[1]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 144
: Der Provenzalischen Poesie[11] ist es ergangen, wie es jeder ganz subjectiven Poesie[11] ergehen muß, die bloß unmittelbar vom Leben lebt, und ihre Nahrungsquellen nicht weiter zurück liegen hat, als in der allgemein ansprechenden Sitte und den persönlichen Leidenschaften der Sänger. Wenn der Kreis der Gefühle durchlaufen, die Mannichfaltigkeit von Individualitäten, welche in diesem Styl der Bildung Statt findet, ausgesprochen ist, so wiederhohlt sie sich oder artet aus. Wie eine durch eigne Fruchtbarkeit erschöpfte Mutter konnte die Provenzalische Poesie[11] nur in Kindern fortblühen, die in andern Ländern ihr Glück suchten. Sollte etwas neues und größeres zu Stande kommen, so mußten noch unbekannte Anschauungen die Geister[20] befruchten, und dieß war in Italien der Fall. Die drey Häupter und Stifter Aller modernen Kunstpoesie, Dante, Petrarca und Boccaccio legten sich sämtlich mit großem Eifer auf das Studium der classischen[7] Autoren und trieben es so weit, als in ihrer Zeit[3] möglich war.
[2]
Goethe, Ged. (1802), WA I, 4, 129
: So ist's mit aller Bildung auch beschaffen: | Vergebens werden ungebundne Geister[32] | Nach der Vollendung reiner Höhe streben. || Wer Großes will muß sich zusammenraffen; | In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister, | Und das Gesetz nur kann uns Freiheit[11] geben..
[3]
v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III
: Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. .
[4]
Novalis, an A. C. Just (26. 12. 1798), NS 4, 272
: Wenn ich weniger auf urkundliche Gewißheit, weniger auf den Buchstaben[11], weniger auf die Wahrheit und Umständlichkeit der Geschichte[3] fuße; wenn ich geneigter bin, in mir selbst höhern Einflüssen nachzuspüren [...]; wenn ich in der Geschichte[3] und den Lehren der christlichen Religion[1] die symbolische Vorzeichnung einer allgemeinen, jeder Gestalt fähigen, Weltreligion [...] und wahrhaftig also auch die vollkommenste Offenbarung zu sehen glaube; wenn mir aber eben aus diesem Standpunkt alle Theologien auf mehr oder minder glücklich begriffenen Offenbarungen zu ruhen, alle zusammen jedoch in dem sonderbarsten Parallelism mit der Bildungsgeschichte der Menschheit[2] zu stehn und in einer aufsteigenden Reihe sich friedlich zu ordnen dünken, so werden Sie das vorzüglichste Element meiner Existenz, die Phantasie[3], in der Bildung dieser Religionsansicht, nicht verkennen..
[5]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 4
: Die Aesthetik oder die philosophische Theorie des Schönen[2] und der Kunst[2] ist unendlich wichtig in ihrer Beziehung auf die übrigen Untersuchungen über den menschlichen Geist[11]; aber für sich allein ist sie darum noch nicht praktisch belehrend. Dieß wird sie erst durch ihre Verbindung mit der Geschichte[4] der Künste[2]. Kritik[2] nennen wir den Mittelbegriff zwischen der allgemeinen Lehre und der geordneten Erfahrung oder der Geschichte[4]. Die Vergleichung und Beurtheilung der vorhandenen Hervorbringungen des menschlichen Geistes[11] muß uns die Bedingungen an die Hand geben, die zur Bildung eigenthümlicher und gehaltvoller Kunstwerke[2] erfoderlich sind. | Mit der Fackel der Kritik[2] [...] wollen wir die Geschichte[1] der dramatischen Kunst[2] beleuchten. ➢ Volltext.
[6]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (
21817), 3 f. (4)
: Die allgemeine philosophische Theorie der Poesie[1] und der übrigen schönen[2] Künste[1] stellt die Grundgesetze des Schönen[1] auf, die allen mit einander gemein sind. Jede Kunst[2] hat ferner ihre besondere Theorie, welche darauf abzweckt, die Gränzen, die Schwierigkeiten und die Mittel dieser Kunst[2] kennen zu lehren. Hiezu werden wissenschaftliche Erörterungen erfo〈4〉dert, welche dem Künstler nützlich, aber wenig anziehend für solche Freunde der Kunst[2] sind, die nur die Hervorbringungen ausgezeichneter Geister[32] genießen wollen. Die allgemeine Theorie hingegen zergliedert eine der menschlichen Natur[1] wesentliche Eigenschaft: die Fähigkeit das Schöne[1] zu empfinden, woraus das Bedürfniß der schönen[2] Künste[1] und das Wohlgefallen daran entsteht; sie zeigt das Verhältniß zwischen dieser Fähigkeit und allen übrigen sittlichen und erkennenden Fähigkeiten des Menschen. Sie ist also sehr wichtig für den Denker, aber an sich allein reicht sie nicht hin, um zur Führerin bey Ausübung der Kunst[2] zu dienen. | Die Geschichte[4] der schönen[2] Künste[1] lehrt uns, was geleistet worden, die Theorie, was geleistet werden soll. Ohne ein verbindendes Mittelglied würden beyde abgesondert und unzulänglich bleiben. Die Kritik[2] ist es, welche die Geschichte[4] der Künste[2] aufklärt, und ihre Theorie fruchtbar macht. Die Vergleichung und Beurtheilung der vorhandenen Hervorbringungen des menschlichen Geistes[11] muß uns die Bedingungen an die Hand geben, die zur Bildung eigenthümlicher und gehaltvoller Kunstwerke[2] erforderlich sind..
[7]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 57
: Wie der Verstand[1] nur eine Funktion hat: unmittelbare Erkenntniß des Verhältnisses von Ursache und Wirkung, und die Anschauung der wirklichen Welt, wie auch alle Klugheit, Sagacität und Erfindungsgabe, so mannigfaltig auch ihre Anwendung ist, doch ganz offenbar nichts Anderes sind, als Aeußerungen jener einfachen Funktion; so hat auch die Vernunft[1] eine Funktion: Bildung des Begriffs[1]: und aus dieser einzigen erklären sich sehr leicht und ganz und gar von selbst alle jene oben angeführten Erscheinungen, die das Leben des Menschen[1] von dem des Thieres[1] unterscheiden, und auf die Anwendung oder Nicht-Anwendung jener Funktion deutet schlechthin Alles, was man überall und jederzeit vernünftig oder unvernünftig genannt hat. ➢ Volltext.