[1]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 438
: Das Element des Satzes ist [...] der Begriff und dessen Ausdruck das einzelne Wort[1]. ➢ Volltext
[2]
Feder, Vot. Bürg. (*1769), K, 70
: Ich habe nicht Gelegenheit gehabt mir einen so vortheilhaften Begriff von einem Beysitzer in der Gesellschaft zu bilden, daß ich Bedenken trage dem Hr. Bürger mein Votum zu geben.
[3]
Hegel, Fichte u. Schelling (1801), 121 f.
: Fodert das Sittengesetz nur Selbstständigkeit als ein
Bestimmen nach und durch Begriffe; und kann die
Natur zu ihrem Recht, nur durch eine Beschränkung
der Freyheit[10] nach dem Begriff der Freyheit[10] vieler Vernunftwesen gelangen; und sind diese beyden [...] Arten die höchsten, wodurch sich der Mensch als Mensch konstituirt, so ist für den ästhetischen Sinn[4], der in seinem weitesten Umfange genommen werden muß, für die vollendete Selbst-Gestaltung der Totalität in der Vereinigung der Freyheit[10] und Nothwendigkeit, des Bewußtseins und des Bewußtlosen weder, insofern er sich rein in seinem unbeschränkten Selbstgenusse darstellt, noch in seinen eingeschränkten Erscheinungen, in der bürgerlichen 〈122〉 Rechtlichkeit und in
der Moralität, Raum zu finden; denn im ästhetischen Sinn[4] ist gerade alles Bestimmen nach Begriffen so sehr aufgehoben, daß ihm dieß verständige Wesen des Herrschens und Bestimmens, wenn es an ihn kommt, häßlich[1/2], und zu hassen ist.
[4]
Hirschfeld, Gartenkunst I (1779), 193
: In romantischen[3/4] Gegenden sind Felsen von einer vorzüglichen Wirkung, und diese hängt von ihrer Lage und ihren Gestalten ab. Je abwechselnder, kühner, verwickelter, seltsamer und abentheuerlicher[3] ihre Gestalten und ihre Zusammensetzungen sind, je auffallender sie gegen die benachbarten Theile abstechen, desto treffender sind sie zu jener Wirkung. Selbst Formen, die sonst bey einer Anhöhe, bey einem Hügel beleidigen, die gegen allen Begriff von Schönheit[6] anspringen, sind für die Bewirkung des Romantischen[3/4] von der glücklichsten Kraft. Das Gespitzte, Abspringende, Höckerige, Verzogene, Verkettete in der Bildung[10] der Felsen; alles, was von der Regelmäßigkeit der Linien, von der gewöhnlichen Beschaffenheit der Formen abweicht; alles, was die Einbildungskraft[1] aus ihrer alltäglichen Sphäre heraus in eine Reihe neuer[1] Bilder versetzt, sie in die Feenwelt, in die Zeiten[14] der seltsamsten Bezauberung hinüberschweifen läßt, – das ist hier an seinem Platze. ⦿ ➢ Volltext
[5]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 369
: Um deswillen, wenn sich etwa zu einem gewissen Begriffe nur ein einziges Wort[1] vorfände, das in schon eingeführter Bedeutung diesem Begriffe genau anpaßt, dessen Unterscheidung von andern verwandten Begriffen von großer Wichtigkeit ist, so ist es rathsam damit nicht verschwenderisch umzugehen, oder es bloß zur Abwechselung, synonymisch, statt anderer zu gebrauchen, sondern ihm seine eigenthümliche Bedeutung sorgfältig aufzubehalten; weil es sonst leichtlich geschieht, daß, nachdem der Ausdruck die Aufmerksamkeit nicht besonders beschäftigt, sondern sich unter dem Haufen anderer von sehr abweichender Bedeutung verliert, auch der Gedanke verloren gehe, den er allein hätte aufbehalten können.
[6]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 756
: Man bedient sich gewisser Merkmale nur so lange, als sie zum Unterscheiden hinreichend seyn; neue Bemerkungen dagegen nehmen welche weg und setzen einige hinzu, der Begriff steht also niemals zwischen sicheren Grenzen. Und wozu sollte es auch dienen, einen solchen Begriff zu definiren, da, wenn z. B. von dem Wasser und dessen Eigenschaften die Rede ist, man sich bey dem nicht aufhalten wird, was man bey dem Worte[1] Wasser denkt, sondern zu Versuchen schreitet, und das Wort[1], mit den wenigen Merkmalen, die ihm anhängen, nur eine Bezeichnung und nicht einen Begriff der Sache ausmachen soll, mithin die angebliche Definition nichts anders als Wortbestimmung ist.
[7]
Kant, Crit. pract. Vern. (1788), 11
: So viel zur Rechtfertigung, warum in diesem Werke die Begriffe und Grundsätze der reinen speculativen Vernunft, welche doch ihre besondere Critik[1] schon erlitten haben, hier hin und wieder nochmals der Prüfung unterworfen werden, welches dem systematischen Gange einer zu errichtenden Wissenschaft sonst nicht wohl geziemet (da abgeurtheilte Sachen billig nur angeführt und nicht wiederum in Anregung gebracht werden müssen), doch hier erlaubt, ja nöthig war; weil die Vernunft mit jenen Begriffen im Uebergange zu einem ganz anderen Gebrauche betrachtet wird, als den sie dort von ihnen machte.
[8]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 258
: Nur durch die Aufweckung der Einbildungskraft des Schülers zur Angemessenheit mit einem gegebenen Begriffe, durch die angemerkte Unzulänglichkeit des Ausdrucks für die Idee, welche der Begrif selbst nicht erreicht, weil sie ästhetisch ist, und durch scharfe Critik[2] kann verhütet werden, daß die Beyspiele, die ihm vorgelegt werden, von ihm nicht sofort für Urbilder und etwa keiner noch höhern Norm und eigener Beurtheilung unterworfene Muster der Nachahmung gehalten, und so das Genie[2], mit ihm aber auch die Freyheit[1] der Einbildungskraft selbst in ihrer Gesetzmässigkeit erstickt werde, ohne welche keine schöne[2] Kunst[1], selbst nicht einmal ein richtiger sie beurtheilender eigener Geschmack, möglich ist.
[9]
Kolbe, Wortmeng. (1809), 108
: Müssen wir denn aus jedem Zeitwort Verbalwörter, müssen wir aus jedem Nenwort Beiwörter, etc. bilden können? Sind in diesem Punkt nicht alle Sprachen[3] mehr oder weniger beschränkt? Ist es die französische nicht auf eine fast bejammernswürdige Weise? Dennoch wissen die Schriftsteller der Nation[1] sich zu helfen; sie wissen, was die störrige Sprache[3] ihnen unmittelbar verweigert, mittelbar auf tausendfachen Wegen volauf ihr wieder abzulokken. Wol ist es bequem, wenn man jedem Begrif und jeder Begrifsbestimmung nach Wilkühr eine Hülle, sie sei beschaffen wie sie wolle, sogleich umlegen kan. Aber ist denn Bequemlichkeit das einzige, ist sie das höchste Gesez des Schriftstellers?
[10]
Moritz, Bild. Nachahm. (1788), 7
: [W]eil [...] der edle Mensch[1], um edel zu seyn, der körperlichen Schönheit[1] nicht bedarf, so scheiden sich hier [...] die Begriffe von Schön[1] und Edel, indem durch das letztre die innre Seelenschönheit, im Gegensatz gegen die Schönheit[1] auf der Oberfläche, bezeichnet wird. In so fern nun aber die äussre Schönheit[1] zugleich mit ein Abdruck der innern Seelenschönheit ist, faßt sie auch das Edle in sich, und sollte es, ihrer Natur[1] nach, eigentlich stets in sich fassen. Hiedurch hebt sich aber demohngeachtet der Unterschied zwischen schön[1] und edel nicht wieder auf. Denn unter einer edlen Stellung denken wir uns z. B. eine solche, die zugleich eine gewisse innere Seelenwürde bezeichnet: irgend eine leidenschaftliche Stellung aber kann demohngeachtet immer noch eine schöne[1] Stellung seyn, wenn gleich nicht eine solche innere Seelenwür〈8〉de ausdrücklich dadurch bezeichnet wird; nur darf sie einem gewissen Grade von innerer Würde nie geradezu widersprechen; sie darf nie unedel seyn.
[11]
Ritter, Fragm. II (1810), 216, Nr. 679
: Fehler im Wählen des Zeichens des Begriffs sind Druckfehler des menschlichen Geistes[22].
[12]
Schelling, Darst. Syst. (1801), VI
: [W]as Idealismus und Realismus, was also auch ein mögliches Drittes aus beiden sey, ist eben das, was noch keineswegs im Reinen ist, sondern erst ausgemacht werden soll; und gar sehr verschiedene Begriffe sind in verschiedenen Köpfen mit jenen Ausdrücken verknüpft.
[13]
F. Schlegel, Transc. (
!
1800–01), KFSA 12, 34
: Verbinden wir nun auf der andern Seite die Elemente mit Identität, Beharrlichkeit, so erhalten wir einen Begriff, der mit dem Wort[1] Chaos bezeichnet werden kann.
[14]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 8
: Der Hauptunterschied zwischen allen unsern Vorstellungen ist der des Intuitiven und Abstrakten. Letzteres macht nur eine Klasse[1] von Vorstellungen aus, die Begriffe: und diese sind auf der Erde allein das Eigenthum des Menschen[1], dessen ihn von allen Thieren[1] unterscheidende Fähigkeit zu denselben von jeher Vernunft[1] genannt worden ist. ➢ Volltext
[15]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 78
: Alle Begriffe, und nur Begriffe sind es, welche Worte[1] bezeichnen, sind nur für die Vernunft da, gehn von ihr aus: man steht mit ihnen also schon auf einem einseitigen Standpunkt. Aber von einem solchen aus erscheint das Nähere deutlich und wird als positiv gesetzt; das Fernere fließt zusammen und wird bald nur noch negativ berücksichtigt; so nennt jede Nation[1] alle Andern Fremde[1], der Grieche alle Andern Barbaren, der Gläubige alle Andern Ketzer, oder Heiden, der Adel[2] alle Andern roturiers, der Student alle Andern Philister u. dgl. m. ➢ Volltext
[16]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 402
: Der Mensch[1] allein trägt in abstrakten Begriffen die Gewißheit seines Todes mit sich herum: diese kann ihn dennoch, was sehr seltsam ist, nur auf einzelne Augenblicke, wo ein Anlaß sie der Phantasie[1] vergegenwärtigt, ängstigen. Gegen die mächtige Stimme[14] der Natur[13] vermag die Reflexion wenig. Auch in ihm, wie im Thiere[1], das nicht denkt, waltet als dauernder Zustand jene [...] 〈403〉 [...] Sicherheit vor, vermöge welcher keinen Menschen[1] der Gedanke des gewissen und nie fernen Todes merklich beunruhigt, sondern jeder dahinlebt, als müsse er ewig leben [...]. ➢ Volltext
[17]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 427
: Das Thier[1] [...] hat nur anschauliche, der Mensch, durch die Vernunft[1], auch abstrakte Vorstellungen, Begriffe. ➢ Volltext
[18]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 481
: Dieser Einbruch in die Gränze fremder Willensbejahung ist von jeher deutlich erkannt und der Begriff desselben durch das Wort[1] Unrecht bezeichnet worden. ➢ Volltext
[19]
Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 83
: Hierauf folgt eine Bestimmung der Begriffe der antiken[2] und modernen[1] oder romantischen[12] Poesie[11], und mit Recht ist diese vorangestellt, da der Verfasser einen ganz praktischen Zweck hatte, und also gleich in den historischen Gegensatz eingehen mußte. Nachdem er diesen oft verkannten und mißverstandenen, und oft selbst bezweifelten Gegensatz vorläufig durch Bilder und Beyspiele deutlich zu machen gesucht, durch Rhythmus und Melodie, Plastik und Malerey[2], die antike[2] und sogenannte gothische Baukunst; so versucht er ihn endlich seinem Wesen nach in bestimmten Worten[2] darzustellen.
[20]
Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 492
: Große Gedanken zeigen allemal Reichthum der Begriffe mit Einfalt verbunden. Pope drükt den ganzen Inhalt seines dritten Briefes[3] über den Menschen durch diesen sehr einfachen Satz aus: die allgemeine Ursach arbeitet auf einen Zwek, aber nach mannigfaltig abgeänderten Gesetzen.
[21]
Adelung, Gesch. Cultur (1782), 23 f. (24)
: Der erste Mensch[1] kam aus den Händen seines Schöpfers mit allen menschlichen Fähigkeiten ausgerüstet, deren Ausbildung ihm selbst und dem natürlichen[4] Laufe der Dinge überlassen blieb. Diese mußte aber dem Anfange nach sehr bald erfolgen, weil die ganze Natur[2] um ihn her seine Fähigkeiten zur Thätigkeit aufforderte. Der erste Schritt dazu war die Erfindung vernehmlicher Töne[1], wodurch zugleich die verworrenen Bilder in seiner Seele zur Klarheit gebracht, und klare, und in der Folge deutliche Begriffe erweckt wurden, welche immer mehr Licht in dieselbe brachten, je weiter er auf dem Wege der Spracherfindung fortging. Daß sich seine Sprachfähigkeit bey den Thieren[1] zu entwickeln angefangen, weil sie am nächsten um ihn waren, seine Aufmerksam〈24〉keit am meisten auf sich zogen, und der bequemste Gegenstand zur Erfindung der Sprache[1] waren, erhellet deutlich aus Mosis Erzählung. „Gott ließ,sagte er, die erschaffenen Thiere[1] vor Adam kommen, um zu sehen, wie er sie nennen würde, und welchen Nahmen Adam irgend einem lebendigen Thiere[1] geben würde, den sollte es haben. Adam gab auch wirklich allen zahmen Thieren[1], den Vögeln des Himmels, und allen wilden Thieren[1] Nahmen.“ ➢ Volltext.
[22]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 24 f. (25)
: Abends, adv. [...] Eigentlich ist dieses Wort [...] der verkürzte Genitiv des Substantives Abend, für Abendes, welches 〈25〉 daraus erhellet, daß man auch mit dem Artikel des Abends, des Morgens sagt. Etwas mehr sticht die adverbische Beschaffenheit vor, wenn es mit der Präposition vor verbunden wird, die doch sonst keinen Genitiv regieret, vor Abends. Allein da dessen ungeachtet, der Begriff eines Substantives immer noch der merklichste ist, so schreibt man am richtigsten mit einem großen Buchstaben[1]..
