Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 92: Unermeßlich ist die Entfernung, in welcher die moderne Kunst[11] hinter der alten[10] zurückbleibt; unermeßlich! denn wer getrauet sich die Kluft zu messen, die das Wahre von dem Falschen trennt? In dieser schneidenden Bezeichnung scheint etwas hartes, vielleicht sogar unbilliges zu liegen; allein retten wir in der Folge nur den relativen Werth neuer[5] Kunstwerke[4], so wird man uns eine strenge Wahrheit hingehen lassen [...].
[2] Nicolai, Seb. Nothanker (41799), 330: Indem er so mit großem Eifer seine Seltenheiten herausstrich, erblickte er von ungefähr an des Sebaldus Finger dessen Petschierring, worin ein Anker gegraben war. [...] | „Ei“, rief er aus, „was für eine schöne[1] Antike[3] haben Sie da?“ | Sebaldus versicherte ihn, daß der Ring sehr modern sei und von einem Petschierstecher in einer kleinen Stadt in Thüringen sei gegraben worden.
[3] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 243: Bey der sonst feurigen und doch einfachen Komposizion vom Schwur der sieben Helden gegen Thebe, hat einmal ein moderner Gebrauch zu fest in der Fantasie[1] des Künstlers[2] gehaftet, als daß er den Irrthum hätte wahrnehmen sollen. Sie stehen nämlich in ihrer Rüstung und mit den Schilden gegen einander, drey an einer, 〈244〉 vier an der andern Seite des geschlachteten Stiers, und halten alle den Daum und die nächsten zwey Finger in die Höhe [❏], welches gewiß nicht die griechische[2] Weise zu schwören war. ➢ Volltext
[4] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 72: Die antiken[2] Statuen bedürfen keines Commentars, sie sprechen für sich, und jede vermeynte Nebenbuhlerey eines modernen Künstlers[2] würde nur als lächerliche Anmaßung erscheinen. ➢ Volltext
[5] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 136, Nr. 609: Alle modernen Rhetoriker stimmen fest ein keine Gattung im Styl anzunehmen; dieses ist merkwürdig und beweißt d[en] Imperativ d.[er] Romantisazion.
[6] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 40: Obwohl es zu viel gesagt sein würde, wenn man es auf alles ausdehnen wollte, daß sich das Griechische[5] und Römische in Rücksicht der Grammatik zum Indischen wieder verhalte, wie die romanischen[1] Sprachen[3] zur lateinischen; so ist es doch unläugbar wahr, daß sie in einigen Punkten, durch die Beihülfe der Präpositionen und durch die schwankendere Unregelmäßigkeit, schon den Uebergang zu der modernen Gramma〈41〉tik bilden, und daß die regelmäßige Einfachheit der indischen Sprache[3] in der gleichen Structur ein untrügliches Kennzeichen des höhern Alterthums[1] ist. ➢ Volltext
[7] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 83: Hierauf folgt eine Bestimmung der Begriffe[1] der antiken[2] und modernen oder romantischen[12] Poesie[11], und mit Recht ist diese vorangestellt, da der Verfasser einen ganz praktischen Zweck hatte, und also gleich in den historischen Gegensatz eingehen mußte. Nachdem er diesen oft verkannten und mißverstandenen, und oft selbst bezweifelten Gegensatz vorläufig durch Bilder und Beyspiele deutlich zu machen gesucht, durch Rhythmus und Melodie, Plastik und Malerey[2], die antike[2] und sogenannte gothische Baukunst; so versucht er ihn endlich seinem Wesen nach in bestimmten Worten[2] darzustellen.
[8] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 219 f. (220): Bei den Griechen war der philosophische Dialog eine Naturform, ein großer Theil des philosophischen Unterrichts bestand in Unterredung. Diese Form der philosophischen Geselligkeit verwandelte Plato 〈220〉 in Kunst[10] und er ist bis jetzt noch der unübertroffene Meister dieser Gattung. In seinen Dialogen herrscht neben der genauen Charakteristik, auch eine große Mannigfaltigkeit des Strebens und der Erreichung desselben, über welche Nüancen der rohe Sinn[13] hinwegblickt. Eine Form mit ähnlicher Tendenz, ist die moderne ungesellige Briefform. Allein obgleich hier wie durch den Dialog nach Wahrheit lyrisch, und von einer individuellen Vernunft[7] aus gestrebt wird, so ist doch diese weit steifer, kälter und verliert den Reiz der schnellen Abwechselung, der raschen Uebergänge und jene leise Ironie[3], welche der stärkeren Vernunft[7] wohl momentan über die schwächere erlaubt ist, welche aber in Briefen[3] verkörpert, für das an sich ernsthafte Streben nach Wahrheit zu laut oder zu bitter wird. ➢ Volltext.
[9] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 439: Da das Grundgesetz alles Rhythmus Causalität ist, und der Satz die Darstellung des Verstandes[10]: so wird diejenige Art der causalen Verknüpfung, welche die verständigere ist, auch die der Periode eigenthümlichere sein. Ob wir daher gleich im Vorigen eine doppelte Art der Verknüpfung kennen lernten, die eine in antiquen[2] Versen, wo der Grund oder die Arsis vorhergieng, die zweite in modernen Versen, wo die Thesis, oder die Folge voraus gesetzt ward: so sieht man doch leicht, daß die erstere, als die dem Verstande[10] angemesserne in der Periode allein vorkommen werde. ➢ Volltext.
[10] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 352: Das Hebräische wird ferner noch jetzt von der rechten Hand nach der linken zu geschrieben, sodaß ein nach moderner Weise gebundenes hebr. Buch anfängt, wo gewöhnlich die Bücher enden..
[11] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 161: [D]ie der christlichen Zeit[3] eigenthümliche Richtung von Poesie[1] und Kunst[4] [wird] im Gegensatze des Antiken[2] [...] eine moderne[1] genannt und als Haupteigenschaft derselben die im Mittelalter und vorzüglich mit dem 12. Jahrh. sich geltend machende Romantik[8] angenommen, für die aber am Ende des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Literatur und Kunst[4] der Alten[10] [...] eine neue[1] Periode anhob, welche auch vorzugsweise als die moderne[8] und dann die vorhergehende als die romantische[13] bezeichnet wird..
[12] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 201: Einer der ausgezeichnetsten und gelehrtesten Skeptiker des Alterthums[3] war Sextus Empirikus [...]. – Der moderne Skepticismus hat sich besonders gegen die Zuverlässigkeit der Verstandes- und Vernunfterkenntniß gerichtet und ist, da er nur auf dem Boden der Unkenntniß der Philosophie erwachsen, doch aber dieser sich entgegenstellte, zu keiner Bedeutung gelangt [...]..
[13] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 306: „Ich bin von Adel[1],“ sagt uns der moderne Edelmann. – Welch etwas ganz anderes war es, wenn ein Römer sich einen Brutus, einen Scipio, einen Appius, oder Cimon sich eines Miltiades Sohn nannte! Bestimmte Thaten bestimmter Männer gingen dann vor der Seele des Volks[7] vorüber, dem er sich nannte, und knüpften sich an den Mann, der durch seinen Namen oder durch den Namen seines Vaters das Andenken derselben bei ihnen erneuerte. – Aber was denken wir uns bei dem unbestimmten weitsichtigen Begriffe[4]: Adel[1]? Etwas klares wenigstens nicht. [...] Wir sind im Allgemeinen in unsrer vaterländischen Geschichte[3] weit weniger einheimisch, als die alten[10] Völker[1], weil man uns so viel als möglich abhält, Antheil an öffentlichen Geschäften zu nehmen: – und was wir allenfalls wissen, erregt unsre Theilnehmung in weit geringerm Grade, weil es derselben meist so wenig würdig ist..
[14] G. Forster, Ansichten I (1791), W 2, 427: Die sinnliche Vorstellung dessen, was allen Begrif[5] übersteigt, kann nicht anders als verkleinerlich ausfallen. Wie mag es also der Künstler[2] mit dem Zwecke seiner Kunst[4] zusammen reimen, daß er Dinge abzubilden wagt, die in seinem Bilde nicht an Größe und Erhabenheit gewinnen, sondern augenscheinlich verlieren? Doch dieser Fehler ist bei modernen Künstlern[2] so gewöhnlich, und so tief gewurzelt in der oft nicht von ihnen selbst abhangenden Anwendung ihres Talents auf die Geheimnisse des Christenthums, daß Rubens darum nicht mehr zu tadeln scheint als Michel Angelo..
[15] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101 f. (102): Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen[1], sich nährte von den Rhapsodien des Dichters[1] und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne[1] Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist[19] sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[16] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 104 f. (105): Freylich wenn das Genie[4], der gute Kopf sich bestrebt das Alterthum[3] wieder zu beleben, seine Zeitgenossen in abgelegene Regionen zurückzuführen, ihnen das Entfernte, durch gefällige Abspiegelung, näher zu rücken, da finden sich große Schwierigkeiten; demjenigen Künstler[1] dagegen wird es leicht der sich umthut was die Zeitgenossen ohnehin lieben, wornach sie streben, welche Wahrheit ihnen behagt, welcher Irrthum ihnen am Herzen 〈105〉 liegt? Und dann ist er ja selbst ein Moderner, in diese Zustände von Jugend auf eingeweiht und darin befangen, seine Ueberzeugung schließt sich an die Ueberzeugung des Jahrhunderts. Nun lasse er seinem Talente freyen[1] Lauf, und es ist kein Zweifel daß er den größten Theil des Publicums[2] mit sich hinreißen werde..
[17] Goethe, Theiln. d. Frz. (*?1828), WA I, 49.2, 494: Als Moderne waren sie [sc. die Franzosen] schon längst auf dem romantischen[4] Wege. | Getrauten sichs nicht zu bekennen. | Besonders auf dem Theater wo die alte[10] Form erstarrt war und Klassisch[3] hieß. | Diese mußte nach und nach durchbrochen werden. | Da kam ihnen unser Beyspiel unser Vorgang zu Nutz und sie fingen an unsre Productionen günstiger anzusehen..
[18] Heine, Romant. Schule (1836), 164: Mit den ernsten Disciplinen hatte sich Herr Tieck nie sonderlich befaßt. Er studirte moderne Sprachen[3] und die älteren[1] Urkunden unserer vaterländischen Poesie[1]. Den klassischen[7] Studien soll 〈165〉 er immer fremd[4] geblieben seyn, als ein ächter Romantiker[3]. ➢ Volltext.
[19] Heine, Romant. Schule (1836), 165: Außer Goethe ist es Cervantes, welchen Herr Tieck am meisten nachgeahmt. Die humoristische Ironie[3], ich könnte auch sagen, den ironischen[3] Humor[2] dieser beiden modernen Dichter, verbreitet auch ihren Duft in den Novellen aus Herren Tiecks dritter Manier. Ironie[3] und Humor[2] sind da so verschmolzen, daß sie ein und dasselbe zu seyn scheinen. Von dieser humoristischen Ironie[3] 〈166〉 ist viel bei uns die Rede, die Goethesche Kunstschule preist sie als eine besondere Herrlichkeit ihres Meisters, und sie spielt jetzt eine große Rolle in der deutschen Literatur. – – [Zensierter Text, DHA 8.1, 183 f.: Aber sie ist nur ein Zeichen unserer politischen Unfreiheit, und wie Cervantes, zur Zeit der Inquisition, zu einer humoristischen Ironie[3] seine Zuflucht nehmen mußte, um seine Gedanken anzudeuten, ohne den Familiaren des heiligen Offiz eine faßbare Blöße zu geben, so pflegte auch Goethe im Tone einer humoristischen Ironie[3] dasjenige zu sagen, was er, der Staatsminister und Höfling, nicht unumwunden auszusprechen wagte. Goethe hat nie die Wahrheit verschwiegen, sondern wo er sie nicht nackt zeigen durfte, hat er sie in Humor[2] und Ironie[3] gekleidet. Die Schriftsteller, die unter Zensur und Geisteszwang aller Art schmachten und doch nimmermehr ihre Herzensmeinung verleugnen können, sind ganz besonders auf die ironische[3] und humoristische Form angewiesen. Es ist der einzige Ausweg, welcher der Ehrlichkeit noch übriggeblieben, und in der humoristisch ironischen[3] Verstellung offenbart sich diese Ehrlichkeit noch am rührendsten.] ➢ Volltext.
[20] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237 f. (238): Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte[1] antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[11] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[11] der Neuen[5] zur modernen oder romantischen[12] Kunst[11]. Die antike[2] Kunst[11] (eigentlich nur die griechische[2] zu nennen) ist leichter zu beurtheilen, als in ihrem Stile zu schaffen. Ideale Ruhe, göttlicher Adel[5] in der Form und kühne Einfachheit sind die Kennzeichen, das Wesen der Antike[4]. Woher aber jene himmlische Ruhe, jene unnachahmliche Grazie, jene Abgeschlossenheit (Plastik) in der Antike[4]? – Griechenland war von Poesie[14] durchdrungen, nämlich von einer Phantasie[3], die ihre Ideale im Leben selbst vorfand, und dieselben in Formen bringen konnte, die wirklich vorhanden waren; die Kunst[11] besteht aber nur in dieser Verschmelzung des Ideals mit der Wirklichkeit, diese Erhebung des Irdischen zum übersinnlichen Genusse. Und wenn ein poetischer[1] Mensch derjenige ist, welcher bei Beschauung irdischer Gegenstände diesen sogleich ihre himmlische Beziehung in schöner[1] Form anweist, so waren die Griechen eine poetische[1] Nation[1], und die Kunst[4] lag ihnen nahe. Das Schöne[1] setzten sie über Alles, weil sie selbst schön[1] waren; sie vergötterten schöne[1] Menschen nach dem Tode; ihre Lebensaufgabe war Genuß des Schönen[1]..
[21] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 280: Uebersezungen. Diese können in Absicht des übersezten Schriftstellers einen dreifachen Nuzen haben. 1., ihn diejenigen kennen zu lehren, die sein Original nicht selbst zu lesen im Stande sind. 2., für denjenigen, der das Original selbst liest, zum Verständniss desselben zu dienen. 3., denjenigen, der das Original zu lesen im Begriff[6] ist, vorläufig mit ihm bekannt zu machen, ihn in seine Manier, seinen Geist[30] einzuweihen. [...] Die Haupterfordernisse einer Uebersezung wechslen nun nach diesem dreifachen Zwekke. Zu dem 1sten wird Anpassung des übersezten alten[10] Schriftstellers auf den modernen Leser, also oft absichtliche Abweichung von der Treue erfordert; zu dem 2ten Treue der Worte[4] und des Buchstabens[11]; zu dem 3ten Treue des Geistes[30], wenn ich so sagen darf, und des Gewandes, worin er gekleidet ist, wobei also vorzüglich viel auf die Nachahmung der Diktion bei Prosaikern und des Rhythmus und des Versbaues bei Dichtern ankommt..
[22] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 149: Um gewiß zu seyn, daß wir unserem Dichter[1] [sc. J. W. Goethe] nicht etwas Fremdes[5] unterschieben, seine rein antike[3] Dichtung nicht bloß mit modernem Sinne[5] betrachten, wollen wir, zur Bestätigung unsrer Behauptung, noch ein Paar einzelne Stellen aus dem Ganzen herausheben..
[23] W. v. Humboldt, Charakt. d. Grch. (*?1807), GS I, 7.2, 615: Da in der Bildhauerei die Gestalt, in der Musik das Gefühl herrscht, so ist der allgemeine Charakter[1] des Antiken[2] das Classische[6], der des Modernen das Romantische[8], von welchen beiden jenes von der Brust aus die Welt, dieses von der Welt aus die Brust zur Unendlichkeit zu erweitern versucht. | Das Classische[6] lebt in dem Lichte der Anschauung, knüpft das Individuum an die Gattung, die Gattung an das Universum an, sucht das Absolute in der Totalität der Welt, und ebnet den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, in der Idee des Schicksals durch allgemeines Gleichgewicht. | Das Romantische[8] verweilt vorzugsweise im Helldunkel des Gefühls, trennt das Individuum von der Gattung, die Gattung vom Universum, ringt nach dem Absoluten in der Tiefe des Ichs, und kennt für den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, keinen Ausweg, als entweder verzweiflungsvolles Aufgeben aller Ausgleichung, oder vollkommene Lösung, in der Idee der Gnade und Versöhnung durch Wunder..
