[1]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 62
: Der große Schauspieler weiß, was er von den bestimmten und hergebrachten Manieren der Antwort von Seiten des Publikums, vom Händeklatschen und von dem eigentlich schreienden und brausenden Beifall zu denken hat: aber wenn eine große Versammlung von der Macht der Rede so überwältigt wird, daß sie die konventionelle Antwort vergißt, daß sie wie mit einem einzigen Ohre[3] horcht [...], wenn die ganze Versammlung sich unsichtbar, aber ganz deutlich aneinander lehnt, jeder empfindet, daß er nur Glied eines größeren Menschen ist, der angeredet wird, dann ergreift auch den Künstler auf der Bühne etwas ihm selbst unerwartetes, größer als menschliches, nicht etwa eine gemeine Verwandlung in das, was er darstellt, nicht etwa eine Trunkenheit der Begeisterung[1], aber eine gewisse göttliche Ruhe; das ganze Gerüst von Vorübung und Studium seiner Rolle verschwindet [...].
[2]
A. W. Schlegel, Vorr. krit. Schr. (1828), VI
: Sogar in Frankreich zeigen sich Symptome, daß die Sinnesart des Publicums meinen Ansichten von dem bisher für classisch[3] geltenden tragischen Theater, welche die nationale Eigenliebe anfangs so heftig empört haben, sich wohl einigermaaßen entgegen neigen möchte.
[3]
Beethoven, an die k. k. Hoftheaterdirektion (
<4. 12. 1807), B 1, 333
: Unterzeichneter darf sich [...] schmeicheln, während der Zeit seines bisherigen Aufenthaltes in Wien sich sowohl bey dem hohen Adel[2], als auch dem übrigen Publikum einige Gunst, und Beyfall erworben, wie auch eine ehrenvolle Aufnahme seiner Werke im Inn- und Auslande gefunden zu haben..
[4]
Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 501 f. (502)
: Anders verhält es sich mit dramatischen Produktionen. Hier nämlich ist ein bestimmtes Publikum, für welches geschrieben seyn soll, in Präsenz, und der Dichter ist ihm verpflichtet. Denn es hat das Recht zum Beifall, wie zum Mißfallen, da ihm als gegenwärtiger Gesammtheit ein Werk vorgeführt wird, das es an diesem Orte, zu 〈502〉 dieser Zeit mit lebendiger Theilnahme genießen soll. Ein solches Publikum nun, wie es sich als Kollektivum zum Richterspruche versammelt, ist höchst gemischter Art; verschieden an Bildung[5], Interessen, Gewohnheiten des Geschmacks, Liebhabereien u. s. f., so daß hin und wieder sogar, um vollständig zu gefallen, ein Talent im Schlechten und eine gewisse Schamlosigkeit in Rücksicht auf die reinen Forderungen echter Kunst[2] nöthig seyn kann. Nun bleibt zwar auch dem dramatischen Dichter der Ausweg übrig, das Publikum zu verachten; er hat dann aber gerade in Betreff seiner eigentlichsten Wirkungsweise immer seinen Zweck verfehlt. Besonders bei uns Deutschen ist seit der tieckischen Zeit[3] her dieser Trotz gegen das Publikum Mode geworden. Der deutsche Autor will sich seiner besonderen Individualität nach aussprechen, nicht aber dem Hörer und Zuschauer seine Sache genehm machen. Im Gegentheil in seinem deutschen Eigensinn muß jeder was Anderes haben als der Andere, um sich als Original zu zeigen. So sind z. B. Tieck und die Herrn Schlegel's, die, in ihrer ironischen[3] Absichtlichkeit, des Gemüthes und Geistes[14] ihrer Nation[1] und Zeit[5] nicht mächtig werden konnten, hauptsächlich gegen Schiller losgezogen, und haben ihn schlecht gemacht, weil er für uns Deutsche den rechten Ton getroffen hatte, und am populärsten geworden war. Unsere Nachbarn, die Franzosen, hingegen machen es umgekehrt; sie schreiben für den gegenwärtigen Effekt und behalten stets ihr Publikum im Auge, das nun seiner Seits wieder für den Autor ein scharfer und unnachsichtiger Kritiker ist und seyn kann, da sich in Frankreich ein bestimmter Kunstgeschmack festgestellt hat, während bei uns eine Anarchie herrscht, in welcher jeder wie er geht und steht nach dem Zufalle seiner individuellen Ansicht, Empfindung oder Laune urtheilt und Beifall spendet oder verdammt. ➢ Volltext.