[23]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
21793), 186
: Bey den Niedersachsen bedeutet es auch Empfindung, Begriffe von etwas haben; z.B. das Kind ahnet[2] die Schläge noch nicht, hat noch keine Begriffe davon..
[24]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
21793), 208
: Allegorīe, [...] die anschauliche Darstellung einer allgemeinen Wahrheit unter einem sinnlichen Bilde; zum Unterschiede von der Metapher[1], welche bloß einen einzelnen Begriff unter einem sinnlichen Bilde darstellet. Die Allegorie ist eine fortgesetzte oder ausgeführte Metapher[1]..
[25]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (
21796), 485
: Der Gegensatz, des -es, plur. die -sätze. [...] 4) In der Redekunst, eine Figur, welche verschieden lautende Nahmen entgegen stehender Begriffe in Einen gemeinschaftlichen Gesichtspunct vereinigt, durch die bemerkte Ähnlichkeit oder Verschiedenheit den Witz[2] zu vergnügen, die Antithese [...]..
[26]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
2
1801), 108
: Sinnreich, [...] von Sinn[6], so fern es ehedem auch für Witz[1] gebraucht wurde, Fertigkeit besitzend, mehrere Begriffe mit einander zu verbinden, und ihre Ähnlichkeit zu entdecken, und darin gegründet; witzig..
[27]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
21801), 827
: Die mit un zusammen gesetzten Haupt- und eigentlichen Beywörter haben [...] ihre Gränzen, und es ist nicht ohne Einschränkung erlaubt, deren nach Gutdünken neue[1] zu bilden. Am wenigsten hat man diese Freyheit[9], wenn man andere eigene Wörter[1] hat, die Abwesenheit oder den Gegensatz eines Begriffes auszudrucken..
[28]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
21801), 1146
: Der Verstand[4], [...] das Vermögen, die Fähigkeit, einen andern zu verstehen, welche erste und eigentliche Bedeutung noch im gemeinen Leben häufig ist, in welcher denn auch den Thieren[1] Verstand[4] zukommt. In weiterer Bedeutung ist der Verstand[6] das Vermögen zu erkennen, so daß es auch die Sinne[4] und Einbildungskraft mit unter sich begreift, und den Thieren[1] gleichfalls zukommt. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist es das Vermögen, deutliche Begriffe zu haben; in welchem Falle der Verstand[2] nur vernünftigen Geschöpfen allein zukommt, sich aber von der Vernunft[1] in engerm Verstande[7] hinlänglich unterscheidet..
[29]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
2
1801), 1586
: Der Witz[1], [...] 1. * Wissenschaft im weitesten Verstande, der Vorrath von klaren Begriffen, welchen ein Mensch hat; eine jetzt veraltete Bedeutung, in welcher das Wort[1] noch in Mutterwitz und Schulwitz gebraucht wird. 2. Der Verstand überhaupt; eine alte, noch im gemeinen Leben hin und wieder übliche Bedeutung. So sagt man, ein Kind habe vielen Witz[1], wenn es einen für sein Alter ungewöhnlichen Verstand äußert. Daher Aberwitz, Wahnwitz, Verrückung des Verstandes..
[30]
B. v. Arnim, Buch König (1843), 301
: Ach ich bin müde von allem Drang des Redens. – Die ganze Zeit[6] hat mirs im Begriff gestockt, und 〈302〉 heut [...] hab ichs lernen herauspoltern..
[31]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 118
: Ach liebes Kind wie einzig möcht ich Deine Begriffe und Ahnungen so stark machen, daß sie wirklich endlich zum Kern würden, zum reinen Gesetz an dem alle Verkehrtheit zu scheitern komme. .
[32]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 3
: Wenn wir Wesen annehmen, um eine Stuffe über die Menschen[1] erhöht, aber der Natur[1] derselben verwandt; Geschöpfe, welche gegen unser Geschlecht in demselben Verhältnisse stehen, als wir gegen das der Thiere[1]; und wenn wir glauben, daß jene Wesen uns mit eben der unermüdeten Sorgfalt beobachten, als wir die uns untergeordneten thierischen Naturen[10]: so müßte nach unsern Begriffen, das Geschlecht der Menschen[1] der interessanteste[1] Gegenstand ihrer Beobachtungen sein. ➢ Volltext.
[33]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 4
: [R]auben wir dem Menschen die Sprache[1], so würde er sich schwerlich über eine thierische Einsamkeit erheben, höchstens nur bis zur Geselligkeit der Thiere[1] emporschwingen. Er würde nach den Gesetzen eines sinnlichen Triebes, sich zur Fortpflanzung oder Nahrung vereinigen; oder, da wir nach unsern Begriffen, Thieren[1] keine Sprache[1] zugestehen können, instinktmäßig wie Ameise und Biber, in stumme Horden durch das Bedürfniß getrieben, zusammentreten. ➢ Volltext.
[34]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 16
: [D]a die Thiere[1] als lebendige, mit Organen[2] für die Stimme[3] versehene Wesen, ihre Empfindungen durch Töne[1] ausdrücken: so scheint es ja, es müsse ihnen [...] eine Sprache[1] zukommen. Dies würde in der That der Fall sein, sobald sich beweisen ließe, daß diese artikulirten Töne[1] würklich darstellten. Es ist nehmlich etwas ganz anderes äußern und darstellen. Aeußern heißt ursprünglich etwas Inneres zu etwas Aeußerem machen, und schließt also den Begriff der Freiheit[10] nicht mit ein; allein Darstellen, ohngeachtet es mit dem Correlat der Vorstellung nothwendig zusammenhängt und durch dasselbe bestimt wird, ist doch auf der andern Seite ein unmittelbarer Akt der Freiheit[10] [...] 〈17〉 [...]. Nach den sorgfältigsten Beobachtungen sind nun alle artikulirten Töne[1] der Thiere[1] nur Aeußerungen [...] und wir sind daher nicht verpflichtet, auf diesen Einwurf Rücksicht zu nehmen. ➢ Volltext.
[35]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 50
: Der Mensch kann [...] die Natur[2] als Stoff für seine Einbildungskraft und sein Erkenntnißvermögen behandeln; und obgleich beide Ansichten ursprünglich eine sind, und am Ende wieder zusammenfallen; so giebt es doch einen großen Zeitraum, in welchem beide geschieden sind, und in welchem Poesie[7] und Spekulation sich gradezu entgegen gesetzt werden. Auch die Poesie[7] und die Spekulation, Dichten und Denken, hat zwei Epochen; entweder wir ahnden[1] nur die Freiheit[10], welche diese Operationen begleitet, oder wir sind uns derselben deutlich bewußt. Die Poesie[7] producirt nun Bilder, der Verstand[2] Begriffe, und diese beiden Produktionen befassen wir unter dem Namen der freien Vorstellungen. Aus diesen entsteht aber das Correlat, die freien Darstellungen, von welchen eine Art als Darstellungsstoff auch den artikulirten Ton[1] wählen kann, wodurch dann freie Sprachdarstellungen als Produkte hervorgehen. ➢ Volltext.
[36]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 396
: Die Verknüpfung zweier Sprachsphären, welche gleichtönen, wobei aber eine bestimmte Betrachtung der Bedeutung beider vorkommt, heißt ein Wortspiel, und dieses ist die Fundamentalfigur aller übrigen musikalisch[3]-poetischen[4] Sprachfiguren. Das Wortspiel ist der Witz[4] der Sprache[1], und an seiner Vortrefflichkeit kann nur der zweifeln, der überhaupt damit unbekannt ist, was der Witz[4] sei und bedeute, und vielleicht den ärmlichen Begriff mit sich herumträgt: daß er nur ein Zeitvertreib, und die untergeordnete, unbedeutendere, heitere[5] Wahrheit sei. Allein weit entfernt diese geringe Gattung des Witzes[4] für sein Wesen zu halten; muß man vielmehr die Sache gradezu umkehren, und das Wesen der Wahrheit darin setzen, daß sie Witz[4] sey. ➢ Volltext.
[37]
Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 97
: Die Aufklärung, Freiheit[1] von Vorurtheilen, Berichtigung der Begriffe, hellere Einsicht..
[38]
Fichte, Krit. all. Offenb. (1792), SW 5, 157
: Zur Ablehnung einer übereilten Folgerung [...] müssen wir schon hier anmerken, dass, wenngleich nicht der Glaube an Offenbarung, dennoch die Kritik[1] ihres Begriffs auf Allgemeingültigkeit Anspruch mache. Denn letztere hat nichts zu begründen, als die absolute Möglichkeit einer Offenbarung, sowohl in ihrem Begriffe, als dass etwas demselben correspondirendes angenommen werden könne; und dies thut sie aus Principien a priori, mithin allgemeingültig..
[39]
Fichte, Grundl. WL (1794 [1795]), 39
: [D]er Vogel ist ein Thier[1]: Hier ist der Beziehungsgrund, auf welchen reflektirt wird, der bestimmte Begriff des Thieres[1], daß es aus Materie, aus organisirter[4] Materie, aus animalisch belebter Materie bestehe; der Unterscheidungsgrund aber, von welchem abstrahirt wird, die specifische Differenz der verschiedenen Thierarten, ob sie zwey oder vier Füße, Federn, Schuppen oder eine behaarte Haut haben. Oder: eine Pflanze[1] ist kein Thier[1]: hier ist der Unterscheidungsgrund, auf welchem reflektirt wird, die specifische Differenz zwischen der Pflanze[1] und dem Thiere[1]; der Beziehungsgrund aber, von welchem abstrahirt wird, ist die Organisation[1] überhaupt [...]..
[40]
Fichte, Grundl. WL (1794 [1795]), 44
: Darin besteht nun das Wesen der kritischen[2] Philosophie, daß ein absolutes Ich als schlechthin unbedingt und durch nichts höheres bestimmbar aufgestellt werde und wenn diese Philosophie aus diesem Grundsatze konsequent folgert, so wird sie Wissenschaftslehre. Im Gegentheil ist dieienige Philosophie dogmatisch, die dem Ich an sich etwas gleich und entgegensezt und dieses geschieht in dem höher seyn sollenden Begriffe des Dinges (Ens) der zugleich völlig willkührlich als der schlechthin höchste aufgestellt wird. Im kritischen[2] System ist das Ding, das im Ich gesezte; im dogmatischen dasjenige, worinne das Ich selbst gesezt ist: der Kriticism ist darum immanent, weil er alles in das Ich sezt; der Dogmatism transscendent, weil er noch über das Ich hinausgeht..
[41]
Fichte, Red. Dt. Nat. (1808), 335
: Nachdem dieser Punct [sc. goldenes Zeitalter] erreicht ist, kann das Volk[1] nicht mehr, denn entweder seine gelungensten Meisterstücke verändert wiederholen, also, dass sie aussähen, als ob sie etwas Neues[1] seyen, da sie doch nur das wohlbekannte Alte[1] sind; oder, wenn sie durchaus neu[1] seyn wollen, zum Unpassenden und Unschicklichen ihre Zuflucht nehmen, und ebenso in der Dichtkunst das Hässliche[1] mit dem Schönen[1] zusammenmischen, und sich auf die Carricatur und das Humoristische legen, wie sie in der Prosa[2] genöthigt sind, die Begriffe zu verwirren und Laster und Tugend mit einander zu vermengen, wenn sie in neuen[1] Weisen reden wollen..
[42]
G. Forster, Reise u. d. Welt II (1780), 109
: Die Art, mit welcher er dies Mährchen vorbrachte, bewies offenbar, daß es eine Ironie[1] auf diejenigen Stellen unsrer Erzählungen seyn sollte, die er entweder für erdichtet halten mogte, oder wovon er sich keinen Begriff machen konnte, und die schalkhaft witzige Einkleidung, welche er seiner Spötterey zu geben wußte, war in der That bewundernswerth..
[43]
G. Forster, Cook (*1787; 1789), W 2, 109
: Folglich dauerte der Kampf der Ungebundenheit so lange, bis allgemeine Rechte des Menschen anerkannt wurden, und mit diesen die Begriffe der Sicherheit, der 〈110〉 Freyheit[1] des Eigenthums, der gegenseitigen Pflicht, und einer durch heilsame Einschränkung bewirkten Glückseligkeit entstanden. Der Wille schien nunmehr auf einmal wieder so viel Feld zu gewinnen, als er auf einer Seite verlor. Nicht handeln dürfen, wie man will, ja vollends nach der Vorschrift eines Andern handeln müssen, war allerdings gleichsam eine Vernichtung des eigenen Willens. Allein bey diesem unvermeidlichen, sowohl negativen als positiven Zwange, hatte die Vernunft[1] einen Schritt vorwärts gethan, und der Mensch fühlte seine Würde nun nicht mehr in körperlicher Stärke, sondern im Erkennen und Auswählen dessen, was recht und gut ist. Hier entstanden Gesetzgebung und bürgerliche Verfassung; künstliche, zerbrechliche Maschinen, die aber der höheren Kultur[4] den Weg bahnten, und desto mehr Kräfte zur Entwicklung brachten, je gewaltsamer und schneller sich ihre Räder durch einander wälzten. .
[44]
G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 663
: Ich weiß nicht, war es diese zufällige Scene der Geschäftigkeit, oder lag es vielmehr wirklich im Charakter[1] der Flammänder, daß wir uns gleich auf den ersten Blick einen günstigeren Begriff von ihnen als von ihren Brabantischen Nachbarn abstrahirten. [...] Eine Spur von Seelenadel konnte wirklich den Flammändern ihre freiere[6] Verfassung aufbewahrt haben. In der Versammlung ihrer Stände sind der Geistlichkeit zwei, dem Adel[2] zwei, den Städten drei, und dem platten Lande ebenfalls drei Stimmen[7] zugetheilt; dergestalt, daß der dritte Stand allemal sicher auf die Mehrheit rechnen kann, sobald es ihm ein Ernst ist, sich dem aristokratischen Einfluß zu entziehen..
