[1]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 114
: Noch einmal führ ich Dich auf Deine Studien zurück. Ach wenn Du erst den Shakespeare englisch lesen kannst, das ist ein halbes Leben werth. Auch zeichne fort, recht fleißig und mit der Begierde es zum Selbsterfinden zu bringen. – Die Zeit die Du nicht arbeitest [...], mußt Du ja doch verlieren.
[2]
C. Böhmer, an L. Gotter (20. 8. 1795), C 1, 368
: Niemals fehlt mir Arbeit, aber an der Zeit leid ich immer Mangel [...].
[3]
G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 230
: Es ist würklich im Ernste zu wünschen, daß der Umgang der Europäer mit den Einwohnern der Süd-See-Inseln in Zeiten abgebrochen werden möge, ehe die verderbten Sitten der civilisirtern Völker[1] diese unschuldigen Leute anstecken, welche hier in ihrer Unwissenheit und Einfalt so glücklich leben.
[4]
Goethe, Phil. Hackert (1811), WA I, 46, 194
: Aufmerksamkeit und Höflichkeit werden beschwerlich und lästig, wenn die, welche uns solche bezeigen, weder Witz[1] haben, uns zu unterhalten, noch Kenntnisse uns zu unterrichten. [...] Man fühlt sich in der That verlegen, Höflichkeiten ablehnen zu müssen, welche mit der Absicht zu gefallen angeboten werden, indem es doch unleidlich ist, seine Zeit entweder mit Antworten auf nichtige Fragen, oder mit Anhören unbedeutender Bemerkungen zu verlieren.
[5]
A. v. Humboldt, Basalte Rhein (1790), 11
: Seit dem ersten lebhaften Streite über die ausgebrannten Vulcane in Frankreich zwischen den Herrn Desmarets und Guettard sind nun fast volle zwanzig Jahre verflossen. Ein wichtiger Theil der Mineralogie und Gäologie hat während dieser Zeit durch mannichfaltige[1] Beobachtungen gewonnen.
[6]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XLII f. (XLIII)
: Ich habe [...] mit dankbarem Vergnügen wahrgenommen, daß der Geist[14] der Gründlichkeit in Deutschland nicht erstorben, sondern nur durch den Modeton einer geniemäßigen Frey〈XLIII〉heit[15] im Denken auf kurze Zeit überschrien worden, und daß die dornichten Pfade der Critik[1], die zu einer schulgerechten, aber als solche allein dauerhaften und daher höchstnothwendigen Wissenschaft der reinen Vernunft führen, muthige und helle Köpfe nicht gehindert haben, sich derselben zu bemeistern.
[7]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 503
: Weil es aber doch einem nachdenkenden und forschenden Wesen anständig ist, gewisse Zeiten lediglich der Prüfung seiner eigenen Vernunft[2] zu widmen, hiebey aber alle Partheylichkeit gänzlich auszuziehen, und so seine Bemerkungen anderen zur Beurtheilung öffentlich mitzutheilen: so kann es niemanden verargt, noch weniger verwehrt werden, die Sätze und 〈504〉 Gegensätze [...] auftreten zu lassen.
[8]
C. Michaelis, an L. Gotter/W. Bertuch (28. 5. 1784), C 1, 89
: Diese Zeit über hatte ich keine, ernsthaft nachzudenken.
[9]
Scheibe, Musik. Compos. (1773), 344
: Endlich, da sich Natur[2], Witz[1] und Kunst[2] gänzlich mit einander vereiniget hatten, erfand man [...] auch die Harmonie; nein! man erfand sie nicht, sondern man entdeckte sie nur, denn sie hatte schon von Anfang an in der Melodie verborgen gelegen; es brauchte nur Zeit, Witz[1] und Fleiß sie auszuwickeln [...].
[10]
A. W. Schlegel, an S. Tieck-Bernhardi (3. 6. 1804), KJ 1, 103
: Gestern waren es 14 Tage, daß ich hier bin, in dieser Zeit habe ich erst einen Brief[1] von Ihnen erhalten und zwey Posttage vergeblich darauf gewartet, so daß wenn mit der nächsten Post einer kömmt ich erst nach zwey Wochen den zweyten erhalte, statt nach acht Tagen wie Sie mir versprochen hatten.
[11]
L. Tieck, W. Lovell I (1795), 42
: London kömmt mir, ohngeachtet der vielen Menschen, sehr einsam vor, meine Zimmer sind mir ganz fremd[4] geworden, alles ist so eng und düster, man sieht kein Feld, keinen Baum, – wenn ich dagegen an den reizenden Wald denke, an den kleinen Wasserfall neben der Wiese, an den grünen Hügel, von wo man die romantische[3] Aussicht über den Fluß und die Felsenwände hat; – wie schön[1] war es doch, wenn die Sonne hinter den Felsen untergieng und der krummgewordene Strom in einen rothen Glanz erglühte, – und dann jene Allee, wo die Nachtigall am Morgen im Lindenbaume sang, wo Lovell mir oft den Oßian vorlas, – ich war nur so kurze Zeit von hier entfernt, aber ich habe mich schon ganz verwöhnt. ➢ Volltext
[12]
Wackenroder, an L. Tieck (11. 5. 1792), VL 2, 36
: Verzeihe nur meiner Armuth, daß ich Dir jetzt unmögl. etwas mitschicken, und meinem Mangel an Zeit, daß ich Dir nicht etwas abschreiben kann. Wolltest Du so gefällig denken, die Länge meines Briefes[1] als einen Ersatz dafür anzunehmen?
[13]
Wezel, Herm. u. Ulr. (1780), 252
: Diese unendlichen Klatschereyen, womit sich Jedermann in Gunst setzen oder die Zeit vertreiben will, sind mir das Unausstehlichste nächst den Hofnarren, die ohne Narrenkleid so zahlreich herumlaufen: so gut, als 〈253〉 wenn man alles unter freyem Himmel thäte, wird man beobachtet, und die kleinste Posse läuft gleich von Ohr[4] zu Ohr[4]: in der nächsten Minute weis schon der ganze Hof, was man in der vorhergehenden gedacht hat.
[14]
Winckelmann, Gesch. d. Kunst II (1764), 329
: Die Nemeäischen Spiele wurden in dem Kriege der Aetolier und der Achäer [...] einige Zeit nicht gefeyert.
[15]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
21793), 635
: In den Rechten einiger Gegenden ist der Ausschlag oder Ausschlageverkauf, ein solcher Verkauf, woher der Verkäufer sich die Freyheit[5] vorbehält, die verkaufte Sache nach einer gewissen Zeit wieder zurück zu nehmen, und einem andern zu verkaufen, wenn der erste Käufer nicht mehr geben will..
