Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Gutzkow, Wally (1835), 197: Religion ist Verzweiflung am Weltzweck. Wüßte die Menschheit[2], wohin ihre Leiden und Freuden tendieren, wüßte sie ein sichtbares Ziel ihrer Anstrengungen, einen Erklärungsgrund für dies wirre Durcheinander der Interessen, für die Tapezierung des Firmaments, für die wechselnde Natur[2], für Frost, Hitze, Regen, Hagel, Blitz und Donner, sie würde an keinen Gott glauben. In progressiver[2] Entwicklung folgt hieraus dreierlei: der natürliche[4] Ursprung der Religion, die Accomodation der göttlichen Begriffe[1] an den jedesmaligen Bildungsgrad und zuletzt die Unmöglichkeit historischer Religionen bei steigender Aufklärung.
[2] F. Schlegel, Ideen (1800), 4, Nr. 1: Die Foderungen und Spuren einer Moral, die mehr wäre als der praktische Teil der Philosophie, werden immer lauter und deutlicher. Sogar von Religion ist schon die Rede. Es ist Zeit den Schleyer der Isis zu zerreißen, und das Geheime zu offenbaren. Wer den Anblick der Göttin nicht ertragen kann fliehe oder verderbe.
[3] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 13: Nur derjenige kann ein Künstler seyn, welcher eine eigne Religion, eine originelle Ansicht des Unendlichen hat.
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[5] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[6] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[7] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[8] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[9] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[10] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[11] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[12] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[13] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[14] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[15] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[16] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[17] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 413: Apóstel, [...] ein bekanntes Kirchenwort, einen Bothen oder Gesandten Gottes[1] zu bezeichnen. Ins besondere führen diesen Nahmen, 1) die Schüler Christi, die von ihm zur Bekanntmachung seiner Lehre ausgesandt worden. 2) Derjenige, welcher die christliche Religion zuerst in einem Lande verkündiget. In diesem Verstande[7] wird Bonifacius für den Apostel der Deutschen, Dionysius von Korinth für den Apostel Frankreichs u. s. f. gehalten..
[18] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 829: Bekehren, [...] umkehren machen, doch nur in der figürlichen und besonders theologischen Bedeutung, eines Neigungen von dem Sinnlichen und Bösen auf das wahre Gute richten. Einen bekehren. Er hat viele Seelen zu Gott bekehret. Sich bekehren. In weiterer Bedeutung auch zur äußern Annehmung der wahren Religion bewegen. Die Heiden, Juden[1] u. s. f. bekehren..
[19] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[20] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[21] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[22] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 1443: In weiterer und gewöhnlicherer Bedeutung werden alle Glieder des ehemahligen Israelitischen Volks[1], und die Bekenner der Religion derselben, Juden[1], und auf eine bestimmtere Art, die ältern[1] Juden[1] genannt, zum Unterschiede von den heutigen und neuern[3] Juden[1], welche ein Überrest der erstern sind, und am häufigsten auch nur Juden[1] schlechthin genannt werden..
[23] B. v. Arnim, Briefw. Kind II (1835), 163 f.: [U]nterwegs sprach Rumohr sehr schön über den Bauernstand, über ihre Bedürfnisse und wie das Wohl des Staats von dem ihrigen abhinge, und wie man ihnen keine Kenntnisse aufzwingen müsse, die sie nicht selbst in ihrem Beruf unmittelbar benützen könnten, und daß man sie zu freien Menschen bilden müsse, das heißt: zu Leuten, die sich alles selbst verschaffen was sie brauchen. Dann sprach er auch über ihre Religion, und da hat er etwas sehr schönes gesagt, er meinte nämlich, jedem Stand müsse das als Religion gelten, was sein höchster Beruf sei, des Bauern Beruf sei, das ganze Land vor Hungers〈164〉noth zu schützen, hierin müsse ihm seine Wichtigkeit für den Staat, seine Verpflichtungen für denselben begreiflich gemacht werden, es müsse ihm an's Herz gelegt werden, welchen großen Einfluß er auf das Wohl des Ganzen habe, und so müsse er auch mit Ehrfurcht behandelt werden, daraus werde die Selbstachtung entstehen, die doch eigentlich jedem Menschen mehr gelte wie jeder andre Vortheil, und so würden die Opfer, die das Schicksal fordert, ungezwungen gebracht werden, wie die Mutter, die ihr eignes Kind nährt, auch demselben mit Freuden ihr letztes aufopfert; so würde das unmittelbare Gefühl dem Wohl des Ganzen wesentlich zu sein, gewiß jedes Opfer bringen, um sich diese Würde zu erhalten; keine Revolutionen würden dann mehr entstehen, denn der gewitzigte Staatsgeist in allen würde jeder gerechten Forderung vorgreifen, und das würde eine Religion sein, die jeder begreife und wo das ganze Tagewerk ein fortwährendes Gebet sei, denn alles was nicht in diesem Sinn geschehe, das sei Sünde; er sagte dies noch viel schöner und wahrer, ich bin nur dieser Weisheit nicht gewachsen und kann es nicht so wieder geben..
[24] B. v. Arnim, Günder. I (1840), 290: Nicht wahr das soll auch ein Hauptprinzip der schwebenden[7] Religion sein daß wir keine Bildung[5] gestatten, – Das heißt kein angebildet Wesen, jeder soll neugierig sein auf sich selber, und soll sich zu Tage fördern wie aus der Tiefe ein Stück Erz oder ein Quell, die ganze Bildung[2] soll darauf ausgehen daß wir den Geist[12/19] ans Licht hervorlassen. Mir deucht mit den fünf Sinnen[4] die uns Gott gegeben hat könnten wir alles erreichen ohne dem Witz[2/3] durch Bildung[2] zu nahe zu kommen. Gebildete Menschen sind die witzloseste Erscheinung unter der Sonne. Echte Bildung[5] geht hervor aus Übung der Kräfte die in uns liegen, nicht wahr?.
[25] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 88: Ursprünglich sind Asceten Personen, die sich mit einer Art von Strenge üben. Vorzüglich wird dieser Name denjenigen beigelegt, die sich streng der Tugend und Religion[1/3?] weihen..
[26] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 281: An Veranlassungen zu dergleichen Verfolgungen konnte es nicht fehlen, so lange man sich noch der Religion als Ursache dazu bediente. Bald sollten die Juden[1] geweihte Hostien durchstochen, bald Christenkinder geschlachtet oder andern gotteslästerlichen Unfug getrieben haben. Unter allen diesen Verfolgungen war keine so grausam und blutig als die, welche in den Jahren 1348 und 1349 beinahe in allen Ländern Europas gegen sie erhoben wurde, weil sie überall die Brunnen vergiftet und dadurch die fürchterliche Pest bewirkt haben sollten, welche damahls beinahe alle Länder der Erde verwüstete und entvölkerte. [...] Obgleich die Beschuldigungen, welche man ihnen machte, immer für ungegründet befunden und nachher öffentlich widerrufen wurden; so verlor sich dessen ungeachtet, zumahl bei den niedern Volksclassen, der tief eingewurzelte Haß gegen sie nicht, und dauerte auch dann noch fort, nachdem die Reformation im sechzehnten Jahrhundert ein neues Licht der Aufklärung angezündet hatte. Die wahrscheinlichste 〈282〉 Ursache dieses nicht zu bekämpfenden Vo[r]urtheils lag unstreitig darin, daß Luther selbst eine ungünstige Meinung von den Juden[1] hatte, und sie höchstens als ein unvermeidliches Uebel zu dulden rieth..
[27] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 170: Unsterblich sind Moses Verdienste um sein Volk[1], das wahrlich zu seiner Zeit[3] nicht dazu geeignet war, mitten unter Götzenanbetern den Glauben seiner Väter an einen Gott[1], der ganzen Welt Schöpfer, des Guten und Bösen weisen Regierer, dem einzig Freiheit[1] von Schuld und Verbrechen den Menschen[1] angenehm mache, festzuhalten. Und doch gelang es ihm, sich ihrer Sinnlichkeit für die Sache der Vernunft[3] und der Religion zu bemächtigen, und sie durch Staats- und Tempelgesetze immer auf den Einen zurückzuführen, der ihr eigentlichster Herr sei. Hätten seine Nachfolger den Geist[14/20?] von ihm geerbt, der Jude[1] würde nicht mehr im sclavischen Joche des Ceremoniendienstes den Gott[1] zu verehren glauben, der seine Kinder zur Freiheit[10] erschuf..
[28] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 336: Die jüdische Religion wird in den meisten europäischen Staaten geduldet, so wie sich überhaupt die Freiheiten[8] der Juden[1] [...] seit einigen Jahren, besonders durch die ihnen von Frankreich ertheilten Begünstigungen, in vielen Ländern vermehret haben..
[29] Büchner, Leonce u. Lena (1838), WuB, 147: [D]ann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische[6] Kehlen, klassische[3] Leiber und eine commode Religion!.
[30] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 192: Vorherrschende Toleranz der Juden[1] in Staaten, wo für Selbstdenker keine Toleranz ist, zeigt sonnenklar, worauf eigentlich abgesehen wird. [...] Ich will nicht etwa sagen, daß man die Juden[1] um ihres Glaubens willen verfolgen solle, sondern daß man überhaupt Niemand deswegen verfolgen solle. | Ich weiß, daß man vor verschiedenen gelehrten Tribunalen eher die ganze Sittlichkeit und ihr heiligstes Produkt, die Religion, angreifen darf, als die jüdische Nation[1]. Denen sage ich, daß mich nie ein Jude[1] betrog, weil ich mich nie mit einem einließ, daß ich mehrmals Juden[1], die man neckte, mit eigner Gefahr und zu eignem Nachtheil in Schutz genommen habe, daß also nicht Privatanimosität aus mir redet..
