Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
F. Tieck, an N. N. (8. 2. 1826), MZM, 120: Sie gedenken der früheren Zeit als einer romantischen[7]? Ich möchte sie auch zurück, um so viel jünger zu sein, und mein Leben besser einzurichten, weil ich jezt betrübt bin [...].
[2] Winckelmann, Gesch. d. Kunst II (1764), 316: Es war also nöthig, die Umstände anzuzeigen, in welchen sich die Griechen von Zeit zu Zeit befunden haben, welches kürzlich, und bloß in Absicht auf unser Vorhaben geschehen wird; und aus dieser ganzen Geschichte[1] erhellet, daß es die Freyheit[6] gewesen, durch welche die Kunst[2] empor gebracht wurde.
[3] Adelung, Gesch. Cultur (1782), 144: Man darf es sich [...] nicht befremden lassen, wenn man [...] in den Dichtungen dieser Zeit den Geschmack so sehr vermisset. Ihre Schönheiten[1] rühren nicht von der Wahl und feinen Bearbeitung des Dichters, sondern von den Gegenständen selbst her, und da Homer ohne Unterschied schöne[1] und häßliche[1], angenehme und widerwärtige Gegenstände schildert, so sind auch die erstern mehr ein Werk des Zufalles, als seiner Wahl. ➢ Volltext.
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 1063: Heide, [...] eine Person, welche außer der Erkenntniß[4] des wahren Gottes[1] lebet, ein Ungläubiger in weitern Verstande[7]; daher im alten[1] Testamente alle Völker[1] außer den Juden[1], heut zu Tage aber alle außer den Juden[1], Christen und Türken, Heiden genannt werden, ob man gleich in den mittlern Zeiten auch die Türken mit zu den Heiden zu zählen pflegte. In einigen Gegenden sind die Zigeuner unter dem Nahmen der Heiden in engerer Bedeutung bekannt..
[5] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 562: Th, der Figur nach ein zusammen gesetzter Buchstab[1], welcher indessen doch nur einen einfachen Laut bezeichnet, einen Laut, welcher dem t gleicht, nur daß er der Regel nach gelinder seyn, und das Mittel zwischen dem weichern d und härtern t halten sollte; Theil, Theer, Thau, Muth, Bethen, Werth. | In den neuern[3] Zeiten hat dieser Buchstab[1] von solchen, welche sich zu Sprachverbesserern aufwarfen, und die Verbesserung der Sprache[3] immer mit der Rechtschreibung anfingen, weil da das Bessern am leichtesten und bequemsten ist, viele Gegner bekommen..
[6] Brentano, Godwi (1801), SWB 16, 129: Ich kann dich [...] lieben, obschon du die Narben vieler Abentheuer der äußern und innern romantischern[5] Zeit deiner Jugend trägst [...]..
[7] Brentano, Godwi (1801), SWB 16, 359: [W]ir werden eine Liebe haben, wenn wir keine Ehe[1] mehr kennen. Bis dahin seyen die Thiere[1] des Waldes gepriesen, wegen ihrer Gesundheit, bis dahin seyen die Freiheitsschmerzen edler Seelen geehret, bis dahin dulde man mein Bild der aufgehenden Sonne für die verlorenen Mädchen. | Denn ich will ewig glauben, daß sich die Liebe in sie geflüchtet hat, in dieser Zeit der Ehe[1], wie alles Gute sich in die Poesie[4] flüchtete zur Zeit der Barbarei, und sie stehen jetzt noch da, wie einst die romantische[12/7] Poesie[1/8] da stand..
[8] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 61:2341, die uns von den Völkern1, wo sie ehedem blühte, übrig sind; im3 der Griechischen2 und Römischen Kunst41..
[9] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 13: Jeder Stand kann zur Erhaltung des Gleichgewichts zwischen dem andern dienen: es kommt darauf an, zwischen welchen Ständen das Gleichgewicht gestört worden; und die Fürsten haben sich in den mittlern Zeiten hierzu des Volks[5] wider die Anmaßungen des Adels[2] bedient..
[10] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 356: Die Theologen und Philosophen des Mittelalters beeiferten sich um die Wette, diese Wissenschaft [sc. Dogmatik] mit müßigen Grübeleien und leeren Spitzfündigkeiten anzufüllen, wovon sie die Gelehrten der neuern Zeit, mit Hülfe der Kritik[3] und Exegese, kaum zu reinigen vermochten..
[11] Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 357: Die pantomimische Tanzkunst, deren Darstellungen ohne Worte[2] bloß durch Bewegungen und Gebehrden geschahen, hat, nach den Beschreibungen der Alten[10] zu urtheilen, zu den Zeiten Augusts in Rom auf dem höchsten Gipfel ihrer Größe gestanden; man tanzte eben so wohl tragische als komische Stücke. [...] In den neuern[5] Zeiten hat der berühmte Noverre diese Kunst[2] [sc. die pantomimische Tanzkunst] wieder auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gehoben (vergl. Ballet); und wenn er in seinen über diesen Gegenstand herausgegebenen Briefen[3] [sc. Lettres sur la danse et sur les ballets, Lyon/Stuttgart 1760] gesteht, daß die Kunst[2] der Pantomime zu unsern Zeiten das nicht mehr leisten könne, was sie zu den Zeiten Augusts geleistet, so hat er sich durch die übertriebnen Ideen täuschen lassen, die man sich nach den Lobschriften der Alten[10] von ihrer Pantomime zu machen pflegt..
[12] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 170: Unsterblich sind Moses Verdienste um sein Volk[1], das wahrlich zu seiner Zeit nicht dazu geeignet war, mitten unter Götzenanbetern den Glauben seiner Väter an einen Gott[1], der ganzen Welt Schöpfer, des Guten und Bösen weisen Regierer, dem einzig Freiheit[1] von Schuld und Verbrechen den Menschen[1] angenehm mache, festzuhalten. Und doch gelang es ihm, sich ihrer Sinnlichkeit für die Sache der Vernunft[3] und der Religion[1] zu bemächtigen, und sie durch Staats- und Tempelgesetze immer auf den Einen zurückzuführen, der ihr eigentlichster Herr sei. Hätten seine Nachfolger den Geist[14/20?] von ihm geerbt, der Jude[1] würde nicht mehr im sclavischen Joche des Ceremoniendienstes den Gott[1] zu verehren glauben, der seine Kinder zur Freiheit[10] erschuf..
[13] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 327: Alle westliche Europäischen Sprachen[3], die aus einer Vermischung des Lateins mit den Sprachen[3], der von den Römern unterjochten, oder später von Osten her eingewanderten Völker[1] entstanden waren, wurden im Mittelalter Roman[i]sche[1] genannt; insbesondre aber bezeichnete man mit diesem Namen das Provenzalische Idiom – ein verdorbnes und verstümmeltes Latein, in welchem die ersten dichterischen Versuche der neuern[3] Zeit gemacht wurden, so wie noch jetzt ein in gewissen Gegenden Graubündens übliches Afterlatein die Romanische[8] Mundart[1] benannt wird..
[14] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 373: Im obern und westlichen Theil heben sich die Gebirge mit weniger Wildheit, und sind größten Theils mit Viehheerden bedeckt; wie denn überhaupt Viehzucht ihre Hauptnahrung ausmacht. Eben so verschieden sind auch die Bewohner selbst in Sitten und Sprache[4]; im Allgemeinen haben die Walliser Wohlwollen, Sanftheit der Sitten und die Einfalt des ersten Weltalters. In den neuern[3] kriegerischen Zeiten wurde dieses schöne[1] romantische[3/7] Land leider zum Schauplatz des auswärtigen 〈374〉 Bürgerkriegs, da die Einwohner sich in entgegengesetzte Meinungen theilten, und, von Parteigeist hingerissen, selbst den auswärtigen Kriegsheeren den Zugang öffneten..
[15] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 22: Adel[1/2] ist diejenige Standeseigenschaft einer Person, vermöge deren ihr besondere, durch Gesetz, Herkommen oder Landesverfassung bestimmte Vorrechte vor andern Staatsbürgern blos persönlich oder als erbliche Geschlechtsvorzüge zugestanden werden; auch bezeichnet man mit diesem Worte[1] alle Die, welche sich im Besitze jener Standeseigenschaft befinden. Wird Jemandem der Adel[1] als Belohnung seiner Verdienste ertheilt, so heißt er persönlicher oder Verdienstadel; gründet sich die Erwerbung auf die Geburt in einer durch adelige Ältern gesetzmäßig eingegangenen Ehe[1] (denn durch Annahme an Kindesstatt oder Anerkennung durch nachfolgende Ehe[1] wird er nicht schlechterdings und durch Ehelichmachung mittels Rescripts des Fürsten gar nicht erlangt), so nennt man ihn Geburts- oder Erbadel. Gegen diesen letztern und seine in Anspruch genommenen Vorrechte haben sich namentlich zur Zeit der franz. Revolution in Frankreich und später auch in Deutschland viele Stimmen[11] erhoben; dort ward der Erbadel 1789 ganz abgeschafft und hier seine Vorrechte sehr beschränkt, wodurch die Gleichheit mit den übrigen Ständen, und namentlich die Zuziehung des Adels[2] zu den öffentlichen Lasten sehr gefödert wurde..
[16] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 437: Classisch[3] und Classiker[4] wurden zuerst diejenigen Bürger des alten[10] Roms genannt, welche zufolge der durch den König Servius Tullius, 578–534 v. Chr., angeordneten Eintheilung des Volkes[4] in sechs Vermögensclassen, in die erste Classe[1] gehörten. Nach Wiederherstellung des Studiums der aus dem Alterthume[3] übrigen Schriftsteller wurden aber beide Ausdrücke auf die griech.[2] und röm. Autoren im Allgemeinen angewandt und man legte ihren gesammten Schriften, im Gegensatze zur neuern[5] oder romantischen{12], den Namen der classischen[7] Literatur bei, obgleich Vieles nicht als classisch[3], d. h. durch seine äußere und innere Vollendung in die erste Classe[1] gehörend, betrachtet werden kann. Auch die Schöpfungen der Kunst[2] der Alten[10] werden classisch[7] genannt, und insofern man darunter die innere und äußere Vollendung und musterhafte Ausführung eines Schrift- oder Kunstwerks[4] versteht, besitzt auch die neuere[5] Zeit ihre classischen[3] Schriftsteller und Künstler..
[17] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 34: [D]ie röm.[ische] Schule schreibt ihren Ursprung aus den frühesten Zeiten der Kunst[4] her [...]. Ihr Hauptsitz war Perugia im Kirchenstaate, wo es schon im 13. Jahrh.[undert] eine Malerzunft gab, und ihr auszeichnender Charakter[1], den ungekünstelte Natur[19], Adel[5] der Form und einfache Frömmigkeit ausmachen, wurde besonders von Pietro Vanucci, von seinem Geburtsorte Perugino genannt, 1446–1524, vorbereitet..
[18] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 161: [D]ie der christlichen Zeit eigenthümliche Richtung von Poesie[1] und Kunst[4] [wird] im Gegensatze des Antiken[2] [...] eine moderne[1] genannt und als Haupteigenschaft derselben die im Mittelalter und vorzüglich mit dem 12. Jahrh. sich geltend machende Romantik[8] angenommen, für die aber am Ende des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Literatur und Kunst[4] der Alten[10] [...] eine neue[1] Periode anhob, welche auch vorzugsweise als die moderne[8] und dann die vorhergehende als die romantische[13] bezeichnet wird..
[19] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 734: Für die nationale Richtung der deutschen Literatur und Kunst[4] und die Beurtheilung des Mittelalters ist es im Allgemeinen ersprießlich gewesen, daß in neuerer Zeit namentlich A. W. und Friedr. Schlegel und L. Tieck mit ihren Freunden sich bemühten, das Romantische[13] für die Gegenwart wieder zu beleben, obgleich dadurch mitunter unklare und beschränkte Köpfe zu argen Verirrungen hingerissen worden sind. Mit dieser deutschen Schule der Romantiker[3] darf jedoch die neue[3] Richtung in der franz. Literatur nicht verwechselt werden, deren Anhänger ebenfalls Romantiker[3] genannt werden, allein keineswegs zur mittelalterlichen Romantik[11] sich bekennen, sondern vielmehr dem erstarrten Classicismus gegenüber [...] einen ganz der modernen[8] Zeit und Volksthümlichkeit angehörenden Geschmack in Literatur und Kunst[4] vertreten, den aber noch große Gebrechen entstellen..
[20] Droysen, Alex. (o. J. [1833]), 546: Auch die poetische Kunst versuchte es, an diesem neuen Leben Antheil zu gewinnen; aber erstorben wie sie schon war, hat sie es nicht mehr vermocht, die Farbenpracht Persischer Mährchen oder die überirdische Feierlichkeit monotheistischer Psalmen und Prophetien in sich aufzunehmen; sie kehrte schnell zur blinden Nachahmung ihrer classischen[3] Zeit zurück und überließ es dem Morgenlande, die Erinnerung an den gemeinsamen Helden Iskander in tausend Sagen und Gesän〈547〉gen von Geschlecht zu Geschlecht zu vererben. ➢ Volltext.
[21] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 321: Diejenige Art des Ehrgefühls, die der Adel[2] für sein ausschließendes Erbtheil hält, ist eine Reliquie aus Zeiten und von Sitten, die nicht die unsrigen sind; so viel es ehemals gewirkt, und von so gutem Nutzen es gewesen seyn mag, so ist es doch jetzt ganz von keinem; es ist ein Fremdling in unserer Welt, der sich in seine Stelle nicht zu finden und seinen Platz nicht zu behaupten weiß. .
[22] J. N. Forkel, Bach (1802), 26: Um [...] eine [...] Harmonie hervor zu bringen, in welcher die einzelnen Stimmen[9] im höchsten Grade geschmeidig und biegsam gegen einander seyn müssen, wenn sie alle einen freyen[1], fließenden Gesang haben sollen, bediente sich Bach ganz besonderer Mittel, die in den damahligen musikalischen[1] Lehrbüchern noch nicht gelehrt wurden, die ihn aber sein großes Genie[2] lehrte. Sie lagen in der großen Freyheit[1], die er dem Gange seiner Stimmen[9] gab. Er übertrat dadurch alle hergebrachte und zu seiner Zeit für heilig gehaltene Regeln dem Scheine nach, aber nicht in der That. Denn er erfüllte ihren Zweck, der in nichts anderm als in der Beförderung reiner Harmonie und Melodie, oder successiven und coexistirenden Wohlklangs bestehen kann, aufs vollkommenste, nur auf ungewöhnlichen Wegen..
[23] Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 130: So haben die Dichter[1] in Zeiten gelebt, wo das Ehrwürdige mehr erkannt ward, rief Wilhelm aus, und so sollten sie immer leben. Genugsam in ihrem Innersten ausgestattet bedurften sie wenig von außen; die Gabe, schöne[1] Empfindungen, herrliche Bilder den Menschen[1] in süßen, sich an jeden Gegenstand anschmiegenden Worten[2] und Melodien mitzutheilen, bezauberte von jeher die Welt, und war für den Begabten ein reichliches Erbtheil. An der Könige Höfen, an den Tischen der Reichen, vor den Thüren der Verliebten horchte man auf sie, indem sich das Ohr[3] und die Seele für alles andere verschloß, wie man sich selig preis't und entzückt stille steht, wenn aus den Gebüschen, durch die man wandelt, die Stimme[3] der Nachtigall gewaltig rührend hervordringt!.
[24] Goethe, Dicht. u. Wahrh. I (1811), 37: Es erinnerte diese Ceremonie an jene ersten Zeiten, wo bedeutende Handelsstädte sich von den Zöllen, welche mit Handel und Gewerb in gleichem Maaße zunahmen, wo nicht zu befreyen, doch wenigstens eine Milderung derselben zu erlangen suchten. Der Kaiser, der ihrer bedurfte, ertheilte eine solche Freyheit[8], da wo es von ihm abhing, gewöhnlich aber nur auf ein Jahr, und sie mußte daher jährlich erneuert werden..
[25] Goethe, Dt. Sprache (1817), 48: [V]on jener Zeit an läßt sich die Geschichte[7] der deutschen[1] Oper in ununterbrochener Reihe durchführen.➢ Volltext.
[26] Goethe, an K. v. Sternberg (30. 6. 1831), WA IV, 48, 265: Zu Stärkung und Kräftigung habe ich angefangen, die Dialogen des Galilei zu lesen. Wenn man nicht rechnet, was in seiner Zeit noch unbekannt war, und wie man sich mit dem aristotelischen Buchstaben[11] herumzuschlagen hatte, so ist es ein höchst auferbauliches Lesen. Wie sich der Naturblick gegen den Buchstaben[11] wehrt, ist fast zum Betrüben..
[27] Görres, Tt. Volksb. (1807), 278: [U]nd wie mit dem Verlaufe der Geschichte die Cultur[4/6] sich mehr nach Westen zog, ziehen sich auch die Kreise enger um unsere Zeit zusammen: vorzüglich aber das Mittelalter ist die Periode, wo die Gestalten sich am dichtesten aneinander drängen, wo hauptsächlich die Stiftung gegründet wurde, von der die gegenwärtige Generation noch die Zinsen zieht. Welch eine wunderseltsame Zeit ist nicht dies Mittelalter, wie glühte nicht in ihm die Erde liebeswarm und lebenstrunken auf; wie waren die Völker[1] nicht kräftige junge Stämme noch, nichts Welkes, nichts 〈279〉 Kränkelndes, alles saftig, frisch und voll, alle Pulse rege schlagend, alle Quellen rasch aufsprudelnd, Alles bis in die Extreme hin lebendig!.
[28] Görres, Tt. Volksb. (1807), 290: So wäre es daher verständig wohl, nicht ferner mehr so sehr zu pochen auf das was wir geleistet, und bey unsern Vätern anzufragen, daß sie in unserm Misere uns ihren Geist[11] nicht vorenthalten, und uns erquicken in unserer Noth, mit dem was Gutes und Schönes sie gebildet: sie sind immer die Nächsten uns, und werden es uns nicht entgelten lassen, was wir in den Tagen unseres Stolzes gegen sie verbrochen haben. Auch das wird uns fernerhin wenig zieren, sie herabzusetzen so ganz und gar gegen die alte[10] classische[3] Zeit in Griechenland; die Griechen mögten sonst, wenn wir so gar knechtisch von unserm und unserer Väter Naturelle denken, uns wohl für Heloten nehmen, die sich mit ihrer Herren Sitte und ihrer Art nach gemeiner Sclaven Weise blähen wollten, und das würde uns wieder sehr empfindlich fallen..
[29] Gutzkow, Wally (1835), 5: Auf weißem Zelter sprengte im sonnengolddurchwirkten Walde Wally, ein Bild, das die Schönheit[1] Aphroditens übertraf, da sich bei ihm zu jedem klassischen[5/6?] Reize, der nur aus dem cyprischen Meerschaume geflossen sein konnte, noch alle romantischen[4/8?] Zauber gesellten: ja selbst die Draperie der modernsten[8] Zeit fehlte nicht, ein Vorzug, der sich weniger in der Schönheit[1] selbst als in ihrer Atmosphäre kundzugeben pflegt..
[30] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), XIII: Unter diesen Umständen bleibt hier für eine kritische[4] Ausgabe nichts anderes übrig, als die älteste[1] Handschrift, welche die stärkste Vermuthung der Ursprünglichkeit für sich hat, zum Grunde zu legen. Solches ist denn auch bei den Nibelungen geschehen und im Ganzen die Hohen Emser Handschrift für die älteste[1] und ächteste angenommen; die anderen, und für jetzo besonders die Münchener, sind jedoch stark zu Rathe gezogen: einmal, weil sie gewiß nicht viel jünger sind, und dann, weil das Nibelungen Lied, gleich dem edlem Golde, durch sich selber und seine eigene Trefflichkeit, sich viel reiner erhalten hat, als viele andere Werke jener Zeit, und namentlich die meisten der noch übrigen Nazionalgedichte. Der eigene Umstand, daß es, eben so unbegreiflich als unverantwortlich, bald nach seiner herrlichen Erscheinung in der jetzigen Gestalt, bis in die neueste[3] Zeit, fast gänzlich verschollen und vergessen war, ist, wiewohl für das Deutsche Volk[1] ein nicht zu berechnender Verlust, doch für das Gedicht selbst als ein Glück zu achten, indem es dadurch der besonders verderblichen Hand der späteren Abschreiber entzogen, und so wahrscheinlich der Untergang der guten alten[1] Handschriften verhindert wurde..
[31] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III f. (IV): Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung[1] der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. Die gleichzeitige Reformazion war dabei gewiß auch nicht ohne Einfluß: so wie dagegen der Katholizismus der Poesie[3] so günstig gewesen war. Zwar ist die frühe Einwirkung eben dieser Religion und einer fremden[1] Sprache[3] 〈IV〉 und Schrift wieder störend für die eigenthümliche Entwickelung der Deutschen Nazionalpoesie gewesen, hat dieselbe frühe zu frommen oder bloß gelehrten Zwecken verarbeitet, und besonders durch Übersetzung religiöser und klassischer[7] Schriften, zugleich eine breite Prosa[1] neben ihr erzeugt: durch welches alles auch die die [sic] Deutsche Poesie[3] den Karakter[1] der romantischen[1] an sich trägt, und sich das eigenthümliche Streben dieser zum prosaischen[1] Roman[1] kund giebt. Dennoch ist die Poesie[3] hauptsächlicher Ausdruck dieser ganzen Zeit, und zwar, wie es uns scheint, der eigenthümlichste für Deutschland, indem nicht nur die alte Volkspoesie sich trefflich ausbildete, sondern auch die fremden[1] Romane[1] und religiösen Dichtungen kräftig angeeignet wurden, um so eher, da ihr Geist[12] ursprünglich von hier ausging oder doch verwandt war. So ist denn auch in dieser ganzen Periode eine vollständige poetische[5] Entwickelung sichtbar, und die in der älteren Zeit häufigere Prosa[1], verliert sich in der eigentlichen Blüthezeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts immer mehr, und selbst die Bibel und Kroniken erscheinen in Reimen.
[32] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), VI: Die bloß chronologische [Anordnung] giebt nur Annalen, und zeigt keine historische Entwickelung. Die Absonderung nach den Dichtarten ist daher um so nöthiger und schicklicher, weil die Geschichte[1] der Poesie[3] durch sie bedingt ist, und daher z. B. die antike[2] Poetik eine ganz andere ist, als die romantische[13] und moderne[8]. Die dreieinigen Grundformen, die epische, lyrische und dramatische, sind zwar allgemeingültig und überall, wo die Poesie[3]; aber einmal haben sie selber, in der Erscheinung, sich aus und nach einander entwickelt; und dann sind sie nach Ort und Zeit mehr oder minder rein ausgebildet.
[33] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 286: Vorzüglich [...] ist in neuester[3] Zeit die innre haltlose Zerrissenheit, welche alle widrigsten Dissonanzen durchgeht, Mode geworden, und hat einen Humor[2] der Abscheulichkeit und eine Fratzenhaftigkeit der Ironie[1] zu Wege gebracht, in der sich Theodor Hoffmann z. B. wohlgefiel. ➢ Volltext.
[34] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 367: Innerhalb der Poesie[11] ist [...] das Volkslied am meisten nationell und an Seiten der Natürlichkeit geknüpft, weshalb das Volkslied auch den Zeiten geringer geistiger Ausbildung angehört und am meisten die Unbefangenheit des Natürlichen bewahrt. Göthe z. B. hat in allen Formen und Gattungen der Poesie[11] Kunstwerke producirt, das Innigste aber und Unabsichtlichste sind seine ersten Lieder. Zu ihnen gehört die geringste Kultur[4]. ➢ Volltext.
[35] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 119 f. (120): Bei der Fülle der durcheinandertreibenden Gestalten und der überwiegenden Rohheit der Charaktere[7] fehlt es solchen Gemälden auch leicht an innerer Harmonie, sowohl der Komposition als auch der Färbung, so daß man besonders beim ersten Wiederaufleben des 〈120〉 Geschmacks an älterer[1] deutscher Malerei, bei der im Ganzen geringeren Vollendung der Technik viele Verstöße in Rücksicht auf die Entstehungszeit solcher Werke gemacht hat. Man hielt sie für älter[1] als die vollendeteren Gemälde der eyckischen Epoche, während sie doch größtentheils in eine spätere Zeit fallen. ➢ Volltext.
[36] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 502: Nun bleibt zwar auch dem dramatischen Dichter der Ausweg übrig, das Publikum[4] zu verachten; er hat dann aber gerade in Betreff seiner eigentlichsten Wirkungsweise immer seinen Zweck verfehlt. Besonders bei uns Deutschen ist seit der tieckischen Zeit her dieser Trotz gegen das Publikum[4] Mode geworden. Der deutsche Autor will sich seiner besonderen Individualität nach aussprechen, nicht aber dem Hörer und Zuschauer seine Sache genehm machen. Im Gegentheil in seinem deutschen Eigensinn muß jeder was Anderes haben als der Andere, um sich als Original zu zeigen. ➢ Volltext.
[37] Heine, Romant. Schule (1836), 58: Voß hatte schon vor Entstehung der neuen[6] Schule den Homer übersetzt, jetzt übersetzte er, mit unerhörtem Fleiß, auch die übrigen heidnischen Dichter des Alterthums[3]; während Herr A. W. Schlegel die christlichen Dichter der romantisch[13] katholischen Zeit übersetzte. Beider Arbeiten wurden bestimmt durch die versteckt polemische Absicht: Voß wollte die klassische[8] Poesie[1] und Denkweise durch seine Uebersetzungen befördern; während Herr A. W. Schlegel die christlich-romantischen[13] Dichter in guten Uebersetzungen dem Publikum[3], 〈59〉 zur Nachahmung und Bildung[2], zugänglich machen wollte. ➢ Volltext.
[38] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115: Der Grund der kühnen Wortmetaphern lag in der ersten Empfindung; aber wie? wenn spät nachher, wenn schon alles Bedürfniß weggefallen ist, aus bloßer Nachahmungssucht, oder Liebe zum Alterthum[2] dergleichen Wort- und Bildergattungen bleiben? Und gar noch ausgedehnt und erhöhet werden? Denn, o denn wird der erhabne Unsinn, das aufgedunsne Wortspiel daraus, was es im Anfang eigentlich nicht war. Dort wars kühner, männlicher Witz[2], der denn vielleicht am wenigsten spielen wollte, wenn er am meisten zu spielen schien! es war rohe Erhabenheit der Phantasie[2], die solch Gefühl in solchem Worte[1] herausarbeitete; aber nun im Gebrauche schaaler Nachahmer, ohne solches Gefühl, ohne solche Gelegenheit – Ach! Ampullen von Worten[1] ohne Geist[30]! und das ist „das Schicksal aller derer Sprachen[3] in spätern Zeiten gewesen, deren erste Formen so kühn waren.“ ➢ Volltext.
[39] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 78 f. (79): Und ohne mich hier auf die 〈79〉 verschiednen Perioden des Geists[26] der mittlern Zeiten einlassen zu können; wir wollens gothischen Geist[26], nordisches Ritterthum im weitsten Verstande[7] nennen [...]. | [...] Väterliche Neigungen, und heilige Verehrung des weiblichen[1] Geschlechts[2]: unauslöschliche Freyheitliebe und Despotismus: Religion[4] und kriegerischer Geist[14]: pünktliche Ordnung und Feyerlichkeit und sonderbarer Hang zur Aventure – das floß zusammen! [...] Der Geist[26] des Jahrhunderts durchwebte und band – die verschiedensten Eigenschaften – Tapferkeit, und Möncherey, 〈80〉 Abentheur und Galanterie, Tyranney und Edelmuth; bands zu dem Ganzen, das uns jetzt – zwischen Römern und uns – als Gespenst als romantisches[2] Abentheuer dasteht, einst wars Natur[21], war – Wahrheit. .
[40] Herder, Engl. u. dt. Dichtk. (1777), 423: Freylich, wenn wir in den mittlern Zeiten nur Shakespeare und Spenser gehabt hätten; an Theobalden und Upton, Warton und Johnson sollte es 〈424〉 nicht fehlen: hier ist aber eben die Frage, warum wir keine Shakespeare und Spenser gehabt haben? | Der Strich romantischer[13] Denkart läuft über Europa; wie nun aber über Deutschland besonders? Kann man beweisen, daß es wirklich seine Lieblingshelden, Originalsujets, Nazional- und Kindermythologien gehabt und mit eignem Gepräge bearbeitet habe? Parcival, Melusine, Magellone, Artus, die Ritter von der Tafelrunde, die Rolandsmährchen sind fremdes[1] Gut; sollten die Deutschen denn von jeher bestimmt gewesen seyn, nur zu übersezen, nur nachzuahmen? ➢ Volltext.
[41] Herder, Engl. u. dt. Dichtk. (1777), 426 f. (427): Als vor weniger Zeit die Barden-Windsbraut brauste: wie wurde nach den Gesängen gerufen, die der grosse Karl gesammlet haben soll! Wie wurden diese völlig unbekannter Weise gelobt, nachgeahmt, gesungen – ihr Fund so leicht gemacht, als ob sie nur aus der Hand gelegt wären, an ihnen 〈427〉 nichts weniger als ein deutscher Ossian gehoffet u. f. Treflich Alles in der Ferne! Wenn da auf einmal ein Macpherson in Tyrol oder in Baiern aufstünde, und uns da so einen deutschen Ossian sänge, ginge es hin, so weit ließen wir uns etwa noch mitziehen. Nun aber wären diese Gesänge in einer Sprache[3], wie sie nach Analogie der schilterschen Sammlung nothwendig sein müsten; müsten sie, weil vor Ottfried alles undisziplinirte Sprache[3] war, als lebendiger Gesang im Munde der Barden erst buchstabirt, als eine Zaubergestalt voriger Zeiten im Spiegel der Glossatoren studirt werden, ohne das sie sowenig als Ulfila's Evangelien in unsern Kirchen Wunder thun könnten; wie viel Lobredner und Jünger würden stracks zurückgehen und sagen: „Ich kenne euch nicht! Ich hatte mir so einen klassischen[5] Ossian vermutet!“
[42] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 62: Man erstaunt über die Menge der Künste[1/2] und Gewerbe, die man in den Nachrichten der Ebräer, schon von den frühesten Zeiten an, mehreren kleinen Nomadenvölkern dieser Gegend [sc. Vorderasien] gemein findet..
[43] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 208: Weder Philopömens Klugheit noch Aratus Rechtschaffenheit gaben Griechenland seine alte[[[[BedeutungsVerweis ID='505' Anzeige='6' Formatierung='1']]]] Zeiten wieder. Wie die Sonne im Niedergange von den Dünsten des Horizonts umringt, eine größere, romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Gestalt hat: so hats die Staatskunst Griechenlandes in diesem Zeitpunkt; allein die Stralen der untergehenden Sonne erwärmen nicht mehr wie am Mittage, und die Staatskunst der sterbenden Griechen blieb unkräftig..
[44] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 282: Tacitus [...] wars unmöglich, Begebenheiten zu erzählen, ohne daß er die Ursachen derselben entwickle und das Verabscheuungswürdige mit schwarzen Farben male. Seine Geschichte[7] ächzet nach Freiheit[6], und in ihrem dunkel-verschlossenen Ton[12] beklagt sie den Verlust derselben weit bitterer, als sies mit Worten[2] thun könnte. Nur der Zeiten der Freiheit[6], d. i. offener Handlungen[1] im Staat und im Kriege, erfreuet sich die Beredsamkeit und Geschichte[4]; mit jenen sind beide dahin; sie borgen im Müssiggange des Staats auch müßige Betrachtungen und Worte[2]..
[45] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 321: Selbst unsre kurze Geschichte[7] beweiset es daher schon klar, daß mit der wachsenden wahren Aufklärung der Völker[1] die menschenfeindlichen, sinnlosen Zerstörungen derselben sich glücklich vermindert haben. Seit Roms Untergange ist in Europa kein cultiviertes Reich mehr entstanden, das seine ganze Einrichtung auf Kriege und Eroberungen gebauet hätte; denn die verheerenden Nationen[1] der mittleren Zeiten[3] waren rohe, wilde Völker[1]. Je mehr aber auch sie Cultur[4] empfingen und ihr Eigenthum liebgewinnen lernten, desto mehr drang sich ihnen unvermerkt, ja oft wider ihren Willen, der schönere[1], ruhige Geist[14] des Kunstfleißes, des Ackerbaues, des Handels und der Wissenschaft[1] auf. Man lernte nutzen ohne zu vernichten, weil das Vernichtete sich 〈322〉 nicht mehr nutzen läßt, und so ward mit der Zeit[1], gleichsam durch die Natur[1] der Sache selbst, ein friedliches Gleichgewicht zwischen den Völkern[1], weil nach Jahrhunderten wilder Befehdung es endlich alle einsehen lernten, daß der Zweck, den Jeder wünschte, sich nicht anders erreichen ließe, als daß sie gemeinschaftlich dazu beitrügen. .