[16]
Ahlefeld, Marie Müller (
21814 [
11799]), 36
: Die Freiheit[5] belebt ihre [sc. der Liebe] Wangen mit himmlischem Lächeln, und setzt ihr den Kranz auf, den Zwang und Pflicht nur mürrisch zerpflücken. Ich bete die Liebe an, aber ich hasse die Ehe[1], die ihr Grab ist. Nie wird das Weib, das einst meinen Namen führt, zu gleicher Zeit mein Herz besitzen..
[17]
B. v. Arnim, Buch König (1843), 301
: Ach ich bin müde von allem Drang des Redens. – Die ganze Zeit hat mirs im Begriff[1] gestockt, und 〈302〉 heut [...] hab ichs lernen herauspoltern..
[18]
S. Bernhardi, an A. W. Schlegel (1. 7. 1810), KJ 2, 141 f. (142)
: Warhaft kleinlich haben Humbolds gestrebt meine Verbindung mit Knorring zu zer〈142〉reißen, es ist kein Liefländer in ihr Hauß gekommen, dem sie nicht gesagt hatten ich sei mit Knorring heimlich verheurathet, jeder hat diese Nachricht wie sie wolten Knorrings Vater hinterbracht, und so sollte endlich die Trenung nothwendig werden. Knorrings Vater hat eine lange Zeit darüber geschwiegen[2]; endlich hat er jezt vor kurzen seinem Sohn geschrieben, und macht ihm nur liebevolle Vorwürfe daß er ihm verschweigt waß die ganze Welt weiß; schreibt daß er mit seiner Verheiratung zufrieden ist, weil man ihm versichert hat ich hätte vielen Ruhm, biethet mir auf eine liebevolle Art sein Hauß an, und trägt Knorring die freundlichsten Grüße an mich auf. Mich hat diese Begebenheit ausserorndlich gerührt, und ist mir ein neuer Sporn gewesen Flore und Blantscheflur zu verbessern daß es gedruckt werden kann, und ich bitte Sie und Ihren Bruder dazu beizutragen daß mein Nahme wieder mehr genant wird, denn ist es wohl sündlich daß ich dies lebhaft wünsche, da es einem alten[2] 75jährigen Mann einziger Ersaz ist wofür er alles hin giebt waß er biß in sein so hohes Alter als das Höchste betrachtet hat Adel[1], große Verbindungen, Reichthum, ja selbst Jugend und Schönheit[1]..
[19]
C. Böhmer, an Ch. Michaelis (Dez. 1787), C 1, 167
: Du siehst Madam Böhmer wohl nicht? Ich fürchte, es wird nicht lange mehr mit ihr dauren, nach den Beschreibungen, die sie selbst, mit dem heitersten[4] Muth und Hofnungen, von ihren Zustande giebt. Geholfen kan ihr gar nicht werden, sagt Böhmer; ihre Curen helfen ihr nur die Zeit hinbringen. Mich däucht, von der Familie ahnden[3] wenige ihre Gefahr. Pine, der ungefällige Pümpel, besorgt sie auch wohl nicht im Geist[14] der Zärtlichkeit des letzen Diensts?.
[20]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 23
: Zum Beweise alten[1] Adels[1] wird die Ahnenprobe [...] erfodert, z. B. bei Erwerbung von gewissen Ämtern, Pfründen, Orden und besonders früher zur Turnierfähigkeit. – Der Adel[1] geht verloren durch ein Strafurtheil, welches Ehrlosigkeit und den Verlust des Adels[1] ausspricht, ferner durch freiwilliges Aufgeben desselben, oder stillschweigend durch Betreibung bürgerlicher Gewerbe (nicht aber durch Großhandel) und durch Verheirathung einer Adeligen an einen Bürgerlichen. Die Erneuerung eines lange Zeit nicht gebrauchten Adels[1] geschieht durch den Regenten nach dem Beweise, daß der Adel[1] weder aufgegeben noch verloren worden sei..
[21]
C. de la Motte Fouqué, an A. W. Schlegel (16. 6. 1806), KJ, 341
: Endlich finde ich Zeit und Ruhe genung um mich recht lange mit Ihnen unterhalten zu können. ➢ Volltext.
[22]
F. de la Motte Fouqué, Lebensgesch. (1840), 41
: Einige Zeit nachher [...] sah er eine kleine Oper [...] aufführen, der Irrwisch geheißen [...]. [...] Dürfte man's wagen, in Beziehung auf diese Kindereien in kunstgerechten Formen zu sprechen, so möchte es heißen: in der Medea war ihm eine Ahnung der Antike[1] aufgegangen, eine Ahnung der Romantik[11] hier..
[23]
Goethe, an E. W. Behrisch (17. 10. 1767), WA IV, 1, 120
: Es ist noch ebensoviel Zeit, daß ich dir noch einen Brief[1] mit der heutigen Post schicken kann..
[24]
Goethe, Werther (1774), WA I, 19, 11 f. (12)
: Es ist ein einförmiges Ding um das Menschengeschlecht. 〈12〉 Die meisten verarbeiten den größten Theil der Zeit, um zu leben, und das Bißchen, das ihnen von Freiheit[5] übrig bleibt, ängstigt sie so, daß sie alle Mittel aufsuchen, um es los zu werden..
[25]
Goethe, an J. H. Meyer, WA (1. 8. 1796), 146
: Ihren dritten Brief[1] von Florenz erhalte ich heute den ersten August, Ihr zweyter war schon vor einiger Zeit[6] angekommen. In den seltsamen Zuständen, in denen wir, nicht leben, sondern schweben[5], kann mir nichts tröstlicheres seyn als Sie in Florenz zu wissen und ich freue mich in jedem Ihrer Briefe[1] die Bestätigung des herrlichen Kunstgenusses zu vernehmen, dessen Sie sich an diesem Orte erfreuen. [...] Jetzt, da die Zeit[7] herannahet, in der ich abreisen sollte, fühle ich erst recht lebhaft wie nöthig mir die Cultur[7] war, die mir eine so große und schöne[2] Reife gegeben hätte, alles was ich mir statt derselben vornehmen kann ist ein kümmerliches Wesen und bringt mich nicht vom Flecke [...]..