[31] Hegel, Jacobi (1817), 21 f. (22): Es ist gleichmäßig eine Foderung an die Philosophie, diese Nothwendigkeit der sittlichen Bestimmungen und ihres Geltens, als auch das Höhere aufzuzeigen, in welchem sie gegründet sind, das eben darum auch Macht und Majestät über sie hat. – Ja, man könnte sogar geneigt werden, das Bewußtseyn dieser Majestät für den Ort der Wissenschaft[1] oder das Allerheiligste der Religion aufzusparen, und es von einer populären Behandlung, in welcher Appellationen an das Gefühl und die innere Gewißheit des Subjects gestattet sind, fernzuhalten, wenn man nämlich 〈22〉 betrachtet, wie die Romantik[7] leicht auch in die Sittlichkeit einbricht, wie gern die Menschen[1] lieber großmüthig als rechtlich, lieber edel als moralisch zu handeln geneigt sind und, indem sie sich wider den Buchstaben[11] des Gesetzes zu handeln erlauben, sich nicht so sehr vom Buchstaben[11] als vom Gesetz lossprechen..
[32] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 14: Die klassische[3/7] Kunst[10] und ihre schöne[1] Religion befriedigt [...] nicht die Tiefen des Geistes[19]; wie konkret sie auch in sich selber ist, bleibt sie doch für ihn noch abstrakt, weil sie, statt der Bewegung und aus der Entgegensetzung erworbenen Versöhnung jener unendlichen Subjektivität, nur die ungetrübte Harmonie 〈15〉 der bestimmten freien Individualität in ihrem adäquaten Daseyn, diese Ruhe in ihrer Realität, dieses Glück, diese Befriedigung und Größe in sich selbst, diese ewige Heiterkeit[3] und Seligkeit zu ihrem Elemente hat, die selbst im Unglück und Schmerz das sichere Beruhen auf sich nicht verliert. Die klassische[3/7] Kunst[10] hat in den Gegensatz, der im Absoluten begründet ist, nicht bis zur Tiefe hineingearbeitet und ihn ausgesöhnt. Dadurch kennt sie nun aber auch nicht die Seite, welche mit diesem Gegensatze in Beziehung steht, die Verhärtung des Subjekts in sich als abstrakte Persönlichkeit gegen das Sittliche und Absolute, die Sünde und das Böse, so wie das Verlaufen der subjektiven Innerlichkeit in sich, die Zerrissenheit, Haltlosigkeit, überhaupt den ganzen Kreis der Entzweiungen, welche innerhalb ihrer das Unschöne, Häßliche[1], Widrige nach der sinnlichen und geistigen Seite hin hereinbringen. Die klassische[3/7] Kunst[10] überschreitet den reinen Boden des ächten Ideals nicht. ➢ Volltext.
[33] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 146: Und so ward jenes einzige Gepräge der griechischen[2] Sprache[3], das nicht von stummen Gesetzen erpreßt, das durch Musik[6] und Tanz, durch Gesang und Geschichte[2], endlich durch den plauderhaften freien[13/6] Umgang vieler Stämme und Colonien wie eine lebendige Form der Natur[2] entstanden war. Die nordischen Völker[1] Europens hatten bei ihrer Bildung[3] dies Glück nicht. Da ihnen durch fremde[1/5] Gesetze und durch eine Gesanglose Religion ausländische Sitten gegeben wurden; so verstummete auch ihre Sprache[3]. Die Deutsche z. B. hat unstreitig viel von ihrer innern Biegsamkeit, von ihrer bestimmtem Zeichnung in der Flexion der Worte, ja noch mehr von jenem lebendigen Schall verlohren, den sie unter günstigem Himmelsstrichen ehedem hatte. Einst war sie eine nahe Schwester der griechischen[2] Sprache[3] und jetzt wie fernab von dieser ist sie gebildet! [...] Nur die griechische[2] Sprache[3] ist wie durch Gesang entstanden: denn Gesang und 〈147〉 Dichtkunst und ein früher Gebrauch des freien[6] Lebens hat sie zur Musensprache der Welt gebildet..
[34] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 133: Die Americaner hängen, wie die Bewohner vom Indostan, und alle andere Völker[1], die lange unter bürgerlichem und religiösem Despotismus geschmachtet haben, mit außerordentlicher Hartnäckigkeit an ihren Gewohnheiten, Sitten und Meinungen; denn die Einführung des Christenthums hat auf die Eingebornen von Mexico fast keine andre Wirkung gethan, als daß sie an die Stelle der Ceremonien eines blutigen Cultus neue Ceremonien, und Symbole einer sanften, menschlichen Religion setzte..
[35] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (21813), 147 f. (148): Zwei romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Gattungen ohne Christentum, einander in Ausbildung wie in Klima[[[[BedeutungsVerweis ID='409' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] fremd[[[[BedeutungsVerweis ID='173' Anzeige='5' Formatierung='1']]]], sind die indische und die der Edda. Die altnordische, mehr ans Erhabne gränzende fand im Schattenreiche ihrer klimatischen verfinsterten Schauernatur, in ihren Nächten und auf ihren Gebirgen zum Gespensterorkus eine gränzenlose Geisterwelt, worin die enge Sinnenwelt zerfloß und versank; dahin gehört Os〈148〉sian [...] mit seinen Abend- und Nachtstücken, in welchen die himmlischen Nebelsterne der Vergangenheit über dem dicken Nachtnebel der Gegenwart stehen und blinken; und nur in der Vergangenheit findet er Zukunft und Ewigkeit. | Alles ist in seinem Gedichte Musik[[[[BedeutungsVerweis ID='619' Anzeige='5' Formatierung='1']]]], aber entfernte und dadurch verdoppelte und ins Unendliche verschwommene, gleichsam ein Echo, das nicht durch rauh-treues Wiedergeben der Töne[[[[BedeutungsVerweis ID='578' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], sondern durch abschwächendes Mildern derselben entzückt. | Die indische Romantik[[[[BedeutungsVerweis ID='651' Anzeige='7' Formatierung='1']]]] bewegt sich in einer allbelebenden Religion, welche von der Sinnenwelt durch Vergeistigung die Schranken wegbrach; diese wurde so groß wie die 〈149〉 Geisterwelt, aber nicht voll Polter-, sondern voll Schmeichelgeister, und Erde und Himmel sanken, wie auf einem Meere, einander zu..
[36] Krünitz, Oecon. Encycl. XXXI (1784), 117: Was den Character[1] der Italiäner überhaupt betrifft, so ist die Grundlage desselben: die leichte Entzündbarkeit und große Lebhaftigkeit ihrer Einbildungs-Kraft[1]; eine natürliche[4] Folge ihres milden Klima[1] welches nur in einigen Gegenden einen strengen Winter verstattet, in allen aber den herrlichsten Frühling und einen heißen Sommer gewährt. Mit denselben verbindet sich Lebensart, Erziehung, Religion, die Phantasie[1] immer wirksamer zu machen; und wenn diese einmahl erweckt ist, so verbreitet sie wieder einen Rückstrahl in eben die Fächer, von denen sie ausgegangen ist, und gibt jenen Sitten und jener Religion ihre ganz individuelle Bildung[10]. Die katholische Religion z. B. beschäftiget überall die Einbildungskraft[1] mehr, als andere kirchliche Systeme und Verfassungen. Ist nun der Katholicismus in Italien seiner Quelle am nächsten, und wird er daselbst am eifrigsten gehäget, so kann er allerdings für eine mitwirkende Ursache der Reitzbarkeit der italiänischen Phantasie[1] angesehen werden..
[37] Krünitz, Oecon. Encycl. XXXI (1784), 481: Die Juden[1] fangen nun selbst nach gerade an, ihre eigene Religion zu verachten, und den talmudischen Unsinn, als abergläubige Volkmährchen, und als närrische Träumereyen [...] zu verspotten. Ihre Ceremonien scheinen ihnen nun selbst ein drückendes Joch ohne Sinn[2], Zweck und Menschenverstand zu seyn, und die schwere Befolgung der Verbindlichkeiten ihres Gesetzes sind ihnen unerträgliche Forderungen einer überspannten asiatischen Einbildungskraft[1], ohne Absicht zur Erlangung irgend einer Vollkommenheit, oder eines sichtbaren Genusses von Wohlfahrt und Glück..
[38] Maimon, Lebensgesch. I (1792), 5: Es giebt vielleicht kein andres Land außer Polen, wo Religionsfreyheit und Religionshaß so im gleichen Grade anzutreffen wäre. Die Juden[1] genießen da einer völlig freyen[1] Ausübung ihrer Religion und aller übrigen bürgerlichen Freyheiten[6], haben auch sogar ihre eigne Gerichtsbarkeit. Von der andern Seite aber geht der Religionshaß so weit, daß der Nahme Jude[1] zum Abscheu ist, und 〈6〉 die Wirkung dieses zu den Zeiten[3] der Barbarey eingewurzelten Abscheus noch zu meinen Zeiten[3], ohngefähr vor dreyzehn Jahren, dauerte. Dieser anscheinende Widerspruch läßt sich aber sehr gut heben, wenn man bedenkt, daß die in Polen den Juden[1] zugestandene Religions- und bürgerliche Freyheit[6], nicht aus Achtung für die allgemeinen Rechte der Menschheit[2] entspringt, so wie auf der anderen Seite der Religionshaß und Verfolgung keineswegs die Wirkung einer weisen Politik ist, die dasjenige, was der Moralität und dem Wohlstand des Staates schädlich seyn kann, aus dem Wege zu räumen sucht, sondern beyde Folgen der in diesem Lande herrschenden politischen Unwissenheit und Trägheit sind. Da nehmlich die Juden[1] bey allen ihren Mängeln dennoch in diesem Lande beynahe die einzigen brauchbaren Menschen[1] sind, so sahe sich zwar die Polnische Nation[1] gezwungen, zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse ihnen alle mögliche Freyheiten[6] zu bewilligen, doch mußte auch ihre moralische Unwissenheit und Trägheit auf der anderen Seite nothwendig Religionshaß und Verfolgung hervorbringen..
[39] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 184 f. (185): O! es wird eine Zeit[3] kommen, wo alle Menschen[1] wiederum niederfallen, vor 〈185〉 dem ewigen Wesen, das alle Religionen versteht! und ich ahnde[1], hoffend, daß sie nicht fern ist!.
