Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[2] Brockhaus, Conv.-Lex. V (1809), 338: Man nennt das übertriebene Bestreben, die Landessprache von allen fremden[1/5] Worten zu reinigen, Purismus, und die Anhänger dieses Systems – Puristen.
[3] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 269: Wer nichts hatte als körperliche Stärke, [...] wurde bestimmt zu Fuße zu dienen, und hieß Plebejer. Ich wünschte, daß man dem Ursprunge dieses Wortes auf die Spur kommen könnte. Täuscht mich nicht alles, so bedeutete es ursprünglich einen Soldaten zu Fuße, ohne die geringste verächtliche Nebenbedeutung.
[4] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 519 f.: Die neu-deutschen Wörter haben zwei große Fehler, erstlich daß sich selten Verba und Adjektiva aus ihnen oder umgekehrt machen lassen [...] 〈520〉 [...]; der zweite Fehler ist, daß das neue[1] Wort nur den Gattungs-Sinn, selten den abgeschnittenen individuellen lebendigen des alten[1] zuträgt und daß es folglich dem Witze[2], dem Feuer und der Kürze den halben Wort-Schatz ausplündert. Z. B. Etwas „Alterthümliches“ für „Antike[3]“ ist das Geschlecht statt der Unterart, ja statt des heiligen Individuums; und womit soll uns diese kostbare Anschauung erstattet werden?
[5] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 368: Bey dem großen Reichthum unserer Sprachen[3] findet sich doch oft der denkende Kopf wegen des Ausdrucks verlegen, der seinem Begriffe[1] genau anpaßt, und in dessen Ermangelung er weder andern, noch so gar sich selbst recht verständlich werden kann. Neue[1] Wörter 〈369〉 zu schmieden, ist eine Anmaßung zum Gesetzgeben in Sprachen[3], die selten gelingt, und, ehe man zu diesem verzweifelten Mittel schreitet, ist es rathsam, sich in einer todten und gelehrten Sprache[3] umzusehen, ob sich daselbst nicht dieser Begriff[1] samt seinem angemessenen Ausdrucke vorfinde, und wenn der alte[6] Gebrauch desselben durch Unbehutsamkeit ihrer Urheber auch etwas schwankend geworden wäre, so ist es doch besser, die Bedeutung, die ihm vorzüglich eigen war, zu bevestigen, [...] als sein Geschäfte nur dadurch zu verderben, daß man sich unverständlich machte.
[6] Novalis, Blüthenstaub (1798), 90, Nr. 70: Unsere Sprache[4] ist entweder mechanisch, atomistisch oder dynamisch. Die ächt poetische[4] Sprache[4] soll aber organisch[6], lebendig seyn. Wie oft fühlt man die Armuth an Worten, um mehre Ideen mit Einem Schlage zu treffen.
[7] A. W. Schlegel, Sprachen (1798), 30 f.: 4 gethan, daß ihr nunmehr die Wohnung von der Person unterscheiden könnt. |
[8] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 9: Accent. [...] Die Modification der Stimme[3], wodurch in der Rede oder in dem Gesang einige Töne[1] sich vor andern ausnehmen, und wodurch also überhaupt Abwechslung und Mannigfaltigkeit in die Rede kommen. Wenn alle Sylben mit gleicher Stärke und Höhe der Stimme[3] ausgesprochen würden, so wäre weder Annehmlichkeit noch Deutlichkeit in derselben; sogar die Bemerkung des Unterschieds der Wörter würde wegfallen. Denn daß das Ohr[3] die Rede in Wörter abtheilet, kommt blos von dem Accent her.
[9] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 166: Die Adelschaft, [...] ein nunmehr veraltetes Wort, den Adel[1], oder die adelige Würde anzudeuten, welches indessen noch bey dem Opitz vorkommt..
[10] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[11] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[12] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1192 f.: Eine jede schriftliche Urkunde, in welcher Bedeutung dieses Wort [sc. Brief] aber größten Theils veraltet ist, und nur noch in einigen Zusammensetzungen, und gemeinen Redensarten vorkommt. Einem Brief[4] und Siegel über etwas geben, eine rechtskräftige Urkunde. [...] So auch in den 〈1193〉 Zusammensetzungen, Ablaßbrief, Adelsbrief, Bestallungsbrief, Frachtbrief, Freyheitsbrief, Kaufbrief, Lehnbrief, Lehrbrief, Pachtbrief, u. s. f. wo dieses Wort noch die allgemeine Bedeutung einer Urkunde hat. Unter den Kaufleuten kommt dieses Wort in der Bedeutung eines Wechselbriefes noch häufig vor [...]. Holländische Briefe[4] (Wechselbriefe) kaufen..
[13] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[14] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[15] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1262 f. (1263): Der Bürger muß fast überall die Lasten des Staates tragen. Diese Bedeutung hat wieder einen verschiedenen Umfang, indem man zuweilen auch die Bauern mit darunter begreifet, oft aber solche als den vierten und niedrigsten 〈1263〉 Stand annimmt. In beyden Fällen bekommt dieses Wort in dem Munde des Adels[2] und des Hofmannes oft den verächtlichen Nebenbegriff des Unedlen und Ungesitteten..
[16] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1957: Erzbösewicht, Erzdieb, [...] Erzhure, Erzjude, so fern das Wort Jude[2] einen niedrigen Wucherer bedeutet, [...] Erzschelm, Erzschwelger, Erzwucherer, Erzzauberer, und tausend andere, von denen man noch täglich neue entstehen siehet..
[17] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 285: Das Freundschaftsstück, [...] eine freundschaftliche Handlung [...]. Einem ein Freundschaftsstück erweisen. Oft gebraucht man dieses Wort auch ironisch[1] für eine feindselige Handlung..
[18] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 123: Mauschel, [...] ein nur im gemeinen Leben und im verächtlichen Verstande[7] übliches Wort, einen Juden[1] zu bezeichnen..
[19] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 192: Metāpher[1], [...] aus dem Griech. und Lat. Metaphora, in der Sprach- und Redekunst, eine Figur, nach welcher die gewöhnliche oder angenommene Idee eines Wortes oder einer Redensart gebraucht wird, ein anderes Ding, wegen einer anscheinenden Ähnlichkeit, zu bezeichnen..
[20] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 192 f.: Eigentlich sind unsere meisten Wörter Metaphern[1]. Das Wort Geist[1], wenn es ein unkörperliches vernünftiges Wesen bezeichnet, ist eine Metapher[1], weil es eigentlich den Wind bedeutet. Allein gemeiniglich nimmt man hier die gemeinste oder gewöhnlichste Bedeutung der Wörter für die eigentliche an, und nennt es eine Metapher[1], wenn diese 〈193〉 zur Bezeichnung eines andern in einem oder dem andern Stücke ähnlichen Dinges gebraucht wird. Daher metaphorisch, eine Metapher[1] enthaltend, in derselben gegründet..
[21] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 447: Im Gegensatze des Unterrichtes, der Erziehung, der bürgerlichen Einrichtung und Ordnung [...] scheint [...] die Bedeutung des Wortes natürlich[12] [...], wenn es in der anständigen und glimpflichen Sprechart für unehelich gebraucht wird. Ein natürlicher[12] Sohn, eine natürliche[12] Tochter, ein natürliches[12] Kind[2], welche bloß aus einem natürlichen[8] Bedürfnisse, bloß nach dem Stande der Natur[13], ohne Beobachtung der bürgerlichen Ordnung gezeuget worden..
[22] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
[23] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
[24] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 827: Die mit un zusammen gesetzten Haupt- und eigentlichen Beywörter haben [...] ihre Gränzen, und es ist nicht ohne Einschränkung erlaubt, deren nach Gutdünken neue[1] zu bilden. Am wenigsten hat man diese Freyheit[9], wenn man andere eigene Wörter hat, die Abwesenheit oder den Gegensatz eines Begriffes[1] auszudrucken..
[25] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 1101: Die Vernunft[4/5] [...]. In eigentlichem Verstande[7], die Handlung, da man etwas vernimmt, es mit Bewußtseyn, Unterscheidung und Anwendung empfindet, und das Vermögen der Seele auf diese Art zu empfinden. In diesem weitern Verstande[7], in welchem das Wort noch hin und wieder im gemeinen Leben vorkommt, da man denn auch den Thieren[1] Vernunft[4/5] zuzuschreiben pflegt, ist es in der bestimmtern Büchersprache veraltet [...]..
[26] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 1343 f. (1344): Der Wahnwitz, [...] von Witz[3], so fern es ehedem Verstand[1] überhaupt bedeutete, ist Wahnwitz so viel als Wahnsinn, und beyde werden auch noch häufig als gleich bedeutend gebraucht, obgleich letzteres üblicher ist, als ersteres, vermuthlich um die Zweydeutigkeit mit der heutigen gangbaren Bedeutung 〈1344〉 des Wortes Witz[3/2] zu vermeiden..
[27] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
[28] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 12: In dem Sinne[1], in welchem wir hier das Wort Sprache genommen haben, bezeichnet es eine individuelle Sprache[3], als solche wird sie freilich mit den allgemeinen und nothwendigen Sprach-Gesetzen übereinstimmen müssen; aber die Erfahrung zeigt, daß dies in den einzelnen Formen durchaus nicht der Fall sei [...]. Diese einzelnen und scheinbar willkührlichen Formen samlet nun nach ihren Aehnlichkeiten die einzelne Sprachlehre historisch unter gewisse Rubriken; und zusammengenommen bilden jene die Sprachanalogie; die Abweichungen von diesen häufigern Formen, werden eben so historisch unter dem Nahmen Anomalien verbunden; und beide zusammen konstituiren den Sprachgebrauch. Da nun dies Geschäft sich ganz eigentlich auf Buchstaben[9] bezieht, so sollte man auch den Nahmen Grammatik dafür sparen. ➢ Volltext.
[29] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 75: Man sieht [...], welche wichtige Rolle die Buchstaben[7] als Elemente der Sprachdarstellung zu spielen anfangen. Sie sind nichts anders als die Körper, welche das Gehör als Gefühlssinn erschüttern, und die analogen Schwingungen hervorbringen; und es ist unbegreiflich, wie so viele Sprachlehrer die Untersuchungen über diesen Punkt haben verwerfen oder übergehen können; und wie diejenigen, welche ahndeten[3], daß der Sitz der Sprache[1] und der Bedeutsamkeit der Wörter in der Combination der Buchstaben[7] liege, theils zu träge zum Nachdenken darüber waren, oder zu feige, um das Resultat ihres Forschens auszusprechen. ➢ Volltext.
[30] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 253: Was S betrifft, so ließe seine spirituöse Kraft, wenn auch die Anschauung des Organismus[4] nicht dahin führte, sich aus vielen andern Gründen beweisen. Seine Verwandschaft zum Spiritus und namentlich zum Asper zeigt sich durch den häufigen Uebergang in denselben, auch ist es ja bekannt genug, daß σ hie und da im Griechischen keine Position macht, daß ältere lateinische, besonders aber comische Dichter, das σ am Ende eines Wortes obgleich unter gewissen Bedingungen wegwerfen, welches alles auf eine diesem Buchstaben[7] eigenthümliche Unselbstständigkeit führt. ➢ Volltext.
[31] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 438: Das Element des Satzes ist [...] der Begriff[1] und dessen Ausdruck das einzelne Wort. ➢ Volltext.
[32] Börne, Bl. u. Blüth. (1818), 131, Nr. 7.: Warum heißt eine Frau[3] nehmen, d. h. seiner Freiheit[5] entsagen wollen, mit einem das Gegentheil bezeichnenden Worte freien?.
[33] Börne, Brf. Paris II (1832), 105: Im Collège Henri IV (nach deutschem Ausdrucke ein Gymnasium) werden von den Schülern zwei handschriftliche Journale redigirt, die in den Schulzimmern täglig cirkuliren. Das eine Journal, le lycéen genannt, kämpft unter Racine's Fahne, also für die klassische[8] Literatur; das Andere mit dem Titel le cauchemar, streitet unter der Fahne Victor Hugo's. Die romantische[14] Literatur mit dem Worte cauchemar (das Alpdrücken) zu bezeichnen, ist eine geistreiche Naivität, und die Feinde der Romantik[14] hätten nichts Besseres erfinden können..
[34] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 61: Die Antinomie, [...] der Streit der Gesetze, wenn zwei Gesetze mit einander streiten. Kant bedient sich dieses Worts, um den Streit zu bezeichnen, in welchem die Vernunft, wenn sie sich ohne Kritik[1], d. h. ohne Rücksicht auf ihre Schranken, in Untersuchung 〈62〉 übersinnlicher Gegenstände einläßt, nothwendig mit sich selbst gerathen muß..
[35] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 253: Der Champion, (sprich Schampiong) Fr. der Streiter für eine Person oder Sache; ein Wort, welches jedoch bei uns mehr in einem ironischen[1] als ernsthaften Sinne[1] gebraucht zu werden pflegt..
[36] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 123: Johann Christoph Gottsched [...] hatte unstreitig große Verdienste um die Verbesserung der Deutschen Sprache[3], welche durch die zahllose Menge fremder[1] Wörter, womit man sie [...] zu bereichern glaubte, ein höchst abenteuerliches[3] und buntscheckiges Ansehen erhielt..
[37] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 81: Der Barbarism [...], wenn man sich eines Worts oder einer Wendung auf eine fremde[5], sprachwidrige Art bedient..
[38] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 290: Der Dialect[1] (a. d. Griech.) heißt die Mundart[1], die Aussprache der Wörter nach Verschiedenheit der Nationen[1]..
[39] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 22: Adel[1/2] ist diejenige Standeseigenschaft einer Person, vermöge deren ihr besondere, durch Gesetz, Herkommen oder Landesverfassung bestimmte Vorrechte vor andern Staatsbürgern blos persönlich oder als erbliche Geschlechtsvorzüge zugestanden werden; auch bezeichnet man mit diesem Worte alle Die, welche sich im Besitze jener Standeseigenschaft befinden. Wird Jemandem der Adel[1] als Belohnung seiner Verdienste ertheilt, so heißt er persönlicher oder Verdienstadel; gründet sich die Erwerbung auf die Geburt in einer durch adelige Ältern gesetzmäßig eingegangenen Ehe[1] (denn durch Annahme an Kindesstatt oder Anerkennung durch nachfolgende Ehe[1] wird er nicht schlechterdings und durch Ehelichmachung mittels Rescripts des Fürsten gar nicht erlangt), so nennt man ihn Geburts- oder Erbadel. Gegen diesen letztern und seine in Anspruch genommenen Vorrechte haben sich namentlich zur Zeit[3] der franz. Revolution in Frankreich und später auch in Deutschland viele Stimmen[11] erhoben; dort ward der Erbadel 1789 ganz abgeschafft und hier seine Vorrechte sehr beschränkt, wodurch die Gleichheit mit den übrigen Ständen, und namentlich die Zuziehung des Adels[2] zu den öffentlichen Lasten sehr gefödert wurde..
[40] Goethe, an J. D. Salzmann (6. 3. 1773), WA IV, 2, 68: Ich hasse alle Spezialkritik von Stellen und Worten. [...] Ich kann leiden, wenn meine Freunde eine Arbeit von mir zu Feuer verdammen, umgegossen oder verbrannt zu werden; aber sie sollen mir keine Worte rücken, keine Buchstaben[9] versetzen..
[41] Goethe, Egmont (1788), WA I, 8, 266: Freiheit[8]? Ein schönes[1] Wort, wer's recht verstände. Was wollen sie für Freiheit[8]? Was ist des Freiesten Freiheit[8]? – Recht zu thun!.
[42] Goethe, Litt. Sanscül. (1795), 51: Wer mit den Worten, deren er sich im Sprechen oder Schreiben bedient, bestimmte Begriffe[1] zu verbinden für eine unerläßliche Pflicht hält, wird die Ausdrücke: classischer[3] Autor, classisches[3] Werk höchst selten gebrauchen. Wann und wo entsteht ein classischer[3] Nationalautor? Wenn er in der Geschichte[3] seiner Nation[1] große Begebenheiten und ihre Folgen in einer glücklichen und bedeutenden Einheit vorfindet; wenn er in den Gesinnun〈52〉gen seiner Landsleute Größe, in ihren Empfindungen Tiefe und in ihren Handlungen[1] Stärke und Consequenz nicht vermißt; wenn er selbst, vom Nationalgeiste durchdrungen, durch ein einwohnendes Genie[2] sich fähig fühlt, mit dem Vergangnen wie mit dem Gegenwärtigen zu sympathisiren; wenn er seine Nation[1] auf einem hohen Grade der Kultur[4] findet, so daß ihm seine eigene Bildung[2] leicht wird; wenn er viele Materialien gesammelt, vollkommene oder unvollkommene Versuche seiner Vorgänger vor sich sieht, und so viel äußere und innere Umstände zusammentreffen, daß er kein schweres Lehrgeld zu zahlen braucht, daß er in den besten Jahren seines Lebens ein großes Werk zu übersehen, zu ordnen und in Einem Sinne[10] auszuführen fähig ist. ➢ Volltext.
[43] Goethe, Symbolik (*1805), WA II, 11, 167: Durch Worte sprechen wir weder die Gegenstände noch uns selbst völlig aus. | Durch die Sprache[1] entsteht gleichsam eine neue Welt, die aus Nothwendigem und Zufälligem besteht. | Verba valent sicut numi. Aber es ist ein Unterschied unter dem Gelde. Es gibt goldne, silberne, kupferne Münzen und auch Papiergeld. In den erstern ist mehr oder weniger Realität, in dem letzten nur Convention. | Im gemeinen Leben kommen wir mit der Sprache[1] nothdürftig fort, weil wir nur oberflächliche Verhältnisse bezeichnen. Sobald von tiefern Verhältnissen die Rede ist, tritt sogleich eine andre Sprache[3] ein, die poetische[4]. | Indem wir von innern Verhältnissen der Natur[2] sprechen wollen, bedürfen wir gar mancherlei Bezeichnungsweisen. | Ich erwähne hier [...]: | Symbole, | 1. die mit dem Gegenstand physisch-real-identisch sind, [...] 〈168〉 [...] | 2. Die mit dem Gegenstande ästhetisch-ideal-identisch sind. Hieher gehören alle guten Gleichnisse, wobei man sich nur vor dem Witz[2] zu hüten hat, welcher nicht das Verwandte aufsucht; sondern das Unverwandte scheinbar annähert..
[44] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 101: Romantico! den Italiänern ein seltsames Wort, in Neapel und dem glücklichen Campanien noch unbekannt, in Rom unter deutschen[1] Künstlern[1] allenfalls üblich, macht in der Lombardie, besonders in Mayland, seit einiger Zeit[6] großes Aufsehen. Das Publicum[2] theilt sich in zwey Partheyen, sie stehen schlagfertig gegen einander und, wenn wir Deutschen[1] uns ganz geruhig des Adjectivum romantisch[14] bey Gelegenheit bedienen, so werden 〈102〉 dort durch die Ausdrücke Romanticismus und Kriticismus zwey unversöhnliche Secten bezeichnet. Da bey uns der Streit, wenn es irgend einer ist, mehr praktisch als theoretisch geführt wird, da unsere romantischen[14] Dichter[1] und Schriftsteller die Mitwelt für sich haben und es ihnen weder an Verlegern noch Lesern fehlt, da wir über die ersten Schwankungen des Gegensatzes längst hinaus sind und beyde Theile sich schon zu verständigen anfangen; so können wir mit Beruhigung zusehen, wenn das Feuer, das wir entzündet, nun über den Alpen zu lodern anfängt..
[45] J. Grimm, Fr. Alda (1815), 42: Um Uebersetzungen[2] überhaupt ist es gar ein mißlich Ding, vollends wo Wort und Wendung jedes seine selbstgewachsene Stelle hat, wie bey echten Volksliedern stets der Fall ist, wo alle Kraft in einer unnachahmlichen Natur[19] und Einfachheit ruht und der Athem davon durch das Ganze zieht, ja es trägt; da muß jede Uebersetzung[2] stocken und hapern. Gelingt sie wort- und stellenweise sogar glücklich und getreu, so muß daneben der Gegensatz dessen, was verschroben, gewunden und aus der Fuge gehoben wird, desto lästerlicher vortreten. In Voßens Homer ist Einzelnes gut, einiges trefflich wiedergegeben, und so weit mußten es Fleiß und Studium schon bringen; allein eben so wenig konnten sie den Mängeln und Härten ausweichen, die mit jenen Vortheilen und Vorzügen ganz folgerecht bestehen; darüber hat das ganze einen gebrochnen, unepischen Ton[3] empfangen. [...] Wenn man [...] abwägt, da, je treuer eine Uebertragung metrisch und wörtlich wird, sie am treuen, fließenden Inhalt desto mehr zu sündigen hat, ob man lieber dort als da fahren lassen will, so scheint es mir unbedenklich, das Göthes Sehnsucht nach einer prosaischen[1] deutschen Uebersetzung[2] Homers [...] das rechte und wahre trifft. ➢ Volltext.
[46] J. Grimm, Fr. Alda (1815), 42: Unter solchen [...] Uebersetzungsgedanken ist die voranstehende Uebersetzung[2] eines sehr einfachen und zarten Originals hingeschrieben worden [...]. Absichtlich sind die Trochäen nicht durchaus regelmäßig gesetzt, im Text sind sie noch weniger glatt, denn überhaupt dünkt es mir, kann man von Volksweisen wohl sagen, dass sie einem trochäischen Ton[10] folgen, aber nicht, daß sie einen solchen sylbenmäßig und Wort für Wort ausmeßen. Beym Gesang kommt der rechte Ton[10] schon darüber. Der nervichten, starken deutschen Sprache[3] ist die Aßonanz ferner innerst widerwärtig und unser Ohr[4] fühlt ihre Weichheit nicht, gleich dem südlichen[2]. ➢ Volltext.
[47] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), IX: Zusammenziehung oder Trennung der einzelen Wörter. Hiebei gilt hauptsächlich der Grundsatz: verbunden werden alle, auch deßhalb so genannte untrennbare, für sich keinen vollen Sinn[1] gebende Wörtchen, ferner, aus ähnlichem Grunde, alle Zusammensetzungen mit Vorwörtern, so wie die nicht durch Biegung des einen oder andern Wortes vermittelten, sondern durch den Sinn[1] zu Einem Begriff[1] und Anschauung, folglich auch Wort verschmelzenden, poetischen[4] Zusammensetzungen; hingegen, wo die Zusammensetzung sich in eine Konstrukzion auflösen läßt, und wo das Vorwort mit vollerem Sinne[1] als Nebenwort steht, findet Trennung statt..
