Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 148: Gastmähler gehörten von jeher zu den Lieblingsvergnügungen geselliger Menschen und finden sich selbst bei den uncultivirtesten Völkern[1]. Die Art und Weise, wie sie bei den verschiedenen Völkern[1] gehalten werden, gibt einen Beweis ab von der Culturstufe, auf welcher dieselben stehen und von ihrem Charakter.
[2] Arndt, Erinn. (1840), 311: Der Charakter [sc. der Kölner] hat im ganzen das Niederdeutsche, Ruhigkeit und satirisch-ironische[3] Selbstbespiegelung, und in dieser Spiegelung ein gar heiterer[5] und lustiger Widerschein der Personen und Sachen, jedoch viel lebendiger als bei dem westlicheren Holländer; eine große Gutmütigkeit bei tüchtiger Derbheit und Gradheit [...]: alles dies mit einem eigentümlichen Witz[1] und Humor[3] übergossen, den man nicht beschreiben kann, sondern der schlechtweg der kölnische heißen muß. .
[3] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 112: Sprachen[3] lernen, ist mit dem Geist[19] der aufregendsten Tanzmusik folgend, sich behagen in harmonischen Beugungen und zierlichen kecken labyrintischen Tänzen, und dies electrisirt den Geist[19] wie die Tanzmusik Deine Sinne[4] electrisirt. In der Sprache[3] aber vermählen sich die Sinne[4] wirklich mit dem Geist[19], und aus dieser Verbin〈112〉dung erzeugt sich denn, was die Völker[1] mit Erstaunen als ihr höchstes Kleinod lieben und erheben, und wodurch sie sich erhaben fühlen über andre Völker[1], was den Charakter ausspricht ihrer Nationalität, nämlich der Dichter.
[4] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 110: Aus mehreren Stämmen bildet sich, nach Anleitung von einzelnen, äußeren Umständen, ein Staat; die nachbarlichen Stämme mit ihren im Ganzen ähnlichen Sprachen[3] schmelzen zu einem Volke[1] zusammen; es entsteht Volkssprache, welche einen allgemeinen und noch festern Charakter bekommt. Allein diese Stämme vereinigen sich 〈111〉 anfangs nur durch ein sehr lockeres Band, und die einzelnen Stammsprachen bleiben daher noch lange Zeit von einander getrennt, und erhalten blos eine allgemeine Aehnlichkeit. Diese allgemeine Aehnlichkeit ist nun die eigentliche Landessprache, und die übrigen Stammsprachen erscheinen in Hinsicht auf diese als Dialekte[1]. Nun ist aber ein doppelter Fall denkbar; entweder dies Band zwischen den Stämmen bleibt so locker, als es anfangs war, und jeder kultivirt sich für sich, dann wird die jedesmalige Provinz, in welcher die Kultur[4] wohnt, ihren Dialekt[1] zur Hauptsprache erheben, und temporell die Sprachen[4] der andern Stämme als abweichend und weniger gebildet herabsetzen; oder die Stämme nähern sich einander bis zur Vermischung, dann entsteht eine Hauptsprache, welche die andern, durch zufällige Umstände, sich neben der Hauptsprache erhaltenden Dialekte[1], würklich als fehlerhaft und provinziell, wenigstens für die schriftliche Darstellung, verwirft. Griechenland liefert Beispiele zu beiden, in der anfänglichen Trennung in einzelne Stämme und Dialekte[1], und der spätern Reception des attischen Dialekts[1] als klassisch[4]. ➢ Volltext.
[5] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 286: Die Vocale stellten, die durch eine Substanz veranlaßte Wirkung dar, sie waren das Bewirkte. Es fehlt also bis jetzt in der Sprache[1] an Elementen, welche das Wirkende, die Substanz selbst, das Räumliche darstellen. Diejenige Classe von Buchstaben[7], welche dieses ausdrückt, heißt: Consonanten, und da diese den vollkommensten Gegensatz zu den Vocalen machen: so folgt, daß sie auch einen denselben ganz entgegengesetzten Charakter annehmen müssen. Da die Würkung auf dem Gesichtspunkt der Erfahrung, als ein Leiden, und etwas unthätiges erscheint: so bestand die Aussprache der Vocale, aus einer, der an sich möglichen höchsten Thätigkeit der Sprachorgane entgegengesetzten, welche also relativ als Ruhe erscheint. Die Vocale waren daher nichts, als das durch die ruhende Oeffnung des Mundes modificirte Ausathmen. ➢ Volltext.
[6] A. F. Bernhardi, Anfangsgr. d. Sprw. (1805), 45: Aus der Familie wird ein Stamm, der Ansichten, Bedürfnisse, Gegenstände, Veranlassungen werden mehrere, die Sprache[3] selbst bildet sich aus, erhält durch den Gebrauch einen festern, allgemeinern Charakter. Diese Sprachen[3] einzelner Stämme verschwinden späterhin in der Volkssprache und erhalten sich nur als Gegensatz derselben, in manchen Formen und Wendungen, sie erhalten den Namen der Dialekte[1]. | [...] Aus mehreren Stämmen entsteht ein Staat und mit ihm eine Landes- oder Volkssprache, welcher aber immer ein Dialekt[1], der des gebildetsten Stammes zum Grunde liegt, oder auch wenn die Bildung wechselt, mehrerer Stämme. | In dieser Volkssprache erhalten sich die Dialekte[1], bald als fehlerhafte Formen, bald als zwar gebildete aber veraltete Sprachdarstellungen..
[7] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 138: Ueberhaupt ist Originalität, auch in sittlicher Hinsicht, ein Hauptzug des Englischen Charakters; und sie scheint eben so sehr eine Folge der Englischen Freiheitsliebe als der Liebe zum Sonderbaren zu sein. Hierbei ist der Engländer offen, leidenschaftlich, standhaft, vorzüglich aber eingenommen für seine Nation[1] und wider alle Fremden[1]..
[8] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 280: Bei diesen empfindlichen Kränkungen und Bedrückungen, welche die Juden[1] noch nicht einmahl gegen öffentliche Mißhandlungen und Beschimpfungen sicherten, war es kein Wunder, daß ihr Charakter immer mehr verdorben und ihre Sitten immer schlechter wurden. Da ihnen unter allen Nahrungszweigen der bürgerlichen Betriebsamkeit bloß der Handel übrig blieb, so zogen sie diesen im Mittelalter 〈281〉 größten Theils ausschließend an sich, und rächten sich an den Christen durch einen unmäßigen Wucher und durch die Erhebung übertriebener Zinsen..
[9] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 34: [D]ie röm.[ische] Schule schreibt ihren Ursprung aus den frühesten Zeiten[3] der Kunst[4] her [...]. Ihr Hauptsitz war Perugia im Kirchenstaate, wo es schon im 13. Jahrh.[undert] eine Malerzunft gab, und ihr auszeichnender Charakter, den ungekünstelte Natur[19], Adel[5] der Form und einfache Frömmigkeit ausmachen, wurde besonders von Pietro Vanucci, von seinem Geburtsorte Perugino genannt, 1446–1524, vorbereitet..
[10] G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 663: Ich weiß nicht, war es diese zufällige Scene der Geschäftigkeit, oder lag es vielmehr wirklich im Charakter der Flammänder, daß wir uns gleich auf den ersten Blick einen günstigeren Begriff[1] von ihnen als von ihren Brabantischen Nachbarn abstrahirten. [...] Eine Spur von Seelenadel konnte wirklich den Flammändern ihre freiere[6] Verfassung aufbewahrt haben. In der Versammlung ihrer Stände sind der Geistlichkeit zwei, dem Adel[2] zwei, den Städten drei, und dem platten Lande ebenfalls drei Stimmen[7] zugetheilt; dergestalt, daß der dritte Stand allemal sicher auf die Mehrheit rechnen kann, sobald es ihm ein Ernst ist, sich dem aristokratischen Einfluß zu entziehen..
[11] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III f. (IV): Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung[1] der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. Die gleichzeitige Reformazion war dabei gewiß auch nicht ohne Einfluß: so wie dagegen der Katholizismus der Poesie[3] so günstig gewesen war. Zwar ist die frühe Einwirkung eben dieser Religion und einer fremden[1] Sprache[3] 〈IV〉 und Schrift wieder störend für die eigenthümliche Entwickelung der Deutschen Nazionalpoesie gewesen, hat dieselbe frühe zu frommen oder bloß gelehrten Zwecken verarbeitet, und besonders durch Übersetzung religiöser und klassischer[7] Schriften, zugleich eine breite Prosa[1] neben ihr erzeugt: durch welches alles auch die die [sic] Deutsche Poesie[3] den Karakter der romantischen[1] an sich trägt, und sich das eigenthümliche Streben dieser zum prosaischen[1] Roman[1] kund giebt. Dennoch ist die Poesie[3] hauptsächlicher Ausdruck dieser ganzen Zeit[3], und zwar, wie es uns scheint, der eigenthümlichste für Deutschland, indem nicht nur die alte Volkspoesie sich trefflich ausbildete, sondern auch die fremden[1] Romane[1] und religiösen Dichtungen kräftig angeeignet wurden, um so eher, da ihr Geist[12] ursprünglich von hier ausging oder doch verwandt war. So ist denn auch in dieser ganzen Periode eine vollständige poetische[5] Entwickelung sichtbar, und die in der älteren Zeit[3] häufigere Prosa[1], verliert sich in der eigentlichen Blüthezeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts immer mehr, und selbst die Bibel und Kroniken erscheinen in Reimen.
[12] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), V: [D]ie beiden folgenden Verjüngungen der Poesie[1] im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, haben, besonders durch die Einwirkung des Klassischen[7] und Ausländischen überhaupt, unter Begünstigung der neuen Lehre [sc. des Protestantismus] und deren Verbreitung durch den Druck, einen ganz anderen Karakter. ➢ Volltext.
[13] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 26: [A]uch das Karrikierte kann charakteristisch[2] seyn; allein es ist dagegen sogleich zu sagen, daß in der Karrikatur der bestimmte Charakter zur Uebertreibung gesteigert, und gleichsam ein Ueberfluß des Charakteristischen[2] ist. Der Ueberfluß ist aber nicht mehr das eigentlich zum Charakteristischen[2] Erforderliche, sondern eine lästige Wiederholung, wodurch das Charakteristische[2] selbst kann denaturirt werden. Zudem zeigt sich das Karrikaturmäßige ferner als die Charakteristik des Häßlichen[1], das allerdings ein Verzerren ist. Das Häßliche[1] seiner Seits bezieht sich näher auf den Inhalt, so daß gesagt werden kann, daß mit dem Prinzip des Charakteristischen[2] auch das Häßliche[1] und die Darstellung des Häßlichen[1] als Grundbestimmung angenommen sey. ➢ Volltext.
[14] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 89 f. (90): Solger war nicht [...] mit oberflächlicher philosophischer Bildung[6] zufrieden, sondern sein ächt spekulatives innerstes Bedürfniß drängte ihn in die Tiefe der philosophischen Idee hinabzusteigen. Hier kam er auf das dialektische Moment der Idee, auf den Punkt, den ich „unendliche absolute Negativität“ nenne, auf die Thätigkeit der Idee, sich als das Unendliche und Allgemeine zu negiren zur Endlichkeit 〈90〉 und Besonderheit, und diese Negation ebenso sehr wieder aufzuheben, und somit das Allgemeine und Unendliche im Endlichen und Besondern wieder herzustellen. An dieser Negativität hielt Solger fest, und allerdings ist sie ein Moment in der spekulativen Idee, doch als diese bloße dialektische Unruhe und Auflösung des Unendlichen wie des Endlichen gefaßt, auch nur ein Moment, nicht aber, wie Solger es will, die ganze Idee. Solger's Leben ist leider zu frühe abgebrochen, als daß er hätte zur konkreten Ausführung der philosophischen Idee kommen können. So ist er bei dieser Seite der Negativität, die mit dem ironischen[3] Auflösen des Bestimmten wie des in sich Substantiellen Verwandtschaft hat, und in welcher er auch das Princip der Kunstthätigkeit erblickte, stehen geblieben. Doch in der Wirklichkeit seines Lebens war er bei der Festigkeit, dem Ernst und der Tüchtigkeit seines Charakters, weder selber in der obengeschilderten Weise ein ironischer[3] Künstler, noch sein tiefer Sinn[5] für wahrhafte Kunstwerke[2], den das dauernde Studium der Kunst[10] groß gezogen hatte, in dieser Beziehung von ironischer[3] Natur[1]. Soviel zur Rechtfertigung Solgers, der es in Rücksicht auf Leben, Philosophie und Kunst[17] verdient von den bisher bezeichneten Aposteln der Ironie[3] unterschieden zu werden. ➢ Volltext.
[15] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 202: Wir können [...] die heitere[4] Ruhe und Seligkeit, dieß Sichselbstgenügen in der eigenen Beschlossenheit und Befriedigung als den Grundzug des Ideals an die Spitze stellen. Die ideale Kunstgestalt steht wie ein seliger Gott[4] vor uns da. Den seligen Göttern[4] nämlich ist es mit der Noth, dem Zorn und Intresse in endlichen Kreisen und Zwecken kein letzter Ernst, und dieses positive Zurückgenommenseyn in sich bei der Negativität alles Besonderen giebt ihnen den Zug der Heiterkeit[3] und Stille. In diesem Sinne[1] gilt das Wort[2] Schillers: „Ernst ist das Leben, heiter[4] ist die Kunst[2].“ Zwar ist häufig genug pedantisch hierüber gewitzelt worden, da die Kunst[2] überhaupt und vornehmlich Schillers eigene Poesie[11] von der ernstesten Art sey, – wie denn die ideale Kunst[2] auch in der That des Ernstes nicht entbehrt, – aber in dem Ernste eben bleibt die Heiterkeit[3] in sich selbst ihr wesentlicher Charakter. Diese Kraft der Individualität, dieser Triumph der in sich koncentrirten konkreten Freiheit[10] ist es, den wir besonders in antiken[2] Kunstwerken[2] in der heiteren[4] Ruhe ihrer Gestalten erkennen. ➢ Volltext.
[16] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[17] Heine, Romant. Schule (1836), 19: Die Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] in allen diesen Gedichten des Mittelalters trägt einen bestimmten Charakter, wodurch sie sich von der Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] der Griechen und Römer unterscheidet. In Betreff dieses Unterschieds nennen wir erstere die romantische[[[[[BedeutungsVerweis ID='923' Anzeige='4' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]] und letztere die klassische[[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='27' Anzeige='7' Formatierung='1']]]] Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]]. Diese Benennungen aber sind nur unsichere Rubriken und führten bisher zu den unerquicklichsten Verwirrnissen, die noch gesteigert wurden, wenn man die antique[[[[BedeutungsVerweis ID='186' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] statt klassisch[[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='27' Anzeige='7' Formatierung='1']]]] auch plastisch[[[[BedeutungsVerweis ID='546' Anzeige='3' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='605' Anzeige='4' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='606' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] nannte. ➢ Volltext.
[18] Heine, Romant. Schule (1836), 21: Wenn Homer die Rüstung eines Helden schildert, so ist es eben nichts anders als eine gute Rüstung, die so und so viel Ochsen werth ist; wenn aber ein Mönch des Mittelalters in seinem Gedichte die Röcke der Muttergottes beschreibt, so kann man sich darauf verlassen, daß er sich unter diesen Röcken eben so viele verschiedene Tugenden denkt, daß ein besonderer Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] verborgen ist unter diesen heiligen Bedeckungen der unbefleckten Jungfrauschaft Mariä, welche auch, da ihr Sohn der Mandelkern ist, ganz vernünftigerweise als Mandelblüthe besungen wird. Das ist nun der Charakter der mittelalterlichen Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]], die wir die romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] nennen. | 〈22〉 Die klassische[[[[BedeutungsVerweis ID='27' Anzeige='7' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]] Kunst[[[[BedeutungsVerweis ID='351' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] hatte nur das Endliche darzustellen, und ihre Gestalten konnten identisch seyn mit der Idee des Künstlers. Die romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Kunst[[[[BedeutungsVerweis ID='351' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] hatte das Unendliche und lauter spiritualistische Beziehungen darzustellen oder vielmehr anzudeuten, und sie nahm ihre Zuflucht zu einem System tradizioneller Symbole, oder vielmehr zum Parabolischen, wie schon Christus selbst seine spiritualistischen Ideen durch allerley schöne Parabeln deutlich zu machen suchte. Daher das Mystische, Räthselhafte, Wunderbare und Ueberschwengliche in den Kunstwerken[[[[BedeutungsVerweis ID='146' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] des Mittelalters; die Phantasie[[[[BedeutungsVerweis ID='298' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] macht ihre entsetzlichsten Anstrengungen das Reingeistige durch sinnliche Bilder darzustellen, und sie erfindet die kolossalsten Tollheiten, sie stülpt den Pelion auf den Ossa, den Parcival auf den Titurel, um den Himmel zu erreichen. ➢ Volltext.
[19] Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 186: Die Liebe des Romantischen[7] im weiblichen[1] Charakter ist [...] eine wohlthätige Gabe der Natur[2], Balsam für sie und belohnende Aufmunterung des Mannes: denn der schönste[6] Kranz des Jünglings war immer die Liebe der Jungfrau..
[20] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 152: Da also einmal die griechische[2] Cultur[4] von Mythologie, Dichtkunst und Musik[1] ausging: so ists nicht zu verwundern, daß der Geschmack daran ein Hauptstrich ihres Charakters geblieben, der auch ihre ernsthaftesten Schriften und Anstalten bezeichnet. Unsern Sitten ists fremde[4], daß die Griechen von der Musik[1] als dem Hauptstück der Erziehung reden, daß sie solche als ein großes Werkzeug des Staats behandeln und dem Verfall derselben die wichtigsten Folgen zuschreiben. .
[21] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 294 f. (295): Jedermann weiß, [...] wie theuer z. B. Sicilien des Cicero Rede gegen den Verres, wie theuer Rom und ihm selbst seine Reden gegen Catilina, seine Angriffe auf den Antonius gewesen u. f. Damit eine Perle gerettet würde, 〈295〉 mußte also ein Schiff untergehen, und tausend Lebendige kamen um, blos damit auf ihrer Asche einige Blumen wüchsen, die auch der Wind zerstäubet. Um eine Aeneis des Virgils, um die ruhige Muse eines Horaz und seine urbanen Briefe[3] zu erkaufen, mußten Ströme von Römerblut vorher vergossen, zahllose Völker[1] und Reiche unterdrückt werden; waren diese schönen[6] Früchte eines erpreßten Goldnen Alters solches Aufwandes werth? Mit dem Römischen Rechte ists nicht anders; denn wem ist unbekannt, welche Drangsale die Völker[1] dadurch erlitten, wie manche menschlichere Einrichtung der verschiedensten Länder dadurch zerstört worden? Fremde[1] Völker[1] wurden nach Sitten gerichtet, die sie nicht kannten; sie wurden mit Lastern und ihren Strafen vertraut, von welchen sie nie gehört hatten; ja endlich der ganze Gang dieser Gesetzgebung, der sich nur zur Verfassung Roms schickte, hat er nicht nach tausend Unterdrückungen den Charakter aller überwundenen Nationen[1] so verlöscht: so verderbet, daß, statt des eigenthümlichen Gepräges derselben, zuletzt allenthalben nur der römische Adler erscheint, der nach ausgehackten Augen und verzehrten Eingeweiden traurige Leichname von Provinzen mit schwachen Flügeln deckte. Auch die lateinische Sprache[3] gewann nichts durch die überwundnen Völker[1], und diese gewannen nichts durch jene. Sie ward verderbt und zuletzt ein Romanisches[1] Gemisch nicht nur in den Provinzen, sondern in Rom selbst..
