Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 87: Im höheren eigentlichen Sinne ist Handlung eine von dem Willen des Menschen abhängige Thätigkeit. Ihre Einheit wird in der Richtung auf ein einziges Ziel bestehen; zu ihrer Vollständigkeit gehört alles was zwischen dem ersten Entschlusse und der Vollbringung der That liegt.
[2] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 295 f. (296): Freyheit[6] [...], 〈296〉 [...] derjenige Zustand, in welchem der Mensch in seinen Handlungen von keinem andern abhänget. Einem Leibeigenen die Freyheit[6] schenken. Die Freyheit[6] einer Republik. In der Freyheit[6] leben..
[3] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 295 f. (296): Freyheit[17] [...], 〈296〉 [...] freye Handlung, eine Handlung, wodurch die vorgeschriebenen oder eingeführten Schranken überschritten werden; am häufigsten im nachtheiligen Verstande[7]. In einem Gemählde befinden sich große Freyheiten[17], wenn die Regeln der Kunst[2] überschritten worden..
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 759: Einen freyen[6/8?] Gottesdienst haben, die Freyheit[6/8?], Gott[1] durch äußere Handlungen nach Vorschrift seiner Kirche dienen zu können..
[5] S. Bernhardi, an A. W. Schlegel (Mitt. Sept. 1801), KJ 1, 23: Freilig bin ich so albern daß ich weit mehr auf Worte[2] als auf Handlungen gebe. Ich läugne es nicht und da es uns einmal nicht möglich ist etwas anders als auß unserm Innern herauß zu betrachten so läßt sich dies sehr leicht erklären da ich mit meinen Handlungen eben weil ich sie als eine Äusserligkeit betrachte weit freigebiger bin als mit meinen guten Worten[2] die ich als eine Äusserung meines Gemühts betrachte und nur gegen sehr wenige verbrauche.
[6] Goethe, Litt. Sanscül. (1795), 51 f. (52): Wer mit den Worten[1], deren er sich im Sprechen oder Schreiben bedient, bestimmte Begriffe[1] zu verbinden für eine unerläßliche Pflicht hält, wird die Ausdrücke: classischer[3] Autor, classisches[3] Werk höchst selten gebrauchen. Wann und wo entsteht ein classischer[3] Nationalautor? Wenn er in der Geschichte[3] seiner Nation[1] große Begebenheiten und ihre Folgen in einer glücklichen und bedeutenden Einheit vorfindet; wenn er in den Gesinnun〈52〉gen seiner Landsleute Größe, in ihren Empfindungen Tiefe und in ihren Handlungen Stärke und Consequenz nicht vermißt; wenn er selbst, vom Nationalgeiste durchdrungen, durch ein einwohnendes Genie[2] sich fähig fühlt, mit dem Vergangnen wie mit dem Gegenwärtigen zu sympathisiren; wenn er seine Nation[1] auf einem hohen Grade der Kultur[4] findet, so daß ihm seine eigene Bildung[2] leicht wird; wenn er viele Materialien gesammelt, vollkommene oder unvollkommene Versuche seiner Vorgänger vor sich sieht, und so viel äußere und innere Umstände zusammentreffen, daß er kein schweres Lehrgeld zu zahlen braucht, daß er in den besten Jahren seines Lebens ein großes Werk zu übersehen, zu ordnen und in Einem Sinne[10] auszuführen fähig ist. ➢ Volltext.
[7] Grosse, Genius I (1791), 57 f. (58): Eine Lebhaftigkeit mei〈58〉ner Handlungen, eine sanfte Schmeicheley der Sprache[4], eine unveränderlich immer gleiche Stimmung und ein kleiner Trotz, den ich nicht übel anzuwenden verstand, kamen noch dazu, mir Aufmerksamkeit, Nachsicht und Gunst zu verschaffen..
[8] Hegel, Solger (1828), W 11, 259: Wenn die Andacht aus ihrem geistigen Aufenthalt zu der weltlichen Wirklichkeit zurückkehrt, bringt sie die Anerkenntnis von Pflichten, Stärkung und den tüchtigen Ernst zu denselben und zu dem Lebensberuf mit, und hieran, an diesen Früchten, muß sich wesentlich erkennen, ob sie selbst wahrhafter, durchdringender Art ist. Anderen mag es eingefallen sein, auch für dieses Gebiet den Standpunkt der Ironie[3] mitzubringen. Wohl müssen auch die sittlichen Gesetze, Handlungen, Gesinnungen usf. in dem Gesichtspunkte des Endlichen betrachtet werden – „auch das Höchste ist für unser Handeln nur in begrenzter endlicher Gestaltung da“ –, und die Andacht, obgleich Erhebung in eine höhere Region, ist, wenn sie [...] rechter Art ist, weit entfernt, jene Gestaltung mit der abstrakten Kategorie von „Endlichem“ nur geringfügig oder verächtlich zu machen und sich ironisch[3] oder komisch dagegen zu verhalten..
[9] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 87 f. (88): Insofern nun aber die Ironie[3] ist zur Kunstform gemacht worden, blieb sie nicht dabei stehen, nur das eigene Leben und die besondre Individualität des ironischen[3] Subjekts künstlerisch heraus zu gestalten, sondern außer dem Kunstwerk der eigenen 〈88〉 Handlungen u. s. f. sollte der Künstler auch äußere Kunstwerke als Produkte der Phantasie[1] zu Stande bringen. Das Princip dieser Produktionen, die nur in der Poesie[11] vornehmlich hervorgehen können, ist nun wiederum die Darstellung des Göttlichen als des Ironischen[3]. Das Ironische[3] aber als die geniale Individualität liegt in dem Sich-Vernichten des Herrlichen, Großen, Vortrefflichen, und so werden auch die objektiven Kunstgestalten nur das Princip der sich absoluten Subjektivität darzustellen haben, indem sie, was dem Menschen Werth und Würde hat, als Nichtiges in seinem Sich-Vernichten zeigen. Darin liegt denn, daß es nicht nur nicht Ernst sey mit dem Rechten, Sittlichen, Wahrhaften, sondern daß an dem Hohen und Besten nichts ist, indem es sich in seiner Erscheinung in Individuen, Charakteren[7], Handlungen selbst widerlegt und vernichtet, und so die Ironie[3] über sich selbst ist. ➢ Volltext.
[10] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 73: Bei den Morgenländern ists der gewöhnlichste Idiotismus geworden, das Anerkennen einer Sache Namengebung zu nennen: denn im Grunde der Seele sind beide Handlungen Eins. Sie nennen den Menschen[1] das redende Thier[2], und die unvernünftigen Thiere[2] die Stummen: der Ausdruck ist sinnlich Charakteristisch[2]: und das griechische[5] ἄλογος fasset beides. Es wird so nach die Sprache[1] ein natürliches[3] Organ[1] des Verstandes[2], [...] wie sich [...] der Instinkt der Biene seine Zelle bauet. | [...] Ich kann nicht den ersten menschlichen Gedanken denken, nicht das Erste besonnene Urtheil reihen, ohne daß 〈74〉 ich in meiner Seele dialogire oder zu dialogiren strebe; der erste menschliche Gedanke bereitet also seinem Wesen nach, mit andern dialogiren zu können! Das erste Merkmal, was ich erfasse, ist Merkwort für mich, und Mittheilungswort für andre! ➢ Volltext.
[11] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 87 f. (88): Was so viele Alten[10] sagen und so viel Neuere[5] ohne Sinn[2] nachgesagt, nimmt hieraus sein sinnliches Leben: „daß nemlich Poesie[11] älter[1] gewesen, als Prosa[2]!“ denn was war diese erste Sprache[3] als eine Sammlung von Elementen der Poesie[[11]? Nachahmung der tönenden, handelnden, sich regenden Natur[2]! [...] Ein Wörterbuch der Seele, was zugleich Mythologie und eine wun〈88〉derbare Epopee von den Handlungen und Reden aller Wesen ist! Also eine beständige Fabeldichtung mit Leidenschaft und Interesse! – Was ist Poesie[11] anders? ➢ Volltext.
[12] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 80 f. (81): [J]eder klassische[8] Schönden〈81〉ker, der die Policirung unsres Jahrhunderts fürs non plus ultra der Menschheit[1] hält, hat Gelegenheit, ganze Jahrhunderte auf Barbarei, elendes Staatsrecht, Aberglauben und Dummheit, Mangel der Sitten und Abgeschmacktheit [...] zu schmälen und über das Licht unsres Jahrhunderts, das ist, über seinen Leichtsinn und Ausgelassenheit, über seine Wärme in Ideen und Kälte in Handlungen, über seine scheinbare Stärke und Freyheit[14/10] und über seine würkliche Todesschwäche und Ermattung unter Unglauben, Despotismus und Üppigkeit zu lobjauchzen..
