[1]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 221 f. (222)
: Was ich gesehen hab noch? – Eine Biene die sich 〈222〉 ein Bad zurecht machte in dem Schüsselblatt von einer Geisblattblüthe, sie patschte drinn herum, tauchte den Kopf unter und wusch sich von allen Seiten mit ihrem Rüsselchen, grad wie eine Katze. – Nun denk ich, ob man eine Biene nicht könne zahm machen auch wie eine Katze. Daß sie hereingeflogen käm, Abends und schlief da auf einem Nelkenstock oder Wicken, oder sonst einem Blumenstock den die Bienen lieben. Der Gärtner meint, eine oder die andere die einen apparten Sinn habe, könne das wohl – und sagte noch allerlei von den Bienen was die Leute nicht glauben, weil es zu gescheut wär für so kleine Thiere[1], aber es sei dennoch wahr; ich glaubs, warum soll er es nicht besser wissen, da er diese mit so großer Liebe beobachtet [...]. ➢ Volltext
[2]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 341 f.
: Gefühl (Aesthetik), ist die Fähigkeit der Seele (Gefühlsvermögen), die durch die äußeren Sinne empfangenen Eindrücke sich als gut oder nicht gut, als schön[1] oder nicht schön[1] zu denken. 〈342〉 Ohne Denken findet kein Fühlen Statt; Gefühl lebt nur durch die Vernunft[6], d. i. durch das Erkenntnißvermögen. Das Thier[1] empfindet nur. So bewußtlos auch das Gefühl sich in uns anzukünden scheint, so unabhängig es vom Geiste[22] wirkt, so innig verbunden ist es doch mit dem höheren Denken (nicht mit dem Verstande[1], als dem niederen Erkenntnißvermögen), nämlich mit der Vernunft[1]. Das Gefühl ist die Sprache[2] der Seele, die Gesammtheit der inneren Sinne, die durch die äußeren in Thätigkeit versetzt werden, und durch welche der Wille angeregt wird.
[3]
Ch. Michaelis, an C. Böhmer (Nov. 1785), C 1, 134
: Gestern den ganzen Morgen von 9 Uhr bis 12 Uhr bin ich mit Louisen bey der Paradis gewesen, die uns beiden sehr lieb hat und ein liebes Mädchen ist mit viel Geist[20] bey ihrer Blindheit, sie Singt nicht schön[1], aber mit ausdruck, den nur die haben können, denen sonst ein Sin fehlt, Pfeffel hatte sie der Leßen empfohlen – die Leßen ist ganz bezaubert – Bürger ist außer sich gekommen, wie er das Tralirum larum leyer von ihr gehört hat, und hat gesagt, das wäre einen Kieselstein in Gold gefast.
[4]
Novalis, Blüthenstaub (1798), 75, Nr. 22
: Das willkührlichste Vorurtheil ist, daß dem Menschen[1] das Vermögen außer sich zu seyn, mit Bewußtseyn jenseits der Sinne zu seyn, versagt sey. Der Mensch[1] vermag in jedem Augenblicke ein übersinnliches Wesen zu seyn. Ohne dies wäre er nicht Weltbürger, er wäre ein Thier[11]. Freylich ist die Besonnenheit, Sichselbstfindung, in diesem Zustande sehr schwer, da er so unaufhörlich, so nothwendig mit dem Wechsel unsrer übrigen Zustände verbunden ist. Je mehr wir uns aber dieses Zustandes bewußt zu seyn vermögen, desto lebendiger, mächtiger, genügender ist die Überzeugung, die daraus entsteht; der Glaube an 〈76〉 ächte Offenbarungen des Geistes[1/19]. ➢ Volltext
[5]
Novalis, Stud. Bild. Kunst (*1798), NS 2, 650 f. (651), Nr. 485
: Unser Körper ist ein Theil der Welt – Glied ist besser gesagt: Es drückt schon die Selbstständigkeit, die Analogie mit dem Ganzen – 〈651〉 kurz den Begriff[1] des Microcosmus aus. Diesem Gliede muß das Ganze entsprechen. So viel Sinne, so viel Modi des Universums – das Universum völlig ein Analogon des menschlichen Wesens in Leib – Seele und Geist[22].
[6]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
21801), 1146
: Der Verstand[4], [...] das Vermögen, die Fähigkeit, einen andern zu verstehen, welche erste und eigentliche Bedeutung noch im gemeinen Leben häufig ist, in welcher denn auch den Thieren[1] Verstand[4] zukommt. In weiterer Bedeutung ist der Verstand[6] das Vermögen zu erkennen, so daß es auch die Sinne und Einbildungskraft mit unter sich begreift, und den Thieren[1] gleichfalls zukommt. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist es das Vermögen, deutliche Begriffe[1] zu haben; in welchem Falle der Verstand[2] nur vernünftigen Geschöpfen allein zukommt, sich aber von der Vernunft[1] in engerm Verstande[7] hinlänglich unterscheidet..