[22] Herder, Bef. d. Hum. IX (1797), 12: Als aus der alten[1] Romanischen[1] Sprache[3] die Französische sich mit ihren Schwestern, der Italiänischen, Castilianischen, Gallicischen u. f. bildete, zeigte sich bald ihr Charakter..
[23] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 261: Edel [...] bezeichnet die Größe, Vorzüglichkeit oder Erhabenheit des Charakters oder der Gesinnung. Man sagt von einem Menschen[1], der sich durch diese Eigenschaften auszeichnet: sein Wesen ist edel..
[24] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 222: Namentlich an der französischen Gesangmethode, die so nahe an Declamation grenzt, sieht man, wie ungern dieses Volk[1] zu sprechen aufhört, und sich zum Singen entschließt. Durch seinen recitirenden Charakter tritt der französische Gesang am meisten dem italienischen entgegen. Selbst die Sprache[3] mit ihren verschluckten Endsylben und dem tonlosen Flüstern zeigt sich der Musik feindlich..
[25] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. X (1838), 115 f. (116): Hier einige allgemeine Bemerkungen über die Thiere[2]. Das Hauptmerkmal derselben ist eine mit Empfindung verbundene Bewegung, entweder nur einzelner Theile, wie bei den Polypen, oder des ganzen Körpers; sodann eine Oeffnung am Haupte oder am vordern Ende des Körpers, die zu einem Schlauche führt, in welchen sie mittelst willkührlicher 〈116〉 Bewegung ihre Nahrungsmittel bringen. Mit den Pflanzen[1] gemein haben sie den kunstvollen, innern Zusammenhang von Gefäßen, Schläuchen und andern Organen[2] oder Werkzeugen, durch welche ihre Ernährung, ihr Wachsthum und ihre Fortpflanzung bewirkt wird, – den Organismus[3]. Jedes ihrer Organe[2] aber hat ein Leben oder eine ursprüngliche Lebenskraft für sich. Die verschiedenen thierischen Thätigkeiten oder Funktionen, welche im Innern des thierischen Körpers durch die zusammenwirkende Kraft der Organe[2] entstehen, sind die Verdauungs-, Athmungs-, Empfindungs- und Fortpflanzungsthätigkeit. Der Charakter des Thieres[2] ist vorzüglich in seiner freien[5] Bewegung ausgedrückt, welche durch Muskelfasern, Bänder etc. und Nerven vermittelt wird..
[26] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 53: Nach dem Charakter der Gebüsche richtet sich auch die Kunst[2] der Pflanzung. Eine Wildniß, ein Labyrinth wird ohne Ordnung und Verbindung hingeworfen. Eine melancholische Scene wird dicht, ohne dem Lichte eine andere als nur schwache Einwirkung zu verstatten, zusammengehäuft. Ein fröhliches Revier hat viel offene Plätze und luftige Zwischenräume; und ein romantisches[3/4] lauter seltsame Entgegenstellungen der Formen der Bäume, und der Farben des Laubwerks. ➢ Volltext.
[27] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 67] (1810), 632: Haydn und Mozart, die Schöpfer der neuern[3] Instrumental-Musik, zeigten uns zuerst die Kunst[8] in ihrer vollen Glorie; wer sie da mit voller Liebe anschaute und eindrang in ihr innigstes Wesen, ist – Beethoven. Die Instrumental-Compositionen aller drey Meister athmen einen gleichen romantischen[8] Geist[12], welches eben in dem gleichen innigen Ergreifen des eigenthümlichen Wesens der Kunst[8] liegt; der Charakter ihrer Compositionen unterscheidet sich jedoch merklich. ➢ Volltext.
[28] Th. Huber, Holland (1811), 397 f. (398): Wie ich bei Kostheim über den Rhein setzte, hielten mich die Fährleute sehr lange auf, indeß ich mit der Schildwache sprach [...]. Der Mensch beantwortete mir mehrere Fragen über die Belagerung von Mainz, bei der er gedient hatte [...]. – Die Herren sind etwas langsam, sagte ich endlich auf die Fährleute zeigend, die, ihre kurzen Pfeifen im Munde, unerschütterlich fortkrochen. „Das sind Deutsche, Madame, 〈398〉 sie werden noch ganz andere Sachen sehen, wenn sie weiter in das Land hinein kommen.“ Ich glaube, ich ward roth, und wäre es nicht meiner Natur[1] zuwider gewesen, so wäre ich jetzt, da die Fähre endlich ans Ufer stieß, langsam in meinen Wagen eingestiegen, um meinen Nationalkarakter trotzig zu beweisen.
[29] Chr. W. Hufeland, Makrobiot. II (31805), 132: Man ist jetzt so ganz in den Geschmack der Ritterzeiten gekommen, daß sogar alle Romane diese Form annehmen müssen, wenn sie gefallen sollen, und man kann nicht aufhören, die Denk- und Handlungsweise, das Edle, Große und Entschloßne dieser Teutschen Männer zu bewundern. [...] Das, wodurch jene den Muth, die Leibes- und Seelenkraft, den festen, treuen und entschloßnen Karacter, genug, alles das erhielten, was sie zu wahren Männern im ganzen Sinne des Worts macht, war vorzüglich ihre strenge Enthaltsamkeit und Schonung ihrer physischen Mannskraft. Die Jugend dieser Männer war großen Unternehmungen und Thaten, nicht Wollüsten und Genüssen geweiht, der physische Geschlechtstrieb wurde nicht zum thierischen Genuß erniedrigt, sondern in eine moralische Anrei〈133〉zung zu großen und kühnen Unternehmungen veredelt. Ein jeder trug im Herzen das Bild seiner Geliebten, sie mochte nun wirklich oder idealisch seyn, und diese romantische[7] Liebe, diese unverbrüchliche Treue, war das Schild seiner Enthaltsamkeit und Tugend, befestigte seine Körperkraft und gab seiner Seele Muth und ausharrende Dauer, durch die beständige Aussicht auf den ihm in der Ferne zuwinkenden Minnesold, der nur erst durch große Thaten errungen werden könnte..
[30] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 63: In den Provinzen von Neu-Spanien, welche zu der Tropen-Region gehören, trägt alles, Boden, Clima[1] und Pflanzenwuchs gleichsam den Charakter der gemäßigten Zone..
[31] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 172 f. (173): Der ausgezeichnetste Geometer, welchen Neu-Spanien seit Siguenza's Epoche gehabt hat, war Don Joacquin Velasquez Cardenas y Leon. Alle astronomischen und geode〈173〉tischen Operationen dieses unermüdlichen Gelehrten tragen den Character der größten Genauigkeit. Er war den 21sten Juli 1732 im Innern des Landes, auf dem Maierhof Santiago Acebedocla, in der Nähe des indianischen Dorfs Tizicapan, geboren, und bildete sich, so zu sagen, ganz allein. In seinem vierten Jahr theilte[1 er seinem Vater die Pocken mit1], der daran starb, daher sein Oheim, welcher Pfarrer von Xaltocan war, seine Erziehung übernahm, und ihn durch einen Indianer, Namens Manuel Asentzio, einen Mann von viel natürlichem[2] Verstand[4] und tiefen Kenntnissen in der mexicanischen Geschichte[3] und Mythologie, unterrichten ließ. Velasquez lernte in Xaltocan mehrere indianische Sprachen[3] nebst dem Gebrauch der aztekischen Hieroglyphenschrift, und es ist sehr zu bedauern, daß er nichts über diesen merkwürdigen Zweig des Alterthums[2] bekannt gemacht hat..
[32] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 279: 3., muss man am längsten nicht allein bei den Perioden verweilen, in welchen die Griechen am schönsten[1] und gebildetsten waren, sondern auch gerade im Gegentheil ganz vorzüglich bei den ersten und frühesten. Denn in diesen liegen eigentlich die Keime des wahren Griechischen[2] Charakters; und es ist leichter und interessanter[1] in der Folge zu sehen, wie er nach und nach sich verändert, und endlich ausartet. [...] Die Hülfsmittel zu diesem Studium und insbesondre in der hier entwikkelten Absicht sind vorzüglich folgende: [...] unmittelbare Bearbeitung der Quellen selbst durch Kritik[3] und Interpretation. Diese verdient natürlich[4] die erste Stelle. .
[33] W. v. Humboldt, Charakt. d. Grch. (*?1807), GS I, 7.2, 615: Da in der Bildhauerei die Gestalt, in der Musik das Gefühl herrscht, so ist der allgemeine Charakter des Antiken[2] das Classische[6], der des Modernen[1] das Romantische[8], von welchen beiden jenes von der Brust aus die Welt, dieses von der Welt aus die Brust zur Unendlichkeit zu erweitern versucht. | Das Classische[6] lebt in dem Lichte der Anschauung, knüpft das Individuum an die Gattung, die Gattung an das Universum an, sucht das Absolute in der Totalität der Welt, und ebnet den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, in der Idee des Schicksals durch allgemeines Gleichgewicht. | Das Romantische[8] verweilt vorzugsweise im Helldunkel des Gefühls, trennt das Individuum von der Gattung, die Gattung vom Universum, ringt nach dem Absoluten in der Tiefe des Ichs, und kennt für den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, keinen Ausweg, als entweder verzweiflungsvolles Aufgeben aller Ausgleichung, oder vollkommene Lösung, in der Idee der Gnade und Versöhnung durch Wunder..
[34] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 121: Ursprung und Karakter der ganzen neuern[3] Poesie[11] läßt sich so leicht aus dem Christenthum ableiten, daß man die romantische[12] ebensogut die christliche nennen könnte..
[35] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 124: Half nicht vielleicht der unbestimmte romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Karakter der Musik[[[[BedeutungsVerweis ID='591' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] es mit erzeugen, daß gerade die nebligen Niederlande viel früher große Komponisten bekamen als das heitere[[[[BedeutungsVerweis ID='223' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] helle Italien, das lieber die Schärfe der Malerei[[[[BedeutungsVerweis ID='668' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] erwählte, so wie aus demselben Grunde jene mehr in der unbestimmten Landschaftmalerei idealisirten und die Welschen mehr in der bestimmten Menschengestalt?.
[36] Krünitz, Oecon. Encycl. XXXI (1784), 117: Was den Character der Italiäner überhaupt betrifft, so ist die Grundlage desselben: die leichte Entzündbarkeit und große Lebhaftigkeit ihrer Einbildungs-Kraft[1]; eine natürliche[4] Folge ihres milden Klima[1] welches nur in einigen Gegenden einen strengen Winter verstattet, in allen aber den herrlichsten Frühling und einen heißen Sommer gewährt. Mit denselben verbindet sich Lebensart, Erziehung, Religion[1], die Phantasie[1] immer wirksamer zu machen; und wenn diese einmahl erweckt ist, so verbreitet sie wieder einen Rückstrahl in eben die Fächer, von denen sie ausgegangen ist, und gibt jenen Sitten und jener Religion[1] ihre ganz individuelle Bildung[10]. Die katholische Religion[1] z. B. beschäftiget überall die Einbildungskraft[1] mehr, als andere kirchliche Systeme und Verfassungen. Ist nun der Katholicismus in Italien seiner Quelle am nächsten, und wird er daselbst am eifrigsten gehäget, so kann er allerdings für eine mitwirkende Ursache der Reitzbarkeit der italiänischen Phantasie[1] angesehen werden..
[37] Krünitz, Oecon. Encycl. LX (1793), 74: Norwegen hat viele erhabene[3] und romantische[3/4] Gegenden, die sich hin und wieder dem Charakter der helvetischen Landschaften nähern. [...] Schweden hat nicht allein das Erhabene[3] der Meer-Prospecte, sondern auch das Romantische[3/4] der Felsen, der Berge, der Wasser-Fälle und Ströhme, welche Gegenden von der stärksten Ueberraschung bilden..
[38] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 479: Zum Charakter des romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Stiles gehört alles das, was Erstaunen, Bewunderung, Grausen, Furcht und Entsetzen erweckt. Schrecken, Wildheit und Größe sind seine unterscheidende Züge. Ein melancholischer Einsiedler, ein Verzweifelnder, Straßenräuber, ein ermordeter Wanderer, wehrlose Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] von stärkern und reissenden Thieren[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] verfolgt oder zerrissen, Ueberschwemmung, Verwüstung, zerrissene Brücken, fürchterliche Wildniß, See-Sturm, Feuersbrunft, gehören dazu. Arkadische Schäfer, Haus-Vieh, sanft fließender Bach, ländliche Lustbarkeiten, bewohnte Gebäude, würden diesem Charakter widersprechen..
[39] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714: Die Gegenstände, welche den romantischen[3/4] Charakter im höchsten Grade an sich tragen und die der Land〈715〉schaftsmaler mit dem ihm eigenen Zauber auf der Leinwand etc. dazustellen versuchen muß, sind: graue Felsmassen, die sich in der Ferne aus einer üppigen unbeschornen Vegetation zu des Himmels Azur erheben; ein stürmischer See, der seine Wellen mit Ungestüm empor treibt und über dem gewitterschwangere Wolken sich ihres Feuerstoffs entladen; oder ein See, der sich ruhig zwischen grünen Schilfmassen und prächtigen Wiesen dahin schlänget und über den in der Entfernung Städte und Dörfer aus grüner Umgebung ihre Zinnen und Thürme im vergoldeten Morgen- und Abendglanz emporheben. Hierzu geselle sich nun ein Fischer mit seinem Netze am See, oder ein Schäfer mit seiner Heerde und seinem Hunde auf dem grünen Teppich der Wiese; auch eine alte[11] Ritterburg, einsam auf einer Höhe gelegen, wo durch des Fensters Trümmer, im Gegenscheine der untergehenden Sonne, sich des Vollmondes falbes Licht blicken läßt, und über welcher einige Vögel schwärmen etc..
[40] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXIV (1836), 98: Bei der Bearbeitung der Staatengeschichte behauptet die Geschichte[3] des vaterländischen Staates die erste Stelle [...] bei dem Geschichtsforscher, Geschichtsschreiber, Historiker; ehe er sich [...] an die Bearbeitung der Geschichte[3] anderer Staaten macht, muß er zuerst die seines Vaterlandes berüchsichtigen [...]; denn immer wird die Geschichte[3] eines Staates zweckmäßiger bearbeitet werden, wenn ein Inländer oder Eingeborner sich dieser Arbeit mit ganzer Vaterlandsliebe hingiebt; er wird dann gewiß nichts übergehen, was sein Vaterland erheben, und dem Fremden[1], dem Ausländer, Interesse dafür einflößen kann, ohne dadurch dem Charakter der Geschichte[3] zu schaden, sie zu dehnen, und ihr einen Anstrich der Romantik[2] zu geben..
[41] Lichtenberg, Rez. Arch. I (1786), 793 f.: Nach Recensentens Urtheil hat der Verfasser [...] den Gesichtspunkt, aus dem der Charakter dieses 〈794〉 edlen Volks[1] [sc. Engländer] betrachtet werden muß, besser gefaßt, als irgend ein Schriftsteller der ihm noch vorgekommen ist. Der Verf. fürchtet am Ende, nachdem er den Charakter der Nation[1] meisterhaft geschildert hat, man möchte ihn für partheyisch halten, und entschuldigt sich deswegen. (Dieses war gewiß nicht nöthig, jeder unbefangne Mann, der dieses Volk[1] und seine vortrefliche Verfassung kennen gelernt hat, der nicht den Charakter einer Nation[1] aus dem Abschaum derselben oder nach der Aufführung unmündiger Fähndriche beurtheilt, wird ihm mit ganzer Seele beypflichten, und was bekümmert sich ein solcher Schriftsteller um die übrigen?.
[42] Lichtenberg, Rez. Arch. II (1787), 1828 f.: In dem ersten Abschnitt bemüht sich der Verf., die ersten Grundzüge des italiänischen Characters zu zeichnen; des Guten findet er wenig, des Schlimmern viel. Unwissenheit, Mangel an Patriotismus und an Geselligkeit sind die Hauptfehler, die er den Italiänern vorwirft. Den letzten hätten wir am wenigsten erwartet. [...] Es ist überhaupt schwer, über den 〈1829〉 Character einer unter sich selbst so verschiedenen Nation[1], als der italiänischen, im Allgemeinen zu urtheilen. – In den folgenden Abschnitten geht der Verf. die verschiedenen italiänischen Staaten durch und fängt mit Venedig an..
[43] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 226 f. (227): Dieses richtige [...] Gefühl scheint anzudeuten, daß bei aller Verträglichkeit zwischen der politischen Beredsamkeit und der Poesie[1] dennoch die Geschiedenheit zwischen beiden fortdauern müsse und daß die Beredsamkeit grade um so rhetorischer, um so prosaischer[3] werden müsse, je mehr sie sich der Poesie[1/4/5] hingebe und je vertrauter sie werde mit ihr. Sie sehen, daß dieses wunderbare Verhältniß, mit dessen Erörterung sich bis jetzt die Kritik[8] nur selten befaßt hat, unerklärt bleiben würde, wenn ich nicht durch den Lauf dieser Vorlesungen das einzige Gleichnis angewendet hätte, welches in dem ganzen Gebiete der menschlichen 〈227〉 Angelegenheiten dafür vorhanden war, das Verhältniß der beiden Geschlechter. Grade in demselben Maße, als das Bedürfniß des weiblichen Umgangs wächst, tritt der männliche Karakter deutlicher ans Licht: und ich behaupte, daß die wahre Poesie[22] an dem Stil der Staatsschriften, die George Rex unterzeichnet sind und die als unbedingtes erstes Muster dieser Art ausgezeichnet zu werden verdienen, dieselbige Freude hat, die eine ächte Frau[1] in der Betrachtung des wahrhaft männlichen Karakters empfindet..
[44] Novalis, an Chr. F. Brachmann (21. 2. 1796), NS 4, 167: Was ist selbst Freundschaft, ohne verbundene Thätigkeit zu einem Ganzen? Baumaterialien, ohne Bestimmung und Mörtel. Harmonische Wircksamkeit ist Karacter des Lebens. Jezt ist das Leben unsrer Freundschaft nur – Stimme[11] – Echo. Aber ich hoffe, es soll mehr werden. Geduld und Muth muß uns zur andern Natur[1] werden..
[45] Novalis, Verm. Bem. (*1797–98), NS 2, 462, Nr. 105: Halb berauscht kann ein Kunstwerck[2] seyn – Im ganzen Rausche zerfließt das Kunstwerck[2] – Aus dem Menschen[1] wird ein Thier[11] – Der Karacter des Thiers[11/1] ist dythirambisch. Das Thier[11/1] ist ein übersättigtes Leben – die Pflanze[1] ein mangelhaftes Leben. Der Mensch[1] ein freyes[10] Leben..