[45]
G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 800
: [I]n den Gelenken unserer Gastwirthe [ist] eine natürliche[3] Steifigkeit, die sich nur durch die Zauberkraft einer Equipage mit Sechsen, oder eines adlichen Wapenschildes vertreiben läßt. Die Huldigung, die sie dem Reichthum leisten, möchte man ihnen noch verzeihen: sie hat wenigstens einen Gegenstand; allein die Furcht vor der privilegirten Klasse[2] der Nation[1] ist ein Schandfleck von angestammter Niederträchtigkeit, der die menschliche Natur[1] entehrt, am meisten da, wo der Adel[2] durch keinen Zügel, weder durch Eigennutz, noch durch Begriffe von Ehre und Schande, sich gehalten fühlt, mithin, weil er die oberste Stelle ohne sein Verdienst besitzt, dem eigenthümlichen Werthe nach auf die allerunterste Stufe hinabgesunken ist, und die Verachtung aller übrigen, die alle besser und edler sind als er, in vollem Maße verdient..
[46]
G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101
: Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen[1], sich nährte von den Rhapsodien des Dichters[1] und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne[1] Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe, mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist[19] sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes[1] Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[47]
Goethe, Litt. Sanscül. (1795), 51
: Wer mit den Worten[1], deren er sich im Sprechen oder Schreiben bedient, bestimmte Begriffe zu verbinden für eine unerläßliche Pflicht hält, wird die Ausdrücke: classischer[3] Autor, classisches[3] Werk höchst selten gebrauchen. Wann und wo entsteht ein classischer[3] Nationalautor? Wenn er in der Geschichte[3] seiner Nation[1] große Begebenheiten und ihre Folgen in einer glücklichen und bedeutenden Einheit vorfindet; wenn er in den Gesinnun〈52〉gen seiner Landsleute Größe, in ihren Empfindungen Tiefe und in ihren Handlungen[1] Stärke und Consequenz nicht vermißt; wenn er selbst, vom Nationalgeiste durchdrungen, durch ein einwohnendes Genie[2] sich fähig fühlt, mit dem Vergangnen wie mit dem Gegenwärtigen zu sympathisiren; wenn er seine Nation[1] auf einem hohen Grade der Kultur[4] findet, so daß ihm seine eigene Bildung[2] leicht wird; wenn er viele Materialien gesammelt, vollkommene oder unvollkommene Versuche seiner Vorgänger vor sich sieht, und so viel äußere und innere Umstände zusammentreffen, daß er kein schweres Lehrgeld zu zahlen braucht, daß er in den besten Jahren seines Lebens ein großes Werk zu übersehen, zu ordnen und in Einem Sinne[10] auszuführen fähig ist. ➢ Volltext.
[48]
?Goethe/?Herder, Rez. Eden (1772), WA I, 37, 251
: Auch dieser Tractat will die ganze Lehre der Schrift von dem Teufel wegräsonniren: ein Verfahren, das mit der allgemeinen Auslegungskunst, auch des strengsten Denkers, streitet; denn, wenn je ein Begriff biblisch war, so ist es dieser..
[49]
Gutzkow, Wally (1835), 197
: Religion[1] ist Verzweiflung am Weltzweck. Wüßte die Menschheit[2], wohin ihre Leiden und Freuden tendieren, wüßte sie ein sichtbares Ziel ihrer Anstrengungen, einen Erklärungsgrund für dies wirre Durcheinander der Interessen, für die Tapezierung des Firmaments, für die wechselnde Natur[2], für Frost, Hitze, Regen, Hagel, Blitz und Donner, sie würde an keinen Gott glauben. In progressiver[2] Entwicklung folgt hieraus dreierlei: der natürliche[4] Ursprung der Religion[1], die Accomodation der göttlichen Begriffe an den jedesmaligen Bildungsgrad und zuletzt die Unmöglichkeit historischer Religionen[1] bei steigender Aufklärung..
[50]
v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), IX
: Zusammenziehung oder Trennung der einzelen Wörter[1]. Hiebei gilt hauptsächlich der Grundsatz: verbunden werden alle, auch deßhalb so genannte untrennbare, für sich keinen vollen Sinn[1] gebende Wörtchen, ferner, aus ähnlichem Grunde, alle Zusammensetzungen mit Vorwörtern, so wie die nicht durch Biegung des einen oder andern Wortes[1] vermittelten, sondern durch den Sinn[1] zu Einem Begriff und Anschauung, folglich auch Wort[1] verschmelzenden, poetischen[4] Zusammensetzungen; hingegen, wo die Zusammensetzung sich in eine Konstrukzion auflösen läßt, und wo das Vorwort mit vollerem Sinne[1] als Nebenwort steht, findet Trennung statt..
[51]
Hegel, Phän. d. Geist. (1807), 466
: Was in dieser Welt erfahren wird, ist, daß weder die wirklichen Wesen der Macht und des Reichthums, – noch ihre bestimmten Begriffe, Gut und Schlecht, oder das Bewußtseyn des Guten und Schlechten, das edelmüthige und niederträchtige Wahrheit haben; sondern alle diese 〈467〉 Momente verkehren sich vielmehr eins im Andern, und jedes ist das Gegentheil seiner selbst. [...] Die Gedanken dieser Wesen, des Guten und Schlechten, verkehren sich [...] in dieser Bewegung; was als gut bestimmt ist, ist schlecht; was als schlecht, ist gut. Das Bewußtseyn eines jeden dieser Momente als das edle und niederträchtige Bewußtseyn beurtheilt, sind in ihrer Wahrheit vielmehr ebensosehr das verkehrte dessen, was diese Bestimmungen seyn sollen, das edelmüthige ebenso niederträchtig und verworfen, als die Verworfenheit zum Adel[5] der gebildetsten Freyheit[10] des Selbstbewußtseyns umschlägt..
[52]
Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 59
: Wie oft hört man sagen, daß eine europäische Schönheit[3] einem Chinesen oder gar einem Hottentotten mißfallen würde, indem dem Chinesen ein ganz anderer Begriff von Schönheit[1] inwohne als dem Neger, und diesem wieder ein anderer als dem Europäer u. s. f. Ja betrachten wir die Kunstwerke[2] jener außer-europäischen Völker[1], ihre Götterbilder z. B., die als verehrungswürdig und erhaben aus ihrer Phantasie[1] entsprungen sind, so können sie uns als die scheußlichsten Götzenbilder vorkommen, und ihre Musik als die abscheulichste in die Ohren[2] klingen, während sie ihrer Seits unsere Skulpturen, Malereien, Musiken für unbedeutend oder häßlich[1] halten werden. ➢ Volltext.
[53]
Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 122
: Der ganze Bau der morgenländischen Sprachen[3] zeuget, daß alle ihre Abstrakta voraus Sinnlichkeiten gewesen: der Geist war Wind, Hauch, Nachtsturm! Heilig hieß abgesondert, einsam: die Seele hieß der Othem: der Zorn das Schnauben der Nase u. s. w. Die allgemeinern Begriffe wurden ihr also erst später durch Abstraktion, Witz[2], Phantasie[2], Gleichniß, Analogie u. s. w. angebildet – im tiefsten Abgrunde der Sprache[1] liegt keine Einzige! | Bei allen Wilden findet dasselbe nach Maaß der Cultur[4] statt. ➢ Volltext.
[54]
Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 90 f. (91)
: Synkretismus [...] herrschte [...] fast allenthalben im römischen Reiche, weil allenthalben Philoso〈91〉phen aufkamen, die die Ideen ihres Geburtslandes in die große Masse der Begriffe trugen; in Alexandrien aber kam es zur Blüthe. Und nun sank auch der Tropfe des Christenthums in dieses Meer und zog an sich, was er mit sich organisiren[6] zu können vermeinte..
[55]
Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 287
: Hiemit war das Ritterthum eingerichtet, das aus einem blinden Glauben an die Religion[2], aus einer blinden Treue gegen seinen Herren, sofern dieser nur nichts Zunftwidriges begehrte, aus Höflichkeit im Dienst und aus Artigkeit gegen die Frauen[4] bestand; außer welchen Tugenden des Ritters Kopf und Herz von Begriffen und Pflichten frei bleiben dorfte. Die niedern Stände waren nicht seinesgleichen; was der Gelehrte, der Künstler und Werkmann lernte, dorfte er als dienender und ausgelernter Reuter verachten..
[56]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 484
: Begriff, beruht auf derjenigen Fertigkeit des Verstandes[2], mittelst welcher es uns möglich wird, das durch die Sinne[4] Wahrgenommene in erneuter Form, als Einheit, Bild, auf dem Spiegel der Seele erscheinen zu lassen. Des Begriffs mütterlicher Beistand ist das Vorstellungsvermögen; je lebhafter dieses ist, desto schneller und klarer wird der Verstand[2] abstrahiren und die Resultate liefern, wozu jenes die Materialien sammelt [...]..
[57]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. II (1834), 38 f. (39)
: Beschreibung nennt man die Aufzählung der Merkmale 〈39〉 eines Gegenstandes, um selbigen von anderen unterscheiden zu können. Die Beschreibung kann entweder den Zweck haben, dem Verstande einen deutlichen Begriff von Etwas zu geben, oder aber der Phantasie[1] ein schönes Bild vorzuführen. Im erstern Falle sind Wahrheit, Vollständigkeit, Genauigkeit Bedingung, weil sonst kein deutlicher Begriff entstehen kann; im letztern kommt es darauf an, den todten Buchstaben[9] Leben und Frische einzuhauchen; sie ist die nahe Verwandte der Poesie[11] und leiht sich von ihr die Farben, mit welchen sie ihre Kinder schmückt..
[58]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. X (1838), 335
: Verstand[2], das Vermögen zu denken, oder aus Vorstellungen Begriffe zu bilden, diese im Urtheile als ihrem Brennpunkte zu vereinen und daraus Schlüsse zu ziehen..
[59]
A. v. Humboldt, Basalte Rhein (1790), 27
: Aber er scheint gar keinen bestimmten oryktognostischen Begriff mit dem Worte[1] Basalt zu verbinden..
[60]
W. v. Humboldt, Lat. u. Hell. (*
?1806), GS I, 3, 167
: Den nachtheiligsten Einfluss auf die interessante[1] Behandlung jedes Sprachstudiums hat die beschränkte Vorstellung ausgeübt, dass die Sprache[1] durch Convention entstanden, und das Wort[1] nichts als Zeichen einer unabhängig von ihm vorhandenen Sache, oder eines eben solchen Begriffs ist..
[61]
W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 131
: Die Philologie ist [...], ohne sie, in anderer Erweiterung, zur Alterthumskunde zu machen, die auch besser wie eine Hülfswissenschaft von ihr angesehen, als selbst mit ihr vermischt wird, ihrem reinen Begriff nach, auf die alte Literatur, die Sprachkunde auf die Sprachen[3] gerichtet. Zwar ist beides unzertrennlich verbunden, ja sogar Eins, gerade die Philologie hat die tiefste Sprachforschung zum Zweck, und die Sprachkunde muss, auch bei ganz ungebildeten und unliterärischen Nationen[1], Stücke verbundener Rede aufsuchen; allein bei den geistigen Einflüssen wissenschaftlicher Behandlung ist die Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit der Richtung nicht gleichgültig..
[62]
Kant, Daseyn Gottes (1763), 103
: Das Hauptmerkmal der bis dahin gebräuchlichen physischtheologischen Methode bestehet darin: daß die Vollkommenheit und Regelmäßigkeit erstlich ihrer Zufälligkeit nach gehörig begriffen, und alsdenn die künstliche[1] Ordnung nach allen zweckmäßigen Beziehungen darinnen gewiesen wird, um daraus auf einen weisen und gütigen Willen zu schliessen, nachher aber zugleich, durch die hinzugefügte Betrachtung der Grösse des Werks, der Begrif der unermeßlichen Macht des Urhebers damit vereinigt wird..
[63]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XVI
: Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntniß[1] müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche, über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, wodurch unsere Erkenntniß[2] erweitert würde, gingen unter dieser Voraussetzung zu nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, daß wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntniß[3] richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntniß[1] derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soll. Es ist hiemit eben so, als mit den ersten Gedanken des Copernikus bewandt, der, nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht gut fort wollte, wenn er annahm, das ganze Sternheer drehe sich um den Zuschauer, versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer sich drehen, und dagegen die Sterne in Ruhe ließ..
[64]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XXXII
: Ich frage den unbiegsamsten Dogmatiker, ob der Beweis von der Fortdauer unserer Seele nach dem Tode aus der Einfachheit der Substanz, ob der von der Freyheit[10] des Willens gegen den allgemeinen Mechanism durch die subtilen, obzwar ohnmächtigen, Unterscheidungen subjektiver und objectiver practischer Nothwendigkeit, oder ob der vom Daseyn Gottes[1] aus dem Begriffe eines allerrealesten Wesens (der Zufälligkeit des Veränderlichen, und der Nothwendigkeit eines ersten Bewegers,) nachdem sie von den Schulen ausgingen, jemals haben bis zum Publicum[1] gelangen und auf dessen Ueberzeugung den mindesten Einfluß haben können?.
[65]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXXVI f.
: In der Ausführung [...] des Plans, den die Critik[1] vorschreibt, d. i. im künftigen System der Metaphysik, müssen wir dereinst der strengen Methode des berühmten Wolf, des größten unter allen dogmatischen Philosophen, folgen, der zuerst das Beyspiel gab (und durch dies Beyspiel der Urheber des bisher noch nicht erloschenen Geistes[14] der Gründlichkeit in Deutschland wurde,) wie durch gesetzmäßige Feststellung der Principien, deutliche Bestimmung der Begriffe, versuchte Strenge der
Beweise, Verhütung kühner Sprünge in Folgerungen der sichere Gang einer Wissenschaft zu nehmen sey [...]..
[66]
Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 25
: Ich nenne alle Erkenntniß transscendental[1], die sich nicht so wol mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnißart von Gegenständen, so fern diese a priori möglich seyn soll, überhaupt beschäftigt. Ein System solcher Begriffe würde Transscendental[1]-Philosophie heißen..