[7]
B. v. Arnim, Günder. I (1840), 290
: Nicht wahr das soll auch ein Hauptprinzip der schwebenden[7] Religion[1] sein daß wir keine Bildung[5] gestatten, – Das heißt kein angebildet Wesen, jeder soll neugierig sein auf sich selber, und soll sich zu Tage fördern wie aus der Tiefe ein Stück Erz oder ein Quell, die ganze Bildung[2] soll darauf ausgehen daß wir den Geist[12/19] ans Licht hervorlassen. Mir deucht mit den fünf Sinnen die uns Gott gegeben hat könnten wir alles erreichen ohne dem Witz[2/3] durch Bildung[2] zu nahe zu kommen. Gebildete Menschen sind die witzloseste Erscheinung unter der Sonne. Echte Bildung[5] geht hervor aus Übung der Kräfte die in uns liegen, nicht wahr?.
[8]
B. v. Arnim, Günder. I (1840), 311
: Ach ich sag Dir, es liegt ein Adel[5], ein steigernder Trieb in der Seele der auf die Aussenseite des Lebens zurückstrahlt, alles aus leidenschaftlicher Berührung der Sinne mit dem Geist[19]; wenn Du schreitest, wenn Du Dich wendest, wenn Du die Stimme[3] erhebst – was auch des geringsten nur, Dich einen Augenblick aus der Gegenwart (Einwirkung) jener Lebensregungen entfernt, fühlst Du nicht Vorwürfe? – ein Stocken, eine Ohnmacht in Dir?.
[9]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 109
: Was Du thust, erhalte Deine Seele in reiner jugendlicher Liebe zum Großen und Schönen[1]. Auch die Sinne wollen die Befriedigung in der Schönheit[1], sie suchen es in sich und in dem was Einfluß auf sie übt. Du 〈110〉 fühlst Dein Ohr[3] beleidigt, durch eine klanglose raue Stimme[3] die keinen Geist[20] wiederhallt, so Dein Auge lenkt ab von dem was seinem Schönheitsreiz wiederspricht. Oder es forscht nach der tieferen Schönheit[1] des Geistesadel und der Güte, wenn es mit häßlichen[1] Zügen sich bekannt macht. ➢ Volltext.
[10]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111
: Es würde mich freuen wenn Du wolltest Dich mit dem Englischen beschäftigen. Sprachen[3] sind ein großer Gewinn, sie enthalten außer der Verschiedenheit des Ausdrucks, auch noch ein melodisches Genie[1] und dies erzeugt wieder auch ein tanzendes Genie[1] im Geist[19]. Und willst Du hinter alle Geheimnisse des Geistes[19] kommen, so nehme nur Rücksicht auf das Leben was die Sinne führen, es spricht Dir Befähigung und Kraft und Neigung aus. In unserer äußern Welt construiren sie eine erhabne Geisteswelt, die reifen muß in ihr, und endlich sich selbständig zur Welt gebären muß. Das ist unsre Erlösung aus dem Irdischen ins Himmlische. .
[11]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111
: Sprachen[3] lernen, ist mit dem Geist[19] der aufregendsten Tanzmusik folgend, sich behagen in harmonischen Beugungen und zierlichen kecken labyrintischen Tänzen, und dies electrisirt den Geist[19] wie die Tanzmusik Deine Sinne electrisirt. In der Sprache[3] aber vermählen sich die Sinne wirklich mit dem Geist[19], und aus dieser Verbin〈112〉dung erzeugt sich denn, was die Völker[1] mit Erstaunen als ihr höchstes Kleinod lieben und erheben, und wodurch sie sich erhaben fühlen über andre Völker[1], was den Charakter[1] ausspricht ihrer Nationalität, nämlich der Dichter. .
[12]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 76
: Da [...] die Sprache[1] [...] ein progreßives[2] Ganze ist, welches immer aus der Nothwendigkeit der Mittheilung gebraucht, und so unvermerkt verändert wird; und da [...] dasselbe Ding sich nicht nur mehreren Sinnen, sondern auch einem Sinne sich von verschiedenen Seiten offenbart: so begründet sich hierdurch [...] wesentlich ein Unterschied in der Wortbildung, und die Möglichkeit mehrerer Sprachen[3] läßt sich begreifen. ➢ Volltext.
[13]
C. Böhmer, an L. Gotter (20. 4. 1792), C 1, 251
: Kent Ihr Mirabeaus Briefe[1], aus dem Kerker an seine Geliebte geschrieben? ich glaube, [H. A. O.] Reichard übersezt[1] sie – unter uns, wie will das der kraftlose Mensch[8] anfangen, den Aeußerungen des Kraftvollsten Sprache[8] zu geben? oder die in eine andre [Sprache3] zu übertragen, die im Original so unaufhaltsam aus der Quelle strömend, zu der Seele, zu dem Herzen, zu den Sinnen redet..