[48] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 312 f. (313): Die Assonanz [...] betrifft nicht den Anfangsbuchstaben, sondern geht schon dem Reim entgegen, insofern sie 〈313〉 eine gleichklingende Wiederholung derselben Buchstaben[7] in der Mitte oder an dem Ende verschiedener Wörter ist. Diese assonirenden Wörter brauchen nun zwar nicht schlechthin den Schluß eines Verses auszumachen, sondern können auch wohl an anderen Stellen vorkommen, hauptsächlich aber treten die Schlußsylben der Zeilen durch die Gleichheit einzelner Buchstaben[7], im Unterschiede der Alliteration, welche den Hauptstab in den Anfang des Verses stellt, in einen assonirenden Bezug aufeinander. Seiner reichhaltigsten Ausbildung nach weist dieses Assoniren nach den romanischen[2] Völkern[1], den Spaniern vornehmlich, hin, deren volltönende Sprache[3] sich insbesondere für die Wiederkehr derselben Vokale geeignet zeigt. Im Allgemeinen zwar ist die Assonanz auf die Vokale beschränkt; indessen darf sie Theils gleiche Vokale, Theils auch gleiche Konsonanten, Theils auch Konsonanten in Verbindung mit einem Vokale wiederklingen lassen. ➢ Volltext.
[49] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 132: Im Worte tönen (sonare) ist ein Anthun ans 〈133〉 Ohr[2] [...] ausgedrückt. Blos das o ist Nachahmung des äußerlich gehörten Tones[1]. Das tö aber im Tönen, z. B. der Klocke, ist auch zugleich Ausdruck der Länge des Tones[1], so wie n seines Andringens ans Ohr[2]..
[50] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 143 f. (144): Ob es [...] 〈144〉 gleich keine eigentliche Muttersprache[2] in den jetzt noch übrigen Sprachen[3] giebt, so scheint mirs doch, daß unsere teutsche Sprache[3], und besonders die niederteutsche Mundart[1] derselben, vorzüglich als Mutter der lateinischen und griechischen könne betrachtet, und zur Erklärung und Auflösung der Wörter in denselben am geschicktesten sey. Denn sie ist erstlich der ältesten[1] allgemeinen Sprache[3] von Europa, die man nachher die celtische nannte, welche ich für die Urquelle aller übrigen halte, am ähnlichsten geblieben. Zweitens sind ihre Wörter nicht so in einander geschmolzen und verbunden; auch ist der Ton[2] von der Hauptsylbe nicht abgewichen; kurz sie ist natürlicher[4] und ihrer Mutter getreuer geblieben, z. B. [...] fenestra, fr. fenetre von fente Oeffnung oder offen, d. i. auf uf 'fgewendet, 'f'wendet, und von Thür [...]. Hier ist in fenetre zur Milderung der Aussprache, um das Zusammenstoßen zweier Mitlauter zu vermeiden, ein e zwischen geschoben, und der Ton[2] von der Hauptsylbe auf dies e hinüber gezogen..
[51] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 146: Wir gehen [...] von alten[1] Bedeutungen der Wörter unvermerkt zu neuen[1] über, indem wir uns bei eben demselben oft nur ein wenig veränderten Tone[8] etwas anderes denken. So macht es ja der gemeine Haufe noch jetzt mit den fremden[1] Wörtern, bei denen er sich gar nichts denken kann [...]. Es finden sich immer [...] solche Wörter, deren Ton[8] und Bedeutung zugleich zufälligerweise mit einem andern zusammenpassen [...]..
[52] Herder, Journ. m. Reise (*1769–70), SW 4, 424: Derselbe Geist[12] der Monarchischen Sitten, den Montesquieu 〈425〉 an seiner Person so augenscheinlich malt, herrscht auch in ihrer Sprache[3]. Tugend, innere Stärke, hat diese wenig, wie die Nation[1]; man macht mit dem Kleinsten das Größeste was man kann, wie eine Maschine durch ein Triebrad regiert wird. Nationalstärke, Eigenheit, die an ihrem Boden klebt, Originalität hat sie nicht so viel; aber das was Ehre auch hier heißt, das Vorurtheil jeder Person und jedes Buchs und jedes Worts[2] ist Hauptsache. Ein gewißer Adel[5] in Gedanken, eine gewisse Freiheit[15] im Ausdruck, eine Politeße in der Manier der Worte[1] und in der Wendung: das ist das Gepräge der Französischen Sprache[3], wie ihrer Sitten. .
[53] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 14 f. (15): De la Condamine sagt von 〈15〉 einer kleinen Nation[1] am Amazonenfluß: „ein Theil von ihren Wörtern könnte nicht, auch nicht einmal sehr unvollständig geschrieben werden. Man müste wenigstens neun oder zehn Sylben dazu gebrauchen, wo sie in der Aussprache kaum drei auszusprechen scheinen.“ ➢ Volltext.
[54] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115: Der Grund der kühnen Wortmetaphern lag in der ersten Empfindung; aber wie? wenn spät nachher, wenn schon alles Bedürfniß weggefallen ist, aus bloßer Nachahmungssucht, oder Liebe zum Alterthum[2] dergleichen Wort- und Bildergattungen bleiben? Und gar noch ausgedehnt und erhöhet werden? Denn, o denn wird der erhabne Unsinn, das aufgedunsne Wortspiel daraus, was es im Anfang eigentlich nicht war. Dort wars kühner, männlicher Witz[2], der denn vielleicht am wenigsten spielen wollte, wenn er am meisten zu spielen schien! es war rohe Erhabenheit der Phantasie[2], die solch Gefühl in solchem Worte herausarbeitete; aber nun im Gebrauche schaaler Nachahmer, ohne solches Gefühl, ohne solche Gelegenheit – Ach! Ampullen von Worten ohne Geist[30]! und das ist „das Schicksal aller derer Sprachen[3] in spätern Zeiten[3] gewesen, deren erste Formen so kühn waren.“ ➢ Volltext.
[55] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115 f. (116): Die spätern französischen Dichter können sich nicht versteigen, weil die ersten Erfinder ihrer Sprache[3] sich nicht verstiegen haben: 〈116〉 ihre ganze Sprache[3] ist Prose[4] der gesunden Vernunft[3], und hat ursprünglich fast kein poetisches[6] Wort[1], das dem Dichter eigen wäre; aber die Morgenländer? die Griechen? die Engländer? und wir Deutschen? ➢ Volltext.
[56] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 124: Die Kirchensprache der Rußischen Nation[1] ist meistens Griechisch[5]: die christlichen Begriffe[4] der Letten sind deutsche Worte, oder deutsche Begriffe[4] lettisirt. ➢ Volltext.
[57] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 176 f.: Warum hängt dieser Unmündige so schwach und unwissend an den Brüsten seiner Mutter, an den Knien seines Vaters? Damit er lehrbegierig sey und Sprache[1] lerne. [...] Nun theilt sich ihm mit der Sprache[1], die ganze Seele, die ganze Denkart seiner Erzeuger mit; aber eben deswegen theilen sie es ihm gerne mit, weil es ihr Selbstgedachtes, Selbstgefühltes, Selbsterfundenes ist, was sie mittheilen. Der Säugling, der die ersten Worte stammlet, stammlet die Gefühle seiner El〈177〉tern wieder, und schwört mit jedem frühen Stammlen, nach dem sich seine Zunge und Seele bildet, diese Gefühle zu verewigen, so wahr er sie Vater- oder Muttersprache nennet. Lebenslang werden diese ersten Eindrücke seiner Kindheit, diese Bilder aus der Seele und dem Herzen seiner Eltern in ihm leben und würken: mit dem Wort wird das ganze Gefühl wieder kommen, was damahls frühe seine Seele überströmte: mit der Idee des Worts alle Nebenideen, die ihm damals bei diesem, neuen[1] frühen Morgenausblick in das Reich der Schöpfung vorlagen – sie werden wiederkommen und mächtiger würken, als die reine, klare Hauptidee selbst. ➢ Volltext.
[58] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 179: Väter, die nichts selbst gedacht, nichts selbst erfunden; die alles mechanisch gelernt haben – was bekümmern sich die um Unterricht ihrer Söhne? um Verewigung dessen, was sie ja selbst nicht besitzen? Aber der erste Vater, die ersten dürftigen Spracherfinder, die fast an jedem Worte die Arbeit ihrer Seele hingaben, die überall in der Sprache[3] noch den warmen Schweiß fühlten, den er ihrer Würksamkeit gekostet – welchen Informator konnten die bestellen? Die ganze Sprache[3] ihrer Kinder war ein Dialekt[1] ihrer Gedanken, ein Loblied ihrer Thaten, wie die Lieder Oßians auf seinen Vater Fingal. ➢ Volltext.
[59] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 119: Anagramm bezeichnet eine Versetzung der Buchstaben[1] eines Worts, so daß dadurch ein neues Wort entsteht, z. B. Eber und Rebe. Es kann zu einem Spiele des Witzes[1] werden, wenn man aus dem gegebenen Worte solches bildet, das mit jenem in einem witzigen Zusammenhange steht..
[60] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. II (1834), 164: Branchu, [...] geborne Chevalier, die erste Sängerin, ja für uns die eigentliche Repräsentantin der französischen großen Oper, betrat 1801 die Bühne. Unerschöpflich an Kraft und Ausdauer, ist ihre Stimme[1] auch in alten[2] Tagen noch von seltener Reinheit, jugendlicher Frische, zuweilen fast so melodisch klingend wie deutsche und italienische Stimmen[1]. Fast vollendet in Allem, was den mechanischen Theil des Vortrags betrifft, ist sie wahrhaft bewundernswürdig durch die Freiheit[13], womit sie alle Schwierigkeiten der Partien einer Armida, Dido, Alceste, Julia etc. beherrscht. Uebrigens bleibt sie stets der Declamationsschule der Franzosen treu, welche fast unbekümmert um die Cantilena den Gesang verstandesgemäß zerstückelt, der Phantasie[1] auf Worten und Sylben ihre Stationen anweist. Als Schauspielerin hat sie keine andern Verdienste, als die, welche lange Uebung und mechanischer Fleiß gewähren. Für die eigentlich moderne[7] Oper hat sie keinen Sinn[5] mehr und keine Bedeutung..
[61] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IX (1837), 365 f. (366): Sehr bezeichnend nennen die Orientalen die Thiere[1] „die Stummen der Erde,“ da nur die Sprache[1], welche mit dem Denken wesentlich ein und dasselbe ist, und sich zu ihm wie sich die Folge zur Ursache verhält, den Menschen[1] über die Thierwelt erhebt und den Göttern[4] näher bringt. Ohne Sprache[1] würde ihm das Siegel der Gottheit fehlen; sie ist der Athem seines 〈366〉 wahren Lebens; ohne sie glich er dem unvernünftigen Thiere[1], das nur verworrenen Eindrücken folgt; ohne sie könnte man sich bei ihm keine bestimmte Ideenreihe denken, denn sie eben ist das Vermögen des Menschen[1] in das Chaos seiner Vorstellungen Ordnung zu bringen, denselben eine Form zu geben und sie mittelst der Stimme[1/3?] in richtigen Absätzen (artikulirt) mitzutheilen. Die Thiersprache enthält dagegen nur unartikulirte Laute zur Bezeichnung einiger Gefühle, aber nicht Worte als Nachhalle der Gedanken: – daher es ziemlich problematisch erscheint, wenn der Franzose Düpont 11 Wörter aus der Tauben-, 11 aus der Hühner-, 33 aus der Hunde-, 14 aus der Katzen-, 22 aus der Rindersprache und die der Raben ganz verstehen will..
[62] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470: Romanticismus. Die Bildung[10] dieses Wortes ist ein Fund der neuesten[3] Zeit[5], hervorgerufen durch die poetischen[4] Erzeugnisse der neueren[3] Franzosen, als deren Chorführer Victor Hugo, Balzac, Eugen Sue, Jules Janin etc. zu nennen sind..
[63] Hoven, Lebenserinn. (1840), 20: Die lateinischen Buchstaben[1] hatte mich schon der Schulmeister kennengelehrt; bei dem Pfarrer lernte ich zuerst die lateinischen Wörter lesen, dann die Anfangsgründe der lateinischen Sprache[3] selbst, so daß ich bald Deklinieren und Konjugieren, Substantivum und Adjektivum zusammensetzen, leichte Exempel vom Gebrauche der Zeitwörter machen konnte, während ich bei meinem guten Gedächtnis eine Menge Vokabeln auswendig gelernt hatte..
[64] A. v. Humboldt, Basalte Rhein (1790), 27: Aber er scheint gar keinen bestimmten oryktognostischen Begriff[1] mit dem Worte Basalt zu verbinden..
[65] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 113: Das Wort Notlazomahuizteopixcatatzin bedeutet: ehrwürdiger Priester, den ich wie meinen Vater liebe. Mit diesem Wort von sieben und zwanzig Buchstaben[1], reden die Mexicaner ihre Pfarrer an..
[66] W. v. Humboldt, Lat. u. Hell. (*?1806), GS I, 3, 167: Den nachtheiligsten Einfluss auf die interessante[1] Behandlung jedes Sprachstudiums hat die beschränkte Vorstellung ausgeübt, dass die Sprache[1] durch Convention entstanden, und das Wort nichts als Zeichen einer unabhängig von ihm vorhandenen Sache, oder eines eben solchen Begriffs[1] ist..
[67] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 263: Der Witz[1/2] [...] erfindet, und zwar unvermittelt [...]; daher kommt das Wort Witz[1/2], als die Kraft zu wissen, daher „witzigen,“ daher bedeutete er sonst das ganze Genie[2]; daher kommen in mehren Sprachen[3] dessen Ichs-Synonyme Geist[20], esprit, spirit, ingenuosus..
[68] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 294: Wie im Schreiben Bilderschrift früher war als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher[1], insofern sie Verhältnisse und nicht Gegenstände bezeichnet, das frühere Wort, welches sich erst allmählig zum eigentlichen Ausdruck 〈295〉 entfärben mußte..
[69] Kant, Crit. rein. Vern. (
[70] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 369: Um deswillen, wenn sich etwa zu einem gewissen Begriffe[1] nur ein einziges Wort vorfände, das in schon eingeführter Bedeutung diesem Begriffe[1] genau anpaßt, dessen Unterscheidung von andern verwandten Begriffen[1] von großer Wichtigkeit ist, so ist es rathsam damit nicht verschwenderisch umzugehen, oder es bloß zur Abwechselung, synonymisch, statt anderer zu gebrauchen, sondern ihm seine eigenthümliche Bedeutung sorgfältig aufzubehalten; weil es sonst leichtlich geschieht, daß, nachdem der Ausdruck die Aufmerksamkeit nicht besonders beschäftigt, sondern sich unter dem Haufen anderer von sehr abweichender Bedeutung verliert, auch der Gedanke verloren gehe, den er allein hätte aufbehalten können..
[71] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 756: Man bedient sich gewisser Merkmale nur so lange, als sie zum Unterscheiden hinreichend seyn; neue Bemerkungen dagegen nehmen welche weg und setzen einige hinzu, der Begriff[1] steht also niemals zwischen sicheren Grenzen. Und wozu sollte es auch dienen, einen solchen Begriff[1] zu definiren, da, wenn z. B. von dem Wasser und dessen Eigenschaften die Rede ist, man sich bey dem nicht aufhalten wird, was man bey dem Worte Wasser denkt, sondern zu Versuchen schreitet, und das Wort, mit den wenigen Merkmalen, die ihm anhängen, nur eine Bezeichnung und nicht einen Begriff[1] der Sache ausmachen soll, mithin die angebliche Definition nichts anders als Wortbestimmung ist..
[72] Kant, Gemeinspruch (1793), 245 ff. (247): Derjenige nun, welcher das Stimmrecht in dieser Gesetzgebung hat, heißt ein Bürger (citoyen, d. i. Staatsbürger, nicht Stadtbürger, bourgeois). Die dazu erforderliche Qualität ist, außer der natürlichen[1] (daß es kein Kind, kein Weib[1] sei), die einzige: daß er [...] irgend ein Eigenthum habe (wozu auch jede Kunst[1], Handwerk, oder schöne[2] Kunst[1], oder Wissenschaft[1] gezählt werden kann), welches ihn ernährt; [...] 〈246〉 [...] folglich daß er niemanden als dem 〈247〉 Gemeinen Wesen im eigentlichen Sinne[1] des Worts Diene..
[73] Kleist, Marquise (21810), 263: Der Brief[1] war inzwischen von Thränen benetzt; und in einem Winkel stand ein verwischtes Wort: dictirt..
[74] Kolbe, Wortmeng. (1809), 2: Sonderbar, daß bei den Franzosen die Wortmischer Pedanten heisen, indes umgekehrt bei uns die Gegner der Wortmischerei diesen Namen führen. Welche von beiden Nationen[1] mag wol hier Recht haben? mag wol mit dem Wort Pedant den richtigsten Begrif[1] verknüpfen?.
[75] Kolbe, Wortmeng. (1809), 4: In unsrer Rede [...], die in eignem Boden wurzelte, aus eigentümlichen Keimen sich entwikkelte, können fremde[1] Wörter von ganz widerartiger Natur[1] für buntschekkige Lappen nur gelten, die man einem einfarbigen Zeug aufzuheften den abenteuerlichen[3] Gedanken gehabt..
[76] Krünitz, Oecon. Encycl. II (1773; 21782), 760: Dieses Wort hat in der teutschen Sprache[3] mancherlei Verstand[7]..
[77] Krünitz, Oecon. Encycl. VI (1775; 21784), 667: Die Anrede oder die Titulatur macht im Deutschen sehr viele Schwierigkeiten, indem man eine ganze Menge ausser Briefen[1] fast gar nicht vorkommender Wörter zu merken hat, die nur allein in der Titulatur üblich sind, wobey man noch besonders wieder behalten muß, wie diese Benennungen im Range auf einander folgen, und welchen Personen man dieselben beyzulegen hat. Von der Titulatur oder Anrede ist noch die Benennung, die man im Briefe[2] selbst gegen jemand gebraucht, zu unterscheiden. Man theilt die Titulaturen am füglichsten in die weltlichen und geistlichen ein..
[78] Krünitz, Oecon. Encycl. X (1777; 21785), 46: Ob man nun gleich schon ältere Beyspiele findet, daß Personen des niedern Adels[2] gleichfalls edel genannt worden, so ward doch dieser Titel zu Anfange des 15ten Jahrhundertes, da der hohe Adel[2] andere Titel anzunehmen anfieng, ihnen besonders eigen, und von ihnen werden die Wörter Edelmann, Edelfrau u. s. f. nur noch allein gebraucht; obgleich das Wort edel selbst in dieser Bedeutung ungewöhnlich geworden, seitdem adelig mehrern Beyfall gefunden hat..
[79] Krünitz [Flörke], Oecon. Encycl. CI (1806), 489: So fern die Alten[10] [...] unter der Natur[2] auch die zeugende Kraft verstanden, wurde dieses Wort ehedem sehr häufig so wohl im mittlern Lateine als auch im Deutschen von den Zeugungs-Gliedern gebraucht. Die weibliche Natur[14]. 〈490〉 Jetzt kommt nur noch das Beywort bisweilen in diesem Verstande[7] vor; Die natürlichen[9] Theile..
[80] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714: Romantisch[3/4], ein mit romanhaft[1] aus einer Quelle entspringendes Wort, allein von verschiedener Bedeutung. Man gebraucht es sowohl in der Malerei[3], als auch in der Poesie[18] von Gegenden, die sich durch eine einnehmende, bezaubernde Schönheit[1] und abwechselnde Mannigfaltigkeit der Gegenstände auszeichnen..
[81] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 282: Ein gemeiner Bauer verschmäht den Ausdruck meiner Theilnahme; ein Mädchen, das mich geliebt hätte, [...] wäre ich ihrer Abstammung gewesen, diesem Mädchen blieb ich zuwider bis in den Augenblick des Todes, weil mein Leib eine nationale Atmossphäre hat, die ihr fremd[4] und unheimlich ist, weil ich an den Jordan gehöre, und an der Weichsel ein verachteter Fremdling bin. Fremd[4], fremd[4], fremd[4]! in dem Worte liegen alle Abgründe der Existenz! [...] Der Christ verstößt mich, und ich habe schon lange den Juden[1] in mir verstoßen! Weh! Dies wird der Zwitterzustand, den diejenigen durchmachen müssen wie eine lebens〈283〉lange schmerzliche Geburt, die sich einlassen auf Emancipation. Ihr haltet diese Gewährniß der Emancipation für eine besondere Gunst, für ein wohlschmeckendes Recht, was Ihr uns gewährt – weh, der emancipirte Jude[1] zieht ein stechend Hemd auf seinen Leib, was er Zeit[6] seines Lebens mit Schmerzen tragen muß, um außen Frack und Weste darüber zu tragen, wie Ihr tragt..
[82] C. Michaelis, an L. Gotter (6. 2. 1783), C 1, 70: Daß mir das übrige ihres Tagebuchs ganz gefiele, kan ich nicht sagen. Mich däucht es sind so viel Wiederholungen und Worte, mit denen sie [sc. Friederike Münter (später Friederike Brun)] kaum selbst immer einen Sinn[1] verbindet, weil sie nicht selbst gemacht und gedacht, sondern aus Dichtern[4] genommen sind, die ihr so im Gedächtniß zu schweben[5] scheinen, daß sie sich mit ihnen verwechselt. Sie hat sich in den sehr poetischen[1] Schwung geworfen, und nichts ist wohl verzeihlicher, da sie so jung ist, aber dies müste gemildert, ihr Herz fester und ihr Verstand[1] schärfer gemacht werden. Das erste würde dann jene Weichheit, die so leicht in Empfindeley ausartet, und der zweyte seine Sonderbarkeit verlieren. Sie schien mir überhaupt mehr Talente als Verstand[1] zu haben, wenn ich das Verstand[1] nenne, Menschen[1] und Sachen nach ihrem wahren (unpoetischen) Gesichtspunkt zu beurtheilen [...]..