[13] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 282: Tacitus [...] wars unmöglich, Begebenheiten zu erzählen, ohne daß er die Ursachen derselben entwickle und das Verabscheuungswürdige mit schwarzen Farben male. Seine Geschichte[7] ächzet nach Freiheit[6], und in ihrem dunkel-verschlossenen Ton[12] beklagt sie den Verlust derselben weit bitterer, als sies mit Worten[2] thun könnte. Nur der Zeiten[3] der Freiheit[6], d. i. offener Handlungen im Staat und im Kriege, erfreuet sich die Beredsamkeit und Geschichte[4]; mit jenen sind beide dahin; sie borgen im Müssiggange des Staats auch müßige Betrachtungen und Worte[2]..
[14] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 189 f. (190): Ein Sclave z. B. der sich durch seine Industrie einiges Geld erworben hat, kann seinen Herrn zwingen, ihn gegen die mässige Summe von 〈190〉 1500 bis 2000 Livres in Freiheit[6] zu setzen, und diese kann ihm nicht verweigert werden, wenn jener auch gleich die Vorstellung macht, daß ihn der Sclave das Dreifache gekostet habe, oder daß er ein besonders einträgliches Handwerk verstehe. Letzterer gewinnt seine Freiheit[6], wenn er grausam behandelt worden ist, schon dadurch, sobald der Richter sich der Sache des Unterdrückten annimmt. Indeß begreift man leicht, daß dieses wohlthätige Gesetz oft genug umgangen wird. Allein ich habe doch im Juli 1803, und in Mexico selbst, das Beispiel von zwo Negersclavinnen gesehen, denen die obrigkeitliche Person [...] die Freiheit[6] zusprach, weil ihre Gebieterin [...] ihnen viele Wunden mit Scheeren, Stecknadeln und Federmessern beigebracht hatte. In diesem abscheulichen Proceß wurde die Dame beschuldigt, daß sie ihren Sclaven mit einem Schlüssel die Zähne ausgebrochen habe, wenn sie sich über Zahnweh, das sie am Arbeiten hinderte, beklagten. – Die römischen Matronen waren wahrlich nicht erfinderischer in den Handlungen ihrer Rache; denn die Barbarei ist in allen Jahrhunderten dieselbe, wenn die Menschen[1] ihren Leidenschaften den Zügel schießen lassen können, und die Regierungen eine, den Gesetzen der Natur[11], und somit dem Wohl der Gesellschaft entgegenlaufende, Ordnung[1] der Dinge dulden..
[15] W. v. Humboldt, Rez. Jacobi (1794), 805 f. (806): [W]as Woldemar suchte, und wie er es suchte, konnte er nur in einer weiblichen Seele finden. Durch die Natur[1] seines Wesens nothwendig geleitet, und durch seine äußere Lage begünstigt, gehört das andre Geschlecht[2] größtentheils dem inneren Leben und Weben in eignen Ideen und Empfindungen an. Sich darauf in hoher Einfachheit beschränkend, ist das weibliche Gemüth zwar vielleicht ein minder reiches und starkes, aber gewiß ein reineres Bild desselben, als jedes andre, und daher am meisten fähig, das zu gewähren, was Woldemar schmerzlich entbehrte. Jener Trieb aber, nach dessen Gewissheit er so ängstlich strebte, und der doch kein andrer ist, als den die Philosophie sonst den uneigennützigen, die Aeußerung der praktischen Vernunft[1], zu nennen pflegt, ist als bloßer Trieb im Weibe[1] schon um eben so viel reicher und ununterbrochener lebhaft, als dieß alle Neigungen und Gefühle überhaupt in ihm sind. Allein auch in seiner höheren Natur[1] ist er deutlicher sichtbar. Unter allen Geschöpfen, die sich nach eignem Willen bestimmen, sind die Weiber[1] der steten immer wie〈806〉derkehrenden Ordnung der Natur[2] gleichsam am nächsten geblieben. Dadurch und durch die Mitwirkung ihres feineren Schönheitssinnes sind alle ihre, auch eigennützigen Triebe, reiner und harmonischer gestimmt, und schon ihre sanfte Schwäche verhütet ein zu häufiges Einmischen der heftigen, wechselnden Begierde. Endlich scheinen sie unmittelbar aus der Hand der Natur[13] zu kommen. Weniger, wie bey dem Manne, von eigenmächtigen Handlungen des bey diesem stärkeren und thätigeren Willens durchkreuzt, ist der Inbegriff ihres Wesens ein mehr durch die Natur[13] und die Lage der Umstände gegebenes Ganze. Was man in demselben antrifft, ist sichrer aus ihrer inneren Beschaffenheit hervorgegangenes Werk der Natur[13], als eigne Schöpfung..
[16] Kant, Daseyn Gottes (1763), 88: Ich bemerke aber, damit aller Misverstand verhütet werde: daß die Veränderungen in der Welt entweder aus der ersten Anordnung des Universum und den algemeinen und besondern Gesetzen der Natur[2] nothwendig seyn, dergleichen alles dasjenige ist, was in der körperlichen Welt mechanisch vorgeht, oder daß sie gleichwohl bey allem diesem eine nicht genugsam begriffene Zufälligkeit haben, wie die Handlungen aus der Freyheit[10] deren Natur[1] nicht ge〈89〉hörig ein[ge]sehen wird..
[17] Krünitz, Oecon. Encycl. XL (1787), 447: Die Bewohner der heißen Erdstriche [...] sind von hitzigem Temperament, haben eine braune oder gar schwarze Farbe des Gesichtes und des Leibes, eine lebhafte feurige Einbildungs-Kraft[1], und sind zu heftigen Affecten geneigt. Die Bewohner der gemäßigten Klimaten[2] sind weiß von Farbe, haben ein gemäßigteres Temperament, und sind in ihren Handlungen bedächtlicher, und in ihrem Character[2] fester. Die Einwohner der kalten Klimaten[2], sind von trägem Temperament, klein von Statur, blaß von Angesicht, und haben ein geringes Maß von Verstandes-Kräften. Ob nun wohl das Klima[1] die einzige Ursache dieser Verschiedenheit nicht ist, (denn die Nahrungs-Mittel, 〈448〉 die Cultur[7] und andere äussere Umstände, tragen ebenfalls das ihrige bey,) so ist es doch gewiß die vornehmste..
[18] Novalis, an seinen Vater (9. 2. 1793), NS 4, 109 f. (110): Die Erfahrung wird ihre Hand an meine Bildung[5] legen und in ihrem hellen Lichte wird manche romantische[4/7] Jugendidee verschwinden und nur der stillen, zarten Wahrheit, dem einleuchtenden Sinn[2] des Sittlichguten, Schönen[1] und Bleibenden den Plaz überlassen. [...] Mir wird die Subordination, die Ordnung, die Einförmigkeit, die Geistlosigkeit des Militairs sehr dienlich seyn. Hier wird meine Fantasie[2/3] das Kindische, Jugendliche verlieren, was ihr anhängt und gezwungen seyn sich nach den festen Regeln eines Systems zu richten. Der Romantische[4/7] Schwung wird in dem alltäglichen, sehr unroman〈110〉tischen Gange meines Lebens viel von seinem schädlichen Einfluß auf meine Handlungen verlieren und nichts wird mir übrigbleiben als ein dauerhafter, schlichter bonsens, der für unsre modernen[5] Zeiten[5] den angemessensten, natürlichsten[4] Gesichtspunkt darbietet..
[19] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 93: Diejenige Handlung, welche Ursache alles Begräntztseyns, und aus keiner andern mehr erklärbar ist, muß absolut frey seyn. Absolute Freyheit[1/10] aber ist identisch mit absoluter Nothwendigkeit. Könnten wir uns z. B. ein Handeln in Gott denken, so müßte es absolut frey seyn, aber diese absolute Freyheit[1/10] wäre zugleich absolute Nothwendigkeit, weil in Gott kein Gesetz und kein Handeln denkbar ist, was nicht aus der innern Nothwendigkeit seiner Natur[1] hervorgeht. Ein solcher Act ist der ursprüngliche des Selbstbewußtseyns, absolut frey, weil er durch nichts außer dem Ich bestimmt ist, absolut nothwendig, weil er aus der innern Nothwendigkeit der Natur[1] des Ichs hervorgeht..
[20] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 350 f. (351): [U]m auch nur anfangen zu können, zu handeln, muß ich schon beschränkt seyn. Daß meine freye Thätigkeit ursprünglich sich nur auf ein bestimmtes Object richtet, wurde im Vorhergehenden daraus erklärt, daß es mir durch andere Intelligenzen[2] schon unmöglich gemacht ist, alles zu wollen. Allein es kann mir denn doch durch mehrere Intelligenzen[2] nicht unmöglich gemacht seyn, mehreres zu wollen; daß ich also von mehreren Objecten B, C, D gerade C wähle, davon muß der letzte Grund doch nur in mir selbst liegen. Nun kann aber dieser Grund nicht in meiner Freyheit[1] liegen, denn erst durch diese Beschränktheit der freyen Thätigkeit auf ein bestimmtes Object 〈351〉 werde ich meiner bewußt, also auch frey, mithin muß, ehe ich frey, d. h. der Freyheit[1] bewußt bin, meine Freyheit[1] schon eingeschränkt, und gewisse freye Handlungen müssen noch, ehe ich frey bin, für mich unmöglich gemacht seyn. Dahin gehört z. B. das, was man Talent, oder Genie[3] nennt, und zwar nicht nur Genie[3] zu Künsten[2], oder Wissenschaften, sondern auch Genie[3] zu Handlungen. Es klingt hart, ist aber deßwegen um nichts weniger wahr, daß, so wie unzählige Menschen zu den höchsten Functionen des Geistes[19] ursprünglich untüchtig sind, ebenso unzählige nie im Stande seyn werden, mit der Freyheit[1] und Erhebung des Geistes[19] selbst über das Gesetz zu handeln, welche nur wenigen Auserlesenen zukommen kann..
