[1]
G. Forster, Brodbaum (1784), 10 f. (11)
: [Indonesien:] Die Fische im dortigen Meere, die Schmetterlinge und andere Insekten wetteifern mit einander um den Preis der Seltenheit, es sey an Gestalt oder Farbe. Eben so reich ist das Kleid unzähliger Gattungen des Geflügels. Doch schimmern vor allen die Paradiesvögel, wie die seltengesehenen Bewohnerinnen eines asiatischen Harems, mit vielfarbigem Gold übergossen, und in den Purpur der Morgenröthe getaucht. Endlich treten auch die grösseren Thiere[1] in mannigfaltiger Bildung[10] einher, mit einem Geschöpf an ihrer Spitze [sc. Orang-Utan], in dessen menschenähnlicher Gestalt die Natur[2] vielleicht hat zeigen wollen, wie genau sie das Meisterstück der Schöpfung, wenigstens im äusserlichen, mit ihren Formen nachbilden könne! [...] | 〈11〉 Nach welchen Gesetzen diese göttliche Bildnerin bey der Austheilung ihrer Güter verfährt, und in wie fern das Klima[1] eines jeden Orts zum Daseyn bestimmter organischer[3] Körper mit ihren eigenthümlichen Gestalten und Eigenschaften, als hervorbringende Ursache mitwürken kann? dies gehört noch beides in die Reihe ausser unserm Gesichtskreise liegender Dinge. Einst werden aber auch diese dem weiterschauenden Weltweisen offenbar, wenn er mit den Materialien, die wir sammeln, das grosse kaum noch gegründete Lehrgebäude der Physik vollendet haben wird. Ein Zaubernetz von unzähligen Fäden und durcheinandergeschürzten Knoten, wo Eins mit Allen und Alles mit Einem zusammenhängt, ein System voll himmlischer Uebereinstimmung wird er einst in der Mannigfaltigkeit der Schöpfung finden, wo unser begränzter Blick jetzt nur das Gaukeln einer unerschöpflichen Phantasie wahrzunehmen glaubt, die ihr Füllhorn auf gerathewohl ausgeschüttet hat.
[2]
W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 266
: [K]ein Volk [besizt] leicht eine so reiche Phantasie im Schaffen metaphorischer Ausdrücke [...], als den Griechen eigen war.
[3]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 486
: Adelung wiederholt in seinem Buche über den Deutschen Stil die kahle Vergleichung des Schreibens mit dem Malen, also des Kunstwerks als solchen mit einem als solchen; so wie ungefähr eine feurige Phantasie einige Aehnlichkeiten aus der Instrumentalmusik herholen würde für die Vokalmusik.
[4]
Novalis, Lehrlinge (*1798), NS 1, 100
: Man beschuldigt die Dichter der Übertreibung, und hält ihnen ihre bildliche uneigentliche Sprache[4] gleichsam nur zu gute, ja man begnügt sich ohne tiefere Untersuchung, ihrer Fantasie jene wunderliche Natur[1] zuzuschreiben, die manches sieht und hört, was andere nicht hören und sehen, und die in einem lieblichen Wahnsinn mit der wirklichen Welt nach ihrem Belieben schaltet und waltet; aber mir scheinen die Dichter noch bei weitem nicht genug zu übertreiben, nur dunkel den Zauber jener Sprache[4] zu ahnden und mit der Fantasie nur so zu spielen, wie ein Kind mit dem Zauberstabe seines Vaters spielt. Sie wissen nicht, welche Kräfte ihnen unterthan sind, welche Welten ihnen gehorchen müssen. Ist es denn nicht wahr, daß Steine und Wälder der Musik gehorchen und, von ihr gezähmt, sich jedem Willen wie Hausthiere fügen? – Blühen nicht wirklich die schönsten[1] Blumen um die Geliebte und freuen sich sie zu schmücken? Wird für sie der Himmel nicht heiter[1] und das Meer nicht eben? – Drückt nicht die ganze Natur[2] so gut, wie das Gesicht, und die Geberden, der Puls und die Farben, den Zustand eines jeden der höheren, wunderbaren Wesen aus, die wir Menschen nennen? Wird nicht der Fels ein eigenthümliches Du, eben wenn ich ihn anrede? Und was bin ich anders, als der Strom, wenn ich wehmüthig in seine Wellen hinabschaue, und die Gedanken in seinem Gleiten verliere? Nur ein ruhiges, 〈101〉 genußvolles Gemüth wird die Pflanzenwelt, nur ein lustiges Kind oder ein Wilder die Thiere[1] verstehn.
[5]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 16
: Die äußere Form des Wortes[1] setzt unsere Phantasie in Bewegung, die Nebenbestimmungen, die dann laut Analogie in uns hervorgerufen werden, hinzuzusetzen.
