[1]
C. D. Friedrich, an F. A. Köthe (Jan. 1811), Z, 75
: Ich bin keiner von den sprechenden Mahlern davon es jetzt so viele giebt, so im stande sind vierundzwanzig mal in einem Athen zu sagen was Kunst ist werent sie nicht imstande gewesen in 24 Jahren ein einzig mal in ihren Bildwerken zu zeigen was Kunst ist.
[2]
Goethe, Farbenl. Hist. Thl. I (1810), WA II, 3, 92
: So geschah es also, daß hinter dem Apelles und Protogenes, deren Werke man als die höchsten Gipfel der Mahlerei ansehen kann, die Kunst, durch immer 〈93〉 versuchte Neuerungen, an Gehalt, an Stil, an Reinheit der Formen und des Geschmacks immer mehr abnahm. | Aus den freilich sehr mangelhaften Nachrichten, die uns davon noch übrig sind, läßt sich schließen, daß Mahler aufgestanden, welche vornehmlich die Wirkung für's Auge bezweckten; andere, welche bei gemeinen Gegenständen durch das Gefällige der Ausführung; andere, die sich durch Witz[1] und Laune des Inhalts Beifall zu erwerben gesucht.
[3]
Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 461
: In der römischen Kunst [...] zeigt sich schon die beginnende Auflösung der klassischen[3/7] Skulptur. Hier nämlich ist das eigentlich Ideale nicht mehr das Tragende für die ganze Konception und Ausführung; die Poesie[14] geistiger Belebung, der innere Hauch und Adel[5] in sich vollendeter Erscheinung, diese eigenthümlichen Vorzüge der griechischen[2] Plastik verschwinden und machen im Ganzen der Vorliebe für das mehr Portraitartige Platz. ➢ Volltext
[4]
Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), 19
: Künstler haben Gefechte der Centauren gern vorgestellt; sie sind der Kunst vortheilhaft. ➢ Volltext
[5]
Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 230 f. (231)
: Auch die Gestaltung dieses Burgplans verdanke ich meinem hochverehrten Freunde Schinkel, ohne dessen unerschöpflichem Talent und eben so unerschöpflicher Gefälligkeit ich vielleicht nie zu einer genügenden Vollendung meiner Ideen hätte gelangen können. | Es ist wahrlich kein geringes Glück für uns, einen solchen Mann zu besitzen, dessen wohlthätiges Wirken für unser Vaterland demohngeachtet kaum noch in seiner ganzen Ausdehnung gehörig gewürdigt werden möchte. Wie oft habe 〈231〉 ich den Engländern, bei den ungeheuern Summen, die sie täglich für die Kunst, fast ohne Erfolg, verschwenden, gewünscht, dass ein ihm gleicher Geist[32] ihren so guten Willen und ihr so vieles Geld durch sein Genie[2] befruchten möchte!
[6]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 110
: Zunächst wird jeder gleich sehen, daß [...] jeder heutige Ästhetiker sich in den Fall versetzt findet, mit hinlänglicher Willkür [...] aus dem Chaos untergegangener Schönheiten[3] beliebig dies und jenes auszuwählen, bald mehr die klassischen[7], bald mehr die romantischen[13] zu begünstigen, bald mehr die Kunst, bald mehr die Poesie11 in sein Gebiet hereinzuziehen, oder auch den rhetorischen Schönheiten[3] das Uebergewicht zu verstatten.
[7]
Winckelmann, Gesch. d. Kunst I (1764), 82
: Was die Umstände betrifft, in welchen sich die Kunst unter den Hetruriern befunden, so ist gewiß, da die Verfassung und Regierung in allen Ländern einen großen Einfluß in dieselbe gehabt hat, daß in der Freyheit[6], welche dieses Volk[1] unter ihren Königen genoß, die Kunst, so wie ihre Künstler, das Haupt erheben, und zu einem großen Wachsthume gelangen können.
[8]
Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 61
: Die Antike
23 oder Antique,
a. d. Lat. im weitern
Sinne, alle Denkmähler der Kunst
41, die uns von den Völkern1, wo sie ehedem blühte, übrig sind; im engern
Sinne, die vorzüglichsten Ueberbleibsel von Statuen, Basreliefs, Münzen, geschnittenen Steinen, Gemählden und Gebäuden aus den schönsten Zeiten3 der Griechischen2 und Römischen Kunst
41..