[21] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 424 f. (425): In der Freyheit[10] soll wieder Nothwendigkeit seyn, heißt also ebensoviel, als: durch die Freyheit[10] selbst, und indem ich frey zu handeln glaube, soll bewußtlos, d. h. ohne mein Zuthun entstehen, was ich nicht beabsichtigte; oder anders ausgedrückt: der bewußten, also [...] freybestimmenden Thätigkeit [...] soll eine bewußtlose entgegenstehen, durch welche der uneingeschränktesten Aeußerung der Freyheit[10] unerachtet etwas ganz unwillkührlich, und vielleicht selbst wider den Willen des Handelnden, entsteht, was er selbst durch sein Wollen nie hätte realisiren können. Dieser Satz, so paradox er auch scheinen möchte, ist doch nichts anders, als nur der transscendentale[1] Ausdruck des allgemein angenommenen und vorausgesetzten Verhältnisses der Freyheit[10] zu einer verborgenen Nothwendigkeit, die bald Schicksal, bald Vorsehung genannt wird, ohne daß bey dem einen oder dem andern etwas deutliches gedacht würde, jenes Verhältnisses, kraft 〈425〉 dessen Menschen durch ihr freyes Handeln selbst, und doch wider ihren Willen Ursache von etwas werden müßen, was sie nie gewollt, oder kraft dessen umgekehrt etwas mislingen und zu Schanden werden muß, was sie durch Freyheit[10] und mit Anstrengung aller ihrer Kräfte gewollt haben. | Ein solches Eingreifen einer verborgenen Nothwendigkeit in die menschliche Freyheit[10] wird vorausgesetzt nicht etwa nur von der tragischen Kunst[3], deren ganze Existenz auf jener Voraussetzung beruht, sondern selbst im Wirken und Handeln; es ist eine Voraussetzung, ohne die man nichts Rechtes wollen kann, und ohne welche kein um die Folgen ganz unbekümmerter Muth, zu handeln, wie die Pflicht gebietet, ein menschliches Gemüth begeistern könnte; denn wenn keine Aufopferung möglich ist, ohne die Ueberzeugung, daß die Gattung, zu der man gehört, nie aufhören könne, fortzuschreiten, wie ist denn diese Ueberzeugung möglich, wenn sie einzig und allein auf die Freyheit[10] gebaut ist? Es muß hier etwas seyn, das höher ist, denn menschliche Freyheit[10], und auf welches allein im Wirken und Handeln sicher gerechnet werden kann; ohne welches nie ein Mensch wagen könnte, eine Handlung von großen Folgen zu unternehmen, da selbst die vollkommenste Berechnung derselben durch den Eingriff fremder[3] Freyheit[10] so durchaus gestört werden kann, daß aus seiner Handlung etwas ganz anders resultiren kann, als er beabsichtigte..
[22] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 429: Nun ist [...] hier nicht vom Handeln des Individuums, sondern vom Handeln der ganzen Gattung die Rede. Jenes zweyte Objective, was uns entstehen soll, kann nur durch die Gattung, d. h. in der Geschichte[1] realisirt werden. Die Geschichte[1] aber objectiv angesehen ist nichts anders, als eine Reihe von Begebenheiten, die nur subjectiv, als eine Reihe freyer Handlungen erscheint. [...] 〈430〉 [...] [N]icht das Individuum handelt in der Geschichte[1], sondern die Gattung; also müßte [...] das Objective der Geschichte Eines seyn für die ganze Gattung..
[23] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 436: Wenn [...] jenes Absolute, welches überall nur sich offenbaren kann, in der Geschichte[1] wirklich und vollständig sich geoffenbart hätte, oder jemals sich offenbarte, so wäre es eben damit um die Erscheinung der Freyheit[10] geschehen. Diese vollkommene Offenbarung würde erfolgen, wenn das freye Handeln mit der Prädetermination vollständig zusammenträffe. Wäre aber je ein solches Zusammentreffen, d. h. wäre die absolute Synthesis je vollständig entwickelt, so würden wir einsehen, daß alles, was durch Freyheit[10] im Verlauf der Geschichte[1] geschehen ist, in diesem Ganzen gesetzmäßig war, und daß alle Handlungen, obgleich sie frey zu seyn schienen, doch nothwendig waren, eben um dieses Ganze hervorzubringen. Der Gegensatz zwischen der bewußten und der bewußtlosen Thätigkeit ist nothwendig ein unendlicher, denn wäre er je aufgehoben, so wäre auch die Erscheinung der Freyheit[10] aufgehoben, welche einzig und allein auf ihm beruht. Wir können uns also keine Zeit[7] denken, in welcher sich die absolute Synthesis, d. h. wenn wir uns empirisch ausdrücken, der Plan der Vorsehung vollständig entwickelt hätte..
[24] Schiller, Lykurg. u. Sol. (1790), NA 17, 438: Wenn unsre Gesetzgeber unrecht gethan haben, daß sie moralische Pflichten und Sitten ganz vernachläßigten, so hatten die Gesetzgeber der Griechen darin Unrecht, daß sie moralische Pflichten mit dem Zwang der Gesetze einschärften. Zur moralischen Schönheit[1] der Handlungen ist Freiheit[5] des Willens die erste Bedingung, und diese Freiheit[5] ist dahin, sobald man moralische Tugend durch gesetzliche Strafen erzwingen will. Das edelste Vorrecht der Menschlichen Natur[1] ist, sich selbst zu bestimmen, und das Gute um des Guten willen thun..
[25] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 159: Die Bildung[10] eines Menschen[1] ist also nur in so weit seine Bildung[10], als sie mimisch ist; 〈160〉 aber auch so weit sie mimisch ist, ist sie sein. Denn, wenn gleich der größere Theil dieser mimischen Züge, ja wenn gleich alle bloßer Ausdruck der Sinnlichkeit wären und ihm also schon als bloßem Thiere[11] zukommen könnten, so war er bestimmt und fähig, die Sinnlichkeit durch seine Freyheit[10] einzuschränken. Die Gegenwart solcher Züge beweist also den Nichtgebrauch jener Fähigkeit und die Nichterfüllung jener Bestimmung; ist also ebenso gewiß moralisch sprechend, als die Unterlassung einer Handlung, welche die Pflicht gebietet, eine Handlung ist. ➢ Volltext.
[26] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186 f.: Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen][1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter[1] ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit[1] ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[27] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 193: Auf die Begierde und Verabscheuung erfolgt bey dem Thiere[1] eben so nothwendig Handlung, als Begierde auf Empfindung, und Empfindung auf den äußern Eindruck erfolgte. Es ist hier eine stetig fortlaufende Kette, wo jeder Ring nothwendig in den andern greift. Bey dem Menschen[1] ist noch eine Instanz mehr, nehmlich der Wille, der als ein übersinnliches Vermögen weder dem Gesetz der Natur[19], noch dem der Vernunft[1], so unterworfen ist, daß ihm nicht vollkommen freye Wahl bliebe, sich entweder nach diesem oder nach jenem zu richten. Das Thier[1] muß streben den Schmerz los zu seyn, der Mensch[1] kann sich entschließen, ihn zu behalten. ➢ Volltext.
[28] Schiller, Nothw. Grenz. (1795 [hier: 21800]), NA 21, 22: So lange der Mensch[1] noch ein Wilder ist, seine Triebe bloß auf materielle Gegenstände gehen, und ein Egoism von der gröbern Art seine Handlungen leitet, kann die Sinnlichkeit nur durch ihre blinde Stärke der Moralität gefährlich seyn, und sich den Vorschriften der Vernunft[1] bloß als eine Macht widersetzen. Die Stimme[14] der Gerechtigkeit, der Mässigung, der Menschlichkeit wird von der lauter sprechenden Begierde überschrien. Er ist fürchterlich in seiner Rache, weil er die Beleidigung fürchterlich empfindet. Er raubt und mordet, weil seine Gelüste dem schwachen Zügel der Vernunft[1] noch zu mächtig sind. Er ist ein wüthendes Thier[4] gegen andre, weil ihn selbst der Naturtrieb noch thierisch beherrscht..