[46] Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 375 f. (376), Nr. 612: Wer eine Wissenschaft[5] machen kann – muß auch eine Nichtwissenschaft machen können – wer etwas 〈376〉 begreiflich zu machen weis, muß es auch unbegreiflich zu machen wissen – Der Lehrer muß Wissenheit und Unwissenheit hervorzubringen vermögen. | Wenn der Caracter des gegebenen Problems Unauflöslichkeit ist, so lösen wir dasselbe, wenn wir seine Unauflöslichkeit darstellen..
[47] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88, Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[30] mancher Kritiken[2] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon.
[48] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88, Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[12] mancher Kritiken[5] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon.
[49] Novalis, Tageb. (1800), NS 4, 53: Süße Wehmuth ist der eigentliche Character einer ächten Liebe[1] – das Element der Sehnsucht und Vereinigung..
[50] Ritter, Galvanism. (1798), X: Offen und frey[1] handelt die Natur[2], ihre Werkstätte hat weder Thüren noch Schlösser, Ruhetag hält sie auch nicht, denn rastlose Thätigkeit ist ihr Character..
[51] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 15: Wollen sie diesen angeführten Schriften in Ansehung der Kritik[2] meinen kritischen[3] Musikus und [...] die kritischen[3] Briefe[3] über die Tonkunst, die in Berlin heraus gekommen sind, [...] beyfügen: so werden sie vielleicht darinn mancherley kritische[3] Betrachtungen antreffen, die zur Kenntniß der Charaktere verschiedener Musikstücke und Schreibarten nicht eben entbehrlich seyn möchten..
[52] Schelling, Philos. d. Erf. (1798), SW I, 1, 470: Was nicht progressiv[3] ist, ist kein Objekt der Geschichte[4]. | Der Begriff[1] von progressiv[3] aber muß genauer bestimmt werden. Der Mechanismus z. B. ist, obgleich eine Folge von Handlungen in ihm stattfindet, nicht progressiv[3], weil diese Handlungen im Kreise gehen, wo dann jeder solcher Cyklus von Handlungen nur Einer (immer wiederholten) Handlung gleichgerechnet werden kann. – So gibt es aus demselben Grunde auch keine Geschichte[1] der Thiere[1], als nur im uneigentlichsten Sinn. Erstens keine Geschichte[1] des einzelnen Thiers[1] (als solchen). Denn es ist eingeschlossen in einem Cirkel von Handlungen, über den es nie hinaustritt; was es ist, ist es auf immer, was es seyn wird, ist ihm durch Gesetze eines höhern zwar, aber doch unverbrüchlichen, Mechanismus vorgezeichnet. Dem Menschen[1] aber ist seine Geschichte[1] nicht vorgezeichnet, er kann und soll seine Geschichte[1] sich selbst machen; denn das eben ist der Charakter des Menschen[1], daß seine Geschichte[1], obgleich sie in praktischer Hinsicht planmäßig seyn soll, doch (eben deßwegen) in theoretischer Rücksicht es nicht seyn kann. – Analogisch nur spricht man von einer Geschichte[1] solcher Thiere[1], in denen 〈471〉 Kunsttrieb ist, z. B. von einer Geschichte[1] des Bibers, der Bienen u. s. w., weil man an ihrer produktiven Arbeitsamkeit ein Analogon von Freiheit[10] wahrzunehmen glaubt, obgleich auch das Täuschung ist, weil, wenn wir den innern Mechanismus der organischen[2] Kräfte eines solchen Thiers[1] einsehen könnten, alle Zufälligkeit jener Produkte verschwinden würde – (vom Gedicht, das auf ächt poetische[4] Art entstanden ist, muß keine Geschichte[1] möglich seyn). .
[53] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 566: Die Malerei[1] ist bloß allegorisch in denjenigen Gegenständen, die nicht um ihrer selbst willen dargestellt werden. – Denn was nicht um seiner selbst willen, bloß um eines andern willen, ist es bedeutend. | Anmerkung. Hieher gehören die untergeordneten Gattungen des Still-Lebens, der Blumen- und Frucht-, sowie im Ganzen auch der Thierstücke. Alle diese Gattungen sind entweder überhaupt keine Kunstgattungen oder von allegorischer Bedeutung. Was Thierstücke insbesondere betrifft, so ist die Natur[2] in der Produktion der Thiere[1] selbst gewissermaßen allegorisch, sie deutet ein Höheres, die menschliche Gestalt an, es sind unvollkommene Versuche, die höchste Totalität zu produciren. Selbst der Charakter, den sie in das Thier[1] wirklich gelegt hat, spricht sich in ihm nicht vollkommen aus, sondern ist bloß angedeutet und wird errathen. Aber auch der bekannte Charakter des Thiers[1] ist nur eine einseitige Erscheinung des Totalcharakters der Erde, und inwiefern dieser im Menschen[1] am vollkommensten ausgedrückt ist, des Menschen[1]. ➢ Volltext.
[54] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 603: Wenn [...] die Plastik die höheren Thiergattungen nachahmt, so ist auch hier ihr Vermögen sehr durch den Gegenstand beschränkt. Denn auch im Thierreich hat jedes Thier[1] nur den Charakter seiner Gattung, aber keinen individuellen. Wenn daher die Plastik Thiergestalten bildet, so ist es nur in folgenden Rücksichten: | a) als die allgemeinste kann die angesehen werden, daß obgleich das Thier[1] keinen individuellen Charakter hat, doch die Gattung selbst hier das Individuum ist. Alle verschiedenen Charaktere der Thiere[1], welche immer ganzen Gattungen gemein sind, sind Negationen oder Beschränkungen des absoluten Charakters der Erde; sie erscheinen als besondere eben deßwegen, weil sie nicht die Totalität ausdrücken, welche nur im Menschen erscheint. Jede Gattung ist also hier Individuum, sowie dagegen im Menschengeschlecht jedes Individuum mehr oder weniger Gattung ist, oder wenigstens seyn muß, wenn es Gegenstand einer Kunstdarstellung seyn soll. Der Löwe z. B. ist nur großmüthig, d. h. die ganze Gattung hat den Charakter eines Individuums, der Fuchs ist nur listig und feig, der Tiger grausam. Wie also das Individuum der Menschengattung dargestellt wird, weil es als Individuum zugleich Gattung ist, so kann die Sculptur von dem Thier[1] zwar immer nur die Gattung, aber diese doch deßwegen darstellen, weil sie an sich eigentlich ein Individuum ist. Dieses Verhältniß der Thiercharaktere ist z. B. der Grund ihres Gebrauchs in der Fabel, in welcher auch das Thier[1] nie als Individuum, sondern nur als Gattung auftritt. Die Fabel erzählt nicht: ein Fuchs, sondern der Fuchs, nicht ein Löwe, sondern der Löwe. | b) Eine andere Rücksicht, in der die Sculptur Thiergestalten bilden kann, ist die Beziehung der Thiere[1] auf den Menschen; in dieser 〈604〉 Rücksicht erscheinen die Thiere[1] in der Sculptur in der Verbindung mit andern Werken derselben, z. B. der Architektur, wie die ehemaligen Löwen auf dem St. Markusplatz zu Venedig oder andere Thiergestalten, die vor die Eingänge der Paläste oder Kirchen gleichsam als Hüter gesetzt werden [...]. ➢ Volltext.
[55] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 675: Da der Roman nicht dramatisch seyn kann und doch von der andern Seite in der Form der Darstellung die Objektivität des Epos zu suchen hat, so ist die schönste und angemessenste Form des Romans nothwendig die erzählende. Ein Roman in Briefen[3] besteht aus lauter lyrischen Theilen, die sich – im Ganzen – in dramatische verwandeln, und somit fällt der epische Charakter hinweg. ➢ Volltext.
[56] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 730: Die Construktion des Ganzen ist [bei Calderon] rationeller, in einem Maß wie man es der modernen[1] Poesie[11] wahrscheinlich nicht zugetraut hätte, wenn man ihren Charakter allein von Shakespeare abstrahirte. Die zerstreuten Principien der romantischen[12] Gattung hat Calderon in eine strengere Einheit gefaßt, die sich der wahren Schönheit[6] nähert. ➢ Volltext.
[57] Schiller, Erste Mensch.gesellsch. (1790), NA 17, 404 f. (405): Sobald er [sc. der Mensch] seinen Thieren[1] ihre Freiheit[3] geraubt hatte, war er in die Nothwendigkeit gesetzt, sie selbst zu ernähren, und für sie zu sorgen. So wurde er also zum Hirten, und so lange die Gesellschaft noch klein war, konnte die Natur[2] seiner kleinen Heerde Nahrung im Ueberfluß darbieten. Er hatte keine andre Mühe, als die Weide aufzusuchen, und sie wenn sie abgeweidet war, mit einer andern zu vertauschen. Der reichste Ueberfluß lohnte ihm für diese leichte Beschäftigung, und der Ertrag seiner Arbeit war keinem Wechsel weder der 〈405〉 Jahrszeit noch der Witterung unterworfen. Ein gleichförmiger Genuß war das Loos des Hirtenstandes, Freiheit[5] und ein fröhlicher Müssiggang sein Karakter..
[58] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186: Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen[1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen[1] eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit[1] ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen[1] zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[59] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102 f. (103): Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie[1] zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie[1] zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie[1] und poetische[4] Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne[1] Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter, für sich allein betrachtet, das Ideal schöner[1] Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[60] Schiller, Nothw. Grenz. (1795 [hier: 21800]), NA 21, 22 f. (23): So lange der Mensch[1] noch ein Wilder ist, seine Triebe bloß auf materielle Gegenstände gehen, und ein Egoism von der gröbern Art seine Handlungen[1] leitet, kann die Sinnlichkeit nur durch ihre blinde Stärke der Moralität gefährlich seyn, und sich den Vorschriften der Vernunft[1] bloß als eine Macht widersetzen. Die Stimme[14] der Gerechtigkeit, der Mässigung, der Menschlichkeit wird von der lauter sprechenden Begierde überschrien. Er ist fürchterlich in seiner Rache, weil er die Beleidigung fürchterlich empfindet. Er raubt und mordet, weil seine Gelüste dem schwachen Zügel der Vernunft[1] noch zu mächtig sind. Er ist ein wüthendes Thier[4] gegen andre, weil ihn selbst der Naturtrieb noch thierisch beherrscht. | Vertauscht er aber diesen wilden Naturstand mit dem Zustande der Verfeinerung, veredelt der Geschmack seine Triebe, weist er denselben würdigere Objekte in der moralischen Welt an, mäßigt er ihre rohen Ausbrüche durch die Regel der Schönheit[6], so kann es geschehen, daß eben diese Triebe, die vorher 〈23〉 nur durch ihre blinde Gewalt furchtbar waren, durch einen Anschein von Würde und durch eine angemaßte Autorität der Sittlichkeit des Charakters noch weit gefährlicher werden, und unter der Maske von Unschuld, Adel[5] und Reinigkeit eine weit schlimmere Tyranney gegen den Willen ausüben..
[61] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 82: Das Wesen der Chansons ist die sentimentale[1] Reflexion über das unendliche Streben und die Widersprüche in der romantischen[12/7/4/11] Liebe. Die Canzone kann man kurz als die über sich selbst reflektierende Ode charakterisieren. Ihre eigenen Weisen sind ihre langen Strophen, weibliche Schlüsse der Verse und vielfach verschlungene Reime. (Das Romantische[12/4/11] überhaupt besteht im Kontraste.) Sie hat daher den Charakter eines musikalischen[3] Selbstgespräches und liebt wunderbare Visionen und Allegorien..
[62] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 195: Höchst wesentlich ist für die Kunstgeschichte die Anerkennung des Gegensatzes zwischen dem modernen[1] und antiken[2] Geschmack. [...] Man hat den Charakter der antiken[2] Poesie[11] mit der Bezeichnung classisch[3/5/7], den der modernen[1] [als] romantisch[12/4/11] bezeichnet; [...] sehr treffend. Es ist eine große Entdeckung für die Kunstgeschichte daß dasjenige, was man bisher als die ganze Sphäre der Kunst[3] betrachtete (indem man den Alten[10] die uneingeschränkte Autorität zugestand) nur die eine Hälfte ist: das classische[7] Alterthum[2] kann dadurch weit besser verstanden werden als aus sich allein..
[63] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 196: So kann man sich die antike[2] Poesie[11] als den einen Pol einer Magnetischen Linie denken, die romantische[12] als den andern [...]. Freylich wird unsre historische Kenntniß nie vollendet, es muß immer durch Divination ergänzt werden. Es könnte sich in der Folge offenbaren, daß das, was wir jetzt als den andern Pol betrachten, nur ein Übergang, ein Werden sey, (welcher Charakter sich sogar mit Wahrscheinlichkeit in der romantischen[12/14/11] Poesie[11] aufweisen läßt) und die Zukunft also erst das der antiken[2] Poesie[11] entsprechende und ihr entgegengesetzte Ganze liefern werde..
[64] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 280: Mit der menschlichen Organisazion[5] ist die Classe[1] der Säugethiere am nächsten verwandt, darum verstehen wir uns am besten auf ihren Charakter, der auch an und für sich in der Bildung[10] am bestimmtesten hervortritt..
[65] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
[66] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 549 f.: Die Entstehung jener gewissermaßen unregelmäßigen aber unendlich reizenden Mannichfaltigkeit in der Sprache[3] muß man sich so denken, daß bey den vielen kleinen Völkerschaften, worein sich der Griech.[ische] Völkerstamm spaltete, bey den einen diese Formen, Ausdrücke und Sprecharten aufgekommen waren, bey andern jene; und daß bey nachher erfolgter Vermischung von allen etwas beybehalten ward. Wir werden durch diese Bemerkung auf einen Punkt geführt, der für die gesamte Griechische Bildung[5] äußerst wichtig ist: daß nämlich die Lage dieser Nation[1] ganz dazu eingerichtet war, daß sie sich aufs mannichfaltigste individualisiren, und dann wieder durch lebhaften Verkehr, das Individuelle zu einem allgemeineren Charakter verschmelzen mußte. Man sehe nur auf der Landcharte den Erdstrich an, welchen die Griechen inne hatten. Auf einer weiten ununterbrochnen Ebne hätten sie schwerlich das werden können, was sie wurden, und wären vielleicht, wie andre Nationen[1] in Asien unter einer despotischen Regierungsform auf einer sehr niedrigen Stufe für immer fixirt geblieben. [...] 〈550〉 [...] | Bey einer solchen Nation[1] mußten natürlicher[4] Weise Dialekte[1] entstehen: bey den Griechen allein aber (unter den Nationen[1] wenigstens, die wir bey solchen Betrachtungen vor Augen zu haben pflegen) haben wir die Erscheinung, daß die Dialekte[1] nicht bloß untergeordnete, mehr oder weniger rohe oder verderbte, Abarten einer vollkommneren Hauptsprache blieben, sondern sich zu einem bestimmten im Verhältniß gegen die übrige Nation[1] gültigen Charakter entwickelten, und nicht bloß im gemeinen Leben, sondern auch in der Schrift gebraucht wurden, ja in verschiednen Gattungen der Poesie[11] kunstmäßig gebraucht werden mußten..
[67] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
[68] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 654: [W]ie die Hauptrichtungen des Griechischen[2] National-Charakters, welche sich 〈in den Dialekten[1] ausdrückten〉 (wie ich es schon an einer andern Stelle ins Licht gesetzt) dergleichen Absonderungen waren, so dürfen wir nach historischen Angaben, einen jonischen, aeolischen, dorischen und attischen Styl der Lyrik annehmen, wenn wir schon wegen des fast allgemeinen Verlustes der Dichter von diesen nur eine zum Theil sehr unbestimmte Vorstellung haben..
[69] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 12: Romanisch[1], Romance, nannte man die neuen[3] aus der Vermischung des Lateinischen mit der Sprache[3] der Eroberer entstandnen Dialekte[1]; daher Romane[1], die darin geschriebnen Dichtungen, woher denn romantisch[1/12/4] abgeleitet ist, und ist der Charakter dieser Poesie[11] Verschmelzung des altdeutschen mit dem späteren, d. h. christlich gewordnen Römischen, so werden auch ihre Elemente schon durch den Namen angedeutet..
[70] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 45: Unter den prosaischen[1] Autorn des 16ten Jahrhunderts verdient noch ganz vorzüglich angemerkt zu werden Joh. Fischhart, der Verdeutscher oder Bearbeiter des Rabelais. Wenn ich auf diesen komme, werde ich noch etwas über den eigenthümlichen Charakter seines Witzes[4] sagen. Vielleicht hat niemand die komische Willkühr mit der Sprache[1] weiter getrieben als er, und dabey mit so gründlichem Tiefsinn die possenhafte Tollheit gleichsam erschöpft. In Wortspielen könnten zehn Plagiare über ihn kommen, ohne ihn arm zu stehlen; allein man muß auch gestehen, daß die Freyheit[15] der Zeiten[5] dem guten Humor[2] zu Statten kam: solche Verwegenheit im Scherzen würde jetzt sehr übel aufgenommen werden..
[71] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 64: Nach der Wiederbelebung der classischen[7] Literatur, war die Bewunderung dafür lange Zeit[6] eine einseitige Parteylichkeit, welche, wenigstens bey den Gelehrten die Schätzung des Originell-Modernen[1] in seinem eignen Charakter hinderte. Auch muß man wohl in einer gewissen Ferne stehen, um das Wollen eines Dichters im Verhältnisse zu seinem Zeitalter erschöpfend richtig zu fassen. Eben daß wir von den großen Meistern der romantischen[12] Kunst[3] durch die Kluft der letzten prosaischen[3] Zeitläufte getrennt sind, bringt uns mehr ins klare über sie; so wie auch die antike[2] und romantische[12] Kunst[3] durch den Gegensatz besser verstanden wird..
[72] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 83: Wenn man die classische[7] Bildung[2] mit einem Worte[2] schildern will, so war sie vollendete Naturerziehung. Jetzt da aus den Trümmern jener und einem Chaos verschiedenster Elemente eine neue[1] Welt hervorging, konnte Freyheit[10] mehr das herrschende Princip werden, welche denn auch nicht unterließ, die Natur[13] zu unterdrücken, und sich so als Barbarey kund zu geben. Die Natur[13] machte aber ihre Rechte geltend, und dieser Zwist bestimmte den Charakter der modernen[1] Bildung[2], in welcher die unauflöslichen Widersprüche unsers Daseyns, des Endlichen und Unendlichen in uns, mehr hervortreten, aber wieder verschmolzen werden..