[9]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 34
: [D]ie röm.[ische] Schule schreibt ihren Ursprung aus den frühesten Zeiten[3] der Kunst her [...]. Ihr Hauptsitz war Perugia im Kirchenstaate, wo es schon im 13. Jahrh.[undert] eine Malerzunft gab, und ihr auszeichnender Charakter[1], den ungekünstelte Natur[19], Adel[5] der Form und einfache Frömmigkeit ausmachen, wurde besonders von Pietro Vanucci, von seinem Geburtsorte Perugino genannt, 1446–1524, vorbereitet..
[10]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 161
: [D]ie der christlichen Zeit[3] eigenthümliche Richtung von Poesie[1] und Kunst [wird] im Gegensatze des Antiken[2] [...] eine moderne[1] genannt und als Haupteigenschaft derselben die im Mittelalter und vorzüglich mit dem 12. Jahrh. sich geltend machende Romantik[8] angenommen, für die aber am Ende des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Literatur und Kunst der Alten[10] [...] eine neue[1] Periode anhob, welche auch vorzugsweise als die moderne[8] und dann die vorhergehende als die romantische[13] bezeichnet wird..
[11]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 734
: Für die nationale Richtung der deutschen Literatur und Kunst und die Beurtheilung des Mittelalters ist es im Allgemeinen ersprießlich gewesen, daß in neuerer Zeit namentlich A. W. und Friedr. Schlegel und L. Tieck mit ihren Freunden sich bemühten, das Romantische[13] für die Gegenwart wieder zu beleben, obgleich dadurch mitunter unklare und beschränkte Köpfe zu argen Verirrungen hingerissen worden sind. Mit dieser deutschen Schule der Romantiker[3] darf jedoch die neue[3] Richtung in der franz. Literatur nicht verwechselt werden, deren Anhänger ebenfalls Romantiker[3] genannt werden, allein keineswegs zur mittelalterlichen Romantik[11] sich bekennen, sondern vielmehr dem erstarrten Classicismus gegenüber [...] einen ganz der modernen[8] Zeit[3] und Volksthümlichkeit angehörenden Geschmack in Literatur und Kunst vertreten, den aber noch große Gebrechen entstellen..
[12]
Fischer, Marg. (1812), 21
: Der Fürst hatte von dem Bilde gehört und ließ mich rufen. Welch ein liebenswürdiger Mensch! welch ein wahrhafter Adel[5] in allen Bewegungen! welch ein schönes, tiefes Zartgefühl für die Kunst!.
[13]
G. Forster, Ansichten I (1791), W 2, 427
: Die sinnliche Vorstellung dessen, was allen Begrif[5] übersteigt, kann nicht anders als verkleinerlich ausfallen. Wie mag es also der Künstler[2] mit dem Zwecke seiner Kunst zusammen reimen, daß er Dinge abzubilden wagt, die in seinem Bilde nicht an Größe und Erhabenheit gewinnen, sondern augenscheinlich verlieren? Doch dieser Fehler ist bei modernen[1] Künstlern[2] so gewöhnlich, und so tief gewurzelt in der oft nicht von ihnen selbst abhangenden Anwendung ihres Talents auf die Geheimnisse des Christenthums, daß Rubens darum nicht mehr zu tadeln scheint als Michel Angelo..
[14]
Goethe, Zeichenb. Mannlich (1805), WA I, 48, 131
: Wir wünschen, diese Blätter in die Zeichenschulen aufgenommen zu sehen, damit der Herausgeber sich in dem Fall befinde, ein so löbliches Unternehmen fortzusetzen. Künstler und Liebhaber, welche bei Zeiten durch solche Umrisse zu Raphaels Werken und von da zur Antike[4] und zur Natur[12] geleitet werden, wird ein guter Genius vor manchen Gebrechen unserer Zeit bewahren: vor der Neigung zur Karikatur, in der sich der formlose Witz[1] gefällt, und vor der Halbcultur die uns gern die altflorentinisch-deutschen mönchischen Holzschnittanfänge als das letzte Ziel der Kunst aufstellen möchte..
