbe Gegensatz möglich, dort als naiv[1] und sentimental[1], hier als Styl und Manier. ➢ Volltext.
[53] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 526: Außer denjenigen Dingen, welche die Schönheit unmittelbar vernichten, wie das an sich Widrige, gibt es Dinge, die, ohne an sich häßlich[1] zu seyn, die Schönheit verderben, und das Vorzüglichste unter diesen ist Darstellung des Ueberflüssigen, namentlich in dem, was ganz accidentell, z. B. der Umgebung, die mit einer Handlung zugleich vorgestellt werden soll. ➢ Volltext.
[54] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 552: Die höchste Regel ist [...], wie in aller Kunst[2], so auch hier, die Schönheit, und daß das rein Gräßliche, Abscheuliche und Widrige vermieden werde. Die wüthende Nothwendigkeit, wie sie Horatius nennt, die Wuth des Krieges bei Virgilius oder die Teufeleien des Milton würden in der Malerei nur mit schlechtem Erfolg ausgeführt werden können. So ist in der St. Peterskirche zu Rom ein allegorisches Gemälde, das die Ketzerei zu den Füßen der Heiligen in der häßlichsten[1] Gestalt vorstellt, als ob sie in einer schönen[1] weiblichen Figur vorgestellt in dieser Unterwerfung und Beugung nicht eine viel bessere Wirkung machte. ➢ Volltext.
[55] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 569: So kann die höchste Weisheit und innere Schönheit des Künstlers sich in der Thorheit oder Häßlichkeit desjenigen spiegeln, was er darstellt, und nur in diesem Sinn kann das Häßliche[1] Gegenstand der Kunst[2] werden, indem es durch diesen Reflex gleichsam aufhört es zu seyn. ➢ Volltext.
[56] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 672: Die [...] Charaktere[7] des romantischen[12/2] Epos oder des Rittergedichts sind hinreichend, seine Verschiedenheit und Entgegensetzung mit dem antiken[2] Epos zu zeigen. Wir können das Wesen desselben so aussprechen: es ist durch den Stoff episch, d. h. der Stoff ist mehr oder weniger universell, durch die Form aber ist es subjektiv, indem die Individualität des Dichters dabei weit mehr in Anschlag kommt, nicht nur darin, daß er die Begebenheit, welche er erzählt, beständig mit der Reflexion begleitet, sondern auch in der Anordnung des Ganzen, die nicht aus dem Gegenstand selbst sich entwickelt, und [...] überhaupt keine andere Schönheit als die Schönheit der Willkür bewundern läßt. An und für sich schon gleicht der romantisch[12/1/2/4]-epische Stoff einem wild verwachsenen Wald voll eigenthümlicher Gestalten, einem Labyrinth, in dem es keinen andern Leitfaden gibt als den Muthwillen und die Laune des Dichters. ➢ Volltext.
[57] Schiller, an C. G. Körner (28.–31. 7. 1787), NA 24, 117: Auf dem Spaziergang mit Wieland im Stern hatte ich durch Wieland einige Weimarische Menschen[1] kennen lernen, die an uns vorbei passierten. Ein Spaß begegnete mir. Wir stießen auf drei Frauenzimmer, worunter die mittlere und größte sehr hübsch war. Eine andre junge und eine alte[2] waren dabei, die sich sehr vertraut mit Wieland unterhielt. Ich blieb in einiger Entfernung gleichgültig zurück, unterließ aber nicht meine Augen an der schönen[1] zu weiden. Als sie weg waren, frug ich Wieland ziemlich hastig, wer diese Schöne[1] gewesen. „Ein Fräulein von – –“ (ich weiß den Namen nicht mehr) war die Antwort. – Und die anderen? – „Meine Frau[3] und Tochter.“ Ich wurde roth biß über die Ohren[1], weil ich erstaunlich gleichgültig nach den leztern gefragt hatte, denn Wieland hatte mich seiner Familie noch nicht vorgestellt gehabt und also kannte ich sie nicht. Er half mir aber aus dieser Verlegenheit, indem er sich selbst über die Schönheit der andern verbreitete..