[29] A. W. Schlegel, an S. Tieck-Bernhardi (3. 10. 1801), KJ 1, 25 f. (26): Dein Brief[1] hat mich innig betrübt, liebste beste Freundin. O es ahndete[1] mir wohl, daß der meinige übles stiften würde, ich hatte nur immer 〈26〉 die Besorgniß im Sinn[10], daß er in die unrechten Hände fallen könnte, und den heimlichen Zwang, den mir dieß anthat, nimmst Du für Kälte. So kann ich es Dir nie recht machen. Mein unwillkührliches Schweigen[1] erregte Dir Mistrauen, ja gänzlichen Zweifel an meinen Gesinnungen, und da ich nun schreibe, beleidigen Dich meine Worte[2], so treu und redlich sie gemeynt waren. Gewiß ich verkenne den Werth der Worte[2] nicht, welche innre Handlungen des Gemüths aussprechen, und alle die Deinigen sind in meinem Herzen verwahrt. Ich glaubte aber der ruhigste und einfachste Ausdruck würde Dich am besten von der Ächtheit meines Gefühls überzeugen. Leider ist es nicht geschehen, und es hat so lange gedauert ehe ich nur erfuhr, daß ich Dir misfallen habe, und es währt wieder so lange ehe dieß zu Dir gelangt, und ich bin nicht dort, um mich vor Dir niederzuwerfen, um Dir zuzureden, Dich in mein Auge blicken zu lassen, Dich zu versöhnen. Es ist eine grausame Sache um die Abwesenheit. Daß ich Dich doch nie wieder verlassen dürfte, wann ich erst bey Dir zurück bin, nicht einen Tag meines Lebens; daß ich immer dieselben Zimmer mit Dir bewohnen dürfte, – du solltest sehen, daß ich nur für Dich leben will, daß ich nach nichts anderm auf der Welt trachte. [⦿] ➢ Volltext; vgl. [5].
[30] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 91: Wir sehen hier eine neue[1] Bestimmung im Begriff[1] der Handlung, nämlich die Beziehung auf die Idee der sittlichen Freyheit[10], kraft welcher allein der Mensch[1] als der erste Urheber seiner Entschlüsse betrachtet wird. [...] Wir haben in dieser Beziehung auf eine höhere Idee allerdings die Einheit und Ganzheit der Tragödie im Sinne der Alten[10] gesucht: nämlich ihr absoluter Anfang ist die Bewährung der Freyheit[10], die Anerkennung der Nothwendigkeit ihr absolutes Ende. ➢ Volltext.
[31] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 15 f. (16): Was nun die dichterische Gattung betrifft, womit wir uns hier beschäftigen, so verglichen wir die antike[2] Tragödie mit einer Gruppe in der Sculptur: die Figuren entsprechen dem Charakter[7], ihre Gruppirung der Handlung[3], und hierauf ist, als auf das einzige Dargestellte, die Betrachtung bey beyden Arten von Kunstwerken[2] ausschließlich gerichtet. Das romantische[12/4] Drama denke man sich hingegen als ein großes Gemälde, wo außer der Gestalt und Bewegung in reicheren Gruppen auch noch die Umgebung der Personen mit abgebildet ist, nicht blos die nächste, sondern ein bedeutender Ausblick in die Ferne, und dieß alles unter einer magischen Beleuchtung, welche den Eindruck so oder anders bestimmen hilft. | Ein solches Gemählde wird weniger vollkommen begränzt seyn als die Gruppe, denn es ist wie ein ausgeschnittnes Bruchstück aus dem optischen Schauplatze der Welt. [...] 〈16〉 [...] | Gerade dergleichen Schönheiten[1] sind dem romantischen[12/4] Drama eigenthümlich. Es sondert nicht strenge wie die alte[10] Tragödie den Ernst und die Handlung[1] unter den Bestandtheilen des Lebens aus; es faßt das ganze bunte[2] Schauspiel desselben mit allen 〈17〉 Umgebungen zusammen, und indem es nur das zufällig neben einander befindliche abzubilden scheint, befriedigt es die unbewußten Foderungen der Fantasie[3], vertieft uns in Betrachtungen über die unaussprechliche Bedeutung des durch Anordnung, Nähe und Ferne, Colorit und Beleuchtung harmonisch gewordnen Scheines, und leiht gleichsam der Aussicht eine Seele. ➢ Volltext.
[32] Schleiermacher, Ath.-Fragm. (1798), 108 f., Nr. 362: Bey dem Streben nach einem Zweck zugleich auf alle wirklichen und möglichen Zwecke hinsehn, und die natürlichen Wirkungen, die eine jede Handlung nebenher haben kann, berechnen, das ist in der That etwas großes, und was man nur von wenigen wird rühmen können. Daß man im gemeinen Sprachgebrauch wirklich so etwas unter Klugheit versteht, geht auch aus dem Gefühl hervor, welches erregt wird, wenn man Jemand mit einem gewissen Akzent als klug preist. Das erste ist, daß er uns imponirt, und das zweyte, daß wir uns nach Wohlwollen und Ironie[3] bey dem gerühmten Manne umsehn, und daß er uns verhaßt wird, wenn wir nicht beydes antreffen. [...] Wir hoffen nämlich von jedem Menschen, daß wir ihn mehr oder weniger zu unsern Absichten werden gebrauchen können, und zugleich wünschen wir, daß er uns durch das freye Naturspiel seines Gemüths und durch absichtslose und unverwahrte Aeußerungen ein Gegenstand des Wohlwollens und nach Gelegenheit auch ein Gegenstand für den Scherz oder den arglosen Spott werden möge. Bey andern Menschen sind wir ziemlich sicher beydes allenfalls auch wider ihren 〈109〉 Willen zu erlangen. Der ausgezeichnet Kluge aber, der seine Handlungen so abmißt, daß nichts dabey herauskommen kann, als was er selbst beabsichtigt, macht uns für beydes bloß von seinem guten Willen abhängig; und wenn er nicht Wohlwollen besitzt, um mit Bewußtseyn und Freyheit[14] in die Absichten andrer hinein zu gehen, oder wenn es ihm an der Ironie[3] fehlt, die ihn dahin bringen könnte, absichtlich sich aus seiner Klugheit herauszusetzen und sich mit Entsagung auf dieselbe als ein Naturwesen der Gesellschaft zum beliebigen Gebrauch hinzugeben: so ist es natürlich, daß wir die Stelle, die er in unserm Kreise einnimmt, von einem andern besetzt wünschen.
[33] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 84: Merkwürdig ist es [...], daß bei jener [...] Art von Thätigkeit, wo Einer allein, in einer ununterbrochenen Handlung etwas ausführen soll, das Wissen, die Anwendung der Vernunft[1], die Reflexion ihm sogar oft hinderlich seyn kann, z. B. eben beim Billiardspielen, beim Fechten, beim Stimmen eines Instruments[3], beim Singen: hier muß die anschauliche Erkenntniß die Thätigkeit unmittelbar leiten: das Durchgehn durch die Reflexion macht sie unsicher, indem es die Aufmerksamkeit theilt und den Menschen verwirrt. Darum führen Wilde und rohe Menschen, die sehr wenig zu denken gewohnt sind, manche Leibesübungen, den Kampf mit Thieren[4], das Treffen mit dem Pfeil u. dgl. mit einer Sicherheit und Geschwindigkeit aus, die der reflektirende Europäer nie erreicht, eben weil seine Ueberlegung ihn schwanken und zaudern macht: denn er sucht z. B. die rechte Stelle, oder den rechten Zeitpunkt, aus dem gleichen Abstand von beiden falschen Extremen zu finden: der Naturmensch trifft sie unmittelbar, ohne auf die Abwege zu reflektiren. ➢ Volltext.
[34] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 276: Für einen Dichter von Genie[3], der den Menschen[6] sowol aus der Geschicht[5], als aus der täglichen Beobachtung kennen gelernt hat, ist die Materie zum Drama unerschöpflich. Aus der Geschichte[5] selbst stellen sich die größten oder die mächtigsten Männer dar, denen ganze Nationen[1] ihr gutes oder schlechtes Schiksal zu verdanken haben. Er weiß sie wieder ins Leben zurük zu führen, uns fürs Gesichte zu stellen, und uns zu Zeugen ihrer merkwürdigsten Thaten zu machen, daß wir die grossen Seelen eines Themistokles, eines Alexanders, eines Cicero, und andrer claßischer[3] Männer, in ihren Reden und Handlungen sich in unsrer Gegenwart entfalten sehen..
[35] Vulpius, Rinald. III (1799), 227 f. (228): Dieser Mann nahm sich die Mühe, den wißbegierigen Jüngling zu unterrichten. Er war sein Lehrer im Lesen und Schreiben, erzählte ihm viel und gab ihm Bücher zu lesen, die der junge Rinaldo in der Einsamkeit verschlang. Diese waren, eine Uebersetzung der Lebensbeschreibungen des Plutarch, ein Livius, ein Curtius, Ritterbü〈228〉cher, und Geschichtschreiber Italiens. Alles, was Rinaldo in diesen Büchern las, waren Thaten, die seiner Einbildungskraft[1] einen romantischen[7] Heldenschwung gaben, der den sichtbarsten Einfluß auf seine Vorstellungen, Entschlüsse und Handlungen hatte..