[15]
Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105
: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[16]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237 f. (238)
: Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte[1] antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[11] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[11] der Neuen[5] zur modernen[1] oder romantischen[12] Kunst[11]. Die antike[2] Kunst[11] (eigentlich nur die griechische[2] zu nennen) ist leichter zu beurtheilen, als in ihrem Stile zu schaffen. Ideale Ruhe, göttlicher Adel[5] in der Form und kühne Einfachheit sind die Kennzeichen, das Wesen der Antike[4]. Woher aber jene himmlische Ruhe, jene unnachahmliche Grazie, jene Abgeschlossenheit (Plastik) in der Antike[4]? – Griechenland war von Poesie[14] durchdrungen, nämlich von einer Phantasie[3], die ihre Ideale im Leben selbst vorfand, und dieselben in Formen bringen konnte, die wirklich vorhanden waren; die Kunst[11] besteht aber nur in dieser Verschmelzung des Ideals mit der Wirklichkeit, diese Erhebung des Irdischen zum übersinnlichen Genusse. Und wenn ein poetischer[1] Mensch derjenige ist, welcher bei Beschauung irdischer Gegenstände diesen sogleich ihre himmlische Beziehung in schöner[1] Form anweist, so waren die Griechen eine poetische[1] Nation[1], und die Kunst[4] lag ihnen nahe. Das Schöne[1] setzten sie über Alles, weil sie selbst schön[1] waren; sie vergötterten schöne[1] Menschen nach dem Tode; ihre Lebensaufgabe war Genuß des Schönen[1]..
[17]
Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520
: Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten[1] Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit[1] der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst, in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]..
[18]
Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 282
: Die eigentliche Perle [...] ist die Kirche zu Offenbach am Glan. [...] Sie ist eins der allermerkwürdigsten frühgothischen Bauwerke in Deutschland, und sie bildet als solches ein ungemein interessantes[1] Seitenstück zu der im Jahr 1224 gegründeten Liebfrauenkirche zu Trier [...]. Aber während die letztere aus dem primitiven französisch-gothischen Säulenprincip hervorgegangen ist, läßt die Kirche von Offenbach ihren Ursprung aus dem nationell deutschen Princip des gegliederten romanischen[4] Pfeilers deutlichst erkennen; und gerade diese Erscheinung ist ein recht charakteristisches[4] Merkzeichen, wie die deutsche Kunst von vornherein darauf ausgehen mußte, die Einseitigkeit der französischen Grundform (die allerdings zwar für die Entwickelung des gothischen Styles nothwendig war) zu einem mehr organischen[6] Leben durchzubilden. [...] Uebrigens ist von ausschließlich romanischen[4] Elementen in der in Rede stehenden Kirche kaum etwas anderes zu bemerken, als die noch nicht beseitigten Rundbogenfriese im Aeußern und gewisse phantastische[2] Ornamente in den Capitellen; in allem Uebrigen herrscht bereits entschieden, ob auch noch sehr streng und noch gebunden, die gothische Gefühlsweise vor..
[19]
Novalis, Stud. Bild. Kunst (*1798), NS 2, 649, Nr. 480
: Brief[3] über die Kunst und Antike[4] an Schlegel sen..
[20]
Ramdohr, Landsch. Friedr. (1809), 109
: [I]ch, der ich [...] um funfzig Jahre zu spät geboren [...] [bin], um statt der Bildung[5], die ich durch die klassischen[3] Werke der Alten[10] und Neuen[5] erhalten habe, durch die Werke aus der ersten Kindheit der Kunst zum Gefühl des Schönen[1] angezogen zu seyn [...]. ➢ Volltext.
[21]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 470
: Im Kunstwerk[2] selbst als Objektivem verhalten sich Erhabenheit und Schönheit[1] wie im Subjektiven Poesie[1] und Kunst. Aber auch in der Poesie[1] für sich, sowie der Kunst für sich, ist wieder derselbe Gegensatz möglich, dort als naiv[1] und sentimental[1], hier als Styl und Manier. ➢ Volltext.