[58] Schiller, Lykurg. u. Sol. (1790), NA 17, 438: Wenn unsre Gesetzgeber unrecht gethan haben, daß sie moralische Pflichten und Sitten ganz vernachläßigten, so hatten die Gesetzgeber der Griechen darin Unrecht, daß sie moralische Pflichten mit dem Zwang der Gesetze einschärften. Zur moralischen Schönheit der Handlungen[1] ist Freiheit[5] des Willens die erste Bedingung, und diese Freiheit[5] ist dahin, sobald man moralische Tugend durch gesetzliche Strafen erzwingen will. Das edelste Vorrecht der Menschlichen Natur[1] ist, sich selbst zu bestimmen, und das Gute um des Guten willen thun..
[59] Schiller, Trag. Kunst (1792), NA 20, 169: Das Produkt einer Dichtungsart ist vollkommen, in welchem die eigenthümliche Form dieser Dichtungsart zu Erreichung ihres Zweckes am besten benutzt worden ist. Eine Tragödie also ist vollkommen, in welcher die tragische Form, nehmlich die Nachahmung einer rührenden Handlung am besten benutzt worden ist, den mitleidigen Affekt zu erregen. Diejenige Tragödie würde also die vollkommenste seyn, in welcher das erregte Mitleid weniger Wirkung des Stoffs als der am besten benutzten tragischen Form ist. Diese mag für das Ideal der Tragödie gelten. | Viele Trauerspiele, sonst voll hoher poetischer[1] Schönheit, sind dramatisch tadelhaft, weil sie den Zweck der Tragödie nicht durch die beste Benutzung der tragischen Form zu erreichen suchen; andre sind es, weil sie durch die tragische Form einen 〈170〉 andern Zweck als den der Tragödie erreichen. Nicht wenige unsrer beliebtesten Stücke rühren uns einzig des Stoffes wegen, und wir sind großmüthig oder unaufmerksam genug, diese Eigenschaft der Materie dem ungeschickten Künstler als Verdienst anzurechnen. Bey andern scheinen wir uns der Absicht gar nicht zu erinnern, in welcher uns der Dichter im Schauspielhause versammelt hat, und, zufrieden durch glänzende Spiele der Einbildungskraft und des Witzes[2] angenehm unterhalten zu seyn, bemerken wir nicht einmal, daß wir ihn mit kaltem Herzen verlassen. Soll die ehrwürdige Kunst[3], (denn das ist sie, die zu dem göttlichen Theil unsers Wesens spricht) ihre Sache durch solche Kämpfer vor solchen Kampfrichtern führen? – Die Genügsamkeit des Publikums ist nur ermunternd für die Mittelmäßigkeit, aber beschimpfend und abschreckend für das Genie[4]..
[60] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 140 f.: Die Natur[13] gab die Schönheit des Baues, die Seele giebt die Schönheit des Spiels. Und nun wissen wir auch, was wir unter Anmuth und Grazie zu verstehen haben. Anmuth ist die Schönheit der Gestalt unter dem Einfluß der Freyheit[10]; die Schönheit der〈141〉jenigen Erscheinungen, die die Person bestimmt. Die architektonische Schönheit macht dem Urheber der Natur[13], Anmuth und Grazie machen ihrem Besitzer Ehre. Jene ist ein Talent, diese ein persönliches Verdienst. ➢ Volltext.
[61] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 142: Grazie ist immer nur die Schönheit der durch Freyheit[10/13] bewegten Ge〈143〉stalt, und Bewegungen, die bloß der Natur[13] angehören, können nie diesen Nahmen verdienen. ➢ Volltext.
[62] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 143: Endlich bildet sich der Geist[19] sogar seinen Körper, und der Bau selbst muß dem Spiele folgen, so daß sich die Anmuth zuletzt nicht selten in architektonische Schönheit verwandelt. | So, wie ein feindseliger, mit sich uneiniger Geist[19] selbst die erhabenste Schönheit des Baues zu Grund richtet, daß man unter den unwürdigen Händen der Freyheit[10] das herrliche Meisterstück der Natur[2] zuletzt nicht mehr erkennen kann, so sieht man auch zuweilen das heitre[4] und in sich harmonische Gemüth der durch Hindernisse gefesselten Technik zu Hülfe kommen, die Natur[12] in Freyheit[10/13] setzen und die noch eingewickelte, gedrückte Gestalt mit göttlicher Glorie auseinander breiten. ➢ Volltext.