[73] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[74] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 173: Der Chor [...] war Repräsentant einer harmonisch frey[13] versammelten Menge d. i. eines Volksfestes. Dieß war er immer, wenn er auch, wie in den Tragödien eine ernste ja traurige Handlung[3] feyerte. Es war immer Feyer, ein wirkliches Volksfest konnte sich ja auch auf dergleichen beziehen, denn wir müssen hier ganz unsern rohen Begriff[1] entfernen, die Volksfeste waren die künstlerisch organisirte[7] öffentliche Geselligkeit überhaupt, der schönste[1] Selbstgenuß der Staaten. – So war in der Ode aus der ihr eignen contemplativen Concentration die heiterste[5] Geselligkeit wiederhergestellt. Daher die Neigung zur Fröhlichkeit auch in der höheren Lyrik der Alten[10], die auf uns gekommnen Gesänge des Pindar athmen in der That festliche Freude an einer festlichen Freude. | Bey den Neueren[3] geht nun die Richtung im allgemeinen mehr auf das Subjektive und Ideale, und es findet sich kein solches Gegengewicht, welches den lyrischen Sänger in die äußere Welt zurückriefe. Daher ist der Charakter der eigenthümlich romantischen[12/9] Ode, der Canzone, statt der geselligen Heiterkeit[4] des Chores, vielmehr einsiedlerisch schwermüthig, und es ist ein vorwaltender Hang zur beschaulichen Vertiefung in sich selbst, in die Abgründe des eignen Gemüths, sichtbar..
[75] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 176: Unläugbar ist es, daß alle drey [sc. Dante, Petrarca, Boccaccio] auf ein Ideal der Weiblichkeit ausgehen, jeder auf seine Weise, und daß dies ein Mittelpunkt ihrer Poesie[11] ist. Daß die drei Häupter der romantischen[12] Kunst[12] hierin zusammentreffen, ist gewiß nicht zufällig, und man [darf] wohl für das Ganze der romantischen[12] Poesie[11] eine besondre Vorliebe des weiblichen Geschlechts hoffen, da diesem in der antiken[2] Poesie[11] immer Unrecht geschieht, indem die idealischen Darstellungen von Frauen (z. B. eine Elektra, Antigone) in den männlichen Charakter übergehen, die weib〈177〉lichen aber nicht idealisch sind..
[76] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
[77] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 336: Das Deutsche ist wirklich so sehr eine lebende Sprache[3], als es nur Statt finden kann. Aus der bisherigen Darstellung muß es schon klar geworden seyn, welchen Weg es zugleich mit der nationalen Bildung[2] (denn dieß läuft immer parallel) einschlägt, und welch ein Ziel beyden vorgestellt ist. Universalität ist unsre wahre Eigenthümlichkeit: es ist auf nichts geringeres angelegt, als die Vorzüge der verschiedensten Nationalitäten zu vereinigen, sich in alle hineinzudenken und hineinzufühlen, und so einen kosmopolitischen Mittelpunkt für den menschlichen Geist[19] zu stiften. Nach dem Gange, welchen die Philosophie der Cultur[3] vorzeichnet, muß jede neue[1] Epoche derselben mit einem höheren Bewußtseyn verknüpft werden: es wird also auch die jetzt beginnende mehr den Charakter der Freyheit[10] und Absichtlichkeit tragen als irgend eine frühere; und was uns so lange im äußern Glanze gegen die einseitige, beschränkte aber eben darum entschiedne Wirksamkeit andrer Nationen[1] hat zurückstehen lassen: der Mangel einer Richtung, welcher, in ein Positives verwandelt, zur Allseitigkeit der Richtungen wird: muß in der Folge die Überlegenheit auf unsre Seite bringen. Es ist daher gewiß keine zu sanguinische Hoffnung anzunehmen, daß der Zeitpunkt nicht so gar entfernt ist, wo das Deutsche allgemeines Organ[1] der Mittheilung für die gebildeten Nationen[1] seyn wird. .
[78] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 346: Was die übrigen neulateinischen Sprachen[3] betrifft, so würde man ihren Charakter in poetischer[4] Hinsicht weit besser genetisch begreifen können, wenn die Denkmäler des Provenzalischen, als welches in so fern wie ihre gemeinschaftliche Mutter angesehen werden kann, erst mehr bekannt wären. Nächst diesem hat sich das Italiänische am frühesten in der Diction und den Formen ausgebildet, und [ist] also wiederum Quelle für die übrigen geworden. Alle haben eine Menge Vorzüge miteinander gemein, und wenn uns die Griechische[2] Sprache[3] das Muster einer vollkommnen Organisation[7] für den strengen und reinen Kunststyl 〈darbietet〉, so finden wir hier die gefälligsten Reize und die größte Lieblichkeit für alle Bezauberungen der romantischen[15/13/3/4] Poesie[11]..
[79] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 164: Nichts ist verschiedener als der französische und der spanische Nationalcharakter, folglich auch als der Geist[12] ihrer Sprache[3] und Poesie[11].
[80] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 320 f. (321): Die muntre Gaukeley der italiänischen Masken hat in England von jeher noch weniger Eingang 〈321〉 gefunden als in Frankreich. Der Narr oder Clown in Shakspeare's Lustspielen ist viel mehr ein ironischer[3] Humorist als ein mimischer Possenreißer. Intrigue im wirklichen Leben ist den nordischen Nationen sowohl durch ihre Tugenden als durch ihre Mängel fremd[4]: sie haben zu viel Offenheit des Charakters und zu wenig schnelle Feinheit des Verstandes. ➢ Volltext.
[81] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 32 f. (33): Schon in den frühesten Zeitaltern der Europäischen Bildung[5] finden sich unverkennbare Spuren des künstlichen Ursprungs der 〈33〉 modernen[1] Poesie[11]. Die Kraft, der Stoff war zwar durch Natur[13] gegeben: das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2] war aber nicht der Trieb, sondern gewisse dirigirende Begriffe[1] [...]. Selbst der individuelle Charakter dieser Begriffe[1] war durch Umstände veranlaßt, und durch die äußre Lage nothwendig bestimmt. Daß aber der Mensch[1] nach diesen Begriffen[1] sich selbst bestimmte, den gegebnen Stoff ordnete, und die Richtung seiner Kraft determi〈34〉nierte; das war ein freyer[10] Aktus des Gemüths. Dieser Aktus ist aber eben der ursprüngliche Quell, der erste bestimmende Anstoß der künstlichen Bildung[2], welcher also mit vollem Recht der Freyheit[10] zugeschrieben wird. Die Phantasterey der Romantischen[12] Poesie[11], hat nicht etwa wie Orientalischer[1] Bombast eine abweichende Naturanlage zum Grunde. Es sind vielmehr abenteuerliche[3] Begriffe[1], durch welche eine an sich glückliche, dem Schönen[2] nicht ungünstige Phantasie[1] eine verkehrte Richtung genommen hatte. Sie stand also unter der Herrschaft von Begriffen[1]; und so dürftig und dunkel diese auch seyn mochten, so war doch der Verstand[2] das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2]..
[82] F. Schlegel, Vorr. Grch. u. Röm. (1797), X: Schillers Abhandlung über die sentimentalen[3] Dichter [...] hat außer, daß sie meine Einsicht in den Charakter der inte〈XI〉ressanten[2] Poesie[11] erweiterte, mir selbst über die Gränzen des Gebiets der klassischen[7] Poesie[11] ein neues Licht gegeben. Hätte ich sie eher gelesen, als diese Schrift dem Druck übergeben war, so würde besonders der Abschnitt von dem Ursprunge, und der ursprünglichen Künstlichkeit der modernen Poesie[11] ungleich weniger unvollkommen geworden sein. ➢ Volltext.
[83] F. Schlegel, Fragm. Poes. u. Litt. (*1801), KFSA 16, 322, Nr. 810: Der Charakter d[er] oriental.[ischen][1] Sprache[n][3] viell.[eicht] das Auseinandertreten der Pole. Daher Diphtonge [sic] und Di[phtong-]Consonanten (Analogie des Deutschen) dahingegen d[as] Griech[ische][5] auf ein Mit〈322〉telmaaß geht. [...] Zwischen dies[em] und d[em] Deutsch[en] oder d[em] Eleg.[ischen] die Prosa[1] in drei Epochen 1) Classisch[5] ohne Farbe 2) auf Vokale und Conson.[anten] berechnet, rom[antisch][1] pict[oresk2] und μους [musikalisch7] 3) Synthesis von beiden, groß romantisch[1/10]..
[84] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 42 f. (43): Daß eine so kunstreiche Grammatik dennoch sehr einfach seyn könne, zeigt das Beispiel der indischen selbst am besten. Es wird auch nichts dazu vorausgesetzt als etwas, was man doch wohl annehmen muß, um den Ursprung der Sprache[1] auf eine deutliche und verständliche Art zu erklären; ein sehr feines Gefühl nehmlich für den unterscheidend eigenthümlichen Ausdruck, für die ursprüngliche Naturbedeutung, wenn ich so sagen darf, der Buchstaben[7], der Wurzellaute und Sylben; ein Gefühl, das wir uns jetzt, da das Gepräge der Worte durch langen Gebrauch verwischt, das Ohr[3] durch die verworrne Menge allartiger Eindrücke abgestumpft worden ist, kaum mehr in seiner ganzen Regsamkeit und Lebendigkeit vorstellen können, was aber doch wohl vorhanden gewesen seyn muß, weil ohne dasselbe keine Sprache[3], wenigstens keine solche, hätte entstehen können. | Dieß feine Gefühl mußte dann mit der Sprache[3] selbst zugleich auch Schrift hervorbringen; keine hieroglyphische nach äussern Natur〈43〉gegenständen mahlende oder bildernde, sondern eine solche, welche den innern Charakter der Buchstaben[7], wie er so deutlich gefühlt ward, nun auch in sichtlichen Umrissen hinstellte und bezeichnete. ➢ Volltext.
[85] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 108: [S]o allgemein ist ihr [sc. Elegie] Karakter, so weltbürgerlich ihre Gesinnung, daß sie es ungeachtet ihrer zarten Weichheit doch nicht verschmähte, die härtere Sprache[3] des großen Roms zu reden, ja sogar aus dem südlichen Mutterlande nach Norden zu wandern. Die Römer glaubten in dieser Kunstart den Griechen näher gekommen zu seyn, und sind ihren Vorbildern hier wenigstens treuer geblieben als in vielen andern Fächern. Unter den Deutschen der jetzigen Zeit hat man das klassische[3] Metrum derselben nachgebildet, und ein Dichter, von dem es nie entschieden werden kann, ob er größer oder liebenswürdiger sey, hat zu seinen frühern unverwelklichen Lorbern auch den Namen eines Wiederherstellers der alten Elegie gesellt.
[86] Schleiermacher, Brf. Lucind. (1800), 1 f. (2): Ein tüchtiges Urtheil, wie wir es über die Bücher fällen, die so vorkommen, wirst Du doch nicht erwarten? Du weißt ja, [...] wie ich scheu und bedächtig und ehrerbietig mit Allem umgehe, was sich mir als ein eigen gebildetes Wesen ankündigt, sei es ein Mensch[1] oder ein Gedanke oder ein gebildetes Werk, und wie 〈2〉 lange und unersättlich ich bei der Anschauung verweile, ehe ich mich an etwas wage, was einer Uebersicht oder einem Urtheil ähnlich ist. Und nun gar dieses Werk, welches wie eine Erscheinung aus einer künftigen Gott[1] weiß wie weit noch entfernten Welt da steht! Gewiß, sie könnte eben so lange vollendet sein, als sie nun unvollendet ist, ehe ich es mir erlauben würde, in diesem Sinne[1] etwas über die Composition und die Kunst[13] darin überhaupt zu sagen, das heißt wirklich zu meinen. Verhielte sich auch der zweite Theil zu dem ersten nur wie die Rückseite einer Schaumünze oder das Gegenstück eines Gemäldes; so würde ich mir bis zur Vollendung Schweigen[2] und Ungewißheit gebieten, wieviel Betrachtungen dieser Art sich mir auch aufdrängen, seitdem ich mit dem Geist12 und Charakter des Buchs recht gesättigt bin, und seitdem Friedrich Schlegel seine Ansicht von der romantischen[1] Poesie[1] in so klaren Worten[2] von sich gegeben hat. Doch lieber Freund, dieses Aufschieben eines vollendeten Urtheils geht bei mir nicht nur auf die Composition, sondern auf Alles, und ich müßte zu meinem Unglück weniger hohe Begriffe[1] von dem haben, was die Kritik[2] eigentlich leisten kann und soll, wenn es anders wäre. ➢ Volltext.
[87] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 190 f. (191): Auf den obern Stufen der Objektität des Willens sehn wir die Individualität bedeutend hervortreten, besonders beim Menschen[1], als die große Verschiedenheit individueller Karaktere[2], d. h. als vollständige Persönlichkeit, schon äußerlich ausgedrückt durch stark gezeichnete individuelle Physiognomie, welche die gesammte Korporisation mitbegreift. Diese Individualität hat bei weitem in solchem Grade kein Thier[1]; sondern nur die vollkommensten Thiere[1] haben einen schwachen Anstrich davon, über den jedoch der Gattungskarakter noch ganz und gar vorherrscht, ebendeshalb auch nur wenig Individualphysiognomie. Je weiter abwärts, desto mehr verliert sich jede Spur von Individualkarakter in den allgemeinen der Spe〈191〉cies, deren Physiognomie auch allein übrig bleibt. Man kennt den psychologischen Karakter[1] der Gattung, und weiß daraus genau, was vom Individuo zu erwarten steht; da hingegen in der Menschenspecies jedes Individuum für sich studirt und ergründet seyn will, was, um mit einiger Sicherheit sein Verfahren zum voraus zu bestimmen, wegen der erst mit der Vernunft[1] eingetretenen Möglichkeit der Verstellung, von der größten Schwierigkeit ist. ➢ Volltext.
[88] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 166: Herr von Beeke [...] gehört nicht nur unter die besten Flügelspieler, sondern auch unter die vorzüglichsten und originalsten[1] Componisten. Seine Hand ist klein und brillant; sein Vortrag deutlich und rund; seine Phantasie[1] reich und glänzend, und – was ihn am meisten ehrt, seine ganze Spielart selbst geschaffen. Er hat im Clavier eine Schule gebildet, die man die Beekische nennt. Der Charakter dieser Schule ist: eigenthümlicher Fingersatz, [...] deutlicher Vortrag, spielender Witz[4] in den Passagen, und sonderlich ein herrlicher Pralltriller. In diesem Style sind auch Beekes Clavierstücke geschrieben..
[89] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 238: Aus dieser skizzirten Geschichte[2] der deutschen Musik[1] muß auch dem Nichtkenner der Gedanke einleuchten: daß musikalischer[1] Geist[21] zu den Hauptzügen des deutschen Charakters gehöre..
[90] Spazier, Vorber. Dittersd. (1801), 10: [Der Herausgeber] hat sich hin und wieder Freiheiten[9] nehmen müssen; aber sie waren schlechterdings notwendig, weil, was ein kränkelndes Alter der Jugend mit aller Redseligkeit vorplaudert, sehr leicht dem Publikum[3] zuwider werden und das Hauptinteresse einer Erzählung schwächen muß. Dem Ganzen ist dadurch nicht das Geringste von seinem Werte und seinem eigentümlichen Charakter entzogen worden, um so weniger, da wohl niemand mehr als der Herausgeber überzeugt sein kann, daß man den Nachlaß eines Schriftstellers ebenso sehr als dessen Produkte bei seinen Lebzeiten in ihrem Wesentlichen unverfälscht lassen müsse. Das Vergnügen, welches sich aus der Lektüre einer romantischern[1] Komposition schöpfen läßt, macht gewiß nicht die verletzte Pflicht wieder gut, jeden nach seiner Weise reden zu lassen..
[91] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 488: Die Glieder sind für die Gesimse beynahe, was die Buchstaben[1] für die Wörter[1] sind: und wie aus wenig Buchstaben[1] eine unzählbare Menge von Wörtern[1] kann zusammengesetzt werden, so entstehet aus der verschiedenen Zusammensetzung der Glieder eine große Mannigfaltigkeit der Gesimse, Füße und Kränze, wodurch so wol die verschiedenen Ordnungen sich von einander unterscheiden, als auch die Gebäude überhaupt ihren Charakter des Reichthums oder der Einfalt bekommen..
[92] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 989: Unsere Dichter haben sich angewöhnt der Romanze einen scherzhaften Ton zu geben und sie ironisch[1] zu machen. Mich dünkt, daß dieses dem wahren Charakter der Romanze gerad entgegen sey..
[93] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 1041: Unter einer Nation[1], die schon zu Empfindungen der wahren Ehre und zu einem gewissen Adel[5] des Charakters gelanget ist, ist das Gepräg der Niederträchtigkeit, das man bisweilen tief in die Physionomie eingedrükt sieht, etwas sehr häßliches[1] [...]..
[94] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Juli/Anf. Aug. 1793), VL 2, 257: Wir kamen nach Holfeld, einem kleinen bambergischen Städchen, [...] dann [...] über ein paar Dörfer und durch einen sehr angenehmen Wald, allenthalben herrscht hier Fröhlichkeit und Thätigkeit, [...] alle Leute sind gesund und munter. – Soviel man nehmlich den Charakter eines Volks[3] im Vorbeigallopiren bemerken kann, denn es ist leicht möglich, daß eben so viele, oder noch mehrere krank und verdrießlich waren, viele unthätig [...]..
[95] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 279: Der Weg hinter Berneck blieb fast immer gleich romantisch[3], nur wird die Gegend immer sanfter, ihr Charakter wird immer mehr reizend, je mehr man sich von Berneck entfernt [...]..
[96] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: Diese grosse Allgemeinheit und Freiheit[1] ist vielleicht der Character der Deutschen Sprache[3], [...] sie geht immer wieder in ihre alte[5] Wurzel zurück und erinnert sich ihres ehemaligen Geistes[12]..
[2] Arndt, Erinn. (1840), 311: Der Charakter [sc. der Kölner] hat im ganzen das Niederdeutsche, Ruhigkeit und satirisch-ironische[3] Selbstbespiegelung, und in dieser Spiegelung ein gar heiterer[5] und lustiger Widerschein der Personen und Sachen, jedoch viel lebendiger als bei dem westlicheren Holländer; eine große Gutmütigkeit bei tüchtiger Derbheit und Gradheit [...]: alles dies mit einem eigentümlichen Witz[1] und Humor[3] übergossen, den man nicht beschreiben kann, sondern der schlechtweg der kölnische heißen muß. .
[3] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 112: Sprachen[3] lernen, ist mit dem Geist[19] der aufregendsten Tanzmusik folgend, sich behagen in harmonischen Beugungen und zierlichen kecken labyrintischen Tänzen, und dies electrisirt den Geist[19] wie die Tanzmusik Deine Sinne[4] electrisirt. In der Sprache[3] aber vermählen sich die Sinne[4] wirklich mit dem Geist[19], und aus dieser Verbin〈112〉dung erzeugt sich denn, was die Völker[1] mit Erstaunen als ihr höchstes Kleinod lieben und erheben, und wodurch sie sich erhaben fühlen über andre Völker[1], was den Charakter ausspricht ihrer Nationalität, nämlich der Dichter.
