Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111: Sprachen lernen, ist mit dem Geist[19] der aufregendsten Tanzmusik folgend, sich behagen in harmonischen Beugungen und zierlichen kecken labyrintischen Tänzen, und dies electrisirt den Geist[19] wie die Tanzmusik Deine Sinne[4] electrisirt. In der Sprache aber vermählen sich die Sinne[4] wirklich mit dem Geist[19], und aus dieser Verbin〈112〉dung erzeugt sich denn, was die Völker[1] mit Erstaunen als ihr höchstes Kleinod lieben und erheben, und wodurch sie sich erhaben fühlen über andre Völker[1], was den Charakter[1] ausspricht ihrer Nationalität, nämlich der Dichter.
[2] Beethoven, an Fa. Breitkopf & Härtel (ca. 18. 12. 1802), B 1, 145: [S]o habe ich doch gewollt den Nichtkenner drauf aufmerksam machen, daß sich wenigstens diese V.[ariationen] von andern unterscheiden, und das glaubte ich am ungesuchtesten und unmerkbarsten mit dem kleinen vorbericht, den ich sie bitte sowohl für die kleinern als die größern V.[ariationen] zu sezen, in welcher sprache oder in wie vielen das überlaße ich ihnen, da wir arme Deutsche nun einmal in allen sprachen reden müßen[.]
[3] S. Bernhardi, an A. W. Schlegel (11. 1. 1806), KJ 1, 275: Wir sehen hier viel den Maler Mül[l]er [...]. [...] Ich habe ihn ganz entzückt von Ihrer Übersetzung[2] des Calderon gesehn, und er kann sich gar nicht darüber zufrieden geben daß er so alt[3] geworden ist ohne zu ahnden[2] daß waß solches in der Welt ist. Er ist hier [sc. in Rom] so abgeschnitten von Deutschland gewesen, daß er gar nicht gewußt hatt waß indeß aus der Sprache und aus allem geworden ist. ➢ Volltext
[4] Bürger, Anweis. (1787), 37: Denn unter allen Vollkommenheiten, wornach das vorzüglichste Talent, der hartnäckigste Fleiß nur immer streben können, sind die Gewalt über seine Sprache[3] und eine Classische[3] Schreibart, die nie ihres Endzweckes verfehlt, gerade am Schwersten und letzten zu erreichen. Man wird weit leichter und eher ein nicht unbeträchtlicher Gelehrter, als ein guter Classischer[3] Schriftsteller.
[5] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 412 [420]: Den wenigen Worten[2] nach zu urtheilen, die wir von ihnen [sc. Einwohner der Osterinsel] gehört hatten, dünkte uns ihre Sprache ein Dialect[1] der Tahitischen zu seyn. Es wird also an beyden Enden der Südsee einerley Sprache geredet.
[6] Goethe, Dicht. u. Wahrh. III (1814), 152: Denn schon damals hatte sich bey mir eine Grundmeynung festgesetzt, [...] bey allem was uns überliefert, besonders aber schriftlich überliefert werde, komme es auf den Grund, auf das Innere, den Sinn[9], die Richtung des Werks an; hier liege das Ursprüngliche, Göttliche, Wirksame, Unantastbare, Unverwüstliche, und keine Zeit[5], keine äußere Einwirkung noch Bedingung könne diesem innern Urwesen etwas anhaben, wenigstens nicht mehr als die Krankheit des Körpers einer wohlgebildeten Seele. So sey nun Sprache Dialect[1], Eigenthümlichkeit, Stil und zuletzt die Schrift als Körper eines jeden geistigen Werks anzusehn [...].
[7] Heine, Romant. Schule (1836), 207 f. (208): Kennt ihr China, das Vaterland der geflügelten Drachen und der porzellanenen Theekannen? [...] Die Natur[2] mit ihren grellen, verschnörkelten Erscheinungen, abentheuerlichen[3] Riesenblumen, Zwerg〈208〉bäumen, verschnitzelten Bergen, barock wollüstigen Früchten, aberwitzig geputzten Vögeln, ist dort eine ebenso fabelhafte Carrikatur wie der Mensch[1] mit seinem spitzigen Zopfkopf, seinen Bücklingen, langen Nägeln, altklugem Wesen und kindisch einsilbiger Sprache. ➢ Volltext
[8] Herder, Journ. m. Reise (*1769–70), SW 4, 424 f. (425): Derselbe Geist[12] der Monarchischen Sitten, den Montesquieu 〈425〉 an seiner Person so augenscheinlich malt, herrscht auch in ihrer Sprache. Tugend, innere Stärke, hat diese wenig, wie die Nation[1]; man macht mit dem Kleinsten das Größeste was man kann, wie eine Maschine durch ein Triebrad regiert wird. Nationalstärke, Eigenheit, die an ihrem Boden klebt, Originalität hat sie nicht so viel; aber das was Ehre auch hier heißt, das Vorurtheil jeder Person und jedes Buchs und jedes Worts[2] ist Hauptsache. Ein gewißer Adel[5] in Gedanken, eine gewisse Freiheit[15] im Ausdruck, eine Politeße in der Manier der Worte[1] und in der Wendung: das ist das Gepräge der Französischen Sprache, wie ihrer Sitten.