[83] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 275 f. (276): Wie haben wir [sc. die Deutschen] in diesen letzten fünfzig stummen Jahren sprechen gelernt? Wie hat sich diese Sprache[3] gebildet grade in der Zeit[3], wo alle Glieder der höheren Gesellschaft sich von ihr abwendeten? Es lebt in ihr ein Geist[12], der sie bildet und keiner vornehmen Stütze bedarf: wer das recht Empfundene, aus den Tiefen der Seele, aus jenen geheimnißvollen Wohnsitzen des Heiligen Kommende, wo das Gefühl der ritterlichen Ehre und Liebe, des stolzen Gehorsams usw. herrührt – aussprechen will, der kann diese Sprache[3] nicht entbehren; und wer nicht so etwas zu sagen hat, der würde ihr und ihrer Ausbildung nichts helfen können. Von selbst in den Mund legt sie sich nicht! ohne Karakter[2], ohne Selbständigkeit, ohne Ursprünglichkeit 〈276〉 der Geisteskraft ist es unmöglich, diese Sprache[3] gut zu sprechen. Mit Phrasen, die für jeden Mund passen, mit künstlich appretirtem Glanz, mit einem Schein von Geist[20] und Witz[1], den der Geistloseste sich aneignen könnte, kann sie nicht aufwarten: sie hat keine Corneilles, keine Racines, keine Bossuets, keine Akademien, welche ein ganzes folgendes Jahrhundert mit schönen Wendungen der Rede im voraus versehn; kein siècle de Louis XIV., das für lange Zeiten[3] nachher das Vortrefflichste schon vorweggesprochen hätte. Es fehlt ihr, habe ich gesagt, die gesellige Vollendung: das Bestreben der einzelnen deutschen Redner und einige glückliche Wendungen des öffentlichen Lebens der Nation[1] können selbige erreichen, darum muß auch an die mechanischen Vorzüge der benachbarten Sprachen[3] erinnert werden. Ich habe es gethan, mit Anklage meines Vaterlandes gethan. Nichtsdestoweniger aber weil der neue[1/5], christliche Geist[12] aller Worte und Wendungen dieser Sprache[3] sich nicht tödten läßt, so trägt sie das Siegel der Fortdauer an ihrer Stirn wie keine andre Sprache[3]. Um dieses Geistes[12] willen kann man festiglich glauben, daß die Sprache[3] der Besiegten länger leben werde als die der Sieger, und in diesem Sinne dann dreist verkünden, daß, weil die Sprache[3] fortdauern werde, auch das Volk[1] nicht untergehen könne..
[84] Mundt, Dt. Prosa (1837), 7: Wird [...] bei dem sogenannten göttlichen Ursprung der Sprache[1] Gott[1] wie ein Schullehrer gedacht, der uns die Wörter erfunden und zuerst Fibel und Grammatik verfertigt, so wäre diese Vorstellung, obwohl sonstigem populairen Verhältniß zu Gott[1] analog, doch ebenso unsinnig, als wenn man behauptet hat: die Thiere[1] würden Alles erreichen, was der Mensch[1] ist, wenn sie nur die Sprache[1] besäßen. Das Thier[1] kann eben, weil es kein Mensch[1] ist, die Sprache[1] nicht besitzen, und die Thiersubstanz wird in den eigenthümlichen Lauten, die ihr vergönnt sind, hinlänglich sich und Andern klar, ohne noch etwas in sich zu tragen, was nicht lautbar an ihr werden könnte..
[85] Novalis, Blüthenstaub (1798), 70, Nr. 2: Ein Kommandowort bewegt Armeen; das Wort Freyheit[6/7] Nazionen[1]. ➢ Volltext.
[86] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 6: Ich hörte einst von alten[1] Zeiten[3] reden; wie da die Thiere[1] und Bäume und Felsen mit den Menschen[1] gesprochen hätten. Mir ist grade so, als wollten sie allaugenblicklich anfangen, und als könnte ich es ihnen ansehen, was sie mir sagen wollten. Es muß noch viel Worte geben, die ich nicht weiß: wüßte ich mehr, so könnte ich viel besser alles begreifen. .
[87] Riepel, Sylbenmaß I (1776), 27: Herr Pückart kann gemäß seiner Muttersprache vermittelst diesen zwey Wörtern keinen reinen Vers machen; denn beym ersten wird die erste Sylbe gedehnt, gleichsam schlaafen; beym schaffen fängt hingegen die erste Sylbe nicht sobald an als der doppelte Buchstabe[7] ff gehört wird; daher wird hier die erste Sylbe von ihm kurz, und die bey jenem lang geheissen. Vater hat also die erste Sylbe eben auch länger als unser hiesige Vatter..
[88] H. Sander, Beschr. Reis. I (1783), 77: Zum Erstaunen ists, wie die Franzosen die deutschen[2] Namen verderben. Nicht ein einziger spricht sie recht aus. Kein einziger versteht deutsch[2], sie sagen, die Sprache[3] sei zu schwer, und habe gar grobe Wörter..
[89] H. Sander, Beschr. Reis. II (1784), 606 f. (607): Mastalier ist Professor der Aesthetik, und ein muntrer Mann [...]. [...] Er disputirte über Tisch darüber, daß das Wort beträchtlich gar nicht gut sei, Adelung und andre hättens 〈607〉 auch nicht, man müsse immer ansehnlich dafür sagen. „Stehen wir auf,“ sagte endlich Hr. von Mechel, als der Streit lebhaft ward, „sonst verlieren wir noch die halbe deutsche[2] Sprache[18].“.
[90] Scheffner, Leben (1816), 275 (Anm.): Etwas Großes ist es nicht, aber doch etwas Sonderbares, daß, wenn man aus den zwey Worten revolution francaise die zum Wort Veto erforderlichen Buchstaben[1] wegnimmt, aus der Versetzung der übrigen herauskommt: un Corse la finira..
[91] Schelling, Id. Phil. d. Nat. (1797), SW I, 2, 215: Der bloße Begriff[1] ist ein Wort ohne Bedeutung, ein Schall für das Ohr[3], ohne Sinn[1] für den Geist[19]. Alle Realität, die ihm zukommen kann, leiht ihm doch 〈216〉 nur die Anschauung, die ihm vorangieng. Und deßwegen kann und soll im menschlichen Geist[19] Begriff[1] und Anschauung, Gedanke und Bild nie getrennt seyn..
[92] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 92 f. (93): Nicht dem Menschen[1] allein, auch vielen Gattungen von Thieren[1] dringt das Gefühl ihres Zustandes gewisse Laute ab, die von verwandten Geschöpfen mit einer ähnlichen, oft fast eben so starken, Erschütterung der Nerven, wie die, welche sie erzeugte, vernommen werden. Bey manchen bleibt die Stimme[1] nur für die dringendste Noth, für die heftigsten Leidenschaften aufgespart, und selbst ihre Geselligkeit ist meistens stumm. Anderen hin〈93〉gegen ist bey einer Organisation[5], die sich der menschlichen weit weniger nähert, zum Theil auch bey beschränkteren Anlagen und einem geringern Maaße von Gelehrigkeit, der vielfachste, beredteste Ausdruck sogar der zarteren Regungen, und, wie es scheint, eine unermüdliche Lust an ihren eignen Tönen[1] gegönnet. | Wenn man den Menschen[1], bloß nach seiner körperlichen Zusammensetzung betrachtet, zu jenem rechnet: (und dieß hat allen Anschein für sich; denn zu unsrer Demüthigung gleichen wir dem häßlichsten[1] Affen viel mehr als der Nachtigall) so ist es allerdings einleuchtend, daß der Schrey körperlicher Schmerzen oder thierischer Begierden, vom ersten Wimmern des Neugebohrnen bis zum letzten Aechzen des Sterbenden, sich nie bis zur Rede erheben kann; und der Empfindung wird folglich mit Recht aller Antheil an ihrer Entstehung abgesprochen. Selbst die einfachen Ausrufe der Leidenschaft, (Interjektionen) welche auch die verfeinteste Sprache[3] noch gelten läßt, sind eigentlich nicht mehr jene unwillkührlich hervorgebrachten Laute selbst, sondern vertreten sie nur durch ihren gemilderten Ausdruck, und fliessen also mit allen übrigen Wörtern aus der gemeinschaftlichen Quelle der Nachahmung her. ➢ Volltext.
[93] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
[94] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
[95] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 96: Den Ausdruck behandelt der [komische] Dichter[1] mit eben der absoluten Willkür, wie alles übrige. Ihm stehen nicht nur alle Reichtümer der Sprache[3] von der erhabenen Diktion des lyrischen und tragischen Dichters[1] bis zu den gemeinsten Redensarten des Pöbels, ja bis zu unvollkommenen Sprecharten einzelner Orte und Stimmen[12] zu Gebote, sondern er prägt auch mit der größten Kühnheit ganz neue[1] Wörter und Wendungen. [...] Im Aristophanes kommt jede Art des Ausdrucks vor; so dithyrambische Gesänge, freilich in Parodien. Der herrschende Ton[3] in ihm ist die attische Feinheit, die sich selbst bis auf die geringeren Stände erstreckte. Er führt auch Dialekte[1] ein; den lakonischen, den megarensischen [...]. Er hat eine Menge von neuen[1] Wörtern, die alle komisch sind [...]..
[96] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 278: Die Italiänische Oktave hat durch den Wellengang der Verse und die Verflößung der anfangenden und schließenden Vokale der Wörter in einander an Mannichfaltigkeit unstreitig viel vor der unsrigen voraus. ➢ Volltext.
[97] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 551: Zuvörderst was die älteste[1] epische Epoche betrifft, so fällt sie, genauer betrachtet, vor der eigentlichen Sonderung der Dialekte[1], in der höheren, oben angegebnen, Bedeutung dieses Wortes. Wir finden beym Homer die Griechische Bildung[5] auf einer Stufe, wo die Bestandtheile der Nation[1] durch Kriege, Wanderungen und mancherley Revolutionen sich gegenseitig durchdrungen hatten, [...] aber noch nicht wieder nach verschiednen eigenthümlichen Richtungen gesetzmäßiger aus einander gegangen waren. Deswegen behaupten die Alten[10], Homer habe geflissentlich alle Dialekte[1] durch einander gemischt, um sämtlichen Griechen verständlich zu seyn: der Wahrnehmung nach richtig, aber nur historisch unrichtig ausgedrückt..
[98] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 691: Um unser eignes Ohr[3] in der Muttersprache entscheiden zu lassen, habe ich in folgendem Epigramme oder Idyllion [...] die Distichen ganz nach Griechischer[5] Weise zu bauen versucht, welches bis jetzt im Deutschen ohne Beyspiel ist, vielleicht aber auch in längeren Stücken auszuführen nicht unmöglich wäre, da der vielsylbige Schluß ja nicht durchgängig Statt zu finden braucht, da wir viele zusammengesetzte Wörter in unsrer Sprache[3] haben, welche dahin passen, und es erlaubt ist auch Griechische[5] zu Hülfe zu nehmen. Freylich muß erst die Aufmerksamkeit darauf gerichtet und das Ohr[3] für diesen Wohllaut empfänglich gemacht werden..
[99] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 294: Man muß bey der Etymologie davon ausgehen, daß alle Wörter durch Hinzufügung bestimmender Laute und ableitender Sylben aus den einfachsten syllabischen Zusammenfügungen entstanden sind. Die einzelnen Buchstaben[7] bedeuten aber schon an und für sich etwas, nur ist es sehr schwer, dieß zu fassen, weil es natürlich[4] schwankend und unbestimmt ist. Den größten Aufschluß hierüber muß die Betrachtung der Bewegungen welche mit den Sprachorganen zur Hervorbringung gewisser Laute vorgenommen werden, geben. Wiewohl die Alphabete verschiedner Nationen[1] von einander abweichen, so giebt es doch auch hierin etwas gemeinschaftliches, ein Grundalphabet, welches nicht zufällig aus grade so vielen, und diesen oder jenen Lauten besteht, sondern worin gesetzmäßige Einheit ist, so daß es ein wahres System ausmacht, in welchem alles zusammenhängt, 〈295〉 sich gegenseitig fordert und bestimmt..
[100] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 338: Die ritterliche Galanterie und die damit verknüpfte Poesie[1] des Mittelalters hat unstreitig den größten Antheil an der Verfeinerung der romanischen[1] Dialekte[1]. [...] Haben demnach diese Sprachen[3] gleich vor dem Lateinischen, ihrer Stammsprache, bedeutende Vorzüge: so ist auf der andern Seite nicht zu läugnen, daß ein gewisser Makel der Corruption an ihnen haftet. Sehr spät haben sich daher auch die Gelehrten dieser Länder gewöhnt, sie anders als ein ausgeartetes Latein, als Mundarten[1] des ungelehrten Haufens (lingua volgare) zu betrachten. Unläugbar ist es, daß vieles daher entstanden, daß die Germanischen Eroberer wohl die Lateinischen Wörter, aber nicht die gehörige Art sie zu biegen, erlernen konnten. Man kann daher diese Sprachen[3] sämtlich aufs kürzeste so charakterisiren, daß man sagt: die Materie (die Hauptmasse der Wörter) ist lateinisch, die Form Deutsch[5]..
[101] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 13: Das ganze Spiel lebendiger Bewegung beruht auf Einstimmung und Gegensatz. Warum sollte sich diese Erscheinung nicht auch in der Geschichte[1] der Menschheit[2] im großen wiederhohlen? Vielleicht wäre mit diesem Gedanken der wahre Schlüssel zur alten[10] und neuen[5] Geschichte[1] der Poesie[11] und der schönen[2] Künste[1] gefunden. Die, welche dieß annahmen, haben für den eigenthümlichen Geist[12] der modernen[1] Kunst[2], im Gegensatz mit der antiken[2] oder classischen[7/5], den Namen romantisch[12/4] erfunden. Allerdings nicht unpassend: das Wort kommt her von romance, der Benennung der Volkssprachen, welche sich durch die Vermischung des Lateinischen mit den Mundarten[1] des Altdeutschen gebildet hatten, gerade wie die neuere[5] Bildung[5] aus den fremdartigen Bestandtheilen der nordischen Stammesart und der Bruchstücke des Alterthums[3] zusammengeschmolzen ist, da hingegen die Bildung[5] der Alten[10] weit mehr aus einem Stücke war. ➢ Volltext.
[102] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 339: Auch im versifizirten Lustspiel muß sich die Sprache[4] durch Wahl und Zusammenfügung der Wörter gar nicht oder nur unmerklich von der des Umganges entfernen; die Freyheiten[17] des poetischen[5] Ausdrucks, welche andern Gattungen unumgänglich, sind hier untersagt. ➢ Volltext.
[103] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 733: Die Leseart tuoch gewährt Licht, wir halten sie für richtig, nur mit Beibehaltung des Genitivs, tuoches. Uebrigens scheint die erste Zeile ebenfalls entstellt zu seyn. Nach den gewöhnlichen Regeln der Kritik[3] wäre an dem Wort falle nicht zu rücken, weil es wiederkommt; wer aber Bodmers unleserliche Abschriften gesehen hat, begreift leicht, wie dasselbe Wort zweymal falsch gelesen werden konnte..
[104] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 3.3: Deutsche[5] Wörter in der ältesten[1] Gesetzgebung der Deutschen[5] Eroberer. Lingua latina, barbara. Etymologie der Romanischen[1] Sprachen[3]. ➢ Volltext.
[105] F. Schlegel, an A. W. Schlegel (Mitte März 1798), KFSA 24, 104: Fantastisch, Fantasie habe ich mit F geschrieben, weil mir diese Worte so wie wir sie brauchen, gar nicht Griechisch[2], sondern durchaus romantisch[12] und modern[1] scheinen..
[106] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 56 f., Nr. 217: Alterthümlichkeit der Worte, und Neuheit der Wortstellungen, gedrungne Kürze und nebenausbildende 〈57〉 Fülle, die auch die unerklärlichern Züge der charakterisirten Individuen wieder giebt; das sind die wesentlichen Eigenschaften des historischen Styls. Die wesentlichste von allen ist Adel[5], Pracht, Würde. Vornehm wird der historische Styl durch die Gleichartigkeit und Reinheit einheimischer Worte von ächtem Stamm, und durch Auswahl der bedeutendsten, gewichtigsten und kostbarsten; durch groß gezeichneten, und deutlich, lieber zu hart als unklar, artikulirten Periodenbau, wie der des Thucydides; durch nackte Gediegenheit, erhabene Eil und großartige Fröhlichkeit der Stimmung und Farbe, nach Art des Caesar; besonders aber durch jene innige und hohe Bildung eines Tacitus, welche die trocknen Fakta der reinen Empirie so poetisiren, urbanisiren und zur Philosophie erheben, läutern und generalisiren muß, als sey sie von Einem der zugleich ein vollendeter Denker, Künstler, und Held wäre, aufgefaßt, und vielfach durchgearbeitet, ohne daß doch irgendwo rohe Poesie[15], reine Philosophie oder isolirter Witz[4] die Harmonie störte. Das alles muß in der Historie verschmolzen seyn, wie auch die Bilder und Antithesen nur angedeutet oder wieder aufgelöst seyn müßen, damit der schwebende[5] und fließende Ausdruck dem lebendigen Werden der beweglichen Gestalten entspreche. ➢ Volltext.
[107] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 70, Nr. 253: In dem edleren und ursprünglichen Sinne[1] des Worts Korrekt, da es absichtliche Durchbildung und Nebenausbildung des Innersten und Kleinsten im Werke nach dem Geist[12] des Ganzen, praktische Reflexion des Künstlers, bedeutet, ist wohl kein moderner[1] Dichter korrekter als Shakspeare. So ist er auch systematisch wie kein andrer: bald durch jene Antithesen, die Individuen, Massen, ja Welten in mahlerischen[4] Gruppen kontrastiren lassen; bald durch musikalische[5] Symmetrie desselben großen Maßstabes, durch gigantische Wiederholungen und Refrains; oft durch Parodie des Buchstabens[8] und durch Ironie[1] über den Geist[12] des romantischen[12] Drama und immer durch die höchste und vollständigste Individualität und die vielseitigste alle Stufen der Poesie[11] von der sinnlichsten Nachahmung bis zur geistigsten Charakteristik vereinigende Darstellung derselben.
[108] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 124, Nr. 404: Zur Philologie muß man gebohren seyn, wie zur Poesie[11] und zur Philosophie. Es giebt keinen Philologen ohne Philologie in der ursprünglichsten Bedeutung des Worts, ohne grammatisches Interesse. Philologie ist ein logischer Affekt, das Seitenstück der Philosophie, Enthusiasmus für chemische Erkenntniß: denn die Grammatik ist doch nur der philosophische Theil der universellen Scheidungs- und Verbindungskunst. Durch die kunstmäßige Ausbildung jenes Sinns[5] entsteht die Kritik[3], deren Stoff nur das Klassische[3] und schlechthin Ewige seyn kann, was nie ganz verstanden werden mag: sonst würden die Philologen, an deren meisten man die gewöhnlichsten und sichersten Merkmahle der unwissenschaftlichen Virtuosität wahrnimmt, ihre Geschicklichkeit eben so gern an jedem andern Stoff zeigen als an den Werken des Alterthums[3], für das sie in der Regel weder Interesse noch Sinn[5] haben. Doch ist diese nothwendige Beschränktheit um so weniger zu tadeln oder zu beklagen, da auch hier die künstlerische Vollendung allein zur Wissenschaft[1] führen, und die bloße formelle Philologie einer materialen Alterthumslehre und einer humanen Geschichte[4] der Menschheit[2] nähern muß. ➢ Volltext.
[109] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 12: Ich brauche das Wort Religion[3] ohne Scheu, weil ich kein anderes weiß und habe. Du wirst und Du kannst das Wort nicht mißverstehen, da Du die Sache selbst hast, und den äußern Tand, den man wohl auch so nennt, aber lieber anders nennen sollte, so gar nicht hast. Jedes Gefühl wird Dir nicht zur lauten Vergötterung, aber zur stillen Anbetung; darum erscheinst Du der Menge, wo Dein Gefühl einmal zufällig hervorbricht oder durchschimmert, seltsam, hart, oder thöricht. Und jene Gedanken der Liebe, die sich aus Funken vom Witze[1] der Begeisterung im Schooße der ewigen Sehnsucht erzeugen, sind sie nicht lebendiger und wirklicher für Dich, als das gleichgültige Ding, was andre vorzugsweise Wirklichkeit nennen wollen, weil der Klumpen so breit und roh da liegt? Uebrigens sucht auch die Religion[3], nämlich die ursprüngliche innerliche, die Einsamkeit, wie die Liebe; auch sie verachtet allen Schmuck und Schimmer, und auch von ihr muß es heißen: Verliebten gnügt zu der geheimen Weihe das Licht der eignen Schönheit. Wie dürfte man Dir also die Religion[3] bloß darum absprechen wollen, weil es Dir vielleicht an einer Antwort fehlen könnte, wenn man Dich fragte, ob Du an Gott glaubst, und weil die Untersuchung, ob es Einen Gott gebe, oder drey, oder so viel Du willst, für Dich nichts mehr als ein ziemlich uninteressantes Gedankenspiel seyn würde.
[110] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 101 f. (102): Einen großen Vorzug hat die Mythologie. Was sonst das Bewußtseyn ewig flieht, ist hier dennoch sinnlich geistig zu schauen, und festgehalten, wie die Seele in dem umgebenden Leibe, durch den sie in unser Auge schimmert, zu unserm Ohre[4] spricht. | Das ist der eigentliche Punkt, daß wir uns wegen des Höchsten nicht so ganz allein auf unser Gemüth verlassen. Freylich, wem es da trocken ist, dem wird es nirgends quillen; und das ist eine bekannte Wahrheit, gegen die ich am wenigsten gesonnen bin mich aufzulehnen. Aber wir sollen uns überall an das Gebildete anschließen und auch das Höchste durch die Berührung des Gleichartigen, Aehnlichen, oder bey 〈102〉 gleicher Würde Feindlichen entwickeln, entzünden, nähren, mit einem Worte bilden. ➢ Volltext.
[111] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 107: Ich kann die didaktische Poesie[11] nicht für eine eigentliche Gattung gelten lassen, ebensowenig wie die romantische[1]. Jedes Gedicht soll eigentlich romantisch[1/11] und jedes soll didaktisch seyn in jenem weitern Sinne[1] des Wortes, wo es die Tendenz nach einem tiefen unendlichen Sinn[2] bezeichnet. ➢ Volltext.
[112] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 122: Ich habe ein bestimmtes Merkmal des Gegensatzes zwischen dem Antiken[2] und dem Romantischen[12] aufgestellt. Indessen bitte ich Sie doch, nun nicht sogleich anzunehmen, daß mir das Romantische[12] und das Moderne[1] völlig gleich gelte. [...] Wollen Sie sich den Unterschied völlig klar machen, so lesen Sie gefälligst etwa die Emilia Galotti, die so unaussprechlich modern[5] und doch im geringsten nicht romantisch[7] ist, und erinnern Sie sich dann an Shakspeare, in den ich das eigentliche Centrum, den Kern der romantischen[12/7] Fantasie[3] setzen möchte. Da suche und finde ich das Romantische[12/7], bey den ältern[1] Modernen[1], bey Shakspeare, Cervantes, in der italiänischen Poesie[11], in jenem Zeitalter der Ritter, der Liebe und der Mährchen, aus welchem die Sache und das Wort selbst herstammt. Dieses ist bis jetzt das einzige, was einen Gegensatz zu den classischen[3] Dichtungen des Alterthums[3] abgeben kann [...]. ➢ Volltext.
[113] F. Schlegel, Unverst. (1800), 342: Ich lasse [...] die Ironie[1] fahren und erkläre gerade heraus, das Wort bedeute in dem Dialekt[1] der Fragmente, alles sey nur noch Tendenz, das Zeitalter sey das Zeitalter der Tendenzen. ➢ Volltext .