[26]
Goethe, an J. G. Schadow (12. 3. 1817), WA IV, 28, 21
: Bringe man die rechten Worte[2], die ich freylich nicht gleich zu finden weiß, auf die Tafeln, so bedarf es anderen Nebensprüchlein nicht. Und überhaupt, wie soll der Beschauer an die colossale Statue hinauf nach Buchstaben[1] blinzen. Verzeih Ew. Wohlgeb. wenn ich etwas geradezu spreche, es liegt mir jetzo so vieles ob, daß ich nur fertig werde wenn ich in jedem Geschäft meine Meinung aufrichtig sage; euphemische Wendungen zu suchen verbietet mir die Kürze der Zeit und des Lebens[.].
[27]
Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 101
: Romantico! den Italiänern ein seltsames Wort[1], in Neapel und dem glücklichen Campanien noch unbekannt, in Rom unter deutschen[1] Künstlern[1] allenfalls üblich, macht in der Lombardie, besonders in Mayland, seit einiger Zeit großes Aufsehen. Das Publicum[2] theilt sich in zwey Partheyen, sie stehen schlagfertig gegen einander und, wenn wir Deutschen[1] uns ganz geruhig des Adjectivum romantisch[14] bey Gelegenheit bedienen, so werden 〈102〉 dort durch die Ausdrücke Romanticismus und Kriticismus zwey unversöhnliche Secten bezeichnet. Da bey uns der Streit, wenn es irgend einer ist, mehr praktisch als theoretisch geführt wird, da unsere romantischen[14] Dichter[1] und Schriftsteller die Mitwelt für sich haben und es ihnen weder an Verlegern noch Lesern fehlt, da wir über die ersten Schwankungen des Gegensatzes längst hinaus sind und beyde Theile sich schon zu verständigen anfangen; so können wir mit Beruhigung zusehen, wenn das Feuer, das wir entzündet, nun über den Alpen zu lodern anfängt..
[28]
Goethe, an W. v. Humboldt (22. 10. 1826), WA IV, 41, 202 f. (203)
: Erinnern Sie sich wohl noch, mein Theuerster, einer dramatischen Helena, die im zweyten Theil von Faust erscheinen sollte? Aus Schillers Briefen[1] vom Anfang des Jahrhunderts sehe ich, daß ich ihm den Anfang vorzeigte, auch, daß er mich zur Fortsetzung treulich ermahnte. Es ist eine meiner ältesten Conceptionen, sie ruht auf der Puppenspiel-Überlieferung, daß Faust den Mephistopheles genöthigt, ihm die Helena zum Beylager heranzuschaffen. Ich habe von Zeit[7] zu Zeit[7] daran fortgearbeitet, aber abgeschlossen konnte das Stück nicht werden, als in der Fülle der Zeiten[6], da es denn jetzt seine volle 3000 Jahre spielt, von Troja's Untergang bis zur Einnahme von Missolunghi. Dieß kann man also auch für eine Zeiteinheit rechnen, im höheren Sinne[1]; die Einheit des Orts und der Handlung[3] sind aber auch im gewöhn〈203〉lichen Sinn[1] auf's genauste beobachtet. Es tritt auf unter dem Titel: | Helena | classisch[7]-romantische[12] | Phantasmagorie. | Zwischenspiel zu Faust. | Das heißt denn freylich wenig gesagt, und doch genug, hoff ich, um Ihre Aufmerksamkeit auf die erste Lieferung lebhafter zu richten, die ich von meinen Arbeiten zu Ostern darzubieten gedenke..
[29]
Goethe, Not. u. Abhdlg. (1829), WA I, 7, 93 f. (94)
: Überhaupt pflegt man bei Beurtheilung der verschiedenen Regierungsformen nicht genug zu beachten, 〈94〉 daß in allen, wie sie auch heißen, Freiheit[6] und Knechtschaft zugleich polarisch existire. Steht die Gewalt bei Einem, so ist die Menge unterwürfig, ist die Gewalt bei der Menge, so steht der Einzelne im Nachtheil; dieses geht denn durch alle Stufen durch, bis sich vielleicht irgendwo ein Gleichgewicht, jedoch nur auf kurze Zeit, finden [...] Wie man denn niemals mehr von Freiheit[6] reden hört, als wenn eine Partei die andere unterjochen will und es auf weiter nichts angesehen ist, als daß Gewalt, Einfluß und Vermögen aus einer Hand in die andere gehen sollen. Freiheit[6] ist die leise Parole heimlich Verschworner, das laute Feldgeschrei der öffentlich Umwälzenden, ja das Losungswort der Despotie selbst, wenn sie ihre unterjochte Masse gegen den Feind anführt [...]..
[30]
Goethe, Tag- u. Jahres-Hefte II (*1817..26; 1830), WA I, 36, 151
: General-Superintendent Krause
erschien als tiefkranker Mann, und man mußte vielleicht manche schwache Äußerung einem inwohnenden unheilbaren Übel zuschreiben. Er empfahl den oberen Classen des Gymnasiums Tiedgens
Urania als ein classisches4 Werk, wohl nicht bedenkend, daß die von dem trefflichen Dichter so glücklich bekämpfte Zweifelsucht ganz aus der Mode gekommen, daß niemand mehr an sich selbst zweifle und sich die Zeit
gar nicht nehme, an Gott zu zweifeln..
[31]
W. Grimm, Selbstschild. (1831), 171
: Ich habe mit meinem Bruder dieselben Lehrer gehabt und so ziemlich dieselben Kollegia gehört; auch ich darf mich Savigny's Wohlwollen rühmen, und ich weiss nicht leicht etwas, das so grossen Eindruck auf mich gemacht hat, als sein Vortrag. Ich glaube, es war die Freiheit[13] und Lebendigkeit, zugleich das Gemessene und Ruhige dabei, was so sehr anzog und festhielt. Rhetorische Gaben können für eine Zeit[6] lang blenden, aber sie fesseln nicht. Er sprach frei und blickte nur von Zeit[7] zu Zeit[7] auf ein einzelnes beschriebenes Blatt, und es war bei vollkommener Klarheit und dem Ausdruck innerer Ueberzeugung eine gewisse Zurückhaltung und Mässigung in seiner Darstellung, deren Wirkung kein rednerischer Ueberfluss würde erreicht haben..
[32]
Heine, Romant. Schule (1836), 226
: Es war lange Zeit von nichts anderem als vom Nibelungenlied bei uns die Rede, und die klassischen[7] Philologen wurden nicht wenig geärgert, wenn man dieses Epos mit 〈227〉 der Ilias verglich, oder wenn man gar darüber stritt welches von beiden Gedichten das vorzüglichere sey? ➢ Volltext.