[24] Immermann, Epigon. (1836), W 2, 459: Ein Unterschied der modernen Zeit[3] von der griechischen[2] besteht darin, daß unter uns Neueren[3] das wahrhaft geniale Schöne[2] fast immer im Gegensatze zu der herrschenden Stimmung erwächst, welche dagegen ihrerseits das als vorhanden zu präkonisieren [›auszurufen‹] pflegt, woran es ihr eben ganz gebricht. Dagegen ging in jener glücklichen griechischen[2] Periode das besondre Genie[2] der Künstler[1] aus dem allgemeinen Talente der Nation[1] hervor. Um an einem Beispiele meine Meinung klarzumachen, so glaubten wir an Klopstocks Oden, Bardieten und an den Nachahmungen derselben eine große vaterländische Poesie[11] zu besitzen, und doch waren diese frostigen Exerzitien am allerfernsten von einer solchen..
[25] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520 f. (521): Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten[1] Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit[1] der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst[4], in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]. Nachdem nun Buonarotti sie eine Zeitlang in dem 〈521〉 Wahne, eine wirkliche Antike[3] vor sich zu haben, gelassen, auch viele ironische[1] Bemerkungen zwischen der Antike[4] und seiner Arbeit mit angehört hatte, so trat er endlich hervor, und erklärte die Bildsäule für sein Werk [...]. Man kann sich leicht die Entrüstung denken, in welche alle seine Gegner geriethen, als sie sich mit ihrem Kunsturtheile so in die Enge getrieben sahen; indessen zweifelte man dennoch an der Wahrheit, bis Buonarotti den Arm brachte [...], welches zugleich eine Lehre für diejenigen zur Folge hat, die nur für das Antike[2] eingenommen sind, ohne das Moderne in der Kunst[2] erst näher zu untersuchen oder zu prüfen, indem sie dann finden werden, daß man bei der Wahl und Nachahmung des Schönen[1] in der Natur[2], nur das erreichen kann, was die Alten[10] auch nur erreichen konnten, weil sie nichts anderes thaten, und dann, daß die Kunst[2] nicht abgeschlossen ist, sondern sich jeder bestreben muß, das Höchste darin zu erreichen..
[26] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88 f. (89), Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter[1] des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[12] mancher Kritiken[5] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon. Es gehört ein Kopf dazu, in dem sich poetischer[4] Geist[14] und philosophischer Geist[14] in ihrer ganzen Fülle durchdrungen ha〈89〉ben. Die griechische[2] Mythologie ist zum Theil eine solche Übersetzung einer Nazionalreligion. Auch die moderne Madonna ist ein solcher Mythus. ➢ Volltext.
[27] Novalis, Poëticism. (*1798), NS 2, 537, Nr. 54: [I]n der Universalgeschichte der Poësie [lösen sich] die Antike[2], Moderne, und Vereinigte Periode ab[.].
[28] Novalis, Über Goethe (*1798), NS 2, 641 f. (642), Nr. 445: Wenn ich die neuesten[3] Freunde der Litteratur des Alterthums[3] recht verstehe, so haben sie mit ihrer Foderung, die klassischen[7/3] Schriftsteller nachzuahmen nichts anders im Sinn[10], als uns zu 〈642〉 Künstlern zu bilden – Kunsttalent in uns zu erwecken. Keine moderne Nation[1] hat den Kunstverstand in so hohem Grad gehabt, als die Alten[10]. Alles ist bey ihnen Kunstwerk[2] – aber vielleicht dürfte man nicht zu viel sagen, wenn man annähme, daß sie es erst für uns sind, oder werden können. Der classischen[7/3] Litteratur geht es, wie der Antike[4]; sie ist uns eigentlich nicht gegeben – sie ist nicht vorhanden – sondern sie soll von uns erst hervorgebracht werden. Durch fleißiges und geistvolles Studium der Alten[10] entsteht erst eine klassische[7/3] Litteratur für uns – die die Alten[10] selbst nicht hatten..
[29] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 21 f. (22): Es haben Andere vor uns den formellen Unterschied der antiken[2] und romantischen[13] Bildung[5] auf unwidersprechliche Art gezeigt [...], wie in der alterthümlichen Welt der ewig-Eine Geist[12] der Menschheit[1] real, im äußern Organismus[8] des Lebens hervortrat, während er im Mittelalter ideal, in dem Stre〈22〉ben des öffentlichen Lebens nach dem Geistigen, als der Wesenheit des Christenthums, sich aussprach [...], [...] das Leben der damaligen Staaten von Europa beseelte, und sie alle in einem einzigen, höheren vereinigte, der als ein Wundergebilde in der modernen Geschichte[1] dasteht, welchem die ganze nachfolgende Zeit[3] bis auf unsere Tage nichts Aehnliches an die Seite stellen kann..
[30] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 443: Nur der Katholicismus lebte in einer mythologischen Welt. Daher die Heiterkeit[4] der poetischen[4] Werke, die in dem Katholicismus selbst entsprungen sind, die Leichtigkeit und Freiheit[13] der Behandlung dieses – ihnen natürlichen[3] – Stoffes, fast wie die Griechen ihre Mythologie behandelt haben. Außer dem Katholicismus kann fast nur Unterordnung unter den Stoff, gezwungene Bewegung ohne Heiterkeit[4] und bloße Subjektivität des Gebrauchs erwartet werden. Ueberhaupt wenn eine Mythologie zum Gebrauch herabgesunken, z. B. der Gebrauch der alten[10] Mythologie in den Modernen, so ist dieser, eben weil bloß Gebrauch, bloße Formalität; sie muß nicht auf den Leib passen, wie 〈444〉 ein Kleid, sondern der Leib selbst seyn. Selbst die vollendete Dichtung im Sinn der rein-mystischen Poesie[11] würde eine Absonderung im Dichter, sowie in denen, für welche er dichtet, voraussetzen, sie wäre nie rein, nie aus dem Ganzen der Welt und des Gemüths gegossen. ➢ Volltext.
[31] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 645: Der Geist[12] der modernen Zeit[3], der im Allgemeinen schon früher dargestellt worden ist, bringt die Beschränkung der modernen Lyrik in Ansehung der Gegenstände mit sich. Bild und Begleitung eines öffentlichen und allgemeinen Lebens – eines Lebens in einem organischen[6] Ganzen – konnte die Lyrik in den modernen Staaten nicht mehr werden. Es blieben für sie keine andern Gegenstände als entweder die ganz subjektiven, einzelne momentane Empfindungen, worein sich die lyrische Poesie[11] auch in den schönsten Ergüssen der spätern Welt verloren hat, und aus denen nur sehr mittelbar ein ganzes Leben hervorleuchtet, oder dauernde auf Gegenstände sich beziehende Gefühle, wie in den Gedichten des Petrarca, wo das Ganze wieder eine Art von romantischer[1] oder dramatischer Einheit wird. ➢ Volltext.
[32] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 673: Das romantische[12] Epos hat in der Gattung, zu der es gehört, selbst wieder einen Gegensatz. Wenn es nämlich überhaupt zwar dem Stoff nach universell, der Form nach aber individuell ist, so läßt sich zum voraus eine andere entsprechende Gattung erwarten, in welcher an einem partiellen oder beschränkteren Stoff sich die allgemein gültigere und gleichsam indifferentere Darstellung versucht. Diese Gattung ist der Roman, und wir haben mit dieser Stelle, die wir ihm geben, zugleich auch seine Natur[1] bestimmt. | Man kann allerdings auch den Stoff des romantischen[12] Epos nur relativ universell nennen, weil er nämlich immer den Anspruch an das Subjekt macht, sich überhaupt auf einen phantastischen[1] Boden zu versetzen, welches das alte[10] Epos nicht thut. Aber eben deßwegen auch, weil der Stoff vom Subjekt etwas fordert – Glauben, Lust, phantastische[1] Stimmung – so muß er Dichter von der seinigen etwas hinzuthun und so dem Stoff, was er in der einen Rücksicht an Universalität voraus haben kann, von der andern Seite wieder durch die Darstellung nehmen. Um sich dieser Nothwendigkeit zu überheben, und der objektiven Darstellung sich mehr zu nähern, bleibt demnach nichts übrig als auf die Universalität des Stoffs Verzicht zu thun und sie in der Form zu suchen. | Die ganze Mythologie des Rittergedichts gründet sich auf das Wunderbare, d. h. auf eine getheilte Welt. Diese Getheiltheit geht nothwendig in die Darstellung über, da der Dichter, um das Wunderbare als solches erscheinen zu lassen, selbst für sich in der übrigen Welt seyn muß, wo das Wunderbare als Wunderbares erscheint. Will also der Dichter mit seinem Stoff wahrhaft identisch werden und sich ihm selbst ungetheilt hingeben, so ist kein Mittel dazu, als daß das Individuum, wie überhaupt in der modernen Welt, so auch hier ins Mittel trete und den Ertrag Eines Lebens und Geistes[32] in Erfindungen niederlege, die, je höher sie stehen, desto mehr die Gewalt einer Mythologie gewinnen. So entsteht der Roman, und ich trage kein Bedenken, ihn in dieser Rücksicht über das Rittergedicht zu setzen [...]. ➢ Volltext.
[33] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 683: Wir haben den Kreis der epischen Formen, wiefern sie im Geist[12] der modernen[1/8?] und romantischen[1/13?] Poesie[11] möglich sind, durchlaufen. ➢ Volltext.
[34] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 718: Das Tragische und Komische könnte entweder im Zustand der Vollkommenheit, nicht aufgehobenen Indifferenz dargestellt seyn, dann aber müßte die Poesie[11] weder als tragisch noch als komisch erscheinen; es wäre eine ganz andere Gattung, es wäre die epische Poesie[11]. In der epischen Poesie[11] sind die beiden Elemente, die sich in dem Drama streitend entzweien, – nicht vereinigt, sondern überhaupt noch nicht getrennt. Die Mischung beider Elemente auf solche Art, daß sie überhaupt nicht getrennt erschienen, kann also nicht die Eigentümlichkeit der modernen Tragödie seyn. Es ist vielmehr eine Mischung, worin beide bestimmt unterschieden werden, und so daß der Dichter in beiden sich gleich als Meister zeigt, wie Shakespeare, der die dramatische Stärke nach beiden Polen hin concentrirt, und der erschütternde Shakespeare ist im Fallstaff und im Macbeth. | Indeß können wir doch diese Mischung entgegengesetzter Elemente als ein Zurückstreben des modernen Drama zum Epos, ohne deßwegen 〈719〉 Epos zu werden, betrachten; sowie dieselbe Poesie[11] dagegen im Epos durch den Roman[1] zum Dramatischen strebt, und also von beiden Seiten die reine Begrenzung der höheren Kunst[12] aufhebt. | Es ist zu dieser Mischung nothwendig, daß dem Dichter das Tragische und Komische nicht nur massenweise, sondern auch in seinen Nuancen zu Gebot stehe, wie dem Shakespeare, der im Komischen zart, abenteuerlich[3] und witzig zugleich, wie im Hamlet, und derbe (wie in den Fallstaffschen Stücken) ist, ohne jemals niedrig zu werden; sowie er dagegen im Tragischen zerreißend (wie im Lear), strafend (wie im Macbeth), schmelzend, rührend und beruhigend, wie in Romeo und Julie und mehreren gemischten Stücken ist. ➢ Volltext.
[35] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 723: Der Natur[1] des romantischen[12/4] Princips gemäß stellt die moderne Komödie die Handlung[3] als Handlung[3] nicht rein, isoliert und in der plastischen[3] Beschränkung des alten[10] Drama dar, sondern sie gibt zugleich ihre ganze Begleitung. ➢ Volltext.
[36] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 730: Die Construktion des Ganzen ist [bei Calderon] rationeller, in einem Maß wie man es der modernen Poesie[11] wahrscheinlich nicht zugetraut hätte, wenn man ihren Charakter[1] allein von Shakespeare abstrahirte. Die zerstreuten Principien der romantischen[12] Gattung hat Calderon in eine strengere Einheit gefaßt, die sich der wahren Schönheit[6] nähert. ➢ Volltext.
[37] Schiller, an Goethe (26. 6. 1797), NA 29, 88 f. (89): Wenn ich Sie neulich recht verstanden habe, so haben Sie die Idee, Ihr neues[3] episches Gedicht, die Jagd, in Reimen und Strophen zu behandeln. Ich vergaß neulich, ein Wort[2] darüber zu sagen, aber diese Idee leuchtet mir ein, und ich glaube sogar, daß dieß die Bedingung 〈88〉 seyn wird, unter welcher allein dieses neue[3] Gedicht neben Ihrem Hermann bestehen kann. Ausserdem, daß selbst der Gedanke des Gedichts zur modernen Dichtkunst geeignet ist und also auch die beliebte Strophenform begünstigt, so schließt die neue[5] metrische Form schon die Concurrenz und Vergleichung aus, sie giebt dem Leser eben sowohl als dem Dichte[r] eine ganz andere Stimmung, es ist ein Concert auf einem ganz andern Instrument[3]. Zugleich participiert es alsdann von gewißen Rechten des romantischen[12/2/4] Gedichts, ohne daß es eigentlich eines wäre, es darf sich wo nicht des wunderbaren doch des Seltsamen und überraschenden mehr bedienen, und die Löwen und Tieger-Geschichte[8], die mir immer außerordentlich vorkam, erweckt dann gar kein Befremden mehr. Auch ist von den Fürstlichen Personen und Jägern nur ein leichter Schritt zu den Ritterfiguren, und überhaupt knüpft sich der vornehme Stand, mit dem Sie es in diesem Gedicht zu thun haben, an etwas Nordisches und Feudalisches an; die griechische[2] Welt, an die der Hexameter unausbleiblich erinnert, nimmt diesen Stoff daher weniger an, und die mittlere und neue[9] Welt, also auch die moderne Poesie[22], kann ihn mit Recht reclamieren..
[38] Schiller, an Goethe (19. 7. 1799), NA 30, 72 f. (73): Ich habe mir vor einigen Stunden durch Schlegels Lucinde den Kopf so taumelig gemacht, daß es mir noch nachgeht. Sie müssen dieses Product wundershalber doch ansehen. Es characterisiert seinen Mann, so wie alles Darstellende, beßer als alles was er sonst von sich gegeben, nur daß es ihn mehr ins frazenhafte 〈73〉 mahlt. Auch hier ist das ewig formlose und fragmentarische, und eine höchst seltsame Paarung des Nebulistischen mit dem Characteristischen[2], die Sie nie für möglich gehalten hätten. Da er fühlt, wie schlecht er im poetischen[4] fortkommt, so hat er sich ein Ideal seiner selbst aus der Liebe und dem Witz[2] zusammengesetzt. Er bildet sich ein, eine heiße unendliche Liebesfähigkeit mit einem entsetzlichen Witz[2] zu vereinigen und nachdem er sich so constituiert hat, erlaubt er sich alles, und die Frechheit erklärt er selbst für seine Göttin. | Das Werk ist übrigens nicht ganz durchzulesen, weil einem das hohle Geschwätz gar zu übel macht. Nach den Rodomontaden von Griechheit, und nach der Zeit[6], die Schlegel auf das Studium derselben gewendet, hätte ich gehofft, doch ein klein wenig an die Simplicität und Naivetät der Alten[10] erinnert zu werden, aber diese Schrift ist der Gipfel moderner Unform und Unnatur, man glaubt ein Gemengsel aus Woldemar, aus Sternbald, und aus einem frechen französischen Roman zu lesen..
[39] A. W. Schlegel, Gemählde (1799), 118 f. (119): Daß die Sache [sc. die Aussetzung Mosis] in Egypten vorgeht, ist also hinlänglich außer Zweifel gesetzt: aber bey allem dem kann man der gerühmten Gelehrsamkeit Poussins im 〈119〉 Kostum hier nichts weiter zugestehen, als daß er es beynahe so gut wie Paul Veronese, beobachtet hat. Bey diesem ist alles modern, aber alles aus Einem Stücke; bey jenem ist alles antiquarisch, allein es paßt nicht zu einander. Mutter und Tochter sind der Kleidung nach ziemlich Griechisch[4], der Knecht ist ganz Griechisch[4], der Flußgott ist wahrlich weder Egyptisch noch Hebräisch, sondern Griechisch[4], und bey einer Geschichte[10], wo Jehovah's unmittelbare Vorsehung eintritt, noch obendrein erzheidnisch. Das Füllhorn ist auch Griechisch[4]. Eigentlich ist es doch ein Glück, daß der Mahler auf halbem Wege stehen blieb, und zufrieden war, wenn eine alte[1] Geschichte[10] antik[2] aussah. Ein andrer, der das Studium des Kostums (auf welches die Französischen Kunstrichter, die darin mit Poussin sympathisiren, eine so lächerliche Wichtigkeit legen) noch strenger verfolgte, könnte der Tochter Pharao's die Physiognomie einer Mumie geben. Soll aber einmal etwas fremdes[5] sich eindrängen dürfen, so ist es wohl eben so erlaubt, eine biblische Geschichte[10] im Venetianischen Dialekt[3] zu erzählen, als die ganze Welt durch eine griechische[4] Brille zu sehen. Das Einheimische und Neue[5] ist uns näher, lebendiger, lustiger; Paul mahlte frisch, was er sah und erlebte, Poussin schöpfte mühsam aus alten[10] Denkmälern und Büchern. Jener hätte vielleicht seine fantastische[2] Jovialität eingebüßt, wenn er die Kunst[4] so ernst hätte treiben wollen; dieser konnte sich schwerlich über seine klassische[8] Kälte erheben, wenn er sich auch geselliger ins Leben hineinwagte [...]. ⦿ ➢ Volltext.