[40] Novalis, an A. C. Just (26. 12. 1798), NS 4, 272: Wenn ich weniger auf urkundliche Gewißheit, weniger auf den Buchstaben[11], weniger auf die Wahrheit und Umständlichkeit der Geschichte[3] fuße; wenn ich geneigter bin, in mir selbst höhern Einflüssen nachzuspüren [...]; wenn ich in der Geschichte[3] und den Lehren der christlichen Religion die symbolische Vorzeichnung einer allgemeinen, jeder Gestalt fähigen, Weltreligion [...] und wahrhaftig also auch die vollkommenste Offenbarung zu sehen glaube; wenn mir aber eben aus diesem Standpunkt alle Theologien auf mehr oder minder glücklich begriffenen Offenbarungen zu ruhen, alle zusammen jedoch in dem sonderbarsten Parallelism mit der Bildungsgeschichte der Menschheit[2] zu stehn und in einer aufsteigenden Reihe sich friedlich zu ordnen dünken, so werden Sie das vorzüglichste Element meiner Existenz, die Phantasie[3], in der Bildung[1] dieser Religionsansicht, nicht verkennen..
[41] Novalis, Europa (*1799), NS 3, 512: Indeß liegt dem Protestantismus bei weitem nicht bloß jener reine Begriff[2] zum Grunde, sondern Luther behandelte das Christenthum überhaupt willkührlich, verkannte seinen Geist[12], und führte einen andern Buchstaben[8] und eine andere Religion ein, nemlich die heilige Allgemeingültigkeit der Bibel, und damit wurde leider eine andere höchst fremde irdische Wissenschaft in die Religionsangelegenheit gemischt – die Philologie – deren auszehrender Einfluß von da an unverkennbar wird. Er wurde selbst aus dunkelm Gefühl dieses Fehlgriffs bei einem großen Theil der Protestanten zum Rang eines Evangelisten erhoben und seine Uebersetzung canonisirt. | Dem religiösen Sinn war diese Wahl höchst verderblich, da nichts seine Irritabilität so vernichtet, wie der Buchstabe[8]..
[42] v. d. Recke, Cagliostro (1787), 153: Ach! wenn ich noch in den damaligen Zustand meiner Seele zurük schaue; so seh' ich, daß nichts schwerer ist als die Nebel zu zertheilen, die Irrglauben mit Aberglauben verbunden uns verbreiten. Durch sie verleitet, weiß man die abenteuerlichsten[3] Lehren in das ehrwürdige Gewand der Religion zu hüllen; und selbst bey den größten Trieben zur Tugend, können wir uns nicht mehr aus den Labyrinthen des finstersten Aberglaubens hinaus finden, so bald uns erst gewisse Dinge, gegen die Stimme[14] der Vernunft[3], durch Vorspiegelung der Erlangung höherer Kräfte und höchster Glückseligkeit, aufgedrungen worden sind..
[43] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 22: [N]ie war Europa einiger, glänzender und mächtiger, als in jener herrlichen Zeit[3] des Ritterthums und des Enthusiasmus für die Ehre der katholischen Religion. Da trieb eine neue[1], wunderbare Poësie[1] ihre farbigen Blüthen, und die Produkte der romantischen[13] Künstler[3] stehen in ihrer Art eben so göttlich 〈23〉 und unerreichbar da, wie die der frühern Griechen und Römer..
[44] Schiller, Abfall Niederl. (1788), NA 17, 41 f.: Noch ein andrer Umstand mußte das Wachsthum der neuen[1] Religion in diesen Ländern [sc. Niederlande] begünstigen. Italien, 〈42〉 damals der Sitz der größten Geistesverfeinerung, ein Land, wo sonst immer die heftigsten politischen Faktionen gewüthet haben, wo ein brennendes Klima das Blut zu den wildesten Affekten erhitzt, Italien, könnte man einwenden, blieb unter allen europäischen Ländern beinahe am meisten von dieser Neuerung [sc. Reformation] frei. Aber einem romantischen[6] Volk[1], das durch einen warmen und lieblichen Himmel, durch eine üppige, immer junge und immer lachende Natur[2] und die mannichfaltigsten Zaubereien der Kunst[2] in einem ewigen Sinnengenusse erhalten wird, war eine Religion angemessener, deren prächtiger Pomp die Sinne[4] gefangen nimmt, deren geheimnißvolle Räthsel der Phantasie[1] einen unendlichen Raum eröfnen, deren vornehmste Lehren sich durch mahlerische[4] Formen in die Seele einschmeicheln. Einem Volke[1] im Gegentheil, das, durch die Geschäfte des gemeinen bürgerlichen Lebens zu einer undichterischen Wirklichkeit herabgezogen, in deutlichen Begriffen[1] mehr als in Bildern lebt, und auf Unkosten der Einbildungskraft seine Menschenvernunft ausbildet; einem solchen Volk[1] wird sich ein Glaube empfehlen, der die Prüfung weniger fürchtet, der weniger auf Mystik als auf Sittenlehre dringt, weniger angeschaut als begriffen werden kann. Mit kürzeren Worten[2]: Die katholische Religion wird im Ganzen mehr für ein Künstlervolk, die protestantische mehr für ein Kaufmannsvolk taugen..
[45] Schiller, Dreyssigj. Krieg. I–II (1791), NA 18, 30: Dem Herren und Ritterstand gestattete [...] Maximilian die freye Ausübung ihrer Religion, doch nur auf ihren eignen Territorien und Schlössern. Den Städten und Märkten eine ähnliche Freyheit[8] bewilligen, wäre eben so viel gewesen, als die katholische Religion ganz und gar aufzuheben [...]..
[46] Schiller, Geisters. (31798), NA 16, 103: Alle seine Vorstellungen von Religion hatten etwas Fürchterliches an sich, und eben das Grauenvolle und Derbe war es, was sich seiner lebhaften Einbildungskraft zuerst bemächtigte und sich auch am längsten darin erhielt. Sein Gott war ein Schreckbild, ein strafendes Wesen; seine Gottesverehrung knechtisches Zittern oder blinde, alle Kraft und Kühnheit erstickende Ergebung..
[47] A. W. Schlegel, Geist d. Zeitalt. (1803), Eur. 2, 70: Die Ehre, diese uns wenigstens in Ueberresten angestammte große Idee aus dem Mittelalter, [...] ist gleichsam eine romantisirte[2] Sittlichkeit; hierin liegt es schon, warum die Alten[10] sie in diesem Sinne[1] nicht kannten, was ich auch daraus einzusehen glaube, daß bei den Alten[10] Religion und Moral mehr getrennet war; da nun das Christenthum das gesammte Thun des Menschen in Anspruch nahm, so rettete sich das Gefühl von der Selbstständigkeit des sittlichen Strebens dahin, und erfand neben der religiösen Moral eine noch von ihr unabhängige weltliche. Die ritterlichen Grundsätze der Ehre werden also auch so lange nicht wegfallen können, als das Christenthum einen so bedeutenden Einfluß auf unsre Sittenlehre hat, als es bisher ungeachtet seines Verfalls, noch immer ausgeübt. ➢ Volltext.
[48] A. W. Schlegel, Brchtg. Mißdt. (1828), 13 f. (14): Wenn ich den milden und kindlichen Sinn[9] preise, worin Johann von Fiesole die Lebensgeschichte seines Schutzheiligen Dominicus in einer Reihe von Bildern aufgefaßt [...], folgt daraus, daß ich an die Wunder des Ordensstifters glaube, und 〈14〉 alle seine Thaten gut heiße, wie die Geschichte[5] sie urkundlich darlegt? Eben so wenig, als der Bewunderer des Alterthums[3] für einen Anbeter der Olympischen Götter[4] gilt, weil er entzückt anerkennt, daß die Griechischen[2] Künstler aus den dunstigen Regionen des Aberglaubens sich in die ätherische Sphäre sittlicher Urbilder emporgeschwungen, und dadurch die Religion ihres Volkes[1] verklärt haben..
[49] A. W. Schlegel, Brchtg. Mißdt. (1828), 69: Wer sollte es denken? Ich that alles nur für die Zwecke des bewußten geheimen Bundes. Die Brahmanen waren von jeher, so weit die Geschichte reicht, ein erblicher Priesterstand, welcher große Vorrechte genoß; aus der Religion, die sie lehrten, ist die Gesetzgebung und gesellschaftliche Verfassung Indiens hervorgegangen. Unter dem Scheine einer bloß gelehrten Beschäftigung mit der Litteratur und den Alterthümern[4] dieses Landes wollte ich eigentlich die Priesterherrschaft in unserm Europa fördern; durch die Darstellung der Mythologie einen mystischen Aberglauben vorbereiten; und was ich von den Brah〈70〉manen erzählt, wollte ich mit den Jesuiten zur Wirklichkeit gebracht wissen..
[50] F. Schlegel, Philos. Lehrj. II (*1797), KFSA 18, 56, Nr. 367: Der Christianismus läßt s.[ich] weder lehren noch lernen, es wäre Unsinn ihn beweisen zu wollen. Er ist progr.[essive][3/5] η [Ethik] im Großen. War der Muhamed.[anismus] viell[eicht] eine Stufe der progr[essiven][3/5] Relig.[ion] die man nicht hinlängl[ich] genutzt hat?.