[6]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 46
: Die beständig wiederholte Paarung sinnlicher Ähnlichkeiten macht den Reim zu einem starken Reiz für die Phantasie. [...] Man hat das Vergnügen am Reime sonst unrecht kindisch genannt. Denn da sich die Seele freut, an unähnlichen Dingen Ähnlichkeit wahrzunehmen, so ist dies auch im Reime.
[7]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 243 f. (244)
: [S]o untrennbar wie in einem ächten Kunstwerke[2] das, was man das poetische[2], und was man das künstliche nennen kann, sind, so untrennbar ist auch der wahre Geschmack vom wahren Genie[2]. Dieses ist eben die innigste Vereinigung der bewußtlosen und der selbstbewußten Thätigkeit im menschlichen Geiste[19], des Instinktes und der Absicht, der Freyheit[10] und der Nothwendigkeit. Deswegen, weil in ihm die ursprüngliche Entzweyung sich aufhebt, worin der Mensch[1] als ein endliches Wesen sich endlos befangen sieht, erscheint es uns auch als etwas übermenschliches, als eine göttliche Kraft, und seine Mittheilungen als wahre Offenbarungen. Darum ist auch zum Genie[2] große Eminenz der auf Erkenntniß[1] gerichteten Geisteskräfte, Einbildungskraft[1] und Verstand[1], die Kant als seine Bestandtheile angiebt, nicht hinreichend, sondern es umfaßt den ganzen innern Menschen[6], und kann in nichts geringerem bestehen, als in der Energie und innigsten Eintracht dessen was sowohl in der Sinnlichkeit 〈244〉 als in der Geistigkeit des Menschen[1] das selbständige und unbeschränkte Vermögen ist, also der Fantasie (die man in diesem Sinne[1] noch von der Einbildungskraft[1] unterscheiden kann) und der Vernunft[1].
[8]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!1802–03), KAV 1, 525
: Einige Dichter haben den gestirnten Himmel so vorgestellt, als ob die Sonne nach Endigung ihrer Laufbahn in alle jene unzähligen leuchtenden Funken zerstöbe: dieß ist ein vortreffliches Bild für das Verhältniß der Vernunft und Fantasie: in den verlorensten Ahndungen dieser ist noch Vernunft; beyde sind gleich schaffend und allmächtig, und ob sie sich wohl unendlich entgegengesetzt scheinen, indem die Vernunft unbedingt auf Einheit drängt, die Fantasie in gränzenloser Mannigfaltigkeit ihr Spiel treibt, sind sie doch die gemeinsame Grundkraft unsers Wesens. Was schon in den alten Kosmogonieen gelehrt ward, daß die Nacht die Mutter aller Dinge sey, dieß erneuert sich in dem Leben eines jeden Menschen: aus dem ursprünglichen Chaos gestaltet sich ihm durch Liebe und Haß, durch Sympathie und Antipathie die Welt.
[9]
F. Schlegel, Ideen (1800), 8, Nr. 26
: Witz[4] ist die Erscheinung, der äußre Blitz der Fantasie.
[10]
A. v. Arnim, Dolores (1810), RuE 1, 192
: [D]as ist [...] Künstlercharakter; dieses Hetzen in sich, dieses ewige Kritisieren, das in aller Berührung mit der Welt durchaus tötet und nie belebt, jedes Spiel verdirbt, jeden frohen Gesang ängstiget, ob er auch an seiner Stelle. [...] ein junger Dichter glaubt es seine Schuldigkeit, einer ganzen Gesellschaft alle eigenen gewohnten Straßen der Fröhlichkeit mit seinen gezwungenen Verrenkungen sogenannter Laune, Phantasie, Humors[3], Witzes[2] und Genies[2] zu verleiden, indem er sich wie ein Fallsüchtiger quer drein legt..
[11]
Goethe, Gut. Weib. (1801), WA I, 18, 280
: Phantasie und Witz[2] finden mehr ihre Rechnung, sich mit dem Häßlichen[1] zu beschäftigen als mit dem Schönen[1]. Aus dem Häßlichen[1] läßt sich viel machen, aus dem Schönen[1] nichts..