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[2] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 295 f. (296): Freyheit[6] [...], 〈296〉 [...] derjenige Zustand, in welchem der Mensch in seinen Handlungen von keinem andern abhänget. Einem Leibeigenen die Freyheit[6] schenken. Die Freyheit[6] einer Republik. In der Freyheit[6] leben..
[3] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 295 f. (296): Freyheit[17] [...], 〈296〉 [...] freye Handlung, eine Handlung, wodurch die vorgeschriebenen oder eingeführten Schranken überschritten werden; am häufigsten im nachtheiligen Verstande[7]. In einem Gemählde befinden sich große Freyheiten[17], wenn die Regeln der Kunst[2] überschritten worden..
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 759: Einen freyen[6/8?] Gottesdienst haben, die Freyheit[6/8?], Gott[1] durch äußere Handlungen nach Vorschrift seiner Kirche dienen zu können..
[5] S. Bernhardi, an A. W. Schlegel (Mitt. Sept. 1801), KJ 1, 23: Freilig bin ich so albern daß ich weit mehr auf Worte[2] als auf Handlungen gebe. Ich läugne es nicht und da es uns einmal nicht möglich ist etwas anders als auß unserm Innern herauß zu betrachten so läßt sich dies sehr leicht erklären da ich mit meinen Handlungen eben weil ich sie als eine Äusserligkeit betrachte weit freigebiger bin als mit meinen guten Worten[2] die ich als eine Äusserung meines Gemühts betrachte und nur gegen sehr wenige verbrauche.
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.[6] Goethe, Litt. Sanscül. (1795), 51 f. (52): Wer mit den Worten[1], deren er sich im Sprechen oder Schreiben bedient, bestimmte Begriffe[1] zu verbinden für eine unerläßliche Pflicht hält, wird die Ausdrücke: classischer[3] Autor, classisches[3] Werk höchst selten gebrauchen. Wann und wo entsteht ein classischer[3] Nationalautor? Wenn er in der Geschichte[3] seiner Nation[1] große Begebenheiten und ihre Folgen in einer glücklichen und bedeutenden Einheit vorfindet; wenn er in den Gesinnun〈52〉gen seiner Landsleute Größe, in ihren Empfindungen Tiefe und in ihren Handlungen Stärke und Consequenz nicht vermißt; wenn er selbst, vom Nationalgeiste durchdrungen, durch ein einwohnendes Genie[2] sich fähig fühlt, mit dem Vergangnen wie mit dem Gegenwärtigen zu sympathisiren; wenn er seine Nation[1] auf einem hohen Grade der Kultur[4] findet, so daß ihm seine eigene Bildung[2] leicht wird; wenn er viele Materialien gesammelt, vollkommene oder unvollkommene Versuche seiner Vorgänger vor sich sieht, und so viel äußere und innere Umstände zusammentreffen, daß er kein schweres Lehrgeld zu zahlen braucht, daß er in den besten Jahren seines Lebens ein großes Werk zu übersehen, zu ordnen und in Einem Sinne[10] auszuführen fähig ist. ➢ Volltext.
[7] Grosse, Genius I (1791), 57 f. (58): Eine Lebhaftigkeit mei〈58〉ner Handlungen, eine sanfte Schmeicheley der Sprache[4], eine unveränderlich immer gleiche Stimmung und ein kleiner Trotz, den ich nicht übel anzuwenden verstand, kamen noch dazu, mir Aufmerksamkeit, Nachsicht und Gunst zu verschaffen..
[8] Hegel, Solger (1828), W 11, 259: Wenn die Andacht aus ihrem geistigen Aufenthalt zu der weltlichen Wirklichkeit zurückkehrt, bringt sie die Anerkenntnis von Pflichten, Stärkung und den tüchtigen Ernst zu denselben und zu dem Lebensberuf mit, und hieran, an diesen Früchten, muß sich wesentlich erkennen, ob sie selbst wahrhafter, durchdringender Art ist. Anderen mag es eingefallen sein, auch für dieses Gebiet den Standpunkt der Ironie[3] mitzubringen. Wohl müssen auch die sittlichen Gesetze, Handlungen, Gesinnungen usf. in dem Gesichtspunkte des Endlichen betrachtet werden – „auch das Höchste ist für unser Handeln nur in begrenzter endlicher Gestaltung da“ –, und die Andacht, obgleich Erhebung in eine höhere Region, ist, wenn sie [...] rechter Art ist, weit entfernt, jene Gestaltung mit der abstrakten Kategorie von „Endlichem“ nur geringfügig oder verächtlich zu machen und sich ironisch[3] oder komisch dagegen zu verhalten..
[9] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 87 f. (88): Insofern nun aber die Ironie[3] ist zur Kunstform gemacht worden, blieb sie nicht dabei stehen, nur das eigene Leben und die besondre Individualität des ironischen[3] Subjekts künstlerisch heraus zu gestalten, sondern außer dem Kunstwerk der eigenen 〈88〉 Handlungen u. s. f. sollte der Künstler auch äußere Kunstwerke als Produkte der Phantasie[1] zu Stande bringen. Das Princip dieser Produktionen, die nur in der Poesie[11] vornehmlich hervorgehen können, ist nun wiederum die Darstellung des Göttlichen als des Ironischen[3]. Das Ironische[3] aber als die geniale Individualität liegt in dem Sich-Vernichten des Herrlichen, Großen, Vortrefflichen, und so werden auch die objektiven Kunstgestalten nur das Princip der sich absoluten Subjektivität darzustellen haben, indem sie, was dem Menschen Werth und Würde hat, als Nichtiges in seinem Sich-Vernichten zeigen. Darin liegt denn, daß es nicht nur nicht Ernst sey mit dem Rechten, Sittlichen, Wahrhaften, sondern daß an dem Hohen und Besten nichts ist, indem es sich in seiner Erscheinung in Individuen, Charakteren[7], Handlungen selbst widerlegt und vernichtet, und so die Ironie[3] über sich selbst ist. ➢ Volltext.
[10] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 73: Bei den Morgenländern ists der gewöhnlichste Idiotismus geworden, das Anerkennen einer Sache Namengebung zu nennen: denn im Grunde der Seele sind beide Handlungen Eins. Sie nennen den Menschen[1] das redende Thier[2], und die unvernünftigen Thiere[2] die Stummen: der Ausdruck ist sinnlich Charakteristisch[2]: und das griechische[5] ἄλογος fasset beides. Es wird so nach die Sprache[1] ein natürliches[3] Organ[1] des Verstandes[2], [...] wie sich [...] der Instinkt der Biene seine Zelle bauet. | [...] Ich kann nicht den ersten menschlichen Gedanken denken, nicht das Erste besonnene Urtheil reihen, ohne daß 〈74〉 ich in meiner Seele dialogire oder zu dialogiren strebe; der erste menschliche Gedanke bereitet also seinem Wesen nach, mit andern dialogiren zu können! Das erste Merkmal, was ich erfasse, ist Merkwort für mich, und Mittheilungswort für andre! ➢ Volltext.
[11] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 87 f. (88): Was so viele Alten[10] sagen und so viel Neuere[5] ohne Sinn[2] nachgesagt, nimmt hieraus sein sinnliches Leben: „daß nemlich Poesie[11] älter[1] gewesen, als Prosa[2]!“ denn was war diese erste Sprache[3] als eine Sammlung von Elementen der Poesie[[11]? Nachahmung der tönenden, handelnden, sich regenden Natur[2]! [...] Ein Wörterbuch der Seele, was zugleich Mythologie und eine wun〈88〉derbare Epopee von den Handlungen und Reden aller Wesen ist! Also eine beständige Fabeldichtung mit Leidenschaft und Interesse! – Was ist Poesie[11] anders? ➢ Volltext.
[12] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 80 f. (81): [J]eder klassische[8] Schönden〈81〉ker, der die Policirung unsres Jahrhunderts fürs non plus ultra der Menschheit[1] hält, hat Gelegenheit, ganze Jahrhunderte auf Barbarei, elendes Staatsrecht, Aberglauben und Dummheit, Mangel der Sitten und Abgeschmacktheit [...] zu schmälen und über das Licht unsres Jahrhunderts, das ist, über seinen Leichtsinn und Ausgelassenheit, über seine Wärme in Ideen und Kälte in Handlungen, über seine scheinbare Stärke und Freyheit[14/10] und über seine würkliche Todesschwäche und Ermattung unter Unglauben, Despotismus und Üppigkeit zu lobjauchzen..
[13] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 282: Tacitus [...] wars unmöglich, Begebenheiten zu erzählen, ohne daß er die Ursachen derselben entwickle und das Verabscheuungswürdige mit schwarzen Farben male. Seine Geschichte[7] ächzet nach Freiheit[6], und in ihrem dunkel-verschlossenen Ton[12] beklagt sie den Verlust derselben weit bitterer, als sies mit Worten[2] thun könnte. Nur der Zeiten[3] der Freiheit[6], d. i. offener Handlungen im Staat und im Kriege, erfreuet sich die Beredsamkeit und Geschichte[4]; mit jenen sind beide dahin; sie borgen im Müssiggange des Staats auch müßige Betrachtungen und Worte[2]..