[63] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 162: Die geschäftlose Seele ist ein bescheidener Gast in ihrem Körper und ein friedlicher stiller Nachbar der sich selbst überlassenen Bildungskraft. Kein anstrengender Gedanke, keine Leidenschaft greift in den ruhigen Takt des physischen Lebens; nie wird der Bau durch das Spiel in Gefahr gesetzt, nie die Vegetation durch die Freyheit[10] beunruhigt. Da die tiefe Ruhe des Geistes[19] keine beträchtliche Konsumtion der Kräfte verursacht, so wird die Ausgabe nie die Einnahme übersteigen, vielmehr die thierische Oekonomie immer Ueberschuß haben. Für den schmalen Gehalt von Glückseligkeit, den sie ihm auswirft, macht der Geist[19] den pünktlichen Hausverwalter der Natur[12], und sein ganzer Ruhm ist, ihr Buch in Ordnung zu halten. Geleistet wird also werden, was die Organisation[3] immer leisten kann, und floriren wird das Geschäft der Ernährung und Zeugung. Ein so glückliches Einverständniß zwischen der Naturnothwendigkeit und der Freyheit[10] kann der architektonischen Schönheit nicht anders als günstig seyn, und hier ist es auch, wo sie in ihrer ganzen Reinheit kann beobachtet werden. ➢ Volltext.
[64] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 171: Es läßt sich ebensowenig sagen, daß der Geist[19] die Schönheit erzeuge, als man [...] von dem Herrscher sagen kann, daß er Freyheit[6] hervorbringe; denn Freyheit[6] kann man einem zwar lassen, aber nicht geben. ➢ Volltext.
[65] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 174: Der [...] Geist[19] läßt die von ihm abhängende Natur[12], sowohl da, wo sie im Dienst seines Willens handelt, als da, wo sie seinem Willen vorgreifen will, erfahren, daß er ihr Herr ist. Unter seiner strengen Zucht wird also die Sinnlichkeit unterdrückt erscheinen, und der innere Widerstand wird sich von außen durch Zwang verraten. Eine solche Verfassung des Gemüths kann [...] der Schönheit nicht günstig seyn, welche die Natur[12] nicht anders als in ihrer Freyheit[1] hervorbringt, und es wird daher auch nicht Grazie seyn können, wodurch die mit dem Stoffe kämpfende moralische Freyheit[10] sich kenntlich macht. | Wenn hingegen der Mensch[1], unterjocht vom Bedürfniß, den Naturtrieb ungebunden über sich herrschen läßt, so verschwindet mit seiner innern Selbständigkeit auch jede Spur derselben in seiner Gestalt. [...] Nachgelassen hat aller 〈175〉 Widerstand der moralischen Kraft, und die Natur[13] in ihm ist in volle Freyheit[1] gesetzt. Aber eben dieser gänzliche Nachlaß der Selbstthätigkeit, der im Moment des sinnlichen Verlangens und noch mehr im Genuß zu erfolgen pflegt, setzt augenblicklich auch die rohe Materie in Freyheit[1], die durch das Gleichgewicht der thätigen und leidenden Kräfte bisher gebunden war. Die todten Naturkräfte fangen an, über die lebendigen der Organisation[3] die Oberhand zu bekommen, die Form von der Masse, die Menschheit[1] von gemeiner Natur[13] unterdrückt zu werden. ➢ Volltext.
[66] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186 f. (187): Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen[1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen[1] eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter[1] ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen[1] zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[67] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 187 f. (188): In einer schönen[1] Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft[1], Pflicht und Neigung harmo〈188〉nieren, und Grazie ist ihr Ausdruck in der Erscheinung. Nur im Dienst einer schönen[1] Seele kann die Natur[12] zugleich Freyheit[13] besitzen und ihre Form bewahren, da sie erstere unter der Herrschaft eines strengen Gemüths, letztere unter der Anarchie der Sinnlichkeit einbüßt. Eine schöne[1] Seele gießt auch über eine Bildung[10], der es an architektonischer Schönheit mangelt, eine unwiderstehliche Grazie aus, und oft sieht man sie selbst über Gebrechen der Natur[12] triumphieren. Alle Bewegungen, die von ihr ausgehen, werden leicht, sanft und dennoch belebt seyn. Heiter[1] und frey wird das Auge strahlen, und Empfindung wird in demselben glänzen. ➢ Volltext.