[51] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 14: Obgleich mir aber auch das, was man gewöhnlich Religion[1] nennt, eins der wunderbarsten, größesten Phänomene zu seyn scheint, so kann ich doch im strengen Sinne nur das für Religion[3] gelten lassen, wenn man göttlich denkt, und dichtet, und lebt, wenn man voll von Gott ist; wenn ein Hauch von Andacht und Begeisterung über unser ganzes Seyn ausgegossen ist; wenn man nichts mehr um der Pflicht, sondern alles aus Liebe thut, bloß weil man es will, und wenn man es nur darum will, weil es Gott sagt, nämlich Gott in uns. | Es ist mir, als ob ich Dich bey diesem Stücke Religion[3] denken hörte: „Wenn es also nur auf die Andacht und auf die Anbetung des Göttlichen ankommt; wenn das Menschliche überall das Höchste ist; wenn der Mann von Natur[1] der erhabnere Mensch ist: so wäre es ja der rechte, und wohl der nächste Weg den Geliebten anzubeten, und so die menschenvergötternde Religion[1] der menschlichen Griechen zu modernisiren?“ – Ich werde gewiß der letzte seyn, der Dir diesen Weg abräth oder verleidet, wenn der Mann, den Du meinst, anders der ursprünglichen Natur[1] des Mannes getreu, und von erhabnem Sinne[9] ist. Ich wenigstens könnte nicht lieben, ohne auf die Gefahr der Chevalerie etwas anzubeten; und ich weiß nicht, ob ich das Universum von ganzer Seele anbeten könnte, wenn ich nie ein Weib geliebt hätte. Aber freylich das Universum ist und bleibt meine Losung.
[52] F. Schlegel, Ideen (1800), 4, Nr. 4: Die Religion[1/3] ist die allbelebende Weltseele der Bildung[5], das vierte unsichtbare Element zur Philoso〈5〉phie, Moral und Poesie[11], welches gleich dem Feuer, wo es gebunden ist, in der Stille allgegenwärtig wohlthut, und nur durch Gewalt und Reiz von außen in furchtbare Zerstörung ausbricht. ➢ Volltext; vgl. [56].
[53] F. Schlegel, Ideen (1800), 5, Nr. 7: Laßt die Religion[1/3] frey, und es wird eine neue[1] Menschheit[3] beginnen. ➢ Volltext.
[54] F. Schlegel, Ideen (1800), 5, Nr. 8: Der Verstand[1], sagt der Verfasser der Reden über die Religion, weiß nur vom Universum; die Fantasie[2] herrsche, so habt ihr einen Gott[1]. Ganz recht, die Fantasie[2] ist das Organ[3] des Menschen für die Gottheit. ➢ Volltext; vgl. [60].
[55] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 11: Nur durch Religion[1/3] wird aus Logik Philosophie, nur daher kommt alles was diese mehr ist als Wissenschaft. Und statt einer ewig vollen unendlichen Poesie[14] werden wir ohne sie nur Romane haben, oder die Spielerei, die man jetzt schöne Kunst[1] nennt.
[56] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 14: Die Religion[1/3] ist nicht bloß ein Theil der Bildung[5], ein Glied der Menschheit[1], sondern das Centrum aller übrigen, überall das Erste und Höchste, das schlechthin Ursprüngliche. ➢ Volltext; vgl. [52].
[57] F. Schlegel, Ideen (1800), 7, Nr. 22: Was thun die wenigen Mystiker die es noch giebt? – Sie bilden mehr oder weniger das rohe Chaos der schon vorhandnen Religion. Aber nur einzeln, im Kleinen, durch schwache Versuche. Thut es im Großen von allen Seiten mit der ganzen Masse, und laßt uns alle Religionen aus ihren Gräbern wecken, und die unsterblichen neu beleben und bilden durch die Allmacht der Kunst[2] und Wissenschaft.
[58] F. Schlegel, Ideen (1800), 8, Nr. 25: Das Leben und die Kraft der Poesie[4] besteht darin, daß sie aus sich herausgeht, ein Stück von der Religion[1/3] losreißt, und dann in sich zurückgeht, indem sie es sich aneignet. Eben so ist es auch mit der Philosophie.
[59] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 59: In England mußte der protestantischen Religion bald eine ähnliche Philosophie nachfolgen; eine populäre Philosophie, die sich freigeisterisch nannte [...]; die französische Litteratur, da sie von der nicht so scharfsehenden Politik späterer Regenten Freiheit[9] genug erhielt, zu dem guten Geschmack, auf den ihre richtiger denkende Stifter sie eingeschränkt hatten, dieses heterogene Bestandtheil hinzuzuthun, ward dadurch um nichts gebessert; ja was dort nur eine oft gut gemeinte Gemeinheit war, ward hier, wo die Sittenlosigkeit im Gefolge des Despotismus herrschend nur auf das Losungswort harrte, alle Scham und Scheu abzuwerfen, bald zur gräßlichsten Unsittlichkeit 〈60〉 verarbeitet..
[60] Schleiermacher, Religion (1799), 129: In der Religion wird das Universum angeschaut, es wird gesezt als ursprünglich handelnd auf den Menschen. Hängt nun Eure Fantasie[2] an dem Bewußtsein Eurer Freiheit[10] so daß sie es nicht überwinden kann dasjenige was sie als ursprünglich wirkend denken soll anders als in der Form eines freien[10] Wesens zu denken; wohl, so wird sie den Geist[12] des Universums personifiziren und Ihr werdet einen Gott[1] haben; hängt sie am Verstande[1], so daß es Euch immer klar vor Augen steht, Freiheit[10] habe nur Sinn[2] im Einzelnen und fürs Einzelne; wohl, so werdet Ihr eine Welt haben und keinen Gott[1]. ➢ Volltext; vgl. [54].
[61] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 57: Ich habe diesen Denker [sc. Johann Friedrich Kleuker] einmal in Jacobi's Hause denken gehört. Der Protestantismus, sagte er, führt zur Demokratie, der Katholicismus zur Monarchie. Sie meinen, antwortete Jacobi, wo die Religion nicht die Vernunft unterdrückt, da wird man vernünftigerer, für das ganze Volk[4] heilsamerer Einrichtungen sich befleißigen, als anderswo; solche aber bestehn mit jeder Verfassung, die entweder ererbt ward, oder gewählt aus ganz anderen als Religionsgründen. Er erinnerte an so viele protestantische Monarchien, wo das Volk[4] nach Gesezlichkeit, nicht nach Demokratie, trachtet; an katholische Republiken, die nichts weniger als Monarchie verlangen. Umsonst. Kleuker konnte sich nicht herausdenken aus dem Credo: „Der Protestant will Demokratie“: welches ein protestantischer Fürst beherzigen mag; und „der Katholik wünscht Monarchie“: deren Stüze [...] bekanntlich der Adel[2] ist. ➢ Volltext.
[62] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 84 f.: Intoleranz nicht nur nannte ers, daß wir den Uebertritt zu der intolerantesten Religion, und das gewaltsame Hinüberziehn seiner Kinder, 〈85〉 nicht billigten, nicht den Mut, nicht die Energie hochschäzten; sondern, was glauben Sie? Haß gegen die christliche Religion, ähnlich dem Hasse, sagte er, der die Religionsdiener in Frankreich unter die Guillotine gelegt. ➢ Volltext.
[63] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 112: Dieser Friz [sc. F. L. Grf zu Stolberg] [...] warnt vor den hochtönenden Worten[1] Freiheit[6], Recht, Gleichheit (Libertas, Jus, Aequitas), weil mancher sie falsch deute, und empfiehlt uns zum Schuz dagegen die allein wahre Religion, die er geradezu Kirche Deutschlands nennt. Der Zeitgeist, sagt er, nimt keine Kunde von Gott (dem Herrgott), und ist also im eigentlichen Sinn[1] gottlos; er will nichts wissen von Urkunde und Ueberlieferung; er verschmäht das Alte[1], und versucht Neuerung. Ja, er will uralte Eichen (nämlich Stammbäume) wie Unkraut ausgäten, indem er des Adels[2] edle Bestrebungen und gegründeten Besiz verkennt. ➢ Volltext.
[64] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 11: Die Begeisterungen der Dichter und Künstler sind von jeher der Welt ein großer Anstoß und Gegenstand des Streites gewesen. Die gewöhnlichen Menschen können nicht begreifen, was es damit für eine Bewandniß habe, und machen sich darüber durchaus sehr falsche und verkehrte Vorstellungen. Daher sind über die inneren Offenbarungen der Kunstgenies eben so viele Unvernünftigkeiten, in und außer Systemen, methodisch und unmethodisch abgehandelt und geschwatzt worden, als über die Mysterien unsrer heiligen Religion. Die sogenannten Theoristen und Systematiker beschreiben uns die Begeiste〈12〉rung des Künstlers von Hörensagen, und sind vollkommen mit sich selbst zufrieden, wenn sie mit ihrer eiteln und profanen Philosophasterey umschreibende Worte[2] zusammengesucht haben, für etwas, wovon sie den Geist[12], der sich in Worte[2] nicht fassen läßt, und die Bedeutung nicht kennen. Sie reden von der Künstlerbegeisterung, als von einem Dinge, das sie vor Augen hätten; sie erklären es, und erzählen viel davon; und sie sollten billig das heilige Wort[1] auszusprechen erröthen, denn sie wissen nicht, was sie damit aussprechen.
[65] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133: Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes[1] Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist[19] von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte[1] vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[66] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20): Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit[1], alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit[3] über dasselbe..
[2] F. Schlegel, Ideen (1800), 4, Nr. 1: Die Foderungen und Spuren einer Moral, die mehr wäre als der praktische Teil der Philosophie, werden immer lauter und deutlicher. Sogar von Religion ist schon die Rede. Es ist Zeit den Schleyer der Isis zu zerreißen, und das Geheime zu offenbaren. Wer den Anblick der Göttin nicht ertragen kann fliehe oder verderbe.
➢ Volltext
[3] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 13: Nur derjenige kann ein Künstler seyn, welcher eine eigne Religion, eine originelle Ansicht des Unendlichen hat.