[46] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 323: Blutige Fechterspiele, grausame Thierkämpfe dulden wir nicht mehr; alle diese wilden Jugendübungen ist das Menschengeschlecht durchgangen und hat endlich einsehen gelernt, daß ihre tolle Lust der Mühe nicht werth sei. Gleichergestalt bedürfen wir des Drucks armer Römersklaven oder Spartanischer Heloten nicht mehr, da unsre Verfassung durch freie[6] Geschöpfe das leichter zu erreichen weiß, was jene alten[10] Verfassungen durch menschliche Thiere[3] gefährlicher und selbst kostbarer erreichten; ja es muß eine Zeit kommen, da wir auf unsern unmenschlichen Negerhandel ebenso bedaurend zurücksehen werden als auf die alten[10] Römersklaven oder auf die Spartanischen Heloten, wenn nicht aus Menschenliebe so aus Berechnung..
[47] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 41: Die Juden[1] betrachten wir hier nur als die parasitische Pflanze[1], die sich beinah allen europäischen Nationen[1] angehängt und mehr oder minder von ihrem Saft an sich gezogen hat. Nach dem Untergange des alten[9] Roms waren ihrer vergleichungsweise nur noch wenige in Europa; durch die Verfolgungen der Araber kamen sie in großen Haufen herüber und haben sich selbst Nationenweise vertheilet. Daß sie den Aussatz in unsern Welttheil gebracht, ist unwahrscheinlich; ein ärgerer Aussatz wars, daß sie in allen barbarischen Jahrhunderten als Wechsler, Unterhändler und Reichsknechte niederträchtige Werkzeuge des Wuchers wurden und gegen eignen Gewinn die barbarisch-stolze Unwissenheit der Europäer im Handel dadurch stärkten. Grausam ging man oft mit ihnen um und erpreßte tyrannisch, was sie durch Geiz und Betrug oder durch Fleiß, Klugheit und Ordnung erworben hatten; indem sie aber solcher Begegnungen gewohnt waren und selbst darauf rechnen mußten, so überlisteten und erpreßten sie desto mehr. Indessen waren sie der damaligen Zeit[5] und sind noch jetzt manchen Ländern unentbehrlich; wie denn auch nicht zu läugnen ist, daß durch sie die hebräische Litteratur erhalten, in den dunkeln Zeiten[3] die von den Arabern erlangte Wissenschaft[3], Arzneikunde und Weltweisheit auch durch sie fortgepflanzt und sonst manches Gute geschafft worden, wozu sich kein andrer als ein Jude[1] gebrauchen ließ. Es wird eine Zeit[3] kommen, da man in Europa nicht mehr fra〈42〉gen wird, wer Jude[1] oder Christ sei; denn auch der Jude[1] wird nach europäischen Gesetzen leben und zum Besten des Staats beitragen. Nur eine barbarische Verfassung hat ihn daran hindern oder seine Fähigkeit schädlich machen mögen..
[48] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 216: Und wer war in Rom, an der Spitze seines heiligen Collegium, dieser Eine? [...] ein Mann oder Greis ward erwählet, der, meistens in Geschäften der Kirche schon geübt, das Feld kannte, auf welchem er Arbeiter bestellen sollte. Oder er war mit den Fürsten seiner Zeit nahe verwandt, und ward in kritischen[5] Zeiten gerade nur zu der Verlegenheit gewählt, die er abthun sollte..
[49] Herder, Bef. d. Hum. IV (1794), 75: [A]ls in den mittleren Zeiten die Poesie[1] wieder auflebte, erinnerte sie sich bald ihres ehemaligen wahren Geburtslandes unter Pflanzen[1] und Blumen. Die 〈76〉 Provenzal- und Romantischen[12] Dichter liebten dergleichen Beschreibungen; bei Spenser z. B. sind es noch immer anmuthige Stanzen, die uns schöne[1] Wüsteneien samt ihren Gewächsen und Blumen schildern. .
[50] Herder, Bef. d. Hum. VI (1795), 159: Das Alterthum[3] [...] hatte soviel öffentliche Gebäude, prächtig durch ihre Größe; Akademieen, Colisäen, Theater u. f., die wie die Luft zum freien[1] Gebrauch waren. Die neuere[5] Zeit hat lauter eingeschränkte Besitzungen, öffentli〈160〉che Gebäude, wo der Eintritt vor der Thür bezahlt wird. Sind in unsern engen Kreisen Herz und Geist[22] beschränkter, wie in jenem uns romantischen[7] Alter: so streben wir jetzt desto sicherer nach einem nicht zu hoch gesteckten Ziele..
[51] Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 15 ff. (16 f.): Zuerst giebt ihr Fragment es selbst zu, daß auch vor der sogenannten Erwekkung der Alten[10] in jedem Fach große Männer, Denker und Dichter gelebt haben; und eben so wenig wird bezweifelt werden können, daß seit dieser Entdeckung große Männer gelebt und geschrieben haben, die von den Alten[10] wenig oder nichts wußten. Ich darf von den ersten nur Dante, von 〈16〉 den letzten nur Shakespeare anführen; wie viel andre möchten zu nennen seyn! Die größten Erfindungen sind in den Zeiten gemacht, die wir barbarische, rohe Zeiten nennen; vielleicht haben in ihnen auch die größesten Männer gelebet. Damals standen die Köpfe noch nicht so dicht an einander; jeder hatte zum eignen Denken freien[1] Raum; um sie war Dämmerung; desto munterer aber wirkten sie, und dorften in der Mittagssonne der Alten[10] eben noch nicht erblinden. Wie Ein Roger Baco vor hundert Commentatoren des Aristoteles gilt: so giebt es romantische[1] Gedichte der mittleren, selbst der neueren[9] Zeit, bei denen man den Geschmack der Alten[10] gern vergißt und in ihnen wie im Feenreich lustwandelt. Ich erinnere Sie an so manche Romane[1], die uns der Graf Treßan und seine Gehülfen gegeben, ja 〈17〉 seit Wiederauflebung der Wissenschaften an die größesten Lichter aller cultivirten Nationen[1]. Woher nahmen Ariost und die ihm vorgingen, woher Spenser, Shakespeare und zwar in seinen rührendsten Stücken Form und Inhalt? Nicht aus den Alten[10], sondern aus der Denkart des Volks[5] und seinem Geschmack in ihren und den mittleren Zeiten..
[52] Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 17 f. (18): Boëthius und Auson's Gedichte sind zur Zeit[7] des allgemeinen Verfalls der Römischen Sprache[3] und Poesie[1] merkwürdige Erscheinungen. [...] Beide, insonderheit Boëthius, sind den folgenden dunkeln Jahrhunderten leitende Sterne 〈18〉 gewesen; wie denn auch in ihm [...] bereits sichtbarerweise ein neuer[1] Geschmack hervorgehet, der den folgenden Zeiten[3] verwandt und ihnen daher lieber war, als der große Geschmack der alten[10] classischen[5] Dichter..
[53] Herder, Bef. d. Hum. X (1797), 249: Am wenigsten kann also unsre Europäische Cultur[4] das Maas allgemeiner Menschengüte und Menschenwerthes seyn; sie ist kein oder ein falscher Maasstab. Europäische Cultur[4] ist ein abgezogener Begriff[1], ein Name. Wo existiert sie ganz? bei welchem Volk[1]? in welchen Zeiten? Ueberdem sind mit ihr (wer darf es läugnen?) so viele Mängel und Schwächen, so viele Verzuckungen und Abscheulichkeiten verbunden, daß nur ein ungütiges Wesen diese Veranlassungen höherer Cultur[4] zu einem Gesammt-Zustande unsres ganzen Geschlechts machen könnte. Die Cultur[4] der Menschheit[2] ist eine andre Sache; Ort- und Zeitmäßig sprießt sie allenthalben hervor, hier reicher und üppiger, dort ärmer und kärger. Der Genius der Menschen-Naturgeschichte lebt in und mit jedem Volk[1], als ob dies das einzige auf Erden wäre. .
[54] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 297 f.: Eisen. Dieses Metall, das merkwürdigste unter allen, ist aus uralten Zeiten her schon bekannt, und beinahe eine Bedingung der Kultur[4] des menschlichen Geschlechts geworden, indem viele tausend Gegenstände nicht ohne Eisen gemacht werden können. Man bedarf des Eisens, um eine Feder zu schneiden, Eisen enthält die Tinte, mit welcher geschrieben wird, Eisen braucht man, um die Lumpen, aus denen Papier gemacht wird, zu zerschneiden, Eisen, um sie sein zu mahlen, Eisen, um den Draht zu ziehen, der zu den Papierformen verwendet wird, eiserne 〈298〉 Stempel muß man haben, um die Buchstaben[2] für den Buchdrucker zu gießen, und dieser braucht eiserne Pressen um zu drucken etc. Die Völker[1], welche mit dem Gebrauch und der Verwendung des Eisens am vertrautesten sind, stehen auch auf der höchsten Stufe der Kultur[4]..
[55] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 433: Die Neigung zu rhetorischer Ausbildung des poetischen[4] Talentes ward noch vorherrschender während des siebenzehnten Jahrhunderts, dessen dichterische Erzeugnisse sich durch ein entschiedenes Streben nach Correktheit und Eleganz auszeichnen [...], und diese Richtung blieb auch, obwohl das eigentliche Wesen der Poesie[11] sehr darunter litt, in der folgenden Zeit vorherschend, wo es durch Alexander Pope [...], einen eigentlich mehr geistreich als originell zu nennenden Dichter, der aber unbedingt als der correkteste Autor zu betrachten ist, welchen England aufzuweisen hat, die höchste Stufe erreichte. Es war in Hinsicht auf die Form eine wahrhaft klassische[3] Zeit für die englische 〈434〉 schöne Literatur [...]..
[56] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 50: In jener schönern[1] Zeit, wo noch die ganze Natur[2] dem Menschen[1] näher stand, wo jeder Baum, jede Blume lebte und selbst das zutraulichere Thier[1] den Menschen[1] mit sprechenden Augen ansah, in den Tagen, wo der Mensch[1] noch ein harmloses Kind war, und unbefangen mit den ihn umgebenden Gegenständen spielte, in jener Zeit einer einfachen unschuldigen Sinnlichkeit entstand die Fabel. .
[57] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 201 f. (202): Die Gesetze der Einheit von Zeit[13], Ort und Handlung[3] wurden nicht nur als die festeste Norm befolgt, sondern sie dienten auch bei der Beurtheilung jedes tragischen Dichtwerks als Maßstab. Eine Verschmelzung dieser Nachahmung der antiken[2] Muster mit dem Geiste[12] der Nation[1] finden wir bei den Heroen der französischen Tragödie Corneille [...] und Racine [...]. Diese beiden und Molière [...] rissen die Bühne aus ihrer ersten Rohheit. Doch blieb immer eine Steifheit, ein geziertes, hochtrabendes Wesen zurück, das selbst Voltaire [...] 〈202〉 [...] nicht verdrängen konnte. [...] Gegen jene klassischen[4/8] Vorbilder erhob sich in neuester[3] Zeit[3] die Schule der Romantiker[3], an deren Spitze Victor Hugo [...] steht. Sie hat zwar die altfranzösische Tragödie nicht verdrängen können, behauptet aber doch siegreich ihren Platz neben ihr, und wie aus allen Kämpfen der Art, so wird auch hier ein vermittelndes Princip aus den Eigenthümlichkeiten beider Schulen ein gutes, erfreuliches Resultat schaffen..
[58] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 451: Glyptothek, das stolze und klassische[8] Prachtgebäude in München, zur Aufbewahrung der kostbarsten Kunstwerke der Bildhauerarbeit aller Zeiten und Völker[1]..
[59] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VI (1836), 239: Endlich erschien Shakespeare. Die Natur[11], wie sie ist – war sein Princip. Schiller gab der neuen[5] Zeit: Veredelte Natur[11]; Goethe [...]: Leben der Erde. Der wäre wohl der höchste Künstler, der mit der gigantischen Kraft und Sehergabe Shakespeare's, den Seelenadel Schiller's und Goethe's Weisheit und Klarheit verbände..
[60] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VII (1836), 455: Die höheren Studien verfolgte [Friedrich von] H.[ardenberg] auf den Universitäten Jena, Leipzig und Wittenberg. [...] Im Sommer 1799 ward er als Assessor dem Directorium der Salinen beigesellt, und in die Zeit dieses Aufenthalts fällt sein lebhafterer Verkehr mit denjenigen Literaten, welche man oft kurzweg die Romantiker[3] nennt, mit den Gebrüdern Schlegel, Ludwig Tieck etc., die damals in Jena waren, und [...] eine neue[1] Dichterschule zu gründen versuchten [...]..
[61] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), III: Bey der großen Menge Schriften antiquarischen Inhalts scheint das antiquarische Studium noch am weitesten von derjenigen Bearbeitung entfernt zu seyn, welche andere Wissenschaften, selbst die am nächsten mit ihm verwandten, alte[9] Geschichte[4], Kritik[3] und Diplomatik [...] in den neuesten[3] Zeiten erhalten haben. ➢ Volltext.
[62] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), 171: [J]ener Grundsatz, der die Vollkommenheit der Kunst[10] unter den Griechen von der Freyheit[6] ableitet, erfordert, wenn er zutreffen soll, so viele Erweiterungen und Einschränkungen, daß am Ende wenig davon übrig bleibt. Allerdings kann die Freyheit[6] von Umständen begleitet werden, welche die Künstlergenies erwecken können: als, Begeisterung der Ruhmbegierde; aber Freyheit[6] an und für sich kann ein unthätiger, träger, tämischer Zustand seyn; er kann auch von so vielen Unruhen und Bedrängnissen, physischer, sittlicher und politischer Art, beenget werden, daß Kunst[2] und Wissenschaft wenig Eingang finden. Die Freyheit[6] der Griechen ist überdies ein so unbestimmtes, und nach verschiedenen Gegenden und Zeiten Griechenlands so vielartiges Ding, daß alles schwankend wird, was man darauf bauet. Ganz anders war man frey in Athen, anders zu Sparta, zu Theben, und noch anders in den ruhigen Gefilden von Phocis und Doris, von Elis und Arcadien; und hier ist die Kunst[2] nie 〈172〉 hochgestiegen. ➢ Volltext.
[63] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), 172 f. (173): Wohlhabenheit und Prachtliebe sind überhaupt unentbehrliche Bedingungen, wenn Künste[2] emporkommen sollen; beyde können in politischer Freyheit[6] und unter politischer Sklaverey erwachsen, bey Einfalt der Sitten und bey Verfeinerung und Ueppigkeit statt finden, aus Eroberung und Beute, und durch Handlung[4] und Schiffahrt, hervorgebracht werden, und 〈173〉 können verhältnißweise nach vielen Stufen auf einerley Weise wirken; beyde können das Antheil von mehrern, oder nur von einigen im Staate, seyn; einen merklichen Unterschied macht es blos, ob den Gebrauch davon jeder für sich, oder alle für den öffentlichen und gemeinen Ruhm machen. Der erste Fall, daß jeder seinen Aufwand für seine eigene Rechnung macht, und seinen Pallast, sein Landhaus, seinen Garten ausschmücket, ist der herrschende in unsern Zeiten und Staatsverfassungen, und er hat auch seine natürlichen[4] Folgen. Der andre fand in jenen griechischen[2] Staaten statt, und hatte jene großen Folgen, die wir heut zu Tage bey unsern eingeschränkten Leidenschaften vergeblich erwarten. [...] Bey dem allen wird immer noch etwas erfordert, was die Prachtliebe auf Gebäude, auf Malerey[1] und Bildhauerkunst, und nicht auf Schauspiele, auf andre Lustbarkeiten richtet; etwas, was die Bemühungen erregt, Künstler erweckt, das Genie[4] erwärmt, Wettstreit veranlaßt, Aufmunterung giebt: und das ist weder Freyheit[6] noch Clima[1], noch irgend etwas dem ähnliches; es ist immer etwas sehr Zufälliges, ein Hof, ein Fürst, eine Maitresse, ein Minister, ein Demagog. ➢ Volltext.
[64] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 112: Außer den Inschriften können die Zauberhöhlen mit phantastischen[1] Bildern ausgeziert werden; das Ausschweifende und Abentheuerliche[3], das an jedem andern Orte verwerflich wäre, kann hier wahres Eigenthum werden. Man kann selbst Feenpaläste errichten, sie dieser oder jener Feengottheit widmen, sie mit allem Wunderbaren der Zeit, woraus sie entlehnt sind, füllen, hier den Orlando des Ariost, oder Wielands weit mehr zauberische Werke, Idris, Amadis, und Oberon, ausstellen, die Wände mit Gemälden von Kämpfen der irrenden Ritterschaft mit Riesen und Ungeheuern, von bezauberten Schlössern, von entführten Prinzessinnen und andern seltsamen Begebenheiten schmücken.➢ Volltext.
[65] Hirt, Baukunst (1809), 165: Je höher die Bogenart ist, desto geringer ist ihr Schub oder Seitendruck; je mehr sich aber der Bogen der wagerechten Linie nähert, desto mächtiger wird der Seitenschub, und desto stärkere Widerlagen sind vonnöthen. Hiernach ist der gothische[2] Bogen (Fig. 12. [❏]) derjenige, welcher der geringsten, und der scheitrechte der (Fig. 16. [❏]) welcher der stärksten Widerlagen bedarf. Dies erkläret, wie nach dem Verfall der Baukunst man im Mittelalter auf die hohen Bogenarten verfiel. Aus Armuth und Unwissenheit fing man an, die Pfeiler und Mauern theils von sehr ungleichartigem, theils von sehr schlechtem Material, und zwar ohne gehörige Besorgung der Construction aufzuführen. Man nahm also nothgedrungen die Zuflucht zu den höhern Bogenarten, welche weniger Schub verursachten. Man baute in diesen unglücklichen Zeiten bloß für das Bedürfniß. Das Gefühl für schöne[2] Formen, und für ein gefälliges Verhältnißmaß hatte sich in der Baukunst, so wie in den übrigen Künsten[2], verloren. Das Auge gewöhnte sich nach und nach an die unförmlichsten Spitzen und Thürmelungen, so daß späterhin selbst eine Art System abgeschmackter Bauerey entstand, welches mehrere Jahrhunderte hindurch dauerte, und jetzt noch nicht selten seine flachen Bewunderer hat..
[66] Hirt, Baukunst (1809), 3: Durch das Studium der Geschichte[3] wird der Baumeister mit den Denkmälern aller Völker[1] und Zeiten bekannt [...]. Die geschichtliche Forschung zeigt ihm bestimmt, welche Monumente er zum Vorbild wählen, und welche er für immer verwerfen soll. Dadurch wird seine Einsicht sicher, bestimmt, fest. Keine Constructionsart, und keine Verzierung bleibt ihm fremd[4]: er weiß jedes gehörig zu würdigen, und die Ursache anzugeben, warum er wählt, und warum er verwirft. So wie jetzt das Studium der Baukunst steht, ist eine feste Begründung desselben bloß durch die Geschichte[4] möglich..
[67] Hoche, Lesesucht (1794), 43: Von dem zwölften Jahrhundert an waren die Romane[1], in Frankreich, Erzählungen jeder Geschichte[9] in der Landessprache, welche die romanische[1] hieß. Weil diese romanische[2] Geschichte[8] eigentlich für den ungelehrten Theil der Nation[1] bestimmt war, der nur Krieg und Waffen kannte, und eben aus dieser Ursache das Wunderbare liebte: so erforderte sie auch eine eigene Behandlung. Daher es denn kam daß sie die Gestalt der Heldengedichte erhielt. Als aber bei den wieder auflebenden Wissenschaften[1] [...] die Geschichte[7] in der Landessprache [...] und die epischen Gedichte gleichfalls [...] geschrieben wurden: so machten die romanischen[6] Heldengedichte eine eigene Gattung aus, die nach gerade die gegenwärtige Gestalt erhalten haben. – Kann man unsere jetzigen Leser[1] und Leserinnen der dialogisirten oder romanischen[6] Geschichte[8], die jetzt wieder aufleben will, mit Recht in jene rohen Zeiten zurück setzen? das sey ferne..
[68] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 275: Ein [...] vorzüglich charakteristischer[1] Zug der Griechen ist die hohe Ausbildung des Schönheitsgefühls und des Geschmaks und vorzüglich die allgemeine Ausbreitung dieses Gefühls unter der ganzen Nation[1], wovon sich Beispiele in Menge aufzählen lassen. Nun aber ist keine Art der Ausbildung in allen Zeiten und Erdstrichen so unentbehrlich, als gerade diese, die das ganze Wesen des Menschen, wie es an sich beschaffen sein möge, erst gleichsam in Eins vereint, und ihm die wahre Politur und den wahren Adel[5] ertheilt [...]..
[69] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 182: [W]enn er, mit dem classischen[3] Geiste[14] der Alten[10] vertraut, und von dem besten der Neueren[3] durchdrungen, zugleich so individuell gebildet ist, daß er nur unter seiner Nation{1] und in seiner Zeit emporkommen konnte, daß alles Fremde[1], was er sich aneignet, danach sich umgestaltet und er sich nur in seiner vaterländischen Sprache[3] darzustellen vermag, in jeder andern aber und zwar gerade für seine Eigenthümlichkeit schlechterdings unübersetzbar bleibt; wenn es ihm nun so gelingt, die Resultate seiner Erfahrungen über Menschenleben und Menschenglück in eine dichterische Idee zusammenzufassen, und diese Idee vollkommen auszuführen – dann mußte, und nur so konnte ein Gedicht, wie das gegenwärtige ist, entstehen..
[70] W. v. Humboldt, Schiller (1830), GS I, 6.2, 511: Aus dem dürftigen Zustande, in welchem Kant die Philosophie, eklektisch herumirrend, vor sich fand, vermochte er keinen anregenden Funken zu ziehen. Auch möchte es schwer seyn zu sagen, ob er mehr den alten, oder den späteren Philosophen verdankte. Er selbst, mit dieser Schärfe der Kritik[1], die seine hervorstechendste Seite ausmachte, war sichtbar dem Geiste[12/14] der neueren Zeit[3] näher verwandt..
[71] Immermann, Epigon. (1836), W 2, 459: Ein Unterschied der modernen[1] Zeit von der griechischen[2] besteht darin, daß unter uns Neueren[3] das wahrhaft geniale Schöne[2] fast immer im Gegensatze zu der herrschenden Stimmung erwächst, welche dagegen ihrerseits das als vorhanden zu präkonisieren [›auszurufen‹] pflegt, woran es ihr eben ganz gebricht. Dagegen ging in jener glücklichen griechischen[2] Periode das besondre Genie[2] der Künstler[1] aus dem allgemeinen Talente der Nation[1] hervor. Um an einem Beispiele meine Meinung klarzumachen, so glaubten wir an Klopstocks Oden, Bardieten und an den Nachahmungen derselben eine große vaterländische Poesie[11] zu besitzen, und doch waren diese frostigen Exerzitien am allerfernsten von einer solchen..
[72] Jahn, Runenbl. (1814), 26: Deutschland, Europas Mittelland, hat niemals solche innige Einheit gehabt, als seine Vaterlandsfreunde zu allen Zeiten sehnten und ahnten[1]..
[73] Kant, Crit. rein. Vern. (
[74] Kant, Metaph. d. Sitt. I (1797), 192 f. (193): Nun ist ein angeerbter Adel[1] ein Rang, der vor dem Verdienst vorher geht, und dieses auch mit keinem Grunde hoffen läßt, ein Gedankending, ohne alle Realität. Denn, wenn der Vorfahr Verdienst hatte, so konnte er dieses doch nicht auf seine Nachkommen vererben, sondern diese mußten es sich immer selbst erwerben [...]. Weil nun von keinem Menschen[1] angenommen werden kann, er werde seine Freiheit[6] wegwerfen, so ist es unmöglich, daß der allgemeine Volkswille zu 〈193〉 einem solchen grundlosen Prärogativ zusammenstimme, mithin kann der Souverän es auch nicht geltend machen. – – Wenn indessen gleich eine solche Anomalie in das Maschinenwesen einer Regierung von alten[1] Zeiten (des Lehnswesens, das fast gänzlich auf den Krieg angelegt war) eingeschlichen, von Untertanen, die mehr als Staatsbürger, nämlich geborne Beamte (wie etwa ein Erbprofessor) sein wollen, so kann der Staat diesen von ihm begangenen Fehler eines widerrechtlich erteilten erblichen Vorzugs nicht anders, als durch Eingehen und Nichtbesetzung der Stellen allmählich wiederum gut machen, und so hat er provisorisch ein Recht, diese Würde dem Titel nach fortdauern zu lassen, bis selbst in der öffentlichen Meinung die Einteilung in Souverän, Adel[2] und Volk[5] der einzigen natürlichen[4] in Souverän und Volk[4] Platz gemacht haben wird..
[75] S. v. Knorring, an A. W. Schlegel (13. 1. 1822), KJ 2, 387: Ich habe lange vergeblich auf die Freude gehofft eine Antwort von Ihnen zu erhalten, und ich muß mich also entschliessen Ihnen wieder zu schreiben, ohne die Sicherheit zu haben, ob ein Brief[1] von mir Ihnen willkommen ist. Ich beklage es oft daß die schöne[1] Zeit der Jugend für mich dahin ist, denn unter andern heerlichen Gaben dieser entflohenen Zeit, ist auch das kostbahre rücksichtslose Vertrauen, auf die grosmühtige Nachsicht der Freundschaft zugleich mit entschwunden. Vor zwanzig Jahren mein theurer Freund, würde ich Ihnen zehn Briefe[1] nacheinander geschrieben haben, ohne daß es mir ein einziges mahl eingefallen wäre, diese Briefe[1] könten Ihnen unwilkommen oder beschwerlich sein, und hätten Sie endlich zu lange geschwiegen[1], so würde ich sehr böse geworden sein, und sehr gescholten haben, und es würde mir wieder nicht eingefallen sein, daß dies Bösewerden, und dies Schelten Ihnen noch beschwerlich[er] als die Briefe[1] hätte sein können, sondern ich würde im Gegentheil gehofft haben, Sie würden nun in sich gehen, und einsehen, wie grosses Unrecht Sie gegen mich hätten. ➢ Volltext.
[76] Köstlin, Sonnt. (H1807), 86 f. (87): C. (tritt rasch ein, das Sonntagsblatt No. 4. in der Hand.) | Ein Sonntags Stük, meine Herrn! ich bringe die Kirche zu euch, weil ihr nicht zu der Kirche kommt. Laßt euch predigen von diesem Manne Gottes[1], sezt euch nieder zu dieser ehrenwerthen Zuhörerschaft; aber wekt nicht die süßschlafenden! [⦿] | A. Daß wir selbst nicht schlafen werden, prophezeyhe ich festiglich, der Zwang, das Lachen zu unterdrücken, wird unsere Geister[19] in einer behaglich-unbehaglichen Spannung erhalten. Aber dir, mein guter B., gilt es nun einen gewaltigen Sprung 〈87〉 aus jenen alten[11] Zeiten, worinn du schwärmtest, in diese moderne[9] Scene herein..
[77] Köstlin, Sonnt. (H1807), 89 f. (90): C. [...] Wohl ist die Farbe der Nacht etwas mystisches geheimnisvolles. Sehen wir ja auch über die Gräber den schwarzen Flor gebreitet – – | [...] Aber wie durch den Schleyer der Nacht die ewige Gestirne uns herniederwinken, so bedeutet die schwarze Hülle des Grabes ein unvergängliches Reich des Lichtes jenseits dieser Hülle. | B. Und so mögen wir denn glauben, daß dises auch der Sinn[2] war jener Sitte, sich in die Farbe der Nacht zu kleiden, dieser Sitte in ihrer ersten Unschuld und Reinheit: nemlich ein Ertödten des Endlichen am Menschen[1] zur Auferstehung in der 〈90〉 Welt des Ewigen und Göttlichen. – Ach, daß ich immer jener alten[1/11] Zeit gedenken muß! Da berührte noch der Himmel die Erde, und die Erde hieng an ihm, wie seine sehnsuchtsvolle Braut. .
[78] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 477 f. (478): Der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Stil ist Vorstellung rauher und fürchterlicher Gegenden. Hierher gehören: Ruinen, 〈478〉 gänzlich verfallene oder einstürzende Gebäude, zerrissene Felsen, große Gebirge, Klüfte, Abgründe, reissende Ströhme, schäumende Wasser, Fälle, wilde reissende Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], Nacht, Sturm, Blitz, u. d. gl. Der gemeine oder niedrige Stil ist Vorstellung der ländlichen Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] wie sie ist. Hierher gehören: Vieh- und Hirten-Stücke aus unsern Zeiten, Bettler, Bauern-Güter, Stroh-Dächer, verfallene schlechte Gebäude, Brückchen, Stege, Bauern-Schenken und Acker-Wirthschaft..
[79] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 519 f.: Auch zu Buonarottis Zeiten[3] war man noch [...] sehr von dem bloßen Studium der [Antiken3] und des Antiken[2] eingenommen [...] 〈520〉 [...]. Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt..
[80] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 286: Wir haben [...] von der Thätigkeit und von dem Eifer, mit welchem Hr. Schmidt sich der Erforschung der Denkmale des vaterländischen Alterthums[2] gewidmet hat, auch noch andern interessanten[1] und belehrenden Mittheilungen entgegenzusehen. Kürzlich war er zu diesem Behuf mit einer Aufnahme der höchst merkwürdigen Klosterkirche zu Laach, unfern von Andernach, beschäftigt. Diese Kirche, in der ersten Hälfte des 12ten Jahrhunderts erbaut, ist eins der großartigsten und reichsten Beispiele des strengen romanischen[4] Baustyls in Deutschland; sie ist in diesem Betracht um so wichtiger, als sie, wie vielleicht kein zweites Beispiel der Art vorhanden ist, durchaus als ein Ganzes aus Einem Gusse und von in sich völlig übereinstimmendem Style dasteht. Nur der zierliche Porticus an ihrer Westseite ist in der Zeit des spätromanischen Baustyls hinzugefügt worden..
[81] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 291: Wo ein vollkommen genügender urkundlicher Beweis fehlt, ist es vor allen Dingen nöthig, auf die stylistischen Eigenthümlichkeiten des Bauwerks einzugehen und durch Vergleichung mit andern Gebäuden die Zeit, welcher dasselbe angehört, fester zu bestimmen. Diese vergleichende Kritik[3] – die bei aller kunsthistorischen Forschung als die Hauptsache erscheint – hätte Hr. L. nothwendig anstellen müssen, um der historischen Wahrscheinlichkeit (denn weiter gelangt er nicht, obgleich er dieselbe durchweg sofort als unbedingte Wahrheit annimmt) eine festere Basis zu geben..
[82] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 12: Später hatte ihn die [...] Zuvorkommenheit des Grafen [...] nicht mehr an Geld und Gelderwerbung denken lassen, er hatte sich unterdeß an die Bedürfnisse der höhern Klassen[2] gewöhnt, und der Gedanke überraschte ihn bei der argen augenblicklichen Verlegenheit nicht eben angenehm, daß er auf diese Weise durchaus nicht fortleben dürfe. Der Staat ist einmal auf Erwerb gegründet, sagte er sich, und Du bist ein unnützes, unproduktives Mitglied. | Es hatte zwar eine Zeit gegeben, wo er in poetischer[1] Ansicht des Lebens solche triviale Staatsforderungen entrüstet abgewiesen hätte, aber ein Augenblick, wo man dem Hunger und Mangel vor der Thür sieht, ist der poetischen[1] Ansicht des Staates 〈13〉 nicht günstig..