[12]
Heine, Romant. Schule (1836), 21 f. (22)
: Wenn Homer die Rüstung eines Helden schildert, so ist es eben nichts anders als eine gute Rüstung, die so und so viel Ochsen werth ist; wenn aber ein Mönch des Mittelalters in seinem Gedichte die Röcke der Muttergottes beschreibt, so kann man sich darauf verlassen, daß er sich unter diesen Röcken eben so viele verschiedene Tugenden denkt, daß ein besonderer Sinn[2] verborgen ist unter diesen heiligen Bedeckungen der unbefleckten Jungfrauschaft Mariä, welche auch, da ihr Sohn der Mandelkern ist, ganz vernünftigerweise als Mandelblüthe besungen wird. Das ist nun der Charakter[1] der mittelalterlichen Poesie[11], die wir die romantische[13/8] nennen. | 〈22〉 Die klassische[7/6] Kunst[3] hatte nur das Endliche darzustellen, und ihre Gestalten konnten identisch seyn mit der Idee des Künstlers. Die romantische[13/8] Kunst[3] hatte das Unendliche und lauter spiritualistische Beziehungen darzustellen oder vielmehr anzudeuten, und sie nahm ihre Zuflucht zu einem System tradizioneller Symbole, oder vielmehr zum Parabolischen, wie schon Christus selbst seine spiritualistischen Ideen durch allerley schöne Parabeln deutlich zu machen suchte. Daher das Mystische, Räthselhafte, Wunderbare und Ueberschwengliche in den Kunstwerken[3] des Mittelalters; die Phantasie macht ihre entsetzlichsten Anstrengungen das Reingeistige durch sinnliche Bilder darzustellen, und sie erfindet die kolossalsten Tollheiten, sie stülpt den Pelion auf den Ossa, den Parcival auf den Titurel, um den Himmel zu erreichen. ➢ Volltext.
[13]
Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115
: Der Grund der kühnen Wortmetaphern lag in der ersten Empfindung; aber wie? wenn spät nachher, wenn schon alles Bedürfniß weggefallen ist, aus bloßer Nachahmungssucht, oder Liebe zum Alterthum[2] dergleichen Wort- und Bildergattungen bleiben? Und gar noch ausgedehnt und erhöhet werden? Denn, o denn wird der erhabne Unsinn, das aufgedunsne Wortspiel daraus, was es im Anfang eigentlich nicht war. Dort wars kühner, männlicher Witz[2], der denn vielleicht am wenigsten spielen wollte, wenn er am meisten zu spielen schien! es war rohe Erhabenheit der Phantasie, die solch Gefühl in solchem Worte[1] herausarbeitete; aber nun im Gebrauche schaaler Nachahmer, ohne solches Gefühl, ohne solche Gelegenheit – Ach! Ampullen von Worten[1] ohne Geist[30]! und das ist „das Schicksal aller derer Sprachen[3] in spätern Zeiten[3] gewesen, deren erste Formen so kühn waren.“ ➢ Volltext.
[14]
Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 122
: Der ganze Bau der morgenländischen Sprachen[3] zeuget, daß alle ihre Abstrakta voraus Sinnlichkeiten gewesen: der Geist war Wind, Hauch, Nachtsturm! Heilig hieß abgesondert, einsam: die Seele hieß der Othem: der Zorn das Schnauben der Nase u. s. w. Die allgemeinern Begriffe[1] wurden ihr also erst später durch Abstraktion, Witz[2], Phantasie, Gleichniß, Analogie u. s. w. angebildet – im tiefsten Abgrunde der Sprache[1] liegt keine Einzige! | Bei allen Wilden findet dasselbe nach Maaß der Cultur[4] statt. ➢ Volltext.
[15]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 207
: Nach der Wiedereinsetzung der alten[1] Bourbon’schen Dynastie regte sich ein neuer[1] Geist[14]. Junge, kühne Männer sprachen entschieden dem strengen Formenwesen der sogenannten klassischen[8] Poesie[1] des Jahrhunderts Ludwig’s XIV. Hohn, und streiften gewaltsam ihre Fesseln ab. – Sie nannten sich im Gegensatze zu den Bekennern jener Schule, Romantiker[3]. An ihrer Spitze steht Victor Hugo. Ihm gesellen sich in diesen Bestrebungen zu: de Lamartine, Alfred de Vigny, Alexander Dumas, Jules Janin, Sainte Beure [sic], Barbier, Barthélemy und Mery, Balzac, E. Sue u. s. w. – Nur der Phantasie gehorchend, sind sie in ihrer Opposition sehr oft zu weit gegangen und haben entweder zu Grausenhaftes und Unnatürliches dargestellt, oder gerade in entgegengesetzter Richtung noch mehr gekünstelt, als ihre Gegner, so daß sie von Verirrungen in der Mehrzahl keineswegs frei zu sprechen sind; doch ist auf der andern Seite vollkommen anzuerkennen, daß sie der Poesie[1] einen neuen[1], dauernden Schwung verliehen, und daß, wenn erst größere Ruhe und Klarheit in ihre Bestrebungen tritt, wenn der Tag nicht mehr den Tag verschlingt, gerade durch diese anscheinend gewaltsame Erweiterung des Gebietes der Dichtkunst Ausgezeichnetes und Großes werde herbeigeführt werden..
[16]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 276
: Bei dem Witze[4] giebt es so wenig einen Pleonasmus der Zeichen [...] daß, eben darum die Engländer unterstreichen, um verwandte Wörter durch das äußere Auge abzusondern für das innere; z. B. Genie und Kenntniß sinken, sagt Young, unsere abnehmenden Tage sind dunkel und kalt. Vor der Phantasie hätten Finsterniß und Kälte sich ohne den Druck leicht so durchdrungen wie in jeder Nacht..