➢ Volltext
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 33: Der Abfall [...]. In moralischer Bedeutung. [...] Die bösliche Verlassung eines rechtmäßigen Herrn oder einer Religion. Der Abfall von einem Herrn, von Glauben, von der Religion..[5] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 34: Einen Herrn oder eine erkannte Wahrheit böslich verlassen. Von einem abfallen, seine Partey verlassen. Von dem Glauben, von der Religion abfallen. So auch, von der Tugend abfallen. Ein Abgefallener, ein Apostat..[6] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 103: Abschwören [...]. Sich eidlich von etwas los sagen, es verschwören. Seine Religion, eines Dienste [sic], einen Irrthum abschwören..[7] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 112: Abspringen [...] Figürlich, sich mit dem Gemüthe plötzlich von etwas entfernen, schnell anderes Sinnes werden. Von einer Meinung, von einer Parthey, von einer Religion abspringen..[8] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 126: Von seiner Religion, von seiner Meinung abtreten, dieselbe verlassen..[9] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 127: Der Abtritt [...] Die Verlassung einer Partey oder Sache, am meisten in Oberdeutschland. Der Abtritt von einem, von einer Gesellschaft, von einer Religion, von einer Meinung u. s. f..[10] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 128: Abtrünnig [...] den bisherigen Verbindungen untreu. Von seinem rechtmäßigen Herren abtrünnig werden. Ein Abtrünniger in oder von der Religion. .[11] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 133: Von dem Wege der Tugend, von der Wahrheit, von seiner Religion, von seinen Grundsätzen abweichen..[12] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 236: Der Altār [...]. Dieses Wort ist das Latein. Altare, welches mit der christlichen Religion zugleich in Deutschland eingeführet worden..[13] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 241: Altgläubig, [...] den alten Glauben, d. i. die alte Religion, habend, der alten Religion gemäß, im Gegensatze des neugläubig..[14] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 280: Die Wohnung ändern, eine andere Wohnung beziehen. [...] Die Kleider ändern, andere Kleider anlegen. Die Religion, den Nahmen, die Farbe ändern..[15] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 343: annehmen. [...] Sich eigen machen. Eines Meinung annehmen. Er hat alle Irrthümer seines Lehrers angenommen. Eine andere Religion annehmen..[16] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 413: Apostasīe, [...] die vorsetzliche Verlassung der wahren Religion, der Abfall. Daher der Apostat [...], derjenige, welcher von der wahren Religion zu einer falschen übergegangen ist, ein Abgefallener, Abtrünniger..[17] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 413: Apóstel, [...] ein bekanntes Kirchenwort, einen Bothen oder Gesandten Gottes[1] zu bezeichnen. Ins besondere führen diesen Nahmen, 1) die Schüler Christi, die von ihm zur Bekanntmachung seiner Lehre ausgesandt worden. 2) Derjenige, welcher die christliche Religion zuerst in einem Lande verkündiget. In diesem Verstande[7] wird Bonifacius für den Apostel der Deutschen, Dionysius von Korinth für den Apostel Frankreichs u. s. f. gehalten..
[18] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 829: Bekehren, [...] umkehren machen, doch nur in der figürlichen und besonders theologischen Bedeutung, eines Neigungen von dem Sinnlichen und Bösen auf das wahre Gute richten. Einen bekehren. Er hat viele Seelen zu Gott bekehret. Sich bekehren. In weiterer Bedeutung auch zur äußern Annehmung der wahren Religion bewegen. Die Heiden, Juden[1] u. s. f. bekehren..
[19] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 830: Sich zu einer Sache bekennen, seine Verbindung mit derselben nicht läugnen, ingleichen überhaupt, derselben zugethan seyn. Er bekennet sich zur evangelischen Religion, ist derselben zugethan. Sich zu einer Kunst[1] bekennen, dieselbe üben..[20] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 1216: Personen, welche einerley Glauben und Religion haben, werden in der Bibel häufig Brüder genannt [...]..[21] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 1317: Censiren, [...] seine Meinung über etwas sagen, beurtheilen. Besonders den Inhalt einer Schrift beurtheilen, ob sie der Religion, dem Staate, und den guten Sitten nachtheilig ist, oder nicht..[22] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 1443: In weiterer und gewöhnlicherer Bedeutung werden alle Glieder des ehemahligen Israelitischen Volks[1], und die Bekenner der Religion derselben, Juden[1], und auf eine bestimmtere Art, die ältern[1] Juden[1] genannt, zum Unterschiede von den heutigen und neuern[3] Juden[1], welche ein Überrest der erstern sind, und am häufigsten auch nur Juden[1] schlechthin genannt werden..
[23] B. v. Arnim, Briefw. Kind II (1835), 163 f.: [U]nterwegs sprach Rumohr sehr schön über den Bauernstand, über ihre Bedürfnisse und wie das Wohl des Staats von dem ihrigen abhinge, und wie man ihnen keine Kenntnisse aufzwingen müsse, die sie nicht selbst in ihrem Beruf unmittelbar benützen könnten, und daß man sie zu freien Menschen bilden müsse, das heißt: zu Leuten, die sich alles selbst verschaffen was sie brauchen. Dann sprach er auch über ihre Religion, und da hat er etwas sehr schönes gesagt, er meinte nämlich, jedem Stand müsse das als Religion gelten, was sein höchster Beruf sei, des Bauern Beruf sei, das ganze Land vor Hungers〈164〉noth zu schützen, hierin müsse ihm seine Wichtigkeit für den Staat, seine Verpflichtungen für denselben begreiflich gemacht werden, es müsse ihm an's Herz gelegt werden, welchen großen Einfluß er auf das Wohl des Ganzen habe, und so müsse er auch mit Ehrfurcht behandelt werden, daraus werde die Selbstachtung entstehen, die doch eigentlich jedem Menschen mehr gelte wie jeder andre Vortheil, und so würden die Opfer, die das Schicksal fordert, ungezwungen gebracht werden, wie die Mutter, die ihr eignes Kind nährt, auch demselben mit Freuden ihr letztes aufopfert; so würde das unmittelbare Gefühl dem Wohl des Ganzen wesentlich zu sein, gewiß jedes Opfer bringen, um sich diese Würde zu erhalten; keine Revolutionen würden dann mehr entstehen, denn der gewitzigte Staatsgeist in allen würde jeder gerechten Forderung vorgreifen, und das würde eine Religion sein, die jeder begreife und wo das ganze Tagewerk ein fortwährendes Gebet sei, denn alles was nicht in diesem Sinn geschehe, das sei Sünde; er sagte dies noch viel schöner und wahrer, ich bin nur dieser Weisheit nicht gewachsen und kann es nicht so wieder geben..
[24] B. v. Arnim, Günder. I (1840), 290: Nicht wahr das soll auch ein Hauptprinzip der schwebenden[7] Religion sein daß wir keine Bildung[5] gestatten, – Das heißt kein angebildet Wesen, jeder soll neugierig sein auf sich selber, und soll sich zu Tage fördern wie aus der Tiefe ein Stück Erz oder ein Quell, die ganze Bildung[2] soll darauf ausgehen daß wir den Geist[12/19] ans Licht hervorlassen. Mir deucht mit den fünf Sinnen[4] die uns Gott gegeben hat könnten wir alles erreichen ohne dem Witz[2/3] durch Bildung[2] zu nahe zu kommen. Gebildete Menschen sind die witzloseste Erscheinung unter der Sonne. Echte Bildung[5] geht hervor aus Übung der Kräfte die in uns liegen, nicht wahr?.
[25] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 88: Ursprünglich sind Asceten Personen, die sich mit einer Art von Strenge üben. Vorzüglich wird dieser Name denjenigen beigelegt, die sich streng der Tugend und Religion[1/3?] weihen..
[26] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 281: An Veranlassungen zu dergleichen Verfolgungen konnte es nicht fehlen, so lange man sich noch der Religion als Ursache dazu bediente. Bald sollten die Juden[1] geweihte Hostien durchstochen, bald Christenkinder geschlachtet oder andern gotteslästerlichen Unfug getrieben haben. Unter allen diesen Verfolgungen war keine so grausam und blutig als die, welche in den Jahren 1348 und 1349 beinahe in allen Ländern Europas gegen sie erhoben wurde, weil sie überall die Brunnen vergiftet und dadurch die fürchterliche Pest bewirkt haben sollten, welche damahls beinahe alle Länder der Erde verwüstete und entvölkerte. [...] Obgleich die Beschuldigungen, welche man ihnen machte, immer für ungegründet befunden und nachher öffentlich widerrufen wurden; so verlor sich dessen ungeachtet, zumahl bei den niedern Volksclassen, der tief eingewurzelte Haß gegen sie nicht, und dauerte auch dann noch fort, nachdem die Reformation im sechzehnten Jahrhundert ein neues Licht der Aufklärung angezündet hatte. Die wahrscheinlichste 〈282〉 Ursache dieses nicht zu bekämpfenden Vo[r]urtheils lag unstreitig darin, daß Luther selbst eine ungünstige Meinung von den Juden[1] hatte, und sie höchstens als ein unvermeidliches Uebel zu dulden rieth..
[27] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 170: Unsterblich sind Moses Verdienste um sein Volk[1], das wahrlich zu seiner Zeit[3] nicht dazu geeignet war, mitten unter Götzenanbetern den Glauben seiner Väter an einen Gott[1], der ganzen Welt Schöpfer, des Guten und Bösen weisen Regierer, dem einzig Freiheit[1] von Schuld und Verbrechen den Menschen[1] angenehm mache, festzuhalten. Und doch gelang es ihm, sich ihrer Sinnlichkeit für die Sache der Vernunft[3] und der Religion zu bemächtigen, und sie durch Staats- und Tempelgesetze immer auf den Einen zurückzuführen, der ihr eigentlichster Herr sei. Hätten seine Nachfolger den Geist[14/20?] von ihm geerbt, der Jude[1] würde nicht mehr im sclavischen Joche des Ceremoniendienstes den Gott[1] zu verehren glauben, der seine Kinder zur Freiheit[10] erschuf..
[28] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 336: Die jüdische Religion wird in den meisten europäischen Staaten geduldet, so wie sich überhaupt die Freiheiten[8] der Juden[1] [...] seit einigen Jahren, besonders durch die ihnen von Frankreich ertheilten Begünstigungen, in vielen Ländern vermehret haben..
[29] Büchner, Leonce u. Lena (1838), WuB, 147: [D]ann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische[6] Kehlen, klassische[3] Leiber und eine commode Religion!.