[22]
Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186 f. (187)
: Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen[1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen[1] eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter[1] ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit[1] ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen[1] zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[23]
A. W. Schlegel, Gemählde (1799), 118 f. (119)
: Daß die Sache [sc. die Aussetzung Mosis] in Egypten vorgeht, ist also hinlänglich außer Zweifel gesetzt: aber bey allem dem kann man der gerühmten Gelehrsamkeit Poussins im 〈119〉 Kostum hier nichts weiter zugestehen, als daß er es beynahe so gut wie Paul Veronese, beobachtet hat. Bey diesem ist alles modern[1], aber alles aus Einem Stücke; bey jenem ist alles antiquarisch, allein es paßt nicht zu einander. Mutter und Tochter sind der Kleidung nach ziemlich Griechisch[4], der Knecht ist ganz Griechisch[4], der Flußgott ist wahrlich weder Egyptisch noch Hebräisch, sondern Griechisch[4], und bey einer Geschichte[10], wo Jehovah's unmittelbare Vorsehung eintritt, noch obendrein erzheidnisch. Das Füllhorn ist auch Griechisch[4]. Eigentlich ist es doch ein Glück, daß der Mahler auf halbem Wege stehen blieb, und zufrieden war, wenn eine alte[1] Geschichte[10] antik[2] aussah. Ein andrer, der das Studium des Kostums (auf welches die Französischen Kunstrichter, die darin mit Poussin sympathisiren, eine so lächerliche Wichtigkeit legen) noch strenger verfolgte, könnte der Tochter Pharao's die Physiognomie einer Mumie geben. Soll aber einmal etwas fremdes[5] sich eindrängen dürfen, so ist es wohl eben so erlaubt, eine biblische Geschichte[10] im Venetianischen Dialekt[3] zu erzählen, als die ganze Welt durch eine griechische[4] Brille zu sehen. Das Einheimische und Neue[5] ist uns näher, lebendiger, lustiger; Paul mahlte frisch, was er sah und erlebte, Poussin schöpfte mühsam aus alten[10] Denkmälern und Büchern. Jener hätte vielleicht seine fantastische[2] Jovialität eingebüßt, wenn er die Kunst so ernst hätte treiben wollen; dieser konnte sich schwerlich über seine klassische[8] Kälte erheben, wenn er sich auch geselliger ins Leben hineinwagte [...]. ⦿ ➢ Volltext.
[24]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 266
: Es giebt [...] in der menschlichen Schönheit[1] etwas allgemein geltendes, wenn es schon von jenen manierirt gebildeten Nationen[1] nicht anerkannt wird; das darf uns nicht irren, machen es doch die Manieristen in der Kunst[4] mit dem einfachen Style der großen Meister eben so. Es begreift sich, daß Nationen[1] die aus einer solchen einseitigen, ihnen von der Natur[2] aufgezwungnen National-Physiognomie nicht heraus können, in der bildenden Kunst[2], deren höchster Gegenstand die menschliche Gestalt ist, keine sonderlichen Fortschritte haben machen mögen, auch gar keine Anmuthung dazu haben; wie hingegen dieselbe, unter einer von dieser Seite so einzig begünstigten Nation[1], wie die Griechen waren, ganz vorzugsweise gedeihen mußte..
[25]
A. W. Schlegel, Geist d. Zeitalt. (1803), Eur. 2, 77 f. (78)
: Europa, be〈78〉stimmt, nur eine einzige große Nation[1] auszumachen, wozu auch die Anlage im Mittelalter da war, spaltete sich in sich: das wissenschaftliche Streben zog sich nach Norden, die Kunst und Poesie[11] blieb im Süden; und da ohne die Reformation Rom verdienter Maßen der Mittelpunkt der Welt geblieben wäre, und die ganze europäische Bildung[5] italiänische Farbe und Gestaltung angenommen hätte, so gaben jetzt Frankreich und England den Ton an, und unnatürlich verbreitete sich von daher aus der Westwelt vieles auch über Deutschland, den eigentlichen Orient[2] von Europa. ➢ Volltext.
[26]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 14 f. (15)
: [I]n der Musik[1] hat Rousseau den Gegensatz anerkannt, und gezeigt, wie Rhythmus und Melodie das herrschende Prinzip der antiken[2], Harmonie der modernen[1] Musik[1] sey. Er verwirft aber einseitig die letztere, worin wir ganz und gar nicht mit ihm einig seyn können. Ueber die bildenden Künste[2] thut Hemsterhuys den sinnreichen Ausspruch: die alten[10] Mahler seyen vermuthlich zu sehr Bildhauer gewesen, die neueren[3] Bildhauer seyen zu sehr Bildhauer [sc. Mahler]. Dieß trifft den eigentlichen Punkt; denn, wie ich es in der Folge deutlicher entwickeln 〈15〉 werde, der Geist[12] der gesamten antiken[2] Kunst und Poesie[1] ist plastisch[3], so wie der modernen[1] pittoresk[2]. ➢ Volltext.