[17]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 296
: Wenn ich das Beseelen des Körperlichen als das Frühere der bildlichen Vergleichung setze: so gründ' ich mich darauf, daß das Geistige als das Allgemeinste leichter in dem Körperlichen als dem Besondern zu finden ist, als umgekehrt [...]. [...] 〈297〉 [...] Dies führt mich auf die spätere Thätigkeit des bildlichen Witzes[2], das Verkörpern des Geistigen. Ueberall sind für die Phantasie[2] Körper schwerer zu schaffen als Geister[2]. Körper begehren schärfere Individuazion; Gestalten sind bestimmter als Kräfte, folglich verschiedener. Wir kennen nur Ein Ich, aber Millionen Körper. Mithin ist es schwieriger, in dem eigensinnigen und spielenden Wechsel der bestimmten Gestalten doch eine auszufinden, welche mit ihrer Bestimmtheit einen Geist[2] und die seinige ausspräche. Es war viel leichter, das Körperliche zu beseelen und zu sagen: der Sturm zürnet, als das Geistige so zu verkörpern: der Zorn ist ein Sturmwind..
[18]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 487
: [W]enn auch eine indische Phantasie wie [...] die Herdersche gleich dem Kolibri gern auf die Blume und die Blüthe fliegt, nämlich auf die Metapher[1]: so zieht sie doch aus jeder einen andern Honig..
[19]
Novalis, an K. L. Reinhold (5. 10. 1791), NS 4, 92
: Ich sehe in einem Moment der glücklichsten Vergeistigung das bunte[2] Jahrmarktsgewühl meines bisherigen Lebens vor mir [...]: Ich sehe mich in allen den lächerlichen, sonderbaren, abenteuerlichen[3] und unnatürlichen Masken, mit welchen mich eine herrenlose Fantasie und die Grille des Augenblicks bekleidete [...]..
[20]
Novalis, an seinen Vater (9. 2. 1793), NS 4, 109
: Die Erfahrung wird ihre Hand an meine Bildung[5] legen und in ihrem hellen Lichte wird manche romantische[4/7] Jugendidee verschwinden und nur der stillen, zarten Wahrheit, dem einleuchtenden Sinn[2] des Sittlichguten, Schönen[1] und Bleibenden den Plaz überlassen. [...] Mir wird die Subordination, die Ordnung, die Einförmigkeit, die Geistlosigkeit des Militairs sehr dienlich seyn. Hier wird meine Fantasie[2/3] das Kindische, Jugendliche verlieren, was ihr anhängt und gezwungen seyn sich nach den festen Regeln eines Systems zu richten. Der Romantische[4/7] Schwung wird in dem alltäglichen, sehr unroman〈110〉tischen Gange meines Lebens viel von seinem schädlichen Einfluß auf meine Handlungen[1] verlieren und nichts wird mir übrigbleiben als ein dauerhafter, schlichter bonsens, der für unsre modernen[5] Zeiten[5] den angemessensten, natürlichsten[4] Gesichtspunkt darbietet..
[21]
Schiller, Ggw. teut. Theater (1782), NA 20, 82
: Der leidige Anstand in Frankreich hat den Naturmenschen verschnitten. – Ihr Kothurn ist in einen niedlichen Tanzschuh verwandelt. In England und Teutschland (doch auch hier nicht bälder, als bis Göthe die Schleichhändler des Geschmacks über den Rhein zurückgejagt hatte) deckt man der Natur[19], wenn ich so reden darf, ihre Schaam auf, vergrössert ihre Finnen und Leberflecken unter dem Hohlspiegel eines unbändigen Wizes[1], die muthwillige Fantasie glüender Poeten lügt sie zum Ungeheuer und drommelt von ihr die schändlichsten Anekdoten aus. Zu Paris liebt man die glatten zierlichen Puppen, von denen die Kunst[16] alle kühne Natur[19] hinwegschliff..
[22]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 26
: Weit geringer und beschränkter ist die Wirkung des Rhythmus, insofern er äußere Gegenstände malen soll. Eine unmittelbare Ähnlichkeit hat er nur mit ihrer Bewegung; mit anderen Beschaffenheiten derselben hat er nur entferntere, größtenteils gar keine der Phantasie bemerkbare Beziehung. Es kann also weder erwartet noch gefordert werden, daß die rhythmische Beschaffenheit jedes Wortes[1] mit seiner Bedeutung übereinstimme..
[23]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 404
: Die Ableitung der Wörter wird durch den Verlauf der Zeit unkenntlich, indem sie selbst sich nach der Bequemlichkeit der Sprechenden 〈404〉 [richtet], jene Symbolik, jener allgemeine Schematismus der Fantasie, muß den strengeren aber todten Bestimmungen des Verstandes weichen: und so wird im Fortgange der Cultur[3] die Sprache[1] aus einer Einheit lebendiger Bezeichnung in eine Sammlung willkührlicher conventioneller Zeichen verwandelt erscheinen..