➢ Volltext
.[4] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 110: Aus mehreren Stämmen bildet sich, nach Anleitung von einzelnen, äußeren Umständen, ein Staat; die nachbarlichen Stämme mit ihren im Ganzen ähnlichen Sprachen[3] schmelzen zu einem Volke[1] zusammen; es entsteht Volkssprache, welche einen allgemeinen und noch festern Charakter bekommt. Allein diese Stämme vereinigen sich 〈111〉 anfangs nur durch ein sehr lockeres Band, und die einzelnen Stammsprachen bleiben daher noch lange Zeit von einander getrennt, und erhalten blos eine allgemeine Aehnlichkeit. Diese allgemeine Aehnlichkeit ist nun die eigentliche Landessprache, und die übrigen Stammsprachen erscheinen in Hinsicht auf diese als Dialekte[1]. Nun ist aber ein doppelter Fall denkbar; entweder dies Band zwischen den Stämmen bleibt so locker, als es anfangs war, und jeder kultivirt sich für sich, dann wird die jedesmalige Provinz, in welcher die Kultur[4] wohnt, ihren Dialekt[1] zur Hauptsprache erheben, und temporell die Sprachen[4] der andern Stämme als abweichend und weniger gebildet herabsetzen; oder die Stämme nähern sich einander bis zur Vermischung, dann entsteht eine Hauptsprache, welche die andern, durch zufällige Umstände, sich neben der Hauptsprache erhaltenden Dialekte[1], würklich als fehlerhaft und provinziell, wenigstens für die schriftliche Darstellung, verwirft. Griechenland liefert Beispiele zu beiden, in der anfänglichen Trennung in einzelne Stämme und Dialekte[1], und der spätern Reception des attischen Dialekts[1] als klassisch[4]. ➢ Volltext.
[5] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 286: Die Vocale stellten, die durch eine Substanz veranlaßte Wirkung dar, sie waren das Bewirkte. Es fehlt also bis jetzt in der Sprache[1] an Elementen, welche das Wirkende, die Substanz selbst, das Räumliche darstellen. Diejenige Classe von Buchstaben[7], welche dieses ausdrückt, heißt: Consonanten, und da diese den vollkommensten Gegensatz zu den Vocalen machen: so folgt, daß sie auch einen denselben ganz entgegengesetzten Charakter annehmen müssen. Da die Würkung auf dem Gesichtspunkt der Erfahrung, als ein Leiden, und etwas unthätiges erscheint: so bestand die Aussprache der Vocale, aus einer, der an sich möglichen höchsten Thätigkeit der Sprachorgane entgegengesetzten, welche also relativ als Ruhe erscheint. Die Vocale waren daher nichts, als das durch die ruhende Oeffnung des Mundes modificirte Ausathmen. ➢ Volltext.
[6] A. F. Bernhardi, Anfangsgr. d. Sprw. (1805), 45: Aus der Familie wird ein Stamm, der Ansichten, Bedürfnisse, Gegenstände, Veranlassungen werden mehrere, die Sprache[3] selbst bildet sich aus, erhält durch den Gebrauch einen festern, allgemeinern Charakter. Diese Sprachen[3] einzelner Stämme verschwinden späterhin in der Volkssprache und erhalten sich nur als Gegensatz derselben, in manchen Formen und Wendungen, sie erhalten den Namen der Dialekte[1]. | [...] Aus mehreren Stämmen entsteht ein Staat und mit ihm eine Landes- oder Volkssprache, welcher aber immer ein Dialekt[1], der des gebildetsten Stammes zum Grunde liegt, oder auch wenn die Bildung wechselt, mehrerer Stämme. | In dieser Volkssprache erhalten sich die Dialekte[1], bald als fehlerhafte Formen, bald als zwar gebildete aber veraltete Sprachdarstellungen..
[7] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 138: Ueberhaupt ist Originalität, auch in sittlicher Hinsicht, ein Hauptzug des Englischen Charakters; und sie scheint eben so sehr eine Folge der Englischen Freiheitsliebe als der Liebe zum Sonderbaren zu sein. Hierbei ist der Engländer offen, leidenschaftlich, standhaft, vorzüglich aber eingenommen für seine Nation[1] und wider alle Fremden[1]..
[8] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 280: Bei diesen empfindlichen Kränkungen und Bedrückungen, welche die Juden[1] noch nicht einmahl gegen öffentliche Mißhandlungen und Beschimpfungen sicherten, war es kein Wunder, daß ihr Charakter immer mehr verdorben und ihre Sitten immer schlechter wurden. Da ihnen unter allen Nahrungszweigen der bürgerlichen Betriebsamkeit bloß der Handel übrig blieb, so zogen sie diesen im Mittelalter 〈281〉 größten Theils ausschließend an sich, und rächten sich an den Christen durch einen unmäßigen Wucher und durch die Erhebung übertriebener Zinsen..
[9] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 34: [D]ie röm.[ische] Schule schreibt ihren Ursprung aus den frühesten Zeiten[3] der Kunst[4] her [...]. Ihr Hauptsitz war Perugia im Kirchenstaate, wo es schon im 13. Jahrh.[undert] eine Malerzunft gab, und ihr auszeichnender Charakter, den ungekünstelte Natur[19], Adel[5] der Form und einfache Frömmigkeit ausmachen, wurde besonders von Pietro Vanucci, von seinem Geburtsorte Perugino genannt, 1446–1524, vorbereitet..
[10] G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 663: Ich weiß nicht, war es diese zufällige Scene der Geschäftigkeit, oder lag es vielmehr wirklich im Charakter der Flammänder, daß wir uns gleich auf den ersten Blick einen günstigeren Begriff[1] von ihnen als von ihren Brabantischen Nachbarn abstrahirten. [...] Eine Spur von Seelenadel konnte wirklich den Flammändern ihre freiere[6] Verfassung aufbewahrt haben. In der Versammlung ihrer Stände sind der Geistlichkeit zwei, dem Adel[2] zwei, den Städten drei, und dem platten Lande ebenfalls drei Stimmen[7] zugetheilt; dergestalt, daß der dritte Stand allemal sicher auf die Mehrheit rechnen kann, sobald es ihm ein Ernst ist, sich dem aristokratischen Einfluß zu entziehen..
[11] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III f. (IV): Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung[1] der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. Die gleichzeitige Reformazion war dabei gewiß auch nicht ohne Einfluß: so wie dagegen der Katholizismus der Poesie[3] so günstig gewesen war. Zwar ist die frühe Einwirkung eben dieser Religion und einer fremden[1] Sprache[3] 〈IV〉 und Schrift wieder störend für die eigenthümliche Entwickelung der Deutschen Nazionalpoesie gewesen, hat dieselbe frühe zu frommen oder bloß gelehrten Zwecken verarbeitet, und besonders durch Übersetzung religiöser und klassischer[7] Schriften, zugleich eine breite Prosa[1] neben ihr erzeugt: durch welches alles auch die die [sic] Deutsche Poesie[3] den Karakter der romantischen[1] an sich trägt, und sich das eigenthümliche Streben dieser zum prosaischen[1] Roman[1] kund giebt. Dennoch ist die Poesie[3] hauptsächlicher Ausdruck dieser ganzen Zeit[3], und zwar, wie es uns scheint, der eigenthümlichste für Deutschland, indem nicht nur die alte Volkspoesie sich trefflich ausbildete, sondern auch die fremden[1] Romane[1] und religiösen Dichtungen kräftig angeeignet wurden, um so eher, da ihr Geist[12] ursprünglich von hier ausging oder doch verwandt war. So ist denn auch in dieser ganzen Periode eine vollständige poetische[5] Entwickelung sichtbar, und die in der älteren Zeit[3] häufigere Prosa[1], verliert sich in der eigentlichen Blüthezeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts immer mehr, und selbst die Bibel und Kroniken erscheinen in Reimen.
➢ Volltext
.[12] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), V: [D]ie beiden folgenden Verjüngungen der Poesie[1] im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, haben, besonders durch die Einwirkung des Klassischen[7] und Ausländischen überhaupt, unter Begünstigung der neuen Lehre [sc. des Protestantismus] und deren Verbreitung durch den Druck, einen ganz anderen Karakter. ➢ Volltext.
[13] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 26: [A]uch das Karrikierte kann charakteristisch[2] seyn; allein es ist dagegen sogleich zu sagen, daß in der Karrikatur der bestimmte Charakter zur Uebertreibung gesteigert, und gleichsam ein Ueberfluß des Charakteristischen[2] ist. Der Ueberfluß ist aber nicht mehr das eigentlich zum Charakteristischen[2] Erforderliche, sondern eine lästige Wiederholung, wodurch das Charakteristische[2] selbst kann denaturirt werden. Zudem zeigt sich das Karrikaturmäßige ferner als die Charakteristik des Häßlichen[1], das allerdings ein Verzerren ist. Das Häßliche[1] seiner Seits bezieht sich näher auf den Inhalt, so daß gesagt werden kann, daß mit dem Prinzip des Charakteristischen[2] auch das Häßliche[1] und die Darstellung des Häßlichen[1] als Grundbestimmung angenommen sey. ➢ Volltext.
[14] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 89 f. (90): Solger war nicht [...] mit oberflächlicher philosophischer Bildung[6] zufrieden, sondern sein ächt spekulatives innerstes Bedürfniß drängte ihn in die Tiefe der philosophischen Idee hinabzusteigen. Hier kam er auf das dialektische Moment der Idee, auf den Punkt, den ich „unendliche absolute Negativität“ nenne, auf die Thätigkeit der Idee, sich als das Unendliche und Allgemeine zu negiren zur Endlichkeit 〈90〉 und Besonderheit, und diese Negation ebenso sehr wieder aufzuheben, und somit das Allgemeine und Unendliche im Endlichen und Besondern wieder herzustellen. An dieser Negativität hielt Solger fest, und allerdings ist sie ein Moment in der spekulativen Idee, doch als diese bloße dialektische Unruhe und Auflösung des Unendlichen wie des Endlichen gefaßt, auch nur ein Moment, nicht aber, wie Solger es will, die ganze Idee. Solger's Leben ist leider zu frühe abgebrochen, als daß er hätte zur konkreten Ausführung der philosophischen Idee kommen können. So ist er bei dieser Seite der Negativität, die mit dem ironischen[3] Auflösen des Bestimmten wie des in sich Substantiellen Verwandtschaft hat, und in welcher er auch das Princip der Kunstthätigkeit erblickte, stehen geblieben. Doch in der Wirklichkeit seines Lebens war er bei der Festigkeit, dem Ernst und der Tüchtigkeit seines Charakters, weder selber in der obengeschilderten Weise ein ironischer[3] Künstler, noch sein tiefer Sinn[5] für wahrhafte Kunstwerke[2], den das dauernde Studium der Kunst[10] groß gezogen hatte, in dieser Beziehung von ironischer[3] Natur[1]. Soviel zur Rechtfertigung Solgers, der es in Rücksicht auf Leben, Philosophie und Kunst[17] verdient von den bisher bezeichneten Aposteln der Ironie[3] unterschieden zu werden. ➢ Volltext.
[15] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 202: Wir können [...] die heitere[4] Ruhe und Seligkeit, dieß Sichselbstgenügen in der eigenen Beschlossenheit und Befriedigung als den Grundzug des Ideals an die Spitze stellen. Die ideale Kunstgestalt steht wie ein seliger Gott[4] vor uns da. Den seligen Göttern[4] nämlich ist es mit der Noth, dem Zorn und Intresse in endlichen Kreisen und Zwecken kein letzter Ernst, und dieses positive Zurückgenommenseyn in sich bei der Negativität alles Besonderen giebt ihnen den Zug der Heiterkeit[3] und Stille. In diesem Sinne[1] gilt das Wort[2] Schillers: „Ernst ist das Leben, heiter[4] ist die Kunst[2].“ Zwar ist häufig genug pedantisch hierüber gewitzelt worden, da die Kunst[2] überhaupt und vornehmlich Schillers eigene Poesie[11] von der ernstesten Art sey, – wie denn die ideale Kunst[2] auch in der That des Ernstes nicht entbehrt, – aber in dem Ernste eben bleibt die Heiterkeit[3] in sich selbst ihr wesentlicher Charakter. Diese Kraft der Individualität, dieser Triumph der in sich koncentrirten konkreten Freiheit[10] ist es, den wir besonders in antiken[2] Kunstwerken[2] in der heiteren[4] Ruhe ihrer Gestalten erkennen. ➢ Volltext.
[16] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[17] Heine, Romant. Schule (1836), 19: Die Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] in allen diesen Gedichten des Mittelalters trägt einen bestimmten Charakter, wodurch sie sich von der Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] der Griechen und Römer unterscheidet. In Betreff dieses Unterschieds nennen wir erstere die romantische[[[[[BedeutungsVerweis ID='923' Anzeige='4' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]] und letztere die klassische[[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='27' Anzeige='7' Formatierung='1']]]] Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]]. Diese Benennungen aber sind nur unsichere Rubriken und führten bisher zu den unerquicklichsten Verwirrnissen, die noch gesteigert wurden, wenn man die antique[[[[BedeutungsVerweis ID='186' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] statt klassisch[[[[BedeutungsVerweis ID='24' Anzeige='5' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='27' Anzeige='7' Formatierung='1']]]] auch plastisch[[[[BedeutungsVerweis ID='546' Anzeige='3' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='605' Anzeige='4' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='606' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] nannte. ➢ Volltext.
[18] Heine, Romant. Schule (1836), 21: Wenn Homer die Rüstung eines Helden schildert, so ist es eben nichts anders als eine gute Rüstung, die so und so viel Ochsen werth ist; wenn aber ein Mönch des Mittelalters in seinem Gedichte die Röcke der Muttergottes beschreibt, so kann man sich darauf verlassen, daß er sich unter diesen Röcken eben so viele verschiedene Tugenden denkt, daß ein besonderer Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='130' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] verborgen ist unter diesen heiligen Bedeckungen der unbefleckten Jungfrauschaft Mariä, welche auch, da ihr Sohn der Mandelkern ist, ganz vernünftigerweise als Mandelblüthe besungen wird. Das ist nun der Charakter der mittelalterlichen Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]], die wir die romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] nennen. | 〈22〉 Die klassische[[[[BedeutungsVerweis ID='27' Anzeige='7' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='25' Anzeige='6' Formatierung='1']]]] Kunst[[[[BedeutungsVerweis ID='351' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] hatte nur das Endliche darzustellen, und ihre Gestalten konnten identisch seyn mit der Idee des Künstlers. Die romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Kunst[[[[BedeutungsVerweis ID='351' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] hatte das Unendliche und lauter spiritualistische Beziehungen darzustellen oder vielmehr anzudeuten, und sie nahm ihre Zuflucht zu einem System tradizioneller Symbole, oder vielmehr zum Parabolischen, wie schon Christus selbst seine spiritualistischen Ideen durch allerley schöne Parabeln deutlich zu machen suchte. Daher das Mystische, Räthselhafte, Wunderbare und Ueberschwengliche in den Kunstwerken[[[[BedeutungsVerweis ID='146' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] des Mittelalters; die Phantasie[[[[BedeutungsVerweis ID='298' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] macht ihre entsetzlichsten Anstrengungen das Reingeistige durch sinnliche Bilder darzustellen, und sie erfindet die kolossalsten Tollheiten, sie stülpt den Pelion auf den Ossa, den Parcival auf den Titurel, um den Himmel zu erreichen. ➢ Volltext.
[19] Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 186: Die Liebe des Romantischen[7] im weiblichen[1] Charakter ist [...] eine wohlthätige Gabe der Natur[2], Balsam für sie und belohnende Aufmunterung des Mannes: denn der schönste[6] Kranz des Jünglings war immer die Liebe der Jungfrau..
[20] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 152: Da also einmal die griechische[2] Cultur[4] von Mythologie, Dichtkunst und Musik[1] ausging: so ists nicht zu verwundern, daß der Geschmack daran ein Hauptstrich ihres Charakters geblieben, der auch ihre ernsthaftesten Schriften und Anstalten bezeichnet. Unsern Sitten ists fremde[4], daß die Griechen von der Musik[1] als dem Hauptstück der Erziehung reden, daß sie solche als ein großes Werkzeug des Staats behandeln und dem Verfall derselben die wichtigsten Folgen zuschreiben. .
[21] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 294 f. (295): Jedermann weiß, [...] wie theuer z. B. Sicilien des Cicero Rede gegen den Verres, wie theuer Rom und ihm selbst seine Reden gegen Catilina, seine Angriffe auf den Antonius gewesen u. f. Damit eine Perle gerettet würde, 〈295〉 mußte also ein Schiff untergehen, und tausend Lebendige kamen um, blos damit auf ihrer Asche einige Blumen wüchsen, die auch der Wind zerstäubet. Um eine Aeneis des Virgils, um die ruhige Muse eines Horaz und seine urbanen Briefe[3] zu erkaufen, mußten Ströme von Römerblut vorher vergossen, zahllose Völker[1] und Reiche unterdrückt werden; waren diese schönen[6] Früchte eines erpreßten Goldnen Alters solches Aufwandes werth? Mit dem Römischen Rechte ists nicht anders; denn wem ist unbekannt, welche Drangsale die Völker[1] dadurch erlitten, wie manche menschlichere Einrichtung der verschiedensten Länder dadurch zerstört worden? Fremde[1] Völker[1] wurden nach Sitten gerichtet, die sie nicht kannten; sie wurden mit Lastern und ihren Strafen vertraut, von welchen sie nie gehört hatten; ja endlich der ganze Gang dieser Gesetzgebung, der sich nur zur Verfassung Roms schickte, hat er nicht nach tausend Unterdrückungen den Charakter aller überwundenen Nationen[1] so verlöscht: so verderbet, daß, statt des eigenthümlichen Gepräges derselben, zuletzt allenthalben nur der römische Adler erscheint, der nach ausgehackten Augen und verzehrten Eingeweiden traurige Leichname von Provinzen mit schwachen Flügeln deckte. Auch die lateinische Sprache[3] gewann nichts durch die überwundnen Völker[1], und diese gewannen nichts durch jene. Sie ward verderbt und zuletzt ein Romanisches[1] Gemisch nicht nur in den Provinzen, sondern in Rom selbst..
[22] Herder, Bef. d. Hum. IX (1797), 12: Als aus der alten[1] Romanischen[1] Sprache[3] die Französische sich mit ihren Schwestern, der Italiänischen, Castilianischen, Gallicischen u. f. bildete, zeigte sich bald ihr Charakter..
[23] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 261: Edel [...] bezeichnet die Größe, Vorzüglichkeit oder Erhabenheit des Charakters oder der Gesinnung. Man sagt von einem Menschen[1], der sich durch diese Eigenschaften auszeichnet: sein Wesen ist edel..
[24] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 222: Namentlich an der französischen Gesangmethode, die so nahe an Declamation grenzt, sieht man, wie ungern dieses Volk[1] zu sprechen aufhört, und sich zum Singen entschließt. Durch seinen recitirenden Charakter tritt der französische Gesang am meisten dem italienischen entgegen. Selbst die Sprache[3] mit ihren verschluckten Endsylben und dem tonlosen Flüstern zeigt sich der Musik feindlich..