[114] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 57: Die Kraftgenies, und die Aufklärer! – die Kraftgenies; in dem Worte beinah liegt schon alles. Und wenn einer darunter war, von dem sich voraussehen ließ, daß er ein großer Künstler werden würde; einer oder der andre, der nicht ohne Anlage war, so konnte doch die ganze Tendenz Lessingen eben nicht sehr tröstlich seyn; die meisten wollten einiges nur halbverstandne Gute mit eben der Wuth und Rohheit durchsetzen, mit der jetzt ein Pöbelhaufen verdorbner Zeitungsschreiber, Speichellecker und Verläumder alles Edle und Vortreffliche in der Litteratur anzutasten sich nicht entblödet. Hatte Lessing darum die Freiheit[5] verkündigt, um sie so zur Fratze verunstaltet zu 〈58〉 sehen? Natürlich genug war das Uebel; auf lange Knechtschaft und Niederträchtigkeit folgt eine scheuseelige ungestaltete Freiheit[4]..
[115] F. Schlegel, Entw. d. Philos. I (!1804–05), KFSA 12, 387: Das Wissen, etwas durchaus Innerliches, geht bloß auf den Stoff, das Verstehen ist auch etwas Äußeres, geht auch auf die Form. Der Verstand[8] ist Wissen dem Geiste[30] und dem Buchstaben[8/9] nach; da das wesentlich Unterscheidende des Verstandes[8] in der Mitteilung besteht, gehört eben auch das Wort wesentlich zum Verstande[8]; versteht sich Wort im allgemeinen höhern wissenschaftlichen Sinne[1] als Bild des Geistes[30], entweder als willkürliches oder natürliches Sinnbild; als bloßer Ausdruck eines geistigen Sinnes[1] ist das Wort notwendig ein Bild, weil alle Darstellung bildlich ist; und so besteht dann das Wesen des Verstandes[8] in der Verbindung des Geistes[30] und des Worts durch den Begriff[1]; die Begriffe[1] sind seine Formen..
[116] F. Schlegel, Transc. (
[117] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 268, Nr. 35: Daß man im Deutschen jetzt die fremden[1/5] Worte mit der fremden[1/5] Orthographie schreibt – hat einen tiefen Grund – es deutet an, daß von dieser Seite die deutsche Sprache[3] jetzt geschlossen sei, daß sie keine fremdartigen Worte mehr sich lebendig einverleiben kann. – Ihre Bildsamkeit geht jetzt in sich selbst, und auf das Alterthum[2] zurück – wo sie fast noch unbegränzt ist. Daher sollte man auch die ursprüngl[ich] bloß römischen Buchstaben[1] qu und v aus Deutschen Worten ausmerzen. y desgl[eichen.].
[118] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 290 f. (291), Nr. 212: Die Sprache[3] d[er] Burgländischen Deutschen oder Sachsen 〈in der Haromßecker Gespannschaft〉 weicht von d.[er] Mundart[1] der Geisacher Kolonie sowohl als d[er] Leistritzer sehr ab. Die Sprache[3] der Sachsen im 〈291〉 Leistritzer District in d[er] Thorenburger Gespannschaft ist von d[er] Mundart[1] der Andreanischen Nation[1] sehr verschieden, noch mehr aber der Einwohner von Regen, Zöpling, Botsch pp Viele Wörter sind rein Deutsch, die meisten aber einem Hermanstädter ganz unbekannt..
[119] Schleiermacher, Hermen. (*1809–10), K, 58: Hieraus erklärt sich zunächst sowol die vielfache Bedeutung der Worte weil nemlich das mannigfaltige[1] woraus dieselbe Anschauung wiederkehrt unter sehr verschiedenen B[egriffe]n[1] kann subsumirt werden als auch die Synonyme aus dem umgekehrten Verhältniß. | Ferner erklärt sich hieraus die Individualität der Sprachen[3] weil die Gesichtspunkte nach denen sich die Anschauungen bestimmen sehr verschieden sein können, und was nach diesen construirt ist nicht mehr ausgeglichen werden kann. Dagegen B[egriff]e[1] sich rein ineinander müssen auflösen lassen. Daher in der Regel, wenn man von Ursprachen spricht kein Wort in der einen irgend einem in der andern vollkommen entspricht..
[120] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 75 f. (76): Wissen überhaupt heißt: solche Urtheile in der Gewalt seines Geistes[19] zu willkührlicher Reproduktion haben, welche in irgend etwas außer ihnen ihren zureichenden Erkenntnißgrund haben, d. h. wahr sind. Die abstrakte Erkenntniß allein ist also ein Wissen; dieses ist daher durch die Vernunft[1] bedingt, und von den Thieren[1] können wir 〈76〉 nicht sagen, daß sie irgend etwas wissen, wiewohl sie die anschauliche Erkenntniß, für diese auch Erinnerung und eben deshalb Phantasie[1] haben, welche überdies ihr Träumen beweist. Bewußtsein legen wir ihnen bei, dessen Begriff[1] folglich, obgleich das Wort von Wissen genommen ist, mit dem des Vorstellens überhaupt, von welcher Art es auch sei, zusammenfällt. Daher auch legen wir der Pflanze[1] zwar Leben, aber kein Bewußtseyn bei. ➢ Volltext.
[121] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 78: Alle Begriffe[1], und nur Begriffe[1] sind es, welche Worte bezeichnen, sind nur für die Vernunft da, gehn von ihr aus: man steht mit ihnen also schon auf einem einseitigen Standpunkt. Aber von einem solchen aus erscheint das Nähere deutlich und wird als positiv gesetzt; das Fernere fließt zusammen und wird bald nur noch negativ berücksichtigt; so nennt jede Nation[1] alle Andern Fremde[1], der Grieche alle Andern Barbaren, der Gläubige alle Andern Ketzer, oder Heiden, der Adel[2] alle Andern roturiers, der Student alle Andern Philister u. dgl. m. ➢ Volltext.
[122] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 91: Noch ist, zur Vervollständigung der Theorie eine Afterart des Witzes[4] zu erwähnen, das Wortspiel, Calembourg, pun. Wie der Witz[4] zwei sehr verschiedene reale Objekte unter einen Begriff[1] zwingt, so bringt das Wortspiel zwei verschiedene Begriffe[1], durch Benutzung des Zufalls, unter ein Wort: der selbe Kontrast entsteht wieder, aber viel matter und oberflächlicher, weil er nicht aus dem Wesen der Dinge, sondern aus dem Zufall der Namengebung entsprungen ist. Beim Witz[4] ist die Identität im Begriff[1], die Verschiedenheit in der Wirklichkeit: beim Calembourg aber ist die Verschiedenheit in den Begriffen[1] und die Identität in der Wirklichkeit, als zu welcher der Wortlaut gehört. ➢ Volltext.
[123] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 481: Dieser Einbruch in die Gränze fremder Willensbejahung ist von jeher deutlich erkannt und der Begriff[1] desselben durch das Wort Unrecht bezeichnet worden. ➢ Volltext.
[124] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 701: Für das Vermögen der Begriffe[1] habe ich die Vernunft[1] erklärt. Diese ganz eigene Klasse[1] allgemeiner, nicht anschaulicher, nur durch Worte symbolisirter und fixirter Vorstellungen ist es, die den Menschen[1] vom Thiere[1] unterscheidet und ihm die Herrschaft auf Erden giebt. Wenn das Thier[1] der Sklave der Gegenwart ist, keine andere, als unmittelbar sinnliche Motive kennt und daher, wenn sie sich ihm darbieten, so nothwendig von ihnen gezogen oder abgestoßen wird, wie das Eisen vom Magnet; so ist dagegen im Menschen[1] durch die Gabe der Vernunft[1] die Besonnenheit aufgegangen. Diese läßt ihn, rückwärts und vorwärts blickend, sein Leben und den Lauf der Welt leicht im Ganzen übersehn, macht ihn unabhängig von der Gegenwart, läßt ihn überlegt, planmäßig und mit Bedacht zu Werke gehn, zum Bösen wie zum Guten. Aber was er thut, thut er mit voll〈702〉kommnem Selbstbewußtseyn: er weiß genau, wie sein Wille sich entscheidet, was er jedesmal erwählt und welche andere Wahl, der Sache nach, möglich war, und aus diesem selbstbewußten Wollen lernt er sich selbst kennen und spiegelt sich an seinen Thaten. ➢ Volltext.
[125] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 48: Anagramma. Ein Wort, oder ein einfacher Satz der Rede, den man durch Versetzung der Buchstaben[1] eines andern Wortes, oder Satzes heraus gebracht hat; so wie das Wort Amor durch Umkehrung der Buchstaben[1] in Roma verwandelt wird. Dieses ist eine Erfindung des spielenden Witzes[1] der Neuern..
[126] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 349: Wenn der Geist[22] und das Herz des Redners und des Dichters von dem Gegenstand ganz eingenommen und gerührt sind, so bilden sich die Wörter und Redensarten von selbst so auf der Zunge, als wenn ein Theil des innern Lebens sich in den todten Buchstaben[9] ergöße; wenn nur der Dichter sonst den ganzen Reichthum und die Mechanik seiner Sprache[3] besitzt. Also ist das allgemeineste Mittel zum Erhabenen in der Schreibart zugelangen, ein von dem Gegenstand ganz durchdrungener Geist[22] und ein von der Stärke der Empfindungen aufgeschwollenes Herz..
[127] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 488: Die Glieder sind für die Gesimse beynahe, was die Buchstaben[1] für die Wörter sind: und wie aus wenig Buchstaben[1] eine unzählbare Menge von Wörtern kann zusammengesetzt werden, so entstehet aus der verschiedenen Zusammensetzung der Glieder eine große Mannigfaltigkeit der Gesimse, Füße und Kränze, wodurch so wol die verschiedenen Ordnungen sich von einander unterscheiden, als auch die Gebäude überhaupt ihren Charakter[1] des Reichthums oder der Einfalt bekommen..
[128] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 633: Die ersten Kunstrichter widmeten ihr Nachdenken der Theorie der Künste[2], weil die Natur[2] ihnen das besondere Genie[2] zu Untersuchungen dieser Art gegeben hatte: was sie bemerkten und entdekten, hatte das Gepräg der Gründlichkeit, ob es gleich noch nicht allgemein und vollständig genug war. Nachdem einmal die Critik[2] durch dergleichen Bemerkungen mit Säzen so weit bereichert worden, daß es der Mühe werth war, sie in ein System zu sammeln; so wurd sie zu einer Wissenschaft, die nun auch mittelmäßigen und seichten Köpfen in die Augen leuchtete. Nicht nur Männer von Genie[2], sondern auch bloße Liebhaber ohne Talente wiedmeten ihr ihre Zeit[6]. Diese bildeten sich ein, man könne sie lernen, weil die Kunstsprache, und die einmal in die Wissenschaft aufgenommenen Säze sich leicht ins Gedächtnis fassen lassen. Was also im Anfang die Frucht des wahren Genies[2] war, wurd nun zur Modewissenschaft, auf welche sich Leute ohne Genie[2] und Talente legten. Jeder seichte Kopf, der sie ohne Verstand[4] blos durch das Gedächtnis gefaßt hatte, versuchte sie mit seinen eigenen Säzen, mit neuen[1] Wörtern, an denen das Genie[2] keinen Antheil hatte, zu bereichern; und so wurd die Critik[2] zulezt zu einem Gewäsche, in welchem man nur mit großer Mühe, die von den wahren Kunstrichtern gemachten Entdekungen noch wahrnehmen konnte. Wenn nun zugleich auch Menschen ohne natürlichen[3] Beruf sich auf die Künste[2] legen; so glauben sie dieselben aus den Theorien erlernen zu können: und so werden Künste[2] und Critik[2] zugleich verdorben..
[129] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 744: Maschine. (Epische und dramatische Dichtkunst) Durch dieses Wort bezeichnet man die ganz unnatürlichen Mittel einen Knoten der Handlung in epischen und dramatischen Gedichten aufzulösen, dergleichen Wunderwerke, Erscheinungen der Götter[5], völlig außerordentliche, aus Noth von dem Poeten erdichtete Vorfälle, und andre Dinge sind, wodurch der Knoten mehr zerschnitten, als aufgelößt wird. [...] Die gesunde Critik[2] verwirft diese Maschinen als Erfindungen, die der Absicht des epischen und dramatischen Gedichtes gerad entgegen sind..
[130] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 954: So mag auch der Römer Pontius Pilatus ganz richtig geurtheilet haben, daß die rasenden Juden[1] durch bloße Vorzeigung des unschuldig gegeiselten Christus und die dabey gesprochenen zwey Worte Ecce homo! von ihrem blutgierigen Vorhaben, ihn gekreuziget zu sehen, leichter abzubringen wären, als durch eine lange Rede über seine Unschuld..
[131] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 1099: Spott. [...] Ich stehe bey mir selbst an, ob ich dieses Wort brauchen könne, um das auszudrüken, was das lateinisch-griechische Wort Ironia bedeutet; denn es scheinet, daß der Spott ohne Ironie[1] seyn könne, und daß die Ironie[1] nicht immer spotte. Indessen haben wir für jenen Fall, die Worte auslachen und höhnen, und das Wort Spaß scheinet das leztere auszudrüken. Wie dem nun sey, so ist hier von der Ironie[1] die Rede, die man braucht, um Personen, oder Sachen lächerlich zu machen: sie besteht darin, daß man etwas spricht oder thut, das unter dem unmittelbaren Schein des Beyfalls, oder Lobes, gerade das Gegentheil bewürket..
[132] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 1201: Einem guten Zeichner des Nakenden müssen die Muskeln des menschlichen Körpers so bekannt seyn, als die Buchstaben[1] des Alphabets dem, der Wörter zu schreiben hat..
[133] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: So ist die Sprache[3], welche die Dichter in diesem Zeitalter brauchen, eine ungebundene, ganz freie, die sich alle Wendungen, Teutologien [sic] und Abkürzungen erlaubt; manche Worte wechseln fast durch alle Vokale, und e, o und a sind fast immer gleichgültig, angehängte Buchstaben[7] und Sylben, so wie unterdrückte, sind gleich sehr erlaubt, um den Vers härter, oder wohlklingender, weicher und schmachtender zu machen.
[134] L. Tieck, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237: Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[2] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[2] der Neuen[5] zur modernen[1] oder romantischen[12] Kunst[2]..
[135] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. II (1837–42), 386: Woher dieser Sturm [sc. die judenfeindlichen Hep-Hep-Krawalle von 1819] eigentlich gekommen, wie seine plötzliche, Deutschlands äußerste Grenzen schnell erreichende Ausbreitung hat erfolgen können, ist ein unaufgelöstes Rätsel geblieben. Unsere Gelehrten waren zwar gleich zur Hand und leiteten das Wort Hep aus den Zeiten der Kreuzfahrer her, die sich wie mit dem Kreuz auch mit den Buchstaben[1] H. e. p., das heißt: Hierosolyma est perdita, bezeichnet haben sollen. In welchen geheimen Vorratskammern aber diese zum Wort gestalteten Buchstaben[1] aus dem Mittelalter sich frisch erhalten und plötzlich im untersten Volke[5] wieder aufleben konnten, das haben sie unerklärt gelassen..
[136] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 112: Dieser Friz [sc. F. L. Grf zu Stolberg] [...] warnt vor den hochtönenden Worten Freiheit[6], Recht, Gleichheit (Libertas, Jus, Aequitas), weil mancher sie falsch deute, und empfiehlt uns zum Schuz dagegen die allein wahre Religion[1], die er geradezu Kirche Deutschlands nennt. Der Zeitgeist, sagt er, nimt keine Kunde von Gott (dem Herrgott), und ist also im eigentlichen Sinn[1] gottlos; er will nichts wissen von Urkunde und Ueberlieferung; er verschmäht das Alte[1], und versucht Neuerung. Ja, er will uralte Eichen (nämlich Stammbäume) wie Unkraut ausgäten, indem er des Adels[2] edle Bestrebungen und gegründeten Besiz verkennt. ➢ Volltext.
[137] Wackenroder, an seine Eltern (23. 7. 1793), VL 2, 213: Ich wunderte mich [...] die neuen deutschen Kunstwörter: ein Stummer, ein Lauter, ein Zeit-, ein Fürwort, für: Consonant, Vocal, Verbum, Pronomen, zu hören..
[138] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 11 f. (12): Die Begeisterungen der Dichter und Künstler sind von jeher der Welt ein großer Anstoß und Gegenstand des Streites gewesen. Die gewöhnlichen Menschen können nicht begreifen, was es damit für eine Bewandniß habe, und machen sich darüber durchaus sehr falsche und verkehrte Vorstellungen. Daher sind über die inneren Offenbarungen der Kunstgenies eben so viele Unvernünftigkeiten, in und außer Systemen, methodisch und unmethodisch abgehandelt und geschwatzt worden, als über die Mysterien unsrer heiligen Religion[1]. Die sogenannten Theoristen und Systematiker beschreiben uns die Begeiste〈12〉rung des Künstlers von Hörensagen, und sind vollkommen mit sich selbst zufrieden, wenn sie mit ihrer eiteln und profanen Philosophasterey umschreibende Worte[2] zusammengesucht haben, für etwas, wovon sie den Geist[12], der sich in Worte[2] nicht fassen läßt, und die Bedeutung nicht kennen. Sie reden von der Künstlerbegeisterung, als von einem Dinge, das sie vor Augen hätten; sie erklären es, und erzählen viel davon; und sie sollten billig das heilige Wort[1] auszusprechen erröthen, denn sie wissen nicht, was sie damit aussprechen.
[139] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133: Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion[1] kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes[1] Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist[19] von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[140] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 184: Goethe vergleicht [...] sehr richtig die französische Sprache[3] mit ausgeprägter Scheidemünze, die jeder in der Tasche bei sich trägt und der er sich auf das schnellste im Handel und Wandel bedienen kann, die deutsche aber mit einer Goldbarre, die sich ein jeder erst münzen und prägen muß; woher es auch ein gewöhnlicher Fall, daß der gemeinste Franzose rasch und fließend spricht, da er seine Wörter ungezählt nur so ausgibt, der Deutsche aber, selbst der gebildete, sich nur selten so rund und voll auszudrücken vermag, als er wohl wünscht. Demselben Umstande hat die französische Prosa[1] ihre Vollkommenheit zu verdanken und sie, die Prosa[1], ist es vor allen Dingen, was den Ruhm und auch den Wert der französischen Literatur gegründet hat, obwohl darüber noch 〈185〉 manche im unklaren sind und die französische Poesie[3], die Trauerspiele eines Corneille, Racine, die gereimten Lustspiele eines Moliere, die Henriade eines Voltaire usw. für die einflußreichsten und am meisten klassischen[3] Produkte der französischen Literatur erachten. Ich weiß nicht, ob die Franzosen ein rein poetisches[4] Produkt zustande gebracht haben, ich wüßte keins, wo nicht der Redner den Poeten überwöge oder wenigstens ihm den Rang abzulaufen versuchte; selbst in der neuesten[3/7] romantischen[14] Schule, an deren Spitze Viktor Hugo steht, und die ohne Zweifel an poetischem[4] Gehalt die altfranzösisch klassische[4/8?] überflügelt, spielt die Rhetorik, die Floskelei, die Tiradensucht die Hauptrolle..
[141] Winckelmann, Herculan. Entdeck. (1762), 39: Mit der linken Hand machet diese Figur das, was die Welschen eine Feige (weibliches Geschlechts) Fica nennen (die Frucht aber heißt allezeit fico), welches Wort die weibliche Natur[14] bedeutet, und wird gezeiget durch den Daum, welcher zwischen den Zeigefinger und zwischen den mittlern Finger geleget wird, so daß derselbe zwischen beyden als eine Zunge zwischen den Lippen zu sehen ist..
2
1793), 122: Abt, Latein. Abbas [...], ist ein Syrisches Wort, welches einen Vater bedeutet, und zugleich mit der bezeichneten Sache aus den Morgenländern[1] in die Abendländer[1] gebracht worden.[2] Brockhaus, Conv.-Lex. V (1809), 338: Man nennt das übertriebene Bestreben, die Landessprache von allen fremden[1/5] Worten zu reinigen, Purismus, und die Anhänger dieses Systems – Puristen.
[3] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 269: Wer nichts hatte als körperliche Stärke, [...] wurde bestimmt zu Fuße zu dienen, und hieß Plebejer. Ich wünschte, daß man dem Ursprunge dieses Wortes auf die Spur kommen könnte. Täuscht mich nicht alles, so bedeutete es ursprünglich einen Soldaten zu Fuße, ohne die geringste verächtliche Nebenbedeutung.
[4] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 519 f.: Die neu-deutschen Wörter haben zwei große Fehler, erstlich daß sich selten Verba und Adjektiva aus ihnen oder umgekehrt machen lassen [...] 〈520〉 [...]; der zweite Fehler ist, daß das neue[1] Wort nur den Gattungs-Sinn, selten den abgeschnittenen individuellen lebendigen des alten[1] zuträgt und daß es folglich dem Witze[2], dem Feuer und der Kürze den halben Wort-Schatz ausplündert. Z. B. Etwas „Alterthümliches“ für „Antike[3]“ ist das Geschlecht statt der Unterart, ja statt des heiligen Individuums; und womit soll uns diese kostbare Anschauung erstattet werden?
[5] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 368: Bey dem großen Reichthum unserer Sprachen[3] findet sich doch oft der denkende Kopf wegen des Ausdrucks verlegen, der seinem Begriffe[1] genau anpaßt, und in dessen Ermangelung er weder andern, noch so gar sich selbst recht verständlich werden kann. Neue[1] Wörter 〈369〉 zu schmieden, ist eine Anmaßung zum Gesetzgeben in Sprachen[3], die selten gelingt, und, ehe man zu diesem verzweifelten Mittel schreitet, ist es rathsam, sich in einer todten und gelehrten Sprache[3] umzusehen, ob sich daselbst nicht dieser Begriff[1] samt seinem angemessenen Ausdrucke vorfinde, und wenn der alte[6] Gebrauch desselben durch Unbehutsamkeit ihrer Urheber auch etwas schwankend geworden wäre, so ist es doch besser, die Bedeutung, die ihm vorzüglich eigen war, zu bevestigen, [...] als sein Geschäfte nur dadurch zu verderben, daß man sich unverständlich machte.
[6] Novalis, Blüthenstaub (1798), 90, Nr. 70: Unsere Sprache[4] ist entweder mechanisch, atomistisch oder dynamisch. Die ächt poetische[4] Sprache[4] soll aber organisch[6], lebendig seyn. Wie oft fühlt man die Armuth an Worten, um mehre Ideen mit Einem Schlage zu treffen.
➢ Volltext
[7] A. W. Schlegel, Sprachen (1798), 30 f.:
Italiäner.
Die Zufriedenheit des Deutschen mit seinen meistens geräuschigen aber dumpfen Wörtern
sollte einen auf den Gedanken bringen, die Einbildung und der Ton des Redenden müße bey der nachahmenden Bezeichnung das Beste thun. Ihr glaubt Wunder, wie stark es in eurem Donner donnert. Laßt das r
weg, und derselbe Klang macht unser [sc. der Italiener]
Herz von den süßesten Regungen hüpfen. Le donne!
| Franzose.