[24]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 411
: Man räth gewöhnlich beym Gebrauch der Tropen und Metaphern[1] große Mäßigung an, und warnt vor Übertreibung und allzu großer Kühnheit. Freylich kann in vielen Gedichten oder Theilen derselben Einfalt oder Schmucklosigkeit des Ausdrucks wesentlich seyn; in andern Fällen ist es aber erlaubt, das ganze Füllhorn der üppigsten und feurigen Fantasie auszuschütten: die Natur[1] der Sache muß darüber einzig entscheiden.
[25]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 411
: Die Nüchternheit [...], welche die Kunstrichter als Correctheit anpreisen, ist meistens nur Fantasielosigkeit und Armuth des Geistes[20]. Als Schwulst und Bombast pflegen eben diese alles zu verwerfen, was irgend über den Horizont des Herkommens und der Gewöhnung hinausgeht. Sie wenden dabey den schon ein andermal gerügten grundlosen Begriff vom Natürlichen[4] und Unnatürlichen an, indem sie mit ihrer Natur[2] nicht die große, unendliche, sondern die oft kläglich beschränkte Ansicht einer Nation[1], eines Zeitalters meynen. Nur auf eine solche Verschwendung von Bildern, welcher kein wahrer Schwung der Fantasie zum Grunde liegt [...], paßt die Benennung des Schwulstes, oder des Bombastes, wenn die Fantasie sich aus den heitern[4] Regionen schöner Anschaulichkeit in das Verworrne und Sinnlose verliert. Sonst aber kann eigentlich eine Metapher[1] niemals zu kühn seyn. Alle Dinge stehn in Beziehungen auf einander, alles bedeutet daher alles, jeder Theil des Universums spiegelt daher das Ganze: dieses sind eben so wohl philosophische als poetische Wahrheiten. Nach der einen großen Metapher[5], welche schon in der ursprünglichen Bildung[3] der Sprache[1] liegt, da nämlich das Sinnliche das zu bezeichnende Geistige vertreten muß, wodurch die Gleichheit dieser beyden entgegengesetzten Welten erklärt wird, kann eigentlich der Dichter nichts kühneres mehr wagen..
[26]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!1802–03), KAV 1, 487
: Einen einzigen vortrefflichen Roman zu schreiben, dazu gehört nicht weniger als ein umfassender Dichtergeist von einem interessanten[1] Leben befruchtet; ein großer Verstand, der jedoch den kühnsten Combinationen der Fantasie keinen Eintrag thut; eine unendlich gebildete Kunst[6], um die Geheimnisse seiner Welt, seines Gemüths in anmuthigen immer klaren, und immer räthselhaften Sinnbildern auszusprechen..
[27]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!
1802–03), KAV 1, 505
: In ächten Kunstwerken spricht sich die Tiefe der Weisheit und die Hoheit des Gemüths ganz anders aus als in so vielen für wissenschaftlich geltenden Büchern, es sind bey jenen eben die Kräfte in höchster Energie wirksam, wodurch die Wissenschaft par excellence, die Philosophie zu Stande gebracht wird: Vernunft und Fantasie, aus einem höheren Gesichtspunkte betrachtet beyde nur Eine gemeinschaftliche Grundkraft; da hingegen das Wissen, womit man sich gewöhnlich so viel weiß, nur Sache wahrhaft untergeordneter abgeleiteter Kräfte, des Verstandes und Gedächtnisses, ist..
[28]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 49
: Ich möchte ihn [sc. Fleming] unter unsern Dichtern vorzugsweise den südlichen[3] nennen, aber er wurde darum seinem Vaterlande nicht fremd[4]: er hatte ein Deutsches Herz und eine Orientalische[2] Fantasie; und wie sich das äußre Leben oft mit dem innern harmonisch gestaltet, so mußte sich auch für ihn durch die holsteinische Gesandtschaft nach Persien die damals unerhört seltne Gelegenheit darbieten, durch Rußland und die tatarischen Steppen bis in die schönsten[1] Gegenden des Orients[1] hinzugelangen, eine Reise, die er mit romantischem[4] Sinne[5] aufgefaßt und herrlich dargestellt hat..
[29]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 57
: Was aber den Lohenstein betrifft, da ich sehe, daß man seinen Namen sprüchwörtlich gebraucht, um das Abgeschmackte zu bezeichnen, und so gegen die verhaßte Poesie[15] zu polemisiren, so muß ich darauf erwiedern, daß eine altfränkisch gewordne Verkehrtheit dem ungeachtet leicht eine neumodische werth seyn möchte, und daß unsre heut zu Tage beliebten Schriftsteller vor Lohensteins Fehlern sehr sicher sind. Man könnte ihnen in der That zu jedem Symptome der Art Glück wünschen. Es ist in seinen Antithesen oft ein großer Aufwand von Scharfsinn, in den sinnreichen Vergleichungen Schwung der Fantasie, und wo der Prunk die Stelle der Schönheit[1] vertreten muß, spürt man doch zuweilen noch die ursprüngliche Anschauung und Wahrheit der Natur[19], welche solche Ausdrücke zuerst gefunden hat..