[33]
Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 103 f. (104)
: Das Gehör ist der mittlere Sinn[4] in betracht der Zeit[1/6?] in der es würkt, und also Sinn[4] 〈104〉 der Sprache[16]. Das Gefühl wirft alles auf Einmal in uns hin: es regt unsre Saiten stark, aber kurz und springend; das Gesicht stellt uns alles auf Einmal vor, und schrekt also den Lehrling durch die unermeßliche Tafel des neben einander ab. Durchs Gehör sehet! wie uns die Lehrmeisterinn der Sprache[16] schonet! sie zählt uns nur einen Ton[1] nach dem andern in die Seele, gibt und ermüdet nie, gibt und hat immer mehr zu geben – sie übet also das ganze Kunststück der Methode: sie lehret progreßiv[2]! ➢ Volltext.
[34]
Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 225 f. (226)
: Das Band [...], dadurch alle römisch-katholische Länder unläugbar vereint wurden, die lateinische Mönchssprache, hatte auch manche Knoten. Nicht nur wurden die Muttersprachen der Völker[1], die Europa besassen, und mit ihnen die Völker[1] selbst in Roheit erhalten; sondern es kam unter andern auch hiedurch insonderheit das Volk[5] um seinen letzten Antheil an öffentlichen Verhandlungen, weil es kein Latein konnte. Mit der Landessprache ward jedesmal ein großer Theil des Nationalcharakters aus den Geschäften der Nation[1] verdrängt, wo〈226〉gegen sich mit der lateinischen Mönchssprache auch jener fromme Mönchsgeist einschlich, der zu gelegener Zeit[7] zu schmeicheln, zu erschleichen, wohl auch zu verfälschen wußte. Daß die Acten sämmtlicher Nationen[1] Europa's, ihre Gesetze, Schlüsse, Vermächtnisse, Kauf- und Lehninstrumente, endlich auch die Landesgeschichte so viele Jahrhunderte hindurch latein geschrieben wurden; dies konnte zwar der Geistlichkeit, als dem gelehrten Stande sehr nützlich, den Nationen[1] selbst aber nicht anders als schädlich seyn. Nur durch die Cultur[3] der vaterländischen Sprache[3] kann sich ein Volk[1] aus der Barbarei heben; und Europa blieb auch deshalb so lange barbarisch, weil sich dem natürlichen[3] Organ[1] seiner Bewohner, fast ein Jahrtausend hin, eine fremde[5] Sprache[3] vordrang, ihnen selbst die Reste ihrer Denkmahle nahm und auf so lange Zeit[6] einen vaterländischen Codex der Gesetze, eine eigenthümliche Verfassung und Nationalgeschichte ihnen ganz unmöglich machte..
[35]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 164
: Amalia Christiane, verwitwete Erbprinzessin von Anhalt-Dessau geboren den 29. Juny 1774, stammt aus dem Fürstenhause Hessen-Homburg, dessen vorletzter Landgraf, Friedrich Ludwig Wilhelm, ihr Vater war. Er galt mit Recht für einen der edelsten Männer. Die Beschränkung seines Landes ließ seinem thätigen Geist[19] Zeit genug übrig, um sich in der Erziehung seiner Töchter, welche er zu einer Angelegenheit seines Herzens so wie seines Gewissens machte, das würdigste Denkmal zu setzen. Echte Religiosität, Hoheit der Seele und Adel[5] der Gesinnung gingen von diesem trefflichen Vater auf sie, die Prinzessinnen über, von denen Christiane Amalia die dritte war. Sie wurden nicht, wie Viele ihres Standes, erzogen, um zu glänzen, sondern um recht zu thun vor Gott und Menschen und vor sich selbst..
[36]
Hirschfeld, Gartenkunst III (1780), 228
: Gerade über den Teich hin eröffnet sich zwischen den Bäumen eine lange weite Aussicht, die jenseits der Gränzlinie des Parks über eine Wiese streicht, und sich, durch eine in einem entfernten Gebüsch gemachte runde Oeffnung, auf das Meer hin verliert. Man wird hier in einer gewissen Zeit des Sommers von einem zauberischen Schauspiel überrascht. Indem die Sonne untergeht, so erscheint ihre feurige Kugel gerade in dieser Oeffnung des Gebüsches mit einer Wirkung, die jedes Auge 〈229〉 entzückt. Der Anblick des Meeres verschwindet, und das Feuer nimmt ganz die Stelle ein, die eben vorher das Wasser füllte. Wenn in einem solchen Augenblick zugleich ein Schiff diese Oeffnung vorüber segelt, und unmittelbar in der brennenden Scheibe zu stehen scheint, so ist dies ein Zauber, der zur lebhaftesten Verwunderung hinreißt. Zufälligkeiten dieser Art sind selten; man darf sie aber bemerken, weil Zufälligkeiten, so schnell sie auch vorüberfliehen, einen überaus wichtigen, bald reizenden, bald romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='2' Formatierung='1']]]], bald majestätischen Theil in landschaftlichen Schönheiten ausmachen. ➢ Volltext.
[37]
Hoven, Lebenserinn. (1840), 192
: Muß der Studierende vom frühen Morgen bis zum späten Abend nichts als Vorlesungen hören, so kann er zwar, wenn er aufmerksam ist und das Gehörte gehörig faßt und in einem feinen guten Gedächtnis behält, ein gelehrter Arzt werden, aber ein selbstdenkender Arzt wird er nicht, dazu lassen ihm die vielen Kollegien weder die nötige Zeit noch die erforderliche Freiheit[1] des Geistes[19]..
[38]
A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 116
: Zur Verschiedenheit der Gesichtszüge in einem Volke[1] trägt überhaupt die intellectuelle Cultur[4] am meisten bei, und bei noch barbarischen Völkern[1] giebt es mehr eine Stamm- oder Horden-Physiognomie, als den Individuen eigenthümliche Physiognomien. Vergleicht man die Hausthiere mit denen, welche in Wäldern leben, so glaubt man dieselbe Bemerkung zu machen. Ueberdieß ist der Europäer bei seinem Urtheil über die große Aehnlichkeit der Raçen[1] mit schwarzbrauner Haut einer besondern Täuschung ausgesetzt; indem er sich durch eine, von der unsrigen so verschiedene, Hautfarbe überrascht findet, und die Gleichstimmigkeit des Colorits die Verschiedenheit der individuellen Züge lange Zeit in seinen Augen verschwinden macht..