Wie sagt ihr [sc die Deutschen]
das? | 〈31〉
Deutscher.
Ehedem die Frauenzimmer oder das Frauenzimmer, jetzt die Frauen, und wenn man auf Französische Art über sie philosophiren will, die Weiber. | Franzose.
Da habt ihr einen großen Schritt zur Kultur[
]
Italiäner.
Die Frauen? Und ihr fürchtet euch nicht, wenn ihr das hört? | Franzose.
Ich besorge, Deutscher, du hast Wörter
im Hinterhalt, womit du uns zuletzt aufs Haupt schlagen willst. | Deutscher.
Wie so? | Franzose.
Die ausdruckvollsten sind doch die, welche die bezeichnete Sache selbst hervorbringen, und es giebt ihrer in eurer Sprache: Kopfschmerz
macht Kopfschmerz, wenn man es ausspricht, und Pfropf
propft einem den Mund zu. ➢ Volltext[8] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 9: Accent. [...] Die Modification der Stimme[3], wodurch in der Rede oder in dem Gesang einige Töne[1] sich vor andern ausnehmen, und wodurch also überhaupt Abwechslung und Mannigfaltigkeit in die Rede kommen. Wenn alle Sylben mit gleicher Stärke und Höhe der Stimme[3] ausgesprochen würden, so wäre weder Annehmlichkeit noch Deutlichkeit in derselben; sogar die Bemerkung des Unterschieds der Wörter würde wegfallen. Denn daß das Ohr[3] die Rede in Wörter abtheilet, kommt blos von dem Accent her.
[9] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 166: Die Adelschaft, [...] ein nunmehr veraltetes Wort, den Adel[1], oder die adelige Würde anzudeuten, welches indessen noch bey dem Opitz vorkommt..
[10] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 266: Das Anagrámm, [...] ein durch Versetzung der Buchstaben[1] des einen hervor gebrachtes anderes Wort, z. B. wenn man aus dem Nahmen Michael Scholtz die Worte, ich mache stolz heraus bringt; der Buchstabenwechsel, ehedem der Letterwechsel. .[11] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 910: Besêligen, [...] selig, d. i. glücklich machen, in der höhern Schreibart. [...] In dem gemeinen Umgange wird dieses Wort nur in einer niedrigen Ironie[1] gebraucht. Einen mit etwas beseligen, ihm eine nachtheilige oder schimpfliche Sache aufhängen; daher unsere Dichter mit diesem Worte billig ein wenig sparsamer umgehen sollten, weil sich der unangenehme Nebenbegriff oft mit in die Vorstellung eindränget..[12] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1192 f.: Eine jede schriftliche Urkunde, in welcher Bedeutung dieses Wort [sc. Brief] aber größten Theils veraltet ist, und nur noch in einigen Zusammensetzungen, und gemeinen Redensarten vorkommt. Einem Brief[4] und Siegel über etwas geben, eine rechtskräftige Urkunde. [...] So auch in den 〈1193〉 Zusammensetzungen, Ablaßbrief, Adelsbrief, Bestallungsbrief, Frachtbrief, Freyheitsbrief, Kaufbrief, Lehnbrief, Lehrbrief, Pachtbrief, u. s. f. wo dieses Wort noch die allgemeine Bedeutung einer Urkunde hat. Unter den Kaufleuten kommt dieses Wort in der Bedeutung eines Wechselbriefes noch häufig vor [...]. Holländische Briefe[4] (Wechselbriefe) kaufen..
[13] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 1242: Der Buchstab[1/7/11], [...] ein willkürliches Zeichen der unzertrennlichen oder einfachsten Theile eines Wortes. 1. Eigentlich. Ein einfacher, ein zusammen gesetzter, oder doppelter Buchstab[1/7], Doppelbuchstab. Ein kleiner, ein großer Buchstab[1]. Ein Anfangsbuchstab u.s.f. Er hat mir keinen Buchstaben[1] davon geschrieben, er hat mit nicht das geringste davon gemeldet. Ich habe noch keinen Buchstaben[6] von ihm gesehen, keine Zeile, keinen Brief[1]. 2. Figürlich, ohne Plural. [...] Der eigentliche Wortverstand. Was würde da heraus kommen, wenn man alles dieses nach dem Buchstaben[11] verstehen wollte?.[14] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
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1793), 1243: Buchstäblich, [...] dem Buchstaben[11], d. i. dem Wortverstande nach. Einen Satz buchstäblich verstehen, auslegen. Nach dem buchstäblichen Verstande dieses Wortes, nach dem Wortverstande. Einen Befehl buchstäblich befolgen, pünktlich..[15] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1262 f. (1263): Der Bürger muß fast überall die Lasten des Staates tragen. Diese Bedeutung hat wieder einen verschiedenen Umfang, indem man zuweilen auch die Bauern mit darunter begreifet, oft aber solche als den vierten und niedrigsten 〈1263〉 Stand annimmt. In beyden Fällen bekommt dieses Wort in dem Munde des Adels[2] und des Hofmannes oft den verächtlichen Nebenbegriff des Unedlen und Ungesitteten..
[16] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1957: Erzbösewicht, Erzdieb, [...] Erzhure, Erzjude, so fern das Wort Jude[2] einen niedrigen Wucherer bedeutet, [...] Erzschelm, Erzschwelger, Erzwucherer, Erzzauberer, und tausend andere, von denen man noch täglich neue entstehen siehet..
[17] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 285: Das Freundschaftsstück, [...] eine freundschaftliche Handlung [...]. Einem ein Freundschaftsstück erweisen. Oft gebraucht man dieses Wort auch ironisch[1] für eine feindselige Handlung..
[18] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 123: Mauschel, [...] ein nur im gemeinen Leben und im verächtlichen Verstande[7] übliches Wort, einen Juden[1] zu bezeichnen..
[19] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 192: Metāpher[1], [...] aus dem Griech. und Lat. Metaphora, in der Sprach- und Redekunst, eine Figur, nach welcher die gewöhnliche oder angenommene Idee eines Wortes oder einer Redensart gebraucht wird, ein anderes Ding, wegen einer anscheinenden Ähnlichkeit, zu bezeichnen..
[20] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 192 f.: Eigentlich sind unsere meisten Wörter Metaphern[1]. Das Wort Geist[1], wenn es ein unkörperliches vernünftiges Wesen bezeichnet, ist eine Metapher[1], weil es eigentlich den Wind bedeutet. Allein gemeiniglich nimmt man hier die gemeinste oder gewöhnlichste Bedeutung der Wörter für die eigentliche an, und nennt es eine Metapher[1], wenn diese 〈193〉 zur Bezeichnung eines andern in einem oder dem andern Stücke ähnlichen Dinges gebraucht wird. Daher metaphorisch, eine Metapher[1] enthaltend, in derselben gegründet..
[21] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 447: Im Gegensatze des Unterrichtes, der Erziehung, der bürgerlichen Einrichtung und Ordnung [...] scheint [...] die Bedeutung des Wortes natürlich[12] [...], wenn es in der anständigen und glimpflichen Sprechart für unehelich gebraucht wird. Ein natürlicher[12] Sohn, eine natürliche[12] Tochter, ein natürliches[12] Kind[2], welche bloß aus einem natürlichen[8] Bedürfnisse, bloß nach dem Stande der Natur[13], ohne Beobachtung der bürgerlichen Ordnung gezeuget worden..
[22] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
2
1801), 65: Bey den Buchdruckern ist setzen, die Schriften, d. i. gegossenen Buchstaben[2], aus den Fächern des Schriftkastens nehmen, und sie in Sylben, Wörter, Zeilen und Seiten zusammen setzen..[23] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
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1801), 730: Nichts desto weniger ist in den neuern Zeiten von einigen Halblateinern, aus einer sclavischen Nachahmung, die übele Gewohnheit wieder aufgebracht worden, in der alphabetischen Stellung der Wörter, die mit u und v anfangenden unter einander zu werfen, und Vater, Übel, Üben, Ver, Ufer, Uhr, Un, Vor u. s. f. als Wörter Eines Buchstabens[4] auf einander folgen zu lassen. Man sollte kaum glauben daß ein so thörichter und widersinniger Einfall Beyfall finden können, und doch findet man ihn fast in allen Wörterbüchern und Registern angewandt. Ich habe es für Pflicht gehalten, der Natur[1] und Vernunft, die beyde Buchstaben[1] wesentlich getrennet haben, getreu zu bleiben, und sie in diesem Wörterbuche gleichfalls von einander abzusondern..[24] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 827: Die mit un zusammen gesetzten Haupt- und eigentlichen Beywörter haben [...] ihre Gränzen, und es ist nicht ohne Einschränkung erlaubt, deren nach Gutdünken neue[1] zu bilden. Am wenigsten hat man diese Freyheit[9], wenn man andere eigene Wörter hat, die Abwesenheit oder den Gegensatz eines Begriffes[1] auszudrucken..
[25] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 1101: Die Vernunft[4/5] [...]. In eigentlichem Verstande[7], die Handlung, da man etwas vernimmt, es mit Bewußtseyn, Unterscheidung und Anwendung empfindet, und das Vermögen der Seele auf diese Art zu empfinden. In diesem weitern Verstande[7], in welchem das Wort noch hin und wieder im gemeinen Leben vorkommt, da man denn auch den Thieren[1] Vernunft[4/5] zuzuschreiben pflegt, ist es in der bestimmtern Büchersprache veraltet [...]..
[26] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 1343 f. (1344): Der Wahnwitz, [...] von Witz[3], so fern es ehedem Verstand[1] überhaupt bedeutete, ist Wahnwitz so viel als Wahnsinn, und beyde werden auch noch häufig als gleich bedeutend gebraucht, obgleich letzteres üblicher ist, als ersteres, vermuthlich um die Zweydeutigkeit mit der heutigen gangbaren Bedeutung 〈1344〉 des Wortes Witz[3/2] zu vermeiden..
[27] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
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1801), 1586: Der Witz[1], [...] 1. * Wissenschaft im weitesten Verstande, der Vorrath von klaren Begriffen[1], welchen ein Mensch hat; eine jetzt veraltete Bedeutung, in welcher das Wort noch in Mutterwitz und Schulwitz gebraucht wird. 2. Der Verstand überhaupt; eine alte, noch im gemeinen Leben hin und wieder übliche Bedeutung. So sagt man, ein Kind habe vielen Witz[1], wenn es einen für sein Alter ungewöhnlichen Verstand äußert. Daher Aberwitz, Wahnwitz, Verrückung des Verstandes..[28] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 12: In dem Sinne[1], in welchem wir hier das Wort Sprache genommen haben, bezeichnet es eine individuelle Sprache[3], als solche wird sie freilich mit den allgemeinen und nothwendigen Sprach-Gesetzen übereinstimmen müssen; aber die Erfahrung zeigt, daß dies in den einzelnen Formen durchaus nicht der Fall sei [...]. Diese einzelnen und scheinbar willkührlichen Formen samlet nun nach ihren Aehnlichkeiten die einzelne Sprachlehre historisch unter gewisse Rubriken; und zusammengenommen bilden jene die Sprachanalogie; die Abweichungen von diesen häufigern Formen, werden eben so historisch unter dem Nahmen Anomalien verbunden; und beide zusammen konstituiren den Sprachgebrauch. Da nun dies Geschäft sich ganz eigentlich auf Buchstaben[9] bezieht, so sollte man auch den Nahmen Grammatik dafür sparen. ➢ Volltext.
[29] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 75: Man sieht [...], welche wichtige Rolle die Buchstaben[7] als Elemente der Sprachdarstellung zu spielen anfangen. Sie sind nichts anders als die Körper, welche das Gehör als Gefühlssinn erschüttern, und die analogen Schwingungen hervorbringen; und es ist unbegreiflich, wie so viele Sprachlehrer die Untersuchungen über diesen Punkt haben verwerfen oder übergehen können; und wie diejenigen, welche ahndeten[3], daß der Sitz der Sprache[1] und der Bedeutsamkeit der Wörter in der Combination der Buchstaben[7] liege, theils zu träge zum Nachdenken darüber waren, oder zu feige, um das Resultat ihres Forschens auszusprechen. ➢ Volltext.
[30] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 253: Was S betrifft, so ließe seine spirituöse Kraft, wenn auch die Anschauung des Organismus[4] nicht dahin führte, sich aus vielen andern Gründen beweisen. Seine Verwandschaft zum Spiritus und namentlich zum Asper zeigt sich durch den häufigen Uebergang in denselben, auch ist es ja bekannt genug, daß σ hie und da im Griechischen keine Position macht, daß ältere lateinische, besonders aber comische Dichter, das σ am Ende eines Wortes obgleich unter gewissen Bedingungen wegwerfen, welches alles auf eine diesem Buchstaben[7] eigenthümliche Unselbstständigkeit führt. ➢ Volltext.
[31] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 438: Das Element des Satzes ist [...] der Begriff[1] und dessen Ausdruck das einzelne Wort. ➢ Volltext.
[32] Börne, Bl. u. Blüth. (1818), 131, Nr. 7.: Warum heißt eine Frau[3] nehmen, d. h. seiner Freiheit[5] entsagen wollen, mit einem das Gegentheil bezeichnenden Worte freien?.
[33] Börne, Brf. Paris II (1832), 105: Im Collège Henri IV (nach deutschem Ausdrucke ein Gymnasium) werden von den Schülern zwei handschriftliche Journale redigirt, die in den Schulzimmern täglig cirkuliren. Das eine Journal, le lycéen genannt, kämpft unter Racine's Fahne, also für die klassische[8] Literatur; das Andere mit dem Titel le cauchemar, streitet unter der Fahne Victor Hugo's. Die romantische[14] Literatur mit dem Worte cauchemar (das Alpdrücken) zu bezeichnen, ist eine geistreiche Naivität, und die Feinde der Romantik[14] hätten nichts Besseres erfinden können..
[34] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 61: Die Antinomie, [...] der Streit der Gesetze, wenn zwei Gesetze mit einander streiten. Kant bedient sich dieses Worts, um den Streit zu bezeichnen, in welchem die Vernunft, wenn sie sich ohne Kritik[1], d. h. ohne Rücksicht auf ihre Schranken, in Untersuchung 〈62〉 übersinnlicher Gegenstände einläßt, nothwendig mit sich selbst gerathen muß..
[35] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 253: Der Champion, (sprich Schampiong) Fr. der Streiter für eine Person oder Sache; ein Wort, welches jedoch bei uns mehr in einem ironischen[1] als ernsthaften Sinne[1] gebraucht zu werden pflegt..
[36] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 123: Johann Christoph Gottsched [...] hatte unstreitig große Verdienste um die Verbesserung der Deutschen Sprache[3], welche durch die zahllose Menge fremder[1] Wörter, womit man sie [...] zu bereichern glaubte, ein höchst abenteuerliches[3] und buntscheckiges Ansehen erhielt..
[37] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 81: Der Barbarism [...], wenn man sich eines Worts oder einer Wendung auf eine fremde[5], sprachwidrige Art bedient..
[38] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 290: Der Dialect[1] (a. d. Griech.) heißt die Mundart[1], die Aussprache der Wörter nach Verschiedenheit der Nationen[1]..
[39] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 22: Adel[1/2] ist diejenige Standeseigenschaft einer Person, vermöge deren ihr besondere, durch Gesetz, Herkommen oder Landesverfassung bestimmte Vorrechte vor andern Staatsbürgern blos persönlich oder als erbliche Geschlechtsvorzüge zugestanden werden; auch bezeichnet man mit diesem Worte alle Die, welche sich im Besitze jener Standeseigenschaft befinden. Wird Jemandem der Adel[1] als Belohnung seiner Verdienste ertheilt, so heißt er persönlicher oder Verdienstadel; gründet sich die Erwerbung auf die Geburt in einer durch adelige Ältern gesetzmäßig eingegangenen Ehe[1] (denn durch Annahme an Kindesstatt oder Anerkennung durch nachfolgende Ehe[1] wird er nicht schlechterdings und durch Ehelichmachung mittels Rescripts des Fürsten gar nicht erlangt), so nennt man ihn Geburts- oder Erbadel. Gegen diesen letztern und seine in Anspruch genommenen Vorrechte haben sich namentlich zur Zeit[3] der franz. Revolution in Frankreich und später auch in Deutschland viele Stimmen[11] erhoben; dort ward der Erbadel 1789 ganz abgeschafft und hier seine Vorrechte sehr beschränkt, wodurch die Gleichheit mit den übrigen Ständen, und namentlich die Zuziehung des Adels[2] zu den öffentlichen Lasten sehr gefödert wurde..
[40] Goethe, an J. D. Salzmann (6. 3. 1773), WA IV, 2, 68: Ich hasse alle Spezialkritik von Stellen und Worten. [...] Ich kann leiden, wenn meine Freunde eine Arbeit von mir zu Feuer verdammen, umgegossen oder verbrannt zu werden; aber sie sollen mir keine Worte rücken, keine Buchstaben[9] versetzen..
[41] Goethe, Egmont (1788), WA I, 8, 266: Freiheit[8]? Ein schönes[1] Wort, wer's recht verstände. Was wollen sie für Freiheit[8]? Was ist des Freiesten Freiheit[8]? – Recht zu thun!.
[42] Goethe, Litt. Sanscül. (1795), 51: Wer mit den Worten, deren er sich im Sprechen oder Schreiben bedient, bestimmte Begriffe[1] zu verbinden für eine unerläßliche Pflicht hält, wird die Ausdrücke: classischer[3] Autor, classisches[3] Werk höchst selten gebrauchen. Wann und wo entsteht ein classischer[3] Nationalautor? Wenn er in der Geschichte[3] seiner Nation[1] große Begebenheiten und ihre Folgen in einer glücklichen und bedeutenden Einheit vorfindet; wenn er in den Gesinnun〈52〉gen seiner Landsleute Größe, in ihren Empfindungen Tiefe und in ihren Handlungen[1] Stärke und Consequenz nicht vermißt; wenn er selbst, vom Nationalgeiste durchdrungen, durch ein einwohnendes Genie[2] sich fähig fühlt, mit dem Vergangnen wie mit dem Gegenwärtigen zu sympathisiren; wenn er seine Nation[1] auf einem hohen Grade der Kultur[4] findet, so daß ihm seine eigene Bildung[2] leicht wird; wenn er viele Materialien gesammelt, vollkommene oder unvollkommene Versuche seiner Vorgänger vor sich sieht, und so viel äußere und innere Umstände zusammentreffen, daß er kein schweres Lehrgeld zu zahlen braucht, daß er in den besten Jahren seines Lebens ein großes Werk zu übersehen, zu ordnen und in Einem Sinne[10] auszuführen fähig ist. ➢ Volltext.
[43] Goethe, Symbolik (*1805), WA II, 11, 167: Durch Worte sprechen wir weder die Gegenstände noch uns selbst völlig aus. | Durch die Sprache[1] entsteht gleichsam eine neue Welt, die aus Nothwendigem und Zufälligem besteht. | Verba valent sicut numi. Aber es ist ein Unterschied unter dem Gelde. Es gibt goldne, silberne, kupferne Münzen und auch Papiergeld. In den erstern ist mehr oder weniger Realität, in dem letzten nur Convention. | Im gemeinen Leben kommen wir mit der Sprache[1] nothdürftig fort, weil wir nur oberflächliche Verhältnisse bezeichnen. Sobald von tiefern Verhältnissen die Rede ist, tritt sogleich eine andre Sprache[3] ein, die poetische[4]. | Indem wir von innern Verhältnissen der Natur[2] sprechen wollen, bedürfen wir gar mancherlei Bezeichnungsweisen. | Ich erwähne hier [...]: | Symbole, | 1. die mit dem Gegenstand physisch-real-identisch sind, [...] 〈168〉 [...] | 2. Die mit dem Gegenstande ästhetisch-ideal-identisch sind. Hieher gehören alle guten Gleichnisse, wobei man sich nur vor dem Witz[2] zu hüten hat, welcher nicht das Verwandte aufsucht; sondern das Unverwandte scheinbar annähert..
[44] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 101: Romantico! den Italiänern ein seltsames Wort, in Neapel und dem glücklichen Campanien noch unbekannt, in Rom unter deutschen[1] Künstlern[1] allenfalls üblich, macht in der Lombardie, besonders in Mayland, seit einiger Zeit[6] großes Aufsehen. Das Publicum[2] theilt sich in zwey Partheyen, sie stehen schlagfertig gegen einander und, wenn wir Deutschen[1] uns ganz geruhig des Adjectivum romantisch[14] bey Gelegenheit bedienen, so werden 〈102〉 dort durch die Ausdrücke Romanticismus und Kriticismus zwey unversöhnliche Secten bezeichnet. Da bey uns der Streit, wenn es irgend einer ist, mehr praktisch als theoretisch geführt wird, da unsere romantischen[14] Dichter[1] und Schriftsteller die Mitwelt für sich haben und es ihnen weder an Verlegern noch Lesern fehlt, da wir über die ersten Schwankungen des Gegensatzes längst hinaus sind und beyde Theile sich schon zu verständigen anfangen; so können wir mit Beruhigung zusehen, wenn das Feuer, das wir entzündet, nun über den Alpen zu lodern anfängt..
[45] J. Grimm, Fr. Alda (1815), 42: Um Uebersetzungen[2] überhaupt ist es gar ein mißlich Ding, vollends wo Wort und Wendung jedes seine selbstgewachsene Stelle hat, wie bey echten Volksliedern stets der Fall ist, wo alle Kraft in einer unnachahmlichen Natur[19] und Einfachheit ruht und der Athem davon durch das Ganze zieht, ja es trägt; da muß jede Uebersetzung[2] stocken und hapern. Gelingt sie wort- und stellenweise sogar glücklich und getreu, so muß daneben der Gegensatz dessen, was verschroben, gewunden und aus der Fuge gehoben wird, desto lästerlicher vortreten. In Voßens Homer ist Einzelnes gut, einiges trefflich wiedergegeben, und so weit mußten es Fleiß und Studium schon bringen; allein eben so wenig konnten sie den Mängeln und Härten ausweichen, die mit jenen Vortheilen und Vorzügen ganz folgerecht bestehen; darüber hat das ganze einen gebrochnen, unepischen Ton[3] empfangen. [...] Wenn man [...] abwägt, da, je treuer eine Uebertragung metrisch und wörtlich wird, sie am treuen, fließenden Inhalt desto mehr zu sündigen hat, ob man lieber dort als da fahren lassen will, so scheint es mir unbedenklich, das Göthes Sehnsucht nach einer prosaischen[1] deutschen Uebersetzung[2] Homers [...] das rechte und wahre trifft. ➢ Volltext.