[30] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 192: Vorherrschende Toleranz der Juden[1] in Staaten, wo für Selbstdenker keine Toleranz ist, zeigt sonnenklar, worauf eigentlich abgesehen wird. [...] Ich will nicht etwa sagen, daß man die Juden[1] um ihres Glaubens willen verfolgen solle, sondern daß man überhaupt Niemand deswegen verfolgen solle. | Ich weiß, daß man vor verschiedenen gelehrten Tribunalen eher die ganze Sittlichkeit und ihr heiligstes Produkt, die Religion, angreifen darf, als die jüdische Nation[1]. Denen sage ich, daß mich nie ein Jude[1] betrog, weil ich mich nie mit einem einließ, daß ich mehrmals Juden[1], die man neckte, mit eigner Gefahr und zu eignem Nachtheil in Schutz genommen habe, daß also nicht Privatanimosität aus mir redet..
[31] Hegel, Jacobi (1817), 21 f. (22): Es ist gleichmäßig eine Foderung an die Philosophie, diese Nothwendigkeit der sittlichen Bestimmungen und ihres Geltens, als auch das Höhere aufzuzeigen, in welchem sie gegründet sind, das eben darum auch Macht und Majestät über sie hat. – Ja, man könnte sogar geneigt werden, das Bewußtseyn dieser Majestät für den Ort der Wissenschaft[1] oder das Allerheiligste der Religion aufzusparen, und es von einer populären Behandlung, in welcher Appellationen an das Gefühl und die innere Gewißheit des Subjects gestattet sind, fernzuhalten, wenn man nämlich 〈22〉 betrachtet, wie die Romantik[7] leicht auch in die Sittlichkeit einbricht, wie gern die Menschen[1] lieber großmüthig als rechtlich, lieber edel als moralisch zu handeln geneigt sind und, indem sie sich wider den Buchstaben[11] des Gesetzes zu handeln erlauben, sich nicht so sehr vom Buchstaben[11] als vom Gesetz lossprechen..
[32] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 14: Die klassische[3/7] Kunst[10] und ihre schöne[1] Religion befriedigt [...] nicht die Tiefen des Geistes[19]; wie konkret sie auch in sich selber ist, bleibt sie doch für ihn noch abstrakt, weil sie, statt der Bewegung und aus der Entgegensetzung erworbenen Versöhnung jener unendlichen Subjektivität, nur die ungetrübte Harmonie 〈15〉 der bestimmten freien Individualität in ihrem adäquaten Daseyn, diese Ruhe in ihrer Realität, dieses Glück, diese Befriedigung und Größe in sich selbst, diese ewige Heiterkeit[3] und Seligkeit zu ihrem Elemente hat, die selbst im Unglück und Schmerz das sichere Beruhen auf sich nicht verliert. Die klassische[3/7] Kunst[10] hat in den Gegensatz, der im Absoluten begründet ist, nicht bis zur Tiefe hineingearbeitet und ihn ausgesöhnt. Dadurch kennt sie nun aber auch nicht die Seite, welche mit diesem Gegensatze in Beziehung steht, die Verhärtung des Subjekts in sich als abstrakte Persönlichkeit gegen das Sittliche und Absolute, die Sünde und das Böse, so wie das Verlaufen der subjektiven Innerlichkeit in sich, die Zerrissenheit, Haltlosigkeit, überhaupt den ganzen Kreis der Entzweiungen, welche innerhalb ihrer das Unschöne, Häßliche[1], Widrige nach der sinnlichen und geistigen Seite hin hereinbringen. Die klassische[3/7] Kunst[10] überschreitet den reinen Boden des ächten Ideals nicht. ➢ Volltext.
[33] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 146: Und so ward jenes einzige Gepräge der griechischen[2] Sprache[3], das nicht von stummen Gesetzen erpreßt, das durch Musik[6] und Tanz, durch Gesang und Geschichte[2], endlich durch den plauderhaften freien[13/6] Umgang vieler Stämme und Colonien wie eine lebendige Form der Natur[2] entstanden war. Die nordischen Völker[1] Europens hatten bei ihrer Bildung[3] dies Glück nicht. Da ihnen durch fremde[1/5] Gesetze und durch eine Gesanglose Religion ausländische Sitten gegeben wurden; so verstummete auch ihre Sprache[3]. Die Deutsche z. B. hat unstreitig viel von ihrer innern Biegsamkeit, von ihrer bestimmtem Zeichnung in der Flexion der Worte, ja noch mehr von jenem lebendigen Schall verlohren, den sie unter günstigem Himmelsstrichen ehedem hatte. Einst war sie eine nahe Schwester der griechischen[2] Sprache[3] und jetzt wie fernab von dieser ist sie gebildet! [...] Nur die griechische[2] Sprache[3] ist wie durch Gesang entstanden: denn Gesang und 〈147〉 Dichtkunst und ein früher Gebrauch des freien[6] Lebens hat sie zur Musensprache der Welt gebildet..
[34] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 133: Die Americaner hängen, wie die Bewohner vom Indostan, und alle andere Völker[1], die lange unter bürgerlichem und religiösem Despotismus geschmachtet haben, mit außerordentlicher Hartnäckigkeit an ihren Gewohnheiten, Sitten und Meinungen; denn die Einführung des Christenthums hat auf die Eingebornen von Mexico fast keine andre Wirkung gethan, als daß sie an die Stelle der Ceremonien eines blutigen Cultus neue Ceremonien, und Symbole einer sanften, menschlichen Religion setzte..
[35] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (21813), 147 f. (148): Zwei romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Gattungen ohne Christentum, einander in Ausbildung wie in Klima[[[[BedeutungsVerweis ID='409' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] fremd[[[[BedeutungsVerweis ID='173' Anzeige='5' Formatierung='1']]]], sind die indische und die der Edda. Die altnordische, mehr ans Erhabne gränzende fand im Schattenreiche ihrer klimatischen verfinsterten Schauernatur, in ihren Nächten und auf ihren Gebirgen zum Gespensterorkus eine gränzenlose Geisterwelt, worin die enge Sinnenwelt zerfloß und versank; dahin gehört Os〈148〉sian [...] mit seinen Abend- und Nachtstücken, in welchen die himmlischen Nebelsterne der Vergangenheit über dem dicken Nachtnebel der Gegenwart stehen und blinken; und nur in der Vergangenheit findet er Zukunft und Ewigkeit. | Alles ist in seinem Gedichte Musik[[[[BedeutungsVerweis ID='619' Anzeige='5' Formatierung='1']]]], aber entfernte und dadurch verdoppelte und ins Unendliche verschwommene, gleichsam ein Echo, das nicht durch rauh-treues Wiedergeben der Töne[[[[BedeutungsVerweis ID='578' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], sondern durch abschwächendes Mildern derselben entzückt. | Die indische Romantik[[[[BedeutungsVerweis ID='651' Anzeige='7' Formatierung='1']]]] bewegt sich in einer allbelebenden Religion, welche von der Sinnenwelt durch Vergeistigung die Schranken wegbrach; diese wurde so groß wie die 〈149〉 Geisterwelt, aber nicht voll Polter-, sondern voll Schmeichelgeister, und Erde und Himmel sanken, wie auf einem Meere, einander zu..
[36] Krünitz, Oecon. Encycl. XXXI (1784), 117: Was den Character[1] der Italiäner überhaupt betrifft, so ist die Grundlage desselben: die leichte Entzündbarkeit und große Lebhaftigkeit ihrer Einbildungs-Kraft[1]; eine natürliche[4] Folge ihres milden Klima[1] welches nur in einigen Gegenden einen strengen Winter verstattet, in allen aber den herrlichsten Frühling und einen heißen Sommer gewährt. Mit denselben verbindet sich Lebensart, Erziehung, Religion, die Phantasie[1] immer wirksamer zu machen; und wenn diese einmahl erweckt ist, so verbreitet sie wieder einen Rückstrahl in eben die Fächer, von denen sie ausgegangen ist, und gibt jenen Sitten und jener Religion ihre ganz individuelle Bildung[10]. Die katholische Religion z. B. beschäftiget überall die Einbildungskraft[1] mehr, als andere kirchliche Systeme und Verfassungen. Ist nun der Katholicismus in Italien seiner Quelle am nächsten, und wird er daselbst am eifrigsten gehäget, so kann er allerdings für eine mitwirkende Ursache der Reitzbarkeit der italiänischen Phantasie[1] angesehen werden..
[37] Krünitz, Oecon. Encycl. XXXI (1784), 481: Die Juden[1] fangen nun selbst nach gerade an, ihre eigene Religion zu verachten, und den talmudischen Unsinn, als abergläubige Volkmährchen, und als närrische Träumereyen [...] zu verspotten. Ihre Ceremonien scheinen ihnen nun selbst ein drückendes Joch ohne Sinn[2], Zweck und Menschenverstand zu seyn, und die schwere Befolgung der Verbindlichkeiten ihres Gesetzes sind ihnen unerträgliche Forderungen einer überspannten asiatischen Einbildungskraft[1], ohne Absicht zur Erlangung irgend einer Vollkommenheit, oder eines sichtbaren Genusses von Wohlfahrt und Glück..
[38] Maimon, Lebensgesch. I (1792), 5: Es giebt vielleicht kein andres Land außer Polen, wo Religionsfreyheit und Religionshaß so im gleichen Grade anzutreffen wäre. Die Juden[1] genießen da einer völlig freyen[1] Ausübung ihrer Religion und aller übrigen bürgerlichen Freyheiten[6], haben auch sogar ihre eigne Gerichtsbarkeit. Von der andern Seite aber geht der Religionshaß so weit, daß der Nahme Jude[1] zum Abscheu ist, und 〈6〉 die Wirkung dieses zu den Zeiten[3] der Barbarey eingewurzelten Abscheus noch zu meinen Zeiten[3], ohngefähr vor dreyzehn Jahren, dauerte. Dieser anscheinende Widerspruch läßt sich aber sehr gut heben, wenn man bedenkt, daß die in Polen den Juden[1] zugestandene Religions- und bürgerliche Freyheit[6], nicht aus Achtung für die allgemeinen Rechte der Menschheit[2] entspringt, so wie auf der anderen Seite der Religionshaß und Verfolgung keineswegs die Wirkung einer weisen Politik ist, die dasjenige, was der Moralität und dem Wohlstand des Staates schädlich seyn kann, aus dem Wege zu räumen sucht, sondern beyde Folgen der in diesem Lande herrschenden politischen Unwissenheit und Trägheit sind. Da nehmlich die Juden[1] bey allen ihren Mängeln dennoch in diesem Lande beynahe die einzigen brauchbaren Menschen[1] sind, so sahe sich zwar die Polnische Nation[1] gezwungen, zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse ihnen alle mögliche Freyheiten[6] zu bewilligen, doch mußte auch ihre moralische Unwissenheit und Trägheit auf der anderen Seite nothwendig Religionshaß und Verfolgung hervorbringen..
