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Semantik 
Belege 
[1] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 1542: Wild, [...] ein Wort, welches überhaupt der durch Cultur[1/3] und Kunst veredelten und erhöheten Beschaffenheit entgegen gesetzet ist. 1. Der physischen Cultur[2] entgegen gesetzt und ihrer beraubt, wo es in den meisten Fällen dem zahm entgegen gesetzt ist, und von Gegenständen aus allen drey Reichen der Natur[2] gebraucht wird. [...] | ⟨1543⟩ 2. Der gesellschaftlichen Cultur[4] beraubt und ihr entgegen gesetzt, im Gegensatz des gesittet. In diesem Verstande sind wilde Menschen [...] Menschen, welche außer der engern gesellschaftlichen Verbindung leben, und daher der Kenntnisse, Fertigkeiten, Sitten des gesellschaftlichern Menschen ermangeln. Da diese engere gesellschaftliche Verbindung sehr vieler Grade fähig ist, so gibt es auch mancherley Arten von Wilden, und da es keine Menschen gibt und geben kann, welche aller gesellschaftlichen Verbindung beraubt seyn sollten, so gebraucht man das Wort nur von solchen Menschen, welche keinen stätigen Aufenthalt haben, und denen die Cultur[1] des Bodens und der Thiere[1] nicht das erste und vornehmste Erhaltungsmittel ist, daher ihre gesellschaftliche Verbindung auch nur schwach seyn kann. Die Menschen bestehen in Ansehung der Cultur[4] aus drey großen Classen, aus Wilden, Barbaren und gesitteten Menschen.

[2] Schiller, Ggw. teut. Theater (1782), NA 20, 82: Der leidige Anstand in Frankreich hat den Naturmenschen verschnitten. – Ihr Kothurn ist in einen niedlichen Tanzschuh verwandelt. In England und Teutschland (doch auch hier nicht bälder, als bis Göthe die Schleichhändler des Geschmacks über den Rhein zurückgejagt hatte) deckt man der Natur[19], wenn ich so reden darf, ihre Schaam auf, vergrössert ihre Finnen und Leberflecken unter dem Hohlspiegel eines unbändigen Wizes[1], die muthwillige Fantasie[2] glüender Poeten lügt sie zum Ungeheuer und drommelt von ihr die schändlichsten Anekdoten aus. Zu Paris liebt man die glatten zierlichen Puppen, von denen die Kunst alle kühne Natur[19] hinwegschliff.

[3] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 370: Indessen wird doch das musikalische[1] Genie[2] ohne Cultur[3] und Uebung immer sehr unvollkommen bleiben. Die Kunst muß vollenden und ausfüllen, was die Natur[2] roh niederwarf.

[4] F. Schlegel, Philolog. II (*1797), KFSA 16, 72, Nr. 128–130.














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