[68] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 158 f.: Schön〈159〉heit des Gehalts ist von der Schönheit der Objekte zu unterscheiden; häßliche[1] Dinge können schön[1] gedacht werden und umgekehrt..
[69] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 266: Es giebt [...] in der menschlichen Schönheit etwas allgemein geltendes, wenn es schon von jenen manierirt gebildeten Nationen[1] nicht anerkannt wird; das darf uns nicht irren, machen es doch die Manieristen in der Kunst[4] mit dem einfachen Style der großen Meister eben so. Es begreift sich, daß Nationen[1] die aus einer solchen einseitigen, ihnen von der Natur[2] aufgezwungnen National-Physiognomie nicht heraus können, in der bildenden Kunst[2], deren höchster Gegenstand die menschliche Gestalt ist, keine sonderlichen Fortschritte haben machen mögen, auch gar keine Anmuthung dazu haben; wie hingegen dieselbe, unter einer von dieser Seite so einzig begünstigten Nation[1], wie die Griechen waren, ganz vorzugsweise gedeihen mußte..
[70] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 57: Was aber den Lohenstein betrifft, da ich sehe, daß man seinen Namen sprüchwörtlich gebraucht, um das Abgeschmackte zu bezeichnen, und so gegen die verhaßte Poesie[15] zu polemisiren, so muß ich darauf erwiedern, daß eine altfränkisch gewordne Verkehrtheit dem ungeachtet leicht eine neumodische werth seyn möchte, und daß unsre heut zu Tage beliebten Schriftsteller vor Lohensteins Fehlern sehr sicher sind. Man könnte ihnen in der That zu jedem Symptome der Art Glück wünschen. Es ist in seinen Antithesen oft ein großer Aufwand von Scharfsinn, in den sinnreichen Vergleichungen Schwung der Fantasie[2], und wo der Prunk die Stelle der Schönheit vertreten muß, spürt man doch zuweilen noch die ursprüngliche Anschauung und Wahrheit der Natur[19], welche solche Ausdrücke zuerst gefunden hat..
[71] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 83: Wenn man die classische[7] Bildung[2] mit einem Worte[2] schildern will, so war sie vollendete Naturerziehung. Jetzt da aus den Trümmern jener und einem Chaos verschiedenster Elemente eine neue[1] Welt hervorging, konnte Freyheit[10] mehr das herrschende Princip werden, welche denn auch nicht unterließ, die Natur[13] zu unterdrücken, und sich so als Barbarey kund zu geben. Die Natur[13] machte aber ihre Rechte geltend, und dieser Zwist bestimmte den Charakter[1] der modernen[1] Bildung[2], in welcher die unauflöslichen Widersprüche unsers Daseyns, des Endlichen und Unendlichen in uns, mehr hervortreten, aber wieder verschmolzen werden. | Da eine ausschließende persönliche Neigung unstreitig die freyeste Huldigung des Gefühls ist, so empfand man eine Scheu, in derselben der Natur[13] noch dienen zu müssen. Alle Sinnlichkeit ward verkleidet, und man bestrebte sich die Schönheit rein zu vergöttern. Ein unendlich reizender Widerspruch ist in diesem Geist[34] der Liebe, aber zugleich die Anlage zur Ironie[1], welche aus dem Bewußtseyn des Unerreichbaren, statt zu niederschlagendem Ernst überzugehn, einen leisen Scherz macht..