[40] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 281: Meine Absicht ist, alles in seiner Form und Eigenthümlichkeit poetisch[5] übersetzen zu können, es mag Namen haben wie es will: antikes[2] und modernes, klassische[3] Kunstwerke[2] und nazionale Naturprodukte. ➢ Volltext.
[41] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 283: Wo sind denn nun die gepriesenen Wundervorzüge, die unsere Sprache[3] an sich, zur einzig berufnen Dollmetscherin aller übrigen machen sollen? Ein Wörterreichthum, der gar nicht so überschwenglich ist, daß er nicht beim Uebersetzen oft Armuth sollte fühlen lassen; die Fähigkeit zusammenzusetzen, und hie und da neu abzuleiten; eine etwas freyere Wortstellung, als in einigen modernen Sprachen[3] gilt, und endlich metrische Bildsamkeit. ➢ Volltext.
[42] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 208: Was den Dante betrifft, so war das bekanntlich schon Michelangelo's Wahl, und Flaxman fand also den Gedanken dazu in der Kunstgeschichte aufgezeichnet. Allein an einem Engländischen Künstler beweist es doch eine ungewöhnlich hohe Bildung[6], daß er, da er einmal einen modernen christlichen Dichter wählen wollte, nicht bey seinem angebeteten Landsmann Milton stehen blieb, sondern den nach der gemeinen Meinung finstern und auf die geschmackloseste Art wunderlichen Italiäner vorzog. ➢ Volltext.
[43] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 225: Allerdings ist die klassische[7] Bildung[6] ein großes untheilbares Ganzes: Durch den vollkommnen Besitz einer Seite Desselben muß einem also auch der Zugang zu den übrigen geöffnet werden. Wer die alten[10] Dichter recht versteht, [...] dem mußten auch für die bildende Kunst[2] der Alten die Augen aufgehn; und umgekehrt hat sich unser Künstler durch tiefes und liebevolles Studium der Antike[4] mit den Dichtern in unmittelbarere Berührung gesetzt, als durch modernisirende Übersetzungen hätte geschehen können [...]. ➢ Volltext.
[44] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 232: Es versteht sich von selbst, daß der moderne Künstler[2] dasjenige in seinen Bildern, was uns in die Heroenwelt des Homer und Äschylus versetzt, nicht aus der Luft greifen oder aus eignen Mitteln hervorbringen konnte. Man erwartet schon ein vertrautes Studium der Antike[4] darin zu erkennen..
[45] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 195: Höchst wesentlich ist für die Kunstgeschichte die Anerkennung des Gegensatzes zwischen dem modernen und antiken[2] Geschmack. [...] Man hat den Charakter[1] der antiken[2] Poesie[11] mit der Bezeichnung classisch[3/5/7], den der modernen [als] romantisch[12/4/11] bezeichnet; [...] sehr treffend. Es ist eine große Entdeckung für die Kunstgeschichte daß dasjenige, was man bisher als die ganze Sphäre der Kunst[3] betrachtete (indem man den Alten[10] die uneingeschränkte Autorität zugestand) nur die eine Hälfte ist: das classische[7] Alterthum[2] kann dadurch weit besser verstanden werden als aus sich allein..
[46] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 679: Moderne Nachbildungen der Classischen[7] Lyrik. Überhaupt mislich. [...] Beabsichtete Nachahmung der Classiker[1]. [...] Veredelte Naturformen in der romantischen[12] Lyrik: Canzone, Sonett, Sestine etc..
[47] A. W. Schlegel, Ank. Bernhardi [Sprachl.] (1803), 199: Von den einzelnen Lauten wird der Uebergang zur Prosodie, zur Quantität und dem Accent, als den sich entgegenstehenden Principien der antiken[2] und modernen Verskunst, gefunden. Ueber diesen Gegensatz bin ich mit dem Verf. willig einverstanden, auch darüber, daß die Metrik eine nicht auf Erfahrung ruhende Gesetzmäßigkeit habe und haben müsse. Unstreitig waren sowohl die griechischen[2] Dichter als die Stifter der romantischen[12] Poesie[11] im Besitz eines solchen Systems, und es kommt bloß darauf an, ihre Praxis gehörig zu verstehen und es daraus zu entwickeln. ➢ Volltext.
[48] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 4: Den Zweifel, welcher sich hier und da noch regt, ob es denn wirklich eine romantische[12], d. h. eigenthümlich moderne, nicht nach den Mustern des Alterthums[3] gebildete, und dennoch nach den höchsten Grundsätzen für gültig zu achtende, nicht bloß als wilde Naturergießung zum Vorschein gekommene, sondern zu ächter Kunst[3] vollendete, nicht bloß national und temporär interessante[1], sondern universelle und unvergängliche Poesie[11] gebe: diesen Zweifel [...] hoffe ich befriedigend zu heben..
[49] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 64: Nach der Wiederbelebung der classischen[7] Literatur, war die Bewunderung dafür lange Zeit[6] eine einseitige Parteylichkeit, welche, wenigstens bey den Gelehrten die Schätzung des Originell-Modernen in seinem eignen Charakter[1] hinderte. Auch muß man wohl in einer gewissen Ferne stehen, um das Wollen eines Dichters im Verhältnisse zu seinem Zeitalter erschöpfend richtig zu fassen. Eben daß wir von den großen Meistern der romantischen[12] Kunst[3] durch die Kluft der letzten prosaischen[3] Zeitläufte getrennt sind, bringt uns mehr ins klare über sie; so wie auch die antike[2] und romantische[12] Kunst[3] durch den Gegensatz besser verstanden wird..
[50] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 68: [D]ie Classische[7] Bildung[5] ist durchgehends gleichartig und einfach; hingegen Heterogeneität der Mischungen bezeichnet die moderne ursprünglich, und so suchte sie auch in ihrem Fortschritte immer das Entgegengesetzte zu verbinden..
[51] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 83: Wenn man die classische[7] Bildung[2] mit einem Worte[2] schildern will, so war sie vollendete Naturerziehung. Jetzt da aus den Trümmern jener und einem Chaos verschiedenster Elemente eine neue[1] Welt hervorging, konnte Freyheit[10] mehr das herrschende Princip werden, welche denn auch nicht unterließ, die Natur[13] zu unterdrücken, und sich so als Barbarey kund zu geben. Die Natur[13] machte aber ihre Rechte geltend, und dieser Zwist bestimmte den Charakter[1] der modernen Bildung[2], in welcher die unauflöslichen Widersprüche unsers Daseyns, des Endlichen und Unendlichen in uns, mehr hervortreten, aber wieder verschmolzen werden. | Da eine ausschließende persönliche Neigung unstreitig die freyeste Huldigung des Gefühls ist, so empfand man eine Scheu, in derselben der Natur[13] noch dienen zu müssen. Alle Sinnlichkeit ward verkleidet, und man bestrebte sich die Schönheit[1] rein zu vergöttern. Ein unendlich reizender Widerspruch ist in diesem Geist[34] der Liebe, aber zugleich die Anlage zur Ironie[1], welche aus dem Bewußtseyn des Unerreichbaren, statt zu niederschlagendem Ernst überzugehn, einen leisen Scherz macht..
[52] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 160: Will man von einem Mittelalter sprechen, so werde die Epoche von der Zerstörung des occidentalischen Reichs bis etwa auf Carl den Großen darunter verstanden, während welcher die gewaltigen gährenden Kräfte allerdings noch zu keiner rechten Consistenz kommen konnten. Die folgenden Jahrhunderte aber, während welcher das Ritterthum seine höchste Blüthe hatte, und die Europäische Bildung[5] etwas selbstständiges und vollendetes in ihrer Art ward, welches einen durchgängigen Gegensatz mit dem classischen[7] Alterthum[2] darbietet, können keinesweges so genannt werden. [...] Dieß muß den Gesichtspunkt gänzlich verrücken: und so wird das wahrhaft Große in der modernen Geschichte[1], oder der romantischen[12], wenn ich sie so nennen darf, verkannt und mit vornehmer Bemitleidung der damaligen Barbarey geschildert, hingegen dasjenige hervorgehoben, was den Verfall bezeichnet, der schon vom Schlusse des 13ten Jahrhunderts an sich zu äußern anfing, doch nur allmählich zunahm, so daß der ritterliche Geist[14], in manchen Ländern wenigstens, erst im 17ten Jahrhundert letztlich verlosch..
[53] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 13: Das ganze Spiel lebendiger Bewegung beruht auf Einstimmung und Gegensatz. Warum sollte sich diese Erscheinung nicht auch in der Geschichte[1] der Menschheit[2] im großen wiederhohlen? Vielleicht wäre mit diesem Gedanken der wahre Schlüssel zur alten[10] und neuen[5] Geschichte[1] der Poesie[11] und der schönen[2] Künste[1] gefunden. Die, welche dieß annahmen, haben für den eigenthümlichen Geist[12] der modernen Kunst[2], im Gegensatz mit der antiken[2] oder classischen[7/5], den Namen romantisch[12/4] erfunden. Allerdings nicht unpassend: das Wort[1] kommt her von romance, der Benennung der Volkssprachen, welche sich durch die Vermischung des Lateinischen mit den Mundarten[1] des Altdeutschen gebildet hatten, gerade wie die neuere[5] Bildung[5] aus den fremdartigen Bestandtheilen der nordischen Stammesart und der Bruchstücke des Alterthums[3] zusammengeschmolzen ist, da hingegen die Bildung[5] der Alten[10] weit mehr aus einem Stücke war. ➢ Volltext.
[54] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 14 f.: [I]n der Musik[1] hat Rousseau den Gegensatz anerkannt, und gezeigt, wie Rhythmus und Melodie das herrschende Prinzip der antiken[2], Harmonie der modernen Musik[1] sey. Er verwirft aber einseitig die letztere, worin wir ganz und gar nicht mit ihm einig seyn können. Ueber die bildenden Künste[2] thut Hemsterhuys den sinnreichen Ausspruch: die alten[10] Mahler seyen vermuthlich zu sehr Bildhauer gewesen, die neueren[3] Bildhauer seyen zu sehr Bildhauer [sc. Mahler]. Dieß trifft den eigentlichen Punkt; denn, wie ich es in der Folge deutlicher entwickeln 〈15〉 werde, der Geist[12] der gesamten antiken[2] Kunst[4] und Poesie[1] ist plastisch[3], so wie der modernen pittoresk[2]. ➢ Volltext.
[55] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 65 f. (66): Bey den meisten meiner Zuhörer darf ich keine unmittelbare aus eignem Studium der Ursprache geschöpfte Bekanntschaft mit den Griechen voraussetzen. Uebersetzungen in Prosa[1] oder auch in Versen, 〈66〉 die aber nichts andres als Verkleidungen in den modernen Geschmack sind, können keine wahre Vorstellung vom griechischen[2] Schauspiel verschaffen. Wahrhaft treue Uebersetzungen, und welche im Ausdruck und Versbau zu gleicher Höhe mit dem Original hinanstrebten, hat man bis jetzt wohl nur im Deutschen versucht. Allein, wiewohl unsre Sprache[3] äußerst biegsam und in vielen Stücken der griechischen[2] ähnlich ist, so bleibt es doch immer ein Kampf mit ungleichen Waffen; und nicht selten tritt an die Stelle der griechischen[2] freyen[13] Anmuth, Steifheit und Härte. ➢ Volltext.
[56] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 69 f. (70): Es fehlt noch an einem Werke, welches die gesamte poetische[4], künstlerische, wissenschaftliche und gesellige Bildung[5] der Griechen, als ein großes harmonisches Ganzes, als ein wahres Kunstwerk[2] der Natur[2], worin ein wunderwürdiges Ebenmaaß der Theile herrscht, in demselben Geiste[14] schilderte, und ihre zusammenhängende Entwickelung verfolgte, wie Winckelmann es an Einer Seite davon geleistet 〈70〉 hat. Ein Versuch ist zwar gemacht worden in einem populären Buche, das in Aller Händen ist, ich meine die Reise des jungen Anacharsis [sc. Jean-Jacques Barthélémy, Voyage du Jeune Anacharsis en Grèce (Paris 1788).]. Dieß Buch ist von Seiten der Gelehrsamkeit schätzbar und kann sehr nützlich seyn, um Kenntniß der Alterthümer[5] zu verbreiten; aber, ohne noch das Verfehlte der Einkleidung zu rügen, es beweiset mehr guten Willen, den Griechen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, als Fähigkeit in ihren Geist[26] tief einzudringen. In dieser Hinsicht ist vieles nur von der Oberfläche geschöpft, ja nach modernen Ansichten umgekleidet. Es ist nicht die Reise eines jungen Scythen, sondern eines alten[2] Parisers. ➢ Volltext.
[57] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 377: Die Götterbilder der griechischen[2] Sculptur stehen für alle Zeit als vollendete Typen da. Das erhabne[3] Geschäft, die menschliche Gestalt bis da hinauf zu läutern, hat die Fantasie[1] einmal vorgenommen; sie könnte es, auch bey gleicher Begeisterung, höchstens nur wiederhohlen. Im persönlichen individuellen Bildniß aber ist der moderne Bildhauer Nebenbuhler des antiken2; dieß ist keine rein künstlerische Schöpfung; die Beobachtung muß hier eintreten, und jeder ist, bey aller Wissenschaft, Gründlichkeit und Anmuth 〈378〉 in der Ausführung, an das gebunden, was er eben wirklich vor Augen hat. ➢ Volltext.
[58] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 32 f. (33): Der Pastor fido insbesondre ist eine unnachahmliche Hervorbringung: originell und doch classisch[3]; romantisch[7] durch den Geist[12] der dargestellten Liebe: in den Formen mit dem großen einfachen Gepräge des classischen[3/7] Alterthums[2] bezeichnet; neben den süßen Tändeleyen der Poesie[3] voll von hoher keuscher Schönheit[6] des Gefühls. Keinem Dichter 〈33〉 ist es wohl so gelungen, die moderne und antike[2] Eigenthümlichkeit zu verschmelzen. Für das Wesen der alten[10] Tragödie zeigt er einen tiefen Sinn[5], denn die Idee des Schicksals beseelt die Grundanlage seines Stückes, und die Hauptcharakter kann man idealisch[1] nennen; er hat zwar auch Caricaturen eingemischt, und die Composition deswegen Tragikomödie genannt: allein sie sind es nur durch ihre Gesinnungen, nicht durch den Unadel der äußern Sitten, gerade wie die alte[10] Tragödie selbst den untergeordneten Personen, Sklaven oder Boten, ihren Antheil an der allgemeinen Würde leiht. ➢ Volltext.
[59] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 87, Nr. 23: Müßte nicht die romantische[1] Schreibart im obig[en] Sinn[1] in allen Schriften in der progressiven[5] Welt herrsch[en]? – 〈(die romantische[1] Gattung bei den Modernen durchgängig herrschen wie die satirisch[e] bei d[en] Römern?)〉.
[60] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 93, Nr. 96: Die Geschichte[1] der progressiven[5/3] Poesie[1] ließe s.[ich] erst dann vollständig a priori construiren, wenn sie vollendet wäre; bis jetzt kann man nur Bestätigung der progress.[iven][3] Idee in d[er] Gesch[ichte][1] d.[er] mod[ernen] π [Poesie][1] aufzeigen, und Vermuthung[en] daraus folgern..
[61] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 104, Nr. 244: Die moderne κρ [Kritik][2] muß eben so aufs Absolute tendenziren als die π [Poesie][11] – | Gewöhnlich ists nicht κρ [Kritik][2] sondern nur deklamirender Enthusiasm der s.[ich] über die einzelnen Stellen vernehmen läßt und ignoranter Witz[3] der polemisch über das Ganze herfällt..
