[1]
Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 112
: Die Gebäude in romantischen[3/2/4] Gegenden oder Gärten heischen die meiste Ueberlegung und Vorsichtigkeit. Ein feines Lusthaus, ein zierlicher Tempel sind für diesen Charakter[4] gar nicht anpassend, so gewöhnlich man sie auch sieht. In Revieren mit Felsen und Klüften sind Höhlen oder Grotten [...] sehr zustimmende Werke. Allein man kann ihnen noch einen Anstrich des Wunderbaren mehr geben, indem man sie Zauberern, Hexen, Riesen, Gespenstern, Feen und andern Geschöpfen der Phantasie[1] widmet, abentheuerliche[3] Begebenheiten von ihnen verbreitet und in Inschriften erzählt. Die Sage des Volks[5] geht hier als Beyspiel voran; sie bewahrt noch in so vielen Ländern die Annalen des Aberglaubens. [...] Die Einbildungskraft[1], die schon durch den Eindruck der Gegend empört ist, schweift gern in schwärmerischen Bildern zügellos umher, entflammt sich aus der Erinnerung von hundert Märchen, die einst die Amme oder der Küster erzählte, verjüngt alte[1] Erscheinungen, wandelt und bildet neue[1] Gestalten, und leihet den Scenen einen Schauer, den die Natur[2] und die Vernunft[3] nicht kennen, und den gleichwohl jene zu veranlassen, und diese nicht zu verwerfen scheint. Außer den Inschriften können die Zauberhöhlen mit phantastischen Bildern ausgeziert werden; das Ausschweifende und Abentheuerliche[3], das an jedem andern Orte verwerflich wäre, kann hier wahres Eigenthum werden. Man kann selbst Feenpaläste errichten, sie dieser oder jener Feengottheit widmen, sie mit allem Wunderbaren der Zeit[3], woraus sie entlehnt sind, füllen, hier den Orlando des Ariost, oder Wielands weit mehr zauberische Werke, Idris, Amadis, und Oberon, ausstellen, die Wände mit Gemälden von Kämpfen der irrenden Ritterschaft mit Riesen und Ungeheuern, von bezauberten Schlössern, von entführten Prinzessinnen und andern seltsamen Begebenheiten schmücken. Alles aber sey sorglos, wild und kühn hingeworfen; nichts verrathe ängstliches Bestreben nach Kunst[13] und Zierlichkeit. Die Bauart muß seltsam, regellos, abweichend von dem gewöhnlichen Gepräge und den angenehmen Verhältnissen der griechischen[4] Architectur seyn; etwa wie in diesem 〈113〉 Gebäude [...]. ➢ Volltext.
[2]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 673
: Das romantische[12] Epos hat in der Gattung, zu der es gehört, selbst wieder einen Gegensatz. Wenn es nämlich überhaupt zwar dem Stoff nach universell, der Form nach aber individuell ist, so läßt sich zum voraus eine andere entsprechende Gattung erwarten, in welcher an einem partiellen oder beschränkteren Stoff sich die allgemein gültigere und gleichsam indifferentere Darstellung versucht. Diese Gattung ist der Roman, und wir haben mit dieser Stelle, die wir ihm geben, zugleich auch seine Natur[1] bestimmt. | Man kann allerdings auch den Stoff des romantischen[12] Epos nur relativ universell nennen, weil er nämlich immer den Anspruch an das Subjekt macht, sich überhaupt auf einen phantastischen Boden zu versetzen, welches das alte[10] Epos nicht thut. Aber eben deßwegen auch, weil der Stoff vom Subjekt etwas fordert – Glauben, Lust, phantastische Stimmung – so muß er Dichter von der seinigen etwas hinzuthun und so dem Stoff, was er in der einen Rücksicht an Universalität voraus haben kann, von der andern Seite wieder durch die Darstellung nehmen. Um sich dieser Nothwendigkeit zu überheben, und der objektiven Darstellung sich mehr zu nähern, bleibt demnach nichts übrig als auf die Universalität des Stoffs Verzicht zu thun und sie in der Form zu suchen. | Die ganze Mythologie des Rittergedichts gründet sich auf das Wunderbare, d. h. auf eine getheilte Welt. Diese Getheiltheit geht nothwendig in die Darstellung über, da der Dichter, um das Wunderbare als solches erscheinen zu lassen, selbst für sich in der übrigen Welt seyn muß, wo das Wunderbare als Wunderbares erscheint. Will also der Dichter mit seinem Stoff wahrhaft identisch werden und sich ihm selbst ungetheilt hingeben, so ist kein Mittel dazu, als daß das Individuum, wie überhaupt in der modernen[1] Welt, so auch hier ins Mittel trete und den Ertrag Eines Lebens und Geistes[32] in Erfindungen niederlege, die, je höher sie stehen, desto mehr die Gewalt einer Mythologie gewinnen. So entsteht der Roman, und ich trage kein Bedenken, ihn in dieser Rücksicht über das Rittergedicht zu setzen [...]. ➢ Volltext.