[72] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 15 f. (16): Was nun die dichterische Gattung betrifft, womit wir uns hier beschäftigen, so verglichen wir die antike[2] Tragödie mit einer Gruppe in der Sculptur: die Figuren entsprechen dem Charakter[7], ihre Gruppirung der Handlung[3], und hierauf ist, als auf das einzige Dargestellte, die Betrachtung bey beyden Arten von Kunstwerken[2] ausschließlich gerichtet. Das romantische[12/4] Drama denke man sich hingegen als ein großes Gemälde, wo außer der Gestalt und Bewegung in reicheren Gruppen auch noch die Umgebung der Personen mit abgebildet ist, nicht blos die nächste, sondern ein bedeutender Ausblick in die Ferne, und dieß alles unter einer magischen Beleuchtung, welche den Eindruck so oder anders bestimmen hilft. | Ein solches Gemählde wird weniger vollkommen begränzt seyn als die Gruppe, denn es ist wie ein ausgeschnittnes Bruchstück aus dem optischen Schauplatze der Welt. [...] 〈16〉 [...] | Gerade dergleichen Schönheiten sind dem romantischen[12/4] Drama eigenthümlich. Es sondert nicht strenge wie die alte[10] Tragödie den Ernst und die Handlung[1] unter den Bestandtheilen des Lebens aus; es faßt das ganze bunte[2] Schauspiel desselben mit allen 〈17〉 Umgebungen zusammen, und indem es nur das zufällig neben einander befindliche abzubilden scheint, befriedigt es die unbewußten Foderungen der Fantasie[3], vertieft uns in Betrachtungen über die unaussprechliche Bedeutung des durch Anordnung, Nähe und Ferne, Colorit und Beleuchtung harmonisch gewordnen Scheines, und leiht gleichsam der Aussicht eine Seele. ➢ Volltext.
[73] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 143 f., Nr. 42: Die Philosophie ist die eigentliche Heimath der Ironie[3], welche man logische Schönheit definiren möchte: denn überall wo in mündlichen oder geschriebenen Gesprächen, und nur nicht ganz systematisch philosophirt wird, soll man Ironie[3] leisten und fordern; und sogar die Stoiker hielten die Urbanität für eine Tugend. Freylich giebts auch eine rhetorische Ironie[1], welche sparsam gebraucht vortreffliche Wirkung thut, besonders im Polemischen; doch ist sie gegen die erhabne[4] Urbanität der sokratischen Muse, was die Pracht der glänzendsten Kunstrede gegen eine alte[10] Tragödie in hohem Styl. Die Poesie[11] allein kann sich auch von dieser Seite bis zur Höhe der Philosophie erheben, und ist nicht auf ironische[1] Stellen be〈144〉gründet, wie die Rhetorik. Es giebt alte[10] und moderne[1] Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie[3] athmen. Es lebt in ihnen eine wirklich transcendentale[1] Buffonerie. Im Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst[8], Tugend, oder Genialität: im Äußern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen guten italiänischen Buffo. ➢ Volltext.
[74] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 174 f. (175): Das Charakteristische[1] im Tasso ist der Geist[12] der Reflexion und der Harmonie; nämlich daß alles auf ein Ideal von harmonischem Leben und harmonischer Bildung[2] bezogen und selbst die Disharmonie in har〈175〉monischem Ton[12] gehalten wird. Die tiefe Weichlichkeit einer durchaus musikalischen[7] Natur[17] ist noch nie im Modernen[1] mit dieser sinnreichen Gründlichkeit dargestellt. Alles ist hier Antithese und Musik[7], und das zarteste Lächeln der feinsten Geselligkeit schwebt[5] über dem stillen Gemählde, das sich am Anfange und Ende in seiner eignen Schönheit zu spiegeln scheint. Es mußten und sollten Unarten eines verzärtelten Virtuosen zum Vorschein kommen: aber sie zeigten sich im schönsten[1] Blumenschmuck der Poesie[3] beynah liebenswürdig. Das Ganze schwebt[5] in der Atmosphäre künstlicher Verhältnisse und Misverhältnisse vornehmer Stände, und das Räthselhafte der Auflösung ist nur auf den Standpunkt berechnet, wo Verstand[1] und Willkühr allein herrschen, und das Gefühl beynah schweigt. ➢ Volltext.
[75] F. Schlegel, Ideen (1800), 24, Nr. 116: Wie beym Manne der äußre Adel[5] zum Genie[2], so verhält sich die Schönheit der Frauen zur Liebesfähigkeit, zum Gemüth. ➢ Volltext.