[25] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. X (1838), 115 f. (116): Hier einige allgemeine Bemerkungen über die Thiere[2]. Das Hauptmerkmal derselben ist eine mit Empfindung verbundene Bewegung, entweder nur einzelner Theile, wie bei den Polypen, oder des ganzen Körpers; sodann eine Oeffnung am Haupte oder am vordern Ende des Körpers, die zu einem Schlauche führt, in welchen sie mittelst willkührlicher 〈116〉 Bewegung ihre Nahrungsmittel bringen. Mit den Pflanzen[1] gemein haben sie den kunstvollen, innern Zusammenhang von Gefäßen, Schläuchen und andern Organen[2] oder Werkzeugen, durch welche ihre Ernährung, ihr Wachsthum und ihre Fortpflanzung bewirkt wird, – den Organismus[3]. Jedes ihrer Organe[2] aber hat ein Leben oder eine ursprüngliche Lebenskraft für sich. Die verschiedenen thierischen Thätigkeiten oder Funktionen, welche im Innern des thierischen Körpers durch die zusammenwirkende Kraft der Organe[2] entstehen, sind die Verdauungs-, Athmungs-, Empfindungs- und Fortpflanzungsthätigkeit. Der Charakter des Thieres[2] ist vorzüglich in seiner freien[5] Bewegung ausgedrückt, welche durch Muskelfasern, Bänder etc. und Nerven vermittelt wird..
[26] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 53: Nach dem Charakter der Gebüsche richtet sich auch die Kunst[2] der Pflanzung. Eine Wildniß, ein Labyrinth wird ohne Ordnung und Verbindung hingeworfen. Eine melancholische Scene wird dicht, ohne dem Lichte eine andere als nur schwache Einwirkung zu verstatten, zusammengehäuft. Ein fröhliches Revier hat viel offene Plätze und luftige Zwischenräume; und ein romantisches[3/4] lauter seltsame Entgegenstellungen der Formen der Bäume, und der Farben des Laubwerks. ➢ Volltext.
[27] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 67] (1810), 632: Haydn und Mozart, die Schöpfer der neuern[3] Instrumental-Musik, zeigten uns zuerst die Kunst[8] in ihrer vollen Glorie; wer sie da mit voller Liebe anschaute und eindrang in ihr innigstes Wesen, ist – Beethoven. Die Instrumental-Compositionen aller drey Meister athmen einen gleichen romantischen[8] Geist[12], welches eben in dem gleichen innigen Ergreifen des eigenthümlichen Wesens der Kunst[8] liegt; der Charakter ihrer Compositionen unterscheidet sich jedoch merklich. ➢ Volltext.
[28] Th. Huber, Holland (1811), 397 f. (398): Wie ich bei Kostheim über den Rhein setzte, hielten mich die Fährleute sehr lange auf, indeß ich mit der Schildwache sprach [...]. Der Mensch beantwortete mir mehrere Fragen über die Belagerung von Mainz, bei der er gedient hatte [...]. – Die Herren sind etwas langsam, sagte ich endlich auf die Fährleute zeigend, die, ihre kurzen Pfeifen im Munde, unerschütterlich fortkrochen. „Das sind Deutsche, Madame, 〈398〉 sie werden noch ganz andere Sachen sehen, wenn sie weiter in das Land hinein kommen.“ Ich glaube, ich ward roth, und wäre es nicht meiner Natur[1] zuwider gewesen, so wäre ich jetzt, da die Fähre endlich ans Ufer stieß, langsam in meinen Wagen eingestiegen, um meinen Nationalkarakter trotzig zu beweisen.
➢ Volltext
.[29] Chr. W. Hufeland, Makrobiot. II (31805), 132: Man ist jetzt so ganz in den Geschmack der Ritterzeiten gekommen, daß sogar alle Romane diese Form annehmen müssen, wenn sie gefallen sollen, und man kann nicht aufhören, die Denk- und Handlungsweise, das Edle, Große und Entschloßne dieser Teutschen Männer zu bewundern. [...] Das, wodurch jene den Muth, die Leibes- und Seelenkraft, den festen, treuen und entschloßnen Karacter, genug, alles das erhielten, was sie zu wahren Männern im ganzen Sinne des Worts macht, war vorzüglich ihre strenge Enthaltsamkeit und Schonung ihrer physischen Mannskraft. Die Jugend dieser Männer war großen Unternehmungen und Thaten, nicht Wollüsten und Genüssen geweiht, der physische Geschlechtstrieb wurde nicht zum thierischen Genuß erniedrigt, sondern in eine moralische Anrei〈133〉zung zu großen und kühnen Unternehmungen veredelt. Ein jeder trug im Herzen das Bild seiner Geliebten, sie mochte nun wirklich oder idealisch seyn, und diese romantische[7] Liebe, diese unverbrüchliche Treue, war das Schild seiner Enthaltsamkeit und Tugend, befestigte seine Körperkraft und gab seiner Seele Muth und ausharrende Dauer, durch die beständige Aussicht auf den ihm in der Ferne zuwinkenden Minnesold, der nur erst durch große Thaten errungen werden könnte..
[30] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 63: In den Provinzen von Neu-Spanien, welche zu der Tropen-Region gehören, trägt alles, Boden, Clima[1] und Pflanzenwuchs gleichsam den Charakter der gemäßigten Zone..
[31] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 172 f. (173): Der ausgezeichnetste Geometer, welchen Neu-Spanien seit Siguenza's Epoche gehabt hat, war Don Joacquin Velasquez Cardenas y Leon. Alle astronomischen und geode〈173〉tischen Operationen dieses unermüdlichen Gelehrten tragen den Character der größten Genauigkeit. Er war den 21sten Juli 1732 im Innern des Landes, auf dem Maierhof Santiago Acebedocla, in der Nähe des indianischen Dorfs Tizicapan, geboren, und bildete sich, so zu sagen, ganz allein. In seinem vierten Jahr theilte[1 er seinem Vater die Pocken mit1], der daran starb, daher sein Oheim, welcher Pfarrer von Xaltocan war, seine Erziehung übernahm, und ihn durch einen Indianer, Namens Manuel Asentzio, einen Mann von viel natürlichem[2] Verstand[4] und tiefen Kenntnissen in der mexicanischen Geschichte[3] und Mythologie, unterrichten ließ. Velasquez lernte in Xaltocan mehrere indianische Sprachen[3] nebst dem Gebrauch der aztekischen Hieroglyphenschrift, und es ist sehr zu bedauern, daß er nichts über diesen merkwürdigen Zweig des Alterthums[2] bekannt gemacht hat..
[32] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 279: 3., muss man am längsten nicht allein bei den Perioden verweilen, in welchen die Griechen am schönsten[1] und gebildetsten waren, sondern auch gerade im Gegentheil ganz vorzüglich bei den ersten und frühesten. Denn in diesen liegen eigentlich die Keime des wahren Griechischen[2] Charakters; und es ist leichter und interessanter[1] in der Folge zu sehen, wie er nach und nach sich verändert, und endlich ausartet. [...] Die Hülfsmittel zu diesem Studium und insbesondre in der hier entwikkelten Absicht sind vorzüglich folgende: [...] unmittelbare Bearbeitung der Quellen selbst durch Kritik[3] und Interpretation. Diese verdient natürlich[4] die erste Stelle. .
[33] W. v. Humboldt, Charakt. d. Grch. (*?1807), GS I, 7.2, 615: Da in der Bildhauerei die Gestalt, in der Musik das Gefühl herrscht, so ist der allgemeine Charakter des Antiken[2] das Classische[6], der des Modernen[1] das Romantische[8], von welchen beiden jenes von der Brust aus die Welt, dieses von der Welt aus die Brust zur Unendlichkeit zu erweitern versucht. | Das Classische[6] lebt in dem Lichte der Anschauung, knüpft das Individuum an die Gattung, die Gattung an das Universum an, sucht das Absolute in der Totalität der Welt, und ebnet den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, in der Idee des Schicksals durch allgemeines Gleichgewicht. | Das Romantische[8] verweilt vorzugsweise im Helldunkel des Gefühls, trennt das Individuum von der Gattung, die Gattung vom Universum, ringt nach dem Absoluten in der Tiefe des Ichs, und kennt für den Widerstreit, in dem das Einzelne mit ihm steht, keinen Ausweg, als entweder verzweiflungsvolles Aufgeben aller Ausgleichung, oder vollkommene Lösung, in der Idee der Gnade und Versöhnung durch Wunder..
[34] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 121: Ursprung und Karakter der ganzen neuern[3] Poesie[11] läßt sich so leicht aus dem Christenthum ableiten, daß man die romantische[12] ebensogut die christliche nennen könnte..
[35] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 124: Half nicht vielleicht der unbestimmte romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Karakter der Musik[[[[BedeutungsVerweis ID='591' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] es mit erzeugen, daß gerade die nebligen Niederlande viel früher große Komponisten bekamen als das heitere[[[[BedeutungsVerweis ID='223' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] helle Italien, das lieber die Schärfe der Malerei[[[[BedeutungsVerweis ID='668' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] erwählte, so wie aus demselben Grunde jene mehr in der unbestimmten Landschaftmalerei idealisirten und die Welschen mehr in der bestimmten Menschengestalt?.
[36] Krünitz, Oecon. Encycl. XXXI (1784), 117: Was den Character der Italiäner überhaupt betrifft, so ist die Grundlage desselben: die leichte Entzündbarkeit und große Lebhaftigkeit ihrer Einbildungs-Kraft[1]; eine natürliche[4] Folge ihres milden Klima[1] welches nur in einigen Gegenden einen strengen Winter verstattet, in allen aber den herrlichsten Frühling und einen heißen Sommer gewährt. Mit denselben verbindet sich Lebensart, Erziehung, Religion[1], die Phantasie[1] immer wirksamer zu machen; und wenn diese einmahl erweckt ist, so verbreitet sie wieder einen Rückstrahl in eben die Fächer, von denen sie ausgegangen ist, und gibt jenen Sitten und jener Religion[1] ihre ganz individuelle Bildung[10]. Die katholische Religion[1] z. B. beschäftiget überall die Einbildungskraft[1] mehr, als andere kirchliche Systeme und Verfassungen. Ist nun der Katholicismus in Italien seiner Quelle am nächsten, und wird er daselbst am eifrigsten gehäget, so kann er allerdings für eine mitwirkende Ursache der Reitzbarkeit der italiänischen Phantasie[1] angesehen werden..
[37] Krünitz, Oecon. Encycl. LX (1793), 74: Norwegen hat viele erhabene[3] und romantische[3/4] Gegenden, die sich hin und wieder dem Charakter der helvetischen Landschaften nähern. [...] Schweden hat nicht allein das Erhabene[3] der Meer-Prospecte, sondern auch das Romantische[3/4] der Felsen, der Berge, der Wasser-Fälle und Ströhme, welche Gegenden von der stärksten Ueberraschung bilden..
[38] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 479: Zum Charakter des romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Stiles gehört alles das, was Erstaunen, Bewunderung, Grausen, Furcht und Entsetzen erweckt. Schrecken, Wildheit und Größe sind seine unterscheidende Züge. Ein melancholischer Einsiedler, ein Verzweifelnder, Straßenräuber, ein ermordeter Wanderer, wehrlose Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] von stärkern und reissenden Thieren[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] verfolgt oder zerrissen, Ueberschwemmung, Verwüstung, zerrissene Brücken, fürchterliche Wildniß, See-Sturm, Feuersbrunft, gehören dazu. Arkadische Schäfer, Haus-Vieh, sanft fließender Bach, ländliche Lustbarkeiten, bewohnte Gebäude, würden diesem Charakter widersprechen..
[39] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714: Die Gegenstände, welche den romantischen[3/4] Charakter im höchsten Grade an sich tragen und die der Land〈715〉schaftsmaler mit dem ihm eigenen Zauber auf der Leinwand etc. dazustellen versuchen muß, sind: graue Felsmassen, die sich in der Ferne aus einer üppigen unbeschornen Vegetation zu des Himmels Azur erheben; ein stürmischer See, der seine Wellen mit Ungestüm empor treibt und über dem gewitterschwangere Wolken sich ihres Feuerstoffs entladen; oder ein See, der sich ruhig zwischen grünen Schilfmassen und prächtigen Wiesen dahin schlänget und über den in der Entfernung Städte und Dörfer aus grüner Umgebung ihre Zinnen und Thürme im vergoldeten Morgen- und Abendglanz emporheben. Hierzu geselle sich nun ein Fischer mit seinem Netze am See, oder ein Schäfer mit seiner Heerde und seinem Hunde auf dem grünen Teppich der Wiese; auch eine alte[11] Ritterburg, einsam auf einer Höhe gelegen, wo durch des Fensters Trümmer, im Gegenscheine der untergehenden Sonne, sich des Vollmondes falbes Licht blicken läßt, und über welcher einige Vögel schwärmen etc..
[40] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXIV (1836), 98: Bei der Bearbeitung der Staatengeschichte behauptet die Geschichte[3] des vaterländischen Staates die erste Stelle [...] bei dem Geschichtsforscher, Geschichtsschreiber, Historiker; ehe er sich [...] an die Bearbeitung der Geschichte[3] anderer Staaten macht, muß er zuerst die seines Vaterlandes berüchsichtigen [...]; denn immer wird die Geschichte[3] eines Staates zweckmäßiger bearbeitet werden, wenn ein Inländer oder Eingeborner sich dieser Arbeit mit ganzer Vaterlandsliebe hingiebt; er wird dann gewiß nichts übergehen, was sein Vaterland erheben, und dem Fremden[1], dem Ausländer, Interesse dafür einflößen kann, ohne dadurch dem Charakter der Geschichte[3] zu schaden, sie zu dehnen, und ihr einen Anstrich der Romantik[2] zu geben..
[41] Lichtenberg, Rez. Arch. I (1786), 793 f.: Nach Recensentens Urtheil hat der Verfasser [...] den Gesichtspunkt, aus dem der Charakter dieses 〈794〉 edlen Volks[1] [sc. Engländer] betrachtet werden muß, besser gefaßt, als irgend ein Schriftsteller der ihm noch vorgekommen ist. Der Verf. fürchtet am Ende, nachdem er den Charakter der Nation[1] meisterhaft geschildert hat, man möchte ihn für partheyisch halten, und entschuldigt sich deswegen. (Dieses war gewiß nicht nöthig, jeder unbefangne Mann, der dieses Volk[1] und seine vortrefliche Verfassung kennen gelernt hat, der nicht den Charakter einer Nation[1] aus dem Abschaum derselben oder nach der Aufführung unmündiger Fähndriche beurtheilt, wird ihm mit ganzer Seele beypflichten, und was bekümmert sich ein solcher Schriftsteller um die übrigen?.
[42] Lichtenberg, Rez. Arch. II (1787), 1828 f.: In dem ersten Abschnitt bemüht sich der Verf., die ersten Grundzüge des italiänischen Characters zu zeichnen; des Guten findet er wenig, des Schlimmern viel. Unwissenheit, Mangel an Patriotismus und an Geselligkeit sind die Hauptfehler, die er den Italiänern vorwirft. Den letzten hätten wir am wenigsten erwartet. [...] Es ist überhaupt schwer, über den 〈1829〉 Character einer unter sich selbst so verschiedenen Nation[1], als der italiänischen, im Allgemeinen zu urtheilen. – In den folgenden Abschnitten geht der Verf. die verschiedenen italiänischen Staaten durch und fängt mit Venedig an..
[43] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 226 f. (227): Dieses richtige [...] Gefühl scheint anzudeuten, daß bei aller Verträglichkeit zwischen der politischen Beredsamkeit und der Poesie[1] dennoch die Geschiedenheit zwischen beiden fortdauern müsse und daß die Beredsamkeit grade um so rhetorischer, um so prosaischer[3] werden müsse, je mehr sie sich der Poesie[1/4/5] hingebe und je vertrauter sie werde mit ihr. Sie sehen, daß dieses wunderbare Verhältniß, mit dessen Erörterung sich bis jetzt die Kritik[8] nur selten befaßt hat, unerklärt bleiben würde, wenn ich nicht durch den Lauf dieser Vorlesungen das einzige Gleichnis angewendet hätte, welches in dem ganzen Gebiete der menschlichen 〈227〉 Angelegenheiten dafür vorhanden war, das Verhältniß der beiden Geschlechter. Grade in demselben Maße, als das Bedürfniß des weiblichen Umgangs wächst, tritt der männliche Karakter deutlicher ans Licht: und ich behaupte, daß die wahre Poesie[22] an dem Stil der Staatsschriften, die George Rex unterzeichnet sind und die als unbedingtes erstes Muster dieser Art ausgezeichnet zu werden verdienen, dieselbige Freude hat, die eine ächte Frau[1] in der Betrachtung des wahrhaft männlichen Karakters empfindet..
[44] Novalis, an Chr. F. Brachmann (21. 2. 1796), NS 4, 167: Was ist selbst Freundschaft, ohne verbundene Thätigkeit zu einem Ganzen? Baumaterialien, ohne Bestimmung und Mörtel. Harmonische Wircksamkeit ist Karacter des Lebens. Jezt ist das Leben unsrer Freundschaft nur – Stimme[11] – Echo. Aber ich hoffe, es soll mehr werden. Geduld und Muth muß uns zur andern Natur[1] werden..
[45] Novalis, Verm. Bem. (*1797–98), NS 2, 462, Nr. 105: Halb berauscht kann ein Kunstwerck[2] seyn – Im ganzen Rausche zerfließt das Kunstwerck[2] – Aus dem Menschen[1] wird ein Thier[11] – Der Karacter des Thiers[11/1] ist dythirambisch. Das Thier[11/1] ist ein übersättigtes Leben – die Pflanze[1] ein mangelhaftes Leben. Der Mensch[1] ein freyes[10] Leben..
[46] Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 375 f. (376), Nr. 612: Wer eine Wissenschaft[5] machen kann – muß auch eine Nichtwissenschaft machen können – wer etwas 〈376〉 begreiflich zu machen weis, muß es auch unbegreiflich zu machen wissen – Der Lehrer muß Wissenheit und Unwissenheit hervorzubringen vermögen. | Wenn der Caracter des gegebenen Problems Unauflöslichkeit ist, so lösen wir dasselbe, wenn wir seine Unauflöslichkeit darstellen..
[47] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88, Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[30] mancher Kritiken[2] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon.
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.[48] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88, Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[12] mancher Kritiken[5] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon.
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.[49] Novalis, Tageb. (1800), NS 4, 53: Süße Wehmuth ist der eigentliche Character einer ächten Liebe[1] – das Element der Sehnsucht und Vereinigung..
[50] Ritter, Galvanism. (1798), X: Offen und frey[1] handelt die Natur[2], ihre Werkstätte hat weder Thüren noch Schlösser, Ruhetag hält sie auch nicht, denn rastlose Thätigkeit ist ihr Character..
[51] Scheibe, Musik. Compos. (1773), 15: Wollen sie diesen angeführten Schriften in Ansehung der Kritik[2] meinen kritischen[3] Musikus und [...] die kritischen[3] Briefe[3] über die Tonkunst, die in Berlin heraus gekommen sind, [...] beyfügen: so werden sie vielleicht darinn mancherley kritische[3] Betrachtungen antreffen, die zur Kenntniß der Charaktere verschiedener Musikstücke und Schreibarten nicht eben entbehrlich seyn möchten..