[39]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XLIII
: Meinerseits kann ich mich auf Streitigkeiten von nun an nicht einlassen, ob ich zwar auf alle Winke, es sey von Freunden oder Gegnern, sorgfältig achten werde, um sie in der künftigen Ausführung des Systems dieser Propädeutik gemäß zu benutzen. Da ich während dieser Arbeiten schon ziemlich tief ins Alter fortgerückt bin (in diesem Monate ins vier und sechzigste Jahr), so muß ich, wenn ich meinen Plan, die Metaphysik der Natur[2] sowol als der Sitten [...] zu liefern, ausführen will, mit der Zeit sparsam verfahren, und die Aufhellung sowol der in diesem Wer〈XLIV〉ke anfangs kaum vermeidlichen Dunkelheiten, als die Verteidigung des Ganzen von den verdienten Männern, die es sich zu eigen gemacht haben, erwarten..
[40]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), X
: Hiemit endige ich also mein ganzes critisches[1] Geschäft. Ich werde ungesäumt zum Doctrinalen schreiten, um, wo möglich, meinem zunehmenden Alter die dazu noch einigermaßen günstige Zeit noch abzugewinnen. Es versteht sich von selbst, daß für die Urtheilskraft darin kein besonderer Theil sey, weil in Ansehung derselben die Critik[1] statt der Theorie dient, sondern daß, nach der Eintheilung der Philosophie in die theoretische und praktische, und der reinen in eben solche Theile, die Metaphysik der Natur[2] und die der Sitten jenes Geschäft ausmachen werden..
[41]
Kotzebue, Hyperbor. Esel (1799), 187
: Hast du weiter nichts gelernt, so ist es ewig Schade um das schöne[6] Geld und die kostbare Zeit. – Was soll nun aus dir werden?.
[42]
Krünitz, Oecon. Encycl. XIV (1778;
21786), 749 f. (750)
: Französinn, eine Person weibliches Geschlechtes[1], welche aus Frankreich gebürtig ist. | Im engern Verstande[7] führen diejenigen Frauens-Personen französischer Nation[6] diesen Nahmen, (auch die Benennung Mademoiselle oder Mamsell, welche vermögende Leute zum Unterrichte ihrer Kinder in der französischen Sprache[17], oder auch in allerley Frauenzimmer-Wissenschaften, und zu deren Erziehung in den Sitten und Thorheiten der französischen Nation[1], in ihren Häusern zu halten pflegen. | [...] Diese Art des Privatunterrichts durch Französinnen, welchen beydes Geschlecht[2] in der Jugend, das weibliche Ge〈750〉schlecht[2] aber bis in den Eintritt in die große Welt genießt, ist [...] sehr gemein geworden. [...] Sie wollen der Jugend die Zeit angenehm hinbringen, daher erzählen sie Fabeln, Liebes- Hexen- Gespenster- und Diebs-Histörchen: hierdurch verderben sie die so nöthige Einbildungskraft[1], und entwöhnen die Ernsthaftigkeit, daß ein rechtschaffener Informator genug zu thun hat, diese einfältige Bilder der Jugend nach und nach aus dem Kopfe zu bringen; ja viele schleppen sich auch damit die ganze Lebenszeit..
[43]
Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520
: Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten[1] Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit[1] der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst[4], in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]. Nachdem nun Buonarotti sie eine Zeitlang in dem 〈521〉 Wahne, eine wirkliche Antike[3] vor sich zu haben, gelassen, auch viele ironische[1] Bemerkungen zwischen der Antike[4] und seiner Arbeit mit angehört hatte, so trat er endlich hervor, und erklärte die Bildsäule für sein Werk [...]..
[44]
Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 282 f. (283)
: Ein gemeiner Bauer verschmäht den Ausdruck meiner Theilnahme; ein Mädchen, das mich geliebt hätte, [...] wäre ich ihrer Abstammung gewesen, diesem Mädchen blieb ich zuwider bis in den Augenblick des Todes, weil mein Leib eine nationale Atmossphäre hat, die ihr fremd[4] und unheimlich ist, weil ich an den Jordan gehöre, und an der Weichsel ein verachteter Fremdling bin. Fremd[4], fremd[4], fremd[4]! in dem Worte[1] liegen alle Abgründe der Existenz! [...] Der Christ verstößt mich, und ich habe schon lange den Juden[1] in mir verstoßen! Weh! Dies wird der Zwitterzustand, den diejenigen durchmachen müssen wie eine lebens〈283〉lange schmerzliche Geburt, die sich einlassen auf Emancipation. Ihr haltet diese Gewährniß der Emancipation für eine besondere Gunst, für ein wohlschmeckendes Recht, was Ihr uns gewährt – weh, der emancipirte Jude[1] zieht ein stechend Hemd auf seinen Leib, was er Zeit seines Lebens mit Schmerzen tragen muß, um außen Frack und Weste darüber zu tragen, wie Ihr tragt..
[45]
Maimon, Lebensgesch. I (1792), 3
: Zwey Brüder aus Gallizien, wo die Juden[1] viel verschlagener als in Litthauen sind, nahmen unter dem Namen Dersawzes oder Generalpächter, alle Güter des Fürsten Radzivil in Pacht, und setzten diese Güter durch mehr als gewöhnliche Thätigkeit, und bessere Oekonomie, nicht nur in bessern Stand, sondern bereicherten auch sich selbst in kurzer Zeit. | Sie erhöheten die Pächte, ohne sich an das Geschrei ihrer Mitbrüder zu kehren, und ließen die Pachtgelder von ihren Unterpächtern mit aller Strenge abfordern [...] 〈4〉 [...] und wo sie einen Pächter fanden, der [...] den ganzen Tag im Müßiggange zubrachte und von Branntwein betrunken auf dem Ofen lag, so ließen sie ihn herunterbringen und durch Peitschen aus seiner Lethargie aufwecken; welches Verfahren den Herren Generalpächtern bey ihrer Nation[1] den Namen der Tirannen erworben hat.
.
[46]
Novalis, Polit. Aphor. (*1798), NS 2, 502, Nr. 67
: Es liegt am Tage, daß sich aus todten Stoffen kein lebendiger Körper – aus ungerechten, eigennützigen und einseitigen Menschen kein gerechter, uneigennütziger und liberaler Mensch zusammensetzen läßt. Freilich ist das eben ein Irrthum einer einseitigen Majorität, und es wird noch lange Zeit vergehn, eh man sich von dieser simpeln Wahrheit allgemein überzeugen wird. Eine so beschaffene Majorität wird nicht die Vortrefflichsten, sondern im Durchschnitt nur die Bornirtesten und die Weltklügsten wählen. Unter den Bornirtesten versteh ich solche, bei denen Mittelmäßigkeit zur fertigen Natur[1] geworden ist, die klassischen[3] Muster des großen Haufens. Unter den Weltklügsten – die geschicktesten Courmacher des großen Haufens. Hier wird sich kein Geist[12] entzünden – am wenigsten ein reiner – Ein großer Mechanismus wird sich bilden – ein Schlendrian – den nur die Intrigue zuweilen durchbricht. Die Zügel der Regierung werden zwischen den Buchstaben[8] und mannichfaltigen Partheimachern hin und her schwanken..