[30]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 65
: Die Symbolik beruht zwar auf allgemeinen Gesetzen der Fantasie und des Schematismus, doch modificirt sie sich nach Zeitaltern und Nationen[1]; und indem hier der Cirkel eintritt, in welchem der Philolog sich so oft befangen sieht, daß er eben dasjenige aus dem Gegenstande erst kennen lernen muß, wovon er die Kenntniß doch zu dessen richtiger Beurtheilung schon bedarf, so fällt auch diese Deutung symbolischer Monumente ihrer ganzen Analogie nach unter die höhere philologische Kritik[2]..
[31]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 273
: Die Einheit eines historischen Kunstwerks[2] ist nun unstreitig von derselben Art wie die poetische[4], nur daß in der Poesie[1] Stoff und Form der schaffenden Fantasie anheim gestellt ist, da hingegen die historische Kunst[2] sich an ein gegebnes anzuschließen hat. Dieß ist es, was ich meynte, wenn ich die Geschichte[4] eine Poesie[1] der Wahrheit nannte, ein Ausdruck den man aus lächerlicher Kurzsichtigkeit und Unwissenheit so lächerlich gefunden hat..
[32]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 318
: [Das] Wortspiel [...], welches ganz unbilliger Weise, vielleicht durch den damit getriebnen Misbrauch, noch mehr aber durch die Unfähigkeit dergleichen zu erfinden, im Gebiet des Geschmacks so übel verrufen ist, bezweckt eine witzige Vergleichung oder Entgegensetzung, welche durch Einerleyheit, Ähnlichkeit oder Verschiedenheiten der Wörter im Klange mehr ins Licht gesetzt wird, und so gleichsam eine sinnliche Überzeugung mit sich führt. Es wird an die Sprache[1] die Foderung gemacht, daß das Äußere und Innere mit einander in Übereinstimmung stehen, daß also auch Verwandtes und Ähnliches durch ähnliche Laute bezeichnet seyn soll. Bey einer ausgebildeten Sprache[1] welche den Charakter[1] der willkührlichen Bezeichnung gewonnen hat, ist dieß nun nicht durchgehends möglich; es wird also bey dem Wortspiel ein zufälliger Vortheil, welchen die Sprache[1] darbietet, benutzt, um sie zu dieser Bestimmung, die Gegenstände zu mahlen, zurückzuführen: und es ist eben dem Geiste[12] des fröhlichen Scherzes sehr angemessen, die wahre Etymologie und Grammatik mit selbstbewußter Willkühr bey Seite zu schieben, und der Sprache[1] einigen Zwang anzuthun. Dieß darf freylich da nicht geschehen, wo das Wortspiel einen ernsten Eindruck machen soll, wie es denn majestätische, erhabne, und wiederum äußerst zarte Wortspiele geben kann, welche gleichsam die Mysterien der Fantasie enthüllen..
[33]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 47 f. (48)
: Es giebt eine Art von Poesie[11], die ein zu einsamer Beschaulichkeit gestimmtes Gemüth leise anregt, ungefähr wie gelinde Lüfte Accorde aus einer Aeolsharfe hervorrufen. Diese Poesie[11], wie vortrefflich sie sonst seyn möchte, würde ohne andre Begleitung auf der Bühne ungehört verhallen. Die schmelzende Harmonica ist nicht dazu gemacht, den Tritt eines Heeres zu ordnen und anzufeuern. Dazu gehören durchdringende Instrumente[3], besonders aber ein entschiedener Rhythmus, der den Pulsschlag beschleunigt, und das sinnliche Leben in rascheren Schwung setzt. Diesen Rhythmus in der Fortbewegung eines Drama's sichtbar zu machen, ist das Haupterforderniß. Ist dieß einmal gelungen, dann darf der 〈48〉 Dichter sich schon eher in seiner raschen Laufbahn verweilen, und seiner Neigung nachhängen. Es giebt Punkte, wo die entfaltetste oder geschmückteste Erzählung, die begeistertste Lyrik, die tiefsinnigsten Gedanken und entferntesten Andeutungen, die sinnreichsten Spiele des Witzes[2], die glänzendsten einer gaukelnden und in den Lüften schwebenden[7] Fantasie schon an ihrer Stelle sind, und wo die [...] Zuhörer [...] diesem allem mit begierigem Ohr[3] folgen werden, wie einer zu ihrer Stimmung passenden Musik[4]. Hiebey ist die große Kunst[6] des Dichters, die Wirkung der Gegensätze zu benutzen, wodurch es möglich wird, ruhige Stille, in sich gekehrte Betrachtung, ja die nachläßige Hingegebenheit der Erschöpfung, eben so auffallend hervorzuheben, als in andern Fällen die gewaltsamste Bewegung, den heftigsten Sturm der Leidenschaften. ➢ Volltext.