[62] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 143 f. (144), Nr. 42: Die Philosophie ist die eigentliche Heimath der Ironie[3], welche man logische Schönheit[1] definiren möchte: denn überall wo in mündlichen oder geschriebenen Gesprächen, und nur nicht ganz systematisch philosophirt wird, soll man Ironie[3] leisten und fordern; und sogar die Stoiker hielten die Urbanität für eine Tugend. Freylich giebts auch eine rhetorische Ironie[1], welche sparsam gebraucht vortreffliche Wirkung thut, besonders im Polemischen; doch ist sie gegen die erhabne[4] Urbanität der sokratischen Muse, was die Pracht der glänzendsten Kunstrede gegen eine alte[10] Tragödie in hohem Styl. Die Poesie[11] allein kann sich auch von dieser Seite bis zur Höhe der Philosophie erheben, und ist nicht auf ironische[1] Stellen be〈144〉gründet, wie die Rhetorik. Es giebt alte[10] und moderne Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie[3] athmen. Es lebt in ihnen eine wirklich transcendentale[1] Buffonerie. Im Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst[8], Tugend, oder Genialität: im Äußern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen guten italiänischen Buffo. ➢ Volltext.
[63] F. Schlegel, Philolog. I (*1797), KFSA 16, 44, Nr. 114: Er [sc. J. J. Winckelmann] hatte gar keinen Witz[3], und fühlte doch die absolute Versch.[iedenheit] des Antiken[2] und Modernen..
[64] F. Schlegel, Philolog. I (*1797), KFSA 16, 48, Nr. 155: Die Philologie besonders die alte[12] ist gleichsam die Klassik[1], das Urbild für die Behandlung jeder besondern nazionalen, modernen Litteratur..
[65] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 32 f. (33): Schon in den frühesten Zeitaltern der Europäischen Bildung[5] finden sich unverkennbare Spuren des künstlichen Ursprungs der 〈33〉 modernen Poesie[11]. Die Kraft, der Stoff war zwar durch Natur[13] gegeben: das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2] war aber nicht der Trieb, sondern gewisse dirigirende Begriffe[1] [...]. Selbst der individuelle Charakter[1] dieser Begriffe[1] war durch Umstände veranlaßt, und durch die äußre Lage nothwendig bestimmt. Daß aber der Mensch[1] nach diesen Begriffen[1] sich selbst bestimmte, den gegebnen Stoff ordnete, und die Richtung seiner Kraft determi〈34〉nierte; das war ein freyer[10] Aktus des Gemüths. Dieser Aktus ist aber eben der ursprüngliche Quell, der erste bestimmende Anstoß der künstlichen Bildung[2], welcher also mit vollem Recht der Freyheit[10] zugeschrieben wird. Die Phantasterey der Romantischen[12] Poesie[11], hat nicht etwa wie Orientalischer[1] Bombast eine abweichende Naturanlage zum Grunde. Es sind vielmehr abenteuerliche[3] Begriffe[1], durch welche eine an sich glückliche, dem Schönen[2] nicht ungünstige Phantasie[1] eine verkehrte Richtung genommen hatte. Sie stand also unter der Herrschaft von Begriffen[1]; und so dürftig und dunkel diese auch seyn mochten, so war doch der Verstand[2] das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2]..
[66] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 64 f. (65): Interessant[1] nehmlich ist jedes originelle Individuum, welches ein größeres Quantum von intellektuellem Gehalt oder aesthetischer Energie enthält. Ich sagte mit Bedacht: ein größeres. Ein größeres nehmlich als das empfangende Individuum bereits besitzt: denn das Interessante[1] verlangt eine individuelle Empfänglichkeit, ja nicht selten eine momentane Stimmung derselben. Da alle Größen ins Unendliche vermehrt werden können, so ist klar, warum auf diesem Wege nie eine vollständige Befriedigung erreicht werden kann; warum es kein höchstes Interessantes[1] giebt. Unter den verschiedensten For〈65〉men und Richtungen, in allen Graden der Kraft äußert sich in der ganzen Masse der modernen[1/3] Poesie[11] durchgängig dasselbe Bedürfniß nach einer vollständigen Befriedigung, ein gleiches Streben nach einem absoluten Maximum der Kunst. ➢ Volltext.
[67] F. Schlegel, an A. W. Schlegel (Mitte März 1798), KFSA 24, 104: Fantastisch, Fantasie habe ich mit F geschrieben, weil mir diese Worte[1] so wie wir sie brauchen, gar nicht Griechisch[2], sondern durchaus romantisch[12] und modern scheinen..
[68] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 60, Nr. 222: Der revoluzionäre Wunsch, das Reich Gottes[1] zu realisiren, ist der elastische Punkt der progressiven[3/5] Bildung[2], und der Anfang der modernen[1/3] Geschichte[2]. Was in gar keiner Beziehung auf's Reich Gottes[1] steht ist in ihr nur Nebensache. ➢ Volltext.
[69] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 64 f. (65), Nr. 238: Es giebt eine Poesie[11], deren Eins und Alles das Verhältniß des Idealen und des Realen ist, und die also nach der Analogie der philosophischen Kunstsprache Transcendentalpoesie heißen müßte. Sie beginnt als Satire mit der absoluten Verschiedenheit des Idealen und Realen, schwebt[5] als Elegie in der Mitte, und endigt als Idylle mit der absoluten Identität beyder. So wie man aber wenig Werth auf eine Transcendentalphilosophie legen würde, die nicht kritisch[1] wäre, 〈65〉 nicht auch das Producirende mit dem Produkt darstellte, und im System der transcendentalen[2] Gedanken zugleich eine Charakteristik des transcendentalen[1] Denkens enthielte: so sollte wohl auch jene Poesie[11] die in modernen Dichtern[3] nicht seltnen transcendentalen[1] Materialien und Vorübungen zu einer poetischen[4] Theorie des Dichtungsvermögens mit der künstlerischen Reflexion und schönen[2] Selbstbespiegelung, die sich im Pindar, den lyrischen Fragmenten der Griechen, und der alten[10] Elegie, unter den Neuern[5] aber in Goethe findet, vereinigen, und in jeder ihrer Darstellungen sich selbst mit darstellen, und überall zugleich Poesie[11] und Poesie[18] der Poesie[11] seyn. ➢ Volltext.
[70] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 68, Nr. 247: Dante's prophetisches Gedicht ist das einzige System der transcendentalen[1/2] Poesie[11], immer noch das höchste seiner Art. Shakespeare's Universalität ist wie der Mittelpunkt der romantischen[12] Kunst[12]. Goethe's rein poetische[4] Poesie[11] ist die vollständigste Poesie[18] der Poesie[11]. Das ist der große Dreyklang der modernen Poesie[11], der innerste und allerheiligste Kreis unter allen engern und weitern Sphären der kritischen[3] Auswahl der Klassiker[4] der neuern[3] Dichtkunst. ➢ Volltext.
[71] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 70, Nr. 253: In dem edleren und ursprünglichen Sinne[1] des Worts[1] Korrekt, da es absichtliche Durchbildung und Nebenausbildung des Innersten und Kleinsten im Werke nach dem Geist[12] des Ganzen, praktische Reflexion des Künstlers, bedeutet, ist wohl kein moderner Dichter korrekter als Shakspeare. So ist er auch systematisch wie kein andrer: bald durch jene Antithesen, die Individuen, Massen, ja Welten in mahlerischen[4] Gruppen kontrastiren lassen; bald durch musikalische[5] Symmetrie desselben großen Maßstabes, durch gigantische Wiederholungen und Refrains; oft durch Parodie des Buchstabens[8] und durch Ironie[1] über den Geist[12] des romantischen[12] Drama und immer durch die höchste und vollständigste Individualität und die vielseitigste alle Stufen der Poesie[11] von der sinnlichsten Nachahmung bis zur geistigsten Charakteristik vereinigende Darstellung derselben. ➢ Volltext.
[72] F. Schlegel, Philos. Lehrj. III (*1798), KFSA 18, 124, Nr. 21: Das Classische[7/3/5] und Progreßive[5/3] paßt nur nach Mehr oder Weniger auf Antik[2] und Modern; relativ, nicht absolut. .
[73] F. Schlegel, Lucinde (1799), 263: Und diese Namenlosigkeit selbst ist von zweydeutiger Bedeutung. Je verschämter und je moderner[1/7] man ist, je mehr wird es Mode sie aufs Schamlose zu deuten. Für die alten[10] Götter[4] hingegen hat alles Leben eine gewisse classische[6] Würde und so auch die unverschämte Heldenkunst lebendig zu machen. Die Menge solcher Werke und die Größe der Erfindungskraft in ihr bestimmt Rang und Adel[3] im Reiche der Mythologie. ➢ Volltext.
[74] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 14: Obgleich mir aber auch das, was man gewöhnlich Religion[1] nennt, eins der wunderbarsten, größesten Phänomene zu seyn scheint, so kann ich doch im strengen Sinne nur das für Religion[3] gelten lassen, wenn man göttlich denkt, und dichtet, und lebt, wenn man voll von Gott ist; wenn ein Hauch von Andacht und Begeisterung über unser ganzes Seyn ausgegossen ist; wenn man nichts mehr um der Pflicht, sondern alles aus Liebe thut, bloß weil man es will, und wenn man es nur darum will, weil es Gott sagt, nämlich Gott in uns. | Es ist mir, als ob ich Dich bey diesem Stücke Religion[3] denken hörte: „Wenn es also nur auf die Andacht und auf die Anbetung des Göttlichen ankommt; wenn das Menschliche überall das Höchste ist; wenn der Mann von Natur[1] der erhabnere Mensch ist: so wäre es ja der rechte, und wohl der nächste Weg den Geliebten anzubeten, und so die menschenvergötternde Religion[1] der menschlichen Griechen zu modernisiren?“
[75] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 83: Liebe, Freundschaft und edle Gesellschaft wirkten [...] eine schöne[2] Revoluzion in seinem [Shakspeare's] Geiste[19]; die Bekanntschaft mit den zärtlichen Gedichten des bey den Vornehmen beliebten Spenser gab seinem neuen[1] romantischen[2/4] Schwunge Nahrung, und dieser mochte ihn zur Lektüre der Novellen führen, die er [...] fantastisch[2] reizend dramatisirte. Diese Ausbildung floß nun auch auf die historischen Stücke zurück, gab ihnen mehr Fülle, Anmuth und Witz[1] und hauchte allen seinen Dramen den romantischen[2/4] Geist[12] ein, der sie in Verbindung mit der tiefen Gründlichkeit am eigensten charakterisirt, und sie zu einer romantischen[2/4] Grundlage des modernen Drama constituirt, die dauerhaft genug ist für ewige Zeiten[2]. ➢ Volltext.
[76] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 122: Ich habe ein bestimmtes Merkmal des Gegensatzes zwischen dem Antiken[2] und dem Romantischen[12] aufgestellt. Indessen bitte ich Sie doch, nun nicht sogleich anzunehmen, daß mir das Romantische[12] und das Moderne[1] völlig gleich gelte. [...] Wollen Sie sich den Unterschied völlig klar machen, so lesen Sie gefälligst etwa die Emilia Galotti, die so unaussprechlich modern[5] und doch im geringsten nicht romantisch[7] ist, und erinnern Sie sich dann an Shakspeare, in den ich das eigentliche Centrum, den Kern der romantischen[12/7] Fantasie[3] setzen möchte. Da suche und finde ich das Romantische[12/7], bey den ältern[1] Modernen[1], bey Shakspeare, Cervantes, in der italiänischen Poesie[11], in jenem Zeitalter der Ritter, der Liebe und der Mährchen, aus welchem die Sache und das Wort[1] selbst herstammt. Dieses ist bis jetzt das einzige, was einen Gegensatz zu den classischen[3] Dichtungen des Alterthums[3] abgeben kann [...]. ➢ Volltext.
[77] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 174 f. (175): Das Charakteristische[1] im Tasso ist der Geist[12] der Reflexion und der Harmonie; nämlich daß alles auf ein Ideal von harmonischem Leben und harmonischer Bildung[2] bezogen und selbst die Disharmonie in har〈175〉monischem Ton[12] gehalten wird. Die tiefe Weichlichkeit einer durchaus musikalischen[7] Natur[17] ist noch nie im Modernen mit dieser sinnreichen Gründlichkeit dargestellt. Alles ist hier Antithese und Musik[7], und das zarteste Lächeln der feinsten Geselligkeit schwebt[5] über dem stillen Gemählde, das sich am Anfange und Ende in seiner eignen Schönheit[1] zu spiegeln scheint. Es mußten und sollten Unarten eines verzärtelten Virtuosen zum Vorschein kommen: aber sie zeigten sich im schönsten[1] Blumenschmuck der Poesie[3] beynah liebenswürdig. Das Ganze schwebt[5] in der Atmosphäre künstlicher Verhältnisse und Misverhältnisse vornehmer Stände, und das Räthselhafte der Auflösung ist nur auf den Standpunkt berechnet, wo Verstand[1] und Willkühr allein herrschen, und das Gefühl beynah schweigt. ➢ Volltext.
[78] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 179 ff. (180): [Der Goethe'sche Wilhelm Meister] eröffnet eine ganz neue[1] endlose Aussicht auf das, was die höchste Aufgabe aller Dichtkunst zu seyn scheint, die Harmonie des Classischen[3/5/6?] und Romantischen[4/6/8/9?]. [...] 〈180〉 [...] Cervantes und Shakspeare [...] sind [...] die einzigen, mit denen Goethe's Universalität eine Vergleichung zuläßt. [...] Nur ist Goethe's Kunst[2] durchaus progressiv[6/3] [...]. | Goethe hat sich [...] zu einer Höhe der Kunst[2] heraufgearbeitet, welche zum erstenmal die ganze Poesie[17] der Alten[10] und der Modernen umfaßt, und den Keim eines ewigen Fortschreitens enthält. | Der Geist[14], der jetzt rege ist, muß auch diese Richtung nehmen, und so wird es, dürfen wir hoffen, nicht an Naturen[17] fehlen, die fähig seyn werden zu dichten, nach Ideen zu dichten. Wenn sie nach Goethe's Vorbilde in Versuchen und Werken jeder Art unermüdet 〈181〉 nach dem Bessern trachten; wenn sie sich die universelle Tendenz, die progressiven[6/3] Maximen dieses Künstlers zu eigen machen, die noch der mannichfaltigsten[1] Anwendung fähig sind; wenn sie wie er das Sichre des Verstandes[2] dem Schimmer des Geistreichen vorziehn: so wird jener Keim nicht verloren gehn, so wird Goethe nicht das Schicksal des Cervantes und des Shakspeare haben können; sondern der Stifter und das Haupt einer neuen[1] Poesie[1] seyn [...]. ➢ Volltext.
[79] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 181 f. (182): Ludoviko. [...] Der Geist[12] der Poesie[11] ist nur einer und überall derselbe. | Lothario. Allerdings der Geist[12]! Ich möchte hier die Eintheilung in Geist[12] und Buchstaben[8] anwenden. Was Sie [...] dargestellt oder doch angedeutet haben, ist, wenn Sie 〈182〉 wollen, der Geist[12] der Poesie[11]. Und Sie werden gewiß nichts dagegen haben können, wenn ich Metrum und dergleichen ja sogar Charaktere[7], Handlung[3], und was dem anhängt, nur für den Buchstaben[8] halte. Im Geist[12] mag Ihre unbedingte Verbindung des Antiken[2] und Modernen Statt finden [...]. Nicht so im Buchstaben[8] der Poesie[11]. Der alte[10] Rhythmus z. B. und die gereimten Sylbenmaaße bleiben ewig entgegengesetzt. ➢ Volltext.
[80] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 102: Daß Euripides nicht viel Gutes vom Verfasser zu erwarten habe, ließ sich voraussehen. Mit Recht werden ihm viele Fehler vorgeworfen, die ihm eine unglückliche Aehnlichkeit mit gewissen modernen Dichtern[1] geben..
[81] J. H. Voß, Romant. (*1801; 1808), 45: Den reinen Naturformen, in welchen des Alterthums[3] freyer[13] Genius sich verklärt darstellt, wurden die unförmigen Vermummungen des dumpfen, von Hierarchen und Damen abhängigen Rittergeistes, der beseelten Gestalt des Urschönen, des zur Göttlichkeit gesteigerten Menschlichen ward Ihres Ideals düsteres Fantom, dem Klassischen[5] das wilde Romantische[4], dem Antiken[2] das Moderne, ja wenn sie noch schamloser sich aussprachen, dem Irdischen Ihr Geistiges, dem Heidnischen Ihr Christkatholisches vorgezogen [...], und in den klingelnden Tonweisen der Fidelare und Meistersänger erhöht..
