[1]
Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 109
: Wir kommen jetzt an das Land, das wegen seines Alterthums[1], wegen seiner Künste und politischen Einrichtung wie ein Räthsel der Urwelt dastehet und auch die Errathungskunst der Forscher reichlich geübt hat, Aegypten. Die gewisseste Nachricht, die wir von ihm haben, geben uns seine Alterthümer[4], jene ungeheure Pyramiden, Obelisken und Katakomben, jene Trümmer von Kanälen, Städten, Säulen und Tempeln, die mit ihren Bilderschriften noch jetzt das Erstaunen der Reisenden, die Wunder der alten[9] Welt sind.
[2]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 187
: Auch hat die Bildhauerkunst, weil an ihren Producten die Kunst mit der Natur[10] beynahe verwechselt 〈188〉 wird, die unmittelbare Vorstellung häslicher[1] Gegenstände von ihren Bildungen[16] ausgeschlossen, und dafür z. B. den Tod (in einem schönen[1] Genius), den Kriegsmuth (am Mars) durch eine Allegorie oder Attribute, die sich gefällig ausnehmen, [...] vorzustellen erlaubt..
[3]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 180
: Denn wir können allgemein sagen, es mag die Natur- oder die Kunstschönheit betreffen: schön[2] ist das, was in der bloßen Beurtheilung (nicht in der Sinnenempfindung, noch durch einen Begrif[1]) gefällt. Nun hat Kunst[1] jederzeit eine bestimmte Absicht etwas hervorzubringen. Wenn dieses aber bloße Empfindung (etwas bloß subjectives) wäre, die mit Lust begleitet seyn sollte, so würde dies Product, in der Beurtheilung, nur vermittelst des Sinnengefühls gefallen. Wäre die Absicht auf die Hervorbringung eines bestimmten Objects gerichtet, so würde, wenn sie durch die Kunst[1] erreicht wird, das Object nur durch Begriffe[1] gefallen. In beiden Fällen aber würde die Kunst[9] nicht in der bloßen Beurtheilung, d. i. nicht als schöne[2], sondern mechanische Kunst[9] gefallen..
[4]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 192
: Man sagt von gewissen Producten, von welchen man erwartet, daß sie sich, zum Theil wenigstens, als schöne[2] Kunst zeigen sollten: sie sind ohne Geist[20]; ob man gleich an ihnen, was den Geschmack betrift, nichts zu tadeln findet. Ein Gedicht kann recht nett und elegant seyn, aber es ist ohne Geist[20]. Eine Geschichte[8] ist genau und ordentlich, aber ohne Geist[20]. Eine feyerliche Rede ist gründlich und zugleich zierlich, aber ohne Geist[20]. Manche Conversation ist nicht ohne Unterhaltung, aber doch ohne Geist[20]; selbst von einem Frauenzimmer sagt man wohl, sie ist hübsch, gesprächig und artig, aber ohne Geist[20]. [...] | Geist[20] in ästhetischer Bedeutung, heißt das belebende Princip im Gemüthe. [...] | Nun behaupte ich, dieses Princip sey nichts anders, als das Vermögen der Darstellung ästhetischer Ideen; unter einer ästhetischen Idee aber verstehe ich diejenige Vorstellung der Einbildungskraft, die viel zu 〈193〉 denken veranlaßt, ohne daß ihr doch irgend ein bestimmter Gedanke, d. i. Begrif[1] adäquat seyn kann, die folglich keine Sprache[11] völlig erreicht und verständlich machen kann. – Man sieht leicht, daß sie das Gegenstück (Pendant) von einer Vernunftidee sey, welche umgekehrt ein Begrif[1] ist, dem keine Anschauung (Vorstellung der Einbildungskraft) adäquat seyn kann.
.
[5]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 214
: [I]n aller schönen[2] Kunst besteht das Wesentliche in der Form, welche für die Beobachtung und Beurtheilung zweckmäßig ist, wo die Lust zugleich Cultur[3] ist und den Geist[19] zu Ideen stimmt, mithin ihn mehrerer solcher Lust und Unterhaltung empfänglich macht; nicht in der Materie der Empfindung (dem Reize oder der Rührung), wo es bloß auf Genuß angelegt ist, welcher nichts in der Idee zurückläßt, den Geist[19] stumpf, den Gegenstand nach und nach anekelnd, und das Gemüth, durch das Bewußtseyn seiner im Urtheile der Vernunft[2] zweckwidrigen Stimmung, mit sich selbst unzufrieden und launisch macht..
[6]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 179
: An einem Producte der schönen[2] Kunst[1] muß man sich bewußt werden, daß es Kunst[9] sey, und nicht Natur[10]; aber doch muß die Zweckmäßigkeit in der Form desselben von allem Zwange willkürlicher Regeln so frey scheinen, als ob es ein Product der bloßen Natur[2] sey. Auf diesem Gefühle der Freyheit[13] im Spiele unserer Erkenntnißvermögen, welches doch zugleich zweckmäßig seyn muß, beruht diejenige Lust, welche allein allgemein mittheilbar ist, ohne sich doch auf Begriffe[1] zu gründen. Die Natur[10] war schön[2], wenn sie zugleich als Kunst[9] aussah; und die Kunst[9] kann nur schön[2] genannt werden, wenn wir uns bewußt sind, sie sey Kunst[9], und sie uns doch als Natur[10] aussieht..