[14] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 189 f. (190): Ein Sclave z. B. der sich durch seine Industrie einiges Geld erworben hat, kann seinen Herrn zwingen, ihn gegen die mässige Summe von 〈190〉 1500 bis 2000 Livres in Freiheit[6] zu setzen, und diese kann ihm nicht verweigert werden, wenn jener auch gleich die Vorstellung macht, daß ihn der Sclave das Dreifache gekostet habe, oder daß er ein besonders einträgliches Handwerk verstehe. Letzterer gewinnt seine Freiheit[6], wenn er grausam behandelt worden ist, schon dadurch, sobald der Richter sich der Sache des Unterdrückten annimmt. Indeß begreift man leicht, daß dieses wohlthätige Gesetz oft genug umgangen wird. Allein ich habe doch im Juli 1803, und in Mexico selbst, das Beispiel von zwo Negersclavinnen gesehen, denen die obrigkeitliche Person [...] die Freiheit[6] zusprach, weil ihre Gebieterin [...] ihnen viele Wunden mit Scheeren, Stecknadeln und Federmessern beigebracht hatte. In diesem abscheulichen Proceß wurde die Dame beschuldigt, daß sie ihren Sclaven mit einem Schlüssel die Zähne ausgebrochen habe, wenn sie sich über Zahnweh, das sie am Arbeiten hinderte, beklagten. – Die römischen Matronen waren wahrlich nicht erfinderischer in den Handlungen ihrer Rache; denn die Barbarei ist in allen Jahrhunderten dieselbe, wenn die Menschen[1] ihren Leidenschaften den Zügel schießen lassen können, und die Regierungen eine, den Gesetzen der Natur[11], und somit dem Wohl der Gesellschaft entgegenlaufende, Ordnung[1] der Dinge dulden..
[15] W. v. Humboldt, Rez. Jacobi (1794), 805 f. (806): [W]as Woldemar suchte, und wie er es suchte, konnte er nur in einer weiblichen Seele finden. Durch die Natur[1] seines Wesens nothwendig geleitet, und durch seine äußere Lage begünstigt, gehört das andre Geschlecht[2] größtentheils dem inneren Leben und Weben in eignen Ideen und Empfindungen an. Sich darauf in hoher Einfachheit beschränkend, ist das weibliche Gemüth zwar vielleicht ein minder reiches und starkes, aber gewiß ein reineres Bild desselben, als jedes andre, und daher am meisten fähig, das zu gewähren, was Woldemar schmerzlich entbehrte. Jener Trieb aber, nach dessen Gewissheit er so ängstlich strebte, und der doch kein andrer ist, als den die Philosophie sonst den uneigennützigen, die Aeußerung der praktischen Vernunft[1], zu nennen pflegt, ist als bloßer Trieb im Weibe[1] schon um eben so viel reicher und ununterbrochener lebhaft, als dieß alle Neigungen und Gefühle überhaupt in ihm sind. Allein auch in seiner höheren Natur[1] ist er deutlicher sichtbar. Unter allen Geschöpfen, die sich nach eignem Willen bestimmen, sind die Weiber[1] der steten immer wie〈806〉derkehrenden Ordnung der Natur[2] gleichsam am nächsten geblieben. Dadurch und durch die Mitwirkung ihres feineren Schönheitssinnes sind alle ihre, auch eigennützigen Triebe, reiner und harmonischer gestimmt, und schon ihre sanfte Schwäche verhütet ein zu häufiges Einmischen der heftigen, wechselnden Begierde. Endlich scheinen sie unmittelbar aus der Hand der Natur[13] zu kommen. Weniger, wie bey dem Manne, von eigenmächtigen Handlungen des bey diesem stärkeren und thätigeren Willens durchkreuzt, ist der Inbegriff ihres Wesens ein mehr durch die Natur[13] und die Lage der Umstände gegebenes Ganze. Was man in demselben antrifft, ist sichrer aus ihrer inneren Beschaffenheit hervorgegangenes Werk der Natur[13], als eigne Schöpfung..
[16] Kant, Daseyn Gottes (1763), 88: Ich bemerke aber, damit aller Misverstand verhütet werde: daß die Veränderungen in der Welt entweder aus der ersten Anordnung des Universum und den algemeinen und besondern Gesetzen der Natur[2] nothwendig seyn, dergleichen alles dasjenige ist, was in der körperlichen Welt mechanisch vorgeht, oder daß sie gleichwohl bey allem diesem eine nicht genugsam begriffene Zufälligkeit haben, wie die Handlungen aus der Freyheit[10] deren Natur[1] nicht ge〈89〉hörig ein[ge]sehen wird..
[17] Krünitz, Oecon. Encycl. XL (1787), 447: Die Bewohner der heißen Erdstriche [...] sind von hitzigem Temperament, haben eine braune oder gar schwarze Farbe des Gesichtes und des Leibes, eine lebhafte feurige Einbildungs-Kraft[1], und sind zu heftigen Affecten geneigt. Die Bewohner der gemäßigten Klimaten[2] sind weiß von Farbe, haben ein gemäßigteres Temperament, und sind in ihren Handlungen bedächtlicher, und in ihrem Character[2] fester. Die Einwohner der kalten Klimaten[2], sind von trägem Temperament, klein von Statur, blaß von Angesicht, und haben ein geringes Maß von Verstandes-Kräften. Ob nun wohl das Klima[1] die einzige Ursache dieser Verschiedenheit nicht ist, (denn die Nahrungs-Mittel, 〈448〉 die Cultur[7] und andere äussere Umstände, tragen ebenfalls das ihrige bey,) so ist es doch gewiß die vornehmste..
[18] Novalis, an seinen Vater (9. 2. 1793), NS 4, 109 f. (110): Die Erfahrung wird ihre Hand an meine Bildung[5] legen und in ihrem hellen Lichte wird manche romantische[4/7] Jugendidee verschwinden und nur der stillen, zarten Wahrheit, dem einleuchtenden Sinn[2] des Sittlichguten, Schönen[1] und Bleibenden den Plaz überlassen. [...] Mir wird die Subordination, die Ordnung, die Einförmigkeit, die Geistlosigkeit des Militairs sehr dienlich seyn. Hier wird meine Fantasie[2/3] das Kindische, Jugendliche verlieren, was ihr anhängt und gezwungen seyn sich nach den festen Regeln eines Systems zu richten. Der Romantische[4/7] Schwung wird in dem alltäglichen, sehr unroman〈110〉tischen Gange meines Lebens viel von seinem schädlichen Einfluß auf meine Handlungen verlieren und nichts wird mir übrigbleiben als ein dauerhafter, schlichter bonsens, der für unsre modernen[5] Zeiten[5] den angemessensten, natürlichsten[4] Gesichtspunkt darbietet..
[19] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 93: Diejenige Handlung, welche Ursache alles Begräntztseyns, und aus keiner andern mehr erklärbar ist, muß absolut frey seyn. Absolute Freyheit[1/10] aber ist identisch mit absoluter Nothwendigkeit. Könnten wir uns z. B. ein Handeln in Gott denken, so müßte es absolut frey seyn, aber diese absolute Freyheit[1/10] wäre zugleich absolute Nothwendigkeit, weil in Gott kein Gesetz und kein Handeln denkbar ist, was nicht aus der innern Nothwendigkeit seiner Natur[1] hervorgeht. Ein solcher Act ist der ursprüngliche des Selbstbewußtseyns, absolut frey, weil er durch nichts außer dem Ich bestimmt ist, absolut nothwendig, weil er aus der innern Nothwendigkeit der Natur[1] des Ichs hervorgeht..
[20] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 350 f. (351): [U]m auch nur anfangen zu können, zu handeln, muß ich schon beschränkt seyn. Daß meine freye Thätigkeit ursprünglich sich nur auf ein bestimmtes Object richtet, wurde im Vorhergehenden daraus erklärt, daß es mir durch andere Intelligenzen[2] schon unmöglich gemacht ist, alles zu wollen. Allein es kann mir denn doch durch mehrere Intelligenzen[2] nicht unmöglich gemacht seyn, mehreres zu wollen; daß ich also von mehreren Objecten B, C, D gerade C wähle, davon muß der letzte Grund doch nur in mir selbst liegen. Nun kann aber dieser Grund nicht in meiner Freyheit[1] liegen, denn erst durch diese Beschränktheit der freyen Thätigkeit auf ein bestimmtes Object 〈351〉 werde ich meiner bewußt, also auch frey, mithin muß, ehe ich frey, d. h. der Freyheit[1] bewußt bin, meine Freyheit[1] schon eingeschränkt, und gewisse freye Handlungen müssen noch, ehe ich frey bin, für mich unmöglich gemacht seyn. Dahin gehört z. B. das, was man Talent, oder Genie[3] nennt, und zwar nicht nur Genie[3] zu Künsten[2], oder Wissenschaften, sondern auch Genie[3] zu Handlungen. Es klingt hart, ist aber deßwegen um nichts weniger wahr, daß, so wie unzählige Menschen zu den höchsten Functionen des Geistes[19] ursprünglich untüchtig sind, ebenso unzählige nie im Stande seyn werden, mit der Freyheit[1] und Erhebung des Geistes[19] selbst über das Gesetz zu handeln, welche nur wenigen Auserlesenen zukommen kann..