[83] Maimon, Lebensgesch. I (1792), 5 f. (6): Es giebt vielleicht kein andres Land außer Polen, wo Religionsfreyheit und Religionshaß so im gleichen Grade anzutreffen wäre. Die Juden[1] genießen da einer völlig freyen[1] Ausübung ihrer Religion[1] und aller übrigen bürgerlichen Freyheiten[6], haben auch sogar ihre eigne Gerichtsbarkeit. Von der andern Seite aber geht der Religionshaß so weit, daß der Nahme Jude[1] zum Abscheu ist, und 〈6〉 die Wirkung dieses zu den Zeiten der Barbarey eingewurzelten Abscheus noch zu meinen Zeiten, ohngefähr vor dreyzehn Jahren, dauerte. Dieser anscheinende Widerspruch läßt sich aber sehr gut heben, wenn man bedenkt, daß die in Polen den Juden[1] zugestandene Religions- und bürgerliche Freyheit[6], nicht aus Achtung für die allgemeinen Rechte der Menschheit[2] entspringt, so wie auf der anderen Seite der Religionshaß und Verfolgung keineswegs die Wirkung einer weisen Politik ist, die dasjenige, was der Moralität und dem Wohlstand des Staates schädlich seyn kann, aus dem Wege zu räumen sucht, sondern beyde Folgen der in diesem Lande herrschenden politischen Unwissenheit und Trägheit sind. Da nehmlich die Juden[1] bey allen ihren Mängeln dennoch in diesem Lande beynahe die einzigen brauchbaren Menschen[1] sind, so sahe sich zwar die Polnische Nation[1] gezwungen, zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse ihnen alle mögliche Freyheiten[6] zu bewilligen, doch mußte auch ihre moralische Unwissenheit und Trägheit auf der anderen Seite nothwendig Religionshaß und Verfolgung hervorbringen..
[84] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 71 f. (72): Die Fähigkeit zu allen süßen, allen traurigen Empfindungen ruht in der Kindheit noch unentwickelt in dem kleinen Herzen, und es empfindet da bei der einfachsten Veranlassung noch ungetheilt, alles, was es jemals, vertheilt, bei den mannigfaltigsten Eindrücken zu fühlen vermag. Jedes Bild tritt neu[1] und ungetrübt vor die jugendliche Phantasie[1], und der lebendige Eindruck ergießt sich mit sanfter Gewalt durch alle Saiten des erwachenden Gefühls. Deshalb umfaßt es die kleine Welt, die es umgibt, mit einer Innigkeit, die sich nicht durch Worte[2] ausdrücken kann. Die liebliche Magie der Unerfahrenheit überwebt Ursprung und Ende jeder schönen[1] Empfin〈72〉dung wie mit einer Wolke, daß sie auf einmal in ihrer ganzen Fülle dasteht, unbegreiflich und mächtig wie das Erscheinen einer Gottheit. Dies alles verschwindet, wenn der reifer gewordne Verstand[2], nun heller um sich schaut, und den leisen Gang der Eindrücke die das Saitenspiel des Herzens bewegen, zu verfolgen vermag. – Aber, Julie, giebt es keine Zeit im Leben, wo diese jugendliche Begeisterung[1] in ihrer ganzen Stärke und Einheit, nur noch inniger, schöner[1], heiliger zurückkehrt? und welche Zeit kann dies anders sein, als die, wo wir lieben?.
[85] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 184: O! es wird eine Zeit kommen, wo alle Menschen[1] wiederum niederfallen, vor 〈185〉 dem ewigen Wesen, das alle Religionen[1] versteht! und ich ahnde[1], hoffend, daß sie nicht fern ist!.
[86] Metzger, Heidelbg. Schloss (1829), 108: Die Umgebung war meist mit großen Buchen und Eichbäumen bewachsen, die den Wolfsbrunnen dicht umschlossen und demselben ein romantisches[3/8] Aussehen gaben. Links an dem obersten Weiher stand noch vor 30 Jahren eine uralte Linde, die den Weiher majestätisch überzogen halte und den Ort beschattete. Aus Mangel an Interesse für den schönen[1] Ort und aus Privatnutzen wurde diese schöne[1] Linde umgehauen. Auch das alte[1] Fischerhaus mit dem schönen[1] Röhrbrunnen wurde in neuerer[3] Zeit geschmacklos modernisirt und in gegenwärtigen Zustand umgewandelt..
[87] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 8 f. (9): Ein gewisser allgemeiner Drang zum Vorlesen und Deklamiren der Nationaldichter, so ungeschickt er 〈9〉 sich mitunter auch äußern mag, so vielen Antheil auch zu Zeiten[7] noch die Eitelkeit und der Eigennutz daran haben mögen, ist dennoch ein erfreuliches Zeichen, daß sich die Verzauberung unsres Ohrs[3] und unsrer Stimme[1] wieder allmählich lösen will und daß unsre schöne[2] Literatur von dem lebendigen Odem der Rede wieder ergriffen werden soll. Würde in der Erziehung die Hälfte des ungebührlichen Eifers, den man in neueren[3] Zeiten[3] auf den Mechanismus des Lesenlernens gewendet hat, auf den Ausdruck des Tons[1] und die Geberde der Brust und der Seele im Lesen gewandt, so würde der deutschen Redekunst damit vielleicht mehr gedient als mit Vorlesungen über die Beredsamkeit..
[88] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 214: Die Art der Öffentlichkeit, welche die Poesie[1] durch die Buchdruckerkunst erhalten hat, macht auf mich einen widrigen Eindruck, etwa als wenn: eine Frau[1] auf dem Forum, auf dem Markte öffentliche Reden vor Tausenden halten wollte, wie ich denn auch die Reden geistreicher Frauen[1] viel lieber in zierlichen Abschriften lesen würde als in dem Druck, wozu sie leider jetzt verdammt sind, da es nur diesen Einen Weg giebt, mit den verwandten Geistern[32] ferner Zeiten und Örter zu sprechen..
[89] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 266 f. (267): [E]s drängte diese liebenswürdige Natur[17] [sc. Schiller] sich zu dem Göttlichen zu erheben oder das Göttliche herabzuziehn: er sehnte sich wie jeder ordentliche und vollständige Mensch[1] nach der Verbindung des Göttlichen und Menschlichen [...]. Die griechischen[2] Götter[4] trugen wenigstens Masken von Menschen[1], und so übertrug er in rührendem Irrthume alle jene romantischen[7] Empfindungen seines Herzens, 〈267〉 welche er mit der Luft der neuern[3] Zeiten eingesogen, auf jene alten[10], kalten, geschlechtslosen Gestalten [...]..
[90] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 275 f.: Wie haben wir [sc. die Deutschen] in diesen letzten fünfzig stummen Jahren sprechen gelernt? Wie hat sich diese Sprache[3] gebildet grade in der Zeit, wo alle Glieder der höheren Gesellschaft sich von ihr abwendeten? Es lebt in ihr ein Geist[12], der sie bildet und keiner vornehmen Stütze bedarf: wer das recht Empfundene, aus den Tiefen der Seele, aus jenen geheimnißvollen Wohnsitzen des Heiligen Kommende, wo das Gefühl der ritterlichen Ehre und Liebe, des stolzen Gehorsams usw. herrührt – aussprechen will, der kann diese Sprache[3] nicht entbehren; und wer nicht so etwas zu sagen hat, der würde ihr und ihrer Ausbildung nichts helfen können. Von selbst in den Mund legt sie sich nicht! ohne Karakter[2], ohne Selbständigkeit, ohne Ursprünglichkeit 〈276〉 der Geisteskraft ist es unmöglich, diese Sprache[3] gut zu sprechen. Mit Phrasen, die für jeden Mund passen, mit künstlich appretirtem Glanz, mit einem Schein von Geist[20] und Witz[1], den der Geistloseste sich aneignen könnte, kann sie nicht aufwarten: sie hat keine Corneilles, keine Racines, keine Bossuets, keine Akademien, welche ein ganzes folgendes Jahrhundert mit schönen Wendungen der Rede im voraus versehn; kein siècle de Louis XIV., das für lange Zeiten nachher das Vortrefflichste schon vorweggesprochen hätte. Es fehlt ihr, habe ich gesagt, die gesellige Vollendung: das Bestreben der einzelnen deutschen Redner und einige glückliche Wendungen des öffentlichen Lebens der Nation[1] können selbige erreichen, darum muß auch an die mechanischen Vorzüge der benachbarten Sprachen[3] erinnert werden. Ich habe es gethan, mit Anklage meines Vaterlandes gethan. Nichtsdestoweniger aber weil der neue[1/5], christliche Geist[12] aller Worte[1] und Wendungen dieser Sprache[3] sich nicht tödten läßt, so trägt sie das Siegel der Fortdauer an ihrer Stirn wie keine andre Sprache[3]. Um dieses Geistes[12] willen kann man festiglich glauben, daß die Sprache[3] der Besiegten länger leben werde als die der Sieger, und in diesem Sinne dann dreist verkünden, daß, weil die Sprache[3] fortdauern werde, auch das Volk[1] nicht untergehen könne..
[91] Musäus, Volksmärchen (1782–86), 363: Eine Mißheirat von einer Differenz des Standes um einen Zoll breit, erregte damals freilich nicht so viel pedantischen Lärm als in unsern klassischen[2/8] Zeiten; dennoch fiel ein Unterschied von einer Elle breit, zumal wenn in den Zwischenraum Mitwerber eintraten, welche die Entfernung der beiden Endpunkte versichtbarten, damals schon merklich in die Augen..
[92] Novalis, Begeist. (*?1790), NS 2, 22 f. (23): Wie sich allmählich die Sprache[1] auszubilden anfing und nicht mehr bloß in Naturtönen stammelte, sondern mit vollem Strome 〈23〉 der Jugendfülle des menschlichen Geschlechts[7] dahinbrauste und jeder Ton[1], jede Stimme[3] derselben fast Empfindung und durch abstrakte Begriffe[1] und Erfahrung noch nicht ausgebildet und verfeinert war, da entstand zuerst die Dichtkunst, die Tochter des edelsten Ungestüms der erhabensten und stärksten Empfindungen der Leidenschaften, die sich zwar nachher wie ein Chamäleon nach den Organisationen[6] der verschiedenen Erdstriche, Zeiten und Charaktere[4] umgebildet, aber in ihrer Urbedeutung, zu ihrer größten Stärke, Zauberei und Wirkung auf die Gemüter, ihrer Mutter, der hohen Begeisterung[1], noch immer nötig hat..
[93] Novalis, Glaub. u. Lieb. (1798), 273: Meinethalben mag jetzt der Buchstabe[8/9] an der Zeit[7] seyn. Es ist kein großes Lob für die Zeit[9], daß sie so weit von der Natur[19] entfernt, so sinnlos für Familienleben, so abgeneigt der schönsten[1] poetischen[1] Gesellschaftsform ist. Wie würden unsre Kosmopoliten erstaunen, wenn ihnen die Zeit[3] des ewigen Friedens erschiene und sie die höchste gebildetste Menschheit[3] in monarchischer Form erblickten? Zerstäubt wird dann der papierne Kitt seyn, der jetzt die Menschen[1] zusammenkleistert, und der Geist[12/30] wird die Gespenster, die statt seiner in Buchstaben[8/9] erschienen und von Federn und Pressen zerstückelt ausgingen, verscheuchen, und alle Menschen[1] wie ein paar Liebende zusammen schmelzen..
[94] Novalis, Versch. Fragm. (*1798), NS 2, 594, Nr. 316: Die Zeit ist nicht mehr, wo der Geist[1/14] Gottes[1] verständlich war. Der Sinn[2] der Welt ist verloren gegangen. Wir sind beym Buchstaben[8] stehn geblieben. Wir haben das Erscheinende über der Erscheinung verlohren..
[95] Novalis, Fragm. u. Stud. (*1800), NS 3, 646, Nr. 534: Die Guitarre oder Reliquien der romantischen[12] Zeit. Eine Sammlung Romanzen von Novalis..
[96] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 6: Ich hörte einst von alten[1] Zeiten reden; wie da die Thiere[1] und Bäume und Felsen mit den Menschen[1] gesprochen hätten. Mir ist grade so, als wollten sie allaugenblicklich anfangen, und als könnte ich es ihnen ansehen, was sie mir sagen wollten. Es muß noch viel Worte[1] geben, die ich nicht weiß: wüßte ich mehr, so könnte ich viel besser alles begreifen. .
[97] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 14 f.: Bey der Hofhaltung des Landgrafen ging es nach der Sitte der damaligen Zeiten einfach und still zu; und die Pracht und Bequemlichkeit des fürstlichen Lebens dürfte sich schwerlich mit den Annehmlichkeiten messen, die in spätern Zeiten ein bemittelter Privatmann sich und den Seinigen ohne Verschwendung verschaffen konnte. Dafür war aber der Sinn[5] für die Geräthschaften und Habseeligkeiten, die der Mensch zum mannichfachen Dienst seines Lebens um sich her versammelt, desto zarter und tiefer. Sie waren den Menschen werther und merkwürdiger. Zog schon das Geheimniß der Natur[2] und die Entstehung ihrer Körper den ahndenden[3] Geist[19] an: so erhöhte die seltnere Kunst[13] ihrer Bearbeitung[,] die romantische[7/8] Ferne, aus der man sie erhielt, und die Heiligkeit ihres Alter〈15〉thums[1], da sie sorgfältiger bewahrt, oft das Besitzthum mehrerer Nachkommenschaften wurden, die Neigung zu diesen stummen Gefährten des Lebens. Oft wurden sie zu dem Rang von geweihten Pfändern eines besondern Segens und Schicksals erhoben, und das Wohl ganzer Reiche und weitverbreiteter Familien hing an ihrer Erhaltung. Eine liebliche Armuth schmückte diese Zeiten mit einer eigenthümlichen ernsten und unschuldigen Einfalt; und die sparsam vertheilten Kleinodien glänzten desto bedeutender in dieser Dämmerung, und erfüllten ein sinniges Gemüth mit wunderbaren Erwartungen. Wenn es wahr ist, daß erst eine geschickte Vertheilung von Licht, Farbe und Schatten die verborgene Herrlichkeit der sichtbaren Welt offenbart, und sich hier ein neues[1] höheres Auge aufzuthun scheint: so war damals überall eine ähnliche Vertheilung und Wirthschaftlichkeit wahrzunehmen; da hingegen die neuere[3] wohlhabendere Zeit das einförmige und unbedeutendere Bild eines allgemeinen Tages darbietet..
[98] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 15: [Z]wischen den rohen Zeiten der Barbarey, und dem kunstreichen, vielwissenden und begüterten Zeitalter [hat sich] eine tiefsinnige und romantische[7] Zeit niedergelassen, die unter schlichtem Kleide eine höhere Gestalt verbirgt..
[99] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 22: In alten[1] Zeiten muß die ganze Natur[2] lebendiger und sinnvoller gewesen seyn, als heut zu Tage. Wirkungen, die jetzt kaum noch die Thiere[1] zu bemerken scheinen, und die Menschen[1] eigentlich allein noch empfinden und genießen, bewegten damals leblose Körper; und so war es möglich, daß kunstreiche Menschen[1] allein Dinge möglich machten und Erscheinungen hervorbrachten, die uns jetzt völlig unglaublich und fabelhaft dünken. So sollen vor uralten Zeiten in den Ländern des jetzigen Griechischen[3] Kaiserthums, wie uns Reisende berichtet, die diese Sagen noch dort unter dem gemeinen Volke[5] angetroffen haben, Dichter gewesen seyn, die durch den seltsamen Klang wunderbarer Werkzeuge das geheime Leben der Wälder, die in den Stämmen verborgenen Geister[1/12] aufgeweckt, in wüsten, verödeten Gegenden den todten Pflanzensaamen erregt, und blühende Gärten hervorgerufen, grausame Thiere[4] gezähmt und verwilderte Menschen[1] zu Ordnung und Sitte gewöhnt, sanfte Neigungen und Künste[1] des Friedens in ihnen rege gemacht, reißende Flüsse in milde Gewässer verwandelt, und selbst die todtesten Steine in regelmäßige tanzende Bewegungen hingerissen haben..
[100] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 67: Der Boden war weich und ziemlich eben; die Wände so wie die Decke waren ebenfalls nicht rauh und unregelmäßig; aber was die Aufmerksamkeit Aller vorzüglich beschäftigte, war die unzählige Menge von Knochen und Zähnen, die den Boden bedeckten. Viele waren völlig erhalten, an andern sah man Spuren der Verwesung, und die, welche aus den Wänden hin und wieder hervorragten, schienen steinartig geworden zu seyn. Die Meisten waren von ungewöhnlicher Größe und Stärke. Der Alte[2] freute sich über diese Überbleibsel einer uralten Zeit; nur den Bauern war nicht wohl dabey zu Muthe, denn sie hielten sie für deutliche Spuren naher Raubthiere, so überzeugend ihnen auch der Alte[2] die Zeichen eines undenklichen Alterthums[1] daran aufwies, und sie fragte, ob sie je etwas von Verwüstungen unter ihren Heerden und vom Raube benachbarter Menschen[1] gespürt hätten, und ob sie jene Knochen für Knochen bekannter Thiere[1] oder Menschen[1] halten könnten?.
[101] Novalis, Aftdg II (*1799–1800), 175: Ruinen sind die Mütter dieser blühenden Kinder. Die bunte[2], lebendige Schöpfung zieht ihre Nahrung aus den Trümmern vergangner Zeiten..
[102] Passavant, Toscana (1820), 2 f.: In allen Zeiten, wo die Kunst[2] bey einem Volke[1] entstand, ist zu bemerken, daß sie ursprünglich nur zur Ausschmückung der zum Gottesdienst geweihten Orte gebraucht wurde. Es liegt wohl in einem feinen religiösen Gefühl des Menschen, daß er dem Hause Gottes[1] gerne ein anderes und herrlicheres Ansehen gibt, als seiner eignen Wohnung; da, wo er seine Andacht verrichtet und seine Gedanken zu etwas Höheren wendet, verlangt er auch, daß die Umgebung ihn dazu erhebe; er will durch die Ansicht ihm heilig gewordener Gegenstände aus der gewöhnlichen Stimmung seiner Seele, sich zu etwas Höhe〈3〉rem angeregt fühlen. So dachten wohl einstens die alten[9] Ägypter, so das Volk[1] Israels, oder die Griechen und Römer in den Zeiten ihrer Blüthe und Freiheit[6]; so das christliche Europa in den Tagen seiner regsten Kraft; so auch unsere Vorfahren in den Zeiten, als sie noch, nach außen und innen selbstständig, keine Gesetze und Formen der Fremden[1] sich hatten aufdringen lassen, die nicht gleichartig mit ihrem eigenen Streben waren; wo sie durch die lebendige Fülle der Minnelieder, den Gesang eines Nibelungenliedes, die Ausbildung einer den Deutschen eigenthümlichen Baukunst, die in Europa nur an der griechischen[2] eine Nebenbuhlerin findet, durch so viele Werke der Bildhauerkunst und Malerei[1], wie sie in jenen Zeiten[3] außer Deutschland nur in Italien entstanden, sich an die Seite der ausgezeichnetsten Völker[1] stellen durften..
[103] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 21 f. (22): Es haben Andere vor uns den formellen Unterschied der antiken[2] und romantischen[13] Bildung[5] auf unwidersprechliche Art gezeigt [...], wie in der alterthümlichen Welt der ewig-Eine Geist[12] der Menschheit[1] real, im äußern Organismus[8] des Lebens hervortrat, während er im Mittelalter ideal, in dem Stre〈22〉ben des öffentlichen Lebens nach dem Geistigen, als der Wesenheit des Christenthums, sich aussprach [...], [...] das Leben der damaligen Staaten von Europa beseelte, und sie alle in einem einzigen, höheren vereinigte, der als ein Wundergebilde in der modernen[1] Geschichte[1] dasteht, welchem die ganze nachfolgende Zeit bis auf unsere Tage nichts Aehnliches an die Seite stellen kann..
[104] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 22: [N]ie war Europa einiger, glänzender und mächtiger, als in jener herrlichen Zeit des Ritterthums und des Enthusiasmus für die Ehre der katholischen Religion[1]. Da trieb eine neue[1], wunderbare Poësie[1] ihre farbigen Blüthen, und die Produkte der romantischen[13] Künstler[3] stehen in ihrer Art eben so göttlich 〈23〉 und unerreichbar da, wie die der frühern Griechen und Römer..
[105] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 465 f.: Es wird zwar für bekannt angenommen, daß der Pabst Gregorius der Große den Choralgesang in die römische Kirche eingeführet, und überhaupt der Kirchenmusik zu seiner Zeit aufgeholfen, oder sie verbessert habe. Man giebt auch vor, er habe die sieben Buchstaben[1] a, b, c, d, e, f, g erfunden. Allein, wenn wir uns in der Geschichte[1] der Musik der damaligen Zeiten weiter umsehen: so scheinet es, daß von allen diesen drey Nachrichten nur etwa die mittelste, wegen der Verbesserung der Kirchenmusik, wahr seyn mag; denn man weiß, daß nicht nur schon zu den Zeiten des heiligen Ambro〈466〉sius und also im vierten Jahrhundert diese Buchstaben[1] im Gebrauche waren, sondern daß auch dieser Bischoff den Choralgesang in der Kirche anordnete..
[106] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 466: Die Lateiner behielten nach dem Beyspiele der Griechen ihre Buchstaben[1], um die Töne damit zu bezeichnen, und zwar lange Zeit[6] nach eben der Art, wie ihnen die Griechen vorgegangen waren, bis sie endlich ungefehr in den Zeiten des Boethius nur bey den ersten sieben Buchstaben[1] A, B, C, D, E, F, G stehen blieben; wozu aber wohl Ambrosius die erste Veranlassung mag gegeben haben, weil er die vier Töne D, E, F, G vorzüglich in der Kirche einführte, die Töne A, B oder H und C aber darinn nicht dulden wollte. Hier finden wir also vielleicht den ersten allgemeinen Gebrauch dieser sieben Buchstaben[1]; denn H und B wurden lange Zeit gewissermaßen promiscue gebraucht, oder vielmehr zeigte B bald H, bald dieses auch B an [...]..
[107] Schelling, Notizenbl. I (1802), 118: Dieß alles und noch mehr bildet ein für die Philosophie selbst ganz äußeres Verhältniß zu einzelnen Menschen; ein weit ausgedehnteres und mehr oder weniger allgemeines zum gesammten Publicum bildet die Betriebsamkeit ganzer Institute, die, außerdem daß sie den Gang der Literatur im Ganzen und das Wohl aller Wissenschaften leiten, insbesondere auch das der Philosophie bei dem Publicum besorgen und befördern wollen. Obgleich das mit Recht berühmteste und durch einige in früheren Zeiten[3] an den Tag geförderte Meisterwerke im Fach der philosophischen Kritik[1] ausgezeichnetste derselben, die Jenaische Allg. Lit. Zeit., dem allgemeinen Loos menschlicher Dinge so wenig entgehen konnte, daß in der letzten Zeit[3], in Ansehung der Philosophie, fast sogar das Sprüchwort an ihm wahr geworden wäre: der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht, so ermangelt es doch, nachdem von ihm die weise und in der That lobenswerthe Maxime angenommen worden ist, von der Recension bedeutenderer philosophischer Werke gänzlich abzulassen, nicht, unbedeutende von Zeit[7] zu Zeit[7] mit einer passenden Sauce zu versehen. ➢ Volltext.
[108] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 414 f. (415): Die Mythologie kann weder das Werk des einzelnen Menschen noch des Geschlechts oder der Gattung seyn (sofern diese nur eine Zusammensetzung der Individuen), sondern allein des Geschlechts, sofern es selbst Individuum und einem einzelnen Menschen gleich ist. Nicht des Einzelnen, weil die Mythologie absolute Objektivität haben, eine zweite Welt seyn soll, die nicht die des Einzelnen seyn kann. Nicht eines Geschlechts oder der Gattung, sofern sie nur eine Zusammensetzung der Individuen, denn alsdann wäre sie ohne harmonische Zusammenstimmung. Sie fordert also zu ihrer Möglichkeit nothwendig ein Geschlecht, das Individuum wie Ein Mensch ist. Die Unbegreiflichkeit, 〈415〉 die diese Idee für unsere Zeit haben mag, kann ihrer Wahrheit nichts nehmen. Sie ist die höchste Idee für die ganze Geschichte überhaupt. Analogien, ferne Anspielungen auf ein solches Verhältniß enthält schon die Natur[2] in der Art, wie sich die Kunsttriebe der Thiere[1] äußern, indem bei mehreren Gattungen ein ganzes Geschlecht zusammen wirkt, jedes Individuum als das Ganze, und das Ganze selbst wieder als Individuum handelt. ➢ Volltext.
[109] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 429: Die ewige Nothwendigkeit offenbart sich in der Zeit der Identität mit ihr als Natur[13]. [...] Mit dem Abfall von ihr offenbart sie sich als Schicksal in herben und gewaltigen Schlägen. Um sich dem Schicksal zu entziehen, ist nur Ein Mittel, sich in die Arme der Vorsehung zu werfen. Dieß war das Gefühl der Welt in jener Periode der tiefsten Umwandlung, als das Schicksal an allem Schönen[1] und Herrlichen des Alterthums[3] seine letzte Tücke übte. Da verloren die alten[10] Götter[4] ihre Kraft, die Orakel schwiegen[1], die Feste verstummten und ein bodenloser Abgrund voll wilder Vermischung aller Elemente der gewesenen Welt schien sich vor dem menschlichen Geschlecht[7] zu öffnen. ➢ Volltext.
[110] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 645: Der Geist[12] der modernen[1] Zeit, der im Allgemeinen schon früher dargestellt worden ist, bringt die Beschränkung der modernen[1] Lyrik in Ansehung der Gegenstände mit sich. Bild und Begleitung eines öffentlichen und allgemeinen Lebens – eines Lebens in einem organischen[6] Ganzen – konnte die Lyrik in den modernen[1] Staaten nicht mehr werden. Es blieben für sie keine andern Gegenstände als entweder die ganz subjektiven, einzelne momentane Empfindungen, worein sich die lyrische Poesie[11] auch in den schönsten Ergüssen der spätern Welt verloren hat, und aus denen nur sehr mittelbar ein ganzes Leben hervorleuchtet, oder dauernde auf Gegenstände sich beziehende Gefühle, wie in den Gedichten des Petrarca, wo das Ganze wieder eine Art von romantischer[1] oder dramatischer Einheit wird. ➢ Volltext.
[111] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 669: Ariosto hat eine sehr bekannte mythologische Welt, in der er sich bewegt. Der Hof Karls des Großen ist der Olymp des Jupiter der Ritterzeit. Die Sagen von den zwölf Paladinen sind und waren nach allen Seiten verbreitet und gehörten allen gebildeteren Nationen[1], den Spaniern, Italienern, Franzosen, Deutschen, Engländern gemeinschaftlich an. Das Wunderbare hatte sich vom Christenthum aus verbreitet und in der Berührung mit der Tapferkeit der späteren Zeit sich zu einer romantischen[2] Welt entzündet. Auf diesem glücklicheren Boden nun konnte der Dichter nach Willkür schalten, neu erfinden, schmücken. Alle Mittel standen ihm zu Gebot, er hatte Tapferkeit, Liebe, Zauberei, er hatte zu dem allem noch den Gegensatz des Morgen-[2] und Abendlandes[2] und der verschiedenen Religionen. ➢ Volltext.
[112] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 680: Der Roman[1] des Cervantes ruht also auf einem sehr unvollkommenen, ja verrückten Helden, der aber zugleich so edler Natur[1] ist [...], daß ihn keine Schmach, die ihm widerfährt, eigentlich herabwürdiget. An diese Mischung (in Don Quixote) ließ sich eben das wunderbarste und reichste Gewebe knüpfen, das im ersten Moment so anziehend wie im letzten stets den gleichen Genuß gewährt und die Seele zur heitersten[4] Besonnenheit stimmt. Für den Geist[19] ist die nothwendige Begleitung des Helden, Sancho Pansa, gleichsam ein unaufhörlicher Festtag; eine unversiegbare Quelle der Ironie[1] ist geöffnet und ergießt sich in kühnen Spielen. Der Boden, auf dem das Ganze geschieht, versammelte in jener Zeit alle romantischen[3] Principien, die es noch in Europa gab, verbunden mit der Pracht des geselligen Lebens. Hierin war der Spanier tausendfältig vor dem deutschen Dichter begünstigt. Er hatte die Hirten, die auf freiem Felde lebten, einen ritterlichen Adel[2], das Volk[1] der Mauren, die nahe Küste von Afrika, den Hintergrund der Begebenheiten der Zeit und der Feldzüge gegen die Seeräuber, endlich eine Nation[1], unter welcher die Poesie[11] populär ist – selbst malerische[4] Trachten, für den gewöhnlichen Gebrauch die Maulthiertreiber und den Baccalaureus von Salar. ➢ Volltext.
[113] Schelling, Bild. Künste (1807), 12: Wie hat er [sc. J. J. Winckelmann] die Leere seiner Zeit empfunden! Ja, hätten wir keinen andern Grund als sein ewiges Gefühl der Freundschaft und die unauslöschliche Sehnsucht ihres Genusses, so wäre diese Rechtfertigung genug für das Wort[2] der Bekräftigung geistiger Liebe[2] gegen den Vollendeten, den Mann klassischen[5] Lebens und klassischen[5] Wirkens..
[114] Schiller, an Körner (1. 5. 1797), NA 29, 71: W[ieland] ist beredt und witzig aber unter die Poeten kann man ihn kaum mit mehr Recht zählen als Voltairen und Popen. Er gehört in die löbliche Zeit, wo man die Werke des Witzes[2] und des poetischen[4] Genies[2] für Synonima hielt. .
[115] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 7: [D]ie ältere[1] romantische[12] Poesie[11] schreibt sich aus diesem Zeitraume [Mittelalter] her, und die spätere ist wahrlich nicht dadurch romantisch[12/7], daß sie in die neue[5] Zeit fällt, sondern vielmehr, weil sie sich an die Gesinnung der ritterlichen Zeit anschließt [...]..
[116] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[117] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 130: Unter den Quellen der romantischen[12] Poesie[11] und ihren früheren Naturproducten haben wir bis jetzt von allem demjenigen geredet, was zusammen die romantische[12] Mythologie ausmacht, und als Stoff einer höheren Ausbildung in andern Formen empfänglich war, wo also besonders Erfindung der Begebenheiten und Geist[12] der Composition im Ganzen in Betracht kam. Hierher gehörten die Rittergedichte, welche nachher zum Teil in Prosa[1] aufgelöst im Druck erschienen [...]. [...] Endlich die eigentliche Volkspoesie der vorigen Jahrhunderte, worunter besonders die Romanze, als reichhaltigen poetischen[4] Stoff in der einfachsten Gestalt darbietend, hervorsticht [...]. Mit dieser kamen wir bis auf ziemlich moderne[8] Zeiten[3] herunter, die [...] schon ziemlich weit über die Epoche der romantischen[12] Kunstpoesie hinübergreifen. Wir müssen jetzt in der Zeit[1] beträchtlich wieder zurückgehn, um auf eine Classe[1] von Dichtern zu kommen, deren Hervorbringungen weniger durch den Inhalt, [...] als durch die Formen Vorbilder für die romantische[12] Kunst[3] geworden sind: ich meyne die Provenzalischen Troubadours..
[118] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[119] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 210: Überhaupt darf man die damalige Leibeigenschaft nicht nach dem messen, was sie in den neueren[3] Zeiten besonders in solchen Ländern geworden, wo der Adel[2] aus Deutschen Eroberern bestand, die Unterthanen aber Slawischen Stammes waren. Gegen diese Nation[1] haben die Deutschen immer, vielleicht nicht mit Unrecht, eine große Verachtung gehabt; daß sie von Natur[1] zur Sclaverey bestimmt war, beweist der Zustand der Bauern in Polen und Rußland, wo der Adel[2] von derselben Abkunft ist, und es jenen doch eigentlich nicht besser ergeht, als in den durch Deutsche eroberten Slawischen Ländern..
[120] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 337: Über die Neulateinischen Sprachen[3] will ich erst einige allgemeine Bemerkungen voranschicken, und dann sie einzeln in der Kürze charakterisiren. Das Lateinische war keinesweges eine sanfte Sprache[3]: sonor allerdings, jedoch nicht milde, und den Griechen fiel sehr vieles darin als unerträgliche Härte auf. Die Altgermanischen Dialekte[1] der einwandernden Eroberer waren vollends in jener Zeit rauh und ungeschlacht. Und dennoch sind aus der Verschmelzung dieser beyden Bestandtheile die sanftesten und anmuthigsten[1] Sprachen[3] des neueren[3] Europa hervorgegangen..