[5]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VII (1836), 125
: Bei diesen seltenen Vorzügen scheint es fast unnöthig, noch ihrer außerordentlichen Gewandtheit zu erwähnen. Sie besitzt in Allem, was die Mechanik der Scene betrifft, die höchste Sicherheit, ja eine wahrhaft geniale Freiheit[13], die durch die Gunst eines Publikums unterstützt wird, welches bei dieser Künstlerin sich rein und ganz dem Genusse hingibt..
[6]
Nissen, Mozart (1828), 543 f. (544)
: Die Franzosen gestehen der deutschen Musik[1], und an ihrer Spitze Mozarten eine unbedingt ihnen 〈544〉 überlegene Vortrefflichkeit zu: eine Vortrefflichkeit, die von ihnen bey allen Werken dieses Componisten mit Bereitwilligkeit anerkannt wird, obgleich der Genuss derselben in ihnen mehr mittelbar durch Verstandes-Operation, als durch unmittelbar menschliche Theilnahme sich zu erkennen giebt. Da das Colorit dieser Composition [sc. Così fan tutte] unter allen Werken Mozart's am meisten aus dem Verstande[1] hervorgegangen zu seyn scheint, indem der freyern[17] romantischen[4] Behandlung durch den so witzigen Inhalt des Textes fast allenthalben Fesseln angelegt worden, so muss die Natur[1] dieser Musik[4] einem französischen Publicum auch schon desshalb mehr zusagen, wie viele dieser Art von seinen übrigen Arbeiten..
[7]
Pückler-Muskau, Brf. Verstorb. II (1830), 379
: So pflanzt ein Theater nach dem andern die romantische[14] Fahne, mehr oder weniger glücklich, auf, und Tragödien und Schauspiele, à la Shakespeare, wie die Franzosen sagen, erscheinen daselbst täglich, die, ohne fernere Gewissensbisse des Autors und Publikums, alle verehrten Einheiten über den Haufen werfen..
[8]
Reichardt, Liedersp. (1804), XVI
: Für den [...] Geschmack des Berliner Publikums und für meine eigene Liebe zu mehreren der schönsten[1] Götheschen Liedern hab' ich kürzlich das dritte Stück dieser Art gemacht, welches einigermassen auf eine interessante[1] Scene, die ich in der höchst romantischen[3] Gegend der Schweiz, in welcher das Stück spielt, auf meiner frühern Schweizerreise erlebte, gebaut ist..
[9]
C. Schlegel, an L. Gotter (24. 4. 1799), C 1, 536
: Weißt Du denn daß zu Dessau der Baron Lichtenstein nebst seiner Gemalin in einer selbstgemachten und selbstcomponirten Oper selbst mitgespielt hat unter den übrigen Schauspielern? Dies hat sich am 2ten Ostertag zugetragen und ist sehr übel vom Adel[2] und sehr gut vom übrigen Publikum aufgenommen worden..
[10]
F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 166, Nr. 119
: Gäbe es aber auch noch eine Natur[12] so konsequent schön[1] und klassisch[3], daß sie sich nackt zeigen dürfte, wie Phryne vor allen Griechen: so giebts doch kein Olympisches Publikum mehr für ein solches Schauspiel. ➢ Volltext.
[11]
Wackenroder, an L. Tieck (17. 11. 1792), VL 2, 83
: Vorige Woche sind „Die heimlichen Vermählten“ [...] hier aufgeführt, – aber, – wie Du vielleicht schon, zur Ehre u[nd] großem Ruhm aller Ohren[4] des Berl[iner] Publikums ahnden[1] wirst, mit großer Gleichgültigkeit aufgenommen [worden]..