[76] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 52: Alle diese verschiednen Formen werden sich als nützlich und ächt, ja als wesentlich bewähren, wenn sich erst der Roman[1] selbst in seiner ganzen Fülle bei uns weiter wird entfaltet haben, und die Mannichfaltigkeit der alten[1] romantischen[12/1/4] Geschichten[9] in eben so mannichfaltigen[1] Formen neu[1] dargestellt und eigen gebildet, uns den ehemaligen Frühling des romantischen[12/1/4] Lebens und Dichtens, in seiner ganzen Schönheit wieder bringen wird. ➢ Volltext.
[77] F. Schlegel, Entw. d. Philos. I (!1804–05), KFSA 12, 480: Das Licht ist das Prinzip der unendlichen Raumerfüllung, indem es die höchste Fülle, Mannigfaltigkeit und Schönheit von Bildung[10] und Gestaltung hervorruft, die das letzte Ziel der ganzen Weltentwicklung sind..
[78] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 56: Der Gang der bloß grammatischen Kunst[13] und Ausbildung ist in den beiden Hauptgattungen grade umgekehrt. Die Sprache[3] durch Affixa ist im Anfang ganz kunstlos, wird aber immer künstlicher[1], je mehr die Affixa mit dem Hauptwort zusammenschmelzen; in den Sprachen[3] durch Flexion hingegen geht die Schönheit und Kunst[13] der Structur, durch den Hang sichs zu erleichtern, allmählig mehr und mehr verlohren, wie wir es sehen, wenn wir manche deutsche[5], romanische[1] und jetzige indische Mundarten[1] mit der ältern[1] Form, aus der sie abstammen, vergleichen. ➢ Volltext.
[79] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 478: In diesem Sinne[1], da das Romantische[7] bloß die eigenthümlich christliche Schönheit und Poesie[11] bezeichnet, sollte wohl alle Poesie[11] romantisch[7] seyn. ➢ Volltext.
[80] R. Schumann, Symph. Berlioz (1835), 46 f. (47): Aehnlich verhält es sich mit der Anfangsmelodie [...] der dritten 〈47〉 Abtheilung, die Herr Fétis, wie ich glaube, dunkel und geschmacklos nennt. Man schwärme nur in den Alpen und sonstigen Hirtengegenden herum und horche den Schalmeien oder Alpenhörnern nach; genau so klingt es. So eigenthümlich und natürlich[6] sind aber alle Melodieen der Symphonie; in einzelnen Episoden streifen sie hingegen das Charakteristische[2] ganz ab und erheben sich zu einer allgemeinen, höheren Schönheit..
[81] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 3: Es scheinet, daß Hr. Wieland bey Bekanntmachung seines Idris die Absicht gehabt, Deutschland ein Werk dieser Gattung [sc. des Abenteuerlichen3] zu liefern, das in seiner Art claßisch[3/4] werden sollte, so wie es der Orlando furioso des Ariost in Italien ist. Es fehlt in der That diesem Werk nicht an glänzenden poetischen[3] Schönheiten; doch scheint etwas mehr, als dieses erfoderlich zu seyn, um ein Buch bey einer ganzen Nation[1] claßisch[4] zu machen..
[82] L. Tieck, Phantasus I (1812), 64 f. (65): Es fehlt unsrer Zeit[5], sagte Friedrich, so sehr sie die Natur[19] sucht, eben der Sinn[5] für Natur[19], denn nicht allein diese regelmäßigen Gärten, die dem jetzigen Geschmacke zuwider sind, bekehrt man 〈65〉 zum Romantischen[3/4], sondern auch wahrhaft romantische[3/4] Wildnisse werden verfolgt, und zur Regel und Verfassung der neuen[7] Gartenkunst erzogen. So war ehemals nur die große wundervolle Heidelberger Ruine eine so grüne, frische, poetische[1/3?] und wilde Einsamkeit, die so schön[1] mit den verfallenen Thürmen, den großen Höfen, und der herrlichen Natur[2] umher in Harmonie stand, daß sie auf das Gemüth eben so wie ein vollendetes Gedicht aus dem Mittelalter wirkte, ich war so entzückt über diesen einzigen Fleck unsrer deutschen Erde, daß das grünende Bild seit Jahren meiner Phantasie[1] vorschwebte, aber vor einiger Zeit[6] fand ich auch hier eine Art von Park wieder, der zwar dem Wandelnden manchen schönen[1] Platz und manche schöne[1] Aussicht gönnt, der auf bequemen Pfaden zu Stellen führt, die man vormals nur mit Gefahr erklettern konnte, der selbst erlaubt, Erfrischungen an anmuthigen Räumen ruhig und sicher zu genießen, doch wiegen alle diese Vortheile nicht die großartige und einzige Schönheit auf, die hier aus der besten Absicht ist zerstört worden..