[121] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 348: Sowohl die Italiäner als Spanier besitzen romantische[1] Darstellungen in einer [...] wahrhaft poetisirten Prosa[5]. [...] Boccaz muß wohl als der Stifter der romantischen[1] Prosa[5] angesehen werden, wiewohl er die Französischen Ritterromane und Fabliaux vor Augen haben mochte. – Bey den Spaniern ist sie zuerst in den Ritterromanen aufgeblüht, [...] dann wurde sie besonders in den Schäferromanen und einigen andern sehr anmuthig bearbeitet, und endlich von Cervantes auf den letzten Gipfel erhoben, der nicht weiter hat übertroffen werden können. – Es ist keine Frage, daß die Deutsche Sprache[3] sich hierin sehr gut an diese südlichen Muster anschließen kann; sie hat in frühern Zeiten schon mehr das dazu gehörige besessen, und jetzt ist durch Goethes W. Meister zuerst der Sinn[5] für romantische[1] ruhig darstellende Prosa[5] wieder geweckt worden..
[122] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 358: Überhaupt scheint die Dürftigkeit der Deutschen Gelehrten gegen die Wohlhabenheit der Holländischen, welche einen Theil ihres Vermögens auf literarische Hülfsmittel wenden konnten, und die Nothwendigkeit, ihre meiste Zeit[6] mit dem Unterricht zu verderben, ihren Unternehmungen hinderlich gewesen zu seyn. Indessen hat es in Deutschland von jeher viele gründliche Philologen gegeben. Nur in den neuesten Zeiten[3] sind Versuche gemacht worden, das Studium auf die falsche Bahn zu lenken. Es war Heyne besonders, welcher auf eine Reformation drang, wozu auch die bisherige nicht seltne Anhäufung eines pedantischen Wustes Vorwände genug darbot. Er verlangte, man solle bey Lesung der Classiker gleich auf dasjenige gehen, was zur Bildung[2] des Geistes[14] und Veredlung des Gemüths bey tragen könne. Dieß hatten die älteren Philologen unstreitig auch beabsichtet, allein sie hatten mit gutem Grunde gemeynt, es sey hinreichend den Schülern gründlich den Buchstaben[11] der alten Autoren zu eröffnen, so würde ihnen der Geist[30] schon von selbst aufgehen. Aus der Heyneschen Schule hingegen gingen nun Commentare hervor, worin die Leser unaufhörlich wie mit der Nase auf die poetischen[4] Schönheiten hingestoßen werden, voll von Paraphrasen der Diction in Prosa[1], um zu zeigen durch welche Stufen der Dichter zu einem so gelehrten und künstlichen Schmucke gelangt sey, gleichsam als wenn ein Gedicht wie ein phraseologisches Exercitium nach einem prosaischen[1] Schema ausgearbeitet würde..
[123] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 67: Welches ist nun das beste Hülfsmittel, um ohne Kenntniß der Sprache[3] in den Geist[14] der Griechen einzudringen? Ich sage es ohne Bedenken: das Studium der Antike[4], welches, wo nicht an den Originalen, doch in den überall verbreiteten Abgüssen für jedermann in gewissem Grade zugänglich ist. Die Urbilder der menschlichen Gestalt bedürfen keiner Dollmetschung; ihre erhabne Bedeutung ist unvergänglich, und muß bei allem Wechsel der Zeiten, unter jedem Himmelstriche wieder erkannt werden [...].
[124] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 22: Ritterthum, Liebe und Ehre sind neben der Religion[2] selbst die Gegenstände der Naturpoesie, welche sich im Mittelalter in unglaublicher Fülle ergoß, und einer mehr künstlerischen Bildung[2] des romantischen[12] Geistes[10] voranging. Diese Zeit hatte auch ihre Mythologie, aus Ritterfabeln und Legenden bestehend, allein ihr Wunderbares und ihr Heroismus war dem der alten[10] Mythologie ganz entgegengesetzt. ➢ Volltext.
[125] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 761: Die Einmischung heidnischer Züge in den nordischen Umbildungen erklärt sich aus der dortigen späten Einführung des Christenthums. Wie und warum aber im skandinavischen Norden, und nur dort allein, die Freyheit[5] heidnischer Dichtung und der Geschmack daran die Zeit der Bekehrung überlebt hat, dieß geht tief in die Untersuchung der nordischen Alterthümer[6] ein..
[126] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 11.4: Die Langobarden. Ein Volk[1] das von uralten Zeiten, bis es sich unter seinen Romanischen[2] Unterthanen 〈11.5〉 in Italien verliert, denselben Namen behauptet hat. ➢ Volltext.
[127] F. Schlegel, Lucinde (1799), 32: Sie ist die geistreichste Person ihrer Zeit oder ihres Alters. ➢ Volltext.
[128] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 180: Goethe hat sich in seiner langen Laufbahn von solchen Ergießungen des ersten Feuers, wie sie in einer theils noch rohen theils schon verbildeten Zeit, überall von Prosa[3] und von falschen Tendenzen umgeben, nur immer möglich waren, zu einer Höhe der Kunst[2] heraufgearbeitet, welche zum erstenmal die ganze Poesie[17] der Alten und der Modernen[1] umfaßt, und den Keim eines ewigen Fortschreitens enthält.
[129] F. Schlegel, Unverst. (1800), 348: Mit der Ironie[1] ist durchaus nicht zu scherzen. Sie kann unglaublich lange nachwirken. Einige der absichtlichsten Künstler der vorigen Zeit habe ich in Verdacht, daß sie noch Jahrhunderte nach ihrem Tode mit ihren gläubigsten Verehrern und Anhängern Ironie[1] treiben. Shakspeare hat so unendlich viele Tiefen, Tücken, und Absichten; sollte er nicht auch die Absicht gehabt haben, verfängliche Schlingen in seine Werke für die geistreichsten Künstler der Nachwelt zu verbergen, um sie zu täuschen, daß sie ehe sie sichs versehen, glauben müssen, sie seyen auch ungefähr so wie Shakspeare?
[130] F. Schlegel, an L. Tieck (15. 9. 1803), L, 136: Das Persische ist dem Deutschen so verwandt daß man beides fast für eine Sprache[3] ansehn kann; nur ist die eine so arabisirt, als die andre latinisirt. So gar der Gang der Poesie[3] und Litteratur bei beiden Nationen[1] ist zum Erstaunen ähnlich; in der ältesten[1] Epoche eine Masse von alten[1] mythischen Nationalgedichten, auch in der Sprache[4] ganz einheimisch; und dann eine romantische[12] Zeit, wo das Arabische so durchaus angenommen, aber auch mehr geformt ward, wie in unsrer schwäbischen das Französische..
[131] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 54: Die Anfänge der spanischen, oder für jene ältere[1] Zeit besonders genauer zu reden, der castilianischen Poesie[11], sind sehr einfach. Lieder in der eigenthümlichen spanischen ganz musikalischen[5], äußerst zarten und wortspielenden Form, worin es wohl nicht leicht eine andre Sprache[3] dieser gleich thun wird; das ist die eigenthümlichste Blüthe dieses Bodens. Man könnte noch die Ritterbücher dazu rechnen, besonders den Amadis wegen des schönen[1] Styls; auch weil sich, wenn gleich die erste Anlage dieses durchaus rein erfundnen Romans[1] den Nordfranzosen gehören sollte, wie so mancher andre romantische[1] Stoff, der aber erst durch die Deutschen, Italiäner und Spanier 〈55〉 Form erhielt, viele andre Ritterdichtungen doch erst in Spanien daran angeschlossen haben. ➢ Volltext.
[132] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 66: Man hat die Einmischung alter[10] Fabel in die christliche Denkart tadeln wollen. Aber warum wäre ein gänzliches Vergessen gleichsam der alten[10] Fabel ein absolutes Stillschweigen darüber in einem christlichen Gedichte nothwendig? In welcher Zeit des Christenthums hat jenes geforderte absolute Vergessen der alten[10] Fabel je Statt gefunden, oder auch nur Statt finden können? Camoens gebraucht sie als eine schöne[1] Bildersprache für sinnreiche Allegorie, wie auch andre Dichter und Mahler der romantischen[12] Zeit oft mit mancher willkührlichen Neuerung sie betrachteten und gebrauchten. ➢ Volltext.
[133] F. Schlegel, Reis. n. Frankr. (1803), 7 f. (8): Die Reise von da [sc. Weimar] bis Frankfurt führt durch größtentheils angenehme und mannichfaltige, ja sogar schöne[1] Gegenden, aber keine derselben kommt dem Eindrucke gleich, welchen die Wartburg zu Eisenach mir gegeben hat. Schöneres[1] hab' ich in Deutschland nichts gesehen, als diese Burg auf einem einzelnen, ehedem ganz waldum〈8〉kränzten Berge, rundum von Felsen und Thälern und Hügeln umschlossen. Der Anblick des Abends ward noch durch ein heraufsteigendes Gewitter verschönt, vielleicht auch durch den Ruhm des Namens und durch die Erinnerung an die Zeiten, da die Poesie[11] hier in voller Blüthe stand, und durch ganz Deutschland das allgemeine Element des Lebens, der Liebe und der Freude war. Nur der Rhein hat noch einen gleichen Eindruck auf mich machen können. [...] Ich kann nur von den Betrachtungen und von den Empfindungen reden, die sie in mir erregt haben. Wenn man solche Gegenstände sieht, so kann man nicht umhin, sich zu erinnern, was die Deutschen ehedem waren, da der Mann noch ein Vaterland hatte. Man fühlt es recht und glaubt es zu verstehen, beim Anblick solcher Felsenschlösser, wie die Wartburg, warum die Alten auf den Höhen des Landes in ihren Burgen lebten und welche Lebensfreude damit verbunden war. Seitdem nun die Menschen herabgezogen sind zu einander und sich alles um die Landstrassen versammelt hat, gierig nach fremden[1] Sitten wie nach fremden[1] Gelde, stehen die Höhen und Burgen verlassen und die Kunst[6] scheint verloren, dieses herrliche Land auf die edelste und angemessenste Art zu bewohnen und zu beherrschen. ➢ Volltext.
[134] F. Schlegel, Gesch. d. europ. Lit. (!1803–04), KFSA 11, 85: Für die neueren[3] dramatischen Dichter verdienen wohl die Gegenstände aus der romantischen[13] Zeit den Vorzug. Sie liegt gerade in der 〈86〉 Mitte [...]..
[135] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 31: Uebrigens zeigt es sich in dieser Tendenz noch ganz besonders, wie fremd[4] den Menschen die Poesie[1] geworden war; das Kunstgefühl war ihnen ein Phänomen, das sie vor allen Dingen zu begreifen und zu erklären wünschten; wodurch aber weder das Verständniß der Kunst[2] eröffnet, noch auch der Dichter selbst gefördert wird. In neuerer[3] Zeit hat man, besonders seit Kant, einen andern Weg eingeschlagen, und durch Zurückführung eines jeden besondern ästhetischen Gefühls auf das Gefühl des Unendlichen, oder die Erinnerung der Freiheit[10] wenigstens die Würde der Poesie[1] gerettet. Für die Kritik[2] aber ist damit immer nicht viel gewonnen, so lange man den Kunstsinn nur erklären will, statt daß man ihn allseitig üben, anwenden und bilden sollte..
[136] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 477: Da die spanische Dichtkunst überhaupt ohne allen fremdartigen Einfluß und durchaus rein romantisch[7] geblieben ist, da die christliche Ritterpoesie des Mittelalters bey dieser Nation[1] am längsten bis in die Zeiten der neuern[3] Bil〈478〉dung[5] fortgedauert, und die kunstreichste Form erlangt hat, so ist hier wohl der rechte Ort, das Wesen des Romantischen[12/7] überhaupt zu bestimmen. ➢ Volltext.
[137] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 483: Wie sehr Shakspeare das Romantische[7] der alten[6] Ritterzeit und auch die südlicheren Farben der Fantasie[20] in seinen Darstellungen liebte, darf nicht erst erinnert werden; Spenser ist selbst Ritterdichter, und er wie Milton folgten bestimmten romantischen[7], besonders italienischen Vorbildern. Je näher die Litteratur uns tritt, je reicher sie in den neuern[3] Zeiten anwächst, je nothwendiger wird es mir, meine Betrachtung nur auf solche Dichter und Schriftsteller zu beschränken, welche den Gipfel der Sprache[3] und Geistesbildung einer Nation[1] bezeichnen, und welche eben darum auch für das Ganze und für andre Nationen[1] die wichtigsten und lehrreichsten sind. In der That aber erschöpfen jene drey größten Dichter, welche England hervorgebracht hat, auch Alles was in der ältern[1] Epoche ihrer Poesie[11], im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert merkwürdig und groß ist. ➢ Volltext.
[138] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 114: Zwar kann die Zeit, wenn Phanokles lebte und blühte, nicht mit Genauigkeit bestimmt werden. Wenn es aber auch gar keine Winke darüber gäbe, so würde ihm doch schon der in dem Bruchstücke vom Orpheus sichtbare Hang, alte Sitten sinnreich durch alte seiner Absicht gemäß ausgebildete und der Gegenwart angeschmiegte Sagen zu erklären, seine Stelle in der Periode der elegischen Kunst anweisen, wo die Dichter zugleich auch Gelehrte, Liebhaber und Kenner des schönen Alterthums[2], waren, und wo die erotische Poe〈115〉sie[3], nicht zufrieden, die lieblichen Freuden der Gegenwart, die zarte Leidenschaft des Dichters selbst, durch eine gebildete Darstellung zu verewigen, auch die Vergangenheit nach ihrer eigenthümlichen Ansicht verwandelte, und die Gestalten der Vorwelt mit dem Geist[30] der reizendsten Sinnlichkeit neu beseelte.
[139] Schleiermacher, Ath.-Fragm. (1798), 104, Nr. 353: Jene Geschichte von einem Franzosen der alten[6] Zeit, welcher seine Adelszeichen den Gerichten übergab, um sie wieder zu fodern, wenn er durch den Handel einiges Vermögen erlangt haben würde, ist eine Allegorie auf die Bescheidenheit. Wer den Ruhm dieser beliebten Tugend haben will, muß es mit seinem innern Adel[5] ebenso machen. Er gebe ihn der gemeinen Meinung ad depositum und erwerbe sich dadurch ein Recht ihn wieder zu fodern, daß er mit Glück und Fleiß einen Spedizionshandel treibt mit fremden[3] Verdiensten, Talenten und Einfällen, feinem und Mittelgut, wie es jeder verlangt. ➢ Volltext.
[140] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 234: Wenn wir in die Zeiten zurükkgehn, wo die romanischen[1] Sprachen[3] anfingen sich zu bilden, wer kann sagen, welche Sprache[3] damals den dortigen Menschen[1] sei angeboren gewesen? und wer wird läugnen wollen, daß denen, welche eine wissenschaftliche Bestrebung ergriffen, das lateinische mehr Muttersprache gewesen als das volgare? ➢ Volltext.
[141] Chr. F. D. Schubart, Jud. (1789), 652: Den Juden[1] | geht jezt ein günstiges Gestirn nach dem andern auf. In Frankreich wird ihnen die Nazionalversammlung große Freiheiten[8] einräumen; in Preussen wird ihr Würkungskreis immer weiter, und unter Joseph dem Zweiten geniessen sie der höchsten Duldung. [...] Joseph [...] ertheilte [...] allen Juden[1] in seinem Reiche das Stadtrecht, wodurch sie Häuser und Herrschaften kaufen, verkaufen, Edelleute, Freiherren und Grafen, und sogar Landstände werden können, alle bürgerliche Gewerbe zu treiben befugt sind, und in Kriegs- und bürgerlichen Bedienungen angestellt werden sollen und müssen. Die Juden[1] verdienen diese hohe Vorrechte, denn schon lange genug haben sie geächzt unter dem Druke der Nazionen[1]; und doch ist die heilige Wahrheit ausgegangen von ihnen auf uns. Ich hoffe, die Zeit soll nahe seyn, wo Christen und Juden[1] so friedlich beieinander wohnen werden, wie das neue[3] und alte[1] Testament in den christlichen Bibeln; denen es ganz wohl ist – in Einem Bande..
[142] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 261: Es ist eine große Bemerkung, daß die Franzosen von den frühesten Zeiten an die ersten waren, die es wagten, den Mollton zum herrschenden zu machen. Unstreitig ist dadurch mit die Nation[1] zu jener Weichlichkeit herabgestimmt worden, welche alle Völker[1], so wie die französischen Weisen selbst so lange an dieser großen Nation[1] ahndeten[3]. – Allgemein eingeführter Mollton schmelzt Männermark zu Brey und läßt Toilettenpuppen den Ton[6] angeben..
[143] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), VI: Die Zeit, aus welcher die Abschriften und Umarbeitungen älterer Werke, so wie die originalen Gedichte der Deutschen herrühren, ist früher, als die klassische[3] Zeit der italiänischen Poesie[1], welche sich mit dem Dante eröffnet [...]. ➢ Volltext.
[144] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XX: Diese schöne Zeit der Poesie[11] konnte nicht von langer Dauer sein, und sie wurde auch bald von politischen Begebenheiten gestört, wenn auch nicht die Zeit[1] selbst sie vernichtet hätte. Die Fürsten entzogen sich den Dichtern und der Adel gab die Beschäftigung mit der Poesie[11] auf; wir finden sie nach einiger Zeit[6] fast ganz aus dem Leben verschwunden, als ein zunftmäßiges Handwerk wieder. Das freie Spiel ist ihr untersagt, alle Zier und Künstlichkeit ist steife Regel und Vorurtheil [...], fast alle Gedichte sind moralischen Inhalts oder gereimte Erzählungen aus der Bibel und andern gelesenen Büchern, besonders seit der Reformation, und Hans Sachs steht als der vorzüglichste und geistreichste Poet in dieser Versammlung, dessen Witz[1] und komische Laune wirklich frölich, dessen Ansicht des Lebens auf eine große Art vernünftig ist, und dessen allegorische Gedichte oft sogar das Gepräge einer ältern und viel poetischern[1] Zeit tragen.
[145] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XXIV: Seitdem ist die Nachahmung jener künstlichen Formen der Italiäner [...] häufig versucht worden [...]. Es wird [...] vielleicht nicht ohne Nutzen sein, an eine Zeit zu erinnern, in welcher 〈XXV〉 Natürlichkeit und Künstlichkeit sich gleich unbefangen und reizend zeigten, um den Freunden der Poesie[11] Gelegenheit zu geben, neben jenen klassischen[4] Formen sich auch mit frühern bekannt zu machen, die jene erklären und auch für sich aller Aufmerksamkeit würdig sind.
[146] L. Tieck, Reis. Engl. (*1817), 158: Sie wissen, wie oft ich Ihnen bei meinem Studium des Shakspear über die Unverständigkeit der Hülfsmittel klagte, obgleich die Engländer eine gantze Bibliothek, meist unnützer Sachen, über ihn geschrieben haben. Am neugierigsten war ich von je auf Schauspiele aus jener Zeit, oder auf solche, die dem großen Dichter[1] voran gingen, und obgleich wir auch Sammlungen von solchen Sachen besitzen, die noch gantz neuerdings vermehrt sind, so haben die Herausgeber doch auch diese Dinge ohne sonderliche Kritik[3] und mit den hergebrachten Vorurtheilen behandelt..
[147] L. Tieck, Dichterleben I (1826), 28: Aus dieser Rede kann man allein abnehmen, daß dieser gute Mann keine gelehrte Erziehung genossen hat und auf keiner Universität gewesen ist. Denn das haben wir alle dem Umgang mit den Wissenschaften[2] und der Kenntniß der classischen[7] Autoren zu danken, daß wir von frühster Jugend an in einer größern Welt einheimisch werden, als uns die neuere[3] Zeit bieten kann. Es ist gut, wenn die Menge so denkt, wie jener: aber der ausgebildete oder freie[14] Mann holt seinen wahren Lebensathem aus den alten[10] Republiken herüber, und der hohe Olymp muß immer noch die Wohnung unserer Götter[6] bleiben..
[148] Trahndorff, Baukunst d. Mittelalt. (1828), 30: Wie übrigens die reichen Laubverzierungen mit [...] ächtarchitektonischen harmoniren, und durch welche Grundidee diese Harmonie bedingt sey, wie vielleicht ein tief und ursprünglich in der Volksphantasie liegendes Bild von der Beschaffenheit heiliger und den wichtigsten Angelegenheiten einer Gesammtheit gewidmeter Orte hier ein verborgenes Spiel trieb, dieß kann hier nur andeutungsweise berührt werden. Manche haben sich entschieden dagegen erklärt , daß das Bild eines heiligen Haines dem Kirchenbau des Mittelalters zum Grunde liegen könne, indem sie sich auf die Kluft stützen zwischen der Zeit der heiligen Haine unter den Germanen und zwischen der Blüthenzeit jenes Baustyls. Dennoch aber drängt sich beym Anblick dieser sich massenweise dnrchschneidenden Bogen, dieser an Thür- und Fensteröffnungen oder Nischen hintereinander zusammengedrängten Vervielfältigung der Bogendurchsicht, der starken, aus mehreren zusammengesezt erscheinenden Pfeiler, die, wie Stämme und Stammgruppen ein Laubdach, die Gewölbe stützen, und der schwebenden[3] Dächer, diese Vorstellung so unwillkürlich und bestimmt auf, daß man sich ihrer schwerlich erwehren kann; ja es ist, als, ob selbst die Entstehung des Spitzbogens in den sich kreuzenden Aesten und Zweigen vorgebildet wäre. Ob nun mit dem Lebensprinzip eines Zeitalters sich noch eine ursprüngliche oder durch die Ausbildung ursprünglicher Eigenschaften eines Volkes[1] bestimmte Gestaltungsart der Phantasie[1] als ein Vermittelndes vereinigen könne, ist ein psychologisches Problem, welches nur von der Einseitigkeit unter die Träume gezählt werden wird..
[149] Uhland, Romant. (H1807), 142: Auch die Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] hat ihre Romantik[[[[BedeutungsVerweis ID='651' Anzeige='7' Formatierung='1']]]]. Blumen, Regenbogen, Morgen- und Abendroth, Wolkenbilder, Mondnacht, Gebirge, Ströme, Klüfte u. s. w. lassen uns theils in lieblichen Bildern einen zarten, geheimen Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] ahnen[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]], theils erfüllen sie uns mit wunderbarem Schauer. | Manche Naturerscheinungen, Orkan, Gewitter stürmen zu rauh herein, sprechen ihren Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] zu laut aus, übertäuben zu sehr die Ahnung durch Schrecken um noch romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] zu seyn. Doch können sie es werden, wenn sie mehr untergeordnet, etwa in einer Handlung als Vorbedeutung, eintreten. | Eine Gegend ist romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] wo Geister[[[[BedeutungsVerweis ID='367' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] wandeln; mögen sie uns an vergangene Zeiten mahnen oder sonst in geheimer Geschäftigkeit sich um uns her bewegen. Wir stehen noch ausser dem Reigen der Luftigen Elfen, die, nach der nordischen Sage, nur der sieht, der innerhalb ihres Kreises steht; aber wir fühlen ihre wehende Bewegung, wir hören ihre flüsternden Stimmen[[[[BedeutungsVerweis ID='256' Anzeige='3' Formatierung='1']]]]..
[150] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 18 f.: In jener Zeit über den Adel[2] mit Adlichen zu reden, vermied man gern. Die Meinung ruhig erwägender Männer war: Die geschlossene Zunft des Adels[2] ist sowohl durch Alterthum[1] ehrenhaft, als durch Tugenden, wenn nicht der Stammväter (die kennt man nicht), doch 〈19〉 einzelner Sprößlinge; strebt der Adel[2] nach der Ehre, für unsere Zeit vorzüglich edel zu sein, an Geist[20/14?], Gemeinsinn und Tüchtigkeit, so wird er wohlthätig für Fürsten und Volk[5], und bleibt mächtig durch alten[1] Ruf und Zusammenhang; trozt er aber auf das Vorrecht angeborener Tauglichkeit, will er dem Staatskörper nicht mehren die Kraft, sondern entziehn, so ist er ein fremdartiges Gewächs, das, wenn es sich nicht vertheilen läßt, den Schnitt fodert. Erbittert durch solche Ansichten, die im Jahr 1792 mein Gesang der Neufranken für Gesez und König aussprach, trug Stolberg mir seine Galle zu, und behauptete: der Adel[2] sei ein edlerer Menschenstamm von eigenem Ehrgefühl, erhaben über die niedrige Denkart der Unadlichen, und dadurch zu Vorzügen berechtigt. Wer, Teufel! rief er, kann uns nehmen, was unser ist? Wer's euch gab, sagte ich: die Meinung. ➢ Volltext.
[151] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 25 f. (26): Einst da ich mit Hensler an Stolbergs Tische war, fiel das Gespräch auf adliche Landgüter in Bürger〈26〉händen, und auf die Menge ausgestorbener Familien. Weitläuftig schilderte H.[ensler] des Adels[2] Ausschweifungen, die, roh in älterer[1] Zeit, verfeint in späterer, Geist[10] und Leben und Gut verwüstet. Am ärgsten, meinte er, ward es seit Ludwig XIV. Sehr arg, sagte ich, zeigt es schon 1587 der Norddorfer Pastor Meigerius in den niedersächsischen Predigten über die Zauberei: der Adel[2] habe, durch wüstes Leben geschwächt, angebliche Behexer auf der Folter zum Geständnis genöthiget, und verbrannt. Warum, fragte H.[ensler] auf dem Rückwege, sah St.[olberg] so düster aus? – Unser Gespräch, sagte ich, war jakobinisch. ➢ Volltext.
[152] Waagen, Kunstw. Erzgeb. (*1839; 1843), 4: Mit vieler Befriedigung betrachtete ich zwölf für die Aula des leipziger Augusteums von dem liebenswürdigen und talentvollen Professor Rietschel ausgeführte Reliefs, welche grade ausgestellt waren. Es sind in denselben die Hauptmomente menschlicher Cultur[4] von der ältesten[1] vorgeschichtlichen bis zur neuesten[3] Zeit veranschaulicht worden. Die Erfindungen sind meist glücklich, der Styl des sehr erhabenen[1] Reliefs sehr gut, die Angabe der Theile einsichtig auf den hohen Standort, wofür sie bestimmt sind, berechnet..
[153] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 121 f. (122): Als Albrecht [Dürer] den Pinsel führte, da war der Deutsche auf dem Völkerschauplatz unsers Welttheils noch ein eigenthümlicher und ausgezeichneter Charakter[6] von festem Bestand; und seinen Bildern ist nicht nur in Gesichtsbildung und im ganzen Äußeren, 〈122〉 sondern auch im inneren Geiste[12], dieses ernsthafte, grade und kräftige Wesen des deutschen Charakters[2] treu und deutlich eingeprägt. In unsern Zeiten ist dieser festbestimmte deutsche Charakter[2], und eben so die deutsche Kunst[4], verloren gegangen. Der junge Deutsche lernt die Sprachen[3] aller Völker[1] Europa's, und soll prüfend und richtend aus dem Geiste[10] aller Nationen[1] Nahrung ziehen; – und der Schüler der Kunst[4] wird belehrt, wie er den Ausdruck Raphaels, und die Farben der venezianischen Schule, und die Wahrheit der Niederländer, und das Zauberlicht des Correggio, alles zusammen nachahmen, und auf diesem Wege zur alles übertreffenden Vollkommenheit gelangen solle. – O traurige Afterweisheit! O blinder Glaube des Zeitalters, daß man jede Art der Schönheit[1], und jedes Vorzügliche aller großen Künstler der Erde, zusammen〈123〉setzen, und durch das Betrachten aller, und das Erbetteln von ihren mannigfachen großen Gaben, ihrer aller Geist[20] in sich vereinigen, und sie alle besiegen könne! ➢ Volltext.
[154] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 161: Buchstaben[1] lesen kann ein jeglicher lernen; von gelehrten Chroniken kann ein jeglicher sich die Historien vergangener Zeiten erzählen lassen [...]; auch kann ein jeglicher das Lehrgebäude einer Wissenschaft studieren, und Sätze und Wahrheiten fassen; – denn, Buchstaben[1] sind 〈162〉 nur dazu da, daß das Auge ihre Form erkenne; und Lehrsätze und Begebenheiten sind nur so lange ein Gegenstand unsrer Beschäftigung, als das Auge des Geistes[19] daran arbeitet, sie zu fassen und zu erkennen; sobald sie unser eigen sind, ist die Thätigkeit unsers Geistes[19] zu Ende, und wir weiden uns dann nur, so oft es uns behagt, an einem trägen und unfruchtbaren Überblick unsrer Schätze. – Nicht also bey den Werken herrlicher Künstler. Sie sind nicht darum da, daß das Auge sie sehe; sondern darum, daß man mit entgegenkommendem Herzen in sie hineingehe, und in ihnen lebe und athme.
[155] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20): Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit[1], alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion[1] und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit über dasselbe..
[156] Winckelmann, Anm. Gesch. Kunst (1767), 94: Pythagoras [...] von Reggio in dem heutigen Calabrien war [...] der erste, welcher die Haare mit mehrerem Fleiße ausarbeitete. Diese Anzeige kann zu einiger Bestimmung der Zeit[12] verschiedener Statuen dienen. Denn wir bemerken an einigen, an welchen sich eine grosse Wissenschaft und Kunst[13] zeiget, die Haare sowohl des Hauptes, als der Schaam in ganz kleine kreppigte Locken reihenweis geleget [...]. Von jenem sind zwey oder drey Statuen [...], die [...] haben annoch die gezwungen gearbeitete Haare, die ein Beweis sind von einem Systema, welches sich von der Natur[19] entfernet hatte. [...] Da also Pythagoras als der erste die Haare mit mehrerem Fleisse und vermuthlich mit gefälligerer Freyheit[13] geendiget hatte, so kann man schliessen, daß jene Statuen [...], sowohl mit sogenannten Hetrurischen, als mit wenig angedeuteten Haaren, nicht nach Pythagoras Zeiten[3] können gemacht seyn, folglich müssen dieselben entweder von gleicher Zeit[12] oder für älter[1] geachtet werden [...]..
[157] Winckelmann, Anm. Gesch. Kunst (1767), 97: Praxiteles [...] hat in der hundert und vierten Olympias geblühet. Diese Bestimmung der Blüthe in diesem Künstler muß [...] nicht im Praxiteles selbst, sondern ausser ihm, in den Umständen der Zeit, gesuchet werden. Der Grund davon ist vermuthlich die durch den Thrasybulus in besagter Olympias wiederhergestellete Freyheit[6] der Athenienser, nachdem die dreyßig Tyrannen theils verjaget theils ermordet waren [...]..
[2] Winckelmann, Gesch. d. Kunst II (1764), 316: Es war also nöthig, die Umstände anzuzeigen, in welchen sich die Griechen von Zeit zu Zeit befunden haben, welches kürzlich, und bloß in Absicht auf unser Vorhaben geschehen wird; und aus dieser ganzen Geschichte[1] erhellet, daß es die Freyheit[6] gewesen, durch welche die Kunst[2] empor gebracht wurde.
[3] Adelung, Gesch. Cultur (1782), 144: Man darf es sich [...] nicht befremden lassen, wenn man [...] in den Dichtungen dieser Zeit den Geschmack so sehr vermisset. Ihre Schönheiten[1] rühren nicht von der Wahl und feinen Bearbeitung des Dichters, sondern von den Gegenständen selbst her, und da Homer ohne Unterschied schöne[1] und häßliche[1], angenehme und widerwärtige Gegenstände schildert, so sind auch die erstern mehr ein Werk des Zufalles, als seiner Wahl. ➢ Volltext.
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 1063: Heide, [...] eine Person, welche außer der Erkenntniß[4] des wahren Gottes[1] lebet, ein Ungläubiger in weitern Verstande[7]; daher im alten[1] Testamente alle Völker[1] außer den Juden[1], heut zu Tage aber alle außer den Juden[1], Christen und Türken, Heiden genannt werden, ob man gleich in den mittlern Zeiten auch die Türken mit zu den Heiden zu zählen pflegte. In einigen Gegenden sind die Zigeuner unter dem Nahmen der Heiden in engerer Bedeutung bekannt..