[47]
v. d. Recke, Cagliostro (1787), 157
: Von Cagliostros Aufenthalt in Petersburg weiß ich nichts zuverläßiges zu sagen. Nur so viel ist gewiß, daß, ob er zwar dort auch verschiedene Personen durch allerley abenteuerliche[3] Aussichten einige Zeit hingehalten, er seinen Hauptzwek dennoch ganz verfehlt hat..
[48]
H. Sander, Beschr. Reis. II (1784), 584 f. (585)
: Abends sah ich noch eins von den herrlichen Feuerwerken, die man nur in Wien sehen kan. Der Italiäner Mellina gab es, es [...] hatte 6. verschiedene Fronten, viel buntes Feuer, und verrieth viel Er〈584〉findungsgeist. [...] Zwischen den verschiedenen Fronten füllen romanische[5] Lichter, grosse Raketen, die endlich noch mehrere Dutzende von Sternen auswerfen, die Zeit aus..
[49]
Scheibe, Musik. Compos. (1773), 466
: Die Lateiner behielten nach dem Beyspiele der Griechen ihre Buchstaben[1], um die Töne damit zu bezeichnen, und zwar lange Zeit nach eben der Art, wie ihnen die Griechen vorgegangen waren, bis sie endlich ungefehr in den Zeiten[3] des Boethius nur bey den ersten sieben Buchstaben[1] A, B, C, D, E, F, G stehen blieben; wozu aber wohl Ambrosius die erste Veranlassung mag gegeben haben, weil er die vier Töne D, E, F, G vorzüglich in der Kirche einführte, die Töne A, B oder H und C aber darinn nicht dulden wollte. Hier finden wir also vielleicht den ersten allgemeinen Gebrauch dieser sieben Buchstaben[1]; denn H und B wurden lange Zeit gewissermaßen promiscue gebraucht, oder vielmehr zeigte B bald H, bald dieses auch B an [...]..
[50]
Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. II (1795), 436
: Auch jetzt ist die Natur[19] noch die einzige Flamme, an der sich der Dichtergeist nähret, aus ihr allein schöpft er seine ganze Macht, zu ihr allein spricht er auch in dem künstlichen, in der Kultur[4] begriffenen Menschen. Jede andere Art zu wirken, ist dem poetischen[4] Geiste[12] fremd[5]; daher, beiläufig zu sagen, alle sogenannten Werke des Witzes[2] ganz mit Unrecht poetisch[4] heißen, ob wir sie gleich lange Zeit, durch das Ansehen der französischen Litteratur verleitet, damit vermenget haben. Die Natur[19], sage ich, ist es auch noch jetzt, in dem künstlichen Zustande der Kultur[4], wodurch der Dichtergeist mächtig ist, nur steht er jetzt in einem ganz andern Verhältniß zu derselben..
[51]
Schiller, Geisters. (
31798), NA 16, 141
: Die geheimnisvolle Unbekannte des Prinzen erinnerte den Marchese Civitella an eine romantische[4] Erscheinung, die ihm selbst vor einiger Zeit vorgekommen war, und um den Prinzen zu zerstreuen, ließ er sich bereit finden, sie uns mitzuteilen. [...] 〈142〉 [...] „Meine Neugier wird rege. Ganz gewiß ein Rendezvous und ein liebendes Paar – aber an diesem Ort und zu einer so ganz ungewöhnlichen Stunde! – denn kaum war es drei Uhr, und alles lag noch in trübe Dämmerung verschleiert. Der Einfall schien mir neu[1] und zu einem Roman[1] die Anlage gemacht. [...]“.
[52]
Schiller, an Goethe (19. 7. 1799), NA 30, 72 f. (73)
: Ich habe mir vor einigen Stunden durch Schlegels Lucinde den Kopf so taumelig gemacht, daß es mir noch nachgeht. Sie müssen dieses Product wundershalber doch ansehen. Es characterisiert seinen Mann, so wie alles Darstellende, beßer als alles was er sonst von sich gegeben, nur daß es ihn mehr ins frazenhafte 〈73〉 mahlt. Auch hier ist das ewig formlose und fragmentarische, und eine höchst seltsame Paarung des Nebulistischen mit dem Characteristischen[2], die Sie nie für möglich gehalten hätten. Da er fühlt, wie schlecht er im poetischen[4] fortkommt, so hat er sich ein Ideal seiner selbst aus der Liebe und dem Witz[2] zusammengesetzt. Er bildet sich ein, eine heiße unendliche Liebesfähigkeit mit einem entsetzlichen Witz[2] zu vereinigen und nachdem er sich so constituiert hat, erlaubt er sich alles, und die Frechheit erklärt er selbst für seine Göttin. | Das Werk ist übrigens nicht ganz durchzulesen, weil einem das hohle Geschwätz gar zu übel macht. Nach den Rodomontaden von Griechheit, und nach der Zeit, die Schlegel auf das Studium derselben gewendet, hätte ich gehofft, doch ein klein wenig an die Simplicität und Naivetät der Alten[10] erinnert zu werden, aber diese Schrift ist der Gipfel moderner[1] Unform und Unnatur, man glaubt ein Gemengsel aus Woldemar, aus Sternbald, und aus einem frechen französischen Roman zu lesen..
[53]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 64
: Nach der Wiederbelebung der classischen[7] Literatur, war die Bewunderung dafür lange Zeit eine einseitige Parteylichkeit, welche, wenigstens bey den Gelehrten die Schätzung des Originell-Modernen[1] in seinem eignen Charakter[1] hinderte. Auch muß man wohl in einer gewissen Ferne stehen, um das Wollen eines Dichters im Verhältnisse zu seinem Zeitalter erschöpfend richtig zu fassen. Eben daß wir von den großen Meistern der romantischen[12] Kunst[3] durch die Kluft der letzten prosaischen[3] Zeitläufte getrennt sind, bringt uns mehr ins klare über sie; so wie auch die antike[2] und romantische[12] Kunst[3] durch den Gegensatz besser verstanden wird..