[9] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 54: Muster des Geschmacks in Ansehung der redenden Künste[2] müssen in einer todten und gelehrten Sprache abgefaßt seyn: das erste, um nicht die Veränderungen erdulden zu müssen, welche die lebenden unvermeidlicher Weise trifft, daß edle Ausdrücke platt, gewöhnliche veraltet, und neugeschaffene in einen nur kurz daurenden Umlauf gebracht werden; das zweyte, damit sie eine Grammatik habe, welche keinem muthwilligen Wechsel der Mode unterworfen sey, sondern ihre unveränderliche Regel hat.
[10] Kolbe, Wortmeng. (1809), 109: Eben die leichte Beweglichkeit unsrer Rede, jene Geschmeidigkeit, womit sie dem Willen des Schreibenden sich fügt, möchte das nachlässige Treiben so vieler unsrer Federmänner erklären. Die Tugenden der Sprache haben die Untugenden der Schriftsteller erzeugt. Reichtum gebiert Habsucht. Wer viel hat, der verlangt ungenügsam nur immer mehr und mehr. Auch wird dem, der zu finden gewohnt ist, ohne zu suchen, das Suchen endlich lästig; und wer immer nur befehlen darf, verlernt zur rechten Zeit zu gehorchen. Wäre unsre Sprache spröder und eigensinniger; riefe sie unerbitlich den Schreibenden zu beharrlicher Anstrengung auf; ließe sie, was sie zu reichen vermag, nur durch Schweis sich abgewinnen: wahrlich! wir schrieben besser. Man vergleiche die französische Sprache mit der deutschen, und man wird über ihre Armut, über ihre unglaubliche Beschränktheit erstaunen. Wiederum vergleiche man die Schriften der Franzosen mit den Schriften der Deutschen, und man wird über die Hülflosigkeit, über die lahme, schlottrige, gehemte Bewegung der lezteren nicht minder erstaunen. Wir gleichen jenen Völkern[1], die, im Besiz des herrlichsten Bodens, im Schoos der üppigsten Natur[2], von allen Mitteln zum Wolstand umgeben, aus Trägheit in Wust und Elend vergehn, – verzogene Kinder ihres zu wollüstigen Himmels.
[11] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 195: Ich möchte eine eigne Sprache haben, um von Dir sprechen zu können.
[12] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 16: Die poetischen[4] Vorzüge der Sprache lassen sich einteilen 1. in allgemeine, dergleichen sind der Wohlklang, Lebendigkeit, Bildlichkeit, Klarheit, Kürze, Reichtum und Freiheit[1]. 2. in besondere, d. h. ausgezeichnete Anlagen zu einem bestimmten Gebrauche, Würde, Edelheit (Adel[5]), Stärke, Lieblichkeit, Leichtigkeit, Drolligkeit und alle eigentümliche Charaktere[2], insofern sie etwas Poetisches[4] haben.
[13] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
[14] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[15] A. W. Schlegel, an S. Tieck-Bernhardi (20. 9. 1805), KJ 1, 234: Zudem habe ich eine Leidenschaft zu Studien über die alte[9] Geschichte[3], den Ursprung der Völker[1] und Sprachen gefaßt, die ihrer Natur[1] nach endlos sind. Ich kann mich Tagelang in Lateinische Etymologieen vertiefen.
[16] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 145: Die französische Sprache ist mancher Kühnheiten durchaus unfähig, sie hat wenig dichterische Freyheit[1], und trägt die ganze grammatische Gebundenheit der Prosa[1] in die Poesie[3] über. ➢ Volltext
[17] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 745 f. (746): Es erfodert die sorgfältigste Aufspürung der veralteten Formen des Lateinischen und Griechi〈746〉schen [...], deren Vergleichung unter einander, dann auf der einen Seite mit den Sanskritanischen, auf der andern mit den Gothischen. Was diese verwandten, jedoch weit aus einander gegangenen Sprachen gemeinschaftliches in ihren grammatischen Bildungen[10] haben, das darf man unbedenklich als das Ursprünglichere betrachten.