[67]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 33
: Die Fähigkeit, (Receptivität) Vorstellungen durch die Art, wie wir von Gegenständen afficirt werden, zu bekommen, heißt Sinnlichkeit. Vermittelst der Sinnlichkeit also werden uns Gegenstände gegeben, und sie allein liefert uns Anschauungen; durch den Verstand[2] aber werden sie gedacht, und von ihm entspringen Begriffe. Alles Denken aber muß sich, es sey geradezu (directe), oder im Umschweife (indirecte), vermittelst gewisser Merkmale, zuletzt auf Anschauungen, mithin, bey uns, auf Sinnlichkeit beziehen, weil uns auf andere Weise kein Gegenstand gegeben werden kann..
[68]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 75
: Wollen wir die Receptivität unseres Gemüths, Vorstellungen zu empfangen, so fern es auf irgend eine Weise afficirt wird, Sinnlichkeit nennen: so ist dagegen das Vermögen, Vorstellungen selbst hervorzubringen, oder die Spontaneität des Erkenntnisses[3], der Verstand[2]. Unsre Natur[1] bringt es so mit sich, daß die Anschauung niemals anders als sinnlich seyn kann, d. i. nur die Art enthält, wie wir von Gegenständen afficirt werden. Dagegen ist das Vermögen, den Gegenstand sinnlicher Anschauung zu denken, der Verstand[2]. Keine dieser Eigenschaften ist der andern vorzuziehen. Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben, und ohne Verstand[2] keiner gedacht werden. Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Daher ist es eben so nothwendig, seine Begriffe sinnlich zu machen, (d. i. ihnen den Gegenstand in der Anschauung beyzufügen,) als seine Anschauungen sich verständlich zu machen (d. i. sie unter Begriffe zu bringen). Beide Vermögen, oder Fähigkeiten, können auch ihre Functionen nicht vertauschen. Der Verstand[2] vermag nichts anzuschauen, und die Sinne[4] nichts zu denken. Nur daraus, daß sie sich vereinigen, kann Er〈76〉kenntniß[2] entspringen..
[69]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 80
: Und hier mache ich eine Anmerkung, die ihren Einfluß auf alle nachfolgende Betrachtungen erstreckt, und die man wohl vor Augen haben muß, nemlich: daß nicht eine jede Erkenntniß[2] a priori, sondern nur die, dadurch wir erkennen, daß und wie gewisse Vorstellungen (Anschauungen oder Begriffe) lediglich a priori angewandt werden, oder möglich seyn, transscendental[1] (d. i. die Möglichkeit der Erkenntniß[2] oder der Gebrauch derselben a priori) heißen müsse..
[70]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 169
: Die allgemeine Logik ist über einem Grundrisse erbauet, der ganz genau mit der Eintheilung der oberen Erkenntnißvermögen zusammentrifft. Diese sind: Verstand[2], Urtheilskraft und Vernunft[2]. Jene Doctrin handelt daher in ihrer Analytik von Begriffen, Urtheilen und Schlüssen, gerade den Functionen und der Ordnung jener Gemüthskräfte gemäß, die man unter der weitläuftigen Benennung des Verstandes[6] überhaupt begreift. ➢ Volltext.
[71]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 368 f.
: Bey dem großen Reichthum unserer Sprachen[3] findet sich doch oft der denkende Kopf wegen des Ausdrucks verlegen, der seinem Begriffe genau anpaßt, und in dessen Ermangelung er weder andern, noch so gar sich selbst recht verständlich werden kann. Neue[1] Wörter[1] 〈369〉 zu schmieden, ist eine Anmaßung zum Gesetzgeben in Sprachen[3], die selten gelingt, und, ehe man zu diesem verzweifelten Mittel schreitet, ist es rathsam, sich in einer todten und gelehrten Sprache[3] umzusehen, ob sich daselbst nicht dieser Begriff samt seinem angemessenen Ausdrucke vorfinde, und wenn der alte[6] Gebrauch desselben durch Unbehutsamkeit ihrer Urheber auch etwas schwankend geworden wäre, so ist es doch besser, die Bedeutung, die ihm vorzüglich eigen war, zu bevestigen, [...] als sein Geschäfte nur dadurch zu verderben, daß man sich unverständlich machte..
[72]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 686 f.
: Man kann einen jeden Begriff als einen Punct ansehen, der, als der Standpunct eines Zuschauers, seinen Horizont hat, d. i. eine Menge von Dingen, die aus demselben können vorgestellet und gleichsam überschauet werden. Innerhalb diesem Horizonte muß eine Menge von Puncten ins Unendliche angegeben werden können, deren jeder wiederum seinen engeren Gesichtskreis hat; d. i. jede Art enthält Unterarten, nach dem Princip der Specification, und der logische Horizont besteht nur aus kleineren Horizonten (Unterarten,) nicht aber aus Puncten, die keinen Umfang haben (Individuen). Aber zu verschiedenen Horizonten, d. i. Gattungen, die aus eben so viel Begriffen bestimmt werden, läßt sich ein gemeinschaftlicher Horizont, daraus man sie insgesamt als aus einem Mittelpuncte überschauet, 〈687〉 gezogen denken, welcher die höhere Gattung ist, bis endlich die höchste Gattung der allgemeine und wahre Horizont ist, der aus dem Standpuncte des höchsten Begriffs bestimmt wird, und alle Mannigfaltigkeit, als Gattungen, Arten und Unterarten, unter sich befaßt..
[73]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 692
: Der Verstand[1] macht für die Vernunft[1] eben so einen Gegenstand aus, als die Sinnlichkeit für den Verstand[1]. Die Einheit aller möglichen empirischen Verstandeshandlungen systematisch zu machen, ist ein Geschäfte der Vernunft[1], so wie der Verstand[1] das Mannigfaltige der Erscheinungen durch Begriffe verknüpft und unter empirische Gesetze bringt..
[74]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), XLV
: Die Lust ist also im Geschmacksurtheile zwar von einer empirischen Vorstellung abhängig, und kann a priori mit keinem Begriffe verbunden werden (man kann a priori nicht bestimmen, welcher Gegenstand dem Geschmacke gemäß seyn werde, oder nicht, man muß ihn versuchen;) aber sie ist doch der Bestimmungsgrund dieses Urtheils nur dadurch, daß man sich bewußt ist, sie beruhe blos auf der Reflexion und den allgemeinen, obwohl nur subjektiven, Bedingungen der Übereinstimmung derselben zum Erkenntnis der Objekte überhaupt, für welche die Form des Objekts zweckmäßig ist. | Das ist die Ursache, warum die Urtheile des Geschmacks ihrer Möglichkeit nach, weil diese ein Princip a priori voraussetzt, auch einer Kritik[1] unterworfen sind, obgleich dieses Princip weder ein Erkenntnisprincip für den Verstand, noch ein practisches für den Willen, und also a priori gar nicht bestimmend ist..
[75]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 146 f.
: Daß Geschmacksurtheile synthetische sind, ist leicht einzusehen, weil sie über den Begrif, und selbst die Anschauung des Objects, hinausgehen, und etwas, das gar nicht einmal Erkenntnis ist, nämlich Gefühl der Lust (oder Unlust) zu jener als Prädicat hinzuthun. Daß sie 〈147〉 aber, obgleich das Prädikat (der mit der Vorstellung verbundenen eigenen Lust) empirisch ist, sie gleichwohl, was die geforderte Beystimmung von jedermann betrift, Urtheile a priori sind, oder dafür gehalten werden wollen, ist gleichfalls schon in den Ausdrücken ihres Anspruchs enthalten und so gehört diese Aufgabe der Critik[1] der Urtheilskraft unter das allgemeine Problem der Transscendentalphilosophie: Wie sind synthetische Urtheile a priori möglich?.
[76]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 180
: Denn wir können allgemein sagen, es mag die Natur- oder die Kunstschönheit betreffen: schön[2] ist das, was in der bloßen Beurtheilung (nicht in der Sinnenempfindung, noch durch einen Begrif) gefällt. Nun hat Kunst[1] jederzeit eine bestimmte Absicht etwas hervorzubringen. Wenn dieses aber bloße Empfindung (etwas bloß subjectives) wäre, die mit Lust begleitet seyn sollte, so würde dies Product, in der Beurtheilung, nur vermittelst des Sinnengefühls gefallen. Wäre die Absicht auf die Hervorbringung eines bestimmten Objects gerichtet, so würde, wenn sie durch die Kunst[1] erreicht wird, das Object nur durch Begriffe gefallen. In beiden Fällen aber würde die Kunst[9] nicht in der bloßen Beurtheilung, d. i. nicht als schöne[2], sondern mechanische Kunst[9] gefallen..
[77]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 192
: Man sagt von gewissen Producten, von welchen man erwartet, daß sie sich, zum Theil wenigstens, als schöne[2] Kunst[9] zeigen sollten: sie sind ohne Geist[20]; ob man gleich an ihnen, was den Geschmack betrift, nichts zu tadeln findet. Ein Gedicht kann recht nett und elegant seyn, aber es ist ohne Geist[20]. Eine Geschichte[8] ist genau und ordentlich, aber ohne Geist[20]. Eine feyerliche Rede ist gründlich und zugleich zierlich, aber ohne Geist[20]. Manche Conversation ist nicht ohne Unterhaltung, aber doch ohne Geist[20]; selbst von einem Frauenzimmer sagt man wohl, sie ist hübsch, gesprächig und artig, aber ohne Geist[20]. [...] | Geist[20] in ästhetischer Bedeutung, heißt das belebende Princip im Gemüthe. [...] | Nun behaupte ich, dieses Princip sey nichts anders, als das Vermögen der Darstellung ästhetischer Ideen; unter einer ästhetischen Idee aber verstehe ich diejenige Vorstellung der Einbildungskraft, die viel zu 〈193〉 denken veranlaßt, ohne daß ihr doch irgend ein bestimmter Gedanke, d. i. Begrif adäquat seyn kann, die folglich keine Sprache[11] völlig erreicht und verständlich machen kann. – Man sieht leicht, daß sie das Gegenstück (Pendant) von einer Vernunftidee sey, welche umgekehrt ein Begrif ist, dem keine Anschauung (Vorstellung der Einbildungskraft) adäquat seyn kann.
.
[78]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 197
: [D]ie ästhetische Idee ist eine einem gegebenen Begriffe beygesellte Vorstellung der Einbildungskraft, welche mit einer solchen Mannigfaltigkeit der Theilvorstellungen in dem freyen Gebrauche derselben verbunden ist, daß für sie kein Ausdruck, der einen bestimmten Begrif bezeichnet, gefunden werden kann, der also zu einem Begriffe viel Unnennbares hinzu denken läßt, dessen Gefühl die Erkenntnißvermögen belebt und mit der Sprache[14], als bloßem Buchstaben[8], Geist[28] verbindet..
[79]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 179
: An einem Producte der schönen[2] Kunst[1] muß man sich bewußt werden, daß es Kunst[9] sey, und nicht Natur[10]; aber doch muß die Zweckmäßigkeit in der Form desselben von allem Zwange willkürlicher Regeln so frey scheinen, als ob es ein Product der bloßen Natur[2] sey. Auf diesem Gefühle der Freyheit[13] im Spiele unserer Erkenntnißvermögen, welches doch zugleich zweckmäßig seyn muß, beruht diejenige Lust, welche allein allgemein mittheilbar ist, ohne sich doch auf Begriffe zu gründen. Die Natur[10] war schön[2], wenn sie zugleich als Kunst[9] aussah; und die Kunst[9] kann nur schön[2] genannt werden, wenn wir uns bewußt sind, sie sey Kunst[9], und sie uns doch als Natur[10] aussieht..
[80]
Kant, Religion (1793), 208
: Uebrigens gehört das theoretische Bekenntniß des Glaubens an die göttliche Natur[1] in dieser dreyfachen
Qualität zur bloßen klassischen[4] Formel eines Kirchenglaubens, um ihn von andern aus historischen Quellen abgeleiteten Glaubensarten zu unterscheiden, mit welchem wenige Menschen einen deutlichen und bestimmten (keiner Mißdeutung ausgesetzten) Begriff zu verbinden im Stande sind [...]..
[81]
Kolbe, Wortmeng. (1809), 2
: Sonderbar, daß bei den Franzosen die Wortmischer Pedanten heisen, indes umgekehrt bei uns die Gegner der Wortmischerei diesen Namen führen. Welche von beiden Nationen[1] mag wol hier Recht haben? mag wol mit dem Wort[1] Pedant den richtigsten Begrif verknüpfen?.
[82]
Novalis, Begeist. (*
?1790), NS 2, 22 f. (23)
: Wie sich allmählich die Sprache[1] auszubilden anfing und nicht mehr bloß in Naturtönen stammelte, sondern mit vollem Strome 〈23〉 der Jugendfülle des menschlichen Geschlechts[7] dahinbrauste und jeder Ton[1], jede Stimme[3] derselben fast Empfindung und durch abstrakte Begriffe und Erfahrung noch nicht ausgebildet und verfeinert war, da entstand zuerst die Dichtkunst, die Tochter des edelsten Ungestüms der erhabensten und stärksten Empfindungen der Leidenschaften, die sich zwar nachher wie ein Chamäleon nach den Organisationen[6] der verschiedenen Erdstriche, Zeiten[3] und Charaktere[4] umgebildet, aber in ihrer Urbedeutung, zu ihrer größten Stärke, Zauberei und Wirkung auf die Gemüter, ihrer Mutter, der hohen Begeisterung[1], noch immer nötig hat..
[83]
Novalis, Stud. Bild. Kunst (*1798), NS 2, 650 f. (651), Nr. 485
: Unser Körper ist ein Theil der Welt – Glied ist besser gesagt: Es drückt schon die Selbstständigkeit, die Analogie mit dem Ganzen – 〈651〉 kurz den Begriff des Microcosmus aus. Diesem Gliede muß das Ganze entsprechen. So viel Sinne[4], so viel Modi des Universums – das Universum völlig ein Analogon des menschlichen Wesens in Leib – Seele und Geist[22]..
[84]
Schelling, Id. Phil. d. Nat. (1797), SW I, 2, 215 f.
: Der bloße Begriff ist ein Wort[1] ohne Bedeutung, ein Schall für das Ohr[3], ohne Sinn[1] für den Geist[19]. Alle Realität, die ihm zukommen kann, leiht ihm doch 〈216〉 nur die Anschauung, die ihm vorangieng. Und deßwegen kann und soll im menschlichen Geist[19] Begriff und Anschauung, Gedanke und Bild nie getrennt seyn..