[46] J. Grimm, Fr. Alda (1815), 42: Unter solchen [...] Uebersetzungsgedanken ist die voranstehende Uebersetzung[2] eines sehr einfachen und zarten Originals hingeschrieben worden [...]. Absichtlich sind die Trochäen nicht durchaus regelmäßig gesetzt, im Text sind sie noch weniger glatt, denn überhaupt dünkt es mir, kann man von Volksweisen wohl sagen, dass sie einem trochäischen Ton[10] folgen, aber nicht, daß sie einen solchen sylbenmäßig und Wort für Wort ausmeßen. Beym Gesang kommt der rechte Ton[10] schon darüber. Der nervichten, starken deutschen Sprache[3] ist die Aßonanz ferner innerst widerwärtig und unser Ohr[4] fühlt ihre Weichheit nicht, gleich dem südlichen[2]. ➢ Volltext.
[47] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), IX: Zusammenziehung oder Trennung der einzelen Wörter. Hiebei gilt hauptsächlich der Grundsatz: verbunden werden alle, auch deßhalb so genannte untrennbare, für sich keinen vollen Sinn[1] gebende Wörtchen, ferner, aus ähnlichem Grunde, alle Zusammensetzungen mit Vorwörtern, so wie die nicht durch Biegung des einen oder andern Wortes vermittelten, sondern durch den Sinn[1] zu Einem Begriff[1] und Anschauung, folglich auch Wort verschmelzenden, poetischen[4] Zusammensetzungen; hingegen, wo die Zusammensetzung sich in eine Konstrukzion auflösen läßt, und wo das Vorwort mit vollerem Sinne[1] als Nebenwort steht, findet Trennung statt..
[48] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 312 f. (313): Die Assonanz [...] betrifft nicht den Anfangsbuchstaben, sondern geht schon dem Reim entgegen, insofern sie 〈313〉 eine gleichklingende Wiederholung derselben Buchstaben[7] in der Mitte oder an dem Ende verschiedener Wörter ist. Diese assonirenden Wörter brauchen nun zwar nicht schlechthin den Schluß eines Verses auszumachen, sondern können auch wohl an anderen Stellen vorkommen, hauptsächlich aber treten die Schlußsylben der Zeilen durch die Gleichheit einzelner Buchstaben[7], im Unterschiede der Alliteration, welche den Hauptstab in den Anfang des Verses stellt, in einen assonirenden Bezug aufeinander. Seiner reichhaltigsten Ausbildung nach weist dieses Assoniren nach den romanischen[2] Völkern[1], den Spaniern vornehmlich, hin, deren volltönende Sprache[3] sich insbesondere für die Wiederkehr derselben Vokale geeignet zeigt. Im Allgemeinen zwar ist die Assonanz auf die Vokale beschränkt; indessen darf sie Theils gleiche Vokale, Theils auch gleiche Konsonanten, Theils auch Konsonanten in Verbindung mit einem Vokale wiederklingen lassen. ➢ Volltext.
[49] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 132: Im Worte tönen (sonare) ist ein Anthun ans 〈133〉 Ohr[2] [...] ausgedrückt. Blos das o ist Nachahmung des äußerlich gehörten Tones[1]. Das tö aber im Tönen, z. B. der Klocke, ist auch zugleich Ausdruck der Länge des Tones[1], so wie n seines Andringens ans Ohr[2]..
[50] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 143 f. (144): Ob es [...] 〈144〉 gleich keine eigentliche Muttersprache[2] in den jetzt noch übrigen Sprachen[3] giebt, so scheint mirs doch, daß unsere teutsche Sprache[3], und besonders die niederteutsche Mundart[1] derselben, vorzüglich als Mutter der lateinischen und griechischen könne betrachtet, und zur Erklärung und Auflösung der Wörter in denselben am geschicktesten sey. Denn sie ist erstlich der ältesten[1] allgemeinen Sprache[3] von Europa, die man nachher die celtische nannte, welche ich für die Urquelle aller übrigen halte, am ähnlichsten geblieben. Zweitens sind ihre Wörter nicht so in einander geschmolzen und verbunden; auch ist der Ton[2] von der Hauptsylbe nicht abgewichen; kurz sie ist natürlicher[4] und ihrer Mutter getreuer geblieben, z. B. [...] fenestra, fr. fenetre von fente Oeffnung oder offen, d. i. auf uf 'fgewendet, 'f'wendet, und von Thür [...]. Hier ist in fenetre zur Milderung der Aussprache, um das Zusammenstoßen zweier Mitlauter zu vermeiden, ein e zwischen geschoben, und der Ton[2] von der Hauptsylbe auf dies e hinüber gezogen..
[51] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 146: Wir gehen [...] von alten[1] Bedeutungen der Wörter unvermerkt zu neuen[1] über, indem wir uns bei eben demselben oft nur ein wenig veränderten Tone[8] etwas anderes denken. So macht es ja der gemeine Haufe noch jetzt mit den fremden[1] Wörtern, bei denen er sich gar nichts denken kann [...]. Es finden sich immer [...] solche Wörter, deren Ton[8] und Bedeutung zugleich zufälligerweise mit einem andern zusammenpassen [...]..
[52] Herder, Journ. m. Reise (*1769–70), SW 4, 424: Derselbe Geist[12] der Monarchischen Sitten, den Montesquieu 〈425〉 an seiner Person so augenscheinlich malt, herrscht auch in ihrer Sprache[3]. Tugend, innere Stärke, hat diese wenig, wie die Nation[1]; man macht mit dem Kleinsten das Größeste was man kann, wie eine Maschine durch ein Triebrad regiert wird. Nationalstärke, Eigenheit, die an ihrem Boden klebt, Originalität hat sie nicht so viel; aber das was Ehre auch hier heißt, das Vorurtheil jeder Person und jedes Buchs und jedes Worts[2] ist Hauptsache. Ein gewißer Adel[5] in Gedanken, eine gewisse Freiheit[15] im Ausdruck, eine Politeße in der Manier der Worte[1] und in der Wendung: das ist das Gepräge der Französischen Sprache[3], wie ihrer Sitten. .
[53] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 14 f. (15): De la Condamine sagt von 〈15〉 einer kleinen Nation[1] am Amazonenfluß: „ein Theil von ihren Wörtern könnte nicht, auch nicht einmal sehr unvollständig geschrieben werden. Man müste wenigstens neun oder zehn Sylben dazu gebrauchen, wo sie in der Aussprache kaum drei auszusprechen scheinen.“ ➢ Volltext.
[54] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115: Der Grund der kühnen Wortmetaphern lag in der ersten Empfindung; aber wie? wenn spät nachher, wenn schon alles Bedürfniß weggefallen ist, aus bloßer Nachahmungssucht, oder Liebe zum Alterthum[2] dergleichen Wort- und Bildergattungen bleiben? Und gar noch ausgedehnt und erhöhet werden? Denn, o denn wird der erhabne Unsinn, das aufgedunsne Wortspiel daraus, was es im Anfang eigentlich nicht war. Dort wars kühner, männlicher Witz[2], der denn vielleicht am wenigsten spielen wollte, wenn er am meisten zu spielen schien! es war rohe Erhabenheit der Phantasie[2], die solch Gefühl in solchem Worte herausarbeitete; aber nun im Gebrauche schaaler Nachahmer, ohne solches Gefühl, ohne solche Gelegenheit – Ach! Ampullen von Worten ohne Geist[30]! und das ist „das Schicksal aller derer Sprachen[3] in spätern Zeiten[3] gewesen, deren erste Formen so kühn waren.“ ➢ Volltext.
[55] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115 f. (116): Die spätern französischen Dichter können sich nicht versteigen, weil die ersten Erfinder ihrer Sprache[3] sich nicht verstiegen haben: 〈116〉 ihre ganze Sprache[3] ist Prose[4] der gesunden Vernunft[3], und hat ursprünglich fast kein poetisches[6] Wort[1], das dem Dichter eigen wäre; aber die Morgenländer? die Griechen? die Engländer? und wir Deutschen? ➢ Volltext.
[56] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 124: Die Kirchensprache der Rußischen Nation[1] ist meistens Griechisch[5]: die christlichen Begriffe[4] der Letten sind deutsche Worte, oder deutsche Begriffe[4] lettisirt. ➢ Volltext.
[57] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 176 f.: Warum hängt dieser Unmündige so schwach und unwissend an den Brüsten seiner Mutter, an den Knien seines Vaters? Damit er lehrbegierig sey und Sprache[1] lerne. [...] Nun theilt sich ihm mit der Sprache[1], die ganze Seele, die ganze Denkart seiner Erzeuger mit; aber eben deswegen theilen sie es ihm gerne mit, weil es ihr Selbstgedachtes, Selbstgefühltes, Selbsterfundenes ist, was sie mittheilen. Der Säugling, der die ersten Worte stammlet, stammlet die Gefühle seiner El〈177〉tern wieder, und schwört mit jedem frühen Stammlen, nach dem sich seine Zunge und Seele bildet, diese Gefühle zu verewigen, so wahr er sie Vater- oder Muttersprache nennet. Lebenslang werden diese ersten Eindrücke seiner Kindheit, diese Bilder aus der Seele und dem Herzen seiner Eltern in ihm leben und würken: mit dem Wort wird das ganze Gefühl wieder kommen, was damahls frühe seine Seele überströmte: mit der Idee des Worts alle Nebenideen, die ihm damals bei diesem, neuen[1] frühen Morgenausblick in das Reich der Schöpfung vorlagen – sie werden wiederkommen und mächtiger würken, als die reine, klare Hauptidee selbst. ➢ Volltext.
[58] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 179: Väter, die nichts selbst gedacht, nichts selbst erfunden; die alles mechanisch gelernt haben – was bekümmern sich die um Unterricht ihrer Söhne? um Verewigung dessen, was sie ja selbst nicht besitzen? Aber der erste Vater, die ersten dürftigen Spracherfinder, die fast an jedem Worte die Arbeit ihrer Seele hingaben, die überall in der Sprache[3] noch den warmen Schweiß fühlten, den er ihrer Würksamkeit gekostet – welchen Informator konnten die bestellen? Die ganze Sprache[3] ihrer Kinder war ein Dialekt[1] ihrer Gedanken, ein Loblied ihrer Thaten, wie die Lieder Oßians auf seinen Vater Fingal. ➢ Volltext.
[59] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 119: Anagramm bezeichnet eine Versetzung der Buchstaben[1] eines Worts, so daß dadurch ein neues Wort entsteht, z. B. Eber und Rebe. Es kann zu einem Spiele des Witzes[1] werden, wenn man aus dem gegebenen Worte solches bildet, das mit jenem in einem witzigen Zusammenhange steht..
[60] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. II (1834), 164: Branchu, [...] geborne Chevalier, die erste Sängerin, ja für uns die eigentliche Repräsentantin der französischen großen Oper, betrat 1801 die Bühne. Unerschöpflich an Kraft und Ausdauer, ist ihre Stimme[1] auch in alten[2] Tagen noch von seltener Reinheit, jugendlicher Frische, zuweilen fast so melodisch klingend wie deutsche und italienische Stimmen[1]. Fast vollendet in Allem, was den mechanischen Theil des Vortrags betrifft, ist sie wahrhaft bewundernswürdig durch die Freiheit[13], womit sie alle Schwierigkeiten der Partien einer Armida, Dido, Alceste, Julia etc. beherrscht. Uebrigens bleibt sie stets der Declamationsschule der Franzosen treu, welche fast unbekümmert um die Cantilena den Gesang verstandesgemäß zerstückelt, der Phantasie[1] auf Worten und Sylben ihre Stationen anweist. Als Schauspielerin hat sie keine andern Verdienste, als die, welche lange Uebung und mechanischer Fleiß gewähren. Für die eigentlich moderne[7] Oper hat sie keinen Sinn[5] mehr und keine Bedeutung..
[61] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IX (1837), 365 f. (366): Sehr bezeichnend nennen die Orientalen die Thiere[1] „die Stummen der Erde,“ da nur die Sprache[1], welche mit dem Denken wesentlich ein und dasselbe ist, und sich zu ihm wie sich die Folge zur Ursache verhält, den Menschen[1] über die Thierwelt erhebt und den Göttern[4] näher bringt. Ohne Sprache[1] würde ihm das Siegel der Gottheit fehlen; sie ist der Athem seines 〈366〉 wahren Lebens; ohne sie glich er dem unvernünftigen Thiere[1], das nur verworrenen Eindrücken folgt; ohne sie könnte man sich bei ihm keine bestimmte Ideenreihe denken, denn sie eben ist das Vermögen des Menschen[1] in das Chaos seiner Vorstellungen Ordnung zu bringen, denselben eine Form zu geben und sie mittelst der Stimme[1/3?] in richtigen Absätzen (artikulirt) mitzutheilen. Die Thiersprache enthält dagegen nur unartikulirte Laute zur Bezeichnung einiger Gefühle, aber nicht Worte als Nachhalle der Gedanken: – daher es ziemlich problematisch erscheint, wenn der Franzose Düpont 11 Wörter aus der Tauben-, 11 aus der Hühner-, 33 aus der Hunde-, 14 aus der Katzen-, 22 aus der Rindersprache und die der Raben ganz verstehen will..
[62] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470: Romanticismus. Die Bildung[10] dieses Wortes ist ein Fund der neuesten[3] Zeit[5], hervorgerufen durch die poetischen[4] Erzeugnisse der neueren[3] Franzosen, als deren Chorführer Victor Hugo, Balzac, Eugen Sue, Jules Janin etc. zu nennen sind..
[63] Hoven, Lebenserinn. (1840), 20: Die lateinischen Buchstaben[1] hatte mich schon der Schulmeister kennengelehrt; bei dem Pfarrer lernte ich zuerst die lateinischen Wörter lesen, dann die Anfangsgründe der lateinischen Sprache[3] selbst, so daß ich bald Deklinieren und Konjugieren, Substantivum und Adjektivum zusammensetzen, leichte Exempel vom Gebrauche der Zeitwörter machen konnte, während ich bei meinem guten Gedächtnis eine Menge Vokabeln auswendig gelernt hatte..
[64] A. v. Humboldt, Basalte Rhein (1790), 27: Aber er scheint gar keinen bestimmten oryktognostischen Begriff[1] mit dem Worte Basalt zu verbinden..
[65] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 113: Das Wort Notlazomahuizteopixcatatzin bedeutet: ehrwürdiger Priester, den ich wie meinen Vater liebe. Mit diesem Wort von sieben und zwanzig Buchstaben[1], reden die Mexicaner ihre Pfarrer an..
[66] W. v. Humboldt, Lat. u. Hell. (*?1806), GS I, 3, 167: Den nachtheiligsten Einfluss auf die interessante[1] Behandlung jedes Sprachstudiums hat die beschränkte Vorstellung ausgeübt, dass die Sprache[1] durch Convention entstanden, und das Wort nichts als Zeichen einer unabhängig von ihm vorhandenen Sache, oder eines eben solchen Begriffs[1] ist..
[67] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 263: Der Witz[1/2] [...] erfindet, und zwar unvermittelt [...]; daher kommt das Wort Witz[1/2], als die Kraft zu wissen, daher „witzigen,“ daher bedeutete er sonst das ganze Genie[2]; daher kommen in mehren Sprachen[3] dessen Ichs-Synonyme Geist[20], esprit, spirit, ingenuosus..
[68] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 294: Wie im Schreiben Bilderschrift früher war als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher[1], insofern sie Verhältnisse und nicht Gegenstände bezeichnet, das frühere Wort, welches sich erst allmählig zum eigentlichen Ausdruck 〈295〉 entfärben mußte..
[69] Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), 35: Die Deutschen sind die einzigen, welche sich jetzt des Worts Aesthetik bedienen, um dadurch das zu bezeichnen, was andre Critik[1] des Geschmacks heißen. Es liegt hier eine verfehlte Hoffnung zum Grunde, die der vortreffliche Analyst Baumgarten faßte, die critische[1] Beurtheilung des Schönen unter Vernunftprincipien zu bringen, und die Regeln derselben zur Wissenschaft zu erheben. Allein diese Bemühung ist vergeblich. Denn gedachte Regeln, oder Criterien, sind ihren vornehmsten Quellen nach bloß empirisch, und können also niemals zu bestimmten Gesetzen a priori dienen, wornach sich unser Geschmacksurteil richten müßte, vielmehr macht das letztere den eigentlichen Probirstein der Richtigkeit der ersteren aus..[70] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 369: Um deswillen, wenn sich etwa zu einem gewissen Begriffe[1] nur ein einziges Wort vorfände, das in schon eingeführter Bedeutung diesem Begriffe[1] genau anpaßt, dessen Unterscheidung von andern verwandten Begriffen[1] von großer Wichtigkeit ist, so ist es rathsam damit nicht verschwenderisch umzugehen, oder es bloß zur Abwechselung, synonymisch, statt anderer zu gebrauchen, sondern ihm seine eigenthümliche Bedeutung sorgfältig aufzubehalten; weil es sonst leichtlich geschieht, daß, nachdem der Ausdruck die Aufmerksamkeit nicht besonders beschäftigt, sondern sich unter dem Haufen anderer von sehr abweichender Bedeutung verliert, auch der Gedanke verloren gehe, den er allein hätte aufbehalten können..
[71] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 756: Man bedient sich gewisser Merkmale nur so lange, als sie zum Unterscheiden hinreichend seyn; neue Bemerkungen dagegen nehmen welche weg und setzen einige hinzu, der Begriff[1] steht also niemals zwischen sicheren Grenzen. Und wozu sollte es auch dienen, einen solchen Begriff[1] zu definiren, da, wenn z. B. von dem Wasser und dessen Eigenschaften die Rede ist, man sich bey dem nicht aufhalten wird, was man bey dem Worte Wasser denkt, sondern zu Versuchen schreitet, und das Wort, mit den wenigen Merkmalen, die ihm anhängen, nur eine Bezeichnung und nicht einen Begriff[1] der Sache ausmachen soll, mithin die angebliche Definition nichts anders als Wortbestimmung ist..
[72] Kant, Gemeinspruch (1793), 245 ff. (247): Derjenige nun, welcher das Stimmrecht in dieser Gesetzgebung hat, heißt ein Bürger (citoyen, d. i. Staatsbürger, nicht Stadtbürger, bourgeois). Die dazu erforderliche Qualität ist, außer der natürlichen[1] (daß es kein Kind, kein Weib[1] sei), die einzige: daß er [...] irgend ein Eigenthum habe (wozu auch jede Kunst[1], Handwerk, oder schöne[2] Kunst[1], oder Wissenschaft[1] gezählt werden kann), welches ihn ernährt; [...] 〈246〉 [...] folglich daß er niemanden als dem 〈247〉 Gemeinen Wesen im eigentlichen Sinne[1] des Worts Diene..
[73] Kleist, Marquise (21810), 263: Der Brief[1] war inzwischen von Thränen benetzt; und in einem Winkel stand ein verwischtes Wort: dictirt..
[74] Kolbe, Wortmeng. (1809), 2: Sonderbar, daß bei den Franzosen die Wortmischer Pedanten heisen, indes umgekehrt bei uns die Gegner der Wortmischerei diesen Namen führen. Welche von beiden Nationen[1] mag wol hier Recht haben? mag wol mit dem Wort Pedant den richtigsten Begrif[1] verknüpfen?.
[75] Kolbe, Wortmeng. (1809), 4: In unsrer Rede [...], die in eignem Boden wurzelte, aus eigentümlichen Keimen sich entwikkelte, können fremde[1] Wörter von ganz widerartiger Natur[1] für buntschekkige Lappen nur gelten, die man einem einfarbigen Zeug aufzuheften den abenteuerlichen[3] Gedanken gehabt..
[76] Krünitz, Oecon. Encycl. II (1773; 21782), 760: Dieses Wort hat in der teutschen Sprache[3] mancherlei Verstand[7]..
[77] Krünitz, Oecon. Encycl. VI (1775; 21784), 667: Die Anrede oder die Titulatur macht im Deutschen sehr viele Schwierigkeiten, indem man eine ganze Menge ausser Briefen[1] fast gar nicht vorkommender Wörter zu merken hat, die nur allein in der Titulatur üblich sind, wobey man noch besonders wieder behalten muß, wie diese Benennungen im Range auf einander folgen, und welchen Personen man dieselben beyzulegen hat. Von der Titulatur oder Anrede ist noch die Benennung, die man im Briefe[2] selbst gegen jemand gebraucht, zu unterscheiden. Man theilt die Titulaturen am füglichsten in die weltlichen und geistlichen ein..
[78] Krünitz, Oecon. Encycl. X (1777; 21785), 46: Ob man nun gleich schon ältere Beyspiele findet, daß Personen des niedern Adels[2] gleichfalls edel genannt worden, so ward doch dieser Titel zu Anfange des 15ten Jahrhundertes, da der hohe Adel[2] andere Titel anzunehmen anfieng, ihnen besonders eigen, und von ihnen werden die Wörter Edelmann, Edelfrau u. s. f. nur noch allein gebraucht; obgleich das Wort edel selbst in dieser Bedeutung ungewöhnlich geworden, seitdem adelig mehrern Beyfall gefunden hat..
[79] Krünitz [Flörke], Oecon. Encycl. CI (1806), 489: So fern die Alten[10] [...] unter der Natur[2] auch die zeugende Kraft verstanden, wurde dieses Wort ehedem sehr häufig so wohl im mittlern Lateine als auch im Deutschen von den Zeugungs-Gliedern gebraucht. Die weibliche Natur[14]. 〈490〉 Jetzt kommt nur noch das Beywort bisweilen in diesem Verstande[7] vor; Die natürlichen[9] Theile..
[80] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714: Romantisch[3/4], ein mit romanhaft[1] aus einer Quelle entspringendes Wort, allein von verschiedener Bedeutung. Man gebraucht es sowohl in der Malerei[3], als auch in der Poesie[18] von Gegenden, die sich durch eine einnehmende, bezaubernde Schönheit[1] und abwechselnde Mannigfaltigkeit der Gegenstände auszeichnen..
[81] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 282: Ein gemeiner Bauer verschmäht den Ausdruck meiner Theilnahme; ein Mädchen, das mich geliebt hätte, [...] wäre ich ihrer Abstammung gewesen, diesem Mädchen blieb ich zuwider bis in den Augenblick des Todes, weil mein Leib eine nationale Atmossphäre hat, die ihr fremd[4] und unheimlich ist, weil ich an den Jordan gehöre, und an der Weichsel ein verachteter Fremdling bin. Fremd[4], fremd[4], fremd[4]! in dem Worte liegen alle Abgründe der Existenz! [...] Der Christ verstößt mich, und ich habe schon lange den Juden[1] in mir verstoßen! Weh! Dies wird der Zwitterzustand, den diejenigen durchmachen müssen wie eine lebens〈283〉lange schmerzliche Geburt, die sich einlassen auf Emancipation. Ihr haltet diese Gewährniß der Emancipation für eine besondere Gunst, für ein wohlschmeckendes Recht, was Ihr uns gewährt – weh, der emancipirte Jude[1] zieht ein stechend Hemd auf seinen Leib, was er Zeit[6] seines Lebens mit Schmerzen tragen muß, um außen Frack und Weste darüber zu tragen, wie Ihr tragt..