[54]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 356
: Dem Liebhaber alter Sprachen, der sich ihnen doch nicht wie ein eigentlicher Philologe ganz widmen kann, ist zu rathen, daß er ohne seine Zeit mit dem untergeordneten und abgeleiteten zu verderben, sich gleich an die classischen[3] und wahrhaft exemplarischen Hauptwerke mache..
[55]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 358
: Überhaupt scheint die Dürftigkeit der Deutschen Gelehrten gegen die Wohlhabenheit der Holländischen, welche einen Theil ihres Vermögens auf literarische Hülfsmittel wenden konnten, und die Nothwendigkeit, ihre meiste Zeit[6] mit dem Unterricht zu verderben, ihren Unternehmungen hinderlich gewesen zu seyn. Indessen hat es in Deutschland von jeher viele gründliche Philologen gegeben. Nur in den neuesten Zeiten[3] sind Versuche gemacht worden, das Studium auf die falsche Bahn zu lenken. Es war Heyne besonders, welcher auf eine Reformation drang, wozu auch die bisherige nicht seltne Anhäufung eines pedantischen Wustes Vorwände genug darbot. Er verlangte, man solle bey Lesung der Classiker gleich auf dasjenige gehen, was zur Bildung[2] des Geistes[14] und Veredlung des Gemüths bey tragen könne. Dieß hatten die älteren Philologen unstreitig auch beabsichtet, allein sie hatten mit gutem Grunde gemeynt, es sey hinreichend den Schülern gründlich den Buchstaben[11] der alten Autoren zu eröffnen, so würde ihnen der Geist[30] schon von selbst aufgehen. Aus der Heyneschen Schule hingegen gingen nun Commentare hervor, worin die Leser unaufhörlich wie mit der Nase auf die poetischen[4] Schönheiten hingestoßen werden, voll von Paraphrasen der Diction in Prosa[1], um zu zeigen durch welche Stufen der Dichter zu einem so gelehrten und künstlichen Schmucke gelangt sey, gleichsam als wenn ein Gedicht wie ein phraseologisches Exercitium nach einem prosaischen[1] Schema ausgearbeitet würde..
[56]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 52
: In Athen blühte das Theater unter dem Schutze des Götterdienstes in fast unbegränzter Freyheit[1] auf, und die öffentliche Sittlichkeit bewahrte es eine Zeit lang vor Ausartung. ➢ Volltext.
[57]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 113 ff.
: Warum ist aber dennoch das Verfahren der griechischen[2] und der romantischen[12] Dramatiker in Absicht auf Ort und Zeit so sehr verschieden? [...] 〈114〉 [...] Die Hauptursache des Unterschiedes ist [...] der plastische[3] Geist[12] der antiken[2], und der pittoreske[2] der romantischen[12] Poesie[11]. Die Sculptur richtet unsre Betrachtung ausschließend auf die dargestellte Gruppe, sie entkleidet sie möglichst aller äußern Umgebungen, und wo sie deren nicht ganz entrathen kann, deutet sie solche doch nur leicht an. Die Mahlerey[1] hingegen liebt es, mit den Hauptfiguren zugleich den umgebenden Ort und alle Nebenbestimmungen ausführlich darzustellen, und im Hintergrunde Ausblicke in eine gränzenlose Ferne zu öffnen; Beleuchtung und Perspectiv sind ihr eigentlicher Zauber. Daher vernichtet die dramatische, besonders die tragische Kunst[3] der Alten[10] gewisser〈115〉maßen die Aeußerlichkeiten von Raum und Zeit; das romantische[12] Drama schmückt vielmehr durch deren Wechsel seine mannichfaltigeren Gemählde. Oder noch anders ausgedrückt: das Prinzip der antiken[2] Poesie[11] ist idealistisch, das der romantischen[12] mystisch; jene unterwirft Raum und Zeit der innern Freythätigkeit des Gemüths, diese verehrt diese unbegreiflichen Wesen als übernatürliche Mächte, denen auch etwas göttliches inwohnt. ➢ Volltext.
[58]
C. Schlegel, an L. Gotter (15. 10. 1796), C 1, 400
: Allerdings habe ich die Zeit genuzt um herein zu ziehn, und bin auch schon leidlich etablirt. Im Haus selbst wird nur noch allerley getrieben. Tischler und Mahler[2] sind noch dabey, so daß die Avenuen wenigstens nicht so nett sind, wie meine Stuben. Ich habe eine rechte Freude darüber, daß Schlegel der Unruhe entgangen ist, und ich ihn in die ordentliche Wohnung einführen kan. Er ist keiner von den Gelahrten, die für Ordnung und Eleganz keinen Sinn[5] haben; nun ist zwar die Eleganz noch auf einen frugalen Fuß bey mir, indeß sieht es doch schon anders aus, wie im Gartenhause..
[59]
F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 66
: Sie traten [...] mit einem unmäßigen Gelächter in die Gesellschaft, und aus den letzten Worten[2], die man hören konnte, ließ sich schließen, daß ihre Unterhaltung sich auf die sogenannten classischen[4] Dichter der Engländer bezog. Man sagte noch einiges über denselben Gegenstand, und Antonio, der sich gern bey Gelegenheit mit dergleichen polemischen Einfällen dem Gespräch einmischte, das er selten selbst führte, behauptete, die Grundsätze ihrer Kritik[2] und ihres Enthusiasmus wären im Smith über den Nationalreichthum zu suchen. Sie wären nur froh, wenn sie wieder einen Classiker in die öffentliche Schatzkammer tragen könnten. Wie jedes Buch auf dieser Insel ein Essay, so werde da auch jeder Schriftsteller, wenn er nur seine gehörige Zeit gelegen habe, zum Classiker. Sie wären aus gleichem Grund und in gleicher Weise auf die Verfertigung der besten Scheeren stolz wie auf die der besten Poesie[11]. So ein Engländer lese den Shakspeare eigentlich nicht anders wie den Pope, den Dryden, oder wer sonst noch Classiker sei; bey dem einen denke er eben nicht mehr als bei dem andern. – Marcus meynte, das goldne Zeitalter sey nun einmal eine moderne[7] Krankheit, durch die jede Nation[1] hindurch müsse, wie die Kinder durch die Pocken. ➢ Volltext.
[60]
F. Schlegel, an A. W. Schlegel (12. 8. 1808), KJ 1, 585
: Das ist eben das Peinlichste bei einer so weiten Entfernung, daß man immer wieder vergißt, wie viele Zeit die Briefe[1] gehn und sich mit vergeblicher Aengstlichkeit quält, so wie ich auch auf Deinen ersten Brief[1] mit nicht geringer Sorge und Ungeduld gewartet habe. ➢ Volltext.