[85]
Schelling, Philos. d. Erf. (1798), SW I, 1, 470
: Was nicht progressiv[3] ist, ist kein Objekt der Geschichte[4]. | Der Begriff von progressiv[3] aber muß genauer bestimmt werden. Der Mechanismus z. B. ist, obgleich eine Folge von Handlungen in ihm stattfindet, nicht progressiv[3], weil diese Handlungen im Kreise gehen, wo dann jeder solcher Cyklus von Handlungen nur Einer (immer wiederholten) Handlung gleichgerechnet werden kann. – So gibt es aus demselben Grunde auch keine Geschichte[1] der Thiere[1], als nur im uneigentlichsten Sinn. Erstens keine Geschichte[1] des einzelnen Thiers[1] (als solchen). Denn es ist eingeschlossen in einem Cirkel von Handlungen, über den es nie hinaustritt; was es ist, ist es auf immer, was es seyn wird, ist ihm durch Gesetze eines höhern zwar, aber doch unverbrüchlichen, Mechanismus vorgezeichnet. Dem Menschen[1] aber ist seine Geschichte[1] nicht vorgezeichnet, er kann und soll seine Geschichte[1] sich selbst machen; denn das eben ist der Charakter[1] des Menschen[1], daß seine Geschichte[1], obgleich sie in praktischer Hinsicht planmäßig seyn soll, doch (eben deßwegen) in theoretischer Rücksicht es nicht seyn kann. – Analogisch nur spricht man von einer Geschichte[1] solcher Thiere[1], in denen 〈471〉 Kunsttrieb ist, z. B. von einer Geschichte[1] des Bibers, der Bienen u. s. w., weil man an ihrer produktiven Arbeitsamkeit ein Analogon von Freiheit[10] wahrzunehmen glaubt, obgleich auch das Täuschung ist, weil, wenn wir den innern Mechanismus der organischen[2] Kräfte eines solchen Thiers[1] einsehen könnten, alle Zufälligkeit jener Produkte verschwinden würde – (vom Gedicht, das auf ächt poetische[4] Art entstanden ist, muß keine Geschichte[1] möglich seyn). .
[86]
Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 81
: Der Begriff, von dem wir ausgehen, ist der des Ichs, d. h. des Subject-Objects, zu dem wir uns durch absolute Freyheit[10] erheben..
[87]
Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 421
: Daß im Begriff der Geschichte[1] der Begriff einer unendlichen Progressivität liege, ist in dem vorhergehenden hinlänglich bewiesen..
[88]
Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 589
: Es erhellt nun aber aus dieser Deduktion des Begriffs der Geschichte von selbst, daß ebensowenig eine absolut gesetzlose Reihe von Begebenheiten als eine absolut gesetzmäßige den Namen der Geschichte verdiene; es erhellt daraus: | a) daß das Progressive[3], was in jeder Geschichte gedacht wird, keine Gesetzmäßigkeit von der Art verstatte, durch welche die freie Thätigkeit auf eine bestimmte, immer in sich selbst zurückkehrende Succession von Handlungen eingeschränkt ist; | b) daß überhaupt alles, was nach einem bestimmten Mechanismus erfolgt, oder seine Theorie a priori hat, gar nicht Objekt der Geschichte sei. Theorie und Geschichte sind völlig Entgegengesetzte..
[89]
Schelling, Darst. Syst. (1801), 14
: Wir bitten den Leser uns in diesen Demonstrationen indessen
wenigstens mit dem Zutrauen zu folgen, daß sie vollkommen verständlich seyn werden, sobald man die bisher besonders über die gangbaren Begriffe[4] subjectiv und objectiv gefaßten Begriffe[1] ganz vergißt, und bei jedem Satz genau eben das denkt, was wir gedacht wissen wollen [...]. ➢ Volltext.
[90]
Schelling, Meth. Stud. (1803), 110
: Die Staatsverfassung ist ein Bild der Verfassung des Ideenreichs. In diesem ist das Absolute als die Macht, vor der alles ausfließt, der Monarch, die Ideen sind – nicht der Adel[2] oder das Volk[5], weil das Begriffe sind, die nur im Gegensatz gegen einander Realität haben, sondern – die Freyen: die einzelnen wirklichen Dinge sind die Sclaven und Leibeigenen..
[91]
Schelling, Würzb. Syst. (
!1804), SW I, 6, 378
: Hier nur Eine Bemerkung über die gewöhnlichen Ansichten des Organismus[1]. Die herrschende ist die, kraft welcher derselbe als ein zweckmäßiges Ganzes gedacht wird. Aber was ist denn Zweckmäßigkeit? Es gibt innere und äußere Zweckmäßigkeit. Jene ist, wenn in jedem Theil eines Ganzen der Begriff des Ganzen liegt, diese, wenn in dem Begriff eines Dings zugleich der Begriff anderer Dinge enthalten ist. Aber diese Zweckmäßigkeit hat eine Maschine auch. Denn in jeder Maschine ist der Begriff des Theils durch den Begriff des Ganzen bestimmt, sowie überhaupt in jedem Werkzeug als solchem eigentlich der Begriff eines andern liegt als es selbst. Worin liegt also der Unterschied des Organismus[1] von dieser Art der Zweckmäßigkeit? Darin, daß in dieser der Begriff des Ganzen dem Theil nur durch einen ihm fremden[5] Zusammenhang verbunden ist, der Zusammenhang also nicht in dem Theil selbst, sondern außer ihm liegt, anstatt daß im Organismus[1] der Begriff des Ganzen zugleich der Begriff des Theils selbst, und in diesen übergegangen, mit ihm völlig identisch ist. Wie dann der einzelne Theil vom Begriff des Ganzen beseelt ist, so ist im Ganzen selbst wieder der Begriff anderer Dinge außer ihm enthalten, aber so daß dieser Begriff dem Objekt, dem Seyn, welchem er verbunden ist, nicht fremd[5], sondern ganz in es übergegangen sey. In den organischen[3] Naturprodukten ist also allerdings eine Zweckmäßigkeit, aber eine ganz blinde, nothwendige 〈379〉 Zweckmäßigkeit, in der keine Zufälligkeit ist wie in der eines Werkzeugs, sondern die aus dem Gegenstand selbst kommt und im Gegenstand einwohnend ist..
[92]
Schelling, Bild. Künste (1807), 15
: Den Gestirnen ist die erhabenste Zahl und Meßkunst lebendig eingebohren, die sie, ohne einen Begriff derselben, in ihren Bewegungen ausüben. Deutlicher obwohl ihnen selbst umfaßlich erscheint die lebendige Erkenntniß in den Thieren[1], welche wir darum, sind sie gleich besinnungslos, unzählige Wirkungen vollbringen sehen, die viel herrlicher sind als sie selbst: den Vogel, der von Musik[6] berauscht in seelenvollen Tönen[11] sich selbst übertrifft, das kleine Kunstbegabte Geschöpf, das ohne Uebung und Unterricht leichte Werke der Architektur vollbringt, alle aber geleitet von einem übermächtigen Geist[12], der schon in einzelnen Blicken von Erkenntniß leuchtet, aber noch nirgends als die volle Sonne, wie im Menschen[1], hervortritt..
[93]
Schiller, Abfall Niederl. (1788), NA 17, 41 f. (42)
: Noch ein andrer Umstand mußte das Wachsthum der neuen[1] Religion[1] in diesen Ländern [sc. Niederlande] begünstigen. Italien, 〈42〉 damals der Sitz der größten Geistesverfeinerung, ein Land, wo sonst immer die heftigsten politischen Faktionen gewüthet haben, wo ein brennendes Klima das Blut zu den wildesten Affekten erhitzt, Italien, könnte man einwenden, blieb unter allen europäischen Ländern beinahe am meisten von dieser Neuerung [sc. Reformation] frei. Aber einem romantischen[6] Volk[1], das durch einen warmen und lieblichen Himmel, durch eine üppige, immer junge und immer lachende Natur[2] und die mannichfaltigsten Zaubereien der Kunst[2] in einem ewigen Sinnengenusse erhalten wird, war eine Religion[1] angemessener, deren prächtiger Pomp die Sinne[4] gefangen nimmt, deren geheimnißvolle Räthsel der Phantasie[1] einen unendlichen Raum eröfnen, deren vornehmste Lehren sich durch mahlerische[4] Formen in die Seele einschmeicheln. Einem Volke[1] im Gegentheil, das, durch die Geschäfte des gemeinen bürgerlichen Lebens zu einer undichterischen Wirklichkeit herabgezogen, in deutlichen Begriffen mehr als in Bildern lebt, und auf Unkosten der Einbildungskraft seine Menschenvernunft ausbildet; einem solchen Volk[1] wird sich ein Glaube empfehlen, der die Prüfung weniger fürchtet, der weniger auf Mystik als auf Sittenlehre dringt, weniger angeschaut als begriffen werden kann. Mit kürzeren Worten[2]: Die katholische Religion[1] wird im Ganzen mehr für ein Künstlervolk, die protestantische mehr für ein Kaufmannsvolk taugen..
[94]
Schiller, Brief. Don Karlos (1788), NA 22, 146
: Merkwürdige Menschen, die sich in seine [sc. Posas] Bahn werfen, zerstreuen seine Aufmerksamkeit, teilen sich in seine Achtung und Liebe. – An die Stelle eines Individuums tritt bei ihm jetzt das ganze Geschlecht; ein vorübergehender jugendlicher Affekt erweitert sich in eine allumfassende unendliche Philanthropie. Aus einem müßigen Enthusiasten ist ein tätiger handelnder Mensch geworden. Jene ehemaligen Träume und Ahndungen, die noch dunkel und unentwickelt in seiner Seele lagen, haben sich zu klaren Begriffen geläutert, müßige Entwürfe in Handlung gesetzt, ein allgemeiner unbestimmter Drang zu wirken ist in zweckmäßige Tätigkeit übergegangen. Der Geist[12] der Völker[1] wird von ihm studiert, ihre Kräfte, ihre Hülfsmittel abgewogen, ihre Verfassungen geprüft; im Umgange mit verwandten Geistern[32] gewinnen seine Ideen Vielseitigkeit und Form; geprüfte Weltleute, wie ein Wilhelm von Oranien, Coligny u. a. nehmen ihnen das Romantische[7] und stimmen sie allmählich zu pragmatischer Brauchbarkeit herunter [...]. | Bereichert mit tausend neuen[1] fruchtbaren Begriffen, voll strebender Kräfte, schöpferischer Triebe, kühner und weit umfassender Entwürfe, mit geschäftigem Kopf, glühendem Herzen, von den großen begeisternden Ideen allgemeiner menschlicher Kraft und menschlichen Adels[5] durchdrungen, und feuriger für die Glückseligkeit dieses großen Ganzen entzündet, das ihm in so vielen Individuen vergegenwärtigt war [...], so kommt er jetzt von der 〈147〉 großen Ernte zurück, brennend von Sehnsucht, einen Schauplatz zu finden, auf welchem er diese Ideale realisieren, diese gesammelten Schätze in Anwendung bringen könnte. Flanderns Zustand bietet sich ihm dar. Alles findet er hier zu einer Revolution zubereitet..
[95]
Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 159
: Bey der Gestalt des Menschen[1] begnügen wir uns [...] nicht damit, daß sie uns bloß den allgemeinen Begriff der Menschheit[1], oder was etwa die Natur[2] zu Erfüllung desselben an diesem Individium wirkte, vor Augen stelle, denn das würde er mit jeder technischen Bildung[10] gemein haben. Wir erwarten noch von seiner Gestalt, daß sie uns zugleich offenbare, inwieweit er in seiner Freyheit[10] dem Naturzweck entgegenkam, d. i. daß sie Karakter[2] zeige. ➢ Volltext.
[96]
Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102
: Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff nicht zu physisch und der Poesie[1] zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie[1] zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie[1] und poetische[4] Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne[1] Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter[1] mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter[1], für sich allein betrachtet, das Ideal schöner[1] Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[97]
Schiller, an Goethe (27. 4. 1798), NA 29, 229
: Die unterstrichene Stelle in Humboldts Briefe[1] den ich Ihnen zurücksende, ist ihm vermuthlich selbst noch nicht so recht klar gewesen, und dann scheint das Ganze mehr eine Anschauung als einen deutlichen Begriff auszusprechen. Er will, däucht mir, überhaupt nur sagen, daß das Gemeinsame, folglich Nationelle, in den Franzosen sowohl in ihren gewöhnlichen Erscheinungen als in ihren Vorzügen und Verirrungen eine Wirksamkeit des Verstandes und seiner Adhärentien nehmlich des Witzes[2], der Beobachtung etc sey, ohne verhältnißmäßige Mitwirkung des Ideenvermögens, und daß sie mehr physisch als moralisch rührbar seien. Das ist keine Frage daß sie beßere Realisten als Idealisten sind, und ich nehme daraus ein siegendes Argument, daß der Realism keinen Poeten machen kann..
[98]
Schiller, Über d. Erhab. (*
?1794–96; 1801), NA 21, 39
: Die Kultur[3] soll den Menschen in Freyheit[10] setzen und ihm dazu behülflich seyn, seinen ganzen Begriff zu erfüllen. Sie soll ihn also fähig machen, seinen Willen zu behaupten, denn der Mensch ist das Wesen, welches will.
.
[99]
A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 84
: Die Sprache[1], die wunderbarste Schöpfung des menschlichen Dichtungsvermögens, gleichsam das große, nie vollendete Gedicht, worinn die menschliche Natur[1] sich selbst darstellt, bietet uns von dem, was ich eben sagte, ein auffallendes Beyspiel dar. So wie sie auf der einen Seite, vom Verstande[1] bearbeitet, an Brauchbarkeit zu allen seinen Verrichtungen zunimmt, so büßt sie auf der andern an jener ursprünglichen Kraft ein, die im nothwendigen Zusammenhange zwischen den Zeichen der Mittheilung und dem Bezeichneten liegt. So wie die gränzenlose Mannigfaltigkeit der Natur[2/11/19?] in abgezognen Begriffen verarmt, so sinkt die lebendige Fülle der Töne immer mehr zum todten Buchstaben[9] hinab. Zwar ist es unmöglich, daß dieser jene völlig verdrängen sollte, weil der Mensch immer ein empfindendes Wesen bleibt, und sein angebohrner Trieb, Andern von seinem innersten Daseyn Zeugniß zu geben, und es dadurch in ihnen zu vervielfältigen, (wie sehr ihn auch die Herrschaft des Verstandes[1], der sein Wesen, so zu sagen, immer außer uns treibt, schwächen möge) doch nie ganz verloren gehen kann. Allein in den gebildeten Sprachen[3], hauptsächlich in der Gestalt, 〈85〉 wie sie zum Vortrage der deutlichen Einsicht, der Wissenschaft gebraucht werden, wittern wir kaum noch einige verlohrne Spuren ihres Ursprunges, von welchem sie so unermeßlich weit entfernt sind; wir können sie fast nicht anders als wie eine Sammlung durch Uebereinkunft festgesetzter Zeichen betrachten. ➢ Volltext.
