[1]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 725
: Wir würden Shakespeares Kunst doch immer nur mit einer Art von Trostlosigkeit anschauen können, wenn wir ihn unbedingt als den Gipfel der romantischen[12] Kunst im Drama betrachten müßten, da man ihm doch immer vorerst die Barbarei zugeben muß, um ihn innerhalb derselben groß, ja göttlich zu finden. ➢ Volltext
[2]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 176
: Unläugbar ist es, daß alle drey [sc. Dante, Petrarca, Boccaccio] auf ein Ideal der Weiblichkeit ausgehen, jeder auf seine Weise, und daß dies ein Mittelpunkt ihrer Poesie[11] ist. Daß die drei Häupter der romantischen[12] Kunst hierin zusammentreffen, ist gewiß nicht zufällig, und man [darf] wohl für das Ganze der romantischen[12] Poesie[11] eine besondre Vorliebe des weiblichen Geschlechts hoffen, da diesem in der antiken[2] Poesie[11] immer Unrecht geschieht, indem die idealischen Darstellungen von Frauen (z. B. eine Elektra, Antigone) in den männlichen Charakter[1] übergehen, die weib〈177〉lichen aber nicht idealisch sind.
[3]
Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 35
: Mit der Philosophie des Mittelalters endigt die ideelle Ansicht der Dinge, und unter der zahlreichen Menge der späteren Philosophen ist außer Spinoza und Leibnitz auch kaum Einer, der die Philosophie in ihrer höheren Bedeutung begriffen hätte. [...] Eine gleiche Todtengestalt tritt dir in der Kunst der neueren[9] Geschichte[3] entgegen. Sie hat entweder die Absicht zu nützen oder zu gefallen, und richtet sich wie alles andere nach den Aussprüchen des für sich allein gebietenden Verstandes[1]. Jenen heiligen Sinn[1/9], jene zauberische Gluth der Phantasie[20/21] und Liebe, die Kraft 〈36〉 und kindliche Einfalt der romantischen[13] Poësie[11] suchst du in diesem Zeitraume vergebens..
[4]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 718 f. (719)
: Das Tragische und Komische könnte entweder im Zustand der Vollkommenheit, nicht aufgehobenen Indifferenz dargestellt seyn, dann aber müßte die Poesie[11] weder als tragisch noch als komisch erscheinen; es wäre eine ganz andere Gattung, es wäre die epische Poesie[11]. In der epischen Poesie[11] sind die beiden Elemente, die sich in dem Drama streitend entzweien, – nicht vereinigt, sondern überhaupt noch nicht getrennt. Die Mischung beider Elemente auf solche Art, daß sie überhaupt nicht getrennt erschienen, kann also nicht die Eigentümlichkeit der modernen[1] Tragödie seyn. Es ist vielmehr eine Mischung, worin beide bestimmt unterschieden werden, und so daß der Dichter in beiden sich gleich als Meister zeigt, wie Shakespeare, der die dramatische Stärke nach beiden Polen hin concentrirt, und der erschütternde Shakespeare ist im Fallstaff und im Macbeth. | Indeß können wir doch diese Mischung entgegengesetzter Elemente als ein Zurückstreben des modernen[1] Drama zum Epos, ohne deßwegen 〈719〉 Epos zu werden, betrachten; sowie dieselbe Poesie[11] dagegen im Epos durch den Roman[1] zum Dramatischen strebt, und also von beiden Seiten die reine Begrenzung der höheren Kunst aufhebt. | Es ist zu dieser Mischung nothwendig, daß dem Dichter das Tragische und Komische nicht nur massenweise, sondern auch in seinen Nuancen zu Gebot stehe, wie dem Shakespeare, der im Komischen zart, abenteuerlich[3] und witzig zugleich, wie im Hamlet, und derbe (wie in den Fallstaffschen Stücken) ist, ohne jemals niedrig zu werden; sowie er dagegen im Tragischen zerreißend (wie im Lear), strafend (wie im Macbeth), schmelzend, rührend und beruhigend, wie in Romeo und Julie und mehreren gemischten Stücken ist. ➢ Volltext
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[5]
A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 151
: Wer Romane[1] fertigen kann, ohne Gespenster zu citiren und die Riesengestalten einer chimärischen Vorzeit aufzurufen, wer sich ohne Geheimnisse mit simpeln Leidenschaften behilft, der hält schon etwas auf sich und sein Publikum[3]. Macht er sich denn auch mit Karakteren[7] nicht viel zu schaffen, wenn ihm nur jene in einer gewissen Fülle zu Gebote stehn, so kann er gewiß seyn, den mittleren Durchschnitt der Lesewelt für sich zu gewinnen, der für das grobe Abentheuerliche[3] schon zu gesittet, für die heitern[4] ruhigen Ansichten ächter Kunst noch nicht empfänglich, starke Bedürfnisse der Sentimentalität hat. ➢ Volltext.
[6]
A. W. Schlegel, Vorr. krit. Schr. (1828), XIII
: Unter allen Aufgaben der Kritik[2] ist keine schwieriger, aber auch keine belohnender, als eine treffende Charakteristik der großen Meisterwerke. Wie die schöpferische Wirksamkeit des Genius immer von einem gewissen Unbewußtseyn begleitet ist, so fällt es auch der begeisterten Bewunderung schwer und, je ächter sie ist, um so schwerer, zu besonnnener Klarheit über sich selbst zu gelangen. Am besten wird es damit gelingen, wenn die Betrachtung nicht vereinzelt wird, sondern vielmehr den menschlichen Geist[10] in dem Stufengange seiner Entwickelung bis zu dem Gipfel hinauf begleitet. Mit einem Worte[2], die Kunstkritik muß sich, um ihrem großen Zwecke Genüge zu leisten, mit der Geschichte[4], und, so fern sie sich auf Poesie[3] und Litteratur bezieht, auch mit der Philologie verbünden. Mein Versuch über die dramatische Kunst [sc. A. W. Schlegel, Dramat. Lit. (!1808; 1809–11)] ist bisher der einzige in dieser Art geblieben..
[7]
F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 29, Nr. 116
: Die romantische[12/14/1/9/4/10/11] Poesie[11] [...] umfaßt alles, was nur poetisch[4] ist, vom größten wieder mehre Systeme 〈29〉 in sich enthaltenden Systeme der Kunst, bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang. ➢ Volltext.
[8]
F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 40, Nr. 155
: Die rohen kosmopolitischen Versuche der Carthager und andrer Völker[1] des Alterthums[3] erscheinen gegen die politische Universalität der Römer, wie die Naturpoesie ungebildeter Nazionen[1] gegen die klassische[3] Kunst der Griechen. Nur die Römer waren zufrieden mit dem Geist[12] des Despotismus, und verachteten den Buchstaben[8]; nur sie haben naive[2] Tyrannen gehabt. ➢ Volltext.
[9]
F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 68, Nr. 247
: Dante's prophetisches Gedicht ist das einzige System der transcendentalen[1/2] Poesie[11], immer noch das höchste seiner Art. Shakespeare's Universalität ist wie der Mittelpunkt der romantischen[12] Kunst. Goethe's rein poetische[4] Poesie[11] ist die vollständigste Poesie[18] der Poesie[11]. Das ist der große Dreyklang der modernen[1] Poesie[11], der innerste und allerheiligste Kreis unter allen engern und weitern Sphären der kritischen[3] Auswahl der Klassiker[4] der neuern[3] Dichtkunst. ➢ Volltext.