[2] Nicolai, Seb. Nothanker (41799), 330: Indem er so mit großem Eifer seine Seltenheiten herausstrich, erblickte er von ungefähr an des Sebaldus Finger dessen Petschierring, worin ein Anker gegraben war. [...] | „Ei“, rief er aus, „was für eine schöne[1] Antike[3] haben Sie da?“ | Sebaldus versicherte ihn, daß der Ring sehr modern sei und von einem Petschierstecher in einer kleinen Stadt in Thüringen sei gegraben worden.
[3] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 243: Bey der sonst feurigen und doch einfachen Komposizion vom Schwur der sieben Helden gegen Thebe, hat einmal ein moderner Gebrauch zu fest in der Fantasie[1] des Künstlers[2] gehaftet, als daß er den Irrthum hätte wahrnehmen sollen. Sie stehen nämlich in ihrer Rüstung und mit den Schilden gegen einander, drey an einer, 〈244〉 vier an der andern Seite des geschlachteten Stiers, und halten alle den Daum und die nächsten zwey Finger in die Höhe [❏], welches gewiß nicht die griechische[2] Weise zu schwören war. ➢ Volltext
[4] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 72: Die antiken[2] Statuen bedürfen keines Commentars, sie sprechen für sich, und jede vermeynte Nebenbuhlerey eines modernen Künstlers[2] würde nur als lächerliche Anmaßung erscheinen. ➢ Volltext
[5] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 136, Nr. 609: Alle modernen Rhetoriker stimmen fest ein keine Gattung im Styl anzunehmen; dieses ist merkwürdig und beweißt d[en] Imperativ d.[er] Romantisazion.
[6] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 40: Obwohl es zu viel gesagt sein würde, wenn man es auf alles ausdehnen wollte, daß sich das Griechische[5] und Römische in Rücksicht der Grammatik zum Indischen wieder verhalte, wie die romanischen[1] Sprachen[3] zur lateinischen; so ist es doch unläugbar wahr, daß sie in einigen Punkten, durch die Beihülfe der Präpositionen und durch die schwankendere Unregelmäßigkeit, schon den Uebergang zu der modernen Gramma〈41〉tik bilden, und daß die regelmäßige Einfachheit der indischen Sprache[3] in der gleichen Structur ein untrügliches Kennzeichen des höhern Alterthums[1] ist. ➢ Volltext
[7] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 83: Hierauf folgt eine Bestimmung der Begriffe[1] der antiken[2] und modernen oder romantischen[12] Poesie[11], und mit Recht ist diese vorangestellt, da der Verfasser einen ganz praktischen Zweck hatte, und also gleich in den historischen Gegensatz eingehen mußte. Nachdem er diesen oft verkannten und mißverstandenen, und oft selbst bezweifelten Gegensatz vorläufig durch Bilder und Beyspiele deutlich zu machen gesucht, durch Rhythmus und Melodie, Plastik und Malerey[2], die antike[2] und sogenannte gothische Baukunst; so versucht er ihn endlich seinem Wesen nach in bestimmten Worten[2] darzustellen.
[8] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 219 f. (220): Bei den Griechen war der philosophische Dialog eine Naturform, ein großer Theil des philosophischen Unterrichts bestand in Unterredung. Diese Form der philosophischen Geselligkeit verwandelte Plato 〈220〉 in Kunst[10] und er ist bis jetzt noch der unübertroffene Meister dieser Gattung. In seinen Dialogen herrscht neben der genauen Charakteristik, auch eine große Mannigfaltigkeit des Strebens und der Erreichung desselben, über welche Nüancen der rohe Sinn[13] hinwegblickt. Eine Form mit ähnlicher Tendenz, ist die moderne ungesellige Briefform. Allein obgleich hier wie durch den Dialog nach Wahrheit lyrisch, und von einer individuellen Vernunft[7] aus gestrebt wird, so ist doch diese weit steifer, kälter und verliert den Reiz der schnellen Abwechselung, der raschen Uebergänge und jene leise Ironie[3], welche der stärkeren Vernunft[7] wohl momentan über die schwächere erlaubt ist, welche aber in Briefen[3] verkörpert, für das an sich ernsthafte Streben nach Wahrheit zu laut oder zu bitter wird. ➢ Volltext.
[9] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 439: Da das Grundgesetz alles Rhythmus Causalität ist, und der Satz die Darstellung des Verstandes[10]: so wird diejenige Art der causalen Verknüpfung, welche die verständigere ist, auch die der Periode eigenthümlichere sein. Ob wir daher gleich im Vorigen eine doppelte Art der Verknüpfung kennen lernten, die eine in antiquen[2] Versen, wo der Grund oder die Arsis vorhergieng, die zweite in modernen Versen, wo die Thesis, oder die Folge voraus gesetzt ward: so sieht man doch leicht, daß die erstere, als die dem Verstande[10] angemesserne in der Periode allein vorkommen werde. ➢ Volltext.
[10] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 352: Das Hebräische wird ferner noch jetzt von der rechten Hand nach der linken zu geschrieben, sodaß ein nach moderner Weise gebundenes hebr. Buch anfängt, wo gewöhnlich die Bücher enden..
[11] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 161: [D]ie der christlichen Zeit[3] eigenthümliche Richtung von Poesie[1] und Kunst[4] [wird] im Gegensatze des Antiken[2] [...] eine moderne[1] genannt und als Haupteigenschaft derselben die im Mittelalter und vorzüglich mit dem 12. Jahrh. sich geltend machende Romantik[8] angenommen, für die aber am Ende des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Literatur und Kunst[4] der Alten[10] [...] eine neue[1] Periode anhob, welche auch vorzugsweise als die moderne[8] und dann die vorhergehende als die romantische[13] bezeichnet wird..
[12] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 201: Einer der ausgezeichnetsten und gelehrtesten Skeptiker des Alterthums[3] war Sextus Empirikus [...]. – Der moderne Skepticismus hat sich besonders gegen die Zuverlässigkeit der Verstandes- und Vernunfterkenntniß gerichtet und ist, da er nur auf dem Boden der Unkenntniß der Philosophie erwachsen, doch aber dieser sich entgegenstellte, zu keiner Bedeutung gelangt [...]..
[13] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 306: „Ich bin von Adel[1],“ sagt uns der moderne Edelmann. – Welch etwas ganz anderes war es, wenn ein Römer sich einen Brutus, einen Scipio, einen Appius, oder Cimon sich eines Miltiades Sohn nannte! Bestimmte Thaten bestimmter Männer gingen dann vor der Seele des Volks[7] vorüber, dem er sich nannte, und knüpften sich an den Mann, der durch seinen Namen oder durch den Namen seines Vaters das Andenken derselben bei ihnen erneuerte. – Aber was denken wir uns bei dem unbestimmten weitsichtigen Begriffe[4]: Adel[1]? Etwas klares wenigstens nicht. [...] Wir sind im Allgemeinen in unsrer vaterländischen Geschichte[3] weit weniger einheimisch, als die alten[10] Völker[1], weil man uns so viel als möglich abhält, Antheil an öffentlichen Geschäften zu nehmen: – und was wir allenfalls wissen, erregt unsre Theilnehmung in weit geringerm Grade, weil es derselben meist so wenig würdig ist..
[14] G. Forster, Ansichten I (1791), W 2, 427: Die sinnliche Vorstellung dessen, was allen Begrif[5] übersteigt, kann nicht anders als verkleinerlich ausfallen. Wie mag es also der Künstler[2] mit dem Zwecke seiner Kunst[4] zusammen reimen, daß er Dinge abzubilden wagt, die in seinem Bilde nicht an Größe und Erhabenheit gewinnen, sondern augenscheinlich verlieren? Doch dieser Fehler ist bei modernen Künstlern[2] so gewöhnlich, und so tief gewurzelt in der oft nicht von ihnen selbst abhangenden Anwendung ihres Talents auf die Geheimnisse des Christenthums, daß Rubens darum nicht mehr zu tadeln scheint als Michel Angelo..
[15] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101 f. (102): Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen[1], sich nährte von den Rhapsodien des Dichters[1] und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne[1] Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist[19] sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[16] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 104 f. (105): Freylich wenn das Genie[4], der gute Kopf sich bestrebt das Alterthum[3] wieder zu beleben, seine Zeitgenossen in abgelegene Regionen zurückzuführen, ihnen das Entfernte, durch gefällige Abspiegelung, näher zu rücken, da finden sich große Schwierigkeiten; demjenigen Künstler[1] dagegen wird es leicht der sich umthut was die Zeitgenossen ohnehin lieben, wornach sie streben, welche Wahrheit ihnen behagt, welcher Irrthum ihnen am Herzen 〈105〉 liegt? Und dann ist er ja selbst ein Moderner, in diese Zustände von Jugend auf eingeweiht und darin befangen, seine Ueberzeugung schließt sich an die Ueberzeugung des Jahrhunderts. Nun lasse er seinem Talente freyen[1] Lauf, und es ist kein Zweifel daß er den größten Theil des Publicums[2] mit sich hinreißen werde..
[17] Goethe, Theiln. d. Frz. (*?1828), WA I, 49.2, 494: Als Moderne waren sie [sc. die Franzosen] schon längst auf dem romantischen[4] Wege. | Getrauten sichs nicht zu bekennen. | Besonders auf dem Theater wo die alte[10] Form erstarrt war und Klassisch[3] hieß. | Diese mußte nach und nach durchbrochen werden. | Da kam ihnen unser Beyspiel unser Vorgang zu Nutz und sie fingen an unsre Productionen günstiger anzusehen..
[18] Heine, Romant. Schule (1836), 164: Mit den ernsten Disciplinen hatte sich Herr Tieck nie sonderlich befaßt. Er studirte moderne Sprachen[3] und die älteren[1] Urkunden unserer vaterländischen Poesie[1]. Den klassischen[7] Studien soll 〈165〉 er immer fremd[4] geblieben seyn, als ein ächter Romantiker[3]. ➢ Volltext.
[19] Heine, Romant. Schule (1836), 165: Außer Goethe ist es Cervantes, welchen Herr Tieck am meisten nachgeahmt. Die humoristische Ironie[3], ich könnte auch sagen, den ironischen[3] Humor[2] dieser beiden modernen Dichter, verbreitet auch ihren Duft in den Novellen aus Herren Tiecks dritter Manier. Ironie[3] und Humor[2] sind da so verschmolzen, daß sie ein und dasselbe zu seyn scheinen. Von dieser humoristischen Ironie[3] 〈166〉 ist viel bei uns die Rede, die Goethesche Kunstschule preist sie als eine besondere Herrlichkeit ihres Meisters, und sie spielt jetzt eine große Rolle in der deutschen Literatur. – – [Zensierter Text, DHA 8.1, 183 f.: Aber sie ist nur ein Zeichen unserer politischen Unfreiheit, und wie Cervantes, zur Zeit der Inquisition, zu einer humoristischen Ironie[3] seine Zuflucht nehmen mußte, um seine Gedanken anzudeuten, ohne den Familiaren des heiligen Offiz eine faßbare Blöße zu geben, so pflegte auch Goethe im Tone einer humoristischen Ironie[3] dasjenige zu sagen, was er, der Staatsminister und Höfling, nicht unumwunden auszusprechen wagte. Goethe hat nie die Wahrheit verschwiegen, sondern wo er sie nicht nackt zeigen durfte, hat er sie in Humor[2] und Ironie[3] gekleidet. Die Schriftsteller, die unter Zensur und Geisteszwang aller Art schmachten und doch nimmermehr ihre Herzensmeinung verleugnen können, sind ganz besonders auf die ironische[3] und humoristische Form angewiesen. Es ist der einzige Ausweg, welcher der Ehrlichkeit noch übriggeblieben, und in der humoristisch ironischen[3] Verstellung offenbart sich diese Ehrlichkeit noch am rührendsten.] ➢ Volltext.
[20] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237 f. (238): Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte[1] antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[11] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[11] der Neuen[5] zur modernen oder romantischen[12] Kunst[11]. Die antike[2] Kunst[11] (eigentlich nur die griechische[2] zu nennen) ist leichter zu beurtheilen, als in ihrem Stile zu schaffen. Ideale Ruhe, göttlicher Adel[5] in der Form und kühne Einfachheit sind die Kennzeichen, das Wesen der Antike[4]. Woher aber jene himmlische Ruhe, jene unnachahmliche Grazie, jene Abgeschlossenheit (Plastik) in der Antike[4]? – Griechenland war von Poesie[14] durchdrungen, nämlich von einer Phantasie[3], die ihre Ideale im Leben selbst vorfand, und dieselben in Formen bringen konnte, die wirklich vorhanden waren; die Kunst[11] besteht aber nur in dieser Verschmelzung des Ideals mit der Wirklichkeit, diese Erhebung des Irdischen zum übersinnlichen Genusse. Und wenn ein poetischer[1] Mensch derjenige ist, welcher bei Beschauung irdischer Gegenstände diesen sogleich ihre himmlische Beziehung in schöner[1] Form anweist, so waren die Griechen eine poetische[1] Nation[1], und die Kunst[4] lag ihnen nahe. Das Schöne[1] setzten sie über Alles, weil sie selbst schön[1] waren; sie vergötterten schöne[1] Menschen nach dem Tode; ihre Lebensaufgabe war Genuß des Schönen[1]..
[21] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 280: Uebersezungen. Diese können in Absicht des übersezten Schriftstellers einen dreifachen Nuzen haben. 1., ihn diejenigen kennen zu lehren, die sein Original nicht selbst zu lesen im Stande sind. 2., für denjenigen, der das Original selbst liest, zum Verständniss desselben zu dienen. 3., denjenigen, der das Original zu lesen im Begriff[6] ist, vorläufig mit ihm bekannt zu machen, ihn in seine Manier, seinen Geist[30] einzuweihen. [...] Die Haupterfordernisse einer Uebersezung wechslen nun nach diesem dreifachen Zwekke. Zu dem 1sten wird Anpassung des übersezten alten[10] Schriftstellers auf den modernen Leser, also oft absichtliche Abweichung von der Treue erfordert; zu dem 2ten Treue der Worte[4] und des Buchstabens[11]; zu dem 3ten Treue des Geistes[30], wenn ich so sagen darf, und des Gewandes, worin er gekleidet ist, wobei also vorzüglich viel auf die Nachahmung der Diktion bei Prosaikern und des Rhythmus und des Versbaues bei Dichtern ankommt..
[22] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 149: Um gewiß zu seyn, daß wir unserem Dichter[1] [sc. J. W. Goethe] nicht etwas Fremdes[5] unterschieben, seine rein antike[3] Dichtung nicht bloß mit modernem Sinne[5] betrachten, wollen wir, zur Bestätigung unsrer Behauptung, noch ein Paar einzelne Stellen aus dem Ganzen herausheben..
[23] W. v. Humboldt, Charakt. d. Grch. (*?1807), GS I, 7.2, 615: Da in der Bildhauerei die Gestalt, in der Musik das Gefühl herrscht, so ist der allgemeine Charakter[1] des Antiken[2] das Classische[6], der des Modernen das Romantische[8], von welchen beiden jenes von der Brust aus die Welt, dieses von der Welt aus die Brust zur Unendlichkeit zu erweitern versucht. | Das Classische[6] lebt in dem Lichte der Anschauung, knüpft das Individuum an die Gattung, die Gattung an das Universum an, sucht das Absolute in der Totalität der Welt, und ebnet den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, in der Idee des Schicksals durch allgemeines Gleichgewicht. | Das Romantische[8] verweilt vorzugsweise im Helldunkel des Gefühls, trennt das Individuum von der Gattung, die Gattung vom Universum, ringt nach dem Absoluten in der Tiefe des Ichs, und kennt für den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, keinen Ausweg, als entweder verzweiflungsvolles Aufgeben aller Ausgleichung, oder vollkommene Lösung, in der Idee der Gnade und Versöhnung durch Wunder..
[24] Immermann, Epigon. (1836), W 2, 459: Ein Unterschied der modernen Zeit[3] von der griechischen[2] besteht darin, daß unter uns Neueren[3] das wahrhaft geniale Schöne[2] fast immer im Gegensatze zu der herrschenden Stimmung erwächst, welche dagegen ihrerseits das als vorhanden zu präkonisieren [›auszurufen‹] pflegt, woran es ihr eben ganz gebricht. Dagegen ging in jener glücklichen griechischen[2] Periode das besondre Genie[2] der Künstler[1] aus dem allgemeinen Talente der Nation[1] hervor. Um an einem Beispiele meine Meinung klarzumachen, so glaubten wir an Klopstocks Oden, Bardieten und an den Nachahmungen derselben eine große vaterländische Poesie[11] zu besitzen, und doch waren diese frostigen Exerzitien am allerfernsten von einer solchen..