[100]
A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 149 f.
: Der Punkt, wo die Litteratur das gesellige Leben am unmittelbarsten berührt, ist der Roman. Bey ihm offenbart sich daher am auffallendsten der ungeheure Abstand zwischen den Klassen[2] der lesenden Menge, die
man durch den bloß postulirten Begriff eines Publikums[3] in eine Einheit zusammenschmelzt: hier können die Unternehmungen des Meisters, dessen Blick, seinem Zeitalter voraus, in gränzenlose Fernen dringt, dem regsten und vielseitigsten Streben nach Bildung[5] begegnen, so wie eben hier die stupide Genügsamkeit des Handwerkers, der nur
denselben verworrnen Knäuel 〈150〉 der
Begebenheiten auf- und abzuwinden versteht, unaufhörlich für die Sättigung schlaffer Leerheit arbeitet. ➢ Volltext.
[101]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 141
: Darstellung heißt, eine innere Vorstellung bis zur Anschaulichkeit vor Andere bringen. Diese Vorstellung braucht sich auf kein äußeres Vorbild zu beziehen, im Begriffe der Darstellung liegt die Unabhängigkeit von einer bestimmten Wirklichkeit, wobei die Phantasie[1] selbsttätig wirkt ohne äußeres Vorbild (das Poetische[2] in den Künsten[2]); hingegen bei der Nachahmung findet Abhängigkeit von bestimmter Wirklichkeit statt; das Dargestellte wird immer durch andere Mittel zur Anschaulichkeit gebracht als wodurch es in der Wirklichkeit erscheint; hingegen das Nachgeahmte bedient sich derselben Mittel. Eine zweite Einteilung bezieht sich auf das Nachahmen selbst; man stellt entweder bessere Menschen als sie wirklich sind, oder ebensolche, oder schlechtere. Die Ausdrücke: bessere und schlechtere beziehen sich nicht auf moralische Eigenschaften, sondern auf die gesamte Erscheinung des Menschen, insofern sie edel oder unedel, schön[1] oder häßlich[1] sind. So unterscheidet man die Tragödie von der Komödie dadurch, daß erstere die Menschen ins Schöne[1] idealisiert, und die Komödie ins Häßliche[1] und Lächerliche. .
[102]
A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 282
: Zu Ronsards Zeiten konnte man sich im Französischen noch zur Nachbildung eines Dante oder Petrarca erheben; jetzt ist das vorbey. Eben so erscheinen die älteren Römischen Dichter, bis auf den Catull herunter etwa, mit großer Wahrheit Griechische Poesien[3] übertragen zu haben, sie machten sogar die dem Geist[12] der Lateinischen Sprache[3] widersprechenden zusammengesetzten Beywörter nach. Späterhin, sobald sich ein gewisser akademischer Begriff von Korrektheit und Politur festgesetzt hatte, verlor sich diese Fähigkeit. ➢ Volltext.
[103]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 218
: [Z]u weit und unbestimmt [...] ist die so häufig wiederhohlte Definition: das Schöne[1] sey Einheit in der Mannichfaltigkeit. Dieß scheint überhaupt nur die Beschreibung von einem Ganzen zu seyn, denn ein Ganzes besteht immer aus Theilen, die, in so fern sie von einander unterscheidbar seyn sollen, mannichfaltig seyn müssen. Unläugbar ist es daß dem zu Folge jede mathematische Figur schön[1] seyn müßte, und noch in weit höherem Grade jede Organisation[1], sie möchte unserm Sinne[4] noch so häßlich[1] erscheinen. Ja jeder Begriff wäre schon etwas schönes[1], weil er unstreitig mannichfaltige Merkmale in eins zusammenfaßt. Und in so fern in unserm Bewußtseyn durch die ganze Mannichfaltigkeit unsrer Vorstellungen die Einheit des Ichs stätig hindurch geht, müßte es selbst schön[1] seyn, und wir könnten dem Schönen[1] eigentlich in keinem Augenblicke unsers Daseyns entgehen..
[104]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 161
: Die Meynung derer, welche behaupten die Sonettform lege dem Dichter[1] einen unglücklichen Zwang auf, sie sey das Bett des Prokrustes, nach dessen Maße der Gedanke verstümmelt oder gereckt werden müsse, verdient keine Widerlegung, denn diese Einwendung paßt eigentlich eben so gut auf alle Versification, und man muß, um sie zu machen, ein Gedicht wie ein Exercitium ansehen, das erst formlos in Prosa[5] entworfen, und nachher schülermäßig in Verse gezwungen wird. Solche Menschen[8] haben freylich keinen Begriff, wie die Form vielmehr Werkzeug, Organ[1] für den Dichter[1] ist, und gleich bey der ersten Empfängniß eines Gedichts, Gehalt und Form wie Seele und Leib unzertrennlich ist..
[105]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 173
: Der Chor [...] war Repräsentant einer harmonisch frey[13] versammelten Menge d. i. eines Volksfestes. Dieß war er immer, wenn er auch, wie in den Tragödien eine ernste ja traurige Handlung[3] feyerte. Es war immer Feyer, ein wirkliches Volksfest konnte sich ja auch auf dergleichen beziehen, denn wir müssen hier ganz unsern rohen Begriff entfernen, die Volksfeste waren die künstlerisch organisirte[7] öffentliche Geselligkeit überhaupt, der schönste[1] Selbstgenuß der Staaten. – So war in der Ode aus der ihr eignen contemplativen Concentration die heiterste[5] Geselligkeit wiederhergestellt. Daher die Neigung zur Fröhlichkeit auch in der höheren Lyrik der Alten[10], die auf uns gekommnen Gesänge des Pindar athmen in der That festliche Freude an einer festlichen Freude. | Bey den Neueren[3] geht nun die Richtung im allgemeinen mehr auf das Subjektive und Ideale, und es findet sich kein solches Gegengewicht, welches den lyrischen Sänger in die äußere Welt zurückriefe. Daher ist der Charakter[1] der eigenthümlich romantischen[12/9] Ode, der Canzone, statt der geselligen Heiterkeit[4] des Chores, vielmehr einsiedlerisch schwermüthig, und es ist ein vorwaltender Hang zur beschaulichen Vertiefung in sich selbst, in die Abgründe des eignen Gemüths, sichtbar..
[106]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 177
: Der anerkannt auch nach Einführung der Buchstabenschrift fortgesetzte Gebrauch der Hieroglyphen spricht [...] die große Wahrheit aus: daß der Verstand[1], dessen Beruf die Handhabung irdischer Dinge ist, hiezu die bequemsten Werkzeuge vorzieht: also willkührlich gebildete Begriffe, als Fächer und Classen[1] die Dinge hierin zu ordnen, willkührliche Zeichen derselben in der Wortsprache, und endlich willkührliche Zeichen von diesen willkührlichen in der Buchstabenschrift; daß hingegen zur vernünftigen d. i. philosophischen Erkenntniß der Natur[2] und Gottheit eine Anschauung erfodert wird, daß hier die Fantasie[1] immer rege seyn, und also durch bildliche Zeichen aufgefodert werden muß..
[107]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 91
: Wir sehen hier eine neue[1] Bestimmung im Begriff der Handlung[1], nämlich die Beziehung auf die Idee der sittlichen Freyheit[10], kraft welcher allein der Mensch[1] als der erste Urheber seiner Entschlüsse betrachtet wird. [...] Wir haben in dieser Beziehung auf eine höhere Idee allerdings die Einheit und Ganzheit der Tragödie im Sinne der Alten[10] gesucht: nämlich ihr absoluter Anfang ist die Bewährung der Freyheit[10], die Anerkennung der Nothwendigkeit ihr absolutes Ende. ➢ Volltext.
[108]
A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 734
: Den etymologischen Dithyrambus S. 15. über die Verwandtschaft der Begriffe und Benennungen von Blut, Wasser, Regen, Thau, Schnee, Eis, Seim, Laich, Milch u. s. w. können wir nicht im einzelnen durchgehn. Es würden zehn Seiten nöthig seyn, um wieder zu sondern was der Verf. auf einer einzigen in einander wird. „Auch b, k, d, tauschen unter einander“ (werden unter einander vertauscht). In welchen Fällen und unter welchen Einschränkungen treten diese Buchstaben[7] verschiedner Sprachwerkzeuge einer an die Stelle des andern? Mit solchen Allgemeinsätzen kann man alles erkünsteln, und macht am Ende die Etymologie zu einer Wissen〈735〉schaft, wobei, wie Voltaire sagt, die Vocale für gar nichts, die Consonanten für sehr wenig gerechnet werden..
[109]
D. Schlegel, Theaterkr. (1803), 174 f. (175)
: Theaterkritik. | Ungeachtet die französischen Schauspieler die Vergleichung mit den Deutschen recht wohl aushalten können, so werden sie dennoch in Zeitungen und Journalen, die mit der Schnelle und Allgemeinheit sich verbreiten, welche nur in den größten Städten möglich ist, mit einer Strenge und Härte getadelt und schonungslos angegriffen, 〈175〉 wovon man bei uns gar keinen Begriff hat. Die guten Folgen davon sind sichtbar, denn das ist allgemein hier, daß der Schauspieler sich aufs äußerste anstrengt, und nicht selten der Fall, daß er sich belehren läßt. Unsre Landsleute sollten es also ja dem in diesem Stücke unvergleichlichen Bernhardi Dank wissen, wenn er es versuchen will, die deutschen Schauspieler gleichfalls mit diesem Mittel der Bildung[2] bekannt zu machen..
[110]
F. Schlegel, Philos. Lehrj. I (*1796), KFSA 18, 5, Nr. 15
: Alle drei haben ihre eigne Sprache[4] und doch protestiren alle drei σκ [Skeptiker] Emp[iriker] My[stiker] gegen die Terminologie. Der Empiriker aus Unvermögen und weil er das Absolute für eine leere Abstraction hält. Der σκ [Skeptiker] aus Protestantismus und Bestimmungslosigkeit und d[er] ächte Mystiker aus Haß d[es] Buchstabens[9/10]. Der My[stiker] hat es wie wohl auf andre Art nur mit Anschauung zu thun, haßt nicht nur d[en] Buchstaben[9/10] sondern auch d[en] Begriff. Apologie d[es] Buchstabens[9/10], d.[er] als einziges ächtes Vehikel d[er] Mittheilung sehr ehrwürdig ist..
[111]
F. Schlegel, G. Forster (1797), 42
: Viele deutsche Schriften handeln von der Sittlichkeit: wenige sind sittlich. Wenige vielleicht in höherm Maaß, wie Forsters; in ihrer Gattung wenigstens, keine. Zwar strengere Begriffe zu haben, ist wohlfeil, wenn es bloß Begriffe sind. Was er wußte, meinte und glaubte, war in Saft und Blut verwandelt. Wie in allen Stücken, so auch in diesem wird man Buchstaben[8] und Namen ohne den Geist[12], in Forsters Schriften vergeblich suchen. Überall zeigt sich in ihnen eine edle und zarte Natur[16], reges Mitgefühl, sanfte und billige Schonung, warme Begeisterung[3] für das Wohl der Menschheit[2], eine reine Gesinnung, lebhafter Abscheu alles Unrechts. ➢ Volltext.
[112]
F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 32 ff. (33 f.)
: Schon in den frühesten Zeitaltern der Europäischen Bildung[5] finden sich unverkennbare Spuren des künstlichen Ursprungs der 〈33〉 modernen[1] Poesie[11]. Die Kraft, der Stoff war zwar durch Natur[13] gegeben: das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2] war aber nicht der Trieb, sondern gewisse dirigirende Begriffe [...]. Selbst der individuelle Charakter[1] dieser Begriffe war durch Umstände veranlaßt, und durch die äußre Lage nothwendig bestimmt. Daß aber der Mensch[1] nach diesen Begriffen sich selbst bestimmte, den gegebnen Stoff ordnete, und die Richtung seiner Kraft determi〈34〉nierte; das war ein freyer[10] Aktus des Gemüths. Dieser Aktus ist aber eben der ursprüngliche Quell, der erste bestimmende Anstoß der künstlichen Bildung[2], welcher also mit vollem Recht der Freyheit[10] zugeschrieben wird. Die Phantasterey der Romantischen[12] Poesie[11], hat nicht etwa wie Orientalischer[1] Bombast eine abweichende Naturanlage zum Grunde. Es sind vielmehr abenteuerliche[3] Begriffe, durch welche eine an sich glückliche, dem Schönen[2] nicht ungünstige Phantasie[1] eine verkehrte Richtung genommen hatte. Sie stand also unter der Herrschaft von Begriffen; und so dürftig und dunkel diese auch seyn mochten, so war doch der Verstand[2] das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2]..
[113]
F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 31, Nr. 121
: Eine Idee ist ein bis zur Ironie[3] vollendeter Begriff, eine absolute Synthesis absoluter Antithesen, der stete sich selbst erzeugende Wechsel zwey streitender Gedanken. .
[114]
F. Schlegel, Philos. Lehrj. IV (*1799), KFSA 18, 288, Nr. 1099
: Eine Uebersetzung ist ein K[unst]werk des Witzes[1]; bezieht sich auf d[den] Begriff d[es Dialekts[1]. Der Imperativ des Uebersetzens beruht wohl auf d[em] Postulat d[er] Spracheinheit..