[82] C. Michaelis, an L. Gotter (6. 2. 1783), C 1, 70: Daß mir das übrige ihres Tagebuchs ganz gefiele, kan ich nicht sagen. Mich däucht es sind so viel Wiederholungen und Worte, mit denen sie [sc. Friederike Münter (später Friederike Brun)] kaum selbst immer einen Sinn[1] verbindet, weil sie nicht selbst gemacht und gedacht, sondern aus Dichtern[4] genommen sind, die ihr so im Gedächtniß zu schweben[5] scheinen, daß sie sich mit ihnen verwechselt. Sie hat sich in den sehr poetischen[1] Schwung geworfen, und nichts ist wohl verzeihlicher, da sie so jung ist, aber dies müste gemildert, ihr Herz fester und ihr Verstand[1] schärfer gemacht werden. Das erste würde dann jene Weichheit, die so leicht in Empfindeley ausartet, und der zweyte seine Sonderbarkeit verlieren. Sie schien mir überhaupt mehr Talente als Verstand[1] zu haben, wenn ich das Verstand[1] nenne, Menschen[1] und Sachen nach ihrem wahren (unpoetischen) Gesichtspunkt zu beurtheilen [...]..
[83] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 275 f. (276): Wie haben wir [sc. die Deutschen] in diesen letzten fünfzig stummen Jahren sprechen gelernt? Wie hat sich diese Sprache[3] gebildet grade in der Zeit[3], wo alle Glieder der höheren Gesellschaft sich von ihr abwendeten? Es lebt in ihr ein Geist[12], der sie bildet und keiner vornehmen Stütze bedarf: wer das recht Empfundene, aus den Tiefen der Seele, aus jenen geheimnißvollen Wohnsitzen des Heiligen Kommende, wo das Gefühl der ritterlichen Ehre und Liebe, des stolzen Gehorsams usw. herrührt – aussprechen will, der kann diese Sprache[3] nicht entbehren; und wer nicht so etwas zu sagen hat, der würde ihr und ihrer Ausbildung nichts helfen können. Von selbst in den Mund legt sie sich nicht! ohne Karakter[2], ohne Selbständigkeit, ohne Ursprünglichkeit 〈276〉 der Geisteskraft ist es unmöglich, diese Sprache[3] gut zu sprechen. Mit Phrasen, die für jeden Mund passen, mit künstlich appretirtem Glanz, mit einem Schein von Geist[20] und Witz[1], den der Geistloseste sich aneignen könnte, kann sie nicht aufwarten: sie hat keine Corneilles, keine Racines, keine Bossuets, keine Akademien, welche ein ganzes folgendes Jahrhundert mit schönen Wendungen der Rede im voraus versehn; kein siècle de Louis XIV., das für lange Zeiten[3] nachher das Vortrefflichste schon vorweggesprochen hätte. Es fehlt ihr, habe ich gesagt, die gesellige Vollendung: das Bestreben der einzelnen deutschen Redner und einige glückliche Wendungen des öffentlichen Lebens der Nation[1] können selbige erreichen, darum muß auch an die mechanischen Vorzüge der benachbarten Sprachen[3] erinnert werden. Ich habe es gethan, mit Anklage meines Vaterlandes gethan. Nichtsdestoweniger aber weil der neue[1/5], christliche Geist[12] aller Worte und Wendungen dieser Sprache[3] sich nicht tödten läßt, so trägt sie das Siegel der Fortdauer an ihrer Stirn wie keine andre Sprache[3]. Um dieses Geistes[12] willen kann man festiglich glauben, daß die Sprache[3] der Besiegten länger leben werde als die der Sieger, und in diesem Sinne dann dreist verkünden, daß, weil die Sprache[3] fortdauern werde, auch das Volk[1] nicht untergehen könne..
[84] Mundt, Dt. Prosa (1837), 7: Wird [...] bei dem sogenannten göttlichen Ursprung der Sprache[1] Gott[1] wie ein Schullehrer gedacht, der uns die Wörter erfunden und zuerst Fibel und Grammatik verfertigt, so wäre diese Vorstellung, obwohl sonstigem populairen Verhältniß zu Gott[1] analog, doch ebenso unsinnig, als wenn man behauptet hat: die Thiere[1] würden Alles erreichen, was der Mensch[1] ist, wenn sie nur die Sprache[1] besäßen. Das Thier[1] kann eben, weil es kein Mensch[1] ist, die Sprache[1] nicht besitzen, und die Thiersubstanz wird in den eigenthümlichen Lauten, die ihr vergönnt sind, hinlänglich sich und Andern klar, ohne noch etwas in sich zu tragen, was nicht lautbar an ihr werden könnte..
[85] Novalis, Blüthenstaub (1798), 70, Nr. 2: Ein Kommandowort bewegt Armeen; das Wort Freyheit[6/7] Nazionen[1]. ➢ Volltext.
[86] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 6: Ich hörte einst von alten[1] Zeiten[3] reden; wie da die Thiere[1] und Bäume und Felsen mit den Menschen[1] gesprochen hätten. Mir ist grade so, als wollten sie allaugenblicklich anfangen, und als könnte ich es ihnen ansehen, was sie mir sagen wollten. Es muß noch viel Worte geben, die ich nicht weiß: wüßte ich mehr, so könnte ich viel besser alles begreifen. .
[87] Riepel, Sylbenmaß I (1776), 27: Herr Pückart kann gemäß seiner Muttersprache vermittelst diesen zwey Wörtern keinen reinen Vers machen; denn beym ersten wird die erste Sylbe gedehnt, gleichsam schlaafen; beym schaffen fängt hingegen die erste Sylbe nicht sobald an als der doppelte Buchstabe[7] ff gehört wird; daher wird hier die erste Sylbe von ihm kurz, und die bey jenem lang geheissen. Vater hat also die erste Sylbe eben auch länger als unser hiesige Vatter..
[88] H. Sander, Beschr. Reis. I (1783), 77: Zum Erstaunen ists, wie die Franzosen die deutschen[2] Namen verderben. Nicht ein einziger spricht sie recht aus. Kein einziger versteht deutsch[2], sie sagen, die Sprache[3] sei zu schwer, und habe gar grobe Wörter..
[89] H. Sander, Beschr. Reis. II (1784), 606 f. (607): Mastalier ist Professor der Aesthetik, und ein muntrer Mann [...]. [...] Er disputirte über Tisch darüber, daß das Wort beträchtlich gar nicht gut sei, Adelung und andre hättens 〈607〉 auch nicht, man müsse immer ansehnlich dafür sagen. „Stehen wir auf,“ sagte endlich Hr. von Mechel, als der Streit lebhaft ward, „sonst verlieren wir noch die halbe deutsche[2] Sprache[18].“.
[90] Scheffner, Leben (1816), 275 (Anm.): Etwas Großes ist es nicht, aber doch etwas Sonderbares, daß, wenn man aus den zwey Worten revolution francaise die zum Wort Veto erforderlichen Buchstaben[1] wegnimmt, aus der Versetzung der übrigen herauskommt: un Corse la finira..
[91] Schelling, Id. Phil. d. Nat. (1797), SW I, 2, 215: Der bloße Begriff[1] ist ein Wort ohne Bedeutung, ein Schall für das Ohr[3], ohne Sinn[1] für den Geist[19]. Alle Realität, die ihm zukommen kann, leiht ihm doch 〈216〉 nur die Anschauung, die ihm vorangieng. Und deßwegen kann und soll im menschlichen Geist[19] Begriff[1] und Anschauung, Gedanke und Bild nie getrennt seyn..
[92] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 92 f. (93): Nicht dem Menschen[1] allein, auch vielen Gattungen von Thieren[1] dringt das Gefühl ihres Zustandes gewisse Laute ab, die von verwandten Geschöpfen mit einer ähnlichen, oft fast eben so starken, Erschütterung der Nerven, wie die, welche sie erzeugte, vernommen werden. Bey manchen bleibt die Stimme[1] nur für die dringendste Noth, für die heftigsten Leidenschaften aufgespart, und selbst ihre Geselligkeit ist meistens stumm. Anderen hin〈93〉gegen ist bey einer Organisation[5], die sich der menschlichen weit weniger nähert, zum Theil auch bey beschränkteren Anlagen und einem geringern Maaße von Gelehrigkeit, der vielfachste, beredteste Ausdruck sogar der zarteren Regungen, und, wie es scheint, eine unermüdliche Lust an ihren eignen Tönen[1] gegönnet. | Wenn man den Menschen[1], bloß nach seiner körperlichen Zusammensetzung betrachtet, zu jenem rechnet: (und dieß hat allen Anschein für sich; denn zu unsrer Demüthigung gleichen wir dem häßlichsten[1] Affen viel mehr als der Nachtigall) so ist es allerdings einleuchtend, daß der Schrey körperlicher Schmerzen oder thierischer Begierden, vom ersten Wimmern des Neugebohrnen bis zum letzten Aechzen des Sterbenden, sich nie bis zur Rede erheben kann; und der Empfindung wird folglich mit Recht aller Antheil an ihrer Entstehung abgesprochen. Selbst die einfachen Ausrufe der Leidenschaft, (Interjektionen) welche auch die verfeinteste Sprache[3] noch gelten läßt, sind eigentlich nicht mehr jene unwillkührlich hervorgebrachten Laute selbst, sondern vertreten sie nur durch ihren gemilderten Ausdruck, und fliessen also mit allen übrigen Wörtern aus der gemeinschaftlichen Quelle der Nachahmung her. ➢ Volltext.
[93] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 16: Die äußere Form des Wortes setzt unsere Phantasie[2] in Bewegung, die Nebenbestimmungen, die dann laut Analogie in uns hervorgerufen werden, hinzuzusetzen..[94] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 26: Weit geringer und beschränkter ist die Wirkung des Rhythmus, insofern er äußere Gegenstände malen soll. Eine unmittelbare Ähnlichkeit hat er nur mit ihrer Bewegung; mit anderen Beschaffenheiten derselben hat er nur entferntere, größtenteils gar keine der Phantasie[2] bemerkbare Beziehung. Es kann also weder erwartet noch gefordert werden, daß die rhythmische Beschaffenheit jedes Wortes mit seiner Bedeutung übereinstimme..[95] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 96: Den Ausdruck behandelt der [komische] Dichter[1] mit eben der absoluten Willkür, wie alles übrige. Ihm stehen nicht nur alle Reichtümer der Sprache[3] von der erhabenen Diktion des lyrischen und tragischen Dichters[1] bis zu den gemeinsten Redensarten des Pöbels, ja bis zu unvollkommenen Sprecharten einzelner Orte und Stimmen[12] zu Gebote, sondern er prägt auch mit der größten Kühnheit ganz neue[1] Wörter und Wendungen. [...] Im Aristophanes kommt jede Art des Ausdrucks vor; so dithyrambische Gesänge, freilich in Parodien. Der herrschende Ton[3] in ihm ist die attische Feinheit, die sich selbst bis auf die geringeren Stände erstreckte. Er führt auch Dialekte[1] ein; den lakonischen, den megarensischen [...]. Er hat eine Menge von neuen[1] Wörtern, die alle komisch sind [...]..
[96] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 278: Die Italiänische Oktave hat durch den Wellengang der Verse und die Verflößung der anfangenden und schließenden Vokale der Wörter in einander an Mannichfaltigkeit unstreitig viel vor der unsrigen voraus. ➢ Volltext.
[97] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 551: Zuvörderst was die älteste[1] epische Epoche betrifft, so fällt sie, genauer betrachtet, vor der eigentlichen Sonderung der Dialekte[1], in der höheren, oben angegebnen, Bedeutung dieses Wortes. Wir finden beym Homer die Griechische Bildung[5] auf einer Stufe, wo die Bestandtheile der Nation[1] durch Kriege, Wanderungen und mancherley Revolutionen sich gegenseitig durchdrungen hatten, [...] aber noch nicht wieder nach verschiednen eigenthümlichen Richtungen gesetzmäßiger aus einander gegangen waren. Deswegen behaupten die Alten[10], Homer habe geflissentlich alle Dialekte[1] durch einander gemischt, um sämtlichen Griechen verständlich zu seyn: der Wahrnehmung nach richtig, aber nur historisch unrichtig ausgedrückt..
[98] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 691: Um unser eignes Ohr[3] in der Muttersprache entscheiden zu lassen, habe ich in folgendem Epigramme oder Idyllion [...] die Distichen ganz nach Griechischer[5] Weise zu bauen versucht, welches bis jetzt im Deutschen ohne Beyspiel ist, vielleicht aber auch in längeren Stücken auszuführen nicht unmöglich wäre, da der vielsylbige Schluß ja nicht durchgängig Statt zu finden braucht, da wir viele zusammengesetzte Wörter in unsrer Sprache[3] haben, welche dahin passen, und es erlaubt ist auch Griechische[5] zu Hülfe zu nehmen. Freylich muß erst die Aufmerksamkeit darauf gerichtet und das Ohr[3] für diesen Wohllaut empfänglich gemacht werden..
[99] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 294: Man muß bey der Etymologie davon ausgehen, daß alle Wörter durch Hinzufügung bestimmender Laute und ableitender Sylben aus den einfachsten syllabischen Zusammenfügungen entstanden sind. Die einzelnen Buchstaben[7] bedeuten aber schon an und für sich etwas, nur ist es sehr schwer, dieß zu fassen, weil es natürlich[4] schwankend und unbestimmt ist. Den größten Aufschluß hierüber muß die Betrachtung der Bewegungen welche mit den Sprachorganen zur Hervorbringung gewisser Laute vorgenommen werden, geben. Wiewohl die Alphabete verschiedner Nationen[1] von einander abweichen, so giebt es doch auch hierin etwas gemeinschaftliches, ein Grundalphabet, welches nicht zufällig aus grade so vielen, und diesen oder jenen Lauten besteht, sondern worin gesetzmäßige Einheit ist, so daß es ein wahres System ausmacht, in welchem alles zusammenhängt, 〈295〉 sich gegenseitig fordert und bestimmt..
[100] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 338: Die ritterliche Galanterie und die damit verknüpfte Poesie[1] des Mittelalters hat unstreitig den größten Antheil an der Verfeinerung der romanischen[1] Dialekte[1]. [...] Haben demnach diese Sprachen[3] gleich vor dem Lateinischen, ihrer Stammsprache, bedeutende Vorzüge: so ist auf der andern Seite nicht zu läugnen, daß ein gewisser Makel der Corruption an ihnen haftet. Sehr spät haben sich daher auch die Gelehrten dieser Länder gewöhnt, sie anders als ein ausgeartetes Latein, als Mundarten[1] des ungelehrten Haufens (lingua volgare) zu betrachten. Unläugbar ist es, daß vieles daher entstanden, daß die Germanischen Eroberer wohl die Lateinischen Wörter, aber nicht die gehörige Art sie zu biegen, erlernen konnten. Man kann daher diese Sprachen[3] sämtlich aufs kürzeste so charakterisiren, daß man sagt: die Materie (die Hauptmasse der Wörter) ist lateinisch, die Form Deutsch[5]..
[101] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 13: Das ganze Spiel lebendiger Bewegung beruht auf Einstimmung und Gegensatz. Warum sollte sich diese Erscheinung nicht auch in der Geschichte[1] der Menschheit[2] im großen wiederhohlen? Vielleicht wäre mit diesem Gedanken der wahre Schlüssel zur alten[10] und neuen[5] Geschichte[1] der Poesie[11] und der schönen[2] Künste[1] gefunden. Die, welche dieß annahmen, haben für den eigenthümlichen Geist[12] der modernen[1] Kunst[2], im Gegensatz mit der antiken[2] oder classischen[7/5], den Namen romantisch[12/4] erfunden. Allerdings nicht unpassend: das Wort kommt her von romance, der Benennung der Volkssprachen, welche sich durch die Vermischung des Lateinischen mit den Mundarten[1] des Altdeutschen gebildet hatten, gerade wie die neuere[5] Bildung[5] aus den fremdartigen Bestandtheilen der nordischen Stammesart und der Bruchstücke des Alterthums[3] zusammengeschmolzen ist, da hingegen die Bildung[5] der Alten[10] weit mehr aus einem Stücke war. ➢ Volltext.
[102] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 339: Auch im versifizirten Lustspiel muß sich die Sprache[4] durch Wahl und Zusammenfügung der Wörter gar nicht oder nur unmerklich von der des Umganges entfernen; die Freyheiten[17] des poetischen[5] Ausdrucks, welche andern Gattungen unumgänglich, sind hier untersagt. ➢ Volltext.
[103] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 733: Die Leseart tuoch gewährt Licht, wir halten sie für richtig, nur mit Beibehaltung des Genitivs, tuoches. Uebrigens scheint die erste Zeile ebenfalls entstellt zu seyn. Nach den gewöhnlichen Regeln der Kritik[3] wäre an dem Wort falle nicht zu rücken, weil es wiederkommt; wer aber Bodmers unleserliche Abschriften gesehen hat, begreift leicht, wie dasselbe Wort zweymal falsch gelesen werden konnte..
[104] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 3.3: Deutsche[5] Wörter in der ältesten[1] Gesetzgebung der Deutschen[5] Eroberer. Lingua latina, barbara. Etymologie der Romanischen[1] Sprachen[3]. ➢ Volltext.
[105] F. Schlegel, an A. W. Schlegel (Mitte März 1798), KFSA 24, 104: Fantastisch, Fantasie habe ich mit F geschrieben, weil mir diese Worte so wie wir sie brauchen, gar nicht Griechisch[2], sondern durchaus romantisch[12] und modern[1] scheinen..
[106] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 56 f., Nr. 217: Alterthümlichkeit der Worte, und Neuheit der Wortstellungen, gedrungne Kürze und nebenausbildende 〈57〉 Fülle, die auch die unerklärlichern Züge der charakterisirten Individuen wieder giebt; das sind die wesentlichen Eigenschaften des historischen Styls. Die wesentlichste von allen ist Adel[5], Pracht, Würde. Vornehm wird der historische Styl durch die Gleichartigkeit und Reinheit einheimischer Worte von ächtem Stamm, und durch Auswahl der bedeutendsten, gewichtigsten und kostbarsten; durch groß gezeichneten, und deutlich, lieber zu hart als unklar, artikulirten Periodenbau, wie der des Thucydides; durch nackte Gediegenheit, erhabene Eil und großartige Fröhlichkeit der Stimmung und Farbe, nach Art des Caesar; besonders aber durch jene innige und hohe Bildung eines Tacitus, welche die trocknen Fakta der reinen Empirie so poetisiren, urbanisiren und zur Philosophie erheben, läutern und generalisiren muß, als sey sie von Einem der zugleich ein vollendeter Denker, Künstler, und Held wäre, aufgefaßt, und vielfach durchgearbeitet, ohne daß doch irgendwo rohe Poesie[15], reine Philosophie oder isolirter Witz[4] die Harmonie störte. Das alles muß in der Historie verschmolzen seyn, wie auch die Bilder und Antithesen nur angedeutet oder wieder aufgelöst seyn müßen, damit der schwebende[5] und fließende Ausdruck dem lebendigen Werden der beweglichen Gestalten entspreche. ➢ Volltext.
[107] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 70, Nr. 253: In dem edleren und ursprünglichen Sinne[1] des Worts Korrekt, da es absichtliche Durchbildung und Nebenausbildung des Innersten und Kleinsten im Werke nach dem Geist[12] des Ganzen, praktische Reflexion des Künstlers, bedeutet, ist wohl kein moderner[1] Dichter korrekter als Shakspeare. So ist er auch systematisch wie kein andrer: bald durch jene Antithesen, die Individuen, Massen, ja Welten in mahlerischen[4] Gruppen kontrastiren lassen; bald durch musikalische[5] Symmetrie desselben großen Maßstabes, durch gigantische Wiederholungen und Refrains; oft durch Parodie des Buchstabens[8] und durch Ironie[1] über den Geist[12] des romantischen[12] Drama und immer durch die höchste und vollständigste Individualität und die vielseitigste alle Stufen der Poesie[11] von der sinnlichsten Nachahmung bis zur geistigsten Charakteristik vereinigende Darstellung derselben.
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.[108] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 124, Nr. 404: Zur Philologie muß man gebohren seyn, wie zur Poesie[11] und zur Philosophie. Es giebt keinen Philologen ohne Philologie in der ursprünglichsten Bedeutung des Worts, ohne grammatisches Interesse. Philologie ist ein logischer Affekt, das Seitenstück der Philosophie, Enthusiasmus für chemische Erkenntniß: denn die Grammatik ist doch nur der philosophische Theil der universellen Scheidungs- und Verbindungskunst. Durch die kunstmäßige Ausbildung jenes Sinns[5] entsteht die Kritik[3], deren Stoff nur das Klassische[3] und schlechthin Ewige seyn kann, was nie ganz verstanden werden mag: sonst würden die Philologen, an deren meisten man die gewöhnlichsten und sichersten Merkmahle der unwissenschaftlichen Virtuosität wahrnimmt, ihre Geschicklichkeit eben so gern an jedem andern Stoff zeigen als an den Werken des Alterthums[3], für das sie in der Regel weder Interesse noch Sinn[5] haben. Doch ist diese nothwendige Beschränktheit um so weniger zu tadeln oder zu beklagen, da auch hier die künstlerische Vollendung allein zur Wissenschaft[1] führen, und die bloße formelle Philologie einer materialen Alterthumslehre und einer humanen Geschichte[4] der Menschheit[2] nähern muß. ➢ Volltext.
[109] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 12: Ich brauche das Wort Religion[3] ohne Scheu, weil ich kein anderes weiß und habe. Du wirst und Du kannst das Wort nicht mißverstehen, da Du die Sache selbst hast, und den äußern Tand, den man wohl auch so nennt, aber lieber anders nennen sollte, so gar nicht hast. Jedes Gefühl wird Dir nicht zur lauten Vergötterung, aber zur stillen Anbetung; darum erscheinst Du der Menge, wo Dein Gefühl einmal zufällig hervorbricht oder durchschimmert, seltsam, hart, oder thöricht. Und jene Gedanken der Liebe, die sich aus Funken vom Witze[1] der Begeisterung im Schooße der ewigen Sehnsucht erzeugen, sind sie nicht lebendiger und wirklicher für Dich, als das gleichgültige Ding, was andre vorzugsweise Wirklichkeit nennen wollen, weil der Klumpen so breit und roh da liegt? Uebrigens sucht auch die Religion[3], nämlich die ursprüngliche innerliche, die Einsamkeit, wie die Liebe; auch sie verachtet allen Schmuck und Schimmer, und auch von ihr muß es heißen: Verliebten gnügt zu der geheimen Weihe das Licht der eignen Schönheit. Wie dürfte man Dir also die Religion[3] bloß darum absprechen wollen, weil es Dir vielleicht an einer Antwort fehlen könnte, wenn man Dich fragte, ob Du an Gott glaubst, und weil die Untersuchung, ob es Einen Gott gebe, oder drey, oder so viel Du willst, für Dich nichts mehr als ein ziemlich uninteressantes Gedankenspiel seyn würde.