[83] L. Tieck, Phantasus I (1812), 95: Wir hörten von den Englischen Parks, von denen viele in der That in hoher Schönheit prangen, und so fing man denn in Deutschland ebenfalls an, mit Bäumen, Stauden und Felsen auf mannichfache Weise zu malen, lebendige Wasser und Wasserfälle mußten die springenden Brunnen verdrängen, so wie alle geraden Linien nebst allem Anschein von Kunst[13] verschwinden mußten, um der Natur[19] und ihren Wirkungen auf unser Gemüth Raum zu gewähren. Weil man sich nun hier in einem unbeschränkten Felde bewegte, eigentlich keine Vorbilder zur Nachahmung vor sich hatte, und der Sinn[6], der auf diese Weise malen und zusammen setzen soll, vom feinsten Geschmack, vom zartesten Gefühl für das Romantische[3] der Natur[2] geleitet werden muß, ja, weil jede Lage, jede Umgebung einen eigenthümlichen Garten dieser Art erfordert, und jeder also nur einmal existiren kann, so konnte es nicht fehlen, daß man von jenem ächten Natursinn verlassen, in Verwirrung gerieth, und bald Gärten entstanden, die [...] widerlich [...] waren..
[84] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. II (1837–42), 43: In dem reinsten Adel[5] der Weiblichkeit strahlte hier die größte Schönheit, der Ausdruck der Unschuld und Tugend in aller Fülle der Weltbildung..
[85] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 121 f. (122): Als Albrecht [Dürer] den Pinsel führte, da war der Deutsche auf dem Völkerschauplatz unsers Welttheils noch ein eigenthümlicher und ausgezeichneter Charakter[6] von festem Bestand; und seinen Bildern ist nicht nur in Gesichtsbildung und im ganzen Äußeren, 〈122〉 sondern auch im inneren Geiste[12], dieses ernsthafte, grade und kräftige Wesen des deutschen Charakters[2] treu und deutlich eingeprägt. In unsern Zeiten[3] ist dieser festbestimmte deutsche Charakter[2], und eben so die deutsche Kunst[4], verloren gegangen. Der junge Deutsche lernt die Sprachen[3] aller Völker[1] Europa's, und soll prüfend und richtend aus dem Geiste[10] aller Nationen[1] Nahrung ziehen; – und der Schüler der Kunst[4] wird belehrt, wie er den Ausdruck Raphaels, und die Farben der venezianischen Schule, und die Wahrheit der Niederländer, und das Zauberlicht des Correggio, alles zusammen nachahmen, und auf diesem Wege zur alles übertreffenden Vollkommenheit gelangen solle. – O traurige Afterweisheit! O blinder Glaube des Zeitalters, daß man jede Art der Schönheit, und jedes Vorzügliche aller großen Künstler der Erde, zusammen〈123〉setzen, und durch das Betrachten aller, und das Erbetteln von ihren mannigfachen großen Gaben, ihrer aller Geist[20] in sich vereinigen, und sie alle besiegen könne! ➢ Volltext.
[86] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20): Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit, alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion[1] und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit[3] über dasselbe..
[87] Winckelmann, Anm. Gesch. Kunst (1767), 39: Viele Künstler sind gelehrt in der Proportion, aber wenige haben Schönheiten[3] hervorgebracht, weil hier der Geist[20] und das Gefühl mehr als der Kopf arbeitet. Da nun das Idealische der Schönheit[1] von den alten[10] Künstlern als das höhere Theil derselben betrachtet worden, so haben sie dieser die bestimmten Verhältnisse unterworfen und diese jener zugewäget. In der Proportion haben sie sich zuweilen einige Freyheit[9] genommen, und es ist dieselbe zu entschuldigen, wenn es mit Grunde geschehen..
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