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F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 478 f.
: In der That streitet auch das Romantische[7] an sich mit dem Alten[10] und wahrhaft Antiken nicht. Die Sage von Troja und die homerischen Gesänge sind durchaus romantisch[7]; so auch alles, was in indischen, persischen und andern alten[9] orientalischen[1] oder europäischen Gedichten wahrhaft poetisch[1] ist. Wo irgend das höchste Leben mit Gefühl und ahndungsvoller Begeisterung[1] in seiner tieferen Bedeutung ergriffen und dargestellt ist, da regen sich einzelne Anklänge wenigstens jener göttlichen Liebe, deren Mittelpunkt und volle Harmonie wir freylich erst im Christenthum finden. Auch in den Tragikern der Alten[10] sind die Anklänge dieses Gefühls ausgestreut und verbreitet, ungeachtet ihrer im Ganzen finstern und dunkeln Weltansicht; die innre Liebe bricht in edeln Gemüthern auch unter Irrthum und falschen Schreck〈479〉bildern überall hervor. Nicht bloß die Kunst[13] ist groß und bewundernswerth in Aeschylus und Sophokles, sondern auch die Gesinnung und das Gemüth. Nicht also in den lebendigen, nur in den künstlich gelehrten Dichtern des Alterthums[3] wird dieses liebevoll Romantische[7] vermißt. Nicht dem Alten[10] und Antiken, sondern nur dem unter uns fälschlich wieder aufgestellten Antikischen, allem was ohne innre Liebe bloß die Form der Alten[10] nachkünstelt, ist das Romantische[7] entgegen gesetzt: so wie auf der andern Seite dem Modernen[7/5], d. h. demjenigen, was die Wirkung auf's Leben fälschlich dadurch zu erreichen sucht, daß es sich ganz an die Gegenwart anschließt, und in die Wirklichkeit einengt, wodurch es denn, wie sehr auch die Absicht und der Stoff verfeinert werden mag, der Herrschaft der beschränkten Zeit[5] und Mode unvermeidlich anheim fällt. ➢ Volltext.