[115]
F. Schlegel, Entw. d. Philos. I (
!1804–05), KFSA 12, 387
: Das Wissen, etwas durchaus Innerliches, geht bloß auf den Stoff, das Verstehen ist auch etwas Äußeres, geht auch auf die Form. Der Verstand[8] ist Wissen dem Geiste[30] und dem Buchstaben[8/9] nach; da das wesentlich Unterscheidende des Verstandes[8] in der Mitteilung besteht, gehört eben auch das Wort[1] wesentlich zum Verstande[8]; versteht sich Wort[1] im allgemeinen höhern wissenschaftlichen Sinne[1] als Bild des Geistes[30], entweder als willkürliches oder natürliches Sinnbild; als bloßer Ausdruck eines geistigen Sinnes[1] ist das Wort[1] notwendig ein Bild, weil alle Darstellung bildlich ist; und so besteht dann das Wesen des Verstandes[8] in der Verbindung des Geistes[30] und des Worts[1] durch den Begriff; die Begriffe sind seine Formen..
[116]
F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 462
: Der Begriff des Romantischen[3/4/1] [...] fällt meistens ganz zusammen mit dem Polizeywidrigen. ➢ Volltext.
[117]
Schleiermacher, Brf. Lucind. (1800), 1 f. (2)
: Ein tüchtiges Urtheil, wie wir es über die Bücher fällen, die so vorkommen, wirst Du doch nicht erwarten? Du weißt ja, [...] wie ich scheu und bedächtig und ehrerbietig mit Allem umgehe, was sich mir als ein eigen gebildetes Wesen ankündigt, sei es ein Mensch[1] oder ein Gedanke oder ein gebildetes Werk, und wie 〈2〉 lange und unersättlich ich bei der Anschauung verweile, ehe ich mich an etwas wage, was einer Uebersicht oder einem Urtheil ähnlich ist. Und nun gar dieses Werk, welches wie eine Erscheinung aus einer künftigen Gott[1] weiß wie weit noch entfernten Welt da steht! Gewiß, sie könnte eben so lange vollendet sein, als sie nun unvollendet ist, ehe ich es mir erlauben würde, in diesem Sinne[1] etwas über die Composition und die Kunst[13] darin überhaupt zu sagen, das heißt wirklich zu meinen. Verhielte sich auch der zweite Theil zu dem ersten nur wie die Rückseite einer Schaumünze oder das Gegenstück eines Gemäldes; so würde ich mir bis zur Vollendung Schweigen[2] und Ungewißheit gebieten, wieviel Betrachtungen dieser Art sich mir auch aufdrängen, seitdem ich mit dem Geist12 und Charakter[1] des Buchs recht gesättigt bin, und seitdem Friedrich Schlegel seine Ansicht von der romantischen[1] Poesie[1] in so klaren Worten[2] von sich gegeben hat. Doch lieber Freund, dieses Aufschieben eines vollendeten Urtheils geht bei mir nicht nur auf die Composition, sondern auf Alles, und ich müßte zu meinem Unglück weniger hohe Begriffe von dem haben, was die Kritik[2] eigentlich leisten kann und soll, wenn es anders wäre. ➢ Volltext.
[118]
Schleiermacher, Hermen. (*1809–10), K, 58
: Hieraus erklärt sich zunächst sowol die vielfache Bedeutung der Worte[1] weil nemlich das mannigfaltige[1] woraus dieselbe Anschauung wiederkehrt unter sehr verschiedenen B[egriffe]n kann subsumirt werden als auch die Synonyme aus dem umgekehrten Verhältniß. | Ferner erklärt sich hieraus die Individualität der Sprachen[3] weil die Gesichtspunkte nach denen sich die Anschauungen bestimmen sehr verschieden sein können, und was nach diesen construirt ist nicht mehr ausgeglichen werden kann. Dagegen B[egriff]e sich rein ineinander müssen auflösen lassen. Daher in der Regel, wenn man von Ursprachen spricht kein Wort[1] in der einen irgend einem in der andern vollkommen entspricht..
[119]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 30
: Aus dem Gesagten ergiebt sich, daß alle Thiere[1] Verstand[1] haben, selbst die unvollkommensten: denn sie alle erkennen Objekte, und diese Erkenntniß bestimmt als Motiv ihre Bewegungen. – Der Verstand[1] ist in allen Thieren[1] und allen Menschen[1] der nämliche, hat überall die selbe einfache Form: Erkenntniß der Kausalität, Uebergang von Wirkung auf Ursach und von Ursach auf Wirkung, und nichts außerdem. Aber die Grade seiner Schärfe und die Ausdehnung seiner Erkenntnißsphäre sind höchst verschieden, mannigfaltig und vielfach abgestuft, vom niedrigsten Grad, welcher nur das Kausalitätsverhältniß zwischen dem unmittelbaren Objekt und den mittelbaren erkennt, also eben hinreicht, durch den Uebergang von der Einwirkung, welche der Leib erlitten auf dessen Ursach, diese als Objekt im Raum anzuschauen, bis zu den höheren Graden der Erkenntniß des kausalen Zusammenhanges der bloß mittelbaren Objekte unter einander, welche bis zum Verstehn der zusammengesetztesten Verkettungen von Ursachen und Wirkungen in der Natur[2] geht. Denn auch dieses letztere gehört immer noch dem Verstande[1] an, nicht der Vernunft[1], deren abstrakte Begriffe nur dienen können, jenes unmittelbar Verstandene aufzunehmen, und zu fixiren, nie das Verstehn selbst hervorzubringen. ➢ Volltext.
[120]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 33 f.
: Wie bei den Menschen[1] die Grade der Schärfe des Verstandes[1] sehr verschieden sind, so sind sie zwischen den verschiedenen Thiergattungen es wohl noch mehr. Bei allen, selbst denen, welche der Pflanze[1] am nächsten stehn, ist doch so viel Verstand[1] da, als zum Uebergang von der Wirkung im unmittelbaren Objekt zum vermittelten als Ursach, also zur Anschauung, zur Apprehension eines Objekts, hinreicht: denn diese eben macht sie zu Thieren[1], indem sie ihnen die Möglichkeit giebt einer Bewegung nach Motiven und dadurch des Aufsuchens, wenigstens Ergreifens der Nahrung; statt daß die Pflanzen[1] nur Bewegung auf Reize haben, deren unmittelbare Einwirkung sie abwarten müssen, oder verschmachten, nicht ihnen nachgehn oder sie ergreifen können. In den vollkommensten Thieren[1] bewundern wir ihre große Sagacität: so beim Hunde, Elephanten, Affen, beim Fuchse, dessen Klugheit Büffon so meisterhaft geschildert hat. An diesen allerklügsten Thieren[1] können wir ziemlich genau abmessen, wie viel der Verstand[1] ohne Beihülfe der Vernunft[1], d. h. der abstrakten Erkenntniß in Begriffen, vermag: an uns selbst können wir dieses nicht so erkennen, weil Verstand[1] und Vernunft[1] sich da immer wechselseitig unterstützen. Wir finden deshalb oft die Verstandesäußerungen der Thiere[1] bald 〈34〉 über, bald unter unserer Erwartung: einerseits überrascht uns die Sagacität jenes Elephanten, der, nachdem er auf seiner Reise in Europa schon über viele Brücken gegangen war, sich einst weigert, eine zu betreten, über welche er doch wie sonst den übrigen Zug von Menschen[1] und Pferden gehn sieht, weil sie ihm für sein Gewicht zu leicht gebaut scheint: andrerseits wieder wundern wir uns, daß die klugen Orang-Utangs das vorgefundene Feuer, an dem sie sich wärmen, nicht durch Nachlegen von Holz unterhalten: ein Beweis, daß dieses schon eine Ueberlegung erfordert, die ohne abstrakte Begriffe nicht zu Stande kommt. Daß die Erkenntniß von Ursache und Wirkung, als die allgemeine Verstandesform, auch sogar a priori den Thieren[1] einwohne, ist zwar schon daraus völlig gewiß, daß sie ihnen, wie uns, die vorhergehende Bedingung aller anschaulichen Erkenntniß der Außenwelt ist: will man jedoch noch einen besonderen Beleg dazu, so betrachte man z. B. nur, wie selbst ein ganz junger Hund nicht wagt vom Tische zu springen, so sehr er es auch wünscht, weil er die Wirkung der Schwere seines Leibes vorhersieht, ohne übrigens diesen besonderen Fall schon aus Erfahrung zu kennen. Wir müssen indessen bei Beurtheilung des Verstandes[1] der Thiere[1] uns hüten, nicht ihm zuzuschreiben, was Aeußerung des Instinkts ist, einer von ihm, wie auch von der Vernunft[1], gänzlich verschiedenen Eigenschaft, die aber oft der vereinigten Thätigkeit jener Beiden sehr analog wirkt. ➢ Volltext.
[121]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 53 ff.
: Dieses neue, höher potenzirte Bewußtseyn, dieser abstrakte Reflex alles Intuitiven im nichtanschaulichen Begriff der Vernunft[1], ist es allein, der dem Menschen[1] jene Besonnenheit verleiht, welche sein Bewußtseyn von dem des Thieres[1] so durchaus unterscheidet, und wodurch sein ganzer Wandel auf Erden so verschieden ausfällt von dem seiner unvernünftigen Brüder. Gleich sehr übertrifft er sie an Macht und an Leiden. Sie leben in der Gegenwart allein: er dabei zugleich in Zukunft und Vergangenheit. Sie befriedigen das augenblickliche Bedürfniß: er sorgt durch die künstlichsten Anstalten für seine Zukunft [...] 〈54〉 [...]. Sie sind dem Eindruck des Augenblicks, der Wirkung des anschaulichen Motivs gänzlich anheimgefallen; ihn bestimmen abstrakte Begriffe unabhängig von der Gegenwart: daher führt er überlegte Pläne aus, oder handelt nach Maximen, ohne Rücksicht auf die Umgebung und die zufälligen Eindrücke des Augenblicks, kann daher z. B. mit Gelassenheit die künstlichen Anstalten zu seinem eigenen Tode treffen, kann sich verstellen, bis zur Unerforschlichkeit, und sein Geheimniß mit ins Grab nehmen [...]. Das Thier[1] [...] bestimmt der gegenwärtige Eindruck: nur die Furcht vor dem gegenwärtigen Zwange kann seine Begierde zähmen, bis jene Furcht endlich zur Gewohnheit geworden ist und nunmehr als solche es bestimmt: das ist Dressur. Das Thier[1] empfindet und schaut an; der Mensch[1] denkt überdies und weiß. Das Thier[1] theilt seine Empfindung und Stimmung mit, durch Geberde und Laut: der Mensch[1] theilt dem andern Gedanken mit, durch Sprache[1], oder verbirgt Gedanken, durch Sprache[1]. Sprache[1] ist das erste Erzeugniß und das nothwendige Werkzeug seiner Vernunft[1], welche durch deren Hülfe allein ihre wichtigsten Leistungen zu Stande bringt, nämlich das übereinstimmende Handeln mehrerer Individuen, das planvolle Zusammenwirken vieler Tausende, die Civilisation, den Staat: ferner die Wissenschaft, das Aufbewahren früherer 〈55〉 Erfahrung, das Zusammenfassen des Gemeinsamen in einen Begriff, das Mittheilen der Wahrheit, das Verbreiten des Irrthums, das Denken und Dichten, die Dogmen und die Superstitionen. Das Thier[1] lernt den Tod erst im Tode kennen: der Mensch[1] geht mit Bewußtseyn in jeder Stunde seinem Tode näher [...]. ➢ Volltext.
[122]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 57
: Wie der Verstand[1] nur eine Funktion hat: unmittelbare Erkenntniß des Verhältnisses von Ursache und Wirkung, und die Anschauung der wirklichen Welt, wie auch alle Klugheit, Sagacität und Erfindungsgabe, so mannigfaltig auch ihre Anwendung ist, doch ganz offenbar nichts Anderes sind, als Aeußerungen jener einfachen Funktion; so hat auch die Vernunft[1] eine Funktion: Bildung[1] des Begriffs: und aus dieser einzigen erklären sich sehr leicht und ganz und gar von selbst alle jene oben angeführten Erscheinungen, die das Leben des Menschen[1] von dem des Thieres[1] unterscheiden, und auf die Anwendung oder Nicht-Anwendung jener Funktion deutet schlechthin Alles, was man überall und jederzeit vernünftig oder unvernünftig genannt hat. ➢ Volltext.
[123]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 58 f.
: Der Sinn[1] der Rede wird unmittelbar vernommen, genau und bestimmt aufgefaßt, ohne daß in der Regel sich Phantasmen einmengten. Es ist die Vernunft[1], die zur Vernunft[1] spricht, sich in ihrem Gebiete hält, und was sie mittheilt und empfängt, sind abstrakte Begriffe, nichtanschauliche Vorstellungen, welche ein für alle Mal gebildet und verhältnißmäßig in geringer Anzahl, doch alle unzähli〈59〉gen Objekte der wirklichen Welt befassen, enthalten und vertreten. Hieraus allein ist es erklärlich, daß nie ein Thier[1] sprechen und vernehmen kann, obgleich es die Werkzeuge der Sprache[11] und auch die anschaulichen Vorstellungen mit uns gemein hat; aber eben weil die Worte[1] jene ganz eigenthümliche Klasse[1] von Vorstellungen bezeichnen, deren subjektives Korrelat die Vernunft[1] ist, sind sie für das Thier[1] ohne Sinn[1] und Bedeutung. So ist die Sprache[11], wie jede andere Erscheinung, die wir der Vernunft[1] zuschreiben, und wie Alles, was den Menschen[1] vom Thiere[1] unterscheidet, durch dieses Eine und Einfache als seine Quelle zu erklären: die Begriffe, die abstrakten, nicht anschaulichen, allgemeinen, nicht in Zeit[1] und Raum individuellen Vorstellungen. Nur in einzelnen Fällen gehn wir von den Begriffen zur Anschauung über, bilden uns Phantasmen als anschauliche Repräsentanten der Begriffe, denen sie jedoch nie adäquat sind. ➢ Volltext.
[124]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 75 f. (76)
: Wissen überhaupt heißt: solche Urtheile in der Gewalt seines Geistes[19] zu willkührlicher Reproduktion haben, welche in irgend etwas außer ihnen ihren zureichenden Erkenntnißgrund haben, d. h. wahr sind. Die abstrakte Erkenntniß allein ist also ein Wissen; dieses ist daher durch die Vernunft[1] bedingt, und von den Thieren[1] können wir 〈76〉 nicht sagen, daß sie irgend etwas wissen, wiewohl sie die anschauliche Erkenntniß, für diese auch Erinnerung und eben deshalb Phantasie[1] haben, welche überdies ihr Träumen beweist. Bewußtsein legen wir ihnen bei, dessen Begriff folglich, obgleich das Wort[1] von Wissen genommen ist, mit dem des Vorstellens überhaupt, von welcher Art es auch sei, zusammenfällt. Daher auch legen wir der Pflanze[1] zwar Leben, aber kein Bewußtseyn bei. ➢ Volltext.
