[1]
Goethe, Tag- u. Jahres-Hefte II (*1817..26; 1830), WA I, 36, 136
: Nach eifrigem Studium [...] ward endlich die Abhandlung geschrieben wie sie im Druck vorliegt, und zugleich in's Französische übersetzt, um den Mailänder Freunden verständlich zu sein. Zu gleicher Zeit ward uns von dorther ein ähnlicher Widerstreit des Antiken[3] und Modernen, wie er sich auch in Deutschland rührt und regt, gemeldet; man mußte von dorther auch über Classisches[8] und Romantisches[14] polemische Nachrichten vernehmen.
[2]
Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 107 f. (108)
: Monti, Verfasser von Aristodem und Cajus Gracchus, Uebersetzer der Ilias, kämpft eifrig und kräftig auf der klassischen[8] Seite. Seine Freunde und Verehrer stehen dagegen für die romantische[14] Parthey und versichern, seine eignen besten Werke seyen romantisch[4], und bezeichnen solche namentlich, worüber der kostbare Mann, höchst verdrießlich und aufgebracht, das ihm zugedachte falsche Lob gar nicht anerkennen will. | Und doch ließe sich dieser Widerstreit sehr leicht heben, wenn man bedenken wollte daß jeder, der von Jugend an seine Bildung[5] den Griechen und Römern verdankt, nie ein gewisses antikes[2] Herkommen verläugnen, vielmehr jederzeit dankbar anerkennen wird was 〈108〉 er abgeschiedenen Lehrern schuldig ist, wenn er auch sein ausgebildetes Talent der lebendigen Gegenwart unaufhaltsam widmet und, ohne es zu wissen, modern endigt wenn er antik[3] angefangen hat..
[3]
Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 204 f. (205)
: Wie [...] ergreift das unauslöschliche Göttergelächter im Homer, das aus der seligen Ruhe der Götter[4] entspringt, und nur Heiterkeit[3] und nicht abstrakte Ausgelassenheit ist. Ebenso wenig auf der andern Seite darf das Weinen als haltungsloser Jammer in das ideale Kunstwerk[2] eintreten, wie z. B. solche abstrakte Trostlosigkeit [...] in Weber's Freischützen zu hören ist. In der Musik[4] überhaupt 〈205〉 ist der Gesang diese Freude und Lust sich zu vernehmen, wie die Lerche in den freien[1] Lüften singt; Hinausschreien des Schmerzes und der Fröhlichkeit macht noch keine Musik[4], sondern selbst im Leiden muß der süße Ton[9] der Klage die Schmerzen durchziehn und klären, so daß es Einem schon der Mühe werth scheint so zu leiden, um solche Klage zu vernehmen. Dieß ist die süße Melodie, der Gesang in aller Kunst[10]. | [...] In diesem Grundsatz hat auch in gewisser Beziehung das Prinzip der modernen Ironie[3/4] seine Berechtigung, nur daß die Ironie[3/4] einer Seits häufig alles wahren Ernstes baar ist, und sich vornehmlich an schlechten Subjekten zu delektiren liebt, andrer Seits in der bloßen Sehnsüchtigkeit des Gemüthes, statt des wirklichen Handelns und Seyns endet, wie Novalis z. B. eines der edleren Gemüther, welche sich auf diesem Standpunkte befanden, zu der Leerheit von bestimmten Intressen zu dieser Scheu vor der Wirklichkeit getrieben, und zu dieser Schwindsucht gleichsam des Geistes[19] hinaufgeschraubt wurde. Es ist dieß eine Sehnsucht, welche sich zum wirklichen Handeln und Produciren nicht herablassen will, weil sie sich durch die Berührung mit der Endlichkeit zu verunreinigen fürchtet, obschon sie ebenso sehr das Gefühl des Mangels dieser Abstraktion in sich hat. So liegt allerdings in der Ironie[3] jene absolute Negativität, in welcher sich das Subjekt im Vernichten der Bestimmtheiten und Einseitigkeiten auf sich selbst bezieht, indem aber das Vernichten, wie schon oben bei Betrachtung dieses Prinzips angedeutet wurde, nicht nur wie in der Komik das an sich selbst Nichtige, das sich in seiner Hohlheit manifestirt, sondern gleichmäßig auch jedes an sich Vortreffliche und Gediegene trifft, so behält die Ironie[3] als diese allseitige Vernichtigungskunst wie jene Sehnsüchtigkeit, im Vergleich mit dem wahren Ideal, zugleich die Seite der innern unkünstlerischen Haltungslosigkeit. Denn das Ideal bedarf eines in sich substantiellen Gehalts [...]. ➢ Volltext.
[4]
A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 224
: Mehr kann man wahrlich von einem geistvollen Manne nicht verlangen, als daß er in seiner Sinnesart und seinem Geschmack entweder recht entschieden modern, oder recht entschieden antik[3] sey. ➢ Volltext.
[5]
F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 102, Nr. 203
: Goethe ist kein Moderner sondern ein Progressiver[6] also zugl.[eich] antik[3]..