[1]
Grosse, Genius II (1792), 231 f. (232)
: Wenn er unter uns war, stockte die Unterhaltung nicht einen Augenblick lang, und immer erinnere ich mich noch mit einer Art 〈232〉 von Entzücken seiner Mährchen, die er uns, wenn wir am Kamine traulich zusammensaßen, aus dem Stegereife erfand, und mit der üppigsten Laune zum Besten gab. Seine Phantasie[1] war durch eine Reise nach dem Morgenlande, von der er erst vor einigen Jahren zurückgekommen war, dazu recht eigentlich aufgelegt; aber er hatte dadurch auch einen so herrschenden Hang zum Romantischen[4/7] derselben erhalten, daß er gewöhnlich alles ansteckte, was ihn umgab.
[2]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. II (1834), 75
: Die birmanischen Frauen[1] [...] genießen, was im Morgenlande ungewöhnlich ist, große Freiheit[9].
[3]
Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 99
: Das Land der Poesie[14/11/1?] [⦿], das romantische[2/7/8/1?] Morgenland, hat euch mit seiner süßen Wehmuth begrüßt [...].
[4]
Günderrode, Bram. (1805), SW 1, 311
: Eine heiße Liebe zu seinem Volk[1] beseelte den Braminen, er trauerte über dessen Fall, als sey es sein eigner, und weidete sich an dessen voriger Größe; und der lebhafte Antheil, den auch ich daran nahm, machte mich ihm immer lieber; er lehrte mich die Geschichte seines Vaterlandes genauer kennen, und mit Erstaunen sah ich, daß Indiens Kultur[4] in ein Alterthum[2] hinauf reicht, wo die Zeitrechnungen anderer Völker[1] noch ungeboren sind. Mögen, sagte er einst zu mir, die stolzen Europäer sich rühmen, der Mittelpunkt der gebildeten und aufgeklärten Welt zu seyn, im Morgenlande ist doch jede Sonne aufgegangen, die die Erde erleuchtet und erwärmet hat; später und bleicher sendet sie ihre 〈312〉 Strahlen dem Abendlande[2]..
[5]
Novalis, Begeist. (*
?1790), NS 2, 22 f.
: Wie sich allmählich die Sprache[1] auszubilden anfing und nicht mehr bloß in Naturtönen stammelte, sondern mit vollem Strome 〈23〉 der Jugendfülle des menschlichen Geschlechts[7] dahinbrauste und jeder Ton[1], jede Stimme[3] derselben fast Empfindung und durch abstrakte Begriffe[1] und Erfahrung noch nicht ausgebildet und verfeinert war, da entstand zuerst die Dichtkunst, die Tochter des edelsten Ungestüms der erhabensten und stärksten Empfindungen der Leidenschaften, die sich zwar nachher wie ein Chamäleon nach den Organisationen[6] der verschiedenen Erdstriche, Zeiten[3] und Charaktere[4] umgebildet, aber in ihrer Urbedeutung, zu ihrer größten Stärke, Zauberei und Wirkung auf die Gemüter, ihrer Mutter, der hohen Begeisterung[1], noch immer nötig hat. Alles dies aber, was ich hier gesagt habe, gilt nur hauptsächlich von dem Morgenlande, dem eigentlichen Vaterlande der Menschheit[2], Sprache[1], Dichtkunst und daher auch der Begeisterung[1], von woher eigentlich wie vom Urstamme sich alles in die übrigen Erdgegenden und Zonen nur fortgepflanzt hat und eingepfropft worden ist. Das ganze Klima[1] desselben war für die Kindheit des menschlichen Geschlechts und der Künste[2] und Wissenschaften[1] wie seine Gegenden ganz vorzüglich geschickt; die Menschen[1] und Künste[2] erhielten hier die Kraft, die sie in den kältesten Wüsten und Regionen noch immer nach vielen Jahrhunderten erhält und ihnen feste Wurzeln fassen läßt: die schönen[1] Gegenden, die Wärme und Heiterkeit[1/2] des selten bewölkten Himmels bildeten sie, nährten sie, und die Fruchtbarkeit des Bodens ließ ihnen Ruhe, sich allmählich auszubilden und zu reifen; das ihnen in einem weniger milden Boden durch die Einflüsse des Klima[1], stumpfere Organisation[6] und ängstliche Mühe und Suchen nach Lebensunterhalt und nach den notwendigsten Bedürfnissen wäre verwehrt worden..
[6]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 669
: Ariosto hat eine sehr bekannte mythologische Welt, in der er sich bewegt. Der Hof Karls des Großen ist der Olymp des Jupiter der Ritterzeit. Die Sagen von den zwölf Paladinen sind und waren nach allen Seiten verbreitet und gehörten allen gebildeteren Nationen[1], den Spaniern, Italienern, Franzosen, Deutschen, Engländern gemeinschaftlich an. Das Wunderbare hatte sich vom Christenthum aus verbreitet und in der Berührung mit der Tapferkeit der späteren Zeit[3] sich zu einer romantischen[2] Welt entzündet. Auf diesem glücklicheren Boden nun konnte der Dichter nach Willkür schalten, neu erfinden, schmücken. Alle Mittel standen ihm zu Gebot, er hatte Tapferkeit, Liebe, Zauberei, er hatte zu dem allem noch den Gegensatz des Morgen- und Abendlandes[2] und der verschiedenen Religionen. ➢ Volltext.
[7]
F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 176 f. (177)
: Bedenke man nur, wie sich die lateinische Sprache[3], anfangs nur dem mittlern Italien eigen, da im Norden Celten, im Süden Griechen wohnten, von diesem kleinen Fleck aus, fast über den ganzen Erdkreis verbreitet hat. Noch in ihren Töchtern, den romanischen[1] Sprachen[3], herrscht sie fast in allen Welttheilen; das Italiänische ist die Handels〈177〉sprache des Morgenlandes, wie das Portugiesische der afrikanischen und aller indischen Küsten; das Spanische ist die Sprache[3] des größten Theils der neuen[3] Welt geworden; des gesellschaftlichen Einflusses der französischen Sprache[3], des Gebrauchs der ausgestorbenen lateinischen zur Gelehrsamkeit und in mehren Ländern noch jetzt zur Unterredung und zur Religion[8], (wie das Samskrit, oder wenigstens einzelne Formeln desselben in Siam und Thibet liturgisch gebraucht werden), der beträchtlichen römischen Einmischungen endlich in der englischen, deutschen[2] und wallachischen Sprache[3] gar nicht zu erwähnen. ➢ Volltext.