[21] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 424 f. (425): In der Freyheit[10] soll wieder Nothwendigkeit seyn, heißt also ebensoviel, als: durch die Freyheit[10] selbst, und indem ich frey zu handeln glaube, soll bewußtlos, d. h. ohne mein Zuthun entstehen, was ich nicht beabsichtigte; oder anders ausgedrückt: der bewußten, also [...] freybestimmenden Thätigkeit [...] soll eine bewußtlose entgegenstehen, durch welche der uneingeschränktesten Aeußerung der Freyheit[10] unerachtet etwas ganz unwillkührlich, und vielleicht selbst wider den Willen des Handelnden, entsteht, was er selbst durch sein Wollen nie hätte realisiren können. Dieser Satz, so paradox er auch scheinen möchte, ist doch nichts anders, als nur der transscendentale[1] Ausdruck des allgemein angenommenen und vorausgesetzten Verhältnisses der Freyheit[10] zu einer verborgenen Nothwendigkeit, die bald Schicksal, bald Vorsehung genannt wird, ohne daß bey dem einen oder dem andern etwas deutliches gedacht würde, jenes Verhältnisses, kraft 〈425〉 dessen Menschen durch ihr freyes Handeln selbst, und doch wider ihren Willen Ursache von etwas werden müßen, was sie nie gewollt, oder kraft dessen umgekehrt etwas mislingen und zu Schanden werden muß, was sie durch Freyheit[10] und mit Anstrengung aller ihrer Kräfte gewollt haben. | Ein solches Eingreifen einer verborgenen Nothwendigkeit in die menschliche Freyheit[10] wird vorausgesetzt nicht etwa nur von der tragischen Kunst[3], deren ganze Existenz auf jener Voraussetzung beruht, sondern selbst im Wirken und Handeln; es ist eine Voraussetzung, ohne die man nichts Rechtes wollen kann, und ohne welche kein um die Folgen ganz unbekümmerter Muth, zu handeln, wie die Pflicht gebietet, ein menschliches Gemüth begeistern könnte; denn wenn keine Aufopferung möglich ist, ohne die Ueberzeugung, daß die Gattung, zu der man gehört, nie aufhören könne, fortzuschreiten, wie ist denn diese Ueberzeugung möglich, wenn sie einzig und allein auf die Freyheit[10] gebaut ist? Es muß hier etwas seyn, das höher ist, denn menschliche Freyheit[10], und auf welches allein im Wirken und Handeln sicher gerechnet werden kann; ohne welches nie ein Mensch wagen könnte, eine Handlung von großen Folgen zu unternehmen, da selbst die vollkommenste Berechnung derselben durch den Eingriff fremder[3] Freyheit[10] so durchaus gestört werden kann, daß aus seiner Handlung etwas ganz anders resultiren kann, als er beabsichtigte..
[22] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 429: Nun ist [...] hier nicht vom Handeln des Individuums, sondern vom Handeln der ganzen Gattung die Rede. Jenes zweyte Objective, was uns entstehen soll, kann nur durch die Gattung, d. h. in der Geschichte[1] realisirt werden. Die Geschichte[1] aber objectiv angesehen ist nichts anders, als eine Reihe von Begebenheiten, die nur subjectiv, als eine Reihe freyer Handlungen erscheint. [...] 〈430〉 [...] [N]icht das Individuum handelt in der Geschichte[1], sondern die Gattung; also müßte [...] das Objective der Geschichte Eines seyn für die ganze Gattung..
[23] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 436: Wenn [...] jenes Absolute, welches überall nur sich offenbaren kann, in der Geschichte[1] wirklich und vollständig sich geoffenbart hätte, oder jemals sich offenbarte, so wäre es eben damit um die Erscheinung der Freyheit[10] geschehen. Diese vollkommene Offenbarung würde erfolgen, wenn das freye Handeln mit der Prädetermination vollständig zusammenträffe. Wäre aber je ein solches Zusammentreffen, d. h. wäre die absolute Synthesis je vollständig entwickelt, so würden wir einsehen, daß alles, was durch Freyheit[10] im Verlauf der Geschichte[1] geschehen ist, in diesem Ganzen gesetzmäßig war, und daß alle Handlungen, obgleich sie frey zu seyn schienen, doch nothwendig waren, eben um dieses Ganze hervorzubringen. Der Gegensatz zwischen der bewußten und der bewußtlosen Thätigkeit ist nothwendig ein unendlicher, denn wäre er je aufgehoben, so wäre auch die Erscheinung der Freyheit[10] aufgehoben, welche einzig und allein auf ihm beruht. Wir können uns also keine Zeit[7] denken, in welcher sich die absolute Synthesis, d. h. wenn wir uns empirisch ausdrücken, der Plan der Vorsehung vollständig entwickelt hätte..
[24] Schiller, Lykurg. u. Sol. (1790), NA 17, 438: Wenn unsre Gesetzgeber unrecht gethan haben, daß sie moralische Pflichten und Sitten ganz vernachläßigten, so hatten die Gesetzgeber der Griechen darin Unrecht, daß sie moralische Pflichten mit dem Zwang der Gesetze einschärften. Zur moralischen Schönheit[1] der Handlungen ist Freiheit[5] des Willens die erste Bedingung, und diese Freiheit[5] ist dahin, sobald man moralische Tugend durch gesetzliche Strafen erzwingen will. Das edelste Vorrecht der Menschlichen Natur[1] ist, sich selbst zu bestimmen, und das Gute um des Guten willen thun..
[25] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 159: Die Bildung[10] eines Menschen[1] ist also nur in so weit seine Bildung[10], als sie mimisch ist; 〈160〉 aber auch so weit sie mimisch ist, ist sie sein. Denn, wenn gleich der größere Theil dieser mimischen Züge, ja wenn gleich alle bloßer Ausdruck der Sinnlichkeit wären und ihm also schon als bloßem Thiere[11] zukommen könnten, so war er bestimmt und fähig, die Sinnlichkeit durch seine Freyheit[10] einzuschränken. Die Gegenwart solcher Züge beweist also den Nichtgebrauch jener Fähigkeit und die Nichterfüllung jener Bestimmung; ist also ebenso gewiß moralisch sprechend, als die Unterlassung einer Handlung, welche die Pflicht gebietet, eine Handlung ist. ➢ Volltext.
[26] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186 f.: Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen][1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter[1] ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit[1] ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[27] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 193: Auf die Begierde und Verabscheuung erfolgt bey dem Thiere[1] eben so nothwendig Handlung, als Begierde auf Empfindung, und Empfindung auf den äußern Eindruck erfolgte. Es ist hier eine stetig fortlaufende Kette, wo jeder Ring nothwendig in den andern greift. Bey dem Menschen[1] ist noch eine Instanz mehr, nehmlich der Wille, der als ein übersinnliches Vermögen weder dem Gesetz der Natur[19], noch dem der Vernunft[1], so unterworfen ist, daß ihm nicht vollkommen freye Wahl bliebe, sich entweder nach diesem oder nach jenem zu richten. Das Thier[1] muß streben den Schmerz los zu seyn, der Mensch[1] kann sich entschließen, ihn zu behalten. ➢ Volltext.
[28] Schiller, Nothw. Grenz. (1795 [hier: 21800]), NA 21, 22: So lange der Mensch[1] noch ein Wilder ist, seine Triebe bloß auf materielle Gegenstände gehen, und ein Egoism von der gröbern Art seine Handlungen leitet, kann die Sinnlichkeit nur durch ihre blinde Stärke der Moralität gefährlich seyn, und sich den Vorschriften der Vernunft[1] bloß als eine Macht widersetzen. Die Stimme[14] der Gerechtigkeit, der Mässigung, der Menschlichkeit wird von der lauter sprechenden Begierde überschrien. Er ist fürchterlich in seiner Rache, weil er die Beleidigung fürchterlich empfindet. Er raubt und mordet, weil seine Gelüste dem schwachen Zügel der Vernunft[1] noch zu mächtig sind. Er ist ein wüthendes Thier[4] gegen andre, weil ihn selbst der Naturtrieb noch thierisch beherrscht..