[25] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520 f. (521): Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten[1] Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit[1] der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst[4], in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]. Nachdem nun Buonarotti sie eine Zeitlang in dem 〈521〉 Wahne, eine wirkliche Antike[3] vor sich zu haben, gelassen, auch viele ironische[1] Bemerkungen zwischen der Antike[4] und seiner Arbeit mit angehört hatte, so trat er endlich hervor, und erklärte die Bildsäule für sein Werk [...]. Man kann sich leicht die Entrüstung denken, in welche alle seine Gegner geriethen, als sie sich mit ihrem Kunsturtheile so in die Enge getrieben sahen; indessen zweifelte man dennoch an der Wahrheit, bis Buonarotti den Arm brachte [...], welches zugleich eine Lehre für diejenigen zur Folge hat, die nur für das Antike[2] eingenommen sind, ohne das Moderne in der Kunst[2] erst näher zu untersuchen oder zu prüfen, indem sie dann finden werden, daß man bei der Wahl und Nachahmung des Schönen[1] in der Natur[2], nur das erreichen kann, was die Alten[10] auch nur erreichen konnten, weil sie nichts anderes thaten, und dann, daß die Kunst[2] nicht abgeschlossen ist, sondern sich jeder bestreben muß, das Höchste darin zu erreichen..
[26] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88 f. (89), Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter[1] des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[12] mancher Kritiken[5] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon. Es gehört ein Kopf dazu, in dem sich poetischer[4] Geist[14] und philosophischer Geist[14] in ihrer ganzen Fülle durchdrungen ha〈89〉ben. Die griechische[2] Mythologie ist zum Theil eine solche Übersetzung einer Nazionalreligion. Auch die moderne Madonna ist ein solcher Mythus. ➢ Volltext.
[27] Novalis, Poëticism. (*1798), NS 2, 537, Nr. 54: [I]n der Universalgeschichte der Poësie [lösen sich] die Antike[2], Moderne, und Vereinigte Periode ab[.].
[28] Novalis, Über Goethe (*1798), NS 2, 641 f. (642), Nr. 445: Wenn ich die neuesten[3] Freunde der Litteratur des Alterthums[3] recht verstehe, so haben sie mit ihrer Foderung, die klassischen[7/3] Schriftsteller nachzuahmen nichts anders im Sinn[10], als uns zu 〈642〉 Künstlern zu bilden – Kunsttalent in uns zu erwecken. Keine moderne Nation[1] hat den Kunstverstand in so hohem Grad gehabt, als die Alten[10]. Alles ist bey ihnen Kunstwerk[2] – aber vielleicht dürfte man nicht zu viel sagen, wenn man annähme, daß sie es erst für uns sind, oder werden können. Der classischen[7/3] Litteratur geht es, wie der Antike[4]; sie ist uns eigentlich nicht gegeben – sie ist nicht vorhanden – sondern sie soll von uns erst hervorgebracht werden. Durch fleißiges und geistvolles Studium der Alten[10] entsteht erst eine klassische[7/3] Litteratur für uns – die die Alten[10] selbst nicht hatten..
[29] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 21 f. (22): Es haben Andere vor uns den formellen Unterschied der antiken[2] und romantischen[13] Bildung[5] auf unwidersprechliche Art gezeigt [...], wie in der alterthümlichen Welt der ewig-Eine Geist[12] der Menschheit[1] real, im äußern Organismus[8] des Lebens hervortrat, während er im Mittelalter ideal, in dem Stre〈22〉ben des öffentlichen Lebens nach dem Geistigen, als der Wesenheit des Christenthums, sich aussprach [...], [...] das Leben der damaligen Staaten von Europa beseelte, und sie alle in einem einzigen, höheren vereinigte, der als ein Wundergebilde in der modernen Geschichte[1] dasteht, welchem die ganze nachfolgende Zeit[3] bis auf unsere Tage nichts Aehnliches an die Seite stellen kann..
[30] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 443: Nur der Katholicismus lebte in einer mythologischen Welt. Daher die Heiterkeit[4] der poetischen[4] Werke, die in dem Katholicismus selbst entsprungen sind, die Leichtigkeit und Freiheit[13] der Behandlung dieses – ihnen natürlichen[3] – Stoffes, fast wie die Griechen ihre Mythologie behandelt haben. Außer dem Katholicismus kann fast nur Unterordnung unter den Stoff, gezwungene Bewegung ohne Heiterkeit[4] und bloße Subjektivität des Gebrauchs erwartet werden. Ueberhaupt wenn eine Mythologie zum Gebrauch herabgesunken, z. B. der Gebrauch der alten[10] Mythologie in den Modernen, so ist dieser, eben weil bloß Gebrauch, bloße Formalität; sie muß nicht auf den Leib passen, wie 〈444〉 ein Kleid, sondern der Leib selbst seyn. Selbst die vollendete Dichtung im Sinn der rein-mystischen Poesie[11] würde eine Absonderung im Dichter, sowie in denen, für welche er dichtet, voraussetzen, sie wäre nie rein, nie aus dem Ganzen der Welt und des Gemüths gegossen. ➢ Volltext.
[31] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 645: Der Geist[12] der modernen Zeit[3], der im Allgemeinen schon früher dargestellt worden ist, bringt die Beschränkung der modernen Lyrik in Ansehung der Gegenstände mit sich. Bild und Begleitung eines öffentlichen und allgemeinen Lebens – eines Lebens in einem organischen[6] Ganzen – konnte die Lyrik in den modernen Staaten nicht mehr werden. Es blieben für sie keine andern Gegenstände als entweder die ganz subjektiven, einzelne momentane Empfindungen, worein sich die lyrische Poesie[11] auch in den schönsten Ergüssen der spätern Welt verloren hat, und aus denen nur sehr mittelbar ein ganzes Leben hervorleuchtet, oder dauernde auf Gegenstände sich beziehende Gefühle, wie in den Gedichten des Petrarca, wo das Ganze wieder eine Art von romantischer[1] oder dramatischer Einheit wird. ➢ Volltext.
[32] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 673: Das romantische[12] Epos hat in der Gattung, zu der es gehört, selbst wieder einen Gegensatz. Wenn es nämlich überhaupt zwar dem Stoff nach universell, der Form nach aber individuell ist, so läßt sich zum voraus eine andere entsprechende Gattung erwarten, in welcher an einem partiellen oder beschränkteren Stoff sich die allgemein gültigere und gleichsam indifferentere Darstellung versucht. Diese Gattung ist der Roman, und wir haben mit dieser Stelle, die wir ihm geben, zugleich auch seine Natur[1] bestimmt. | Man kann allerdings auch den Stoff des romantischen[12] Epos nur relativ universell nennen, weil er nämlich immer den Anspruch an das Subjekt macht, sich überhaupt auf einen phantastischen[1] Boden zu versetzen, welches das alte[10] Epos nicht thut. Aber eben deßwegen auch, weil der Stoff vom Subjekt etwas fordert – Glauben, Lust, phantastische[1] Stimmung – so muß er Dichter von der seinigen etwas hinzuthun und so dem Stoff, was er in der einen Rücksicht an Universalität voraus haben kann, von der andern Seite wieder durch die Darstellung nehmen. Um sich dieser Nothwendigkeit zu überheben, und der objektiven Darstellung sich mehr zu nähern, bleibt demnach nichts übrig als auf die Universalität des Stoffs Verzicht zu thun und sie in der Form zu suchen. | Die ganze Mythologie des Rittergedichts gründet sich auf das Wunderbare, d. h. auf eine getheilte Welt. Diese Getheiltheit geht nothwendig in die Darstellung über, da der Dichter, um das Wunderbare als solches erscheinen zu lassen, selbst für sich in der übrigen Welt seyn muß, wo das Wunderbare als Wunderbares erscheint. Will also der Dichter mit seinem Stoff wahrhaft identisch werden und sich ihm selbst ungetheilt hingeben, so ist kein Mittel dazu, als daß das Individuum, wie überhaupt in der modernen Welt, so auch hier ins Mittel trete und den Ertrag Eines Lebens und Geistes[32] in Erfindungen niederlege, die, je höher sie stehen, desto mehr die Gewalt einer Mythologie gewinnen. So entsteht der Roman, und ich trage kein Bedenken, ihn in dieser Rücksicht über das Rittergedicht zu setzen [...]. ➢ Volltext.
[33] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 683: Wir haben den Kreis der epischen Formen, wiefern sie im Geist[12] der modernen[1/8?] und romantischen[1/13?] Poesie[11] möglich sind, durchlaufen. ➢ Volltext.
[34] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 718: Das Tragische und Komische könnte entweder im Zustand der Vollkommenheit, nicht aufgehobenen Indifferenz dargestellt seyn, dann aber müßte die Poesie[11] weder als tragisch noch als komisch erscheinen; es wäre eine ganz andere Gattung, es wäre die epische Poesie[11]. In der epischen Poesie[11] sind die beiden Elemente, die sich in dem Drama streitend entzweien, – nicht vereinigt, sondern überhaupt noch nicht getrennt. Die Mischung beider Elemente auf solche Art, daß sie überhaupt nicht getrennt erschienen, kann also nicht die Eigentümlichkeit der modernen Tragödie seyn. Es ist vielmehr eine Mischung, worin beide bestimmt unterschieden werden, und so daß der Dichter in beiden sich gleich als Meister zeigt, wie Shakespeare, der die dramatische Stärke nach beiden Polen hin concentrirt, und der erschütternde Shakespeare ist im Fallstaff und im Macbeth. | Indeß können wir doch diese Mischung entgegengesetzter Elemente als ein Zurückstreben des modernen Drama zum Epos, ohne deßwegen 〈719〉 Epos zu werden, betrachten; sowie dieselbe Poesie[11] dagegen im Epos durch den Roman[1] zum Dramatischen strebt, und also von beiden Seiten die reine Begrenzung der höheren Kunst[12] aufhebt. | Es ist zu dieser Mischung nothwendig, daß dem Dichter das Tragische und Komische nicht nur massenweise, sondern auch in seinen Nuancen zu Gebot stehe, wie dem Shakespeare, der im Komischen zart, abenteuerlich[3] und witzig zugleich, wie im Hamlet, und derbe (wie in den Fallstaffschen Stücken) ist, ohne jemals niedrig zu werden; sowie er dagegen im Tragischen zerreißend (wie im Lear), strafend (wie im Macbeth), schmelzend, rührend und beruhigend, wie in Romeo und Julie und mehreren gemischten Stücken ist. ➢ Volltext.
[35] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 723: Der Natur[1] des romantischen[12/4] Princips gemäß stellt die moderne Komödie die Handlung[3] als Handlung[3] nicht rein, isoliert und in der plastischen[3] Beschränkung des alten[10] Drama dar, sondern sie gibt zugleich ihre ganze Begleitung. ➢ Volltext.
[36] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 730: Die Construktion des Ganzen ist [bei Calderon] rationeller, in einem Maß wie man es der modernen Poesie[11] wahrscheinlich nicht zugetraut hätte, wenn man ihren Charakter[1] allein von Shakespeare abstrahirte. Die zerstreuten Principien der romantischen[12] Gattung hat Calderon in eine strengere Einheit gefaßt, die sich der wahren Schönheit[6] nähert. ➢ Volltext.
[37] Schiller, an Goethe (26. 6. 1797), NA 29, 88 f. (89): Wenn ich Sie neulich recht verstanden habe, so haben Sie die Idee, Ihr neues[3] episches Gedicht, die Jagd, in Reimen und Strophen zu behandeln. Ich vergaß neulich, ein Wort[2] darüber zu sagen, aber diese Idee leuchtet mir ein, und ich glaube sogar, daß dieß die Bedingung 〈88〉 seyn wird, unter welcher allein dieses neue[3] Gedicht neben Ihrem Hermann bestehen kann. Ausserdem, daß selbst der Gedanke des Gedichts zur modernen Dichtkunst geeignet ist und also auch die beliebte Strophenform begünstigt, so schließt die neue[5] metrische Form schon die Concurrenz und Vergleichung aus, sie giebt dem Leser eben sowohl als dem Dichte[r] eine ganz andere Stimmung, es ist ein Concert auf einem ganz andern Instrument[3]. Zugleich participiert es alsdann von gewißen Rechten des romantischen[12/2/4] Gedichts, ohne daß es eigentlich eines wäre, es darf sich wo nicht des wunderbaren doch des Seltsamen und überraschenden mehr bedienen, und die Löwen und Tieger-Geschichte[8], die mir immer außerordentlich vorkam, erweckt dann gar kein Befremden mehr. Auch ist von den Fürstlichen Personen und Jägern nur ein leichter Schritt zu den Ritterfiguren, und überhaupt knüpft sich der vornehme Stand, mit dem Sie es in diesem Gedicht zu thun haben, an etwas Nordisches und Feudalisches an; die griechische[2] Welt, an die der Hexameter unausbleiblich erinnert, nimmt diesen Stoff daher weniger an, und die mittlere und neue[9] Welt, also auch die moderne Poesie[22], kann ihn mit Recht reclamieren..
[38] Schiller, an Goethe (19. 7. 1799), NA 30, 72 f. (73): Ich habe mir vor einigen Stunden durch Schlegels Lucinde den Kopf so taumelig gemacht, daß es mir noch nachgeht. Sie müssen dieses Product wundershalber doch ansehen. Es characterisiert seinen Mann, so wie alles Darstellende, beßer als alles was er sonst von sich gegeben, nur daß es ihn mehr ins frazenhafte 〈73〉 mahlt. Auch hier ist das ewig formlose und fragmentarische, und eine höchst seltsame Paarung des Nebulistischen mit dem Characteristischen[2], die Sie nie für möglich gehalten hätten. Da er fühlt, wie schlecht er im poetischen[4] fortkommt, so hat er sich ein Ideal seiner selbst aus der Liebe und dem Witz[2] zusammengesetzt. Er bildet sich ein, eine heiße unendliche Liebesfähigkeit mit einem entsetzlichen Witz[2] zu vereinigen und nachdem er sich so constituiert hat, erlaubt er sich alles, und die Frechheit erklärt er selbst für seine Göttin. | Das Werk ist übrigens nicht ganz durchzulesen, weil einem das hohle Geschwätz gar zu übel macht. Nach den Rodomontaden von Griechheit, und nach der Zeit[6], die Schlegel auf das Studium derselben gewendet, hätte ich gehofft, doch ein klein wenig an die Simplicität und Naivetät der Alten[10] erinnert zu werden, aber diese Schrift ist der Gipfel moderner Unform und Unnatur, man glaubt ein Gemengsel aus Woldemar, aus Sternbald, und aus einem frechen französischen Roman zu lesen..
[39] A. W. Schlegel, Gemählde (1799), 118 f. (119): Daß die Sache [sc. die Aussetzung Mosis] in Egypten vorgeht, ist also hinlänglich außer Zweifel gesetzt: aber bey allem dem kann man der gerühmten Gelehrsamkeit Poussins im 〈119〉 Kostum hier nichts weiter zugestehen, als daß er es beynahe so gut wie Paul Veronese, beobachtet hat. Bey diesem ist alles modern, aber alles aus Einem Stücke; bey jenem ist alles antiquarisch, allein es paßt nicht zu einander. Mutter und Tochter sind der Kleidung nach ziemlich Griechisch[4], der Knecht ist ganz Griechisch[4], der Flußgott ist wahrlich weder Egyptisch noch Hebräisch, sondern Griechisch[4], und bey einer Geschichte[10], wo Jehovah's unmittelbare Vorsehung eintritt, noch obendrein erzheidnisch. Das Füllhorn ist auch Griechisch[4]. Eigentlich ist es doch ein Glück, daß der Mahler auf halbem Wege stehen blieb, und zufrieden war, wenn eine alte[1] Geschichte[10] antik[2] aussah. Ein andrer, der das Studium des Kostums (auf welches die Französischen Kunstrichter, die darin mit Poussin sympathisiren, eine so lächerliche Wichtigkeit legen) noch strenger verfolgte, könnte der Tochter Pharao's die Physiognomie einer Mumie geben. Soll aber einmal etwas fremdes[5] sich eindrängen dürfen, so ist es wohl eben so erlaubt, eine biblische Geschichte[10] im Venetianischen Dialekt[3] zu erzählen, als die ganze Welt durch eine griechische[4] Brille zu sehen. Das Einheimische und Neue[5] ist uns näher, lebendiger, lustiger; Paul mahlte frisch, was er sah und erlebte, Poussin schöpfte mühsam aus alten[10] Denkmälern und Büchern. Jener hätte vielleicht seine fantastische[2] Jovialität eingebüßt, wenn er die Kunst[4] so ernst hätte treiben wollen; dieser konnte sich schwerlich über seine klassische[8] Kälte erheben, wenn er sich auch geselliger ins Leben hineinwagte [...]. ⦿ ➢ Volltext.