[5] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 562: Th, der Figur nach ein zusammen gesetzter Buchstab[1], welcher indessen doch nur einen einfachen Laut bezeichnet, einen Laut, welcher dem t gleicht, nur daß er der Regel nach gelinder seyn, und das Mittel zwischen dem weichern d und härtern t halten sollte; Theil, Theer, Thau, Muth, Bethen, Werth. | In den neuern[3] Zeiten hat dieser Buchstab[1] von solchen, welche sich zu Sprachverbesserern aufwarfen, und die Verbesserung der Sprache[3] immer mit der Rechtschreibung anfingen, weil da das Bessern am leichtesten und bequemsten ist, viele Gegner bekommen..
[6] Brentano, Godwi (1801), SWB 16, 129: Ich kann dich [...] lieben, obschon du die Narben vieler Abentheuer der äußern und innern romantischern[5] Zeit deiner Jugend trägst [...]..
[7] Brentano, Godwi (1801), SWB 16, 359: [W]ir werden eine Liebe haben, wenn wir keine Ehe[1] mehr kennen. Bis dahin seyen die Thiere[1] des Waldes gepriesen, wegen ihrer Gesundheit, bis dahin seyen die Freiheitsschmerzen edler Seelen geehret, bis dahin dulde man mein Bild der aufgehenden Sonne für die verlorenen Mädchen. | Denn ich will ewig glauben, daß sich die Liebe in sie geflüchtet hat, in dieser Zeit der Ehe[1], wie alles Gute sich in die Poesie[4] flüchtete zur Zeit der Barbarei, und sie stehen jetzt noch da, wie einst die romantische[12/7] Poesie[1/8] da stand..
[8] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 61:
Die Antike
[
/
]
oder Antique,
a. d. Lat. im weitern
Sinne, alle Denkmähler der Kunst[
/
]
[
]
engern
Sinne, die vorzüglichsten Ueberbleibsel von Statuen, Basreliefs, Münzen, geschnittenen Steinen, Gemählden und Gebäuden aus den schönsten Zeiten
[
]
[
]
[
/
]
[9] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 13: Jeder Stand kann zur Erhaltung des Gleichgewichts zwischen dem andern dienen: es kommt darauf an, zwischen welchen Ständen das Gleichgewicht gestört worden; und die Fürsten haben sich in den mittlern Zeiten hierzu des Volks[5] wider die Anmaßungen des Adels[2] bedient..
[10] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 356: Die Theologen und Philosophen des Mittelalters beeiferten sich um die Wette, diese Wissenschaft [sc. Dogmatik] mit müßigen Grübeleien und leeren Spitzfündigkeiten anzufüllen, wovon sie die Gelehrten der neuern Zeit, mit Hülfe der Kritik[3] und Exegese, kaum zu reinigen vermochten..
[11] Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 357: Die pantomimische Tanzkunst, deren Darstellungen ohne Worte[2] bloß durch Bewegungen und Gebehrden geschahen, hat, nach den Beschreibungen der Alten[10] zu urtheilen, zu den Zeiten Augusts in Rom auf dem höchsten Gipfel ihrer Größe gestanden; man tanzte eben so wohl tragische als komische Stücke. [...] In den neuern[5] Zeiten hat der berühmte Noverre diese Kunst[2] [sc. die pantomimische Tanzkunst] wieder auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gehoben (vergl. Ballet); und wenn er in seinen über diesen Gegenstand herausgegebenen Briefen[3] [sc. Lettres sur la danse et sur les ballets, Lyon/Stuttgart 1760] gesteht, daß die Kunst[2] der Pantomime zu unsern Zeiten das nicht mehr leisten könne, was sie zu den Zeiten Augusts geleistet, so hat er sich durch die übertriebnen Ideen täuschen lassen, die man sich nach den Lobschriften der Alten[10] von ihrer Pantomime zu machen pflegt..
[12] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 170: Unsterblich sind Moses Verdienste um sein Volk[1], das wahrlich zu seiner Zeit nicht dazu geeignet war, mitten unter Götzenanbetern den Glauben seiner Väter an einen Gott[1], der ganzen Welt Schöpfer, des Guten und Bösen weisen Regierer, dem einzig Freiheit[1] von Schuld und Verbrechen den Menschen[1] angenehm mache, festzuhalten. Und doch gelang es ihm, sich ihrer Sinnlichkeit für die Sache der Vernunft[3] und der Religion[1] zu bemächtigen, und sie durch Staats- und Tempelgesetze immer auf den Einen zurückzuführen, der ihr eigentlichster Herr sei. Hätten seine Nachfolger den Geist[14/20?] von ihm geerbt, der Jude[1] würde nicht mehr im sclavischen Joche des Ceremoniendienstes den Gott[1] zu verehren glauben, der seine Kinder zur Freiheit[10] erschuf..
[13] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 327: Alle westliche Europäischen Sprachen[3], die aus einer Vermischung des Lateins mit den Sprachen[3], der von den Römern unterjochten, oder später von Osten her eingewanderten Völker[1] entstanden waren, wurden im Mittelalter Roman[i]sche[1] genannt; insbesondre aber bezeichnete man mit diesem Namen das Provenzalische Idiom – ein verdorbnes und verstümmeltes Latein, in welchem die ersten dichterischen Versuche der neuern[3] Zeit gemacht wurden, so wie noch jetzt ein in gewissen Gegenden Graubündens übliches Afterlatein die Romanische[8] Mundart[1] benannt wird..
[14] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 373: Im obern und westlichen Theil heben sich die Gebirge mit weniger Wildheit, und sind größten Theils mit Viehheerden bedeckt; wie denn überhaupt Viehzucht ihre Hauptnahrung ausmacht. Eben so verschieden sind auch die Bewohner selbst in Sitten und Sprache[4]; im Allgemeinen haben die Walliser Wohlwollen, Sanftheit der Sitten und die Einfalt des ersten Weltalters. In den neuern[3] kriegerischen Zeiten wurde dieses schöne[1] romantische[3/7] Land leider zum Schauplatz des auswärtigen 〈374〉 Bürgerkriegs, da die Einwohner sich in entgegengesetzte Meinungen theilten, und, von Parteigeist hingerissen, selbst den auswärtigen Kriegsheeren den Zugang öffneten..
[15] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 22: Adel[1/2] ist diejenige Standeseigenschaft einer Person, vermöge deren ihr besondere, durch Gesetz, Herkommen oder Landesverfassung bestimmte Vorrechte vor andern Staatsbürgern blos persönlich oder als erbliche Geschlechtsvorzüge zugestanden werden; auch bezeichnet man mit diesem Worte[1] alle Die, welche sich im Besitze jener Standeseigenschaft befinden. Wird Jemandem der Adel[1] als Belohnung seiner Verdienste ertheilt, so heißt er persönlicher oder Verdienstadel; gründet sich die Erwerbung auf die Geburt in einer durch adelige Ältern gesetzmäßig eingegangenen Ehe[1] (denn durch Annahme an Kindesstatt oder Anerkennung durch nachfolgende Ehe[1] wird er nicht schlechterdings und durch Ehelichmachung mittels Rescripts des Fürsten gar nicht erlangt), so nennt man ihn Geburts- oder Erbadel. Gegen diesen letztern und seine in Anspruch genommenen Vorrechte haben sich namentlich zur Zeit der franz. Revolution in Frankreich und später auch in Deutschland viele Stimmen[11] erhoben; dort ward der Erbadel 1789 ganz abgeschafft und hier seine Vorrechte sehr beschränkt, wodurch die Gleichheit mit den übrigen Ständen, und namentlich die Zuziehung des Adels[2] zu den öffentlichen Lasten sehr gefödert wurde..
[16] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 437: Classisch[3] und Classiker[4] wurden zuerst diejenigen Bürger des alten[10] Roms genannt, welche zufolge der durch den König Servius Tullius, 578–534 v. Chr., angeordneten Eintheilung des Volkes[4] in sechs Vermögensclassen, in die erste Classe[1] gehörten. Nach Wiederherstellung des Studiums der aus dem Alterthume[3] übrigen Schriftsteller wurden aber beide Ausdrücke auf die griech.[2] und röm. Autoren im Allgemeinen angewandt und man legte ihren gesammten Schriften, im Gegensatze zur neuern[5] oder romantischen{12], den Namen der classischen[7] Literatur bei, obgleich Vieles nicht als classisch[3], d. h. durch seine äußere und innere Vollendung in die erste Classe[1] gehörend, betrachtet werden kann. Auch die Schöpfungen der Kunst[2] der Alten[10] werden classisch[7] genannt, und insofern man darunter die innere und äußere Vollendung und musterhafte Ausführung eines Schrift- oder Kunstwerks[4] versteht, besitzt auch die neuere[5] Zeit ihre classischen[3] Schriftsteller und Künstler..
[17] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 34: [D]ie röm.[ische] Schule schreibt ihren Ursprung aus den frühesten Zeiten der Kunst[4] her [...]. Ihr Hauptsitz war Perugia im Kirchenstaate, wo es schon im 13. Jahrh.[undert] eine Malerzunft gab, und ihr auszeichnender Charakter[1], den ungekünstelte Natur[19], Adel[5] der Form und einfache Frömmigkeit ausmachen, wurde besonders von Pietro Vanucci, von seinem Geburtsorte Perugino genannt, 1446–1524, vorbereitet..
[18] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 161: [D]ie der christlichen Zeit eigenthümliche Richtung von Poesie[1] und Kunst[4] [wird] im Gegensatze des Antiken[2] [...] eine moderne[1] genannt und als Haupteigenschaft derselben die im Mittelalter und vorzüglich mit dem 12. Jahrh. sich geltend machende Romantik[8] angenommen, für die aber am Ende des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Literatur und Kunst[4] der Alten[10] [...] eine neue[1] Periode anhob, welche auch vorzugsweise als die moderne[8] und dann die vorhergehende als die romantische[13] bezeichnet wird..
[19] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 734: Für die nationale Richtung der deutschen Literatur und Kunst[4] und die Beurtheilung des Mittelalters ist es im Allgemeinen ersprießlich gewesen, daß in neuerer Zeit namentlich A. W. und Friedr. Schlegel und L. Tieck mit ihren Freunden sich bemühten, das Romantische[13] für die Gegenwart wieder zu beleben, obgleich dadurch mitunter unklare und beschränkte Köpfe zu argen Verirrungen hingerissen worden sind. Mit dieser deutschen Schule der Romantiker[3] darf jedoch die neue[3] Richtung in der franz. Literatur nicht verwechselt werden, deren Anhänger ebenfalls Romantiker[3] genannt werden, allein keineswegs zur mittelalterlichen Romantik[11] sich bekennen, sondern vielmehr dem erstarrten Classicismus gegenüber [...] einen ganz der modernen[8] Zeit und Volksthümlichkeit angehörenden Geschmack in Literatur und Kunst[4] vertreten, den aber noch große Gebrechen entstellen..
[20] Droysen, Alex. (o. J. [1833]), 546: Auch die poetische Kunst versuchte es, an diesem neuen Leben Antheil zu gewinnen; aber erstorben wie sie schon war, hat sie es nicht mehr vermocht, die Farbenpracht Persischer Mährchen oder die überirdische Feierlichkeit monotheistischer Psalmen und Prophetien in sich aufzunehmen; sie kehrte schnell zur blinden Nachahmung ihrer classischen[3] Zeit zurück und überließ es dem Morgenlande, die Erinnerung an den gemeinsamen Helden Iskander in tausend Sagen und Gesän〈547〉gen von Geschlecht zu Geschlecht zu vererben. ➢ Volltext.
[21] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 321: Diejenige Art des Ehrgefühls, die der Adel[2] für sein ausschließendes Erbtheil hält, ist eine Reliquie aus Zeiten und von Sitten, die nicht die unsrigen sind; so viel es ehemals gewirkt, und von so gutem Nutzen es gewesen seyn mag, so ist es doch jetzt ganz von keinem; es ist ein Fremdling in unserer Welt, der sich in seine Stelle nicht zu finden und seinen Platz nicht zu behaupten weiß. .
[22] J. N. Forkel, Bach (1802), 26: Um [...] eine [...] Harmonie hervor zu bringen, in welcher die einzelnen Stimmen[9] im höchsten Grade geschmeidig und biegsam gegen einander seyn müssen, wenn sie alle einen freyen[1], fließenden Gesang haben sollen, bediente sich Bach ganz besonderer Mittel, die in den damahligen musikalischen[1] Lehrbüchern noch nicht gelehrt wurden, die ihn aber sein großes Genie[2] lehrte. Sie lagen in der großen Freyheit[1], die er dem Gange seiner Stimmen[9] gab. Er übertrat dadurch alle hergebrachte und zu seiner Zeit für heilig gehaltene Regeln dem Scheine nach, aber nicht in der That. Denn er erfüllte ihren Zweck, der in nichts anderm als in der Beförderung reiner Harmonie und Melodie, oder successiven und coexistirenden Wohlklangs bestehen kann, aufs vollkommenste, nur auf ungewöhnlichen Wegen..
[23] Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 130: So haben die Dichter[1] in Zeiten gelebt, wo das Ehrwürdige mehr erkannt ward, rief Wilhelm aus, und so sollten sie immer leben. Genugsam in ihrem Innersten ausgestattet bedurften sie wenig von außen; die Gabe, schöne[1] Empfindungen, herrliche Bilder den Menschen[1] in süßen, sich an jeden Gegenstand anschmiegenden Worten[2] und Melodien mitzutheilen, bezauberte von jeher die Welt, und war für den Begabten ein reichliches Erbtheil. An der Könige Höfen, an den Tischen der Reichen, vor den Thüren der Verliebten horchte man auf sie, indem sich das Ohr[3] und die Seele für alles andere verschloß, wie man sich selig preis't und entzückt stille steht, wenn aus den Gebüschen, durch die man wandelt, die Stimme[3] der Nachtigall gewaltig rührend hervordringt!.
[24] Goethe, Dicht. u. Wahrh. I (1811), 37: Es erinnerte diese Ceremonie an jene ersten Zeiten, wo bedeutende Handelsstädte sich von den Zöllen, welche mit Handel und Gewerb in gleichem Maaße zunahmen, wo nicht zu befreyen, doch wenigstens eine Milderung derselben zu erlangen suchten. Der Kaiser, der ihrer bedurfte, ertheilte eine solche Freyheit[8], da wo es von ihm abhing, gewöhnlich aber nur auf ein Jahr, und sie mußte daher jährlich erneuert werden..
[25] Goethe, Dt. Sprache (1817), 48: [V]on jener Zeit an läßt sich die Geschichte[7] der deutschen[1] Oper in ununterbrochener Reihe durchführen.➢ Volltext.
[26] Goethe, an K. v. Sternberg (30. 6. 1831), WA IV, 48, 265: Zu Stärkung und Kräftigung habe ich angefangen, die Dialogen des Galilei zu lesen. Wenn man nicht rechnet, was in seiner Zeit noch unbekannt war, und wie man sich mit dem aristotelischen Buchstaben[11] herumzuschlagen hatte, so ist es ein höchst auferbauliches Lesen. Wie sich der Naturblick gegen den Buchstaben[11] wehrt, ist fast zum Betrüben..
[27] Görres, Tt. Volksb. (1807), 278: [U]nd wie mit dem Verlaufe der Geschichte die Cultur[4/6] sich mehr nach Westen zog, ziehen sich auch die Kreise enger um unsere Zeit zusammen: vorzüglich aber das Mittelalter ist die Periode, wo die Gestalten sich am dichtesten aneinander drängen, wo hauptsächlich die Stiftung gegründet wurde, von der die gegenwärtige Generation noch die Zinsen zieht. Welch eine wunderseltsame Zeit ist nicht dies Mittelalter, wie glühte nicht in ihm die Erde liebeswarm und lebenstrunken auf; wie waren die Völker[1] nicht kräftige junge Stämme noch, nichts Welkes, nichts 〈279〉 Kränkelndes, alles saftig, frisch und voll, alle Pulse rege schlagend, alle Quellen rasch aufsprudelnd, Alles bis in die Extreme hin lebendig!.
[28] Görres, Tt. Volksb. (1807), 290: So wäre es daher verständig wohl, nicht ferner mehr so sehr zu pochen auf das was wir geleistet, und bey unsern Vätern anzufragen, daß sie in unserm Misere uns ihren Geist[11] nicht vorenthalten, und uns erquicken in unserer Noth, mit dem was Gutes und Schönes sie gebildet: sie sind immer die Nächsten uns, und werden es uns nicht entgelten lassen, was wir in den Tagen unseres Stolzes gegen sie verbrochen haben. Auch das wird uns fernerhin wenig zieren, sie herabzusetzen so ganz und gar gegen die alte[10] classische[3] Zeit in Griechenland; die Griechen mögten sonst, wenn wir so gar knechtisch von unserm und unserer Väter Naturelle denken, uns wohl für Heloten nehmen, die sich mit ihrer Herren Sitte und ihrer Art nach gemeiner Sclaven Weise blähen wollten, und das würde uns wieder sehr empfindlich fallen..
[29] Gutzkow, Wally (1835), 5: Auf weißem Zelter sprengte im sonnengolddurchwirkten Walde Wally, ein Bild, das die Schönheit[1] Aphroditens übertraf, da sich bei ihm zu jedem klassischen[5/6?] Reize, der nur aus dem cyprischen Meerschaume geflossen sein konnte, noch alle romantischen[4/8?] Zauber gesellten: ja selbst die Draperie der modernsten[8] Zeit fehlte nicht, ein Vorzug, der sich weniger in der Schönheit[1] selbst als in ihrer Atmosphäre kundzugeben pflegt..
[30] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), XIII: Unter diesen Umständen bleibt hier für eine kritische[4] Ausgabe nichts anderes übrig, als die älteste[1] Handschrift, welche die stärkste Vermuthung der Ursprünglichkeit für sich hat, zum Grunde zu legen. Solches ist denn auch bei den Nibelungen geschehen und im Ganzen die Hohen Emser Handschrift für die älteste[1] und ächteste angenommen; die anderen, und für jetzo besonders die Münchener, sind jedoch stark zu Rathe gezogen: einmal, weil sie gewiß nicht viel jünger sind, und dann, weil das Nibelungen Lied, gleich dem edlem Golde, durch sich selber und seine eigene Trefflichkeit, sich viel reiner erhalten hat, als viele andere Werke jener Zeit, und namentlich die meisten der noch übrigen Nazionalgedichte. Der eigene Umstand, daß es, eben so unbegreiflich als unverantwortlich, bald nach seiner herrlichen Erscheinung in der jetzigen Gestalt, bis in die neueste[3] Zeit, fast gänzlich verschollen und vergessen war, ist, wiewohl für das Deutsche Volk[1] ein nicht zu berechnender Verlust, doch für das Gedicht selbst als ein Glück zu achten, indem es dadurch der besonders verderblichen Hand der späteren Abschreiber entzogen, und so wahrscheinlich der Untergang der guten alten[1] Handschriften verhindert wurde..
[31] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III f. (IV): Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung[1] der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. Die gleichzeitige Reformazion war dabei gewiß auch nicht ohne Einfluß: so wie dagegen der Katholizismus der Poesie[3] so günstig gewesen war. Zwar ist die frühe Einwirkung eben dieser Religion und einer fremden[1] Sprache[3] 〈IV〉 und Schrift wieder störend für die eigenthümliche Entwickelung der Deutschen Nazionalpoesie gewesen, hat dieselbe frühe zu frommen oder bloß gelehrten Zwecken verarbeitet, und besonders durch Übersetzung religiöser und klassischer[7] Schriften, zugleich eine breite Prosa[1] neben ihr erzeugt: durch welches alles auch die die [sic] Deutsche Poesie[3] den Karakter[1] der romantischen[1] an sich trägt, und sich das eigenthümliche Streben dieser zum prosaischen[1] Roman[1] kund giebt. Dennoch ist die Poesie[3] hauptsächlicher Ausdruck dieser ganzen Zeit, und zwar, wie es uns scheint, der eigenthümlichste für Deutschland, indem nicht nur die alte Volkspoesie sich trefflich ausbildete, sondern auch die fremden[1] Romane[1] und religiösen Dichtungen kräftig angeeignet wurden, um so eher, da ihr Geist[12] ursprünglich von hier ausging oder doch verwandt war. So ist denn auch in dieser ganzen Periode eine vollständige poetische[5] Entwickelung sichtbar, und die in der älteren Zeit häufigere Prosa[1], verliert sich in der eigentlichen Blüthezeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts immer mehr, und selbst die Bibel und Kroniken erscheinen in Reimen.
➢ Volltext
.[32] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), VI: Die bloß chronologische [Anordnung] giebt nur Annalen, und zeigt keine historische Entwickelung. Die Absonderung nach den Dichtarten ist daher um so nöthiger und schicklicher, weil die Geschichte[1] der Poesie[3] durch sie bedingt ist, und daher z. B. die antike[2] Poetik eine ganz andere ist, als die romantische[13] und moderne[8]. Die dreieinigen Grundformen, die epische, lyrische und dramatische, sind zwar allgemeingültig und überall, wo die Poesie[3]; aber einmal haben sie selber, in der Erscheinung, sich aus und nach einander entwickelt; und dann sind sie nach Ort und Zeit mehr oder minder rein ausgebildet.
➢ Volltext
.[33] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 286: Vorzüglich [...] ist in neuester[3] Zeit die innre haltlose Zerrissenheit, welche alle widrigsten Dissonanzen durchgeht, Mode geworden, und hat einen Humor[2] der Abscheulichkeit und eine Fratzenhaftigkeit der Ironie[1] zu Wege gebracht, in der sich Theodor Hoffmann z. B. wohlgefiel. ➢ Volltext.
[34] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 367: Innerhalb der Poesie[11] ist [...] das Volkslied am meisten nationell und an Seiten der Natürlichkeit geknüpft, weshalb das Volkslied auch den Zeiten geringer geistiger Ausbildung angehört und am meisten die Unbefangenheit des Natürlichen bewahrt. Göthe z. B. hat in allen Formen und Gattungen der Poesie[11] Kunstwerke producirt, das Innigste aber und Unabsichtlichste sind seine ersten Lieder. Zu ihnen gehört die geringste Kultur[4]. ➢ Volltext.
[35] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 119 f. (120): Bei der Fülle der durcheinandertreibenden Gestalten und der überwiegenden Rohheit der Charaktere[7] fehlt es solchen Gemälden auch leicht an innerer Harmonie, sowohl der Komposition als auch der Färbung, so daß man besonders beim ersten Wiederaufleben des 〈120〉 Geschmacks an älterer[1] deutscher Malerei, bei der im Ganzen geringeren Vollendung der Technik viele Verstöße in Rücksicht auf die Entstehungszeit solcher Werke gemacht hat. Man hielt sie für älter[1] als die vollendeteren Gemälde der eyckischen Epoche, während sie doch größtentheils in eine spätere Zeit fallen. ➢ Volltext.
[36] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 502: Nun bleibt zwar auch dem dramatischen Dichter der Ausweg übrig, das Publikum[4] zu verachten; er hat dann aber gerade in Betreff seiner eigentlichsten Wirkungsweise immer seinen Zweck verfehlt. Besonders bei uns Deutschen ist seit der tieckischen Zeit her dieser Trotz gegen das Publikum[4] Mode geworden. Der deutsche Autor will sich seiner besonderen Individualität nach aussprechen, nicht aber dem Hörer und Zuschauer seine Sache genehm machen. Im Gegentheil in seinem deutschen Eigensinn muß jeder was Anderes haben als der Andere, um sich als Original zu zeigen. ➢ Volltext.
[37] Heine, Romant. Schule (1836), 58: Voß hatte schon vor Entstehung der neuen[6] Schule den Homer übersetzt, jetzt übersetzte er, mit unerhörtem Fleiß, auch die übrigen heidnischen Dichter des Alterthums[3]; während Herr A. W. Schlegel die christlichen Dichter der romantisch[13] katholischen Zeit übersetzte. Beider Arbeiten wurden bestimmt durch die versteckt polemische Absicht: Voß wollte die klassische[8] Poesie[1] und Denkweise durch seine Uebersetzungen befördern; während Herr A. W. Schlegel die christlich-romantischen[13] Dichter in guten Uebersetzungen dem Publikum[3], 〈59〉 zur Nachahmung und Bildung[2], zugänglich machen wollte. ➢ Volltext.
[38] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115: Der Grund der kühnen Wortmetaphern lag in der ersten Empfindung; aber wie? wenn spät nachher, wenn schon alles Bedürfniß weggefallen ist, aus bloßer Nachahmungssucht, oder Liebe zum Alterthum[2] dergleichen Wort- und Bildergattungen bleiben? Und gar noch ausgedehnt und erhöhet werden? Denn, o denn wird der erhabne Unsinn, das aufgedunsne Wortspiel daraus, was es im Anfang eigentlich nicht war. Dort wars kühner, männlicher Witz[2], der denn vielleicht am wenigsten spielen wollte, wenn er am meisten zu spielen schien! es war rohe Erhabenheit der Phantasie[2], die solch Gefühl in solchem Worte[1] herausarbeitete; aber nun im Gebrauche schaaler Nachahmer, ohne solches Gefühl, ohne solche Gelegenheit – Ach! Ampullen von Worten[1] ohne Geist[30]! und das ist „das Schicksal aller derer Sprachen[3] in spätern Zeiten gewesen, deren erste Formen so kühn waren.“ ➢ Volltext.
[39] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 78 f. (79): Und ohne mich hier auf die 〈79〉 verschiednen Perioden des Geists[26] der mittlern Zeiten einlassen zu können; wir wollens gothischen Geist[26], nordisches Ritterthum im weitsten Verstande[7] nennen [...]. | [...] Väterliche Neigungen, und heilige Verehrung des weiblichen[1] Geschlechts[2]: unauslöschliche Freyheitliebe und Despotismus: Religion[4] und kriegerischer Geist[14]: pünktliche Ordnung und Feyerlichkeit und sonderbarer Hang zur Aventure – das floß zusammen! [...] Der Geist[26] des Jahrhunderts durchwebte und band – die verschiedensten Eigenschaften – Tapferkeit, und Möncherey, 〈80〉 Abentheur und Galanterie, Tyranney und Edelmuth; bands zu dem Ganzen, das uns jetzt – zwischen Römern und uns – als Gespenst als romantisches[2] Abentheuer dasteht, einst wars Natur[21], war – Wahrheit. .
[40] Herder, Engl. u. dt. Dichtk. (1777), 423: Freylich, wenn wir in den mittlern Zeiten nur Shakespeare und Spenser gehabt hätten; an Theobalden und Upton, Warton und Johnson sollte es 〈424〉 nicht fehlen: hier ist aber eben die Frage, warum wir keine Shakespeare und Spenser gehabt haben? | Der Strich romantischer[13] Denkart läuft über Europa; wie nun aber über Deutschland besonders? Kann man beweisen, daß es wirklich seine Lieblingshelden, Originalsujets, Nazional- und Kindermythologien gehabt und mit eignem Gepräge bearbeitet habe? Parcival, Melusine, Magellone, Artus, die Ritter von der Tafelrunde, die Rolandsmährchen sind fremdes[1] Gut; sollten die Deutschen denn von jeher bestimmt gewesen seyn, nur zu übersezen, nur nachzuahmen? ➢ Volltext.
[41] Herder, Engl. u. dt. Dichtk. (1777), 426 f. (427): Als vor weniger Zeit die Barden-Windsbraut brauste: wie wurde nach den Gesängen gerufen, die der grosse Karl gesammlet haben soll! Wie wurden diese völlig unbekannter Weise gelobt, nachgeahmt, gesungen – ihr Fund so leicht gemacht, als ob sie nur aus der Hand gelegt wären, an ihnen 〈427〉 nichts weniger als ein deutscher Ossian gehoffet u. f. Treflich Alles in der Ferne! Wenn da auf einmal ein Macpherson in Tyrol oder in Baiern aufstünde, und uns da so einen deutschen Ossian sänge, ginge es hin, so weit ließen wir uns etwa noch mitziehen. Nun aber wären diese Gesänge in einer Sprache[3], wie sie nach Analogie der schilterschen Sammlung nothwendig sein müsten; müsten sie, weil vor Ottfried alles undisziplinirte Sprache[3] war, als lebendiger Gesang im Munde der Barden erst buchstabirt, als eine Zaubergestalt voriger Zeiten im Spiegel der Glossatoren studirt werden, ohne das sie sowenig als Ulfila's Evangelien in unsern Kirchen Wunder thun könnten; wie viel Lobredner und Jünger würden stracks zurückgehen und sagen: „Ich kenne euch nicht! Ich hatte mir so einen klassischen[5] Ossian vermutet!“
➢ Volltext
.[42] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 62: Man erstaunt über die Menge der Künste[1/2] und Gewerbe, die man in den Nachrichten der Ebräer, schon von den frühesten Zeiten an, mehreren kleinen Nomadenvölkern dieser Gegend [sc. Vorderasien] gemein findet..
[43] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 208: Weder Philopömens Klugheit noch Aratus Rechtschaffenheit gaben Griechenland seine alte[[[[BedeutungsVerweis ID='505' Anzeige='6' Formatierung='1']]]] Zeiten wieder. Wie die Sonne im Niedergange von den Dünsten des Horizonts umringt, eine größere, romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Gestalt hat: so hats die Staatskunst Griechenlandes in diesem Zeitpunkt; allein die Stralen der untergehenden Sonne erwärmen nicht mehr wie am Mittage, und die Staatskunst der sterbenden Griechen blieb unkräftig..
[44] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 282: Tacitus [...] wars unmöglich, Begebenheiten zu erzählen, ohne daß er die Ursachen derselben entwickle und das Verabscheuungswürdige mit schwarzen Farben male. Seine Geschichte[7] ächzet nach Freiheit[6], und in ihrem dunkel-verschlossenen Ton[12] beklagt sie den Verlust derselben weit bitterer, als sies mit Worten[2] thun könnte. Nur der Zeiten der Freiheit[6], d. i. offener Handlungen[1] im Staat und im Kriege, erfreuet sich die Beredsamkeit und Geschichte[4]; mit jenen sind beide dahin; sie borgen im Müssiggange des Staats auch müßige Betrachtungen und Worte[2]..
[45] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 321: Selbst unsre kurze Geschichte[7] beweiset es daher schon klar, daß mit der wachsenden wahren Aufklärung der Völker[1] die menschenfeindlichen, sinnlosen Zerstörungen derselben sich glücklich vermindert haben. Seit Roms Untergange ist in Europa kein cultiviertes Reich mehr entstanden, das seine ganze Einrichtung auf Kriege und Eroberungen gebauet hätte; denn die verheerenden Nationen[1] der mittleren Zeiten[3] waren rohe, wilde Völker[1]. Je mehr aber auch sie Cultur[4] empfingen und ihr Eigenthum liebgewinnen lernten, desto mehr drang sich ihnen unvermerkt, ja oft wider ihren Willen, der schönere[1], ruhige Geist[14] des Kunstfleißes, des Ackerbaues, des Handels und der Wissenschaft[1] auf. Man lernte nutzen ohne zu vernichten, weil das Vernichtete sich 〈322〉 nicht mehr nutzen läßt, und so ward mit der Zeit[1], gleichsam durch die Natur[1] der Sache selbst, ein friedliches Gleichgewicht zwischen den Völkern[1], weil nach Jahrhunderten wilder Befehdung es endlich alle einsehen lernten, daß der Zweck, den Jeder wünschte, sich nicht anders erreichen ließe, als daß sie gemeinschaftlich dazu beitrügen. .
[46] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 323: Blutige Fechterspiele, grausame Thierkämpfe dulden wir nicht mehr; alle diese wilden Jugendübungen ist das Menschengeschlecht durchgangen und hat endlich einsehen gelernt, daß ihre tolle Lust der Mühe nicht werth sei. Gleichergestalt bedürfen wir des Drucks armer Römersklaven oder Spartanischer Heloten nicht mehr, da unsre Verfassung durch freie[6] Geschöpfe das leichter zu erreichen weiß, was jene alten[10] Verfassungen durch menschliche Thiere[3] gefährlicher und selbst kostbarer erreichten; ja es muß eine Zeit kommen, da wir auf unsern unmenschlichen Negerhandel ebenso bedaurend zurücksehen werden als auf die alten[10] Römersklaven oder auf die Spartanischen Heloten, wenn nicht aus Menschenliebe so aus Berechnung..