[14]
Brockhaus, Conv.-Lex. VIII (1811), 176
: Organ[2] [...] bedeutet jedes Werkzeug der äußern Sinne, der Empfindung und überhaupt jeden Körper, der so gebaut ist, daß dadurch gewisse Zwecke und Wirkungen erreicht werden können, z. B. das Auge, Ohr[2] etc[.] [...] Daher heißen denn auch Organe[2] solche Gefäße, in welchen Säfte, die zur Nahrung der Thiere[2] und Pflanzen[1] dienen, umlaufen; und eben daher heißt | die Organisation[3] (auch Organismus[3]) derjenige Bau eines Körpers, mit welchem die flüssigen Theile desselben in den festen Gefäßen sich bewegen, verändern und durch Assimilation in die Substanz des Körpers selbst übergehen können. Und eben dadurch unterscheiden sich denn auch die Organischen[3] Körper von den Mineralien, welche nur aus der Zusammenhäufung gleichartiger Theile von außen her entstehen..
[15]
Ehrmann, Amalie (1788), 86 f. (87)
: Eine hiesige [sc. italienische] Opernsängerin ist so 〈87〉 sehr Maschine, daß sie sich blos hinter der Gardine hören lassen muß, wenn sie nicht will, daß fast alle Sinnen des Zuschauers, außer dem Gehör, ihre Ankläger werden. – Was kümmert mich eine helle Kehle, wenn ihre Besizzerin nicht die Kunst[6] versteht, die Töne durch Seelen-Affekt in mein Herz zu gießen? – Ein bloses musikalisches[1] Instrument[1] thut mehr Wirkung auf die Empfindung der Zuhörer, weil das Auge dabei keine Foderung machen darf. – Ich höre hier allen Opernsängerinnen mit geschlossenen Augen zu, um mir den Aerger über ihre hölzerne Geschmaklosigkeit zu ersparen. – Schade ist es für eine so feurige Nazion[1], daß ihr die noch nöthige Kultur[3] fehlt; sie könnte große Fortschritte in der Schauspielkunst machen, wenn sie durch Lektur und gute Anleitung geführt würde. .
[16]
Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 193
: Gesetzt, das Schicksal hätte einen zu einem großen Mahler bestimmt, und dem Zufall beliebte es, seine Jugend in schmutzige Hütten, Ställe und Scheunen zu verstoßen, glauben Sie, daß ein solcher Mann sich jemals zur Reinlichkeit, zum Adel[5], zur Freiheit[14] der Seele erheben werde? Mit je lebhafterm Sinn er das Unreine in seiner Jugend angefaßt und nach seiner Art veredelt hat, desto gewaltsamer wird es sich in der Folge seines Lebens an ihm rächen, indem es sich, inzwischen daß er es zu überwinden suchte, mit ihm auf's innigste verbunden hat. Wer früh in schlechter unbedeutender Gesellschaft gelebt hat, wird sich, wenn er auch später eine bessere haben kann, immer nach jener zurücksehnen, deren Eindruck ihm, zugleich mit der Erinnerung jugendlicher, nur selten zu wiederholender Freuden, geblieben ist..
[17]
Goethe, Sammler (1799), WA I, 47, 202
: Die bildende Kunst[18] soll, durch den äußern Sinn, zum Geiste[19] nicht nur sprechen, sie soll den äußern Sinn selbst befriedigen. Der Geist[19] 〈203〉 mag sich alsdann hinzugesellen und seinen Beifall nicht versagen. Der Skizzist spricht aber unmittelbar zum Geiste[19], besticht und entzückt dadurch jeden Unerfahrnen. Ein glücklicher Einfall, halbwege deutlich, und nur gleichsam symbolisch dargestellt, eilt durch das Auge durch, regt den Geist[19], den Witz[2], die Einbildungskraft auf, und der überraschte Liebhaber sieht was nicht da steht. Hier ist nicht mehr von Zeichnung, von Proportion, von Formen, Charakter[4], Ausdruck, Zusammenstellung, Übereinstimmung, Ausführung die Rede, sondern ein Schein von allem tritt an die Stelle. Der Geist[19] spricht zum Geiste[19], und das Mittel wodurch es geschehen sollte, wird zu nichte..
[18]
Hegel, Fichte u. Schelling (1801), 121 f.
: Fodert das Sittengesetz nur Selbstständigkeit als ein
Bestimmen nach und durch Begriffe[1]; und kann die
Natur zu ihrem Recht, nur durch eine Beschränkung
der Freyheit[10] nach dem Begriff[1] der Freyheit[10] vieler Vernunftwesen gelangen; und sind diese beyden [...] Arten die höchsten, wodurch sich der Mensch als Mensch konstituirt, so ist für den ästhetischen Sinn, der in seinem weitesten Umfange genommen werden muß, für die vollendete Selbst-Gestaltung der Totalität in der Vereinigung der Freyheit[10] und Nothwendigkeit, des Bewußtseins und des Bewußtlosen weder, insofern er sich rein in seinem unbeschränkten Selbstgenusse darstellt, noch in seinen eingeschränkten Erscheinungen, in der bürgerlichen 〈122〉 Rechtlichkeit und in
der Moralität, Raum zu finden; denn im ästhetischen Sinn ist gerade alles Bestimmen nach Begriffen[1] so sehr aufgehoben, daß ihm dieß verständige Wesen des Herrschens und Bestimmens, wenn es an ihn kommt, häßlich[1/2], und zu hassen ist..