[39] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 184 f. (185): O! es wird eine Zeit[3] kommen, wo alle Menschen[1] wiederum niederfallen, vor 〈185〉 dem ewigen Wesen, das alle Religionen versteht! und ich ahnde[1], hoffend, daß sie nicht fern ist!.
[40] Novalis, an A. C. Just (26. 12. 1798), NS 4, 272: Wenn ich weniger auf urkundliche Gewißheit, weniger auf den Buchstaben[11], weniger auf die Wahrheit und Umständlichkeit der Geschichte[3] fuße; wenn ich geneigter bin, in mir selbst höhern Einflüssen nachzuspüren [...]; wenn ich in der Geschichte[3] und den Lehren der christlichen Religion die symbolische Vorzeichnung einer allgemeinen, jeder Gestalt fähigen, Weltreligion [...] und wahrhaftig also auch die vollkommenste Offenbarung zu sehen glaube; wenn mir aber eben aus diesem Standpunkt alle Theologien auf mehr oder minder glücklich begriffenen Offenbarungen zu ruhen, alle zusammen jedoch in dem sonderbarsten Parallelism mit der Bildungsgeschichte der Menschheit[2] zu stehn und in einer aufsteigenden Reihe sich friedlich zu ordnen dünken, so werden Sie das vorzüglichste Element meiner Existenz, die Phantasie[3], in der Bildung[1] dieser Religionsansicht, nicht verkennen..
[41] Novalis, Europa (*1799), NS 3, 512: Indeß liegt dem Protestantismus bei weitem nicht bloß jener reine Begriff[2] zum Grunde, sondern Luther behandelte das Christenthum überhaupt willkührlich, verkannte seinen Geist[12], und führte einen andern Buchstaben[8] und eine andere Religion ein, nemlich die heilige Allgemeingültigkeit der Bibel, und damit wurde leider eine andere höchst fremde irdische Wissenschaft in die Religionsangelegenheit gemischt – die Philologie – deren auszehrender Einfluß von da an unverkennbar wird. Er wurde selbst aus dunkelm Gefühl dieses Fehlgriffs bei einem großen Theil der Protestanten zum Rang eines Evangelisten erhoben und seine Uebersetzung canonisirt. | Dem religiösen Sinn war diese Wahl höchst verderblich, da nichts seine Irritabilität so vernichtet, wie der Buchstabe[8]..
[42] v. d. Recke, Cagliostro (1787), 153: Ach! wenn ich noch in den damaligen Zustand meiner Seele zurük schaue; so seh' ich, daß nichts schwerer ist als die Nebel zu zertheilen, die Irrglauben mit Aberglauben verbunden uns verbreiten. Durch sie verleitet, weiß man die abenteuerlichsten[3] Lehren in das ehrwürdige Gewand der Religion zu hüllen; und selbst bey den größten Trieben zur Tugend, können wir uns nicht mehr aus den Labyrinthen des finstersten Aberglaubens hinaus finden, so bald uns erst gewisse Dinge, gegen die Stimme[14] der Vernunft[3], durch Vorspiegelung der Erlangung höherer Kräfte und höchster Glückseligkeit, aufgedrungen worden sind..
[43] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 22: [N]ie war Europa einiger, glänzender und mächtiger, als in jener herrlichen Zeit[3] des Ritterthums und des Enthusiasmus für die Ehre der katholischen Religion. Da trieb eine neue[1], wunderbare Poësie[1] ihre farbigen Blüthen, und die Produkte der romantischen[13] Künstler[3] stehen in ihrer Art eben so göttlich 〈23〉 und unerreichbar da, wie die der frühern Griechen und Römer..
[44] Schiller, Abfall Niederl. (1788), NA 17, 41 f.: Noch ein andrer Umstand mußte das Wachsthum der neuen[1] Religion in diesen Ländern [sc. Niederlande] begünstigen. Italien, 〈42〉 damals der Sitz der größten Geistesverfeinerung, ein Land, wo sonst immer die heftigsten politischen Faktionen gewüthet haben, wo ein brennendes Klima das Blut zu den wildesten Affekten erhitzt, Italien, könnte man einwenden, blieb unter allen europäischen Ländern beinahe am meisten von dieser Neuerung [sc. Reformation] frei. Aber einem romantischen[6] Volk[1], das durch einen warmen und lieblichen Himmel, durch eine üppige, immer junge und immer lachende Natur[2] und die mannichfaltigsten Zaubereien der Kunst[2] in einem ewigen Sinnengenusse erhalten wird, war eine Religion angemessener, deren prächtiger Pomp die Sinne[4] gefangen nimmt, deren geheimnißvolle Räthsel der Phantasie[1] einen unendlichen Raum eröfnen, deren vornehmste Lehren sich durch mahlerische[4] Formen in die Seele einschmeicheln. Einem Volke[1] im Gegentheil, das, durch die Geschäfte des gemeinen bürgerlichen Lebens zu einer undichterischen Wirklichkeit herabgezogen, in deutlichen Begriffen[1] mehr als in Bildern lebt, und auf Unkosten der Einbildungskraft seine Menschenvernunft ausbildet; einem solchen Volk[1] wird sich ein Glaube empfehlen, der die Prüfung weniger fürchtet, der weniger auf Mystik als auf Sittenlehre dringt, weniger angeschaut als begriffen werden kann. Mit kürzeren Worten[2]: Die katholische Religion wird im Ganzen mehr für ein Künstlervolk, die protestantische mehr für ein Kaufmannsvolk taugen..
[45] Schiller, Dreyssigj. Krieg. I–II (1791), NA 18, 30: Dem Herren und Ritterstand gestattete [...] Maximilian die freye Ausübung ihrer Religion, doch nur auf ihren eignen Territorien und Schlössern. Den Städten und Märkten eine ähnliche Freyheit[8] bewilligen, wäre eben so viel gewesen, als die katholische Religion ganz und gar aufzuheben [...]..
[46] Schiller, Geisters. (31798), NA 16, 103: Alle seine Vorstellungen von Religion hatten etwas Fürchterliches an sich, und eben das Grauenvolle und Derbe war es, was sich seiner lebhaften Einbildungskraft zuerst bemächtigte und sich auch am längsten darin erhielt. Sein Gott war ein Schreckbild, ein strafendes Wesen; seine Gottesverehrung knechtisches Zittern oder blinde, alle Kraft und Kühnheit erstickende Ergebung..
[47] A. W. Schlegel, Geist d. Zeitalt. (1803), Eur. 2, 70: Die Ehre, diese uns wenigstens in Ueberresten angestammte große Idee aus dem Mittelalter, [...] ist gleichsam eine romantisirte[2] Sittlichkeit; hierin liegt es schon, warum die Alten[10] sie in diesem Sinne[1] nicht kannten, was ich auch daraus einzusehen glaube, daß bei den Alten[10] Religion und Moral mehr getrennet war; da nun das Christenthum das gesammte Thun des Menschen in Anspruch nahm, so rettete sich das Gefühl von der Selbstständigkeit des sittlichen Strebens dahin, und erfand neben der religiösen Moral eine noch von ihr unabhängige weltliche. Die ritterlichen Grundsätze der Ehre werden also auch so lange nicht wegfallen können, als das Christenthum einen so bedeutenden Einfluß auf unsre Sittenlehre hat, als es bisher ungeachtet seines Verfalls, noch immer ausgeübt. ➢ Volltext.
[48] A. W. Schlegel, Brchtg. Mißdt. (1828), 13 f. (14): Wenn ich den milden und kindlichen Sinn[9] preise, worin Johann von Fiesole die Lebensgeschichte seines Schutzheiligen Dominicus in einer Reihe von Bildern aufgefaßt [...], folgt daraus, daß ich an die Wunder des Ordensstifters glaube, und 〈14〉 alle seine Thaten gut heiße, wie die Geschichte[5] sie urkundlich darlegt? Eben so wenig, als der Bewunderer des Alterthums[3] für einen Anbeter der Olympischen Götter[4] gilt, weil er entzückt anerkennt, daß die Griechischen[2] Künstler aus den dunstigen Regionen des Aberglaubens sich in die ätherische Sphäre sittlicher Urbilder emporgeschwungen, und dadurch die Religion ihres Volkes[1] verklärt haben..
[49] A. W. Schlegel, Brchtg. Mißdt. (1828), 69: Wer sollte es denken? Ich that alles nur für die Zwecke des bewußten geheimen Bundes. Die Brahmanen waren von jeher, so weit die Geschichte reicht, ein erblicher Priesterstand, welcher große Vorrechte genoß; aus der Religion, die sie lehrten, ist die Gesetzgebung und gesellschaftliche Verfassung Indiens hervorgegangen. Unter dem Scheine einer bloß gelehrten Beschäftigung mit der Litteratur und den Alterthümern[4] dieses Landes wollte ich eigentlich die Priesterherrschaft in unserm Europa fördern; durch die Darstellung der Mythologie einen mystischen Aberglauben vorbereiten; und was ich von den Brah〈70〉manen erzählt, wollte ich mit den Jesuiten zur Wirklichkeit gebracht wissen..