[47] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 41: Die Juden[1] betrachten wir hier nur als die parasitische Pflanze[1], die sich beinah allen europäischen Nationen[1] angehängt und mehr oder minder von ihrem Saft an sich gezogen hat. Nach dem Untergange des alten[9] Roms waren ihrer vergleichungsweise nur noch wenige in Europa; durch die Verfolgungen der Araber kamen sie in großen Haufen herüber und haben sich selbst Nationenweise vertheilet. Daß sie den Aussatz in unsern Welttheil gebracht, ist unwahrscheinlich; ein ärgerer Aussatz wars, daß sie in allen barbarischen Jahrhunderten als Wechsler, Unterhändler und Reichsknechte niederträchtige Werkzeuge des Wuchers wurden und gegen eignen Gewinn die barbarisch-stolze Unwissenheit der Europäer im Handel dadurch stärkten. Grausam ging man oft mit ihnen um und erpreßte tyrannisch, was sie durch Geiz und Betrug oder durch Fleiß, Klugheit und Ordnung erworben hatten; indem sie aber solcher Begegnungen gewohnt waren und selbst darauf rechnen mußten, so überlisteten und erpreßten sie desto mehr. Indessen waren sie der damaligen Zeit[5] und sind noch jetzt manchen Ländern unentbehrlich; wie denn auch nicht zu läugnen ist, daß durch sie die hebräische Litteratur erhalten, in den dunkeln Zeiten[3] die von den Arabern erlangte Wissenschaft[3], Arzneikunde und Weltweisheit auch durch sie fortgepflanzt und sonst manches Gute geschafft worden, wozu sich kein andrer als ein Jude[1] gebrauchen ließ. Es wird eine Zeit[3] kommen, da man in Europa nicht mehr fra〈42〉gen wird, wer Jude[1] oder Christ sei; denn auch der Jude[1] wird nach europäischen Gesetzen leben und zum Besten des Staats beitragen. Nur eine barbarische Verfassung hat ihn daran hindern oder seine Fähigkeit schädlich machen mögen..
[48] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 216: Und wer war in Rom, an der Spitze seines heiligen Collegium, dieser Eine? [...] ein Mann oder Greis ward erwählet, der, meistens in Geschäften der Kirche schon geübt, das Feld kannte, auf welchem er Arbeiter bestellen sollte. Oder er war mit den Fürsten seiner Zeit nahe verwandt, und ward in kritischen[5] Zeiten gerade nur zu der Verlegenheit gewählt, die er abthun sollte..
[49] Herder, Bef. d. Hum. IV (1794), 75: [A]ls in den mittleren Zeiten die Poesie[1] wieder auflebte, erinnerte sie sich bald ihres ehemaligen wahren Geburtslandes unter Pflanzen[1] und Blumen. Die 〈76〉 Provenzal- und Romantischen[12] Dichter liebten dergleichen Beschreibungen; bei Spenser z. B. sind es noch immer anmuthige Stanzen, die uns schöne[1] Wüsteneien samt ihren Gewächsen und Blumen schildern. .
[50] Herder, Bef. d. Hum. VI (1795), 159: Das Alterthum[3] [...] hatte soviel öffentliche Gebäude, prächtig durch ihre Größe; Akademieen, Colisäen, Theater u. f., die wie die Luft zum freien[1] Gebrauch waren. Die neuere[5] Zeit hat lauter eingeschränkte Besitzungen, öffentli〈160〉che Gebäude, wo der Eintritt vor der Thür bezahlt wird. Sind in unsern engen Kreisen Herz und Geist[22] beschränkter, wie in jenem uns romantischen[7] Alter: so streben wir jetzt desto sicherer nach einem nicht zu hoch gesteckten Ziele..
[51] Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 15 ff. (16 f.): Zuerst giebt ihr Fragment es selbst zu, daß auch vor der sogenannten Erwekkung der Alten[10] in jedem Fach große Männer, Denker und Dichter gelebt haben; und eben so wenig wird bezweifelt werden können, daß seit dieser Entdeckung große Männer gelebt und geschrieben haben, die von den Alten[10] wenig oder nichts wußten. Ich darf von den ersten nur Dante, von 〈16〉 den letzten nur Shakespeare anführen; wie viel andre möchten zu nennen seyn! Die größten Erfindungen sind in den Zeiten gemacht, die wir barbarische, rohe Zeiten nennen; vielleicht haben in ihnen auch die größesten Männer gelebet. Damals standen die Köpfe noch nicht so dicht an einander; jeder hatte zum eignen Denken freien[1] Raum; um sie war Dämmerung; desto munterer aber wirkten sie, und dorften in der Mittagssonne der Alten[10] eben noch nicht erblinden. Wie Ein Roger Baco vor hundert Commentatoren des Aristoteles gilt: so giebt es romantische[1] Gedichte der mittleren, selbst der neueren[9] Zeit, bei denen man den Geschmack der Alten[10] gern vergißt und in ihnen wie im Feenreich lustwandelt. Ich erinnere Sie an so manche Romane[1], die uns der Graf Treßan und seine Gehülfen gegeben, ja 〈17〉 seit Wiederauflebung der Wissenschaften an die größesten Lichter aller cultivirten Nationen[1]. Woher nahmen Ariost und die ihm vorgingen, woher Spenser, Shakespeare und zwar in seinen rührendsten Stücken Form und Inhalt? Nicht aus den Alten[10], sondern aus der Denkart des Volks[5] und seinem Geschmack in ihren und den mittleren Zeiten..
[52] Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 17 f. (18): Boëthius und Auson's Gedichte sind zur Zeit[7] des allgemeinen Verfalls der Römischen Sprache[3] und Poesie[1] merkwürdige Erscheinungen. [...] Beide, insonderheit Boëthius, sind den folgenden dunkeln Jahrhunderten leitende Sterne 〈18〉 gewesen; wie denn auch in ihm [...] bereits sichtbarerweise ein neuer[1] Geschmack hervorgehet, der den folgenden Zeiten[3] verwandt und ihnen daher lieber war, als der große Geschmack der alten[10] classischen[5] Dichter..
[53] Herder, Bef. d. Hum. X (1797), 249: Am wenigsten kann also unsre Europäische Cultur[4] das Maas allgemeiner Menschengüte und Menschenwerthes seyn; sie ist kein oder ein falscher Maasstab. Europäische Cultur[4] ist ein abgezogener Begriff[1], ein Name. Wo existiert sie ganz? bei welchem Volk[1]? in welchen Zeiten? Ueberdem sind mit ihr (wer darf es läugnen?) so viele Mängel und Schwächen, so viele Verzuckungen und Abscheulichkeiten verbunden, daß nur ein ungütiges Wesen diese Veranlassungen höherer Cultur[4] zu einem Gesammt-Zustande unsres ganzen Geschlechts machen könnte. Die Cultur[4] der Menschheit[2] ist eine andre Sache; Ort- und Zeitmäßig sprießt sie allenthalben hervor, hier reicher und üppiger, dort ärmer und kärger. Der Genius der Menschen-Naturgeschichte lebt in und mit jedem Volk[1], als ob dies das einzige auf Erden wäre. .
[54] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 297 f.: Eisen. Dieses Metall, das merkwürdigste unter allen, ist aus uralten Zeiten her schon bekannt, und beinahe eine Bedingung der Kultur[4] des menschlichen Geschlechts geworden, indem viele tausend Gegenstände nicht ohne Eisen gemacht werden können. Man bedarf des Eisens, um eine Feder zu schneiden, Eisen enthält die Tinte, mit welcher geschrieben wird, Eisen braucht man, um die Lumpen, aus denen Papier gemacht wird, zu zerschneiden, Eisen, um sie sein zu mahlen, Eisen, um den Draht zu ziehen, der zu den Papierformen verwendet wird, eiserne 〈298〉 Stempel muß man haben, um die Buchstaben[2] für den Buchdrucker zu gießen, und dieser braucht eiserne Pressen um zu drucken etc. Die Völker[1], welche mit dem Gebrauch und der Verwendung des Eisens am vertrautesten sind, stehen auch auf der höchsten Stufe der Kultur[4]..
[55] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 433: Die Neigung zu rhetorischer Ausbildung des poetischen[4] Talentes ward noch vorherrschender während des siebenzehnten Jahrhunderts, dessen dichterische Erzeugnisse sich durch ein entschiedenes Streben nach Correktheit und Eleganz auszeichnen [...], und diese Richtung blieb auch, obwohl das eigentliche Wesen der Poesie[11] sehr darunter litt, in der folgenden Zeit vorherschend, wo es durch Alexander Pope [...], einen eigentlich mehr geistreich als originell zu nennenden Dichter, der aber unbedingt als der correkteste Autor zu betrachten ist, welchen England aufzuweisen hat, die höchste Stufe erreichte. Es war in Hinsicht auf die Form eine wahrhaft klassische[3] Zeit für die englische 〈434〉 schöne Literatur [...]..
[56] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 50: In jener schönern[1] Zeit, wo noch die ganze Natur[2] dem Menschen[1] näher stand, wo jeder Baum, jede Blume lebte und selbst das zutraulichere Thier[1] den Menschen[1] mit sprechenden Augen ansah, in den Tagen, wo der Mensch[1] noch ein harmloses Kind war, und unbefangen mit den ihn umgebenden Gegenständen spielte, in jener Zeit einer einfachen unschuldigen Sinnlichkeit entstand die Fabel. .
[57] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 201 f. (202): Die Gesetze der Einheit von Zeit[13], Ort und Handlung[3] wurden nicht nur als die festeste Norm befolgt, sondern sie dienten auch bei der Beurtheilung jedes tragischen Dichtwerks als Maßstab. Eine Verschmelzung dieser Nachahmung der antiken[2] Muster mit dem Geiste[12] der Nation[1] finden wir bei den Heroen der französischen Tragödie Corneille [...] und Racine [...]. Diese beiden und Molière [...] rissen die Bühne aus ihrer ersten Rohheit. Doch blieb immer eine Steifheit, ein geziertes, hochtrabendes Wesen zurück, das selbst Voltaire [...] 〈202〉 [...] nicht verdrängen konnte. [...] Gegen jene klassischen[4/8] Vorbilder erhob sich in neuester[3] Zeit[3] die Schule der Romantiker[3], an deren Spitze Victor Hugo [...] steht. Sie hat zwar die altfranzösische Tragödie nicht verdrängen können, behauptet aber doch siegreich ihren Platz neben ihr, und wie aus allen Kämpfen der Art, so wird auch hier ein vermittelndes Princip aus den Eigenthümlichkeiten beider Schulen ein gutes, erfreuliches Resultat schaffen..
[58] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 451: Glyptothek, das stolze und klassische[8] Prachtgebäude in München, zur Aufbewahrung der kostbarsten Kunstwerke der Bildhauerarbeit aller Zeiten und Völker[1]..
[59] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VI (1836), 239: Endlich erschien Shakespeare. Die Natur[11], wie sie ist – war sein Princip. Schiller gab der neuen[5] Zeit: Veredelte Natur[11]; Goethe [...]: Leben der Erde. Der wäre wohl der höchste Künstler, der mit der gigantischen Kraft und Sehergabe Shakespeare's, den Seelenadel Schiller's und Goethe's Weisheit und Klarheit verbände..
[60] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VII (1836), 455: Die höheren Studien verfolgte [Friedrich von] H.[ardenberg] auf den Universitäten Jena, Leipzig und Wittenberg. [...] Im Sommer 1799 ward er als Assessor dem Directorium der Salinen beigesellt, und in die Zeit dieses Aufenthalts fällt sein lebhafterer Verkehr mit denjenigen Literaten, welche man oft kurzweg die Romantiker[3] nennt, mit den Gebrüdern Schlegel, Ludwig Tieck etc., die damals in Jena waren, und [...] eine neue[1] Dichterschule zu gründen versuchten [...]..
[61] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), III: Bey der großen Menge Schriften antiquarischen Inhalts scheint das antiquarische Studium noch am weitesten von derjenigen Bearbeitung entfernt zu seyn, welche andere Wissenschaften, selbst die am nächsten mit ihm verwandten, alte[9] Geschichte[4], Kritik[3] und Diplomatik [...] in den neuesten[3] Zeiten erhalten haben. ➢ Volltext.
[62] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), 171: [J]ener Grundsatz, der die Vollkommenheit der Kunst[10] unter den Griechen von der Freyheit[6] ableitet, erfordert, wenn er zutreffen soll, so viele Erweiterungen und Einschränkungen, daß am Ende wenig davon übrig bleibt. Allerdings kann die Freyheit[6] von Umständen begleitet werden, welche die Künstlergenies erwecken können: als, Begeisterung der Ruhmbegierde; aber Freyheit[6] an und für sich kann ein unthätiger, träger, tämischer Zustand seyn; er kann auch von so vielen Unruhen und Bedrängnissen, physischer, sittlicher und politischer Art, beenget werden, daß Kunst[2] und Wissenschaft wenig Eingang finden. Die Freyheit[6] der Griechen ist überdies ein so unbestimmtes, und nach verschiedenen Gegenden und Zeiten Griechenlands so vielartiges Ding, daß alles schwankend wird, was man darauf bauet. Ganz anders war man frey in Athen, anders zu Sparta, zu Theben, und noch anders in den ruhigen Gefilden von Phocis und Doris, von Elis und Arcadien; und hier ist die Kunst[2] nie 〈172〉 hochgestiegen. ➢ Volltext.
[63] Heyne, Antiquar. Aufs. I (1778), 172 f. (173): Wohlhabenheit und Prachtliebe sind überhaupt unentbehrliche Bedingungen, wenn Künste[2] emporkommen sollen; beyde können in politischer Freyheit[6] und unter politischer Sklaverey erwachsen, bey Einfalt der Sitten und bey Verfeinerung und Ueppigkeit statt finden, aus Eroberung und Beute, und durch Handlung[4] und Schiffahrt, hervorgebracht werden, und 〈173〉 können verhältnißweise nach vielen Stufen auf einerley Weise wirken; beyde können das Antheil von mehrern, oder nur von einigen im Staate, seyn; einen merklichen Unterschied macht es blos, ob den Gebrauch davon jeder für sich, oder alle für den öffentlichen und gemeinen Ruhm machen. Der erste Fall, daß jeder seinen Aufwand für seine eigene Rechnung macht, und seinen Pallast, sein Landhaus, seinen Garten ausschmücket, ist der herrschende in unsern Zeiten und Staatsverfassungen, und er hat auch seine natürlichen[4] Folgen. Der andre fand in jenen griechischen[2] Staaten statt, und hatte jene großen Folgen, die wir heut zu Tage bey unsern eingeschränkten Leidenschaften vergeblich erwarten. [...] Bey dem allen wird immer noch etwas erfordert, was die Prachtliebe auf Gebäude, auf Malerey[1] und Bildhauerkunst, und nicht auf Schauspiele, auf andre Lustbarkeiten richtet; etwas, was die Bemühungen erregt, Künstler erweckt, das Genie[4] erwärmt, Wettstreit veranlaßt, Aufmunterung giebt: und das ist weder Freyheit[6] noch Clima[1], noch irgend etwas dem ähnliches; es ist immer etwas sehr Zufälliges, ein Hof, ein Fürst, eine Maitresse, ein Minister, ein Demagog. ➢ Volltext.
[64] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 112: Außer den Inschriften können die Zauberhöhlen mit phantastischen[1] Bildern ausgeziert werden; das Ausschweifende und Abentheuerliche[3], das an jedem andern Orte verwerflich wäre, kann hier wahres Eigenthum werden. Man kann selbst Feenpaläste errichten, sie dieser oder jener Feengottheit widmen, sie mit allem Wunderbaren der Zeit, woraus sie entlehnt sind, füllen, hier den Orlando des Ariost, oder Wielands weit mehr zauberische Werke, Idris, Amadis, und Oberon, ausstellen, die Wände mit Gemälden von Kämpfen der irrenden Ritterschaft mit Riesen und Ungeheuern, von bezauberten Schlössern, von entführten Prinzessinnen und andern seltsamen Begebenheiten schmücken.➢ Volltext.
[65] Hirt, Baukunst (1809), 165: Je höher die Bogenart ist, desto geringer ist ihr Schub oder Seitendruck; je mehr sich aber der Bogen der wagerechten Linie nähert, desto mächtiger wird der Seitenschub, und desto stärkere Widerlagen sind vonnöthen. Hiernach ist der gothische[2] Bogen (Fig. 12. [❏]) derjenige, welcher der geringsten, und der scheitrechte der (Fig. 16. [❏]) welcher der stärksten Widerlagen bedarf. Dies erkläret, wie nach dem Verfall der Baukunst man im Mittelalter auf die hohen Bogenarten verfiel. Aus Armuth und Unwissenheit fing man an, die Pfeiler und Mauern theils von sehr ungleichartigem, theils von sehr schlechtem Material, und zwar ohne gehörige Besorgung der Construction aufzuführen. Man nahm also nothgedrungen die Zuflucht zu den höhern Bogenarten, welche weniger Schub verursachten. Man baute in diesen unglücklichen Zeiten bloß für das Bedürfniß. Das Gefühl für schöne[2] Formen, und für ein gefälliges Verhältnißmaß hatte sich in der Baukunst, so wie in den übrigen Künsten[2], verloren. Das Auge gewöhnte sich nach und nach an die unförmlichsten Spitzen und Thürmelungen, so daß späterhin selbst eine Art System abgeschmackter Bauerey entstand, welches mehrere Jahrhunderte hindurch dauerte, und jetzt noch nicht selten seine flachen Bewunderer hat..
[66] Hirt, Baukunst (1809), 3: Durch das Studium der Geschichte[3] wird der Baumeister mit den Denkmälern aller Völker[1] und Zeiten bekannt [...]. Die geschichtliche Forschung zeigt ihm bestimmt, welche Monumente er zum Vorbild wählen, und welche er für immer verwerfen soll. Dadurch wird seine Einsicht sicher, bestimmt, fest. Keine Constructionsart, und keine Verzierung bleibt ihm fremd[4]: er weiß jedes gehörig zu würdigen, und die Ursache anzugeben, warum er wählt, und warum er verwirft. So wie jetzt das Studium der Baukunst steht, ist eine feste Begründung desselben bloß durch die Geschichte[4] möglich..
[67] Hoche, Lesesucht (1794), 43: Von dem zwölften Jahrhundert an waren die Romane[1], in Frankreich, Erzählungen jeder Geschichte[9] in der Landessprache, welche die romanische[1] hieß. Weil diese romanische[2] Geschichte[8] eigentlich für den ungelehrten Theil der Nation[1] bestimmt war, der nur Krieg und Waffen kannte, und eben aus dieser Ursache das Wunderbare liebte: so erforderte sie auch eine eigene Behandlung. Daher es denn kam daß sie die Gestalt der Heldengedichte erhielt. Als aber bei den wieder auflebenden Wissenschaften[1] [...] die Geschichte[7] in der Landessprache [...] und die epischen Gedichte gleichfalls [...] geschrieben wurden: so machten die romanischen[6] Heldengedichte eine eigene Gattung aus, die nach gerade die gegenwärtige Gestalt erhalten haben. – Kann man unsere jetzigen Leser[1] und Leserinnen der dialogisirten oder romanischen[6] Geschichte[8], die jetzt wieder aufleben will, mit Recht in jene rohen Zeiten zurück setzen? das sey ferne..
[68] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 275: Ein [...] vorzüglich charakteristischer[1] Zug der Griechen ist die hohe Ausbildung des Schönheitsgefühls und des Geschmaks und vorzüglich die allgemeine Ausbreitung dieses Gefühls unter der ganzen Nation[1], wovon sich Beispiele in Menge aufzählen lassen. Nun aber ist keine Art der Ausbildung in allen Zeiten und Erdstrichen so unentbehrlich, als gerade diese, die das ganze Wesen des Menschen, wie es an sich beschaffen sein möge, erst gleichsam in Eins vereint, und ihm die wahre Politur und den wahren Adel[5] ertheilt [...]..
[69] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 182: [W]enn er, mit dem classischen[3] Geiste[14] der Alten[10] vertraut, und von dem besten der Neueren[3] durchdrungen, zugleich so individuell gebildet ist, daß er nur unter seiner Nation{1] und in seiner Zeit emporkommen konnte, daß alles Fremde[1], was er sich aneignet, danach sich umgestaltet und er sich nur in seiner vaterländischen Sprache[3] darzustellen vermag, in jeder andern aber und zwar gerade für seine Eigenthümlichkeit schlechterdings unübersetzbar bleibt; wenn es ihm nun so gelingt, die Resultate seiner Erfahrungen über Menschenleben und Menschenglück in eine dichterische Idee zusammenzufassen, und diese Idee vollkommen auszuführen – dann mußte, und nur so konnte ein Gedicht, wie das gegenwärtige ist, entstehen..
[70] W. v. Humboldt, Schiller (1830), GS I, 6.2, 511: Aus dem dürftigen Zustande, in welchem Kant die Philosophie, eklektisch herumirrend, vor sich fand, vermochte er keinen anregenden Funken zu ziehen. Auch möchte es schwer seyn zu sagen, ob er mehr den alten, oder den späteren Philosophen verdankte. Er selbst, mit dieser Schärfe der Kritik[1], die seine hervorstechendste Seite ausmachte, war sichtbar dem Geiste[12/14] der neueren Zeit[3] näher verwandt..
[71] Immermann, Epigon. (1836), W 2, 459: Ein Unterschied der modernen[1] Zeit von der griechischen[2] besteht darin, daß unter uns Neueren[3] das wahrhaft geniale Schöne[2] fast immer im Gegensatze zu der herrschenden Stimmung erwächst, welche dagegen ihrerseits das als vorhanden zu präkonisieren [›auszurufen‹] pflegt, woran es ihr eben ganz gebricht. Dagegen ging in jener glücklichen griechischen[2] Periode das besondre Genie[2] der Künstler[1] aus dem allgemeinen Talente der Nation[1] hervor. Um an einem Beispiele meine Meinung klarzumachen, so glaubten wir an Klopstocks Oden, Bardieten und an den Nachahmungen derselben eine große vaterländische Poesie[11] zu besitzen, und doch waren diese frostigen Exerzitien am allerfernsten von einer solchen..
[72] Jahn, Runenbl. (1814), 26: Deutschland, Europas Mittelland, hat niemals solche innige Einheit gehabt, als seine Vaterlandsfreunde zu allen Zeiten sehnten und ahnten[1]..
[73] Kant, Crit. rein. Vern. (
2
1787), XXXVI f. (XXXVII): In der Ausführung [...] des Plans, den die Critik[1] vorschreibt, d. i. im künftigen System der Metaphysik, müssen wir dereinst der strengen Methode des berühmten Wolf, des größten unter allen dogmatischen Philosophen, folgen, der zuerst das Beyspiel gab (und durch dies Beyspiel der Urheber des bisher noch nicht erloschenen Geistes[14] der Gründlichkeit in Deutschland wurde,) wie durch gesetzmäßige Feststellung der Principien, deutliche Bestimmung der Begriffe[1], versuchte Strenge der
Beweise, Verhütung kühner Sprünge in Folgerungen der sichere Gang einer Wissenschaft zu nehmen sey, der auch eben darum eine solche, als Metaphysik ist, in diesen Stand zu versetzen vorzüglich geschickt war, wenn es ihm beygefallen wäre, durch Critik[1] des Organs[3], nämlich der reinen Vernunft 〈XXXVII〉 selbst, sich das Feld vorher zu bereiten: ein Mangel, der nicht sowol ihm, als vielmehr der dogmatischen Denkungsart seines Zeitalters beyzumessen ist, und darüber die Philosophen, seiner sowol als aller vorigen Zeiten, einander nichts vorzuwerfen haben..[74] Kant, Metaph. d. Sitt. I (1797), 192 f. (193): Nun ist ein angeerbter Adel[1] ein Rang, der vor dem Verdienst vorher geht, und dieses auch mit keinem Grunde hoffen läßt, ein Gedankending, ohne alle Realität. Denn, wenn der Vorfahr Verdienst hatte, so konnte er dieses doch nicht auf seine Nachkommen vererben, sondern diese mußten es sich immer selbst erwerben [...]. Weil nun von keinem Menschen[1] angenommen werden kann, er werde seine Freiheit[6] wegwerfen, so ist es unmöglich, daß der allgemeine Volkswille zu 〈193〉 einem solchen grundlosen Prärogativ zusammenstimme, mithin kann der Souverän es auch nicht geltend machen. – – Wenn indessen gleich eine solche Anomalie in das Maschinenwesen einer Regierung von alten[1] Zeiten (des Lehnswesens, das fast gänzlich auf den Krieg angelegt war) eingeschlichen, von Untertanen, die mehr als Staatsbürger, nämlich geborne Beamte (wie etwa ein Erbprofessor) sein wollen, so kann der Staat diesen von ihm begangenen Fehler eines widerrechtlich erteilten erblichen Vorzugs nicht anders, als durch Eingehen und Nichtbesetzung der Stellen allmählich wiederum gut machen, und so hat er provisorisch ein Recht, diese Würde dem Titel nach fortdauern zu lassen, bis selbst in der öffentlichen Meinung die Einteilung in Souverän, Adel[2] und Volk[5] der einzigen natürlichen[4] in Souverän und Volk[4] Platz gemacht haben wird..
[75] S. v. Knorring, an A. W. Schlegel (13. 1. 1822), KJ 2, 387: Ich habe lange vergeblich auf die Freude gehofft eine Antwort von Ihnen zu erhalten, und ich muß mich also entschliessen Ihnen wieder zu schreiben, ohne die Sicherheit zu haben, ob ein Brief[1] von mir Ihnen willkommen ist. Ich beklage es oft daß die schöne[1] Zeit der Jugend für mich dahin ist, denn unter andern heerlichen Gaben dieser entflohenen Zeit, ist auch das kostbahre rücksichtslose Vertrauen, auf die grosmühtige Nachsicht der Freundschaft zugleich mit entschwunden. Vor zwanzig Jahren mein theurer Freund, würde ich Ihnen zehn Briefe[1] nacheinander geschrieben haben, ohne daß es mir ein einziges mahl eingefallen wäre, diese Briefe[1] könten Ihnen unwilkommen oder beschwerlich sein, und hätten Sie endlich zu lange geschwiegen[1], so würde ich sehr böse geworden sein, und sehr gescholten haben, und es würde mir wieder nicht eingefallen sein, daß dies Bösewerden, und dies Schelten Ihnen noch beschwerlich[er] als die Briefe[1] hätte sein können, sondern ich würde im Gegentheil gehofft haben, Sie würden nun in sich gehen, und einsehen, wie grosses Unrecht Sie gegen mich hätten. ➢ Volltext.
[76] Köstlin, Sonnt. (H1807), 86 f. (87): C. (tritt rasch ein, das Sonntagsblatt No. 4. in der Hand.) | Ein Sonntags Stük, meine Herrn! ich bringe die Kirche zu euch, weil ihr nicht zu der Kirche kommt. Laßt euch predigen von diesem Manne Gottes[1], sezt euch nieder zu dieser ehrenwerthen Zuhörerschaft; aber wekt nicht die süßschlafenden! [⦿] | A. Daß wir selbst nicht schlafen werden, prophezeyhe ich festiglich, der Zwang, das Lachen zu unterdrücken, wird unsere Geister[19] in einer behaglich-unbehaglichen Spannung erhalten. Aber dir, mein guter B., gilt es nun einen gewaltigen Sprung 〈87〉 aus jenen alten[11] Zeiten, worinn du schwärmtest, in diese moderne[9] Scene herein..
[77] Köstlin, Sonnt. (H1807), 89 f. (90): C. [...] Wohl ist die Farbe der Nacht etwas mystisches geheimnisvolles. Sehen wir ja auch über die Gräber den schwarzen Flor gebreitet – – | [...] Aber wie durch den Schleyer der Nacht die ewige Gestirne uns herniederwinken, so bedeutet die schwarze Hülle des Grabes ein unvergängliches Reich des Lichtes jenseits dieser Hülle. | B. Und so mögen wir denn glauben, daß dises auch der Sinn[2] war jener Sitte, sich in die Farbe der Nacht zu kleiden, dieser Sitte in ihrer ersten Unschuld und Reinheit: nemlich ein Ertödten des Endlichen am Menschen[1] zur Auferstehung in der 〈90〉 Welt des Ewigen und Göttlichen. – Ach, daß ich immer jener alten[1/11] Zeit gedenken muß! Da berührte noch der Himmel die Erde, und die Erde hieng an ihm, wie seine sehnsuchtsvolle Braut. .
[78] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 477 f. (478): Der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Stil ist Vorstellung rauher und fürchterlicher Gegenden. Hierher gehören: Ruinen, 〈478〉 gänzlich verfallene oder einstürzende Gebäude, zerrissene Felsen, große Gebirge, Klüfte, Abgründe, reissende Ströhme, schäumende Wasser, Fälle, wilde reissende Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], Nacht, Sturm, Blitz, u. d. gl. Der gemeine oder niedrige Stil ist Vorstellung der ländlichen Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] wie sie ist. Hierher gehören: Vieh- und Hirten-Stücke aus unsern Zeiten, Bettler, Bauern-Güter, Stroh-Dächer, verfallene schlechte Gebäude, Brückchen, Stege, Bauern-Schenken und Acker-Wirthschaft..
[79] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 519 f.: Auch zu Buonarottis Zeiten[3] war man noch [...] sehr von dem bloßen Studium der [Antiken3] und des Antiken[2] eingenommen [...] 〈520〉 [...]. Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt..
[80] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 286: Wir haben [...] von der Thätigkeit und von dem Eifer, mit welchem Hr. Schmidt sich der Erforschung der Denkmale des vaterländischen Alterthums[2] gewidmet hat, auch noch andern interessanten[1] und belehrenden Mittheilungen entgegenzusehen. Kürzlich war er zu diesem Behuf mit einer Aufnahme der höchst merkwürdigen Klosterkirche zu Laach, unfern von Andernach, beschäftigt. Diese Kirche, in der ersten Hälfte des 12ten Jahrhunderts erbaut, ist eins der großartigsten und reichsten Beispiele des strengen romanischen[4] Baustyls in Deutschland; sie ist in diesem Betracht um so wichtiger, als sie, wie vielleicht kein zweites Beispiel der Art vorhanden ist, durchaus als ein Ganzes aus Einem Gusse und von in sich völlig übereinstimmendem Style dasteht. Nur der zierliche Porticus an ihrer Westseite ist in der Zeit des spätromanischen Baustyls hinzugefügt worden..
[81] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 291: Wo ein vollkommen genügender urkundlicher Beweis fehlt, ist es vor allen Dingen nöthig, auf die stylistischen Eigenthümlichkeiten des Bauwerks einzugehen und durch Vergleichung mit andern Gebäuden die Zeit, welcher dasselbe angehört, fester zu bestimmen. Diese vergleichende Kritik[3] – die bei aller kunsthistorischen Forschung als die Hauptsache erscheint – hätte Hr. L. nothwendig anstellen müssen, um der historischen Wahrscheinlichkeit (denn weiter gelangt er nicht, obgleich er dieselbe durchweg sofort als unbedingte Wahrheit annimmt) eine festere Basis zu geben..
[82] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 12: Später hatte ihn die [...] Zuvorkommenheit des Grafen [...] nicht mehr an Geld und Gelderwerbung denken lassen, er hatte sich unterdeß an die Bedürfnisse der höhern Klassen[2] gewöhnt, und der Gedanke überraschte ihn bei der argen augenblicklichen Verlegenheit nicht eben angenehm, daß er auf diese Weise durchaus nicht fortleben dürfe. Der Staat ist einmal auf Erwerb gegründet, sagte er sich, und Du bist ein unnützes, unproduktives Mitglied. | Es hatte zwar eine Zeit gegeben, wo er in poetischer[1] Ansicht des Lebens solche triviale Staatsforderungen entrüstet abgewiesen hätte, aber ein Augenblick, wo man dem Hunger und Mangel vor der Thür sieht, ist der poetischen[1] Ansicht des Staates 〈13〉 nicht günstig..