[40] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 281: Meine Absicht ist, alles in seiner Form und Eigenthümlichkeit poetisch[5] übersetzen zu können, es mag Namen haben wie es will: antikes[2] und modernes, klassische[3] Kunstwerke[2] und nazionale Naturprodukte. ➢ Volltext.
[41] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 283: Wo sind denn nun die gepriesenen Wundervorzüge, die unsere Sprache[3] an sich, zur einzig berufnen Dollmetscherin aller übrigen machen sollen? Ein Wörterreichthum, der gar nicht so überschwenglich ist, daß er nicht beim Uebersetzen oft Armuth sollte fühlen lassen; die Fähigkeit zusammenzusetzen, und hie und da neu abzuleiten; eine etwas freyere Wortstellung, als in einigen modernen Sprachen[3] gilt, und endlich metrische Bildsamkeit. ➢ Volltext.
[42] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 208: Was den Dante betrifft, so war das bekanntlich schon Michelangelo's Wahl, und Flaxman fand also den Gedanken dazu in der Kunstgeschichte aufgezeichnet. Allein an einem Engländischen Künstler beweist es doch eine ungewöhnlich hohe Bildung[6], daß er, da er einmal einen modernen christlichen Dichter wählen wollte, nicht bey seinem angebeteten Landsmann Milton stehen blieb, sondern den nach der gemeinen Meinung finstern und auf die geschmackloseste Art wunderlichen Italiäner vorzog. ➢ Volltext.
[43] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 225: Allerdings ist die klassische[7] Bildung[6] ein großes untheilbares Ganzes: Durch den vollkommnen Besitz einer Seite Desselben muß einem also auch der Zugang zu den übrigen geöffnet werden. Wer die alten[10] Dichter recht versteht, [...] dem mußten auch für die bildende Kunst[2] der Alten die Augen aufgehn; und umgekehrt hat sich unser Künstler durch tiefes und liebevolles Studium der Antike[4] mit den Dichtern in unmittelbarere Berührung gesetzt, als durch modernisirende Übersetzungen hätte geschehen können [...]. ➢ Volltext.
[44] A. W. Schlegel, Zeichn. (1799), 232: Es versteht sich von selbst, daß der moderne Künstler[2] dasjenige in seinen Bildern, was uns in die Heroenwelt des Homer und Äschylus versetzt, nicht aus der Luft greifen oder aus eignen Mitteln hervorbringen konnte. Man erwartet schon ein vertrautes Studium der Antike[4] darin zu erkennen..
[45] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 195: Höchst wesentlich ist für die Kunstgeschichte die Anerkennung des Gegensatzes zwischen dem modernen und antiken[2] Geschmack. [...] Man hat den Charakter[1] der antiken[2] Poesie[11] mit der Bezeichnung classisch[3/5/7], den der modernen [als] romantisch[12/4/11] bezeichnet; [...] sehr treffend. Es ist eine große Entdeckung für die Kunstgeschichte daß dasjenige, was man bisher als die ganze Sphäre der Kunst[3] betrachtete (indem man den Alten[10] die uneingeschränkte Autorität zugestand) nur die eine Hälfte ist: das classische[7] Alterthum[2] kann dadurch weit besser verstanden werden als aus sich allein..
[46] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 679: Moderne Nachbildungen der Classischen[7] Lyrik. Überhaupt mislich. [...] Beabsichtete Nachahmung der Classiker[1]. [...] Veredelte Naturformen in der romantischen[12] Lyrik: Canzone, Sonett, Sestine etc..
[47] A. W. Schlegel, Ank. Bernhardi [Sprachl.] (1803), 199: Von den einzelnen Lauten wird der Uebergang zur Prosodie, zur Quantität und dem Accent, als den sich entgegenstehenden Principien der antiken[2] und modernen Verskunst, gefunden. Ueber diesen Gegensatz bin ich mit dem Verf. willig einverstanden, auch darüber, daß die Metrik eine nicht auf Erfahrung ruhende Gesetzmäßigkeit habe und haben müsse. Unstreitig waren sowohl die griechischen[2] Dichter als die Stifter der romantischen[12] Poesie[11] im Besitz eines solchen Systems, und es kommt bloß darauf an, ihre Praxis gehörig zu verstehen und es daraus zu entwickeln. ➢ Volltext.
[48] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 4: Den Zweifel, welcher sich hier und da noch regt, ob es denn wirklich eine romantische[12], d. h. eigenthümlich moderne, nicht nach den Mustern des Alterthums[3] gebildete, und dennoch nach den höchsten Grundsätzen für gültig zu achtende, nicht bloß als wilde Naturergießung zum Vorschein gekommene, sondern zu ächter Kunst[3] vollendete, nicht bloß national und temporär interessante[1], sondern universelle und unvergängliche Poesie[11] gebe: diesen Zweifel [...] hoffe ich befriedigend zu heben..
[49] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 64: Nach der Wiederbelebung der classischen[7] Literatur, war die Bewunderung dafür lange Zeit[6] eine einseitige Parteylichkeit, welche, wenigstens bey den Gelehrten die Schätzung des Originell-Modernen in seinem eignen Charakter[1] hinderte. Auch muß man wohl in einer gewissen Ferne stehen, um das Wollen eines Dichters im Verhältnisse zu seinem Zeitalter erschöpfend richtig zu fassen. Eben daß wir von den großen Meistern der romantischen[12] Kunst[3] durch die Kluft der letzten prosaischen[3] Zeitläufte getrennt sind, bringt uns mehr ins klare über sie; so wie auch die antike[2] und romantische[12] Kunst[3] durch den Gegensatz besser verstanden wird..
[50] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 68: [D]ie Classische[7] Bildung[5] ist durchgehends gleichartig und einfach; hingegen Heterogeneität der Mischungen bezeichnet die moderne ursprünglich, und so suchte sie auch in ihrem Fortschritte immer das Entgegengesetzte zu verbinden..
[51] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 83: Wenn man die classische[7] Bildung[2] mit einem Worte[2] schildern will, so war sie vollendete Naturerziehung. Jetzt da aus den Trümmern jener und einem Chaos verschiedenster Elemente eine neue[1] Welt hervorging, konnte Freyheit[10] mehr das herrschende Princip werden, welche denn auch nicht unterließ, die Natur[13] zu unterdrücken, und sich so als Barbarey kund zu geben. Die Natur[13] machte aber ihre Rechte geltend, und dieser Zwist bestimmte den Charakter[1] der modernen Bildung[2], in welcher die unauflöslichen Widersprüche unsers Daseyns, des Endlichen und Unendlichen in uns, mehr hervortreten, aber wieder verschmolzen werden. | Da eine ausschließende persönliche Neigung unstreitig die freyeste Huldigung des Gefühls ist, so empfand man eine Scheu, in derselben der Natur[13] noch dienen zu müssen. Alle Sinnlichkeit ward verkleidet, und man bestrebte sich die Schönheit[1] rein zu vergöttern. Ein unendlich reizender Widerspruch ist in diesem Geist[34] der Liebe, aber zugleich die Anlage zur Ironie[1], welche aus dem Bewußtseyn des Unerreichbaren, statt zu niederschlagendem Ernst überzugehn, einen leisen Scherz macht..
[52] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 160: Will man von einem Mittelalter sprechen, so werde die Epoche von der Zerstörung des occidentalischen Reichs bis etwa auf Carl den Großen darunter verstanden, während welcher die gewaltigen gährenden Kräfte allerdings noch zu keiner rechten Consistenz kommen konnten. Die folgenden Jahrhunderte aber, während welcher das Ritterthum seine höchste Blüthe hatte, und die Europäische Bildung[5] etwas selbstständiges und vollendetes in ihrer Art ward, welches einen durchgängigen Gegensatz mit dem classischen[7] Alterthum[2] darbietet, können keinesweges so genannt werden. [...] Dieß muß den Gesichtspunkt gänzlich verrücken: und so wird das wahrhaft Große in der modernen Geschichte[1], oder der romantischen[12], wenn ich sie so nennen darf, verkannt und mit vornehmer Bemitleidung der damaligen Barbarey geschildert, hingegen dasjenige hervorgehoben, was den Verfall bezeichnet, der schon vom Schlusse des 13ten Jahrhunderts an sich zu äußern anfing, doch nur allmählich zunahm, so daß der ritterliche Geist[14], in manchen Ländern wenigstens, erst im 17ten Jahrhundert letztlich verlosch..
[53] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 13: Das ganze Spiel lebendiger Bewegung beruht auf Einstimmung und Gegensatz. Warum sollte sich diese Erscheinung nicht auch in der Geschichte[1] der Menschheit[2] im großen wiederhohlen? Vielleicht wäre mit diesem Gedanken der wahre Schlüssel zur alten[10] und neuen[5] Geschichte[1] der Poesie[11] und der schönen[2] Künste[1] gefunden. Die, welche dieß annahmen, haben für den eigenthümlichen Geist[12] der modernen Kunst[2], im Gegensatz mit der antiken[2] oder classischen[7/5], den Namen romantisch[12/4] erfunden. Allerdings nicht unpassend: das Wort[1] kommt her von romance, der Benennung der Volkssprachen, welche sich durch die Vermischung des Lateinischen mit den Mundarten[1] des Altdeutschen gebildet hatten, gerade wie die neuere[5] Bildung[5] aus den fremdartigen Bestandtheilen der nordischen Stammesart und der Bruchstücke des Alterthums[3] zusammengeschmolzen ist, da hingegen die Bildung[5] der Alten[10] weit mehr aus einem Stücke war. ➢ Volltext.
[54] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 14 f.: [I]n der Musik[1] hat Rousseau den Gegensatz anerkannt, und gezeigt, wie Rhythmus und Melodie das herrschende Prinzip der antiken[2], Harmonie der modernen Musik[1] sey. Er verwirft aber einseitig die letztere, worin wir ganz und gar nicht mit ihm einig seyn können. Ueber die bildenden Künste[2] thut Hemsterhuys den sinnreichen Ausspruch: die alten[10] Mahler seyen vermuthlich zu sehr Bildhauer gewesen, die neueren[3] Bildhauer seyen zu sehr Bildhauer [sc. Mahler]. Dieß trifft den eigentlichen Punkt; denn, wie ich es in der Folge deutlicher entwickeln 〈15〉 werde, der Geist[12] der gesamten antiken[2] Kunst[4] und Poesie[1] ist plastisch[3], so wie der modernen pittoresk[2]. ➢ Volltext.
[55] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 65 f. (66): Bey den meisten meiner Zuhörer darf ich keine unmittelbare aus eignem Studium der Ursprache geschöpfte Bekanntschaft mit den Griechen voraussetzen. Uebersetzungen in Prosa[1] oder auch in Versen, 〈66〉 die aber nichts andres als Verkleidungen in den modernen Geschmack sind, können keine wahre Vorstellung vom griechischen[2] Schauspiel verschaffen. Wahrhaft treue Uebersetzungen, und welche im Ausdruck und Versbau zu gleicher Höhe mit dem Original hinanstrebten, hat man bis jetzt wohl nur im Deutschen versucht. Allein, wiewohl unsre Sprache[3] äußerst biegsam und in vielen Stücken der griechischen[2] ähnlich ist, so bleibt es doch immer ein Kampf mit ungleichen Waffen; und nicht selten tritt an die Stelle der griechischen[2] freyen[13] Anmuth, Steifheit und Härte. ➢ Volltext.
[56] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 69 f. (70): Es fehlt noch an einem Werke, welches die gesamte poetische[4], künstlerische, wissenschaftliche und gesellige Bildung[5] der Griechen, als ein großes harmonisches Ganzes, als ein wahres Kunstwerk[2] der Natur[2], worin ein wunderwürdiges Ebenmaaß der Theile herrscht, in demselben Geiste[14] schilderte, und ihre zusammenhängende Entwickelung verfolgte, wie Winckelmann es an Einer Seite davon geleistet 〈70〉 hat. Ein Versuch ist zwar gemacht worden in einem populären Buche, das in Aller Händen ist, ich meine die Reise des jungen Anacharsis [sc. Jean-Jacques Barthélémy, Voyage du Jeune Anacharsis en Grèce (Paris 1788).]. Dieß Buch ist von Seiten der Gelehrsamkeit schätzbar und kann sehr nützlich seyn, um Kenntniß der Alterthümer[5] zu verbreiten; aber, ohne noch das Verfehlte der Einkleidung zu rügen, es beweiset mehr guten Willen, den Griechen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, als Fähigkeit in ihren Geist[26] tief einzudringen. In dieser Hinsicht ist vieles nur von der Oberfläche geschöpft, ja nach modernen Ansichten umgekleidet. Es ist nicht die Reise eines jungen Scythen, sondern eines alten[2] Parisers. ➢ Volltext.
[57] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 377: Die Götterbilder der griechischen[2] Sculptur stehen für alle Zeit als vollendete Typen da. Das erhabne[3] Geschäft, die menschliche Gestalt bis da hinauf zu läutern, hat die Fantasie[1] einmal vorgenommen; sie könnte es, auch bey gleicher Begeisterung, höchstens nur wiederhohlen. Im persönlichen individuellen Bildniß aber ist der moderne Bildhauer Nebenbuhler des antiken2; dieß ist keine rein künstlerische Schöpfung; die Beobachtung muß hier eintreten, und jeder ist, bey aller Wissenschaft, Gründlichkeit und Anmuth 〈378〉 in der Ausführung, an das gebunden, was er eben wirklich vor Augen hat. ➢ Volltext.
[58] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 32 f. (33): Der Pastor fido insbesondre ist eine unnachahmliche Hervorbringung: originell und doch classisch[3]; romantisch[7] durch den Geist[12] der dargestellten Liebe: in den Formen mit dem großen einfachen Gepräge des classischen[3/7] Alterthums[2] bezeichnet; neben den süßen Tändeleyen der Poesie[3] voll von hoher keuscher Schönheit[6] des Gefühls. Keinem Dichter 〈33〉 ist es wohl so gelungen, die moderne und antike[2] Eigenthümlichkeit zu verschmelzen. Für das Wesen der alten[10] Tragödie zeigt er einen tiefen Sinn[5], denn die Idee des Schicksals beseelt die Grundanlage seines Stückes, und die Hauptcharakter kann man idealisch[1] nennen; er hat zwar auch Caricaturen eingemischt, und die Composition deswegen Tragikomödie genannt: allein sie sind es nur durch ihre Gesinnungen, nicht durch den Unadel der äußern Sitten, gerade wie die alte[10] Tragödie selbst den untergeordneten Personen, Sklaven oder Boten, ihren Antheil an der allgemeinen Würde leiht. ➢ Volltext.
[59] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 87, Nr. 23: Müßte nicht die romantische[1] Schreibart im obig[en] Sinn[1] in allen Schriften in der progressiven[5] Welt herrsch[en]? – 〈(die romantische[1] Gattung bei den Modernen durchgängig herrschen wie die satirisch[e] bei d[en] Römern?)〉.
[60] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 93, Nr. 96: Die Geschichte[1] der progressiven[5/3] Poesie[1] ließe s.[ich] erst dann vollständig a priori construiren, wenn sie vollendet wäre; bis jetzt kann man nur Bestätigung der progress.[iven][3] Idee in d[er] Gesch[ichte][1] d.[er] mod[ernen] π [Poesie][1] aufzeigen, und Vermuthung[en] daraus folgern..
[61] F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 104, Nr. 244: Die moderne κρ [Kritik][2] muß eben so aufs Absolute tendenziren als die π [Poesie][11] – | Gewöhnlich ists nicht κρ [Kritik][2] sondern nur deklamirender Enthusiasm der s.[ich] über die einzelnen Stellen vernehmen läßt und ignoranter Witz[3] der polemisch über das Ganze herfällt..