[34]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 343 f. (344)
: Wenn die Charakter[7] nur leicht angedeutet sind, eben so viel als nöthig ist, um Handlungen der Personen in dem und jenem Fall zu begründen; wenn sich übrigens die Vorfälle so häufen, daß sie der charakteristischen[3] Entfaltung wenig Raum gönnen; wenn die Verwickelung so auf die Spitze gestellt ist, daß sich die bunte Verwirrung der Misverständnisse und Verlegenheiten in jedem Augenblicke lösen zu müssen scheint, und doch der Knoten immer von neuem geschürzt wird: eine solche Composition kann man wohl ein Intriguen-Stück nennen. Die französischen Kunstrichter haben es zur Mode gemacht, diese Art an Werth sehr tief unter das sogenannte Charakter-Stück herabzusetzen, vielleicht weil sie zu sehr darauf sehen, was man von einem Schauspiele behalten und mit sich nach Hause nehmen kann. Freylich löst sich am Ende das In〈344〉triguen-Stück gewissermaßen in Nichts auf: aber warum sollte es nicht erlaubt seyn, zuweilen ohne andern Zweck bloß sinnreich zu spielen? Viel erfinderischer Witz[1] gehört gewiß zu einem guten Lustspiel dieser Art; außer der Unterhaltung, welche der aufgewandte Scharfsinn gewährt, kann das wunderbare Gaukelspiel noch einen großen Reiz für die Fantasie haben, wie uns viele spanische Stücke beweisen. .
[35]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 53
: Man verkennt [...] ganz und gar die Rechte der Poesie[11] und des romantischen[12/4] Drama's, welches eben weil es pittoresk[2] ist und sein soll, reichere Umgebungen und Contraposte für seine Hauptgruppen erfodert. In aller Kunst[4] und Poesie[11], vornämlich aber in der romantischen[12/4], macht die Fantasie als eine unabhängige Seelenkraft, die sich nach eignen Gesetzen regiert, ihre Ansprüche geltend. ➢ Volltext.
[36]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 65
: Es versteht sich, daß nicht alle Wortspiele, noch an jedem Orte zu billigen sind. Es kommt darauf an, ob die Stimmung ein solches Spiel der Fantasie zuläßt, und 〈66〉 ob die Einfälle, Vergleichungen, Anspielungen, die ihnen zum Grunde liegen, innern Gehalt haben. ➢ Volltext.
[37]
F. Schlegel, Lucinde (1799), 34
: Die Blüthen aller Dinge jeglicher Art flicht Poesie[5] in einen leichten Kranz und so nennt und reimt auch Wilhelmine Gegenden, Zeiten, Begebenheiten, Personen, Spielwerke und Speisen, alles durch einander in romantischer[4] Verwirrung, so viel Worte[2] so viel Bilder; und das ohne alle Nebenbestimmungen und künstlichen Übergänge, die am Ende doch nur dem Verstande[1] frommen und jeden kühneren Schwung der Fantasie hemmen. ➢ Volltext.
[38]
F. Schlegel, Lucinde (1799), 34
: Die Blüthen aller Dinge jeglicher Art flicht Poesie[5] in einen leichten Kranz und so nennt und reimt auch Wilhelmine Gegenden, Zeiten, Begebenheiten, Personen, Spielwerke und Speisen, alles durch einander in romantischer[4] Verwirrung, so viel Worte so viel Bilder; und das ohne alle Nebenbestimmungen und künstlichen Übergänge, die am Ende doch nur dem Verstande[1] frommen und jeden kühneren Schwung der Fantasie[2] hemmen. ➢ Volltext.
[39]
F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 101 ff. (102 f.)