[29] A. W. Schlegel, an S. Tieck-Bernhardi (3. 10. 1801), KJ 1, 25 f. (26): Dein Brief[1] hat mich innig betrübt, liebste beste Freundin. O es ahndete[1] mir wohl, daß der meinige übles stiften würde, ich hatte nur immer 〈26〉 die Besorgniß im Sinn[10], daß er in die unrechten Hände fallen könnte, und den heimlichen Zwang, den mir dieß anthat, nimmst Du für Kälte. So kann ich es Dir nie recht machen. Mein unwillkührliches Schweigen[1] erregte Dir Mistrauen, ja gänzlichen Zweifel an meinen Gesinnungen, und da ich nun schreibe, beleidigen Dich meine Worte[2], so treu und redlich sie gemeynt waren. Gewiß ich verkenne den Werth der Worte[2] nicht, welche innre Handlungen des Gemüths aussprechen, und alle die Deinigen sind in meinem Herzen verwahrt. Ich glaubte aber der ruhigste und einfachste Ausdruck würde Dich am besten von der Ächtheit meines Gefühls überzeugen. Leider ist es nicht geschehen, und es hat so lange gedauert ehe ich nur erfuhr, daß ich Dir misfallen habe, und es währt wieder so lange ehe dieß zu Dir gelangt, und ich bin nicht dort, um mich vor Dir niederzuwerfen, um Dir zuzureden, Dich in mein Auge blicken zu lassen, Dich zu versöhnen. Es ist eine grausame Sache um die Abwesenheit. Daß ich Dich doch nie wieder verlassen dürfte, wann ich erst bey Dir zurück bin, nicht einen Tag meines Lebens; daß ich immer dieselben Zimmer mit Dir bewohnen dürfte, – du solltest sehen, daß ich nur für Dich leben will, daß ich nach nichts anderm auf der Welt trachte. [⦿] ➢ Volltext; vgl. [5].
[30] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 91: Wir sehen hier eine neue[1] Bestimmung im Begriff[1] der Handlung, nämlich die Beziehung auf die Idee der sittlichen Freyheit[10], kraft welcher allein der Mensch[1] als der erste Urheber seiner Entschlüsse betrachtet wird. [...] Wir haben in dieser Beziehung auf eine höhere Idee allerdings die Einheit und Ganzheit der Tragödie im Sinne der Alten[10] gesucht: nämlich ihr absoluter Anfang ist die Bewährung der Freyheit[10], die Anerkennung der Nothwendigkeit ihr absolutes Ende. ➢ Volltext.
[31] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 15 f. (16): Was nun die dichterische Gattung betrifft, womit wir uns hier beschäftigen, so verglichen wir die antike[2] Tragödie mit einer Gruppe in der Sculptur: die Figuren entsprechen dem Charakter[7], ihre Gruppirung der Handlung[3], und hierauf ist, als auf das einzige Dargestellte, die Betrachtung bey beyden Arten von Kunstwerken[2] ausschließlich gerichtet. Das romantische[12/4] Drama denke man sich hingegen als ein großes Gemälde, wo außer der Gestalt und Bewegung in reicheren Gruppen auch noch die Umgebung der Personen mit abgebildet ist, nicht blos die nächste, sondern ein bedeutender Ausblick in die Ferne, und dieß alles unter einer magischen Beleuchtung, welche den Eindruck so oder anders bestimmen hilft. | Ein solches Gemählde wird weniger vollkommen begränzt seyn als die Gruppe, denn es ist wie ein ausgeschnittnes Bruchstück aus dem optischen Schauplatze der Welt. [...] 〈16〉 [...] | Gerade dergleichen Schönheiten[1] sind dem romantischen[12/4] Drama eigenthümlich. Es sondert nicht strenge wie die alte[10] Tragödie den Ernst und die Handlung[1] unter den Bestandtheilen des Lebens aus; es faßt das ganze bunte[2] Schauspiel desselben mit allen 〈17〉 Umgebungen zusammen, und indem es nur das zufällig neben einander befindliche abzubilden scheint, befriedigt es die unbewußten Foderungen der Fantasie[3], vertieft uns in Betrachtungen über die unaussprechliche Bedeutung des durch Anordnung, Nähe und Ferne, Colorit und Beleuchtung harmonisch gewordnen Scheines, und leiht gleichsam der Aussicht eine Seele. ➢ Volltext.
[32] Schleiermacher, Ath.-Fragm. (1798), 108 f., Nr. 362: Bey dem Streben nach einem Zweck zugleich auf alle wirklichen und möglichen Zwecke hinsehn, und die natürlichen Wirkungen, die eine jede Handlung nebenher haben kann, berechnen, das ist in der That etwas großes, und was man nur von wenigen wird rühmen können. Daß man im gemeinen Sprachgebrauch wirklich so etwas unter Klugheit versteht, geht auch aus dem Gefühl hervor, welches erregt wird, wenn man Jemand mit einem gewissen Akzent als klug preist. Das erste ist, daß er uns imponirt, und das zweyte, daß wir uns nach Wohlwollen und Ironie[3] bey dem gerühmten Manne umsehn, und daß er uns verhaßt wird, wenn wir nicht beydes antreffen. [...] Wir hoffen nämlich von jedem Menschen, daß wir ihn mehr oder weniger zu unsern Absichten werden gebrauchen können, und zugleich wünschen wir, daß er uns durch das freye Naturspiel seines Gemüths und durch absichtslose und unverwahrte Aeußerungen ein Gegenstand des Wohlwollens und nach Gelegenheit auch ein Gegenstand für den Scherz oder den arglosen Spott werden möge. Bey andern Menschen sind wir ziemlich sicher beydes allenfalls auch wider ihren 〈109〉 Willen zu erlangen. Der ausgezeichnet Kluge aber, der seine Handlungen so abmißt, daß nichts dabey herauskommen kann, als was er selbst beabsichtigt, macht uns für beydes bloß von seinem guten Willen abhängig; und wenn er nicht Wohlwollen besitzt, um mit Bewußtseyn und Freyheit[14] in die Absichten andrer hinein zu gehen, oder wenn es ihm an der Ironie[3] fehlt, die ihn dahin bringen könnte, absichtlich sich aus seiner Klugheit herauszusetzen und sich mit Entsagung auf dieselbe als ein Naturwesen der Gesellschaft zum beliebigen Gebrauch hinzugeben: so ist es natürlich, daß wir die Stelle, die er in unserm Kreise einnimmt, von einem andern besetzt wünschen.
➢ Volltext
.[33] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 84: Merkwürdig ist es [...], daß bei jener [...] Art von Thätigkeit, wo Einer allein, in einer ununterbrochenen Handlung etwas ausführen soll, das Wissen, die Anwendung der Vernunft[1], die Reflexion ihm sogar oft hinderlich seyn kann, z. B. eben beim Billiardspielen, beim Fechten, beim Stimmen eines Instruments[3], beim Singen: hier muß die anschauliche Erkenntniß die Thätigkeit unmittelbar leiten: das Durchgehn durch die Reflexion macht sie unsicher, indem es die Aufmerksamkeit theilt und den Menschen verwirrt. Darum führen Wilde und rohe Menschen, die sehr wenig zu denken gewohnt sind, manche Leibesübungen, den Kampf mit Thieren[4], das Treffen mit dem Pfeil u. dgl. mit einer Sicherheit und Geschwindigkeit aus, die der reflektirende Europäer nie erreicht, eben weil seine Ueberlegung ihn schwanken und zaudern macht: denn er sucht z. B. die rechte Stelle, oder den rechten Zeitpunkt, aus dem gleichen Abstand von beiden falschen Extremen zu finden: der Naturmensch trifft sie unmittelbar, ohne auf die Abwege zu reflektiren. ➢ Volltext.
[34] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 276: Für einen Dichter von Genie[3], der den Menschen[6] sowol aus der Geschicht[5], als aus der täglichen Beobachtung kennen gelernt hat, ist die Materie zum Drama unerschöpflich. Aus der Geschichte[5] selbst stellen sich die größten oder die mächtigsten Männer dar, denen ganze Nationen[1] ihr gutes oder schlechtes Schiksal zu verdanken haben. Er weiß sie wieder ins Leben zurük zu führen, uns fürs Gesichte zu stellen, und uns zu Zeugen ihrer merkwürdigsten Thaten zu machen, daß wir die grossen Seelen eines Themistokles, eines Alexanders, eines Cicero, und andrer claßischer[3] Männer, in ihren Reden und Handlungen sich in unsrer Gegenwart entfalten sehen..
[35] Vulpius, Rinald. III (1799), 227 f. (228): Dieser Mann nahm sich die Mühe, den wißbegierigen Jüngling zu unterrichten. Er war sein Lehrer im Lesen und Schreiben, erzählte ihm viel und gab ihm Bücher zu lesen, die der junge Rinaldo in der Einsamkeit verschlang. Diese waren, eine Uebersetzung der Lebensbeschreibungen des Plutarch, ein Livius, ein Curtius, Ritterbü〈228〉cher, und Geschichtschreiber Italiens. Alles, was Rinaldo in diesen Büchern las, waren Thaten, die seiner Einbildungskraft[1] einen romantischen[7] Heldenschwung gaben, der den sichtbarsten Einfluß auf seine Vorstellungen, Entschlüsse und Handlungen hatte..
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