[27]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 53
: Man verkennt [...] ganz und gar die Rechte der Poesie[11] und des romantischen[12/4] Drama's, welches eben weil es pittoresk[2] ist und sein soll, reichere Umgebungen und Contraposte für seine Hauptgruppen erfodert. In aller Kunst und Poesie[11], vornämlich aber in der romantischen[12/4], macht die Fantasie[2] als eine unabhängige Seelenkraft, die sich nach eignen Gesetzen regiert, ihre Ansprüche geltend. ➢ Volltext.
[28]
Wackenroder, an seine Eltern (23. 7. 1793), VL 2, 200
: Es kann sehr interressant[1] seyn, alle diese Denkmähler der alten[11] Kunst genau anzugeben, u[nd] zu beschreiben; aus den alten[11] Inschriften ergibt sich vielleicht manches neue[1] Datum zur Landesgeschichte; u[nd] unter den Gemählden u[nd] andren Kunstwerken[4] findet man zuweilen Meisterstücke versteckt, oder doch Seltenheiten in Ansehung des Alterthums[1]..
[29]
Wackenroder, an seine Eltern (24. 8. 1793), VL 2, 221
: Die meisten Kirchen in N[ürnberg] sind um den Anfang des 14. Jahrhunderts gebaut, u[nd] die meisten Kunstwerke[4] in denselben rühren vom 15. u 16. Jahrh[un]d[ert] her, und sind die redendsten Beweise, von dem damals beyspiellosen Flor der Künste in dieser Stadt. Aber alle diese Denkmähler, die nichts weniger als blos wegen ihres Alterthums[1] ehrwürdig sind, sondern zum großen Theil auch ächten innern Werth haben, sind leider zugleich die Grabmähler der verlohrenen Kunst. Denn sie schränkt sich itzt hier fast nur auf mittelmäßige Kupferstecher ein..
[30]
Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 121 f. (122)
: Als Albrecht [Dürer] den Pinsel führte, da war der Deutsche auf dem Völkerschauplatz unsers Welttheils noch ein eigenthümlicher und ausgezeichneter Charakter[6] von festem Bestand; und seinen Bildern ist nicht nur in Gesichtsbildung und im ganzen Äußeren, 〈122〉 sondern auch im inneren Geiste[12], dieses ernsthafte, grade und kräftige Wesen des deutschen Charakters[2] treu und deutlich eingeprägt. In unsern Zeiten[3] ist dieser festbestimmte deutsche Charakter[2], und eben so die deutsche Kunst, verloren gegangen. Der junge Deutsche lernt die Sprachen[3] aller Völker[1] Europa's, und soll prüfend und richtend aus dem Geiste[10] aller Nationen[1] Nahrung ziehen; – und der Schüler der Kunst wird belehrt, wie er den Ausdruck Raphaels, und die Farben der venezianischen Schule, und die Wahrheit der Niederländer, und das Zauberlicht des Correggio, alles zusammen nachahmen, und auf diesem Wege zur alles übertreffenden Vollkommenheit gelangen solle. – O traurige Afterweisheit! O blinder Glaube des Zeitalters, daß man jede Art der Schönheit[1], und jedes Vorzügliche aller großen Künstler der Erde, zusammen〈123〉setzen, und durch das Betrachten aller, und das Erbetteln von ihren mannigfachen großen Gaben, ihrer aller Geist[20] in sich vereinigen, und sie alle besiegen könne! ➢ Volltext.
[31]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19
: Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit[1], alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion[1] und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit[3] über dasselbe..
[32]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 92
: Die Manifestation einer neuen[1] Anschauungsweise, und damit eines neuen[2] Lebens, einer neuen[1/2] Kunst und Poesie[1] ist, wie wir am Beispiel der griechischen[2] und christlichen gesehen, kein momentaner Akt[2], der sich sofort aller geschichtlichen Elemente bemächtigte und die Formen der früheren Anschauungsweise auf einmal zertrümmerte, sondern ein progressiver[2] Akt[2], dem nur allmählich die Überwältigung und Ausscheidung der zuckenden, abgestorbenen Lebensreste gelingt. Es verharrt die Zeit[5] so lange im Verpuppungszustande, bis ihr unter der Decke die Flügel ausgewachsen sind, sie dehnt sich, lockert sich, erwartet den Augenblick – dann kostet es nur einen Sonnenstrahl, vielleicht den ersten nach schwerem Gewitter, und gesprengt ist der alte[1] Leib, und die Psyche der Menschheit[2] atmet wieder die Freiheit[1] ein..