[125]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 88 f.
: Das Lachen entsteht jedesmal aus nichts anderm, als aus der plötzlich wahrgenommenen Inkongruenz zwischen einem Begriff und den realen Objekten, die durch ihn in irgend einer Beziehung gedacht worden waren, und es ist selbst eben nur der Ausdruck dieser Inkongruenz. Diese tritt aber meistens dadurch hervor, daß mehrere oder wenigstens zwei reale Objekte durch einen Begriff gedacht und seine Identität auf sie übertragen wird: eine gänzliche Verschiedenheit beider im übrigen aber muß es auffallend machen, daß der Begriff nur in einer einseitigen Rücksicht auf beide paßte. Je richtiger einerseits die Subsumtion jener realen Objekte (anschauliche Vorstellungen) unter den Begriff ist, und je größer und greller andrerseits ihre Unangemessenheit zu ihm, desto stärker ist die aus diesem Gegensatz entspringende Wirkung des Lächerlichen. – Ich werde mich hier nicht damit aufhalten, Anekdoten als Beispiele desselben zu erzählen, um daran meine Erklärung zu erläutern: denn diese ist so einfach und faßlich, daß sie dessen nicht bedarf, und zum Beleg derselben ist jedes Lächerliche, dessen sich der Leser 〈89〉 erinnert, auf gleiche Weise tauglich. Wohl aber erhält unsre Erklärung Bestätigung und Erläuterung zugleich durch die Entfaltung zweier Arten des Lächerlichen, in welche es zerfällt, und die eben aus jener Erklärung hervorgehn. Entweder nämlich sind in der Erkenntniß zwei oder mehrere sehr verschiedene reale Objekte, anschauliche Vorstellungen, vorhergegangen, und man hat sie willkührlich durch die Einheit eines beide fassenden Begriffs identifizirt: diese Art des Lächerlichen heißt Witz[4]. Oder aber umgekehrt, der Begriff ist in der Erkenntniß zuerst da, und man geht nun von ihm zur Realität und zum Wirken auf dieselbe, zum Handeln über: Objekte, die übrigens grundverschieden, aber beide in jenem Begriff gedacht sind, werden nun auf gleiche Weise angesehn und behandelt, bis ihre übrige große Verschiedenheit zur Ueberraschung und zum Erstaunen des Handelnden hervortritt: diese Art des Lächerlichen heißt Narrheit. Demnach ist jedes Lächerliche entweder ein witziger Einfall, oder eine närrische Handlung, je nachdem von der Diskrepanz der Objekte auf die Identität des Begriffs, oder aber umgekehrt gegangen wurde: ersteres immer willkührlich, letzteres immer unwillkührlich und von Außen aufgedrungen. [...] – Es ergiebt sich aus dieser kurzen, aber hinreichenden Theorie des Lächerlichen, daß [...] der Witz[4] sich immer in 〈90〉 Worten[2] zeigen muß, die Narrheit aber in Handlungen, es sei denn, daß diese nur ihr Vorhaben ausspreche, statt es wirklich zu vollführen. ➢ Volltext.
[126]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 91
: Noch ist, zur Vervollständigung der Theorie eine Afterart des Witzes[4] zu erwähnen, das Wortspiel, Calembourg, pun. Wie der Witz[4] zwei sehr verschiedene reale Objekte unter einen Begriff zwingt, so bringt das Wortspiel zwei verschiedene Begriffe, durch Benutzung des Zufalls, unter ein Wort[1]: der selbe Kontrast entsteht wieder, aber viel matter und oberflächlicher, weil er nicht aus dem Wesen der Dinge, sondern aus dem Zufall der Namengebung entsprungen ist. Beim Witz[4] ist die Identität im Begriff, die Verschiedenheit in der Wirklichkeit: beim Calembourg aber ist die Verschiedenheit in den Begriffen und die Identität in der Wirklichkeit, als zu welcher der Wortlaut gehört. ➢ Volltext.
[127]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 125
: Schon am Eingang unserer Betrachtung der Vernunft[1] haben wir im Allgemeinen bemerkt, wie sehr das Thun und der Wandel des Menschen[1] von dem des Thieres[1] sich unterscheidet, und daß dieser Unterschied doch allein als Folge der Anwesenheit abstrakter Begriffe im Bewußtseyn anzusehn ist. ➢ Volltext.
[128]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 262 f. (263)
: Wer [...] den Willen von der Idee, und diese von ihrer Erscheinung zu unterscheiden weiß, dem werden die Weltbegebenheiten nur noch sofern sie die Buchstaben[8] sind, aus denen die Idee des Menschen sich lesen läßt, Bedeutung haben, nicht aber an und für sich. Er wird nicht mit den Leuten glauben, daß die Zeit[1] etwas wirklich Neues und Bedeutsames hervorbringe, daß durch sie oder in ihr etwas schlechthin Reales zum Daseyn 〈263〉 gelange, oder gar sie selbst als ein Ganzes Anfang und Ende, Plan und Entwickelung habe, und etwa zum letzten Ziel die höchste Vervollkommnung (nach ihren Begriffen) des letzten, dreißig Jahre lebenden Geschlechts. ➢ Volltext.
[129]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 346
: Wenn [...] gewisse historische oder mythische Personen, oder personifizirte Begriffe, durch ein für alle Mal festgesetzte Symbole kenntlich gemacht werden; so heißen diese Embleme: dergleichen sind die Thiere[9] der Evangelisten, die Eule der Minerva, der Apfel des Paris, das Anker der Hoffnung u. s. w. ➢ Volltext.
[130]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 427 f. (428)
: [N]ur in abstracto können mehrere Vorstellungen, als Urtheile und Ketten von Schlüssen, im Bewußtsein neben einan〈428〉der liegen und dann frei[1] von aller Zeitbestimmung gegen einander wirken, bis das stärkere die übrigen überwältigt und den Willen bestimmt. Dies ist die Wahlbestimmung, welche der Mensch[1] vor dem Thiere[1] voraus hat, und welche auch eines von den Dingen ist, die sein Daseyn so sehr viel quaalvoller als das des Thieres[1] machen; wie denn überhaupt unsere größten Schmerzen nicht in der Gegenwart, als anschauliche Vorstellungen oder unmittelbares Gefühl liegen: sondern in der Vernunft[1], als abstrakte Begriffe, quälende Gedanken, von denen das allein in der Gegenwart lebende Thier[1] völlig frei[1] ist. ➢ Volltext.
[131]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 482
: Uebrigens werden wir weiterhin jenes Gefühl, das die Ausübung des Unrechts und des Bösen begleitet, oder die Gewissensangst, noch ausführlicher zergliedern und zur Deutlichkeit des Begriffs erheben. ➢ Volltext
.
[132]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 701
: Für das Vermögen der Begriffe habe ich die Vernunft[1] erklärt. Diese ganz eigene Klasse[1] allgemeiner, nicht anschaulicher, nur durch Worte[1] symbolisirter und fixirter Vorstellungen ist es, die den Menschen[1] vom Thiere[1] unterscheidet und ihm die Herrschaft auf Erden giebt. Wenn das Thier[1] der Sklave der Gegenwart ist, keine andere, als unmittelbar sinnliche Motive kennt und daher, wenn sie sich ihm darbieten, so nothwendig von ihnen gezogen oder abgestoßen wird, wie das Eisen vom Magnet; so ist dagegen im Menschen[1] durch die Gabe der Vernunft[1] die Besonnenheit aufgegangen. Diese läßt ihn, rückwärts und vorwärts blickend, sein Leben und den Lauf der Welt leicht im Ganzen übersehn, macht ihn unabhängig von der Gegenwart, läßt ihn überlegt, planmäßig und mit Bedacht zu Werke gehn, zum Bösen wie zum Guten. Aber was er thut, thut er mit voll〈702〉kommnem Selbstbewußtseyn: er weiß genau, wie sein Wille sich entscheidet, was er jedesmal erwählt und welche andere Wahl, der Sache nach, möglich war, und aus diesem selbstbewußten Wollen lernt er sich selbst kennen und spiegelt sich an seinen Thaten. ➢ Volltext.
[133]
Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 39
: Raphael wußte in dieser einzelnen Figur hohe Gedanken, ein so erhabenes Nachdenken über eine Schaale voll Wasser auszudrüken, daß man in dem Jüngling Johannes den Täufer erkennt, der in der Wüste seinen göttlichen Beruf überdenkt, und itzt glaubt man, seine erhabene Gedanken über die Taufe selbst zu empfinden. Dieses gränzet nun schon an die hohe Allegorie. Wer nur Körper mahlen kann, muß sich daran nicht wagen. Wenn er auch für jeden einzeln Begriff ein noch so richtiges Bild hätte, so würde der doch nur eine leserliche Hieroglyphe, aber keine Allegorie darstellen. Diese muß uns nicht den Buchstaben[8] der Geschichte[9], sondern ihren Geist[12] geben..
[134]
Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 114
: Es ist ganz wider die Natur[21], daß die überwältigende Anfälle der Leidenschaft ofte kommen, oder lange anhalten. So bald man aber merkt, daß ein Scribent den Mangel der Begriffe mit Ausrufen ersetzen will, so wird man kalt. Sie würken nur alsdenn, wenn man uns so viel verständliches von der Gemüthslage gesagt hat, daß wir die Stärke der Empfindung begreiffen. Daher kömmt es, daß die Ausrufung bisweilen ihre Natur[1] ganz verändert, und ironisch[1] wird, so wie in dieser Stelle aus Hallers Ode, über die Ehre: | O! edler Lohn für meine Mühe, | Wenn ich mich in der Zeitung sehe, | Bey einem Schelmen, oben an..
[135]
L. Tieck, Dichterleben II (1831), 22
: Wir haben Alle immer so wenig Zeit[6], das zu beachten, was häufig vor unsern Füßen liegt; und so verliert man denn auch wohl den Sinn[4], um zu sehn und zu verstehen, was nicht schon von selbst zu den Begriffen paßt, an die wir uns seit lange gewöhnt, oder zu jenen Gedanken, die wir erlernt haben..
[136]
Wackenroder, an seine Eltern (22. 6. 1793), VL 2, 180
: In Nürnb[erg] bin ich im rothen Roß abgetreten. Von dem Äußern dieser großen, labyrinthischen Stadt können sie sich wirklich durch Ihre in Kupfer gestochenen u[nd] illuminirten kleinen Prospekte, den beßten Begriff machen. Ich finde mit Vergnügen viele mir längst bekannte Gegenden der Stadt hier in der Natur[2], u[nd] erkenne sie bald. Die Stadt hat wegen der vielen, schwarzen, mit Gothischem Prunk an Bildern u[nd] Zierrathen reich überladenen Kirchen, wegen der alten[1], ganz v[on] Quadern gebauten, festen Häuser, die häufig mit Figuren v[on] Menschen[1] u[nd] Thieren[1] bemahlt, u[nd] auch mit sehr alten[1] Basreliefs in Stein geziert sind, ein antikes[6], abentheuerliches[3] Ansehen. Aber sowohl aus- als inwendig, scheinen mir doch fast alle Häuser keine Spur v[on] modernem[7] Geschmack zu haben. Keine einzige neumodische Façade. Die Hausthür ist [...] fast immer verschlossen; man klingelt, sie springt auf; man geht durch dunkle Winkel eine schlechte Treppe hinauf, u[nd] findet selbst Männer wie H[errn] v[on] Murr u[nd] H[errn] Schaffer Panzer, in Zimmern, die nur durch eine Bibliothek angenehm werden, an Fenstem mit kleinen runden Scheiben, nach dem Hofe oder einem Gäßchen zu, sitzen. Freilich will ich nicht auf alle übrigen Häuser v[on] diesen schließen. Allein v[on] außen wenigstens sind sie alle antik[6]. .
[137]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20)
: Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen von sinnlicher Form und Schönheit[1], alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion[1] und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit[3] über dasselbe..
[138]
Winckelmann, Gesch. d. Kunst I (1764), 132
: Durch die Freyheit[6] erhob sich, wie ein edler Zweig aus einem gesunden Stamme, das Denken des ganzen Volks[1]. Denn wie der Geist[22] eines zum Denken gewöhnten Menschen sich höher zu erheben pflegt im weiten Felde, oder auf einem offenen Gange, auf der Höhe eines Gebäudes, als in einer niedrigen Kammer, und in jedem eingeschränkten Orte, so muß auch die Art zu denken unter den freyen[6] Griechen gegen die Begriffe beherrschter Völker[1] sehr verschieden gewesen seyn..
[139]
Zelter/Goethe, Haydn. Schöpf. (1826), WA I, 41.2, 384
: [H]ierdurch werde ich erinnert, an den Vorwurf zu denken, den man Haydn machen wollen: seine Musik[4] ermangele der Leidenschaft. Hierauf nun erwidere ich Folgendes: Das Leidenschaftliche in der Musik[1] wie in allen Künsten[2] ist leichter als man denkt, schon weil es leichter nachempfunden wird; es ist nicht ursprünglich, die Gelegenheit bringt es hervor, und nach dem Begriffe der Alten[10] verdeckt es die reine Natur[19] und entstellt das Schöne[1]. [...] | Unser Haydn [...] wirkt ohne Hitze, was er wirkt; wer will denn auch erhitzt sein? Temperament, Sinn[6], Geist[20], Humor[3], Fluß, Süße, Kraft und endlich die echten Zeichen des Genies[4]: Naivetät und Ironie[3] müssen ihm durchaus zugestanden werden. Sind nun die hier genannten Elementartheile, welche ohne Wärmestoff nicht denkbar sind, Haydn'sche Eigenheiten, so begrüßen wir seine Kunst[10] als antik[4] im besten Sinne[1], und daß sie modern[4/7] sei, ist unsres Wissens nicht bestritten worden, was auch schwer gelingen möchte, da alle moderne[9] Musik[1] auf ihm ruht..