[1]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 97
: Die Fesseln der Akademie wurden zerbrochen, und wenn auch die moderne[9] Literatur Frankreichs, welche sich als romantische[14] Schule gegen die alte[1] classische[8] geltend gemacht hat, im Allgemeinen, statt wahrhaft frei zu sein und damit die Gesetze der wahren Schönheit[1] an sich auszubilden, einer zügellosen Willkür anheimgefallen ist, so ist doch die Möglichkeit zum Trefflichsten und zum Theil dieses selbst in seinen Anfängen vorhanden.
[2]
Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105
: In der freieren Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[3]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470 f. (471)
: Romanticismus. Die Bildung[10] dieses Wortes[1] ist ein Fund der neuesten[3] Zeit[5], hervorgerufen durch die poetischen[4] Erzeugnisse der neueren[3] Franzosen, als deren Chorführer Victor Hugo, Balzac, Eugen Sue, Jules Janin etc. zu nennen sind. Schon vor dem Ausbruch der Julirevolution begannen die franz. Dramatiker an den Fesseln den [sic] Klassicität zu rütteln, die seit Racine und Corneille den Gedanken in seinem eigenen Schaffen niedergedrückt hatten. Deutschland und England, die sich längst befreit und die alten[1] Formen zerschlagen hatten, um das Leben der neueren[3] Zeit[5] auch neu[1] bilden zu können in künstlerischer Darstellung, gaben keinen geringen Anstoß. Vornehmlich aber war es Shakespeare, dessen Riesengebilde die Phantasie[1] der jugendlichen franz. Dichter[1] entzündete. Sie wollten ihm nachahmen, raubten ihm aber nur das Bizarre, die äußere Schale, ohne des Kernes habhaft zu werden. Ihre Schöpfungen verloren sich an das Unschöne, worin man das Romantische[4], Kühne, Geniale suchte, und weil die Anhänger der klassischen[8] Schule sich diesem Verfahren widersetzen wollten, gaben sie den jungen Stürmern den Namen der Romantiker[3]. Die Romantik[13] war, wenigstens im Sinn[1] der Deutschen, etwas Fertiges und Abgeschlossenes. Die Schöpfungen der Franzosen ließen sich mit diesen Gebilden des Wundersam-Phantastischen[2] nicht vergleichen, sondern wühlten sich vielmehr ein in alle Abscheulichkeiten der Materie. Statt des Wunderbaren regierte das Laster in frivoler Aufgedecktheit; nicht die Gerechtigkeit des Weltgerichtes siegte, sondern die Laune, der Zufall, der böse, rachsüchtige Gedanke. Was 〈471〉 man daher nicht Romantik[13] nennen konnte, dem gab man den Namen des R[omanticismus]. Der R.[omanticismus] aber ist, obwohl ein Auswuchs der Romantik[13], dennoch ein nothwendiges Ergebniß aus den Verirrungen des Tages und seiner Geschichte[1]. Er schwärmt durch alle Länder, und wird, ist er zur Besonnenheit gekommen, sich verwandeln in das wahrhaft Moderne[8], das der Romantik[13] gegenüber stehen wird, wie diese der Klassik[5], und ein freigeborenes Kind sein einer schönen[2], freien[5/11] Zeit[5]..