[19]
Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 103
: Das Gehör ist der mittlere Sinn in betracht der Zeit[1/6?] in der es würkt, und also Sinn 〈104〉 der Sprache[16]. Das Gefühl wirft alles auf Einmal in uns hin: es regt unsre Saiten stark, aber kurz und springend; das Gesicht stellt uns alles auf Einmal vor, und schrekt also den Lehrling durch die unermeßliche Tafel des neben einander ab. Durchs Gehör sehet! wie uns die Lehrmeisterinn der Sprache[16] schonet! sie zählt uns nur einen Ton[1] nach dem andern in die Seele, gibt und ermüdet nie, gibt und hat immer mehr zu geben – sie übet also das ganze Kunststück der Methode: sie lehret progreßiv[2]! ➢ Volltext.
[20]
Herder, Gesch. d. Menschh. I (1784), 219 f.
: Indessen wären alle diese Kunstwerkzeuge, Gehirn, Sinne und Hand auch in der aufrechten Gestalt unwirksam geblieben, wenn uns der Schöpfer nicht eine Triebfeder gegeben hätte, die sie alle in Bewegung setzte: es war das göttliche Geschenk der Rede. Nur durch die Rede wird die schlummernde Vernunft[1] erweckt oder vielmehr die nackte Fähigkeit, die durch sich selbst ewig todt geblieben wäre, wird durch die Sprache[1] lebendige Kraft und Wirkung. Nur 〈220〉 durch die Rede wird Auge und Ohr[3], ja das Gefühl aller Sinne eins und vereinigt sich durch sie zum schaffenden Gedanken, dem das Kunstwerk[5] der Hände und andrer Glieder nur gehorchet..
[21]
Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 138
: Gesicht und Gehör endlich sind die edelsten Sinne, zu denen der Mensch[1] schon seiner organischen[2] Anlage nach vorzüglich geschaffen worden: denn bei ihm sind die Werkzeuge dieser Sinne vor allen Thieren[2] Kunstreich ausgebildet. Zu welcher Schärfe haben manche Nationen[1] Auge und Ohr[3] gebracht! Der Kalmucke sieht Rauch, wo ihn kein Europäisches Auge gewahr wird: der scheue Araber horcht weit umher in seiner stillen Wüste. .
[22]
Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 140
: Das Auge des unbefangenen Naturmenschen blickt auf die Natur[2] und erquickt sich, ohne es zu wissen, schon an ihrem Gewande; oder es arbeitet in seinem Geschäft und indem es die Abwechselung der Jahrszeiten genießt, altert es kaum im höchsten Alter. Unzerstreuet von Halbgedanken und unverwirrt von schriftlichen Zügen, höret das Ohr[3] ganz, was es höret; es trinkt die Rede in sich, die wenn sie auf bestimmte Gegenstände weiset, die Seele mehr als eine Reihe tauber Abstractionen befriedigt. So lebet, so stirbt der Wilde, satt aber nicht überdrüßig der einfachen Vergnügen, die ihm seine Sinne gaben..
[23]
Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 150 f. (151)
: Wo irgend Bewegung in der Natur[4] ist, wo eine Sache zu leben scheint und sich verändert, ohne daß das Auge die Gesetze der Veränderung wahrnimmt: da höret das Ohr[3] Stimmen[3] und Rede, die ihm das Räthsel des Gesehenen durchs Nichtge〈151〉sehene erklären: die Einbildungskraft[1] wird gespannt und auf ihre Weise d. i. durch Einbildungen befriedigt. Ueberhaupt ist das Ohr[3] der furchtsamste, der scheueste aller Sinne; es empfindet lebhaft, aber nur dunkel: es kann nicht zusammenhalten, nicht bis zur Klarheit vergleichen: denn seine Gegenstände gehn im betäubenden Strom vorüber. Bestimmt, die Seele zu wecken, kann es, ohne Beihülfe der andern Sinne insonderheit des Auges, sie selten bis zur deutlichen Gnugthuung belehren..
[24]
Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 226
: Gehör und Sprache[1] hangen zusammen: denn bei den Abartungen der Geschöpfe verändern sich ihre Organe[3] offenbar mit einander. Auch sehen wir, daß zu ihrem Consensus der ganze Körper eingerichtet worden; die innere Art der Zusammenwirkung aber begreifen wir nicht. Daß alle Affekten, insonderheit Schmerz und Freude Töne[1] werden, daß was unser Ohr[3] hört, auch die Zunge reget, daß Bilder und Empfindungen geistige Merkmale, daß diese Merkmale bedeutende, ja bewegende Sprache[11] seyn können – das Alles ist ein Concent so vieler Anlagen, ein freiwilliger Bund gleichsam, den der Schöpfer zwischen den verschiedensten Sinnen und Trieben, Kräften und Gliedern seines Geschöpfs ebenso wunderbar hat errichten wollen, als er Leib und Seele zusammenfügte..