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.[110] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 101 f. (102): Einen großen Vorzug hat die Mythologie. Was sonst das Bewußtseyn ewig flieht, ist hier dennoch sinnlich geistig zu schauen, und festgehalten, wie die Seele in dem umgebenden Leibe, durch den sie in unser Auge schimmert, zu unserm Ohre[4] spricht. | Das ist der eigentliche Punkt, daß wir uns wegen des Höchsten nicht so ganz allein auf unser Gemüth verlassen. Freylich, wem es da trocken ist, dem wird es nirgends quillen; und das ist eine bekannte Wahrheit, gegen die ich am wenigsten gesonnen bin mich aufzulehnen. Aber wir sollen uns überall an das Gebildete anschließen und auch das Höchste durch die Berührung des Gleichartigen, Aehnlichen, oder bey 〈102〉 gleicher Würde Feindlichen entwickeln, entzünden, nähren, mit einem Worte bilden. ➢ Volltext.
[111] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 107: Ich kann die didaktische Poesie[11] nicht für eine eigentliche Gattung gelten lassen, ebensowenig wie die romantische[1]. Jedes Gedicht soll eigentlich romantisch[1/11] und jedes soll didaktisch seyn in jenem weitern Sinne[1] des Wortes, wo es die Tendenz nach einem tiefen unendlichen Sinn[2] bezeichnet. ➢ Volltext.
[112] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 122: Ich habe ein bestimmtes Merkmal des Gegensatzes zwischen dem Antiken[2] und dem Romantischen[12] aufgestellt. Indessen bitte ich Sie doch, nun nicht sogleich anzunehmen, daß mir das Romantische[12] und das Moderne[1] völlig gleich gelte. [...] Wollen Sie sich den Unterschied völlig klar machen, so lesen Sie gefälligst etwa die Emilia Galotti, die so unaussprechlich modern[5] und doch im geringsten nicht romantisch[7] ist, und erinnern Sie sich dann an Shakspeare, in den ich das eigentliche Centrum, den Kern der romantischen[12/7] Fantasie[3] setzen möchte. Da suche und finde ich das Romantische[12/7], bey den ältern[1] Modernen[1], bey Shakspeare, Cervantes, in der italiänischen Poesie[11], in jenem Zeitalter der Ritter, der Liebe und der Mährchen, aus welchem die Sache und das Wort selbst herstammt. Dieses ist bis jetzt das einzige, was einen Gegensatz zu den classischen[3] Dichtungen des Alterthums[3] abgeben kann [...]. ➢ Volltext.
[113] F. Schlegel, Unverst. (1800), 342: Ich lasse [...] die Ironie[1] fahren und erkläre gerade heraus, das Wort bedeute in dem Dialekt[1] der Fragmente, alles sey nur noch Tendenz, das Zeitalter sey das Zeitalter der Tendenzen. ➢ Volltext .
[114] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 57: Die Kraftgenies, und die Aufklärer! – die Kraftgenies; in dem Worte beinah liegt schon alles. Und wenn einer darunter war, von dem sich voraussehen ließ, daß er ein großer Künstler werden würde; einer oder der andre, der nicht ohne Anlage war, so konnte doch die ganze Tendenz Lessingen eben nicht sehr tröstlich seyn; die meisten wollten einiges nur halbverstandne Gute mit eben der Wuth und Rohheit durchsetzen, mit der jetzt ein Pöbelhaufen verdorbner Zeitungsschreiber, Speichellecker und Verläumder alles Edle und Vortreffliche in der Litteratur anzutasten sich nicht entblödet. Hatte Lessing darum die Freiheit[5] verkündigt, um sie so zur Fratze verunstaltet zu 〈58〉 sehen? Natürlich genug war das Uebel; auf lange Knechtschaft und Niederträchtigkeit folgt eine scheuseelige ungestaltete Freiheit[4]..
[115] F. Schlegel, Entw. d. Philos. I (!1804–05), KFSA 12, 387: Das Wissen, etwas durchaus Innerliches, geht bloß auf den Stoff, das Verstehen ist auch etwas Äußeres, geht auch auf die Form. Der Verstand[8] ist Wissen dem Geiste[30] und dem Buchstaben[8/9] nach; da das wesentlich Unterscheidende des Verstandes[8] in der Mitteilung besteht, gehört eben auch das Wort wesentlich zum Verstande[8]; versteht sich Wort im allgemeinen höhern wissenschaftlichen Sinne[1] als Bild des Geistes[30], entweder als willkürliches oder natürliches Sinnbild; als bloßer Ausdruck eines geistigen Sinnes[1] ist das Wort notwendig ein Bild, weil alle Darstellung bildlich ist; und so besteht dann das Wesen des Verstandes[8] in der Verbindung des Geistes[30] und des Worts durch den Begriff[1]; die Begriffe[1] sind seine Formen..
[116] F. Schlegel, Transc. (
!
1800–01), KFSA 12, 34: Verbinden wir nun auf der andern Seite die Elemente mit Identität, Beharrlichkeit, so erhalten wir einen Begriff[1], der mit dem Wort Chaos bezeichnet werden kann..[117] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 268, Nr. 35: Daß man im Deutschen jetzt die fremden[1/5] Worte mit der fremden[1/5] Orthographie schreibt – hat einen tiefen Grund – es deutet an, daß von dieser Seite die deutsche Sprache[3] jetzt geschlossen sei, daß sie keine fremdartigen Worte mehr sich lebendig einverleiben kann. – Ihre Bildsamkeit geht jetzt in sich selbst, und auf das Alterthum[2] zurück – wo sie fast noch unbegränzt ist. Daher sollte man auch die ursprüngl[ich] bloß römischen Buchstaben[1] qu und v aus Deutschen Worten ausmerzen. y desgl[eichen.].
[118] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 290 f. (291), Nr. 212: Die Sprache[3] d[er] Burgländischen Deutschen oder Sachsen 〈in der Haromßecker Gespannschaft〉 weicht von d.[er] Mundart[1] der Geisacher Kolonie sowohl als d[er] Leistritzer sehr ab. Die Sprache[3] der Sachsen im 〈291〉 Leistritzer District in d[er] Thorenburger Gespannschaft ist von d[er] Mundart[1] der Andreanischen Nation[1] sehr verschieden, noch mehr aber der Einwohner von Regen, Zöpling, Botsch pp Viele Wörter sind rein Deutsch, die meisten aber einem Hermanstädter ganz unbekannt..
[119] Schleiermacher, Hermen. (*1809–10), K, 58: Hieraus erklärt sich zunächst sowol die vielfache Bedeutung der Worte weil nemlich das mannigfaltige[1] woraus dieselbe Anschauung wiederkehrt unter sehr verschiedenen B[egriffe]n[1] kann subsumirt werden als auch die Synonyme aus dem umgekehrten Verhältniß. | Ferner erklärt sich hieraus die Individualität der Sprachen[3] weil die Gesichtspunkte nach denen sich die Anschauungen bestimmen sehr verschieden sein können, und was nach diesen construirt ist nicht mehr ausgeglichen werden kann. Dagegen B[egriff]e[1] sich rein ineinander müssen auflösen lassen. Daher in der Regel, wenn man von Ursprachen spricht kein Wort in der einen irgend einem in der andern vollkommen entspricht..
[120] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 75 f. (76): Wissen überhaupt heißt: solche Urtheile in der Gewalt seines Geistes[19] zu willkührlicher Reproduktion haben, welche in irgend etwas außer ihnen ihren zureichenden Erkenntnißgrund haben, d. h. wahr sind. Die abstrakte Erkenntniß allein ist also ein Wissen; dieses ist daher durch die Vernunft[1] bedingt, und von den Thieren[1] können wir 〈76〉 nicht sagen, daß sie irgend etwas wissen, wiewohl sie die anschauliche Erkenntniß, für diese auch Erinnerung und eben deshalb Phantasie[1] haben, welche überdies ihr Träumen beweist. Bewußtsein legen wir ihnen bei, dessen Begriff[1] folglich, obgleich das Wort von Wissen genommen ist, mit dem des Vorstellens überhaupt, von welcher Art es auch sei, zusammenfällt. Daher auch legen wir der Pflanze[1] zwar Leben, aber kein Bewußtseyn bei. ➢ Volltext.
[121] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 78: Alle Begriffe[1], und nur Begriffe[1] sind es, welche Worte bezeichnen, sind nur für die Vernunft da, gehn von ihr aus: man steht mit ihnen also schon auf einem einseitigen Standpunkt. Aber von einem solchen aus erscheint das Nähere deutlich und wird als positiv gesetzt; das Fernere fließt zusammen und wird bald nur noch negativ berücksichtigt; so nennt jede Nation[1] alle Andern Fremde[1], der Grieche alle Andern Barbaren, der Gläubige alle Andern Ketzer, oder Heiden, der Adel[2] alle Andern roturiers, der Student alle Andern Philister u. dgl. m. ➢ Volltext.
[122] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 91: Noch ist, zur Vervollständigung der Theorie eine Afterart des Witzes[4] zu erwähnen, das Wortspiel, Calembourg, pun. Wie der Witz[4] zwei sehr verschiedene reale Objekte unter einen Begriff[1] zwingt, so bringt das Wortspiel zwei verschiedene Begriffe[1], durch Benutzung des Zufalls, unter ein Wort: der selbe Kontrast entsteht wieder, aber viel matter und oberflächlicher, weil er nicht aus dem Wesen der Dinge, sondern aus dem Zufall der Namengebung entsprungen ist. Beim Witz[4] ist die Identität im Begriff[1], die Verschiedenheit in der Wirklichkeit: beim Calembourg aber ist die Verschiedenheit in den Begriffen[1] und die Identität in der Wirklichkeit, als zu welcher der Wortlaut gehört. ➢ Volltext.
[123] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 481: Dieser Einbruch in die Gränze fremder Willensbejahung ist von jeher deutlich erkannt und der Begriff[1] desselben durch das Wort Unrecht bezeichnet worden. ➢ Volltext.
[124] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 701: Für das Vermögen der Begriffe[1] habe ich die Vernunft[1] erklärt. Diese ganz eigene Klasse[1] allgemeiner, nicht anschaulicher, nur durch Worte symbolisirter und fixirter Vorstellungen ist es, die den Menschen[1] vom Thiere[1] unterscheidet und ihm die Herrschaft auf Erden giebt. Wenn das Thier[1] der Sklave der Gegenwart ist, keine andere, als unmittelbar sinnliche Motive kennt und daher, wenn sie sich ihm darbieten, so nothwendig von ihnen gezogen oder abgestoßen wird, wie das Eisen vom Magnet; so ist dagegen im Menschen[1] durch die Gabe der Vernunft[1] die Besonnenheit aufgegangen. Diese läßt ihn, rückwärts und vorwärts blickend, sein Leben und den Lauf der Welt leicht im Ganzen übersehn, macht ihn unabhängig von der Gegenwart, läßt ihn überlegt, planmäßig und mit Bedacht zu Werke gehn, zum Bösen wie zum Guten. Aber was er thut, thut er mit voll〈702〉kommnem Selbstbewußtseyn: er weiß genau, wie sein Wille sich entscheidet, was er jedesmal erwählt und welche andere Wahl, der Sache nach, möglich war, und aus diesem selbstbewußten Wollen lernt er sich selbst kennen und spiegelt sich an seinen Thaten. ➢ Volltext.
[125] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 48: Anagramma. Ein Wort, oder ein einfacher Satz der Rede, den man durch Versetzung der Buchstaben[1] eines andern Wortes, oder Satzes heraus gebracht hat; so wie das Wort Amor durch Umkehrung der Buchstaben[1] in Roma verwandelt wird. Dieses ist eine Erfindung des spielenden Witzes[1] der Neuern..
[126] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 349: Wenn der Geist[22] und das Herz des Redners und des Dichters von dem Gegenstand ganz eingenommen und gerührt sind, so bilden sich die Wörter und Redensarten von selbst so auf der Zunge, als wenn ein Theil des innern Lebens sich in den todten Buchstaben[9] ergöße; wenn nur der Dichter sonst den ganzen Reichthum und die Mechanik seiner Sprache[3] besitzt. Also ist das allgemeineste Mittel zum Erhabenen in der Schreibart zugelangen, ein von dem Gegenstand ganz durchdrungener Geist[22] und ein von der Stärke der Empfindungen aufgeschwollenes Herz..
[127] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 488: Die Glieder sind für die Gesimse beynahe, was die Buchstaben[1] für die Wörter sind: und wie aus wenig Buchstaben[1] eine unzählbare Menge von Wörtern kann zusammengesetzt werden, so entstehet aus der verschiedenen Zusammensetzung der Glieder eine große Mannigfaltigkeit der Gesimse, Füße und Kränze, wodurch so wol die verschiedenen Ordnungen sich von einander unterscheiden, als auch die Gebäude überhaupt ihren Charakter[1] des Reichthums oder der Einfalt bekommen..
[128] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 633: Die ersten Kunstrichter widmeten ihr Nachdenken der Theorie der Künste[2], weil die Natur[2] ihnen das besondere Genie[2] zu Untersuchungen dieser Art gegeben hatte: was sie bemerkten und entdekten, hatte das Gepräg der Gründlichkeit, ob es gleich noch nicht allgemein und vollständig genug war. Nachdem einmal die Critik[2] durch dergleichen Bemerkungen mit Säzen so weit bereichert worden, daß es der Mühe werth war, sie in ein System zu sammeln; so wurd sie zu einer Wissenschaft, die nun auch mittelmäßigen und seichten Köpfen in die Augen leuchtete. Nicht nur Männer von Genie[2], sondern auch bloße Liebhaber ohne Talente wiedmeten ihr ihre Zeit[6]. Diese bildeten sich ein, man könne sie lernen, weil die Kunstsprache, und die einmal in die Wissenschaft aufgenommenen Säze sich leicht ins Gedächtnis fassen lassen. Was also im Anfang die Frucht des wahren Genies[2] war, wurd nun zur Modewissenschaft, auf welche sich Leute ohne Genie[2] und Talente legten. Jeder seichte Kopf, der sie ohne Verstand[4] blos durch das Gedächtnis gefaßt hatte, versuchte sie mit seinen eigenen Säzen, mit neuen[1] Wörtern, an denen das Genie[2] keinen Antheil hatte, zu bereichern; und so wurd die Critik[2] zulezt zu einem Gewäsche, in welchem man nur mit großer Mühe, die von den wahren Kunstrichtern gemachten Entdekungen noch wahrnehmen konnte. Wenn nun zugleich auch Menschen ohne natürlichen[3] Beruf sich auf die Künste[2] legen; so glauben sie dieselben aus den Theorien erlernen zu können: und so werden Künste[2] und Critik[2] zugleich verdorben..
[129] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 744: Maschine. (Epische und dramatische Dichtkunst) Durch dieses Wort bezeichnet man die ganz unnatürlichen Mittel einen Knoten der Handlung in epischen und dramatischen Gedichten aufzulösen, dergleichen Wunderwerke, Erscheinungen der Götter[5], völlig außerordentliche, aus Noth von dem Poeten erdichtete Vorfälle, und andre Dinge sind, wodurch der Knoten mehr zerschnitten, als aufgelößt wird. [...] Die gesunde Critik[2] verwirft diese Maschinen als Erfindungen, die der Absicht des epischen und dramatischen Gedichtes gerad entgegen sind..
[130] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 954: So mag auch der Römer Pontius Pilatus ganz richtig geurtheilet haben, daß die rasenden Juden[1] durch bloße Vorzeigung des unschuldig gegeiselten Christus und die dabey gesprochenen zwey Worte Ecce homo! von ihrem blutgierigen Vorhaben, ihn gekreuziget zu sehen, leichter abzubringen wären, als durch eine lange Rede über seine Unschuld..
[131] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 1099: Spott. [...] Ich stehe bey mir selbst an, ob ich dieses Wort brauchen könne, um das auszudrüken, was das lateinisch-griechische Wort Ironia bedeutet; denn es scheinet, daß der Spott ohne Ironie[1] seyn könne, und daß die Ironie[1] nicht immer spotte. Indessen haben wir für jenen Fall, die Worte auslachen und höhnen, und das Wort Spaß scheinet das leztere auszudrüken. Wie dem nun sey, so ist hier von der Ironie[1] die Rede, die man braucht, um Personen, oder Sachen lächerlich zu machen: sie besteht darin, daß man etwas spricht oder thut, das unter dem unmittelbaren Schein des Beyfalls, oder Lobes, gerade das Gegentheil bewürket..
[132] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 1201: Einem guten Zeichner des Nakenden müssen die Muskeln des menschlichen Körpers so bekannt seyn, als die Buchstaben[1] des Alphabets dem, der Wörter zu schreiben hat..
[133] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: So ist die Sprache[3], welche die Dichter in diesem Zeitalter brauchen, eine ungebundene, ganz freie, die sich alle Wendungen, Teutologien [sic] und Abkürzungen erlaubt; manche Worte wechseln fast durch alle Vokale, und e, o und a sind fast immer gleichgültig, angehängte Buchstaben[7] und Sylben, so wie unterdrückte, sind gleich sehr erlaubt, um den Vers härter, oder wohlklingender, weicher und schmachtender zu machen.
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.[134] L. Tieck, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237: Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[2] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[2] der Neuen[5] zur modernen[1] oder romantischen[12] Kunst[2]..
[135] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. II (1837–42), 386: Woher dieser Sturm [sc. die judenfeindlichen Hep-Hep-Krawalle von 1819] eigentlich gekommen, wie seine plötzliche, Deutschlands äußerste Grenzen schnell erreichende Ausbreitung hat erfolgen können, ist ein unaufgelöstes Rätsel geblieben. Unsere Gelehrten waren zwar gleich zur Hand und leiteten das Wort Hep aus den Zeiten der Kreuzfahrer her, die sich wie mit dem Kreuz auch mit den Buchstaben[1] H. e. p., das heißt: Hierosolyma est perdita, bezeichnet haben sollen. In welchen geheimen Vorratskammern aber diese zum Wort gestalteten Buchstaben[1] aus dem Mittelalter sich frisch erhalten und plötzlich im untersten Volke[5] wieder aufleben konnten, das haben sie unerklärt gelassen..
[136] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 112: Dieser Friz [sc. F. L. Grf zu Stolberg] [...] warnt vor den hochtönenden Worten Freiheit[6], Recht, Gleichheit (Libertas, Jus, Aequitas), weil mancher sie falsch deute, und empfiehlt uns zum Schuz dagegen die allein wahre Religion[1], die er geradezu Kirche Deutschlands nennt. Der Zeitgeist, sagt er, nimt keine Kunde von Gott (dem Herrgott), und ist also im eigentlichen Sinn[1] gottlos; er will nichts wissen von Urkunde und Ueberlieferung; er verschmäht das Alte[1], und versucht Neuerung. Ja, er will uralte Eichen (nämlich Stammbäume) wie Unkraut ausgäten, indem er des Adels[2] edle Bestrebungen und gegründeten Besiz verkennt. ➢ Volltext.
[137] Wackenroder, an seine Eltern (23. 7. 1793), VL 2, 213: Ich wunderte mich [...] die neuen deutschen Kunstwörter: ein Stummer, ein Lauter, ein Zeit-, ein Fürwort, für: Consonant, Vocal, Verbum, Pronomen, zu hören..
[138] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 11 f. (12): Die Begeisterungen der Dichter und Künstler sind von jeher der Welt ein großer Anstoß und Gegenstand des Streites gewesen. Die gewöhnlichen Menschen können nicht begreifen, was es damit für eine Bewandniß habe, und machen sich darüber durchaus sehr falsche und verkehrte Vorstellungen. Daher sind über die inneren Offenbarungen der Kunstgenies eben so viele Unvernünftigkeiten, in und außer Systemen, methodisch und unmethodisch abgehandelt und geschwatzt worden, als über die Mysterien unsrer heiligen Religion[1]. Die sogenannten Theoristen und Systematiker beschreiben uns die Begeiste〈12〉rung des Künstlers von Hörensagen, und sind vollkommen mit sich selbst zufrieden, wenn sie mit ihrer eiteln und profanen Philosophasterey umschreibende Worte[2] zusammengesucht haben, für etwas, wovon sie den Geist[12], der sich in Worte[2] nicht fassen läßt, und die Bedeutung nicht kennen. Sie reden von der Künstlerbegeisterung, als von einem Dinge, das sie vor Augen hätten; sie erklären es, und erzählen viel davon; und sie sollten billig das heilige Wort[1] auszusprechen erröthen, denn sie wissen nicht, was sie damit aussprechen.
➢ Volltext
.[139] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133: Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion[1] kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes[1] Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist[19] von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[140] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 184: Goethe vergleicht [...] sehr richtig die französische Sprache[3] mit ausgeprägter Scheidemünze, die jeder in der Tasche bei sich trägt und der er sich auf das schnellste im Handel und Wandel bedienen kann, die deutsche aber mit einer Goldbarre, die sich ein jeder erst münzen und prägen muß; woher es auch ein gewöhnlicher Fall, daß der gemeinste Franzose rasch und fließend spricht, da er seine Wörter ungezählt nur so ausgibt, der Deutsche aber, selbst der gebildete, sich nur selten so rund und voll auszudrücken vermag, als er wohl wünscht. Demselben Umstande hat die französische Prosa[1] ihre Vollkommenheit zu verdanken und sie, die Prosa[1], ist es vor allen Dingen, was den Ruhm und auch den Wert der französischen Literatur gegründet hat, obwohl darüber noch 〈185〉 manche im unklaren sind und die französische Poesie[3], die Trauerspiele eines Corneille, Racine, die gereimten Lustspiele eines Moliere, die Henriade eines Voltaire usw. für die einflußreichsten und am meisten klassischen[3] Produkte der französischen Literatur erachten. Ich weiß nicht, ob die Franzosen ein rein poetisches[4] Produkt zustande gebracht haben, ich wüßte keins, wo nicht der Redner den Poeten überwöge oder wenigstens ihm den Rang abzulaufen versuchte; selbst in der neuesten[3/7] romantischen[14] Schule, an deren Spitze Viktor Hugo steht, und die ohne Zweifel an poetischem[4] Gehalt die altfranzösisch klassische[4/8?] überflügelt, spielt die Rhetorik, die Floskelei, die Tiradensucht die Hauptrolle..
[141] Winckelmann, Herculan. Entdeck. (1762), 39: Mit der linken Hand machet diese Figur das, was die Welschen eine Feige (weibliches Geschlechts) Fica nennen (die Frucht aber heißt allezeit fico), welches Wort die weibliche Natur[14] bedeutet, und wird gezeiget durch den Daum, welcher zwischen den Zeigefinger und zwischen den mittlern Finger geleget wird, so daß derselbe zwischen beyden als eine Zunge zwischen den Lippen zu sehen ist..
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