: Einen großen Vorzug hat die Mythologie. Was sonst das Bewußtseyn ewig flieht, ist hier dennoch sinnlich geistig zu schauen, und festgehalten, wie die Seele in dem umgebenden Leibe, durch den sie in unser Auge schimmert, zu unserm Ohre[4] spricht. | Das ist der eigentliche Punkt, daß wir uns wegen des Höchsten nicht so ganz allein auf unser Gemüth verlassen. Freylich, wem es da trocken ist, dem wird es nirgends quillen; und das ist eine bekannte Wahrheit, gegen die ich am wenigsten gesonnen bin mich aufzulehnen. Aber wir sollen uns überall an das Gebildete anschließen und auch das Höchste durch die Berührung des Gleichartigen, Aehnlichen, oder bey 〈102〉 gleicher Würde Feindlichen entwickeln, entzünden, nähren, mit einem Worte[1] bilden. [...] | Die Mythologie ist ein solches Kunstwerk[1] der Natur[2]. In ihrem Gewebe ist das Höchste wirklich gebildet; alles ist Beziehung und Verwandlung, angebildet und umgebildet, und dieses Anbilden und Umbilden eben ihr eigenthümliches Verfahren, ihr innres Leben, ihre Methode, wenn ich so sagen darf. | Da finde ich nun eine große Aehnlichkeit mit jenem großen Witz[2] der romantischen[12/4] Poesie[22], der nicht in einzelnen Einfällen, sondern in der Construction des Ganzen sich zeigt, und den unser Freund uns schon so oft an den Werken des Cervantes und des Shakspeare entwickelt hat. Ja diese künstlich geordnete Verwirrung, diese reizende Symmetrie von Widersprüchen, dieser wunderbare ewige Wechsel von Enthusiasmus und Ironie[1], der selbst in den kleinsten Gliedern des Ganzen lebt, scheinen mir schon selbst eine indirekte Mythologie zu seyn. Die Organisazion[8] ist dieselbe und gewiß ist die Arabeske die älteste[1] und ursprüngliche Form der menschlichen Fantasie. Weder dieser Witz[2] noch eine Mythologie können bestehn ohne ein erstes Ursprüngliches und Unnachahmliches, was schlechthin unauflöslich ist, was nach allen Umbildungen noch die alte[5] Natur[1/19] und Kraft durchschimmern läßt, wo der naive[2] Tiefsinn den Schein des Verkehrten 〈103〉 und Verrückten, oder des Einfältigen und Dummen durchschimmern läßt. Denn das ist der Anfang aller Poesie[11], den Gang und die Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft[1] aufzuheben und uns wieder in die schöne[1] Verwirrung der Fantasie, in das ursprüngliche Chaos der menschlichen Natur[1/19] zu versetzen, für das ich kein schöneres[1] Symbol bis jetzt kenne, als das bunte[2] Gewimmel der alten[10] Götter[5]. ➢ Volltext.
[40]
F. Schlegel, Ideen (1800), 5, Nr. 8
: Der Verstand[1], sagt der Verfasser der Reden über die Religion[1], weiß nur vom Universum; die Fantasie herrsche, so habt ihr einen Gott[1]. Ganz recht, die Fantasie ist das Organ[3] des Menschen für die Gottheit. ➢ Volltext; vgl. [41].
[41]
Schleiermacher, Religion (1799), 129
: In der Religion[1] wird das Universum angeschaut, es wird gesezt als ursprünglich handelnd auf den Menschen. Hängt nun Eure Fantasie an dem Bewußtsein Eurer Freiheit[10] so daß sie es nicht überwinden kann dasjenige was sie als ursprünglich wirkend denken soll anders als in der Form eines freien[10] Wesens zu denken; wohl, so wird sie den Geist[12] des Universums personifiziren und Ihr werdet einen Gott[1] haben; hängt sie am Verstande[1], so daß es Euch immer klar vor Augen steht, Freiheit[10] habe nur Sinn[2] im Einzelnen und fürs Einzelne; wohl, so werdet Ihr eine Welt haben und keinen Gott[1]. ➢ Volltext; vgl. [40].
[42]
L. Tieck, Phantasus I (1812), 396
: Häufig [...], wenn wir vom Dramatischen sprechen, verwechseln wir dieses mit dem Theatralischen, und wiederum ein mögliches besseres Theater mit unserm gegenwärtigen und seiner ungeschickten Form; und in dieser Verwirrung verwerfen wir viele Gegenstände und Gedichte als unschicklich, weil sie sich freilich auf unsrer Bühne nicht ausnehmen würden. Sehn wir also ein, daß ein neues[1] Element erst das dramatische Werk als ein solches beurkundet, so ist wohl ohne Zweifel eine Art der Poesie[11] erlaubt, welche auch das beste Theater nicht brauchen kann, sondern in der Phantasie[19] eine Bühne für die Phantasie[2] erbaut, und Compositionen versucht, die vielleicht zugleich lyrisch, episch und dramatisch sind, die einen Umfang gewinnen, welcher gewissermaßen dem Roman[1] untersagt ist, und sich Kühnheiten aneignen, die keinem andern dramatischen Gedichte ziemen. Diese Bühne der Phantasie[2] eröffnet der romantischen[1/4] Dichtkunst[1] ein großes Feld, und auf ihr dürfte diese Magelone und manche alte[1/11] anmuthige Tradition sich wohl zu zeigen wagen..
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J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 5
: In F. L. Stolbergs Seele ist die Urtheilskraft untergeordnet dem Gefühl, beide dem Wiz[2] und der Fantasie. So erkennt ihn jeder im lebhafteren Gespräch, und im zufahrenden Parteinehmen. ➢ Volltext.