[50] F. Schlegel, Philos. Lehrj. II (*1797), KFSA 18, 56, Nr. 367: Der Christianismus läßt s.[ich] weder lehren noch lernen, es wäre Unsinn ihn beweisen zu wollen. Er ist progr.[essive][3/5] η [Ethik] im Großen. War der Muhamed.[anismus] viell[eicht] eine Stufe der progr[essiven][3/5] Relig.[ion] die man nicht hinlängl[ich] genutzt hat?.
[51] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 14: Obgleich mir aber auch das, was man gewöhnlich Religion[1] nennt, eins der wunderbarsten, größesten Phänomene zu seyn scheint, so kann ich doch im strengen Sinne nur das für Religion[3] gelten lassen, wenn man göttlich denkt, und dichtet, und lebt, wenn man voll von Gott ist; wenn ein Hauch von Andacht und Begeisterung über unser ganzes Seyn ausgegossen ist; wenn man nichts mehr um der Pflicht, sondern alles aus Liebe thut, bloß weil man es will, und wenn man es nur darum will, weil es Gott sagt, nämlich Gott in uns. | Es ist mir, als ob ich Dich bey diesem Stücke Religion[3] denken hörte: „Wenn es also nur auf die Andacht und auf die Anbetung des Göttlichen ankommt; wenn das Menschliche überall das Höchste ist; wenn der Mann von Natur[1] der erhabnere Mensch ist: so wäre es ja der rechte, und wohl der nächste Weg den Geliebten anzubeten, und so die menschenvergötternde Religion[1] der menschlichen Griechen zu modernisiren?“ – Ich werde gewiß der letzte seyn, der Dir diesen Weg abräth oder verleidet, wenn der Mann, den Du meinst, anders der ursprünglichen Natur[1] des Mannes getreu, und von erhabnem Sinne[9] ist. Ich wenigstens könnte nicht lieben, ohne auf die Gefahr der Chevalerie etwas anzubeten; und ich weiß nicht, ob ich das Universum von ganzer Seele anbeten könnte, wenn ich nie ein Weib geliebt hätte. Aber freylich das Universum ist und bleibt meine Losung.
➢ Volltext
.[52] F. Schlegel, Ideen (1800), 4, Nr. 4: Die Religion[1/3] ist die allbelebende Weltseele der Bildung[5], das vierte unsichtbare Element zur Philoso〈5〉phie, Moral und Poesie[11], welches gleich dem Feuer, wo es gebunden ist, in der Stille allgegenwärtig wohlthut, und nur durch Gewalt und Reiz von außen in furchtbare Zerstörung ausbricht. ➢ Volltext; vgl. [56].
[53] F. Schlegel, Ideen (1800), 5, Nr. 7: Laßt die Religion[1/3] frey, und es wird eine neue[1] Menschheit[3] beginnen. ➢ Volltext.
[54] F. Schlegel, Ideen (1800), 5, Nr. 8: Der Verstand[1], sagt der Verfasser der Reden über die Religion, weiß nur vom Universum; die Fantasie[2] herrsche, so habt ihr einen Gott[1]. Ganz recht, die Fantasie[2] ist das Organ[3] des Menschen für die Gottheit. ➢ Volltext; vgl. [60].
[55] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 11: Nur durch Religion[1/3] wird aus Logik Philosophie, nur daher kommt alles was diese mehr ist als Wissenschaft. Und statt einer ewig vollen unendlichen Poesie[14] werden wir ohne sie nur Romane haben, oder die Spielerei, die man jetzt schöne Kunst[1] nennt.
➢ Volltext
.[56] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 14: Die Religion[1/3] ist nicht bloß ein Theil der Bildung[5], ein Glied der Menschheit[1], sondern das Centrum aller übrigen, überall das Erste und Höchste, das schlechthin Ursprüngliche. ➢ Volltext; vgl. [52].
[57] F. Schlegel, Ideen (1800), 7, Nr. 22: Was thun die wenigen Mystiker die es noch giebt? – Sie bilden mehr oder weniger das rohe Chaos der schon vorhandnen Religion. Aber nur einzeln, im Kleinen, durch schwache Versuche. Thut es im Großen von allen Seiten mit der ganzen Masse, und laßt uns alle Religionen aus ihren Gräbern wecken, und die unsterblichen neu beleben und bilden durch die Allmacht der Kunst[2] und Wissenschaft.
➢ Volltext
.[58] F. Schlegel, Ideen (1800), 8, Nr. 25: Das Leben und die Kraft der Poesie[4] besteht darin, daß sie aus sich herausgeht, ein Stück von der Religion[1/3] losreißt, und dann in sich zurückgeht, indem sie es sich aneignet. Eben so ist es auch mit der Philosophie.
➢ Volltext
.[59] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 59: In England mußte der protestantischen Religion bald eine ähnliche Philosophie nachfolgen; eine populäre Philosophie, die sich freigeisterisch nannte [...]; die französische Litteratur, da sie von der nicht so scharfsehenden Politik späterer Regenten Freiheit[9] genug erhielt, zu dem guten Geschmack, auf den ihre richtiger denkende Stifter sie eingeschränkt hatten, dieses heterogene Bestandtheil hinzuzuthun, ward dadurch um nichts gebessert; ja was dort nur eine oft gut gemeinte Gemeinheit war, ward hier, wo die Sittenlosigkeit im Gefolge des Despotismus herrschend nur auf das Losungswort harrte, alle Scham und Scheu abzuwerfen, bald zur gräßlichsten Unsittlichkeit 〈60〉 verarbeitet..
[60] Schleiermacher, Religion (1799), 129: In der Religion wird das Universum angeschaut, es wird gesezt als ursprünglich handelnd auf den Menschen. Hängt nun Eure Fantasie[2] an dem Bewußtsein Eurer Freiheit[10] so daß sie es nicht überwinden kann dasjenige was sie als ursprünglich wirkend denken soll anders als in der Form eines freien[10] Wesens zu denken; wohl, so wird sie den Geist[12] des Universums personifiziren und Ihr werdet einen Gott[1] haben; hängt sie am Verstande[1], so daß es Euch immer klar vor Augen steht, Freiheit[10] habe nur Sinn[2] im Einzelnen und fürs Einzelne; wohl, so werdet Ihr eine Welt haben und keinen Gott[1]. ➢ Volltext; vgl. [54].
[61] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 57: Ich habe diesen Denker [sc. Johann Friedrich Kleuker] einmal in Jacobi's Hause denken gehört. Der Protestantismus, sagte er, führt zur Demokratie, der Katholicismus zur Monarchie. Sie meinen, antwortete Jacobi, wo die Religion nicht die Vernunft unterdrückt, da wird man vernünftigerer, für das ganze Volk[4] heilsamerer Einrichtungen sich befleißigen, als anderswo; solche aber bestehn mit jeder Verfassung, die entweder ererbt ward, oder gewählt aus ganz anderen als Religionsgründen. Er erinnerte an so viele protestantische Monarchien, wo das Volk[4] nach Gesezlichkeit, nicht nach Demokratie, trachtet; an katholische Republiken, die nichts weniger als Monarchie verlangen. Umsonst. Kleuker konnte sich nicht herausdenken aus dem Credo: „Der Protestant will Demokratie“: welches ein protestantischer Fürst beherzigen mag; und „der Katholik wünscht Monarchie“: deren Stüze [...] bekanntlich der Adel[2] ist. ➢ Volltext.
[62] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 84 f.: Intoleranz nicht nur nannte ers, daß wir den Uebertritt zu der intolerantesten Religion, und das gewaltsame Hinüberziehn seiner Kinder, 〈85〉 nicht billigten, nicht den Mut, nicht die Energie hochschäzten; sondern, was glauben Sie? Haß gegen die christliche Religion, ähnlich dem Hasse, sagte er, der die Religionsdiener in Frankreich unter die Guillotine gelegt. ➢ Volltext.
[63] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 112: Dieser Friz [sc. F. L. Grf zu Stolberg] [...] warnt vor den hochtönenden Worten[1] Freiheit[6], Recht, Gleichheit (Libertas, Jus, Aequitas), weil mancher sie falsch deute, und empfiehlt uns zum Schuz dagegen die allein wahre Religion, die er geradezu Kirche Deutschlands nennt. Der Zeitgeist, sagt er, nimt keine Kunde von Gott (dem Herrgott), und ist also im eigentlichen Sinn[1] gottlos; er will nichts wissen von Urkunde und Ueberlieferung; er verschmäht das Alte[1], und versucht Neuerung. Ja, er will uralte Eichen (nämlich Stammbäume) wie Unkraut ausgäten, indem er des Adels[2] edle Bestrebungen und gegründeten Besiz verkennt. ➢ Volltext.
[64] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 11: Die Begeisterungen der Dichter und Künstler sind von jeher der Welt ein großer Anstoß und Gegenstand des Streites gewesen. Die gewöhnlichen Menschen können nicht begreifen, was es damit für eine Bewandniß habe, und machen sich darüber durchaus sehr falsche und verkehrte Vorstellungen. Daher sind über die inneren Offenbarungen der Kunstgenies eben so viele Unvernünftigkeiten, in und außer Systemen, methodisch und unmethodisch abgehandelt und geschwatzt worden, als über die Mysterien unsrer heiligen Religion. Die sogenannten Theoristen und Systematiker beschreiben uns die Begeiste〈12〉rung des Künstlers von Hörensagen, und sind vollkommen mit sich selbst zufrieden, wenn sie mit ihrer eiteln und profanen Philosophasterey umschreibende Worte[2] zusammengesucht haben, für etwas, wovon sie den Geist[12], der sich in Worte[2] nicht fassen läßt, und die Bedeutung nicht kennen. Sie reden von der Künstlerbegeisterung, als von einem Dinge, das sie vor Augen hätten; sie erklären es, und erzählen viel davon; und sie sollten billig das heilige Wort[1] auszusprechen erröthen, denn sie wissen nicht, was sie damit aussprechen.
➢ Volltext
.[65] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133: Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes[1] Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist[19] von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte[1] vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[66] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20): Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit[1], alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit[3] über dasselbe..
162119 Besucher bislang. ::
Admin Login