[52] Schelling, Philos. d. Erf. (1798), SW I, 1, 470: Was nicht progressiv[3] ist, ist kein Objekt der Geschichte[4]. | Der Begriff[1] von progressiv[3] aber muß genauer bestimmt werden. Der Mechanismus z. B. ist, obgleich eine Folge von Handlungen in ihm stattfindet, nicht progressiv[3], weil diese Handlungen im Kreise gehen, wo dann jeder solcher Cyklus von Handlungen nur Einer (immer wiederholten) Handlung gleichgerechnet werden kann. – So gibt es aus demselben Grunde auch keine Geschichte[1] der Thiere[1], als nur im uneigentlichsten Sinn. Erstens keine Geschichte[1] des einzelnen Thiers[1] (als solchen). Denn es ist eingeschlossen in einem Cirkel von Handlungen, über den es nie hinaustritt; was es ist, ist es auf immer, was es seyn wird, ist ihm durch Gesetze eines höhern zwar, aber doch unverbrüchlichen, Mechanismus vorgezeichnet. Dem Menschen[1] aber ist seine Geschichte[1] nicht vorgezeichnet, er kann und soll seine Geschichte[1] sich selbst machen; denn das eben ist der Charakter des Menschen[1], daß seine Geschichte[1], obgleich sie in praktischer Hinsicht planmäßig seyn soll, doch (eben deßwegen) in theoretischer Rücksicht es nicht seyn kann. – Analogisch nur spricht man von einer Geschichte[1] solcher Thiere[1], in denen 〈471〉 Kunsttrieb ist, z. B. von einer Geschichte[1] des Bibers, der Bienen u. s. w., weil man an ihrer produktiven Arbeitsamkeit ein Analogon von Freiheit[10] wahrzunehmen glaubt, obgleich auch das Täuschung ist, weil, wenn wir den innern Mechanismus der organischen[2] Kräfte eines solchen Thiers[1] einsehen könnten, alle Zufälligkeit jener Produkte verschwinden würde – (vom Gedicht, das auf ächt poetische[4] Art entstanden ist, muß keine Geschichte[1] möglich seyn). .
[53] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 566: Die Malerei[1] ist bloß allegorisch in denjenigen Gegenständen, die nicht um ihrer selbst willen dargestellt werden. – Denn was nicht um seiner selbst willen, bloß um eines andern willen, ist es bedeutend. | Anmerkung. Hieher gehören die untergeordneten Gattungen des Still-Lebens, der Blumen- und Frucht-, sowie im Ganzen auch der Thierstücke. Alle diese Gattungen sind entweder überhaupt keine Kunstgattungen oder von allegorischer Bedeutung. Was Thierstücke insbesondere betrifft, so ist die Natur[2] in der Produktion der Thiere[1] selbst gewissermaßen allegorisch, sie deutet ein Höheres, die menschliche Gestalt an, es sind unvollkommene Versuche, die höchste Totalität zu produciren. Selbst der Charakter, den sie in das Thier[1] wirklich gelegt hat, spricht sich in ihm nicht vollkommen aus, sondern ist bloß angedeutet und wird errathen. Aber auch der bekannte Charakter des Thiers[1] ist nur eine einseitige Erscheinung des Totalcharakters der Erde, und inwiefern dieser im Menschen[1] am vollkommensten ausgedrückt ist, des Menschen[1]. ➢ Volltext.
[54] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 603: Wenn [...] die Plastik die höheren Thiergattungen nachahmt, so ist auch hier ihr Vermögen sehr durch den Gegenstand beschränkt. Denn auch im Thierreich hat jedes Thier[1] nur den Charakter seiner Gattung, aber keinen individuellen. Wenn daher die Plastik Thiergestalten bildet, so ist es nur in folgenden Rücksichten: | a) als die allgemeinste kann die angesehen werden, daß obgleich das Thier[1] keinen individuellen Charakter hat, doch die Gattung selbst hier das Individuum ist. Alle verschiedenen Charaktere der Thiere[1], welche immer ganzen Gattungen gemein sind, sind Negationen oder Beschränkungen des absoluten Charakters der Erde; sie erscheinen als besondere eben deßwegen, weil sie nicht die Totalität ausdrücken, welche nur im Menschen erscheint. Jede Gattung ist also hier Individuum, sowie dagegen im Menschengeschlecht jedes Individuum mehr oder weniger Gattung ist, oder wenigstens seyn muß, wenn es Gegenstand einer Kunstdarstellung seyn soll. Der Löwe z. B. ist nur großmüthig, d. h. die ganze Gattung hat den Charakter eines Individuums, der Fuchs ist nur listig und feig, der Tiger grausam. Wie also das Individuum der Menschengattung dargestellt wird, weil es als Individuum zugleich Gattung ist, so kann die Sculptur von dem Thier[1] zwar immer nur die Gattung, aber diese doch deßwegen darstellen, weil sie an sich eigentlich ein Individuum ist. Dieses Verhältniß der Thiercharaktere ist z. B. der Grund ihres Gebrauchs in der Fabel, in welcher auch das Thier[1] nie als Individuum, sondern nur als Gattung auftritt. Die Fabel erzählt nicht: ein Fuchs, sondern der Fuchs, nicht ein Löwe, sondern der Löwe. | b) Eine andere Rücksicht, in der die Sculptur Thiergestalten bilden kann, ist die Beziehung der Thiere[1] auf den Menschen; in dieser 〈604〉 Rücksicht erscheinen die Thiere[1] in der Sculptur in der Verbindung mit andern Werken derselben, z. B. der Architektur, wie die ehemaligen Löwen auf dem St. Markusplatz zu Venedig oder andere Thiergestalten, die vor die Eingänge der Paläste oder Kirchen gleichsam als Hüter gesetzt werden [...]. ➢ Volltext.
[55] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 675: Da der Roman nicht dramatisch seyn kann und doch von der andern Seite in der Form der Darstellung die Objektivität des Epos zu suchen hat, so ist die schönste und angemessenste Form des Romans nothwendig die erzählende. Ein Roman in Briefen[3] besteht aus lauter lyrischen Theilen, die sich – im Ganzen – in dramatische verwandeln, und somit fällt der epische Charakter hinweg. ➢ Volltext.
[56] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 730: Die Construktion des Ganzen ist [bei Calderon] rationeller, in einem Maß wie man es der modernen[1] Poesie[11] wahrscheinlich nicht zugetraut hätte, wenn man ihren Charakter allein von Shakespeare abstrahirte. Die zerstreuten Principien der romantischen[12] Gattung hat Calderon in eine strengere Einheit gefaßt, die sich der wahren Schönheit[6] nähert. ➢ Volltext.
[57] Schiller, Erste Mensch.gesellsch. (1790), NA 17, 404 f. (405): Sobald er [sc. der Mensch] seinen Thieren[1] ihre Freiheit[3] geraubt hatte, war er in die Nothwendigkeit gesetzt, sie selbst zu ernähren, und für sie zu sorgen. So wurde er also zum Hirten, und so lange die Gesellschaft noch klein war, konnte die Natur[2] seiner kleinen Heerde Nahrung im Ueberfluß darbieten. Er hatte keine andre Mühe, als die Weide aufzusuchen, und sie wenn sie abgeweidet war, mit einer andern zu vertauschen. Der reichste Ueberfluß lohnte ihm für diese leichte Beschäftigung, und der Ertrag seiner Arbeit war keinem Wechsel weder der 〈405〉 Jahrszeit noch der Witterung unterworfen. Ein gleichförmiger Genuß war das Loos des Hirtenstandes, Freiheit[5] und ein fröhlicher Müssiggang sein Karakter..
[58] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186: Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen[1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen[1] eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit[1] ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen[1] zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[59] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102 f. (103): Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie[1] zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie[1] zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie[1] und poetische[4] Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne[1] Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter, für sich allein betrachtet, das Ideal schöner[1] Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[60] Schiller, Nothw. Grenz. (1795 [hier: 21800]), NA 21, 22 f. (23): So lange der Mensch[1] noch ein Wilder ist, seine Triebe bloß auf materielle Gegenstände gehen, und ein Egoism von der gröbern Art seine Handlungen[1] leitet, kann die Sinnlichkeit nur durch ihre blinde Stärke der Moralität gefährlich seyn, und sich den Vorschriften der Vernunft[1] bloß als eine Macht widersetzen. Die Stimme[14] der Gerechtigkeit, der Mässigung, der Menschlichkeit wird von der lauter sprechenden Begierde überschrien. Er ist fürchterlich in seiner Rache, weil er die Beleidigung fürchterlich empfindet. Er raubt und mordet, weil seine Gelüste dem schwachen Zügel der Vernunft[1] noch zu mächtig sind. Er ist ein wüthendes Thier[4] gegen andre, weil ihn selbst der Naturtrieb noch thierisch beherrscht. | Vertauscht er aber diesen wilden Naturstand mit dem Zustande der Verfeinerung, veredelt der Geschmack seine Triebe, weist er denselben würdigere Objekte in der moralischen Welt an, mäßigt er ihre rohen Ausbrüche durch die Regel der Schönheit[6], so kann es geschehen, daß eben diese Triebe, die vorher 〈23〉 nur durch ihre blinde Gewalt furchtbar waren, durch einen Anschein von Würde und durch eine angemaßte Autorität der Sittlichkeit des Charakters noch weit gefährlicher werden, und unter der Maske von Unschuld, Adel[5] und Reinigkeit eine weit schlimmere Tyranney gegen den Willen ausüben..
[61] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 82: Das Wesen der Chansons ist die sentimentale[1] Reflexion über das unendliche Streben und die Widersprüche in der romantischen[12/7/4/11] Liebe. Die Canzone kann man kurz als die über sich selbst reflektierende Ode charakterisieren. Ihre eigenen Weisen sind ihre langen Strophen, weibliche Schlüsse der Verse und vielfach verschlungene Reime. (Das Romantische[12/4/11] überhaupt besteht im Kontraste.) Sie hat daher den Charakter eines musikalischen[3] Selbstgespräches und liebt wunderbare Visionen und Allegorien..
[62] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 195: Höchst wesentlich ist für die Kunstgeschichte die Anerkennung des Gegensatzes zwischen dem modernen[1] und antiken[2] Geschmack. [...] Man hat den Charakter der antiken[2] Poesie[11] mit der Bezeichnung classisch[3/5/7], den der modernen[1] [als] romantisch[12/4/11] bezeichnet; [...] sehr treffend. Es ist eine große Entdeckung für die Kunstgeschichte daß dasjenige, was man bisher als die ganze Sphäre der Kunst[3] betrachtete (indem man den Alten[10] die uneingeschränkte Autorität zugestand) nur die eine Hälfte ist: das classische[7] Alterthum[2] kann dadurch weit besser verstanden werden als aus sich allein..
[63] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 196: So kann man sich die antike[2] Poesie[11] als den einen Pol einer Magnetischen Linie denken, die romantische[12] als den andern [...]. Freylich wird unsre historische Kenntniß nie vollendet, es muß immer durch Divination ergänzt werden. Es könnte sich in der Folge offenbaren, daß das, was wir jetzt als den andern Pol betrachten, nur ein Übergang, ein Werden sey, (welcher Charakter sich sogar mit Wahrscheinlichkeit in der romantischen[12/14/11] Poesie[11] aufweisen läßt) und die Zukunft also erst das der antiken[2] Poesie[11] entsprechende und ihr entgegengesetzte Ganze liefern werde..
[64] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 280: Mit der menschlichen Organisazion[5] ist die Classe[1] der Säugethiere am nächsten verwandt, darum verstehen wir uns am besten auf ihren Charakter, der auch an und für sich in der Bildung[10] am bestimmtesten hervortritt..
[65] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 417: Keine andre mir bekannte Sprache[3] hat einen so eigenthümlichen und von der Prosa[1] so weit abweichenden poetischen[5] Theil gehabt als die Griechische. Dieß verdankte sie zum Theil der freyen Entwicklung verschiedner Dialekte[1], die einen so schönen und harmonischen Charakter gewannen, daß sie den verschiednen Dichtarten zum Grunde gelegt werden konnten. So war das Ionische der epische Dialekt[1], das Aeolische und Dorische der lyrische, das Attische der dramatische: der erste durch 〈418〉 Fülle und Stätigkeit, die beyden folgenden durch energisch ausgesprochne Eigenthümlichkeit, der letzte endlich durch muntre lebhafte Gewandtheit für ihre Gattungen einzig geeignet..[66] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 549 f.: Die Entstehung jener gewissermaßen unregelmäßigen aber unendlich reizenden Mannichfaltigkeit in der Sprache[3] muß man sich so denken, daß bey den vielen kleinen Völkerschaften, worein sich der Griech.[ische] Völkerstamm spaltete, bey den einen diese Formen, Ausdrücke und Sprecharten aufgekommen waren, bey andern jene; und daß bey nachher erfolgter Vermischung von allen etwas beybehalten ward. Wir werden durch diese Bemerkung auf einen Punkt geführt, der für die gesamte Griechische Bildung[5] äußerst wichtig ist: daß nämlich die Lage dieser Nation[1] ganz dazu eingerichtet war, daß sie sich aufs mannichfaltigste individualisiren, und dann wieder durch lebhaften Verkehr, das Individuelle zu einem allgemeineren Charakter verschmelzen mußte. Man sehe nur auf der Landcharte den Erdstrich an, welchen die Griechen inne hatten. Auf einer weiten ununterbrochnen Ebne hätten sie schwerlich das werden können, was sie wurden, und wären vielleicht, wie andre Nationen[1] in Asien unter einer despotischen Regierungsform auf einer sehr niedrigen Stufe für immer fixirt geblieben. [...] 〈550〉 [...] | Bey einer solchen Nation[1] mußten natürlicher[4] Weise Dialekte[1] entstehen: bey den Griechen allein aber (unter den Nationen[1] wenigstens, die wir bey solchen Betrachtungen vor Augen zu haben pflegen) haben wir die Erscheinung, daß die Dialekte[1] nicht bloß untergeordnete, mehr oder weniger rohe oder verderbte, Abarten einer vollkommneren Hauptsprache blieben, sondern sich zu einem bestimmten im Verhältniß gegen die übrige Nation[1] gültigen Charakter entwickelten, und nicht bloß im gemeinen Leben, sondern auch in der Schrift gebraucht wurden, ja in verschiednen Gattungen der Poesie[11] kunstmäßig gebraucht werden mußten..
[67] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!
1802–03), KAV 1, 612: Bey den Griechen war, wie wir gesehen haben, der Ionische Dialekt[1] der eigenthümlich epische, so sehr, daß auch Dichter, die von Geburt gar nicht Ionier waren, sich dessen bedienten, so bald sie ein Epos dichteten. Die Römische Sprache[3] hatte nun nichts den Griechischen Dialekten[1] ähnliches, und konnte nach ihrer besondern Natur[1] sich die Flüßigkeit und allbiegsame Gelindigkeit des Ionischen Dialekts[1] keinesweges aneignen; ihr Charakter bestand vielmehr in gebieterischer Kürze und einer Schweigsamkeit, die fast an Stummheit gränzte..[68] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 654: [W]ie die Hauptrichtungen des Griechischen[2] National-Charakters, welche sich 〈in den Dialekten[1] ausdrückten〉 (wie ich es schon an einer andern Stelle ins Licht gesetzt) dergleichen Absonderungen waren, so dürfen wir nach historischen Angaben, einen jonischen, aeolischen, dorischen und attischen Styl der Lyrik annehmen, wenn wir schon wegen des fast allgemeinen Verlustes der Dichter von diesen nur eine zum Theil sehr unbestimmte Vorstellung haben..
[69] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 12: Romanisch[1], Romance, nannte man die neuen[3] aus der Vermischung des Lateinischen mit der Sprache[3] der Eroberer entstandnen Dialekte[1]; daher Romane[1], die darin geschriebnen Dichtungen, woher denn romantisch[1/12/4] abgeleitet ist, und ist der Charakter dieser Poesie[11] Verschmelzung des altdeutschen mit dem späteren, d. h. christlich gewordnen Römischen, so werden auch ihre Elemente schon durch den Namen angedeutet..
[70] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 45: Unter den prosaischen[1] Autorn des 16ten Jahrhunderts verdient noch ganz vorzüglich angemerkt zu werden Joh. Fischhart, der Verdeutscher oder Bearbeiter des Rabelais. Wenn ich auf diesen komme, werde ich noch etwas über den eigenthümlichen Charakter seines Witzes[4] sagen. Vielleicht hat niemand die komische Willkühr mit der Sprache[1] weiter getrieben als er, und dabey mit so gründlichem Tiefsinn die possenhafte Tollheit gleichsam erschöpft. In Wortspielen könnten zehn Plagiare über ihn kommen, ohne ihn arm zu stehlen; allein man muß auch gestehen, daß die Freyheit[15] der Zeiten[5] dem guten Humor[2] zu Statten kam: solche Verwegenheit im Scherzen würde jetzt sehr übel aufgenommen werden..
[71] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 64: Nach der Wiederbelebung der classischen[7] Literatur, war die Bewunderung dafür lange Zeit[6] eine einseitige Parteylichkeit, welche, wenigstens bey den Gelehrten die Schätzung des Originell-Modernen[1] in seinem eignen Charakter hinderte. Auch muß man wohl in einer gewissen Ferne stehen, um das Wollen eines Dichters im Verhältnisse zu seinem Zeitalter erschöpfend richtig zu fassen. Eben daß wir von den großen Meistern der romantischen[12] Kunst[3] durch die Kluft der letzten prosaischen[3] Zeitläufte getrennt sind, bringt uns mehr ins klare über sie; so wie auch die antike[2] und romantische[12] Kunst[3] durch den Gegensatz besser verstanden wird..
[72] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 83: Wenn man die classische[7] Bildung[2] mit einem Worte[2] schildern will, so war sie vollendete Naturerziehung. Jetzt da aus den Trümmern jener und einem Chaos verschiedenster Elemente eine neue[1] Welt hervorging, konnte Freyheit[10] mehr das herrschende Princip werden, welche denn auch nicht unterließ, die Natur[13] zu unterdrücken, und sich so als Barbarey kund zu geben. Die Natur[13] machte aber ihre Rechte geltend, und dieser Zwist bestimmte den Charakter der modernen[1] Bildung[2], in welcher die unauflöslichen Widersprüche unsers Daseyns, des Endlichen und Unendlichen in uns, mehr hervortreten, aber wieder verschmolzen werden..
[73] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 137 f. (138): So viel sich aus den mitgetheilten Fragmenten und den damaligen Verhältnissen und Wirkungen der provenzalischen Poesie[11] schließen läßt, 〈138〉 scheint die Sprache[3], welche unter allen neulateinischen zuerst zur Reife gedieh, auch die vielseitigste gewesen zu seyn, welche alle nachher einzeln ausgebildete Charaktere verschiedner unter ihnen, vereinigt, wenigstens im Keime in sich enthielt, und daher recht eigentlich zu einer Muttersprache der Europäischen Poesie[11] geeignet war..[74] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 173: Der Chor [...] war Repräsentant einer harmonisch frey[13] versammelten Menge d. i. eines Volksfestes. Dieß war er immer, wenn er auch, wie in den Tragödien eine ernste ja traurige Handlung[3] feyerte. Es war immer Feyer, ein wirkliches Volksfest konnte sich ja auch auf dergleichen beziehen, denn wir müssen hier ganz unsern rohen Begriff[1] entfernen, die Volksfeste waren die künstlerisch organisirte[7] öffentliche Geselligkeit überhaupt, der schönste[1] Selbstgenuß der Staaten. – So war in der Ode aus der ihr eignen contemplativen Concentration die heiterste[5] Geselligkeit wiederhergestellt. Daher die Neigung zur Fröhlichkeit auch in der höheren Lyrik der Alten[10], die auf uns gekommnen Gesänge des Pindar athmen in der That festliche Freude an einer festlichen Freude. | Bey den Neueren[3] geht nun die Richtung im allgemeinen mehr auf das Subjektive und Ideale, und es findet sich kein solches Gegengewicht, welches den lyrischen Sänger in die äußere Welt zurückriefe. Daher ist der Charakter der eigenthümlich romantischen[12/9] Ode, der Canzone, statt der geselligen Heiterkeit[4] des Chores, vielmehr einsiedlerisch schwermüthig, und es ist ein vorwaltender Hang zur beschaulichen Vertiefung in sich selbst, in die Abgründe des eignen Gemüths, sichtbar..