[62] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 143 f. (144), Nr. 42: Die Philosophie ist die eigentliche Heimath der Ironie[3], welche man logische Schönheit[1] definiren möchte: denn überall wo in mündlichen oder geschriebenen Gesprächen, und nur nicht ganz systematisch philosophirt wird, soll man Ironie[3] leisten und fordern; und sogar die Stoiker hielten die Urbanität für eine Tugend. Freylich giebts auch eine rhetorische Ironie[1], welche sparsam gebraucht vortreffliche Wirkung thut, besonders im Polemischen; doch ist sie gegen die erhabne[4] Urbanität der sokratischen Muse, was die Pracht der glänzendsten Kunstrede gegen eine alte[10] Tragödie in hohem Styl. Die Poesie[11] allein kann sich auch von dieser Seite bis zur Höhe der Philosophie erheben, und ist nicht auf ironische[1] Stellen be〈144〉gründet, wie die Rhetorik. Es giebt alte[10] und moderne Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie[3] athmen. Es lebt in ihnen eine wirklich transcendentale[1] Buffonerie. Im Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst[8], Tugend, oder Genialität: im Äußern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen guten italiänischen Buffo. ➢ Volltext.
[63] F. Schlegel, Philolog. I (*1797), KFSA 16, 44, Nr. 114: Er [sc. J. J. Winckelmann] hatte gar keinen Witz[3], und fühlte doch die absolute Versch.[iedenheit] des Antiken[2] und Modernen..
[64] F. Schlegel, Philolog. I (*1797), KFSA 16, 48, Nr. 155: Die Philologie besonders die alte[12] ist gleichsam die Klassik[1], das Urbild für die Behandlung jeder besondern nazionalen, modernen Litteratur..
[65] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 32 f. (33): Schon in den frühesten Zeitaltern der Europäischen Bildung[5] finden sich unverkennbare Spuren des künstlichen Ursprungs der 〈33〉 modernen Poesie[11]. Die Kraft, der Stoff war zwar durch Natur[13] gegeben: das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2] war aber nicht der Trieb, sondern gewisse dirigirende Begriffe[1] [...]. Selbst der individuelle Charakter[1] dieser Begriffe[1] war durch Umstände veranlaßt, und durch die äußre Lage nothwendig bestimmt. Daß aber der Mensch[1] nach diesen Begriffen[1] sich selbst bestimmte, den gegebnen Stoff ordnete, und die Richtung seiner Kraft determi〈34〉nierte; das war ein freyer[10] Aktus des Gemüths. Dieser Aktus ist aber eben der ursprüngliche Quell, der erste bestimmende Anstoß der künstlichen Bildung[2], welcher also mit vollem Recht der Freyheit[10] zugeschrieben wird. Die Phantasterey der Romantischen[12] Poesie[11], hat nicht etwa wie Orientalischer[1] Bombast eine abweichende Naturanlage zum Grunde. Es sind vielmehr abenteuerliche[3] Begriffe[1], durch welche eine an sich glückliche, dem Schönen[2] nicht ungünstige Phantasie[1] eine verkehrte Richtung genommen hatte. Sie stand also unter der Herrschaft von Begriffen[1]; und so dürftig und dunkel diese auch seyn mochten, so war doch der Verstand[2] das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2]..
[66] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 64 f. (65): Interessant[1] nehmlich ist jedes originelle Individuum, welches ein größeres Quantum von intellektuellem Gehalt oder aesthetischer Energie enthält. Ich sagte mit Bedacht: ein größeres. Ein größeres nehmlich als das empfangende Individuum bereits besitzt: denn das Interessante[1] verlangt eine individuelle Empfänglichkeit, ja nicht selten eine momentane Stimmung derselben. Da alle Größen ins Unendliche vermehrt werden können, so ist klar, warum auf diesem Wege nie eine vollständige Befriedigung erreicht werden kann; warum es kein höchstes Interessantes[1] giebt. Unter den verschiedensten For〈65〉men und Richtungen, in allen Graden der Kraft äußert sich in der ganzen Masse der modernen[1/3] Poesie[11] durchgängig dasselbe Bedürfniß nach einer vollständigen Befriedigung, ein gleiches Streben nach einem absoluten Maximum der Kunst. ➢ Volltext.
[67] F. Schlegel, an A. W. Schlegel (Mitte März 1798), KFSA 24, 104: Fantastisch, Fantasie habe ich mit F geschrieben, weil mir diese Worte[1] so wie wir sie brauchen, gar nicht Griechisch[2], sondern durchaus romantisch[12] und modern scheinen..
[68] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 60, Nr. 222: Der revoluzionäre Wunsch, das Reich Gottes[1] zu realisiren, ist der elastische Punkt der progressiven[3/5] Bildung[2], und der Anfang der modernen[1/3] Geschichte[2]. Was in gar keiner Beziehung auf's Reich Gottes[1] steht ist in ihr nur Nebensache. ➢ Volltext.
[69] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 64 f. (65), Nr. 238: Es giebt eine Poesie[11], deren Eins und Alles das Verhältniß des Idealen und des Realen ist, und die also nach der Analogie der philosophischen Kunstsprache Transcendentalpoesie heißen müßte. Sie beginnt als Satire mit der absoluten Verschiedenheit des Idealen und Realen, schwebt[5] als Elegie in der Mitte, und endigt als Idylle mit der absoluten Identität beyder. So wie man aber wenig Werth auf eine Transcendentalphilosophie legen würde, die nicht kritisch[1] wäre, 〈65〉 nicht auch das Producirende mit dem Produkt darstellte, und im System der transcendentalen[2] Gedanken zugleich eine Charakteristik des transcendentalen[1] Denkens enthielte: so sollte wohl auch jene Poesie[11] die in modernen Dichtern[3] nicht seltnen transcendentalen[1] Materialien und Vorübungen zu einer poetischen[4] Theorie des Dichtungsvermögens mit der künstlerischen Reflexion und schönen[2] Selbstbespiegelung, die sich im Pindar, den lyrischen Fragmenten der Griechen, und der alten[10] Elegie, unter den Neuern[5] aber in Goethe findet, vereinigen, und in jeder ihrer Darstellungen sich selbst mit darstellen, und überall zugleich Poesie[11] und Poesie[18] der Poesie[11] seyn. ➢ Volltext.
[70] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 68, Nr. 247: Dante's prophetisches Gedicht ist das einzige System der transcendentalen[1/2] Poesie[11], immer noch das höchste seiner Art. Shakespeare's Universalität ist wie der Mittelpunkt der romantischen[12] Kunst[12]. Goethe's rein poetische[4] Poesie[11] ist die vollständigste Poesie[18] der Poesie[11]. Das ist der große Dreyklang der modernen Poesie[11], der innerste und allerheiligste Kreis unter allen engern und weitern Sphären der kritischen[3] Auswahl der Klassiker[4] der neuern[3] Dichtkunst. ➢ Volltext.
[71] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 70, Nr. 253: In dem edleren und ursprünglichen Sinne[1] des Worts[1] Korrekt, da es absichtliche Durchbildung und Nebenausbildung des Innersten und Kleinsten im Werke nach dem Geist[12] des Ganzen, praktische Reflexion des Künstlers, bedeutet, ist wohl kein moderner Dichter korrekter als Shakspeare. So ist er auch systematisch wie kein andrer: bald durch jene Antithesen, die Individuen, Massen, ja Welten in mahlerischen[4] Gruppen kontrastiren lassen; bald durch musikalische[5] Symmetrie desselben großen Maßstabes, durch gigantische Wiederholungen und Refrains; oft durch Parodie des Buchstabens[8] und durch Ironie[1] über den Geist[12] des romantischen[12] Drama und immer durch die höchste und vollständigste Individualität und die vielseitigste alle Stufen der Poesie[11] von der sinnlichsten Nachahmung bis zur geistigsten Charakteristik vereinigende Darstellung derselben. ➢ Volltext.
[72] F. Schlegel, Philos. Lehrj. III (*1798), KFSA 18, 124, Nr. 21: Das Classische[7/3/5] und Progreßive[5/3] paßt nur nach Mehr oder Weniger auf Antik[2] und Modern; relativ, nicht absolut. .
[73] F. Schlegel, Lucinde (1799), 263: Und diese Namenlosigkeit selbst ist von zweydeutiger Bedeutung. Je verschämter und je moderner[1/7] man ist, je mehr wird es Mode sie aufs Schamlose zu deuten. Für die alten[10] Götter[4] hingegen hat alles Leben eine gewisse classische[6] Würde und so auch die unverschämte Heldenkunst lebendig zu machen. Die Menge solcher Werke und die Größe der Erfindungskraft in ihr bestimmt Rang und Adel[3] im Reiche der Mythologie. ➢ Volltext.
[74] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 14: Obgleich mir aber auch das, was man gewöhnlich Religion[1] nennt, eins der wunderbarsten, größesten Phänomene zu seyn scheint, so kann ich doch im strengen Sinne nur das für Religion[3] gelten lassen, wenn man göttlich denkt, und dichtet, und lebt, wenn man voll von Gott ist; wenn ein Hauch von Andacht und Begeisterung über unser ganzes Seyn ausgegossen ist; wenn man nichts mehr um der Pflicht, sondern alles aus Liebe thut, bloß weil man es will, und wenn man es nur darum will, weil es Gott sagt, nämlich Gott in uns. | Es ist mir, als ob ich Dich bey diesem Stücke Religion[3] denken hörte: „Wenn es also nur auf die Andacht und auf die Anbetung des Göttlichen ankommt; wenn das Menschliche überall das Höchste ist; wenn der Mann von Natur[1] der erhabnere Mensch ist: so wäre es ja der rechte, und wohl der nächste Weg den Geliebten anzubeten, und so die menschenvergötternde Religion[1] der menschlichen Griechen zu modernisiren?“
➢ Volltext
.[75] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 83: Liebe, Freundschaft und edle Gesellschaft wirkten [...] eine schöne[2] Revoluzion in seinem [Shakspeare's] Geiste[19]; die Bekanntschaft mit den zärtlichen Gedichten des bey den Vornehmen beliebten Spenser gab seinem neuen[1] romantischen[2/4] Schwunge Nahrung, und dieser mochte ihn zur Lektüre der Novellen führen, die er [...] fantastisch[2] reizend dramatisirte. Diese Ausbildung floß nun auch auf die historischen Stücke zurück, gab ihnen mehr Fülle, Anmuth und Witz[1] und hauchte allen seinen Dramen den romantischen[2/4] Geist[12] ein, der sie in Verbindung mit der tiefen Gründlichkeit am eigensten charakterisirt, und sie zu einer romantischen[2/4] Grundlage des modernen Drama constituirt, die dauerhaft genug ist für ewige Zeiten[2]. ➢ Volltext.
[76] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 122: Ich habe ein bestimmtes Merkmal des Gegensatzes zwischen dem Antiken[2] und dem Romantischen[12] aufgestellt. Indessen bitte ich Sie doch, nun nicht sogleich anzunehmen, daß mir das Romantische[12] und das Moderne[1] völlig gleich gelte. [...] Wollen Sie sich den Unterschied völlig klar machen, so lesen Sie gefälligst etwa die Emilia Galotti, die so unaussprechlich modern[5] und doch im geringsten nicht romantisch[7] ist, und erinnern Sie sich dann an Shakspeare, in den ich das eigentliche Centrum, den Kern der romantischen[12/7] Fantasie[3] setzen möchte. Da suche und finde ich das Romantische[12/7], bey den ältern[1] Modernen[1], bey Shakspeare, Cervantes, in der italiänischen Poesie[11], in jenem Zeitalter der Ritter, der Liebe und der Mährchen, aus welchem die Sache und das Wort[1] selbst herstammt. Dieses ist bis jetzt das einzige, was einen Gegensatz zu den classischen[3] Dichtungen des Alterthums[3] abgeben kann [...]. ➢ Volltext.
[77] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 174 f. (175): Das Charakteristische[1] im Tasso ist der Geist[12] der Reflexion und der Harmonie; nämlich daß alles auf ein Ideal von harmonischem Leben und harmonischer Bildung[2] bezogen und selbst die Disharmonie in har〈175〉monischem Ton[12] gehalten wird. Die tiefe Weichlichkeit einer durchaus musikalischen[7] Natur[17] ist noch nie im Modernen mit dieser sinnreichen Gründlichkeit dargestellt. Alles ist hier Antithese und Musik[7], und das zarteste Lächeln der feinsten Geselligkeit schwebt[5] über dem stillen Gemählde, das sich am Anfange und Ende in seiner eignen Schönheit[1] zu spiegeln scheint. Es mußten und sollten Unarten eines verzärtelten Virtuosen zum Vorschein kommen: aber sie zeigten sich im schönsten[1] Blumenschmuck der Poesie[3] beynah liebenswürdig. Das Ganze schwebt[5] in der Atmosphäre künstlicher Verhältnisse und Misverhältnisse vornehmer Stände, und das Räthselhafte der Auflösung ist nur auf den Standpunkt berechnet, wo Verstand[1] und Willkühr allein herrschen, und das Gefühl beynah schweigt. ➢ Volltext.
[78] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 179 ff. (180): [Der Goethe'sche Wilhelm Meister] eröffnet eine ganz neue[1] endlose Aussicht auf das, was die höchste Aufgabe aller Dichtkunst zu seyn scheint, die Harmonie des Classischen[3/5/6?] und Romantischen[4/6/8/9?]. [...] 〈180〉 [...] Cervantes und Shakspeare [...] sind [...] die einzigen, mit denen Goethe's Universalität eine Vergleichung zuläßt. [...] Nur ist Goethe's Kunst[2] durchaus progressiv[6/3] [...]. | Goethe hat sich [...] zu einer Höhe der Kunst[2] heraufgearbeitet, welche zum erstenmal die ganze Poesie[17] der Alten[10] und der Modernen umfaßt, und den Keim eines ewigen Fortschreitens enthält. | Der Geist[14], der jetzt rege ist, muß auch diese Richtung nehmen, und so wird es, dürfen wir hoffen, nicht an Naturen[17] fehlen, die fähig seyn werden zu dichten, nach Ideen zu dichten. Wenn sie nach Goethe's Vorbilde in Versuchen und Werken jeder Art unermüdet 〈181〉 nach dem Bessern trachten; wenn sie sich die universelle Tendenz, die progressiven[6/3] Maximen dieses Künstlers zu eigen machen, die noch der mannichfaltigsten[1] Anwendung fähig sind; wenn sie wie er das Sichre des Verstandes[2] dem Schimmer des Geistreichen vorziehn: so wird jener Keim nicht verloren gehn, so wird Goethe nicht das Schicksal des Cervantes und des Shakspeare haben können; sondern der Stifter und das Haupt einer neuen[1] Poesie[1] seyn [...]. ➢ Volltext.
[79] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 181 f. (182): Ludoviko. [...] Der Geist[12] der Poesie[11] ist nur einer und überall derselbe. | Lothario. Allerdings der Geist[12]! Ich möchte hier die Eintheilung in Geist[12] und Buchstaben[8] anwenden. Was Sie [...] dargestellt oder doch angedeutet haben, ist, wenn Sie 〈182〉 wollen, der Geist[12] der Poesie[11]. Und Sie werden gewiß nichts dagegen haben können, wenn ich Metrum und dergleichen ja sogar Charaktere[7], Handlung[3], und was dem anhängt, nur für den Buchstaben[8] halte. Im Geist[12] mag Ihre unbedingte Verbindung des Antiken[2] und Modernen Statt finden [...]. Nicht so im Buchstaben[8] der Poesie[11]. Der alte[10] Rhythmus z. B. und die gereimten Sylbenmaaße bleiben ewig entgegengesetzt. ➢ Volltext.
[80] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 102: Daß Euripides nicht viel Gutes vom Verfasser zu erwarten habe, ließ sich voraussehen. Mit Recht werden ihm viele Fehler vorgeworfen, die ihm eine unglückliche Aehnlichkeit mit gewissen modernen Dichtern[1] geben..
[81] J. H. Voß, Romant. (*1801; 1808), 45: Den reinen Naturformen, in welchen des Alterthums[3] freyer[13] Genius sich verklärt darstellt, wurden die unförmigen Vermummungen des dumpfen, von Hierarchen und Damen abhängigen Rittergeistes, der beseelten Gestalt des Urschönen, des zur Göttlichkeit gesteigerten Menschlichen ward Ihres Ideals düsteres Fantom, dem Klassischen[5] das wilde Romantische[4], dem Antiken[2] das Moderne, ja wenn sie noch schamloser sich aussprachen, dem Irdischen Ihr Geistiges, dem Heidnischen Ihr Christkatholisches vorgezogen [...], und in den klingelnden Tonweisen der Fidelare und Meistersänger erhöht..
161897 Besucher bislang. ::
Admin Login