[83] Maimon, Lebensgesch. I (1792), 5 f. (6): Es giebt vielleicht kein andres Land außer Polen, wo Religionsfreyheit und Religionshaß so im gleichen Grade anzutreffen wäre. Die Juden[1] genießen da einer völlig freyen[1] Ausübung ihrer Religion[1] und aller übrigen bürgerlichen Freyheiten[6], haben auch sogar ihre eigne Gerichtsbarkeit. Von der andern Seite aber geht der Religionshaß so weit, daß der Nahme Jude[1] zum Abscheu ist, und 〈6〉 die Wirkung dieses zu den Zeiten der Barbarey eingewurzelten Abscheus noch zu meinen Zeiten, ohngefähr vor dreyzehn Jahren, dauerte. Dieser anscheinende Widerspruch läßt sich aber sehr gut heben, wenn man bedenkt, daß die in Polen den Juden[1] zugestandene Religions- und bürgerliche Freyheit[6], nicht aus Achtung für die allgemeinen Rechte der Menschheit[2] entspringt, so wie auf der anderen Seite der Religionshaß und Verfolgung keineswegs die Wirkung einer weisen Politik ist, die dasjenige, was der Moralität und dem Wohlstand des Staates schädlich seyn kann, aus dem Wege zu räumen sucht, sondern beyde Folgen der in diesem Lande herrschenden politischen Unwissenheit und Trägheit sind. Da nehmlich die Juden[1] bey allen ihren Mängeln dennoch in diesem Lande beynahe die einzigen brauchbaren Menschen[1] sind, so sahe sich zwar die Polnische Nation[1] gezwungen, zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse ihnen alle mögliche Freyheiten[6] zu bewilligen, doch mußte auch ihre moralische Unwissenheit und Trägheit auf der anderen Seite nothwendig Religionshaß und Verfolgung hervorbringen..
[84] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 71 f. (72): Die Fähigkeit zu allen süßen, allen traurigen Empfindungen ruht in der Kindheit noch unentwickelt in dem kleinen Herzen, und es empfindet da bei der einfachsten Veranlassung noch ungetheilt, alles, was es jemals, vertheilt, bei den mannigfaltigsten Eindrücken zu fühlen vermag. Jedes Bild tritt neu[1] und ungetrübt vor die jugendliche Phantasie[1], und der lebendige Eindruck ergießt sich mit sanfter Gewalt durch alle Saiten des erwachenden Gefühls. Deshalb umfaßt es die kleine Welt, die es umgibt, mit einer Innigkeit, die sich nicht durch Worte[2] ausdrücken kann. Die liebliche Magie der Unerfahrenheit überwebt Ursprung und Ende jeder schönen[1] Empfin〈72〉dung wie mit einer Wolke, daß sie auf einmal in ihrer ganzen Fülle dasteht, unbegreiflich und mächtig wie das Erscheinen einer Gottheit. Dies alles verschwindet, wenn der reifer gewordne Verstand[2], nun heller um sich schaut, und den leisen Gang der Eindrücke die das Saitenspiel des Herzens bewegen, zu verfolgen vermag. – Aber, Julie, giebt es keine Zeit im Leben, wo diese jugendliche Begeisterung[1] in ihrer ganzen Stärke und Einheit, nur noch inniger, schöner[1], heiliger zurückkehrt? und welche Zeit kann dies anders sein, als die, wo wir lieben?.
[85] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 184: O! es wird eine Zeit kommen, wo alle Menschen[1] wiederum niederfallen, vor 〈185〉 dem ewigen Wesen, das alle Religionen[1] versteht! und ich ahnde[1], hoffend, daß sie nicht fern ist!.
[86] Metzger, Heidelbg. Schloss (1829), 108: Die Umgebung war meist mit großen Buchen und Eichbäumen bewachsen, die den Wolfsbrunnen dicht umschlossen und demselben ein romantisches[3/8] Aussehen gaben. Links an dem obersten Weiher stand noch vor 30 Jahren eine uralte Linde, die den Weiher majestätisch überzogen halte und den Ort beschattete. Aus Mangel an Interesse für den schönen[1] Ort und aus Privatnutzen wurde diese schöne[1] Linde umgehauen. Auch das alte[1] Fischerhaus mit dem schönen[1] Röhrbrunnen wurde in neuerer[3] Zeit geschmacklos modernisirt und in gegenwärtigen Zustand umgewandelt..
[87] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 8 f. (9): Ein gewisser allgemeiner Drang zum Vorlesen und Deklamiren der Nationaldichter, so ungeschickt er 〈9〉 sich mitunter auch äußern mag, so vielen Antheil auch zu Zeiten[7] noch die Eitelkeit und der Eigennutz daran haben mögen, ist dennoch ein erfreuliches Zeichen, daß sich die Verzauberung unsres Ohrs[3] und unsrer Stimme[1] wieder allmählich lösen will und daß unsre schöne[2] Literatur von dem lebendigen Odem der Rede wieder ergriffen werden soll. Würde in der Erziehung die Hälfte des ungebührlichen Eifers, den man in neueren[3] Zeiten[3] auf den Mechanismus des Lesenlernens gewendet hat, auf den Ausdruck des Tons[1] und die Geberde der Brust und der Seele im Lesen gewandt, so würde der deutschen Redekunst damit vielleicht mehr gedient als mit Vorlesungen über die Beredsamkeit..
[88] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 214: Die Art der Öffentlichkeit, welche die Poesie[1] durch die Buchdruckerkunst erhalten hat, macht auf mich einen widrigen Eindruck, etwa als wenn: eine Frau[1] auf dem Forum, auf dem Markte öffentliche Reden vor Tausenden halten wollte, wie ich denn auch die Reden geistreicher Frauen[1] viel lieber in zierlichen Abschriften lesen würde als in dem Druck, wozu sie leider jetzt verdammt sind, da es nur diesen Einen Weg giebt, mit den verwandten Geistern[32] ferner Zeiten und Örter zu sprechen..
[89] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 266 f. (267): [E]s drängte diese liebenswürdige Natur[17] [sc. Schiller] sich zu dem Göttlichen zu erheben oder das Göttliche herabzuziehn: er sehnte sich wie jeder ordentliche und vollständige Mensch[1] nach der Verbindung des Göttlichen und Menschlichen [...]. Die griechischen[2] Götter[4] trugen wenigstens Masken von Menschen[1], und so übertrug er in rührendem Irrthume alle jene romantischen[7] Empfindungen seines Herzens, 〈267〉 welche er mit der Luft der neuern[3] Zeiten eingesogen, auf jene alten[10], kalten, geschlechtslosen Gestalten [...]..
[90] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 275 f.: Wie haben wir [sc. die Deutschen] in diesen letzten fünfzig stummen Jahren sprechen gelernt? Wie hat sich diese Sprache[3] gebildet grade in der Zeit, wo alle Glieder der höheren Gesellschaft sich von ihr abwendeten? Es lebt in ihr ein Geist[12], der sie bildet und keiner vornehmen Stütze bedarf: wer das recht Empfundene, aus den Tiefen der Seele, aus jenen geheimnißvollen Wohnsitzen des Heiligen Kommende, wo das Gefühl der ritterlichen Ehre und Liebe, des stolzen Gehorsams usw. herrührt – aussprechen will, der kann diese Sprache[3] nicht entbehren; und wer nicht so etwas zu sagen hat, der würde ihr und ihrer Ausbildung nichts helfen können. Von selbst in den Mund legt sie sich nicht! ohne Karakter[2], ohne Selbständigkeit, ohne Ursprünglichkeit 〈276〉 der Geisteskraft ist es unmöglich, diese Sprache[3] gut zu sprechen. Mit Phrasen, die für jeden Mund passen, mit künstlich appretirtem Glanz, mit einem Schein von Geist[20] und Witz[1], den der Geistloseste sich aneignen könnte, kann sie nicht aufwarten: sie hat keine Corneilles, keine Racines, keine Bossuets, keine Akademien, welche ein ganzes folgendes Jahrhundert mit schönen Wendungen der Rede im voraus versehn; kein siècle de Louis XIV., das für lange Zeiten nachher das Vortrefflichste schon vorweggesprochen hätte. Es fehlt ihr, habe ich gesagt, die gesellige Vollendung: das Bestreben der einzelnen deutschen Redner und einige glückliche Wendungen des öffentlichen Lebens der Nation[1] können selbige erreichen, darum muß auch an die mechanischen Vorzüge der benachbarten Sprachen[3] erinnert werden. Ich habe es gethan, mit Anklage meines Vaterlandes gethan. Nichtsdestoweniger aber weil der neue[1/5], christliche Geist[12] aller Worte[1] und Wendungen dieser Sprache[3] sich nicht tödten läßt, so trägt sie das Siegel der Fortdauer an ihrer Stirn wie keine andre Sprache[3]. Um dieses Geistes[12] willen kann man festiglich glauben, daß die Sprache[3] der Besiegten länger leben werde als die der Sieger, und in diesem Sinne dann dreist verkünden, daß, weil die Sprache[3] fortdauern werde, auch das Volk[1] nicht untergehen könne..
[91] Musäus, Volksmärchen (1782–86), 363: Eine Mißheirat von einer Differenz des Standes um einen Zoll breit, erregte damals freilich nicht so viel pedantischen Lärm als in unsern klassischen[2/8] Zeiten; dennoch fiel ein Unterschied von einer Elle breit, zumal wenn in den Zwischenraum Mitwerber eintraten, welche die Entfernung der beiden Endpunkte versichtbarten, damals schon merklich in die Augen..
[92] Novalis, Begeist. (*?1790), NS 2, 22 f. (23): Wie sich allmählich die Sprache[1] auszubilden anfing und nicht mehr bloß in Naturtönen stammelte, sondern mit vollem Strome 〈23〉 der Jugendfülle des menschlichen Geschlechts[7] dahinbrauste und jeder Ton[1], jede Stimme[3] derselben fast Empfindung und durch abstrakte Begriffe[1] und Erfahrung noch nicht ausgebildet und verfeinert war, da entstand zuerst die Dichtkunst, die Tochter des edelsten Ungestüms der erhabensten und stärksten Empfindungen der Leidenschaften, die sich zwar nachher wie ein Chamäleon nach den Organisationen[6] der verschiedenen Erdstriche, Zeiten und Charaktere[4] umgebildet, aber in ihrer Urbedeutung, zu ihrer größten Stärke, Zauberei und Wirkung auf die Gemüter, ihrer Mutter, der hohen Begeisterung[1], noch immer nötig hat..
[93] Novalis, Glaub. u. Lieb. (1798), 273: Meinethalben mag jetzt der Buchstabe[8/9] an der Zeit[7] seyn. Es ist kein großes Lob für die Zeit[9], daß sie so weit von der Natur[19] entfernt, so sinnlos für Familienleben, so abgeneigt der schönsten[1] poetischen[1] Gesellschaftsform ist. Wie würden unsre Kosmopoliten erstaunen, wenn ihnen die Zeit[3] des ewigen Friedens erschiene und sie die höchste gebildetste Menschheit[3] in monarchischer Form erblickten? Zerstäubt wird dann der papierne Kitt seyn, der jetzt die Menschen[1] zusammenkleistert, und der Geist[12/30] wird die Gespenster, die statt seiner in Buchstaben[8/9] erschienen und von Federn und Pressen zerstückelt ausgingen, verscheuchen, und alle Menschen[1] wie ein paar Liebende zusammen schmelzen..
[94] Novalis, Versch. Fragm. (*1798), NS 2, 594, Nr. 316: Die Zeit ist nicht mehr, wo der Geist[1/14] Gottes[1] verständlich war. Der Sinn[2] der Welt ist verloren gegangen. Wir sind beym Buchstaben[8] stehn geblieben. Wir haben das Erscheinende über der Erscheinung verlohren..
[95] Novalis, Fragm. u. Stud. (*1800), NS 3, 646, Nr. 534: Die Guitarre oder Reliquien der romantischen[12] Zeit. Eine Sammlung Romanzen von Novalis..
[96] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 6: Ich hörte einst von alten[1] Zeiten reden; wie da die Thiere[1] und Bäume und Felsen mit den Menschen[1] gesprochen hätten. Mir ist grade so, als wollten sie allaugenblicklich anfangen, und als könnte ich es ihnen ansehen, was sie mir sagen wollten. Es muß noch viel Worte[1] geben, die ich nicht weiß: wüßte ich mehr, so könnte ich viel besser alles begreifen. .
[97] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 14 f.: Bey der Hofhaltung des Landgrafen ging es nach der Sitte der damaligen Zeiten einfach und still zu; und die Pracht und Bequemlichkeit des fürstlichen Lebens dürfte sich schwerlich mit den Annehmlichkeiten messen, die in spätern Zeiten ein bemittelter Privatmann sich und den Seinigen ohne Verschwendung verschaffen konnte. Dafür war aber der Sinn[5] für die Geräthschaften und Habseeligkeiten, die der Mensch zum mannichfachen Dienst seines Lebens um sich her versammelt, desto zarter und tiefer. Sie waren den Menschen werther und merkwürdiger. Zog schon das Geheimniß der Natur[2] und die Entstehung ihrer Körper den ahndenden[3] Geist[19] an: so erhöhte die seltnere Kunst[13] ihrer Bearbeitung[,] die romantische[7/8] Ferne, aus der man sie erhielt, und die Heiligkeit ihres Alter〈15〉thums[1], da sie sorgfältiger bewahrt, oft das Besitzthum mehrerer Nachkommenschaften wurden, die Neigung zu diesen stummen Gefährten des Lebens. Oft wurden sie zu dem Rang von geweihten Pfändern eines besondern Segens und Schicksals erhoben, und das Wohl ganzer Reiche und weitverbreiteter Familien hing an ihrer Erhaltung. Eine liebliche Armuth schmückte diese Zeiten mit einer eigenthümlichen ernsten und unschuldigen Einfalt; und die sparsam vertheilten Kleinodien glänzten desto bedeutender in dieser Dämmerung, und erfüllten ein sinniges Gemüth mit wunderbaren Erwartungen. Wenn es wahr ist, daß erst eine geschickte Vertheilung von Licht, Farbe und Schatten die verborgene Herrlichkeit der sichtbaren Welt offenbart, und sich hier ein neues[1] höheres Auge aufzuthun scheint: so war damals überall eine ähnliche Vertheilung und Wirthschaftlichkeit wahrzunehmen; da hingegen die neuere[3] wohlhabendere Zeit das einförmige und unbedeutendere Bild eines allgemeinen Tages darbietet..
[98] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 15: [Z]wischen den rohen Zeiten der Barbarey, und dem kunstreichen, vielwissenden und begüterten Zeitalter [hat sich] eine tiefsinnige und romantische[7] Zeit niedergelassen, die unter schlichtem Kleide eine höhere Gestalt verbirgt..
[99] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 22: In alten[1] Zeiten muß die ganze Natur[2] lebendiger und sinnvoller gewesen seyn, als heut zu Tage. Wirkungen, die jetzt kaum noch die Thiere[1] zu bemerken scheinen, und die Menschen[1] eigentlich allein noch empfinden und genießen, bewegten damals leblose Körper; und so war es möglich, daß kunstreiche Menschen[1] allein Dinge möglich machten und Erscheinungen hervorbrachten, die uns jetzt völlig unglaublich und fabelhaft dünken. So sollen vor uralten Zeiten in den Ländern des jetzigen Griechischen[3] Kaiserthums, wie uns Reisende berichtet, die diese Sagen noch dort unter dem gemeinen Volke[5] angetroffen haben, Dichter gewesen seyn, die durch den seltsamen Klang wunderbarer Werkzeuge das geheime Leben der Wälder, die in den Stämmen verborgenen Geister[1/12] aufgeweckt, in wüsten, verödeten Gegenden den todten Pflanzensaamen erregt, und blühende Gärten hervorgerufen, grausame Thiere[4] gezähmt und verwilderte Menschen[1] zu Ordnung und Sitte gewöhnt, sanfte Neigungen und Künste[1] des Friedens in ihnen rege gemacht, reißende Flüsse in milde Gewässer verwandelt, und selbst die todtesten Steine in regelmäßige tanzende Bewegungen hingerissen haben..
[100] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 67: Der Boden war weich und ziemlich eben; die Wände so wie die Decke waren ebenfalls nicht rauh und unregelmäßig; aber was die Aufmerksamkeit Aller vorzüglich beschäftigte, war die unzählige Menge von Knochen und Zähnen, die den Boden bedeckten. Viele waren völlig erhalten, an andern sah man Spuren der Verwesung, und die, welche aus den Wänden hin und wieder hervorragten, schienen steinartig geworden zu seyn. Die Meisten waren von ungewöhnlicher Größe und Stärke. Der Alte[2] freute sich über diese Überbleibsel einer uralten Zeit; nur den Bauern war nicht wohl dabey zu Muthe, denn sie hielten sie für deutliche Spuren naher Raubthiere, so überzeugend ihnen auch der Alte[2] die Zeichen eines undenklichen Alterthums[1] daran aufwies, und sie fragte, ob sie je etwas von Verwüstungen unter ihren Heerden und vom Raube benachbarter Menschen[1] gespürt hätten, und ob sie jene Knochen für Knochen bekannter Thiere[1] oder Menschen[1] halten könnten?.
[101] Novalis, Aftdg II (*1799–1800), 175: Ruinen sind die Mütter dieser blühenden Kinder. Die bunte[2], lebendige Schöpfung zieht ihre Nahrung aus den Trümmern vergangner Zeiten..
[102] Passavant, Toscana (1820), 2 f.: In allen Zeiten, wo die Kunst[2] bey einem Volke[1] entstand, ist zu bemerken, daß sie ursprünglich nur zur Ausschmückung der zum Gottesdienst geweihten Orte gebraucht wurde. Es liegt wohl in einem feinen religiösen Gefühl des Menschen, daß er dem Hause Gottes[1] gerne ein anderes und herrlicheres Ansehen gibt, als seiner eignen Wohnung; da, wo er seine Andacht verrichtet und seine Gedanken zu etwas Höheren wendet, verlangt er auch, daß die Umgebung ihn dazu erhebe; er will durch die Ansicht ihm heilig gewordener Gegenstände aus der gewöhnlichen Stimmung seiner Seele, sich zu etwas Höhe〈3〉rem angeregt fühlen. So dachten wohl einstens die alten[9] Ägypter, so das Volk[1] Israels, oder die Griechen und Römer in den Zeiten ihrer Blüthe und Freiheit[6]; so das christliche Europa in den Tagen seiner regsten Kraft; so auch unsere Vorfahren in den Zeiten, als sie noch, nach außen und innen selbstständig, keine Gesetze und Formen der Fremden[1] sich hatten aufdringen lassen, die nicht gleichartig mit ihrem eigenen Streben waren; wo sie durch die lebendige Fülle der Minnelieder, den Gesang eines Nibelungenliedes, die Ausbildung einer den Deutschen eigenthümlichen Baukunst, die in Europa nur an der griechischen[2] eine Nebenbuhlerin findet, durch so viele Werke der Bildhauerkunst und Malerei[1], wie sie in jenen Zeiten[3] außer Deutschland nur in Italien entstanden, sich an die Seite der ausgezeichnetsten Völker[1] stellen durften..
[103] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 21 f. (22): Es haben Andere vor uns den formellen Unterschied der antiken[2] und romantischen[13] Bildung[5] auf unwidersprechliche Art gezeigt [...], wie in der alterthümlichen Welt der ewig-Eine Geist[12] der Menschheit[1] real, im äußern Organismus[8] des Lebens hervortrat, während er im Mittelalter ideal, in dem Stre〈22〉ben des öffentlichen Lebens nach dem Geistigen, als der Wesenheit des Christenthums, sich aussprach [...], [...] das Leben der damaligen Staaten von Europa beseelte, und sie alle in einem einzigen, höheren vereinigte, der als ein Wundergebilde in der modernen[1] Geschichte[1] dasteht, welchem die ganze nachfolgende Zeit bis auf unsere Tage nichts Aehnliches an die Seite stellen kann..
[104] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 22: [N]ie war Europa einiger, glänzender und mächtiger, als in jener herrlichen Zeit des Ritterthums und des Enthusiasmus für die Ehre der katholischen Religion[1]. Da trieb eine neue[1], wunderbare Poësie[1] ihre farbigen Blüthen, und die Produkte der romantischen[13] Künstler[3] stehen in ihrer Art eben so göttlich 〈23〉 und unerreichbar da, wie die der frühern Griechen und Römer..
[105] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 465 f.: Es wird zwar für bekannt angenommen, daß der Pabst Gregorius der Große den Choralgesang in die römische Kirche eingeführet, und überhaupt der Kirchenmusik zu seiner Zeit aufgeholfen, oder sie verbessert habe. Man giebt auch vor, er habe die sieben Buchstaben[1] a, b, c, d, e, f, g erfunden. Allein, wenn wir uns in der Geschichte[1] der Musik der damaligen Zeiten weiter umsehen: so scheinet es, daß von allen diesen drey Nachrichten nur etwa die mittelste, wegen der Verbesserung der Kirchenmusik, wahr seyn mag; denn man weiß, daß nicht nur schon zu den Zeiten des heiligen Ambro〈466〉sius und also im vierten Jahrhundert diese Buchstaben[1] im Gebrauche waren, sondern daß auch dieser Bischoff den Choralgesang in der Kirche anordnete..
[106] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 466: Die Lateiner behielten nach dem Beyspiele der Griechen ihre Buchstaben[1], um die Töne damit zu bezeichnen, und zwar lange Zeit[6] nach eben der Art, wie ihnen die Griechen vorgegangen waren, bis sie endlich ungefehr in den Zeiten des Boethius nur bey den ersten sieben Buchstaben[1] A, B, C, D, E, F, G stehen blieben; wozu aber wohl Ambrosius die erste Veranlassung mag gegeben haben, weil er die vier Töne D, E, F, G vorzüglich in der Kirche einführte, die Töne A, B oder H und C aber darinn nicht dulden wollte. Hier finden wir also vielleicht den ersten allgemeinen Gebrauch dieser sieben Buchstaben[1]; denn H und B wurden lange Zeit gewissermaßen promiscue gebraucht, oder vielmehr zeigte B bald H, bald dieses auch B an [...]..
[107] Schelling, Notizenbl. I (1802), 118: Dieß alles und noch mehr bildet ein für die Philosophie selbst ganz äußeres Verhältniß zu einzelnen Menschen; ein weit ausgedehnteres und mehr oder weniger allgemeines zum gesammten Publicum bildet die Betriebsamkeit ganzer Institute, die, außerdem daß sie den Gang der Literatur im Ganzen und das Wohl aller Wissenschaften leiten, insbesondere auch das der Philosophie bei dem Publicum besorgen und befördern wollen. Obgleich das mit Recht berühmteste und durch einige in früheren Zeiten[3] an den Tag geförderte Meisterwerke im Fach der philosophischen Kritik[1] ausgezeichnetste derselben, die Jenaische Allg. Lit. Zeit., dem allgemeinen Loos menschlicher Dinge so wenig entgehen konnte, daß in der letzten Zeit[3], in Ansehung der Philosophie, fast sogar das Sprüchwort an ihm wahr geworden wäre: der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht, so ermangelt es doch, nachdem von ihm die weise und in der That lobenswerthe Maxime angenommen worden ist, von der Recension bedeutenderer philosophischer Werke gänzlich abzulassen, nicht, unbedeutende von Zeit[7] zu Zeit[7] mit einer passenden Sauce zu versehen. ➢ Volltext.
[108] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 414 f. (415): Die Mythologie kann weder das Werk des einzelnen Menschen noch des Geschlechts oder der Gattung seyn (sofern diese nur eine Zusammensetzung der Individuen), sondern allein des Geschlechts, sofern es selbst Individuum und einem einzelnen Menschen gleich ist. Nicht des Einzelnen, weil die Mythologie absolute Objektivität haben, eine zweite Welt seyn soll, die nicht die des Einzelnen seyn kann. Nicht eines Geschlechts oder der Gattung, sofern sie nur eine Zusammensetzung der Individuen, denn alsdann wäre sie ohne harmonische Zusammenstimmung. Sie fordert also zu ihrer Möglichkeit nothwendig ein Geschlecht, das Individuum wie Ein Mensch ist. Die Unbegreiflichkeit, 〈415〉 die diese Idee für unsere Zeit haben mag, kann ihrer Wahrheit nichts nehmen. Sie ist die höchste Idee für die ganze Geschichte überhaupt. Analogien, ferne Anspielungen auf ein solches Verhältniß enthält schon die Natur[2] in der Art, wie sich die Kunsttriebe der Thiere[1] äußern, indem bei mehreren Gattungen ein ganzes Geschlecht zusammen wirkt, jedes Individuum als das Ganze, und das Ganze selbst wieder als Individuum handelt. ➢ Volltext.
[109] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 429: Die ewige Nothwendigkeit offenbart sich in der Zeit der Identität mit ihr als Natur[13]. [...] Mit dem Abfall von ihr offenbart sie sich als Schicksal in herben und gewaltigen Schlägen. Um sich dem Schicksal zu entziehen, ist nur Ein Mittel, sich in die Arme der Vorsehung zu werfen. Dieß war das Gefühl der Welt in jener Periode der tiefsten Umwandlung, als das Schicksal an allem Schönen[1] und Herrlichen des Alterthums[3] seine letzte Tücke übte. Da verloren die alten[10] Götter[4] ihre Kraft, die Orakel schwiegen[1], die Feste verstummten und ein bodenloser Abgrund voll wilder Vermischung aller Elemente der gewesenen Welt schien sich vor dem menschlichen Geschlecht[7] zu öffnen. ➢ Volltext.
[110] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 645: Der Geist[12] der modernen[1] Zeit, der im Allgemeinen schon früher dargestellt worden ist, bringt die Beschränkung der modernen[1] Lyrik in Ansehung der Gegenstände mit sich. Bild und Begleitung eines öffentlichen und allgemeinen Lebens – eines Lebens in einem organischen[6] Ganzen – konnte die Lyrik in den modernen[1] Staaten nicht mehr werden. Es blieben für sie keine andern Gegenstände als entweder die ganz subjektiven, einzelne momentane Empfindungen, worein sich die lyrische Poesie[11] auch in den schönsten Ergüssen der spätern Welt verloren hat, und aus denen nur sehr mittelbar ein ganzes Leben hervorleuchtet, oder dauernde auf Gegenstände sich beziehende Gefühle, wie in den Gedichten des Petrarca, wo das Ganze wieder eine Art von romantischer[1] oder dramatischer Einheit wird. ➢ Volltext.
[111] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 669: Ariosto hat eine sehr bekannte mythologische Welt, in der er sich bewegt. Der Hof Karls des Großen ist der Olymp des Jupiter der Ritterzeit. Die Sagen von den zwölf Paladinen sind und waren nach allen Seiten verbreitet und gehörten allen gebildeteren Nationen[1], den Spaniern, Italienern, Franzosen, Deutschen, Engländern gemeinschaftlich an. Das Wunderbare hatte sich vom Christenthum aus verbreitet und in der Berührung mit der Tapferkeit der späteren Zeit sich zu einer romantischen[2] Welt entzündet. Auf diesem glücklicheren Boden nun konnte der Dichter nach Willkür schalten, neu erfinden, schmücken. Alle Mittel standen ihm zu Gebot, er hatte Tapferkeit, Liebe, Zauberei, er hatte zu dem allem noch den Gegensatz des Morgen-[2] und Abendlandes[2] und der verschiedenen Religionen. ➢ Volltext.
[112] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 680: Der Roman[1] des Cervantes ruht also auf einem sehr unvollkommenen, ja verrückten Helden, der aber zugleich so edler Natur[1] ist [...], daß ihn keine Schmach, die ihm widerfährt, eigentlich herabwürdiget. An diese Mischung (in Don Quixote) ließ sich eben das wunderbarste und reichste Gewebe knüpfen, das im ersten Moment so anziehend wie im letzten stets den gleichen Genuß gewährt und die Seele zur heitersten[4] Besonnenheit stimmt. Für den Geist[19] ist die nothwendige Begleitung des Helden, Sancho Pansa, gleichsam ein unaufhörlicher Festtag; eine unversiegbare Quelle der Ironie[1] ist geöffnet und ergießt sich in kühnen Spielen. Der Boden, auf dem das Ganze geschieht, versammelte in jener Zeit alle romantischen[3] Principien, die es noch in Europa gab, verbunden mit der Pracht des geselligen Lebens. Hierin war der Spanier tausendfältig vor dem deutschen Dichter begünstigt. Er hatte die Hirten, die auf freiem Felde lebten, einen ritterlichen Adel[2], das Volk[1] der Mauren, die nahe Küste von Afrika, den Hintergrund der Begebenheiten der Zeit und der Feldzüge gegen die Seeräuber, endlich eine Nation[1], unter welcher die Poesie[11] populär ist – selbst malerische[4] Trachten, für den gewöhnlichen Gebrauch die Maulthiertreiber und den Baccalaureus von Salar. ➢ Volltext.
[113] Schelling, Bild. Künste (1807), 12: Wie hat er [sc. J. J. Winckelmann] die Leere seiner Zeit empfunden! Ja, hätten wir keinen andern Grund als sein ewiges Gefühl der Freundschaft und die unauslöschliche Sehnsucht ihres Genusses, so wäre diese Rechtfertigung genug für das Wort[2] der Bekräftigung geistiger Liebe[2] gegen den Vollendeten, den Mann klassischen[5] Lebens und klassischen[5] Wirkens..
[114] Schiller, an Körner (1. 5. 1797), NA 29, 71: W[ieland] ist beredt und witzig aber unter die Poeten kann man ihn kaum mit mehr Recht zählen als Voltairen und Popen. Er gehört in die löbliche Zeit, wo man die Werke des Witzes[2] und des poetischen[4] Genies[2] für Synonima hielt. .
[115] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 7: [D]ie ältere[1] romantische[12] Poesie[11] schreibt sich aus diesem Zeitraume [Mittelalter] her, und die spätere ist wahrlich nicht dadurch romantisch[12/7], daß sie in die neue[5] Zeit fällt, sondern vielmehr, weil sie sich an die Gesinnung der ritterlichen Zeit anschließt [...]..
[116] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 43 f. (44): Ohne Unterricht in den Wissenschaften, ohne Kenntniß fremder[1] Sprachen[3], war Hans Sachs dennoch nach seiner Weise ein Gelehrter: aber sein Wissen ging durchaus aufs Praktische, auf Belehrung des Menschen in seinen reellen Verhältnissen. In diesem Sinne las er die heilige Schrift, die Geschichtbücher und Chroniken, die erdichteten Erzählungen (z. B. eines Boccaz, der eben als Thatsachen enthaltend ein 〈44〉 solches Hauptbuch für ihn war) ja auch die Fantasiereichen Dichtungen der alten Mythologie oder der ritterlichen Zeit..[117] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 130: Unter den Quellen der romantischen[12] Poesie[11] und ihren früheren Naturproducten haben wir bis jetzt von allem demjenigen geredet, was zusammen die romantische[12] Mythologie ausmacht, und als Stoff einer höheren Ausbildung in andern Formen empfänglich war, wo also besonders Erfindung der Begebenheiten und Geist[12] der Composition im Ganzen in Betracht kam. Hierher gehörten die Rittergedichte, welche nachher zum Teil in Prosa[1] aufgelöst im Druck erschienen [...]. [...] Endlich die eigentliche Volkspoesie der vorigen Jahrhunderte, worunter besonders die Romanze, als reichhaltigen poetischen[4] Stoff in der einfachsten Gestalt darbietend, hervorsticht [...]. Mit dieser kamen wir bis auf ziemlich moderne[8] Zeiten[3] herunter, die [...] schon ziemlich weit über die Epoche der romantischen[12] Kunstpoesie hinübergreifen. Wir müssen jetzt in der Zeit[1] beträchtlich wieder zurückgehn, um auf eine Classe[1] von Dichtern zu kommen, deren Hervorbringungen weniger durch den Inhalt, [...] als durch die Formen Vorbilder für die romantische[12] Kunst[3] geworden sind: ich meyne die Provenzalischen Troubadours..
[118] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 144: Der Provenzalischen Poesie[11] ist es ergangen, wie es jeder ganz subjectiven Poesie[11] ergehen muß, die bloß unmittelbar vom Leben lebt, und ihre Nahrungsquellen nicht weiter zurück liegen hat, als in der allgemein ansprechenden Sitte und den persönlichen Leidenschaften der Sänger. Wenn der Kreis der Gefühle durchlaufen, die Mannichfaltigkeit von Individualitäten, welche in diesem Styl der Bildung[1] Statt findet, ausgesprochen ist, so wiederhohlt sie sich oder artet aus. Wie eine durch eigne Fruchtbarkeit erschöpfte Mutter konnte die Provenzalische Poesie[11] nur in Kindern fortblühen, die in andern Ländern ihr Glück suchten. Sollte etwas neues und größeres zu Stande kommen, so mußten noch unbekannte Anschauungen die Geister[20] befruchten, und dieß war in Italien der Fall. Die drey Häupter und Stifter Aller modernen Kunstpoesie, Dante, Petrarca und Boccaccio legten sich sämtlich mit großem Eifer auf das Studium der classischen[7] Autoren und trieben es so weit, als in ihrer Zeit möglich war..[119] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 210: Überhaupt darf man die damalige Leibeigenschaft nicht nach dem messen, was sie in den neueren[3] Zeiten besonders in solchen Ländern geworden, wo der Adel[2] aus Deutschen Eroberern bestand, die Unterthanen aber Slawischen Stammes waren. Gegen diese Nation[1] haben die Deutschen immer, vielleicht nicht mit Unrecht, eine große Verachtung gehabt; daß sie von Natur[1] zur Sclaverey bestimmt war, beweist der Zustand der Bauern in Polen und Rußland, wo der Adel[2] von derselben Abkunft ist, und es jenen doch eigentlich nicht besser ergeht, als in den durch Deutsche eroberten Slawischen Ländern..