[25]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 484
: Begriff[1], beruht auf derjenigen Fertigkeit des Verstandes[2], mittelst welcher es uns möglich wird, das durch die Sinne Wahrgenommene in erneuter Form, als Einheit, Bild, auf dem Spiegel der Seele erscheinen zu lassen. Des Begriffs[1] mütterlicher Beistand ist das Vorstellungsvermögen; je lebhafter dieses ist, desto schneller und klarer wird der Verstand[2] abstrahiren und die Resultate liefern, wozu jenes die Materialien sammelt [...]..
[26]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), XXII
: So verschafften die Centralgesetze der Bewegungen der Himmelskörper dem, was Copernicus anfänglich nur als Hypothese annahm, ausgemachte Gewißheit, und bewiesen zugleich die unsichtbare den Weltbau verbindende Kraft (der Newtonischen Anziehung), welche auf immer unentdeckt geblieben wäre, wenn der erstere es nicht gewagt hätte, auf eine widersinnische, aber doch wahre Art, die beobachteten Bewegungen nicht in den Gegenständen des Himmels, sondern in ihrem Zuschauer zu suchen..
[27]
Kant, Crit. rein. Vern. (
21787), 75
: Wollen wir die Receptivität unseres Gemüths, Vorstellungen zu empfangen, so fern es auf irgend eine Weise afficirt wird, Sinnlichkeit nennen: so ist dagegen das Vermögen, Vorstellungen selbst hervorzubringen, oder die Spontaneität des Erkenntnisses[3], der Verstand[2]. Unsre Natur[1] bringt es so mit sich, daß die Anschauung niemals anders als sinnlich seyn kann, d. i. nur die Art enthält, wie wir von Gegenständen afficirt werden. Dagegen ist das Vermögen, den Gegenstand sinnlicher Anschauung zu denken, der Verstand[2]. Keine dieser Eigenschaften ist der andern vorzuziehen. Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben, und ohne Verstand[2] keiner gedacht werden. Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe[1] sind blind. Daher ist es eben so nothwendig, seine Begriffe[1] sinnlich zu machen, (d. i. ihnen den Gegenstand in der Anschauung beyzufügen,) als seine Anschauungen sich verständlich zu machen (d. i. sie unter Begriffe[1] zu bringen). Beide Vermögen, oder Fähigkeiten, können auch ihre Functionen nicht vertauschen. Der Verstand[2] vermag nichts anzuschauen, und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus, daß sie sich vereinigen, kann Er〈76〉kenntniß[2] entspringen..
[28]
Kant, Crit. d. Urtheilskr. (
21793), 260
: Wir nennen Gebäude oder Bäume majestätisch und prächtig, oder Gefilde lachend und fröhlich; selbst Farben werden unschuldig, bescheiden, zärtlich genannt, weil sie Empfindungen erregen, die etwas mit dem Bewußtseyn eines durch moralische Urtheile bewirkten Gemüthszustandes Analogisches enthalten. Der Geschmack macht gleichsam den Uebergang vom Sinnenreiz zum habituellen moralischen Interesse, ohne einen zu gewaltsamen Sprung, möglich, indem er die Einbildungskraft auch in ihrer Freyheit[1] als zweckmäßig für den Verstand[1] bestimmbar vorstellt, und sogar an Gegenständen der Sinne auch ohne Sinnenreiz ein freyes Wohlgefallen finden lehrt..
[29]
Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 25
: O! was sind alle Genüsse der Sinne gegen das Entzücken eines solchen Augenblicks! – ein dumpfes, unterbrochenes Geräusch störte meine Begeisterung[1]..
[30]
Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 152 f. (153)
: Ich reis'te gestern Morgen von *** ab; der muntre Ton[11] des Posthorns bewegte wieder mein Herz wie sonst; ich sah das Leben wieder in dem schönen[1] Gewand der Jugend, der Ahndung[2], der Liebe[1], 〈153〉 und meine Sinne konnten die Sprache[12] der Natur[2] verstehen..
[31]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 54 f.
: Das Auge empfängt alle Bilder, alle Farben, alle Eigenthümlichkeiten der Welt: was gibt es der Welt zurück als seinen zwar ausdrucksvollen, aber stillen Glanz? Der Geschmack, der Geruch, für welche die Natur[2] die zartesten Verhältnisse der Körperwelt zu mischen scheint, was geben sie der Natur[2] zurück? Womit antwortet der Mensch auf alle die Wohlthaten und Schmeicheleien seines Gefühls und aller dieser Sinne[4/5]? – Alle seine Schuld bezahlt er, all dieses unendliche Empfangen vergilt er, auf alle Fragen der Natur[2] antwortet er mit dem Vermögen der Rede: aus allen diesen Bildern, diesem Glanz, diesem Duft, diesem Wohlgeschmack, diesen tausendfältigen Anregungen des Gefühls bereitet sich ein einziger, einfach-unendlicher Stoff: das Wort[2]. Der Sinn[4/5] also, dem die Natur[2] das 〈55〉 Vermögen der Antwort beigegeben, der nicht bloß zum Leiden bestimmt ist wie die übrigen, hat einen höheren Beruf als die übrigen. Auch zeigt sich die Wahrheit dieser Behauptung deutlicher darin, daß unser Ohr[3] das Gesetz der Welt ganz für sich und fast ohne Beihülfe der übrigen empfinden kann: an der Musik ist wahrzunehmen, und die meisten musikalischen[1] Virtuosen bestätigen es, daß dieser Sinn[5] der unabhängigste von allen ist, ja, ich möchte sagen, daß der ganze Mensch sich in das Ohr[3] zurückziehn, mit diesem einen Organe[3] leben, denken und dichten und alle andere Organe[3] im thierischen Zustande hinterlassen kann. Wie Großes haben die Alten[10] gemeint, als sie von einer Harmonie der Sphären redeten, als wenn die Gesetze der wunderbaren Anordnung des Weltbaues doch eigentlich nur das Ohr[3] empfinden könnte!.