[75] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 176: Unläugbar ist es, daß alle drey [sc. Dante, Petrarca, Boccaccio] auf ein Ideal der Weiblichkeit ausgehen, jeder auf seine Weise, und daß dies ein Mittelpunkt ihrer Poesie[11] ist. Daß die drei Häupter der romantischen[12] Kunst[12] hierin zusammentreffen, ist gewiß nicht zufällig, und man [darf] wohl für das Ganze der romantischen[12] Poesie[11] eine besondre Vorliebe des weiblichen Geschlechts hoffen, da diesem in der antiken[2] Poesie[11] immer Unrecht geschieht, indem die idealischen Darstellungen von Frauen (z. B. eine Elektra, Antigone) in den männlichen Charakter übergehen, die weib〈177〉lichen aber nicht idealisch sind..
[76] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 318: [Das] Wortspiel [...], welches ganz unbilliger Weise, vielleicht durch den damit getriebnen Misbrauch, noch mehr aber durch die Unfähigkeit dergleichen zu erfinden, im Gebiet des Geschmacks so übel verrufen ist, bezweckt eine witzige Vergleichung oder Entgegensetzung, welche durch Einerleyheit, Ähnlichkeit oder Verschiedenheiten der Wörter im Klange mehr ins Licht gesetzt wird, und so gleichsam eine sinnliche Überzeugung mit sich führt. Es wird an die Sprache[1] die Foderung gemacht, daß das Äußere und Innere mit einander in Übereinstimmung stehen, daß also auch Verwandtes und Ähnliches durch ähnliche Laute bezeichnet seyn soll. Bey einer ausgebildeten Sprache[1] welche den Charakter der willkührlichen Bezeichnung gewonnen hat, ist dieß nun nicht durchgehends möglich; es wird also bey dem Wortspiel ein zufälliger Vortheil, welchen die Sprache[1] darbietet, benutzt, um sie zu dieser Bestimmung, die Gegenstände zu mahlen, zurückzuführen: und es ist eben dem Geiste[12] des fröhlichen Scherzes sehr angemessen, die wahre Etymologie und Grammatik mit selbstbewußter Willkühr bey Seite zu schieben, und der Sprache[1] einigen Zwang anzuthun. Dieß darf freylich da nicht geschehen, wo das Wortspiel einen ernsten Eindruck machen soll, wie es denn majestätische, erhabne, und wiederum äußerst zarte Wortspiele geben kann, welche gleichsam die Mysterien der Fantasie[2] enthüllen..[77] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 336: Das Deutsche ist wirklich so sehr eine lebende Sprache[3], als es nur Statt finden kann. Aus der bisherigen Darstellung muß es schon klar geworden seyn, welchen Weg es zugleich mit der nationalen Bildung[2] (denn dieß läuft immer parallel) einschlägt, und welch ein Ziel beyden vorgestellt ist. Universalität ist unsre wahre Eigenthümlichkeit: es ist auf nichts geringeres angelegt, als die Vorzüge der verschiedensten Nationalitäten zu vereinigen, sich in alle hineinzudenken und hineinzufühlen, und so einen kosmopolitischen Mittelpunkt für den menschlichen Geist[19] zu stiften. Nach dem Gange, welchen die Philosophie der Cultur[3] vorzeichnet, muß jede neue[1] Epoche derselben mit einem höheren Bewußtseyn verknüpft werden: es wird also auch die jetzt beginnende mehr den Charakter der Freyheit[10] und Absichtlichkeit tragen als irgend eine frühere; und was uns so lange im äußern Glanze gegen die einseitige, beschränkte aber eben darum entschiedne Wirksamkeit andrer Nationen[1] hat zurückstehen lassen: der Mangel einer Richtung, welcher, in ein Positives verwandelt, zur Allseitigkeit der Richtungen wird: muß in der Folge die Überlegenheit auf unsre Seite bringen. Es ist daher gewiß keine zu sanguinische Hoffnung anzunehmen, daß der Zeitpunkt nicht so gar entfernt ist, wo das Deutsche allgemeines Organ[1] der Mittheilung für die gebildeten Nationen[1] seyn wird. .
[78] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 346: Was die übrigen neulateinischen Sprachen[3] betrifft, so würde man ihren Charakter in poetischer[4] Hinsicht weit besser genetisch begreifen können, wenn die Denkmäler des Provenzalischen, als welches in so fern wie ihre gemeinschaftliche Mutter angesehen werden kann, erst mehr bekannt wären. Nächst diesem hat sich das Italiänische am frühesten in der Diction und den Formen ausgebildet, und [ist] also wiederum Quelle für die übrigen geworden. Alle haben eine Menge Vorzüge miteinander gemein, und wenn uns die Griechische[2] Sprache[3] das Muster einer vollkommnen Organisation[7] für den strengen und reinen Kunststyl 〈darbietet〉, so finden wir hier die gefälligsten Reize und die größte Lieblichkeit für alle Bezauberungen der romantischen[15/13/3/4] Poesie[11]..
[79] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 164: Nichts ist verschiedener als der französische und der spanische Nationalcharakter, folglich auch als der Geist[12] ihrer Sprache[3] und Poesie[11].
➢ Volltext
.[80] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 320 f. (321): Die muntre Gaukeley der italiänischen Masken hat in England von jeher noch weniger Eingang 〈321〉 gefunden als in Frankreich. Der Narr oder Clown in Shakspeare's Lustspielen ist viel mehr ein ironischer[3] Humorist als ein mimischer Possenreißer. Intrigue im wirklichen Leben ist den nordischen Nationen sowohl durch ihre Tugenden als durch ihre Mängel fremd[4]: sie haben zu viel Offenheit des Charakters und zu wenig schnelle Feinheit des Verstandes. ➢ Volltext.
[81] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 32 f. (33): Schon in den frühesten Zeitaltern der Europäischen Bildung[5] finden sich unverkennbare Spuren des künstlichen Ursprungs der 〈33〉 modernen[1] Poesie[11]. Die Kraft, der Stoff war zwar durch Natur[13] gegeben: das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2] war aber nicht der Trieb, sondern gewisse dirigirende Begriffe[1] [...]. Selbst der individuelle Charakter dieser Begriffe[1] war durch Umstände veranlaßt, und durch die äußre Lage nothwendig bestimmt. Daß aber der Mensch[1] nach diesen Begriffen[1] sich selbst bestimmte, den gegebnen Stoff ordnete, und die Richtung seiner Kraft determi〈34〉nierte; das war ein freyer[10] Aktus des Gemüths. Dieser Aktus ist aber eben der ursprüngliche Quell, der erste bestimmende Anstoß der künstlichen Bildung[2], welcher also mit vollem Recht der Freyheit[10] zugeschrieben wird. Die Phantasterey der Romantischen[12] Poesie[11], hat nicht etwa wie Orientalischer[1] Bombast eine abweichende Naturanlage zum Grunde. Es sind vielmehr abenteuerliche[3] Begriffe[1], durch welche eine an sich glückliche, dem Schönen[2] nicht ungünstige Phantasie[1] eine verkehrte Richtung genommen hatte. Sie stand also unter der Herrschaft von Begriffen[1]; und so dürftig und dunkel diese auch seyn mochten, so war doch der Verstand[2] das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2]..
[82] F. Schlegel, Vorr. Grch. u. Röm. (1797), X: Schillers Abhandlung über die sentimentalen[3] Dichter [...] hat außer, daß sie meine Einsicht in den Charakter der inte〈XI〉ressanten[2] Poesie[11] erweiterte, mir selbst über die Gränzen des Gebiets der klassischen[7] Poesie[11] ein neues Licht gegeben. Hätte ich sie eher gelesen, als diese Schrift dem Druck übergeben war, so würde besonders der Abschnitt von dem Ursprunge, und der ursprünglichen Künstlichkeit der modernen Poesie[11] ungleich weniger unvollkommen geworden sein. ➢ Volltext.
[83] F. Schlegel, Fragm. Poes. u. Litt. (*1801), KFSA 16, 322, Nr. 810: Der Charakter d[er] oriental.[ischen][1] Sprache[n][3] viell.[eicht] das Auseinandertreten der Pole. Daher Diphtonge [sic] und Di[phtong-]Consonanten (Analogie des Deutschen) dahingegen d[as] Griech[ische][5] auf ein Mit〈322〉telmaaß geht. [...] Zwischen dies[em] und d[em] Deutsch[en] oder d[em] Eleg.[ischen] die Prosa[1] in drei Epochen 1) Classisch[5] ohne Farbe 2) auf Vokale und Conson.[anten] berechnet, rom[antisch][1] pict[oresk2] und μους [musikalisch7] 3) Synthesis von beiden, groß romantisch[1/10]..
[84] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 42 f. (43): Daß eine so kunstreiche Grammatik dennoch sehr einfach seyn könne, zeigt das Beispiel der indischen selbst am besten. Es wird auch nichts dazu vorausgesetzt als etwas, was man doch wohl annehmen muß, um den Ursprung der Sprache[1] auf eine deutliche und verständliche Art zu erklären; ein sehr feines Gefühl nehmlich für den unterscheidend eigenthümlichen Ausdruck, für die ursprüngliche Naturbedeutung, wenn ich so sagen darf, der Buchstaben[7], der Wurzellaute und Sylben; ein Gefühl, das wir uns jetzt, da das Gepräge der Worte durch langen Gebrauch verwischt, das Ohr[3] durch die verworrne Menge allartiger Eindrücke abgestumpft worden ist, kaum mehr in seiner ganzen Regsamkeit und Lebendigkeit vorstellen können, was aber doch wohl vorhanden gewesen seyn muß, weil ohne dasselbe keine Sprache[3], wenigstens keine solche, hätte entstehen können. | Dieß feine Gefühl mußte dann mit der Sprache[3] selbst zugleich auch Schrift hervorbringen; keine hieroglyphische nach äussern Natur〈43〉gegenständen mahlende oder bildernde, sondern eine solche, welche den innern Charakter der Buchstaben[7], wie er so deutlich gefühlt ward, nun auch in sichtlichen Umrissen hinstellte und bezeichnete. ➢ Volltext.
[85] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 108: [S]o allgemein ist ihr [sc. Elegie] Karakter, so weltbürgerlich ihre Gesinnung, daß sie es ungeachtet ihrer zarten Weichheit doch nicht verschmähte, die härtere Sprache[3] des großen Roms zu reden, ja sogar aus dem südlichen Mutterlande nach Norden zu wandern. Die Römer glaubten in dieser Kunstart den Griechen näher gekommen zu seyn, und sind ihren Vorbildern hier wenigstens treuer geblieben als in vielen andern Fächern. Unter den Deutschen der jetzigen Zeit hat man das klassische[3] Metrum derselben nachgebildet, und ein Dichter, von dem es nie entschieden werden kann, ob er größer oder liebenswürdiger sey, hat zu seinen frühern unverwelklichen Lorbern auch den Namen eines Wiederherstellers der alten Elegie gesellt.
➢ Volltext
.[86] Schleiermacher, Brf. Lucind. (1800), 1 f. (2): Ein tüchtiges Urtheil, wie wir es über die Bücher fällen, die so vorkommen, wirst Du doch nicht erwarten? Du weißt ja, [...] wie ich scheu und bedächtig und ehrerbietig mit Allem umgehe, was sich mir als ein eigen gebildetes Wesen ankündigt, sei es ein Mensch[1] oder ein Gedanke oder ein gebildetes Werk, und wie 〈2〉 lange und unersättlich ich bei der Anschauung verweile, ehe ich mich an etwas wage, was einer Uebersicht oder einem Urtheil ähnlich ist. Und nun gar dieses Werk, welches wie eine Erscheinung aus einer künftigen Gott[1] weiß wie weit noch entfernten Welt da steht! Gewiß, sie könnte eben so lange vollendet sein, als sie nun unvollendet ist, ehe ich es mir erlauben würde, in diesem Sinne[1] etwas über die Composition und die Kunst[13] darin überhaupt zu sagen, das heißt wirklich zu meinen. Verhielte sich auch der zweite Theil zu dem ersten nur wie die Rückseite einer Schaumünze oder das Gegenstück eines Gemäldes; so würde ich mir bis zur Vollendung Schweigen[2] und Ungewißheit gebieten, wieviel Betrachtungen dieser Art sich mir auch aufdrängen, seitdem ich mit dem Geist12 und Charakter des Buchs recht gesättigt bin, und seitdem Friedrich Schlegel seine Ansicht von der romantischen[1] Poesie[1] in so klaren Worten[2] von sich gegeben hat. Doch lieber Freund, dieses Aufschieben eines vollendeten Urtheils geht bei mir nicht nur auf die Composition, sondern auf Alles, und ich müßte zu meinem Unglück weniger hohe Begriffe[1] von dem haben, was die Kritik[2] eigentlich leisten kann und soll, wenn es anders wäre. ➢ Volltext.
[87] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 190 f. (191): Auf den obern Stufen der Objektität des Willens sehn wir die Individualität bedeutend hervortreten, besonders beim Menschen[1], als die große Verschiedenheit individueller Karaktere[2], d. h. als vollständige Persönlichkeit, schon äußerlich ausgedrückt durch stark gezeichnete individuelle Physiognomie, welche die gesammte Korporisation mitbegreift. Diese Individualität hat bei weitem in solchem Grade kein Thier[1]; sondern nur die vollkommensten Thiere[1] haben einen schwachen Anstrich davon, über den jedoch der Gattungskarakter noch ganz und gar vorherrscht, ebendeshalb auch nur wenig Individualphysiognomie. Je weiter abwärts, desto mehr verliert sich jede Spur von Individualkarakter in den allgemeinen der Spe〈191〉cies, deren Physiognomie auch allein übrig bleibt. Man kennt den psychologischen Karakter[1] der Gattung, und weiß daraus genau, was vom Individuo zu erwarten steht; da hingegen in der Menschenspecies jedes Individuum für sich studirt und ergründet seyn will, was, um mit einiger Sicherheit sein Verfahren zum voraus zu bestimmen, wegen der erst mit der Vernunft[1] eingetretenen Möglichkeit der Verstellung, von der größten Schwierigkeit ist. ➢ Volltext.
[88] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 166: Herr von Beeke [...] gehört nicht nur unter die besten Flügelspieler, sondern auch unter die vorzüglichsten und originalsten[1] Componisten. Seine Hand ist klein und brillant; sein Vortrag deutlich und rund; seine Phantasie[1] reich und glänzend, und – was ihn am meisten ehrt, seine ganze Spielart selbst geschaffen. Er hat im Clavier eine Schule gebildet, die man die Beekische nennt. Der Charakter dieser Schule ist: eigenthümlicher Fingersatz, [...] deutlicher Vortrag, spielender Witz[4] in den Passagen, und sonderlich ein herrlicher Pralltriller. In diesem Style sind auch Beekes Clavierstücke geschrieben..
[89] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 238: Aus dieser skizzirten Geschichte[2] der deutschen Musik[1] muß auch dem Nichtkenner der Gedanke einleuchten: daß musikalischer[1] Geist[21] zu den Hauptzügen des deutschen Charakters gehöre..
[90] Spazier, Vorber. Dittersd. (1801), 10: [Der Herausgeber] hat sich hin und wieder Freiheiten[9] nehmen müssen; aber sie waren schlechterdings notwendig, weil, was ein kränkelndes Alter der Jugend mit aller Redseligkeit vorplaudert, sehr leicht dem Publikum[3] zuwider werden und das Hauptinteresse einer Erzählung schwächen muß. Dem Ganzen ist dadurch nicht das Geringste von seinem Werte und seinem eigentümlichen Charakter entzogen worden, um so weniger, da wohl niemand mehr als der Herausgeber überzeugt sein kann, daß man den Nachlaß eines Schriftstellers ebenso sehr als dessen Produkte bei seinen Lebzeiten in ihrem Wesentlichen unverfälscht lassen müsse. Das Vergnügen, welches sich aus der Lektüre einer romantischern[1] Komposition schöpfen läßt, macht gewiß nicht die verletzte Pflicht wieder gut, jeden nach seiner Weise reden zu lassen..
[91] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 488: Die Glieder sind für die Gesimse beynahe, was die Buchstaben[1] für die Wörter[1] sind: und wie aus wenig Buchstaben[1] eine unzählbare Menge von Wörtern[1] kann zusammengesetzt werden, so entstehet aus der verschiedenen Zusammensetzung der Glieder eine große Mannigfaltigkeit der Gesimse, Füße und Kränze, wodurch so wol die verschiedenen Ordnungen sich von einander unterscheiden, als auch die Gebäude überhaupt ihren Charakter des Reichthums oder der Einfalt bekommen..
[92] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 989: Unsere Dichter haben sich angewöhnt der Romanze einen scherzhaften Ton zu geben und sie ironisch[1] zu machen. Mich dünkt, daß dieses dem wahren Charakter der Romanze gerad entgegen sey..
[93] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 1041: Unter einer Nation[1], die schon zu Empfindungen der wahren Ehre und zu einem gewissen Adel[5] des Charakters gelanget ist, ist das Gepräg der Niederträchtigkeit, das man bisweilen tief in die Physionomie eingedrükt sieht, etwas sehr häßliches[1] [...]..
[94] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Juli/Anf. Aug. 1793), VL 2, 257: Wir kamen nach Holfeld, einem kleinen bambergischen Städchen, [...] dann [...] über ein paar Dörfer und durch einen sehr angenehmen Wald, allenthalben herrscht hier Fröhlichkeit und Thätigkeit, [...] alle Leute sind gesund und munter. – Soviel man nehmlich den Charakter eines Volks[3] im Vorbeigallopiren bemerken kann, denn es ist leicht möglich, daß eben so viele, oder noch mehrere krank und verdrießlich waren, viele unthätig [...]..
[95] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 279: Der Weg hinter Berneck blieb fast immer gleich romantisch[3], nur wird die Gegend immer sanfter, ihr Charakter wird immer mehr reizend, je mehr man sich von Berneck entfernt [...]..
[96] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: Diese grosse Allgemeinheit und Freiheit[1] ist vielleicht der Character der Deutschen Sprache[3], [...] sie geht immer wieder in ihre alte[5] Wurzel zurück und erinnert sich ihres ehemaligen Geistes[12]..
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