[7]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 51
: Überhaupt glaubt man von allen Künsten[9/1], daß, um sie zu genießen in der Fülle dessen, was sie gewähren, man sie selbst üben müsse. Nur in der Redekunst 〈52〉 soll es hinreichen, daß der empfangende Sinn[5], das Ohr[3], offen stehe und über sich ergehen lasse. Man setzt vielleicht dunkel voraus, daß ein Sinn[5], der täglich geübt werde, durch eine Kunst[1] wie die des Redens, die in keiner Lage des Lebens ganz entbehrt werden könne, keiner absichtlichen Nachhülfe bedürfe und daß die Seele, diese Künstlerin aller Kunst[1], schon von selbst kluge und eifrige Thürhüterin des Haupteinganges, der zu ihr führt, seyn werde..
[8]
A. W. Schlegel, Entw. Krit. Inst. (*1800), SW 8, 51 ff. (52)
: Ebenso soll die Allgemeinheit, die wir suchen, nur darin be〈52〉stehen, daß wir dasjenige umfassen, was wirklich einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, also was den Menschen als Menschen interessiert und einen integrierenden Theil der gesamten höheren Geistesbildung ausmacht. Hiedurch sind also ausgeschlossen alle Bücher, die bloß empirische Data oder positive Sätze ohne Beziehung auf ein System oder Herleitung aus Principien zusammentragen, ingleichen alle bloß technischen Kenntnisse, die lediglich durch ihre Verwendung zu einem bedingten Zwecke einen Werth erhalten. | Unsre Gegenstände würden also folgende sein: | 1) Philosophie in ihrem weitesten Umfange. | 2) Naturwißenschaft. Da alle Naturbeobachtung, die den Namen verdienen kann, zu allgemeinen Naturgesetzen hinstrebt und die Spekulation über die Natur[2] ihre Sätze bis in die speciellste Erfahrung hinein bewährt wißen will, so würde sich die Kritik[7] sowohl über empirische als spekulative Physik verbreiten müßen, und es könnte nicht leicht zu viel in diesem Fache geschehen, da das Interesse des Zeitalters vorzüglich darauf gerichtet ist. [...] | 3) Von der Geschichte[4] dasjenige, was durch seinen Inhalt oder durch seine Form unmittelbaren Werth und Interesse hat und diese nicht erst durch äußerliche Brauchbarkeit erhält: also alles zur Geschichte[4] der Menschheit[1] Gehörige, dann historische Kunstwerke[4]. | 4) Von der Philologie: philosophische Grammatik und Beurtheilung der einzelnen Sprachen[3] nach Principien derselben, philologische Kritik[1] und Auslegungskunst. | Das Studium des klassischen[7] Alterthums[2] fällt unter die beiden vorhergehenden Rubriken, deren Bestimmung ausweist, was davon hier behandelt werden soll. Nur insofern sein Inhalt einen Theil der Kulturgeschichte ausmacht, gehört es in das historische Fach; seine Methode, Hülfsmittel u. s. w. in das philologische oder grammatische. | 5) Schöne[2] Kunst und Theorie derselben. | Poesie[11] in ihrem weitesten Umfange, Beredsamkeit nach ihrer 〈53〉 richtigeren Bestimmung, als schöne[2] Komposition in Prosa[1], und überhaupt was zur schönen[2] Litteratur gerechnet wird, würde den Hauptartikel in dieser Rubrik ausmachen. .
[9]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 461
: Weit reiner [findet sich die Scheidung der Dichtarten] in der antiken[2] Poesie[11], weswegen diese vorzugsweise als Kunst[9] 〈462〉 und classisch[5] erscheint. In der romantischen[12/4] Poesie[11] eine unauflösliche Mischung aller poetischen[4] Elemente. Daher daß man sie verkennt. Die eigentlichen Originalwerke der Neueren[3] ganz übersehen, die schlechten Nachahmungen der Alten[10] als das Wichtigste gepriesen. Keinen Sinn[5] für das Chaos. 〈Auch das Universum bleibt der höhern Ansicht immer noch Chaos.〉 Das Streben nach dem Unendlichen ist in der Romantischen[12/4/11] Poesie[11] nicht bloß im einzelnen Kunstwerke[3] ausgedrückt, sondern im ganzen Gange der Kunst[3]. Gränzenlose Progressivität..
[10]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 5
: Wir sehen eine Menge Menschen, ja ganze Nationen[1], so sehr befangen in den Gewöhnungen ihrer Erziehung und Lebensweise, daß sie sich auch dann nicht davon losreißen können, wenn vom Genusse schöner[2] Kunst die Rede ist. Nur dasjenige, was in ihrer Sprache[3], ihren Sitten und ihren gesellschaftlichen Verhältnissen einheimisch und hergebracht ist, erscheint ihnen als natürlich[4], schicklich und schön[2]. ➢ Volltext.