[32]
Novalis, Aftdg II (*1799–1800), 162
: Unter dem heftigen Schluchzen schien er zu sich selbst zu kommen, und die weiche, heitre[2] Luft durchdrang ihn, seinen Sinnen ward die Welt wieder gegenwärtig und alte[7] Gedanken [⦿] fiengen tröstlich zu reden an..
[33]
Novalis, Aftdg II (*1799–1800), 183 f.
: Das Weltall zerfällt in unendliche, immer von größern Welten wieder befaßte Welten. Alle Sinne[4] sind am Ende Ein Sinn[4]. Ein Sinn[4] führt wie Eine Welt allmälich zu allen Welten. Aber alles hat seine Zeit[8], und 〈184〉 seine Weise. Nur die Person des Weltalls vermag das Verhältniß unsrer Welt einzusehn. Es ist schwer zu sagen, ob wir innerhalb der sinnlichen Schranken unsers Körpers wircklich unsre Welt mit neuen[1] Welten, unsre Sinne[4] mit neuen[1] Sinnen[4] ver vermehren können, oder ob jeder Zuwachs unsrer Erkenntniß, jede neu[1] erworbene Fähigkeit nur A zur Ausbildung unsers gegenwärtigen Weltsinns zu rechnen ist. | Vielleicht ist beydes Eins, sagte Heinrich. Ich weiß nur so viel, daß für mich die Poës Fabel ins W Gesamtwerckzeug meiner gegenwärtigen Welt ist. Selbst das Gewissen, dieser S Sinn[2] und Weltenerzeugende Macht, dieser Keim aller Persönlichkeit, erscheint mir, wie der Geist[12] eines des Weltgedichts, wie der Zufall der ewigen romantischen[4/6] Zusammenkunft, des unendlich veränderlichen Gesamtlebens..
[34]
Pestalozzi, Schwanenges. (1826), 126
: Der Selbsttrieb, der den Kräften der Sinne, der Sprachorgane und der Glieder zum Grunde liegt, reitzt die Sinne, Organe[2] und Glieder an sich selbst zur Thätigkeit, die sie bildet. Aber die 〈126〉 Kunst ist geeignet, die Wirkung dieser Thätigkeit vielseitig zu erleichtern, zu vergeschwindern und zu berichtigen. Sie, wenn sie naturgemäß oder elementarisch gegeben wird, bietet uns eine Stufenfolge psychologischer Bildungsmittel, die Anschauungskraft des Ohrs[3] für das richtig hören, des Auges für das richtig sehen, und des Mundes für das richtig reden und richtig singen, progressiv[2] zu schärfen und zu stärken, an..
[35]
Schiller, Abfall Niederl. (1788), NA 17, 41 f. (42)
: Noch ein andrer Umstand mußte das Wachsthum der neuen[1] Religion[1] in diesen Ländern [sc. Niederlande] begünstigen. Italien, 〈42〉 damals der Sitz der größten Geistesverfeinerung, ein Land, wo sonst immer die heftigsten politischen Faktionen gewüthet haben, wo ein brennendes Klima das Blut zu den wildesten Affekten erhitzt, Italien, könnte man einwenden, blieb unter allen europäischen Ländern beinahe am meisten von dieser Neuerung [sc. Reformation] frei. Aber einem romantischen[6] Volk[1], das durch einen warmen und lieblichen Himmel, durch eine üppige, immer junge und immer lachende Natur[2] und die mannichfaltigsten Zaubereien der Kunst[2] in einem ewigen Sinnengenusse erhalten wird, war eine Religion[1] angemessener, deren prächtiger Pomp die Sinne gefangen nimmt, deren geheimnißvolle Räthsel der Phantasie[1] einen unendlichen Raum eröfnen, deren vornehmste Lehren sich durch mahlerische[4] Formen in die Seele einschmeicheln. Einem Volke[1] im Gegentheil, das, durch die Geschäfte des gemeinen bürgerlichen Lebens zu einer undichterischen Wirklichkeit herabgezogen, in deutlichen Begriffen[1] mehr als in Bildern lebt, und auf Unkosten der Einbildungskraft seine Menschenvernunft ausbildet; einem solchen Volk[1] wird sich ein Glaube empfehlen, der die Prüfung weniger fürchtet, der weniger auf Mystik als auf Sittenlehre dringt, weniger angeschaut als begriffen werden kann. Mit kürzeren Worten[2]: Die katholische Religion[1] wird im Ganzen mehr für ein Künstlervolk, die protestantische mehr für ein Kaufmannsvolk taugen..