[120] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 337: Über die Neulateinischen Sprachen[3] will ich erst einige allgemeine Bemerkungen voranschicken, und dann sie einzeln in der Kürze charakterisiren. Das Lateinische war keinesweges eine sanfte Sprache[3]: sonor allerdings, jedoch nicht milde, und den Griechen fiel sehr vieles darin als unerträgliche Härte auf. Die Altgermanischen Dialekte[1] der einwandernden Eroberer waren vollends in jener Zeit rauh und ungeschlacht. Und dennoch sind aus der Verschmelzung dieser beyden Bestandtheile die sanftesten und anmuthigsten[1] Sprachen[3] des neueren[3] Europa hervorgegangen..
[121] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 348: Sowohl die Italiäner als Spanier besitzen romantische[1] Darstellungen in einer [...] wahrhaft poetisirten Prosa[5]. [...] Boccaz muß wohl als der Stifter der romantischen[1] Prosa[5] angesehen werden, wiewohl er die Französischen Ritterromane und Fabliaux vor Augen haben mochte. – Bey den Spaniern ist sie zuerst in den Ritterromanen aufgeblüht, [...] dann wurde sie besonders in den Schäferromanen und einigen andern sehr anmuthig bearbeitet, und endlich von Cervantes auf den letzten Gipfel erhoben, der nicht weiter hat übertroffen werden können. – Es ist keine Frage, daß die Deutsche Sprache[3] sich hierin sehr gut an diese südlichen Muster anschließen kann; sie hat in frühern Zeiten schon mehr das dazu gehörige besessen, und jetzt ist durch Goethes W. Meister zuerst der Sinn[5] für romantische[1] ruhig darstellende Prosa[5] wieder geweckt worden..
[122] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 358: Überhaupt scheint die Dürftigkeit der Deutschen Gelehrten gegen die Wohlhabenheit der Holländischen, welche einen Theil ihres Vermögens auf literarische Hülfsmittel wenden konnten, und die Nothwendigkeit, ihre meiste Zeit[6] mit dem Unterricht zu verderben, ihren Unternehmungen hinderlich gewesen zu seyn. Indessen hat es in Deutschland von jeher viele gründliche Philologen gegeben. Nur in den neuesten Zeiten[3] sind Versuche gemacht worden, das Studium auf die falsche Bahn zu lenken. Es war Heyne besonders, welcher auf eine Reformation drang, wozu auch die bisherige nicht seltne Anhäufung eines pedantischen Wustes Vorwände genug darbot. Er verlangte, man solle bey Lesung der Classiker gleich auf dasjenige gehen, was zur Bildung[2] des Geistes[14] und Veredlung des Gemüths bey tragen könne. Dieß hatten die älteren Philologen unstreitig auch beabsichtet, allein sie hatten mit gutem Grunde gemeynt, es sey hinreichend den Schülern gründlich den Buchstaben[11] der alten Autoren zu eröffnen, so würde ihnen der Geist[30] schon von selbst aufgehen. Aus der Heyneschen Schule hingegen gingen nun Commentare hervor, worin die Leser unaufhörlich wie mit der Nase auf die poetischen[4] Schönheiten hingestoßen werden, voll von Paraphrasen der Diction in Prosa[1], um zu zeigen durch welche Stufen der Dichter zu einem so gelehrten und künstlichen Schmucke gelangt sey, gleichsam als wenn ein Gedicht wie ein phraseologisches Exercitium nach einem prosaischen[1] Schema ausgearbeitet würde..
[123] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 67: Welches ist nun das beste Hülfsmittel, um ohne Kenntniß der Sprache[3] in den Geist[14] der Griechen einzudringen? Ich sage es ohne Bedenken: das Studium der Antike[4], welches, wo nicht an den Originalen, doch in den überall verbreiteten Abgüssen für jedermann in gewissem Grade zugänglich ist. Die Urbilder der menschlichen Gestalt bedürfen keiner Dollmetschung; ihre erhabne Bedeutung ist unvergänglich, und muß bei allem Wechsel der Zeiten, unter jedem Himmelstriche wieder erkannt werden [...].
➢ Volltext
.[124] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 22: Ritterthum, Liebe und Ehre sind neben der Religion[2] selbst die Gegenstände der Naturpoesie, welche sich im Mittelalter in unglaublicher Fülle ergoß, und einer mehr künstlerischen Bildung[2] des romantischen[12] Geistes[10] voranging. Diese Zeit hatte auch ihre Mythologie, aus Ritterfabeln und Legenden bestehend, allein ihr Wunderbares und ihr Heroismus war dem der alten[10] Mythologie ganz entgegengesetzt. ➢ Volltext.
[125] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 761: Die Einmischung heidnischer Züge in den nordischen Umbildungen erklärt sich aus der dortigen späten Einführung des Christenthums. Wie und warum aber im skandinavischen Norden, und nur dort allein, die Freyheit[5] heidnischer Dichtung und der Geschmack daran die Zeit der Bekehrung überlebt hat, dieß geht tief in die Untersuchung der nordischen Alterthümer[6] ein..
[126] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 11.4: Die Langobarden. Ein Volk[1] das von uralten Zeiten, bis es sich unter seinen Romanischen[2] Unterthanen 〈11.5〉 in Italien verliert, denselben Namen behauptet hat. ➢ Volltext.
[127] F. Schlegel, Lucinde (1799), 32: Sie ist die geistreichste Person ihrer Zeit oder ihres Alters. ➢ Volltext.
[128] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 180: Goethe hat sich in seiner langen Laufbahn von solchen Ergießungen des ersten Feuers, wie sie in einer theils noch rohen theils schon verbildeten Zeit, überall von Prosa[3] und von falschen Tendenzen umgeben, nur immer möglich waren, zu einer Höhe der Kunst[2] heraufgearbeitet, welche zum erstenmal die ganze Poesie[17] der Alten und der Modernen[1] umfaßt, und den Keim eines ewigen Fortschreitens enthält.
➢ Volltext
.[129] F. Schlegel, Unverst. (1800), 348: Mit der Ironie[1] ist durchaus nicht zu scherzen. Sie kann unglaublich lange nachwirken. Einige der absichtlichsten Künstler der vorigen Zeit habe ich in Verdacht, daß sie noch Jahrhunderte nach ihrem Tode mit ihren gläubigsten Verehrern und Anhängern Ironie[1] treiben. Shakspeare hat so unendlich viele Tiefen, Tücken, und Absichten; sollte er nicht auch die Absicht gehabt haben, verfängliche Schlingen in seine Werke für die geistreichsten Künstler der Nachwelt zu verbergen, um sie zu täuschen, daß sie ehe sie sichs versehen, glauben müssen, sie seyen auch ungefähr so wie Shakspeare?
➢ Volltext
.[130] F. Schlegel, an L. Tieck (15. 9. 1803), L, 136: Das Persische ist dem Deutschen so verwandt daß man beides fast für eine Sprache[3] ansehn kann; nur ist die eine so arabisirt, als die andre latinisirt. So gar der Gang der Poesie[3] und Litteratur bei beiden Nationen[1] ist zum Erstaunen ähnlich; in der ältesten[1] Epoche eine Masse von alten[1] mythischen Nationalgedichten, auch in der Sprache[4] ganz einheimisch; und dann eine romantische[12] Zeit, wo das Arabische so durchaus angenommen, aber auch mehr geformt ward, wie in unsrer schwäbischen das Französische..
[131] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 54: Die Anfänge der spanischen, oder für jene ältere[1] Zeit besonders genauer zu reden, der castilianischen Poesie[11], sind sehr einfach. Lieder in der eigenthümlichen spanischen ganz musikalischen[5], äußerst zarten und wortspielenden Form, worin es wohl nicht leicht eine andre Sprache[3] dieser gleich thun wird; das ist die eigenthümlichste Blüthe dieses Bodens. Man könnte noch die Ritterbücher dazu rechnen, besonders den Amadis wegen des schönen[1] Styls; auch weil sich, wenn gleich die erste Anlage dieses durchaus rein erfundnen Romans[1] den Nordfranzosen gehören sollte, wie so mancher andre romantische[1] Stoff, der aber erst durch die Deutschen, Italiäner und Spanier 〈55〉 Form erhielt, viele andre Ritterdichtungen doch erst in Spanien daran angeschlossen haben. ➢ Volltext.
[132] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 66: Man hat die Einmischung alter[10] Fabel in die christliche Denkart tadeln wollen. Aber warum wäre ein gänzliches Vergessen gleichsam der alten[10] Fabel ein absolutes Stillschweigen darüber in einem christlichen Gedichte nothwendig? In welcher Zeit des Christenthums hat jenes geforderte absolute Vergessen der alten[10] Fabel je Statt gefunden, oder auch nur Statt finden können? Camoens gebraucht sie als eine schöne[1] Bildersprache für sinnreiche Allegorie, wie auch andre Dichter und Mahler der romantischen[12] Zeit oft mit mancher willkührlichen Neuerung sie betrachteten und gebrauchten. ➢ Volltext.
[133] F. Schlegel, Reis. n. Frankr. (1803), 7 f. (8): Die Reise von da [sc. Weimar] bis Frankfurt führt durch größtentheils angenehme und mannichfaltige, ja sogar schöne[1] Gegenden, aber keine derselben kommt dem Eindrucke gleich, welchen die Wartburg zu Eisenach mir gegeben hat. Schöneres[1] hab' ich in Deutschland nichts gesehen, als diese Burg auf einem einzelnen, ehedem ganz waldum〈8〉kränzten Berge, rundum von Felsen und Thälern und Hügeln umschlossen. Der Anblick des Abends ward noch durch ein heraufsteigendes Gewitter verschönt, vielleicht auch durch den Ruhm des Namens und durch die Erinnerung an die Zeiten, da die Poesie[11] hier in voller Blüthe stand, und durch ganz Deutschland das allgemeine Element des Lebens, der Liebe und der Freude war. Nur der Rhein hat noch einen gleichen Eindruck auf mich machen können. [...] Ich kann nur von den Betrachtungen und von den Empfindungen reden, die sie in mir erregt haben. Wenn man solche Gegenstände sieht, so kann man nicht umhin, sich zu erinnern, was die Deutschen ehedem waren, da der Mann noch ein Vaterland hatte. Man fühlt es recht und glaubt es zu verstehen, beim Anblick solcher Felsenschlösser, wie die Wartburg, warum die Alten auf den Höhen des Landes in ihren Burgen lebten und welche Lebensfreude damit verbunden war. Seitdem nun die Menschen herabgezogen sind zu einander und sich alles um die Landstrassen versammelt hat, gierig nach fremden[1] Sitten wie nach fremden[1] Gelde, stehen die Höhen und Burgen verlassen und die Kunst[6] scheint verloren, dieses herrliche Land auf die edelste und angemessenste Art zu bewohnen und zu beherrschen. ➢ Volltext.
[134] F. Schlegel, Gesch. d. europ. Lit. (!1803–04), KFSA 11, 85: Für die neueren[3] dramatischen Dichter verdienen wohl die Gegenstände aus der romantischen[13] Zeit den Vorzug. Sie liegt gerade in der 〈86〉 Mitte [...]..
[135] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 31: Uebrigens zeigt es sich in dieser Tendenz noch ganz besonders, wie fremd[4] den Menschen die Poesie[1] geworden war; das Kunstgefühl war ihnen ein Phänomen, das sie vor allen Dingen zu begreifen und zu erklären wünschten; wodurch aber weder das Verständniß der Kunst[2] eröffnet, noch auch der Dichter selbst gefördert wird. In neuerer[3] Zeit hat man, besonders seit Kant, einen andern Weg eingeschlagen, und durch Zurückführung eines jeden besondern ästhetischen Gefühls auf das Gefühl des Unendlichen, oder die Erinnerung der Freiheit[10] wenigstens die Würde der Poesie[1] gerettet. Für die Kritik[2] aber ist damit immer nicht viel gewonnen, so lange man den Kunstsinn nur erklären will, statt daß man ihn allseitig üben, anwenden und bilden sollte..
[136] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 477: Da die spanische Dichtkunst überhaupt ohne allen fremdartigen Einfluß und durchaus rein romantisch[7] geblieben ist, da die christliche Ritterpoesie des Mittelalters bey dieser Nation[1] am längsten bis in die Zeiten der neuern[3] Bil〈478〉dung[5] fortgedauert, und die kunstreichste Form erlangt hat, so ist hier wohl der rechte Ort, das Wesen des Romantischen[12/7] überhaupt zu bestimmen. ➢ Volltext.
[137] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 483: Wie sehr Shakspeare das Romantische[7] der alten[6] Ritterzeit und auch die südlicheren Farben der Fantasie[20] in seinen Darstellungen liebte, darf nicht erst erinnert werden; Spenser ist selbst Ritterdichter, und er wie Milton folgten bestimmten romantischen[7], besonders italienischen Vorbildern. Je näher die Litteratur uns tritt, je reicher sie in den neuern[3] Zeiten anwächst, je nothwendiger wird es mir, meine Betrachtung nur auf solche Dichter und Schriftsteller zu beschränken, welche den Gipfel der Sprache[3] und Geistesbildung einer Nation[1] bezeichnen, und welche eben darum auch für das Ganze und für andre Nationen[1] die wichtigsten und lehrreichsten sind. In der That aber erschöpfen jene drey größten Dichter, welche England hervorgebracht hat, auch Alles was in der ältern[1] Epoche ihrer Poesie[11], im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert merkwürdig und groß ist. ➢ Volltext.
[138] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 114: Zwar kann die Zeit, wenn Phanokles lebte und blühte, nicht mit Genauigkeit bestimmt werden. Wenn es aber auch gar keine Winke darüber gäbe, so würde ihm doch schon der in dem Bruchstücke vom Orpheus sichtbare Hang, alte Sitten sinnreich durch alte seiner Absicht gemäß ausgebildete und der Gegenwart angeschmiegte Sagen zu erklären, seine Stelle in der Periode der elegischen Kunst anweisen, wo die Dichter zugleich auch Gelehrte, Liebhaber und Kenner des schönen Alterthums[2], waren, und wo die erotische Poe〈115〉sie[3], nicht zufrieden, die lieblichen Freuden der Gegenwart, die zarte Leidenschaft des Dichters selbst, durch eine gebildete Darstellung zu verewigen, auch die Vergangenheit nach ihrer eigenthümlichen Ansicht verwandelte, und die Gestalten der Vorwelt mit dem Geist[30] der reizendsten Sinnlichkeit neu beseelte.
➢ Volltext
.[139] Schleiermacher, Ath.-Fragm. (1798), 104, Nr. 353: Jene Geschichte von einem Franzosen der alten[6] Zeit, welcher seine Adelszeichen den Gerichten übergab, um sie wieder zu fodern, wenn er durch den Handel einiges Vermögen erlangt haben würde, ist eine Allegorie auf die Bescheidenheit. Wer den Ruhm dieser beliebten Tugend haben will, muß es mit seinem innern Adel[5] ebenso machen. Er gebe ihn der gemeinen Meinung ad depositum und erwerbe sich dadurch ein Recht ihn wieder zu fodern, daß er mit Glück und Fleiß einen Spedizionshandel treibt mit fremden[3] Verdiensten, Talenten und Einfällen, feinem und Mittelgut, wie es jeder verlangt. ➢ Volltext.
[140] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 234: Wenn wir in die Zeiten zurükkgehn, wo die romanischen[1] Sprachen[3] anfingen sich zu bilden, wer kann sagen, welche Sprache[3] damals den dortigen Menschen[1] sei angeboren gewesen? und wer wird läugnen wollen, daß denen, welche eine wissenschaftliche Bestrebung ergriffen, das lateinische mehr Muttersprache gewesen als das volgare? ➢ Volltext.
[141] Chr. F. D. Schubart, Jud. (1789), 652: Den Juden[1] | geht jezt ein günstiges Gestirn nach dem andern auf. In Frankreich wird ihnen die Nazionalversammlung große Freiheiten[8] einräumen; in Preussen wird ihr Würkungskreis immer weiter, und unter Joseph dem Zweiten geniessen sie der höchsten Duldung. [...] Joseph [...] ertheilte [...] allen Juden[1] in seinem Reiche das Stadtrecht, wodurch sie Häuser und Herrschaften kaufen, verkaufen, Edelleute, Freiherren und Grafen, und sogar Landstände werden können, alle bürgerliche Gewerbe zu treiben befugt sind, und in Kriegs- und bürgerlichen Bedienungen angestellt werden sollen und müssen. Die Juden[1] verdienen diese hohe Vorrechte, denn schon lange genug haben sie geächzt unter dem Druke der Nazionen[1]; und doch ist die heilige Wahrheit ausgegangen von ihnen auf uns. Ich hoffe, die Zeit soll nahe seyn, wo Christen und Juden[1] so friedlich beieinander wohnen werden, wie das neue[3] und alte[1] Testament in den christlichen Bibeln; denen es ganz wohl ist – in Einem Bande..
[142] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 261: Es ist eine große Bemerkung, daß die Franzosen von den frühesten Zeiten an die ersten waren, die es wagten, den Mollton zum herrschenden zu machen. Unstreitig ist dadurch mit die Nation[1] zu jener Weichlichkeit herabgestimmt worden, welche alle Völker[1], so wie die französischen Weisen selbst so lange an dieser großen Nation[1] ahndeten[3]. – Allgemein eingeführter Mollton schmelzt Männermark zu Brey und läßt Toilettenpuppen den Ton[6] angeben..
[143] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), VI: Die Zeit, aus welcher die Abschriften und Umarbeitungen älterer Werke, so wie die originalen Gedichte der Deutschen herrühren, ist früher, als die klassische[3] Zeit der italiänischen Poesie[1], welche sich mit dem Dante eröffnet [...]. ➢ Volltext.
[144] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XX: Diese schöne Zeit der Poesie[11] konnte nicht von langer Dauer sein, und sie wurde auch bald von politischen Begebenheiten gestört, wenn auch nicht die Zeit[1] selbst sie vernichtet hätte. Die Fürsten entzogen sich den Dichtern und der Adel gab die Beschäftigung mit der Poesie[11] auf; wir finden sie nach einiger Zeit[6] fast ganz aus dem Leben verschwunden, als ein zunftmäßiges Handwerk wieder. Das freie Spiel ist ihr untersagt, alle Zier und Künstlichkeit ist steife Regel und Vorurtheil [...], fast alle Gedichte sind moralischen Inhalts oder gereimte Erzählungen aus der Bibel und andern gelesenen Büchern, besonders seit der Reformation, und Hans Sachs steht als der vorzüglichste und geistreichste Poet in dieser Versammlung, dessen Witz[1] und komische Laune wirklich frölich, dessen Ansicht des Lebens auf eine große Art vernünftig ist, und dessen allegorische Gedichte oft sogar das Gepräge einer ältern und viel poetischern[1] Zeit tragen.
➢ Volltext
.[145] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XXIV: Seitdem ist die Nachahmung jener künstlichen Formen der Italiäner [...] häufig versucht worden [...]. Es wird [...] vielleicht nicht ohne Nutzen sein, an eine Zeit zu erinnern, in welcher 〈XXV〉 Natürlichkeit und Künstlichkeit sich gleich unbefangen und reizend zeigten, um den Freunden der Poesie[11] Gelegenheit zu geben, neben jenen klassischen[4] Formen sich auch mit frühern bekannt zu machen, die jene erklären und auch für sich aller Aufmerksamkeit würdig sind.
➢ Volltext
.[146] L. Tieck, Reis. Engl. (*1817), 158: Sie wissen, wie oft ich Ihnen bei meinem Studium des Shakspear über die Unverständigkeit der Hülfsmittel klagte, obgleich die Engländer eine gantze Bibliothek, meist unnützer Sachen, über ihn geschrieben haben. Am neugierigsten war ich von je auf Schauspiele aus jener Zeit, oder auf solche, die dem großen Dichter[1] voran gingen, und obgleich wir auch Sammlungen von solchen Sachen besitzen, die noch gantz neuerdings vermehrt sind, so haben die Herausgeber doch auch diese Dinge ohne sonderliche Kritik[3] und mit den hergebrachten Vorurtheilen behandelt..
[147] L. Tieck, Dichterleben I (1826), 28: Aus dieser Rede kann man allein abnehmen, daß dieser gute Mann keine gelehrte Erziehung genossen hat und auf keiner Universität gewesen ist. Denn das haben wir alle dem Umgang mit den Wissenschaften[2] und der Kenntniß der classischen[7] Autoren zu danken, daß wir von frühster Jugend an in einer größern Welt einheimisch werden, als uns die neuere[3] Zeit bieten kann. Es ist gut, wenn die Menge so denkt, wie jener: aber der ausgebildete oder freie[14] Mann holt seinen wahren Lebensathem aus den alten[10] Republiken herüber, und der hohe Olymp muß immer noch die Wohnung unserer Götter[6] bleiben..
[148] Trahndorff, Baukunst d. Mittelalt. (1828), 30: Wie übrigens die reichen Laubverzierungen mit [...] ächtarchitektonischen harmoniren, und durch welche Grundidee diese Harmonie bedingt sey, wie vielleicht ein tief und ursprünglich in der Volksphantasie liegendes Bild von der Beschaffenheit heiliger und den wichtigsten Angelegenheiten einer Gesammtheit gewidmeter Orte hier ein verborgenes Spiel trieb, dieß kann hier nur andeutungsweise berührt werden. Manche haben sich entschieden dagegen erklärt , daß das Bild eines heiligen Haines dem Kirchenbau des Mittelalters zum Grunde liegen könne, indem sie sich auf die Kluft stützen zwischen der Zeit der heiligen Haine unter den Germanen und zwischen der Blüthenzeit jenes Baustyls. Dennoch aber drängt sich beym Anblick dieser sich massenweise dnrchschneidenden Bogen, dieser an Thür- und Fensteröffnungen oder Nischen hintereinander zusammengedrängten Vervielfältigung der Bogendurchsicht, der starken, aus mehreren zusammengesezt erscheinenden Pfeiler, die, wie Stämme und Stammgruppen ein Laubdach, die Gewölbe stützen, und der schwebenden[3] Dächer, diese Vorstellung so unwillkürlich und bestimmt auf, daß man sich ihrer schwerlich erwehren kann; ja es ist, als, ob selbst die Entstehung des Spitzbogens in den sich kreuzenden Aesten und Zweigen vorgebildet wäre. Ob nun mit dem Lebensprinzip eines Zeitalters sich noch eine ursprüngliche oder durch die Ausbildung ursprünglicher Eigenschaften eines Volkes[1] bestimmte Gestaltungsart der Phantasie[1] als ein Vermittelndes vereinigen könne, ist ein psychologisches Problem, welches nur von der Einseitigkeit unter die Träume gezählt werden wird..
[149] Uhland, Romant. (H1807), 142: Auch die Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] hat ihre Romantik[[[[BedeutungsVerweis ID='651' Anzeige='7' Formatierung='1']]]]. Blumen, Regenbogen, Morgen- und Abendroth, Wolkenbilder, Mondnacht, Gebirge, Ströme, Klüfte u. s. w. lassen uns theils in lieblichen Bildern einen zarten, geheimen Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] ahnen[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]], theils erfüllen sie uns mit wunderbarem Schauer. | Manche Naturerscheinungen, Orkan, Gewitter stürmen zu rauh herein, sprechen ihren Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] zu laut aus, übertäuben zu sehr die Ahnung durch Schrecken um noch romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] zu seyn. Doch können sie es werden, wenn sie mehr untergeordnet, etwa in einer Handlung als Vorbedeutung, eintreten. | Eine Gegend ist romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] wo Geister[[[[BedeutungsVerweis ID='367' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] wandeln; mögen sie uns an vergangene Zeiten mahnen oder sonst in geheimer Geschäftigkeit sich um uns her bewegen. Wir stehen noch ausser dem Reigen der Luftigen Elfen, die, nach der nordischen Sage, nur der sieht, der innerhalb ihres Kreises steht; aber wir fühlen ihre wehende Bewegung, wir hören ihre flüsternden Stimmen[[[[BedeutungsVerweis ID='256' Anzeige='3' Formatierung='1']]]]..
[150] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 18 f.: In jener Zeit über den Adel[2] mit Adlichen zu reden, vermied man gern. Die Meinung ruhig erwägender Männer war: Die geschlossene Zunft des Adels[2] ist sowohl durch Alterthum[1] ehrenhaft, als durch Tugenden, wenn nicht der Stammväter (die kennt man nicht), doch 〈19〉 einzelner Sprößlinge; strebt der Adel[2] nach der Ehre, für unsere Zeit vorzüglich edel zu sein, an Geist[20/14?], Gemeinsinn und Tüchtigkeit, so wird er wohlthätig für Fürsten und Volk[5], und bleibt mächtig durch alten[1] Ruf und Zusammenhang; trozt er aber auf das Vorrecht angeborener Tauglichkeit, will er dem Staatskörper nicht mehren die Kraft, sondern entziehn, so ist er ein fremdartiges Gewächs, das, wenn es sich nicht vertheilen läßt, den Schnitt fodert. Erbittert durch solche Ansichten, die im Jahr 1792 mein Gesang der Neufranken für Gesez und König aussprach, trug Stolberg mir seine Galle zu, und behauptete: der Adel[2] sei ein edlerer Menschenstamm von eigenem Ehrgefühl, erhaben über die niedrige Denkart der Unadlichen, und dadurch zu Vorzügen berechtigt. Wer, Teufel! rief er, kann uns nehmen, was unser ist? Wer's euch gab, sagte ich: die Meinung. ➢ Volltext.
[151] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 25 f. (26): Einst da ich mit Hensler an Stolbergs Tische war, fiel das Gespräch auf adliche Landgüter in Bürger〈26〉händen, und auf die Menge ausgestorbener Familien. Weitläuftig schilderte H.[ensler] des Adels[2] Ausschweifungen, die, roh in älterer[1] Zeit, verfeint in späterer, Geist[10] und Leben und Gut verwüstet. Am ärgsten, meinte er, ward es seit Ludwig XIV. Sehr arg, sagte ich, zeigt es schon 1587 der Norddorfer Pastor Meigerius in den niedersächsischen Predigten über die Zauberei: der Adel[2] habe, durch wüstes Leben geschwächt, angebliche Behexer auf der Folter zum Geständnis genöthiget, und verbrannt. Warum, fragte H.[ensler] auf dem Rückwege, sah St.[olberg] so düster aus? – Unser Gespräch, sagte ich, war jakobinisch. ➢ Volltext.
[152] Waagen, Kunstw. Erzgeb. (*1839; 1843), 4: Mit vieler Befriedigung betrachtete ich zwölf für die Aula des leipziger Augusteums von dem liebenswürdigen und talentvollen Professor Rietschel ausgeführte Reliefs, welche grade ausgestellt waren. Es sind in denselben die Hauptmomente menschlicher Cultur[4] von der ältesten[1] vorgeschichtlichen bis zur neuesten[3] Zeit veranschaulicht worden. Die Erfindungen sind meist glücklich, der Styl des sehr erhabenen[1] Reliefs sehr gut, die Angabe der Theile einsichtig auf den hohen Standort, wofür sie bestimmt sind, berechnet..
[153] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 121 f. (122): Als Albrecht [Dürer] den Pinsel führte, da war der Deutsche auf dem Völkerschauplatz unsers Welttheils noch ein eigenthümlicher und ausgezeichneter Charakter[6] von festem Bestand; und seinen Bildern ist nicht nur in Gesichtsbildung und im ganzen Äußeren, 〈122〉 sondern auch im inneren Geiste[12], dieses ernsthafte, grade und kräftige Wesen des deutschen Charakters[2] treu und deutlich eingeprägt. In unsern Zeiten ist dieser festbestimmte deutsche Charakter[2], und eben so die deutsche Kunst[4], verloren gegangen. Der junge Deutsche lernt die Sprachen[3] aller Völker[1] Europa's, und soll prüfend und richtend aus dem Geiste[10] aller Nationen[1] Nahrung ziehen; – und der Schüler der Kunst[4] wird belehrt, wie er den Ausdruck Raphaels, und die Farben der venezianischen Schule, und die Wahrheit der Niederländer, und das Zauberlicht des Correggio, alles zusammen nachahmen, und auf diesem Wege zur alles übertreffenden Vollkommenheit gelangen solle. – O traurige Afterweisheit! O blinder Glaube des Zeitalters, daß man jede Art der Schönheit[1], und jedes Vorzügliche aller großen Künstler der Erde, zusammen〈123〉setzen, und durch das Betrachten aller, und das Erbetteln von ihren mannigfachen großen Gaben, ihrer aller Geist[20] in sich vereinigen, und sie alle besiegen könne! ➢ Volltext.
[154] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 161: Buchstaben[1] lesen kann ein jeglicher lernen; von gelehrten Chroniken kann ein jeglicher sich die Historien vergangener Zeiten erzählen lassen [...]; auch kann ein jeglicher das Lehrgebäude einer Wissenschaft studieren, und Sätze und Wahrheiten fassen; – denn, Buchstaben[1] sind 〈162〉 nur dazu da, daß das Auge ihre Form erkenne; und Lehrsätze und Begebenheiten sind nur so lange ein Gegenstand unsrer Beschäftigung, als das Auge des Geistes[19] daran arbeitet, sie zu fassen und zu erkennen; sobald sie unser eigen sind, ist die Thätigkeit unsers Geistes[19] zu Ende, und wir weiden uns dann nur, so oft es uns behagt, an einem trägen und unfruchtbaren Überblick unsrer Schätze. – Nicht also bey den Werken herrlicher Künstler. Sie sind nicht darum da, daß das Auge sie sehe; sondern darum, daß man mit entgegenkommendem Herzen in sie hineingehe, und in ihnen lebe und athme.
➢ Volltext
.[155] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20): Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit[1], alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion[1] und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich[3] ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit über dasselbe..
[156] Winckelmann, Anm. Gesch. Kunst (1767), 94: Pythagoras [...] von Reggio in dem heutigen Calabrien war [...] der erste, welcher die Haare mit mehrerem Fleiße ausarbeitete. Diese Anzeige kann zu einiger Bestimmung der Zeit[12] verschiedener Statuen dienen. Denn wir bemerken an einigen, an welchen sich eine grosse Wissenschaft und Kunst[13] zeiget, die Haare sowohl des Hauptes, als der Schaam in ganz kleine kreppigte Locken reihenweis geleget [...]. Von jenem sind zwey oder drey Statuen [...], die [...] haben annoch die gezwungen gearbeitete Haare, die ein Beweis sind von einem Systema, welches sich von der Natur[19] entfernet hatte. [...] Da also Pythagoras als der erste die Haare mit mehrerem Fleisse und vermuthlich mit gefälligerer Freyheit[13] geendiget hatte, so kann man schliessen, daß jene Statuen [...], sowohl mit sogenannten Hetrurischen, als mit wenig angedeuteten Haaren, nicht nach Pythagoras Zeiten[3] können gemacht seyn, folglich müssen dieselben entweder von gleicher Zeit[12] oder für älter[1] geachtet werden [...]..
[157] Winckelmann, Anm. Gesch. Kunst (1767), 97: Praxiteles [...] hat in der hundert und vierten Olympias geblühet. Diese Bestimmung der Blüthe in diesem Künstler muß [...] nicht im Praxiteles selbst, sondern ausser ihm, in den Umständen der Zeit, gesuchet werden. Der Grund davon ist vermuthlich die durch den Thrasybulus in besagter Olympias wiederhergestellete Freyheit[6] der Athenienser, nachdem die dreyßig Tyrannen theils verjaget theils ermordet waren [...]..
162151 Besucher bislang. ::
Admin Login