[61]
F. Schlegel, an A. W. Schlegel (15. 10. 1808), KJ 1, 634
: Ich antworte unverzüglich aber deshalb für heute nur kurz und bitte Dich auch mich für heute bei Frau von Stael zu entschuldigen; denn sonst müßte ich bis nächsten Posttag warten, weil ein französischer Brief[1], den ich stets abschreiben muß, für mich mehr Zeit erfodert als heute noch übrig ist. ➢ Volltext.
[62]
Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 633
: Die ersten Kunstrichter widmeten ihr Nachdenken der Theorie der Künste[2], weil die Natur[2] ihnen das besondere Genie[2] zu Untersuchungen dieser Art gegeben hatte: was sie bemerkten und entdekten, hatte das Gepräg der Gründlichkeit, ob es gleich noch nicht allgemein und vollständig genug war. Nachdem einmal die Critik[2] durch dergleichen Bemerkungen mit Säzen so weit bereichert worden, daß es der Mühe werth war, sie in ein System zu sammeln; so wurd sie zu einer Wissenschaft, die nun auch mittelmäßigen und seichten Köpfen in die Augen leuchtete. Nicht nur Männer von Genie[2], sondern auch bloße Liebhaber ohne Talente wiedmeten ihr ihre Zeit. Diese bildeten sich ein, man könne sie lernen, weil die Kunstsprache, und die einmal in die Wissenschaft aufgenommenen Säze sich leicht ins Gedächtnis fassen lassen. Was also im Anfang die Frucht des wahren Genies[2] war, wurd nun zur Modewissenschaft, auf welche sich Leute ohne Genie[2] und Talente legten. Jeder seichte Kopf, der sie ohne Verstand[4] blos durch das Gedächtnis gefaßt hatte, versuchte sie mit seinen eigenen Säzen, mit neuen[1] Wörtern[1], an denen das Genie[2] keinen Antheil hatte, zu bereichern; und so wurd die Critik[2] zulezt zu einem Gewäsche, in welchem man nur mit großer Mühe, die von den wahren Kunstrichtern gemachten Entdekungen noch wahrnehmen konnte. Wenn nun zugleich auch Menschen ohne natürlichen[3] Beruf sich auf die Künste[2] legen; so glauben sie dieselben aus den Theorien erlernen zu können: und so werden Künste[2] und Critik[2] zugleich verdorben..
[63]
Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 633 (3)
: Man muß es deswegen nicht der Critik[2] selbst, nicht den Kunstrichtern von Genie[2], sondern den Sophisten, die aus dieser Wissenschaft[1] ein Handwerk gemacht haben, zuschreiben, wenn die schönen[2] Künste[1] durch Theorien verdorben werden. Den ächten Kunstrichter wollen wir als den Lehrer des Künstlers[1] ansehen, und diesem rathen auf seine Stimme[11] zu horchen. Zwar scheinet es, daß der Künstler[1] auch der beste Richter über die Kunst[2] seyn sollte. Wenn man aber bedenkt, wie viel Zeit, Nachdenken und Fleiß die Ausübung erfodert; so läßt sich begreifen, daß ein zur Kunst[2] gebohrnes Genie[4], (und ein solches muß der Kunstrichter seyn) das sich selbst mit der Ausübung nicht beschäftiget, in gar vielen zur Kunst[2] gehörigen Dingen, noch weiter sehen muß, als der Künstler[1] selbst..
[64]
L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XX
: Diese schöne Zeit[3] der Poesie[11] konnte nicht von langer Dauer sein, und sie wurde auch bald von politischen Begebenheiten gestört, wenn auch nicht die Zeit[1] selbst sie vernichtet hätte. Die Fürsten entzogen sich den Dichtern und der Adel gab die Beschäftigung mit der Poesie[11] auf; wir finden sie nach einiger Zeit fast ganz aus dem Leben verschwunden, als ein zunftmäßiges Handwerk wieder. Das freie Spiel ist ihr untersagt, alle Zier und Künstlichkeit ist steife Regel und Vorurtheil [...], fast alle Gedichte sind moralischen Inhalts oder gereimte Erzählungen aus der Bibel und andern gelesenen Büchern, besonders seit der Reformation, und Hans Sachs steht als der vorzüglichste und geistreichste Poet in dieser Versammlung, dessen Witz[1] und komische Laune wirklich frölich, dessen Ansicht des Lebens auf eine grosse Art vernünftig ist, und dessen allegorische Gedichte oft sogar das Gepräge einer ältern und viel poetischern[1] Zeit[3] tragen. .
[65]
L. Tieck, Phantasus I (1812), 64 f. (65)
: Es fehlt unsrer Zeit[5], sagte Friedrich, so sehr sie die Natur[19] sucht, eben der Sinn[5] für Natur[19], denn nicht allein diese regelmäßigen Gärten, die dem jetzigen Geschmacke zuwider sind, bekehrt man 〈65〉 zum Romantischen[3/4], sondern auch wahrhaft romantische[3/4] Wildnisse werden verfolgt, und zur Regel und Verfassung der neuen[7] Gartenkunst erzogen. So war ehemals nur die große wundervolle Heidelberger Ruine eine so grüne, frische, poetische[1/3?] und wilde Einsamkeit, die so schön[1] mit den verfallenen Thürmen, den großen Höfen, und der herrlichen Natur[2] umher in Harmonie stand, daß sie auf das Gemüth eben so wie ein vollendetes Gedicht aus dem Mittelalter wirkte, ich war so entzückt über diesen einzigen Fleck unsrer deutschen Erde, daß das grünende Bild seit Jahren meiner Phantasie[1] vorschwebte, aber vor einiger Zeit[6] fand ich auch hier eine Art von Park wieder, der zwar dem Wandelnden manchen schönen[1] Platz und manche schöne[1] Aussicht gönnt, der auf bequemen Pfaden zu Stellen führt, die man vormals nur mit Gefahr erklettern konnte, der selbst erlaubt, Erfrischungen an anmuthigen Räumen ruhig und sicher zu genießen, doch wiegen alle diese Vortheile nicht die großartige und einzige Schönheit[1] auf, die hier aus der besten Absicht ist zerstört worden..
[66]
L. Tieck, Dichterleben II (1831), 22
: Wir haben Alle immer so wenig Zeit, das zu beachten, was häufig vor unsern Füßen liegt; und so verliert man denn auch wohl den Sinn[4], um zu sehn und zu verstehen, was nicht schon von selbst zu den Begriffen[1] paßt, an die wir uns seit lange gewöhnt, oder zu jenen Gedanken, die wir erlernt haben..