[36]
A. W. Schlegel, Brf. Poes. IV (1796), Hor. V.2, 61
: Thierische Leidenschaften werden bloß durch körperliche Antriebe erregt; sie werden daher auch durch dergleichen Antriebe von entgegengesetzter Art, sobald die letzten die stärkern sind, unfehlbar wieder aufgehoben. Nur solche Leidenschaften, die ein wahres Bedürfniß zum Ziele haben, können, wenn die Befriedigung verschoben wird, zu einer für das Thier[1] selbst zerrüttenden Heftigkeit gelangen. Andre, wobey dieß nicht der Fall ist, zum Beyspiele, wenn ein Thier[1] durch Neckereyen zum Zorne gereitzt worden, hören bald von selbst auf, befriedigt oder unbefriedigt, wenn der Gegenstand den Sinnen entrückt ist. ➢ Volltext.
[37]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 9
: Die Zeichen der Sprache[1] haben nur mit dem Hörbaren eine unmittelbare Ähnlichkeit. Da das sich Bewegende auch meistens hörbar ist, so geht die Bezeichnung natürlich[4] vom Hörbaren aus. Weil aber der Mensch mit der Sprache[1] immerfort darzustellen strebt, so muß er, was in andere Sinne fällt, durch übertragene Ähnlichkeit anderer Sinne bezeichnen. | Die Erweiterung der Sprache[1] setzt eine ununterbrochene Kette von Vergleichungen voraus; die früheste Sprache[1] ist daher im höchsten Grade tropisch und bildlich, d. h. poetisch[6]. Poesie[8] ist bildlich anschauender Gedankenausdruck. [...] Tropen und Metaphern[1], der schönste Schmuck der Poesie[11], waren Kinder der Poesie[8]; die bildliche Benennung war eher als die (unbildliche, wesentliche) einfache..
[38]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 153
: [B]ei den Naturgegenständen ist die Natur[2] zweckmäßig, wo sie unsern Sinnen gerade entgegen ist; so bei den häßlichsten[1] Tieren[1], und viele Völker[1] wußten nichts davon, mit dem Nützlichen das Schöne[1] zu verbinden, z. B. in der Baukunst..
[39]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 218
: [Z]u weit und unbestimmt [...] ist die so häufig wiederhohlte Definition: das Schöne[1] sey Einheit in der Mannichfaltigkeit. Dieß scheint überhaupt nur die Beschreibung von einem Ganzen zu seyn, denn ein Ganzes besteht immer aus Theilen, die, in so fern sie von einander unterscheidbar seyn sollen, mannichfaltig seyn müssen. Unläugbar ist es daß dem zu Folge jede mathematische Figur schön[1] seyn müßte, und noch in weit höherem Grade jede Organisation[1], sie möchte unserm Sinne noch so häßlich[1] erscheinen. Ja jeder Begriff[1] wäre schon etwas schönes[1], weil er unstreitig mannichfaltige Merkmale in eins zusammenfaßt. Und in so fern in unserm Bewußtseyn durch die ganze Mannichfaltigkeit unsrer Vorstellungen die Einheit des Ichs stätig hindurch geht, müßte es selbst schön[1] seyn, und wir könnten dem Schönen[1] eigentlich in keinem Augenblicke unsers Daseyns entgehen..
[40]
A. W. Schlegel, Vorr. krit. Schr. (1828), XII f.
: Die Aufgabe der litterarischen und Kunst[11]-Kritik[1] ist ja nicht, wie es von der philologischen und historischen Kritik[1] allerdings gilt, die scharfsinnige und gelehrte Führung eines schwierigen Erweises. Die Bemühung des Kritikers verliert dadurch nichts an ihrem Werth, daß das Urtheil unverbildeter, unverwöhnter und vorurtheilsfreier Leser des Gedichtes oder Betrachter des Kunstwerkes schon im voraus mit dem seinigen übereinstimmt. Man suchte nur einen Sprecher der gemeinsamen Empfindungen, weil die Mittheilung und Verständigung darüber den Genuß erhöht. Die Aufgabe ist, für den Gesamt-Eindruck, der aus einem unendlich feinen Gewebe einzelner Eindrücke zusammengesetzt ist, den angemessensten Ausdruck zu finden; diese Wirkung des Kunstwerkes aus den Anlagen der menschlichen Natur[1], aus den Forderungen des äußern Sinnes, der Einbildungskraft, des Geschmacks, des Verstandes und des sittlichen Gefühls, befriedigend zu erklären; und überall von dem besonderen Fall auf allgemeine Wahrheiten und Grundgesetze zurückzuweisen. Man schätzt die Verbindung des philosophi〈XIII〉schen Geistes[22] mit der praktischen Einsicht, wie dieses oder jenes anders und besser hätte gemacht werden können, aber warum das Ganze, so wie es ist, vollendet erscheint..
[41]
Schleiermacher, Ath.-Fragm. (1798), 102 f., Nr. 350
: Keine Poesie[7], keine Wirklichkeit. So wie es trotz aller Sinne[4] ohne Fantasie[1] keine Außenwelt giebt, so 〈103〉 auch mit allem Sinn[5] ohne Gemüth keine Geisterwelt. Wer nur Sinn[5] hat, sieht keinen Menschen[9], sondern bloß Menschliches: dem Zauberstabe des Gemüths allein tut sich alles auf. Es setzt Menschen[9] und ergreift sie; es schaut an wie das Auge ohne sich seiner mathematischen Operazion bewußt zu seyn. ➢ Volltext.
[42]
Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 457
: Wir dürfen uns nicht scheuhen, die Anlage zum Genie[2] selbst in der thierischen Natur[1] aufzusuchen, da man durchgehends übereingekommen ist, auch den Thieren[1] etwas dem Genie[2] ähnliches zuzuschreiben. Wir sehen, daß jedes Thier[1] alle Geschäffte, die zu seinen Bedürfnissen gehören, mit einer Geschicklichkeit und mit einer Fertigkeit verrichtet, die Genie[2] anzuzeigen scheinen. Bey dem Thier[1] liegt allemal ein höchst feines Gefühl, eine ausnehmende Reizbarkeit der Sinne zum Grund..
[43]
L. Tieck, Phantasus II (1812), 4
: Geht es uns nicht mit jedem Glücke so? [...] es bemeistert sich unserer Sinne um so mehr, um so grösser es ist, und um so heftiger wir es gewünscht haben, im Unglück wissen wir uns schon eher zu fassen, es ist beinah, als wäre es uns in diesem Leben mehr geeignet, das Glück aber bleibt uns immer ein etwas fremder[4] und seltsamer Gast..
[44]
L. Tieck, Dichterleben II (1831), 22
: Wir haben Alle immer so wenig Zeit[6], das zu beachten, was häufig vor unsern Füßen liegt; und so verliert man denn auch wohl den Sinn, um zu sehn und zu verstehen, was nicht schon von selbst zu den Begriffen[1] paßt, an die wir uns seit lange gewöhnt, oder zu jenen Gedanken, die wir erlernt haben..
[45]
Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 151
: [D]ie Unbegreiflichkeiten, die unser Gemüth bestürmen, und die die Krankheit des Menschengeschlechtes sind, verschwinden vor unsern Sinnen, und unser Geist[19] wird gesund durch das Anschaun von Wundern, die noch weit unbegreiflicher und erhabener sind. .
[46]
Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 151 f. (152)
: Wohl dem, der, wann der irdische Boden untreu unter seinen Füßen wankt, mit 〈152〉 heitern[4] Sinnen auf luftige Töne sich retten kann, und nachgebend, mit ihnen bald sanft sich wiegt, bald muthig dahertanzt, und mit solchem lieblichen Spiele seine Leiden vergißt! | Wohl dem, der, (müde des Gewerbes, Gedanken feiner und feiner zu spalten, welches die Seele verkleinert,) sich den sanften und mächtigen Zügen der Sehnsucht ergiebt, welche den Geist[19] ausdehnen und zu einem schönen Glauben erheben. Nur ein solcher ist der Weg zur allgemeinen, umfassenden Liebe, und nur durch solche Liebe gelangen wir in die Nähe göttlicher Seligkeit. – – | Dies ist das herrlichste und das wunderbarste Bild, so ich mir von der Tonkunst entwerfen kann, – obwohl es die meisten für eitle Schwärmerey halten werden. .
[47]
Wieland, Gold. Spiegel (1772 [hier: 1795]), 61
: Das Ohr
[3] ist, nach dem Auge, der vollkommenste unsrer Sinne..
[48]
Wieland, Aristipp. II (1800–01), SW 23, 96
: Was ich von Licht und Schatten, Farben und Linien als den Elementen des sichtbaren Schönen[1] gesagt habe, gilt in seiner Art auch von den verschiedenen Schwingungen der Luft, wodurch der Schall in unserm Ohr[2] und vermittelst dieses Organs[2] in unserm innern Sinne gewisse angenehme Gefühle erregt; von dem majestätischen Rollen des Donners bis zum leisen Geflüster der Pappel und Birke; vom klappernden Tosen eines entfernten Wasserfalls, bis zum einschläfernden Murmeln einer über glatte Kiesel hin rieselnden Quelle; vom fröhlichen Geschwirr der Lerche bis zum eintönigen Klingklang der Cicade. Alle diese einfachern Schälle und Töne[1], durch welche die Natur[2] unser Ohr[2] als ein zu ihr stimmendes lebendiges Saiteninstrument anspricht, betrachte ich als die Elemente des hörbaren Schönen[1], welches, gleich dem sichtbaren, in der Mitte zwischen zwei Aeußersten schwebt[5], und also eben demselben Gesetz unterworfen ist, wodurch die dem Auge gefälligen Töne[13] des Lichts und der Farben, und die dem Gefühle schmeichelnden Formen der Körper bestimmt werden, dem Gesetze der Harmonie der sinnlichen Eindrücke von außen mit der Einrichtung der ihnen entsprechenden Organe[2]..