[18] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 195: Die Scribenten die ihre eigene Sprache nicht zu schreiben wissen, sind doch wohl nur elende Scribenten; sie leben einen Tag, und verschwinden wieder, ohne daß in dem Gehirn ihrer Leser mehr Spuren von ihrem kurzen Daseyn zurückbleiben als 〈196〉 in den Jahrbüchern der Litteratur. Ihre Sprachschnitzer, ihre grammatikalische Unreinlichkeit, ihr ekelhafter Mischmasch von Dialekten[1], wird schwehrlich jemand an dem etwas gelegen ist, verführen können. ➢ Volltext
[19] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
[20] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 795: Eine Stadt, einen Ort befreyen, ihm gewisse Freyheiten[8] ertheilen; ein befreyeter, privilegirter, Ort. Daher die Befreyung, so wohl von der Handlung des Befreyens, als auch zuweilen von einem befreyeten Orte, wofür man ehedem auch die Freyung sagte, und endlich auch für Freyheit[8], das Privilegium. [...] In den mit der Deutschen verwandten Sprachen ist das einfache freyen [...] für befreyen üblich. Auch im Deutschen gebrauchte man ehedem freyen so..
[21] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1289 f.: Vielleicht wich schon die Römische Bauersprache in dem Laute des C ab, doch das ist nur eine Muthmaßung; das aber ist gewiß, daß die Aussprache dieses Buchstabens[7] sehr verderbt wurde, als Italien von fremden[1] Nationen[1] überschwemmt wurde, oder auch, als die Römische Sprache die Hof- und gelehrte 〈1290〉 Sprache so vieler fremden[1] Völker[1] wurde, die nunmehr anfingen, dem c vor dem ä, e, i, ö, ü, y, ihren Zischlaut unterzuschieben..
[22] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 1097: In Graubünden, dem Vaterlande unsers Rheinstromes, gibt es unzählige Bäche und kleine Flüsse, welche daselbst Rhein genannt werden, und in der so genannten Romanischen[8] Sprache heißt jeder Bach Rhen..
[23] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 562: Th, der Figur nach ein zusammen gesetzter Buchstab[1], welcher indessen doch nur einen einfachen Laut bezeichnet, einen Laut, welcher dem t gleicht, nur daß er der Regel nach gelinder seyn, und das Mittel zwischen dem weichern d und härtern t halten sollte; Theil, Theer, Thau, Muth, Bethen, Werth. | In den neuern[3] Zeiten[3] hat dieser Buchstab[1] von solchen, welche sich zu Sprachverbesserern aufwarfen, und die Verbesserung der Sprache immer mit der Rechtschreibung anfingen, weil da das Bessern am leichtesten und bequemsten ist, viele Gegner bekommen..
[24] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (
[25] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111: Es würde mich freuen wenn Du wolltest Dich mit dem Englischen beschäftigen. Sprachen sind ein großer Gewinn, sie enthalten außer der Verschiedenheit des Ausdrucks, auch noch ein melodisches Genie[1] und dies erzeugt wieder auch ein tanzendes Genie[1] im Geist[19]. Und willst Du hinter alle Geheimnisse des Geistes[19] kommen, so nehme nur Rücksicht auf das Leben was die Sinne[4] führen, es spricht Dir Befähigung und Kraft und Neigung aus. In unserer äußern Welt construiren sie eine erhabne Geisteswelt, die reifen muß in ihr, und endlich sich selbständig zur Welt gebären muß. Das ist unsre Erlösung aus dem Irdischen ins Himmlische.
[26] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 12: In dem Sinne[1], in welchem wir hier das Wort[1] Sprache genommen haben, bezeichnet es eine individuelle Sprache, als solche wird sie freilich mit den allgemeinen und nothwendigen Sprach-Gesetzen übereinstimmen müssen; aber die Erfahrung zeigt, daß dies in den einzelnen Formen durchaus nicht der Fall sei [...]. Diese einzelnen und scheinbar willkührlichen Formen samlet nun nach ihren Aehnlichkeiten die einzelne Sprachlehre historisch unter gewisse Rubriken; und zusammengenommen bilden jene die Sprachanalogie; die Abweichungen von diesen häufigern Formen, werden eben so historisch unter dem Nahmen Anomalien verbunden; und beide zusammen konstituiren den Sprachgebrauch. Da nun dies Geschäft sich ganz eigentlich auf Buchstaben[9] bezieht, so sollte man auch den Nahmen Grammatik dafür sparen. ➢ Volltext.
[27] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 76: Da [...] die Sprache[1] [...] ein progreßives[2] Ganze ist, welches immer aus der Nothwendigkeit der Mittheilung gebraucht, und so unvermerkt verändert wird; und da [...] dasselbe Ding sich nicht nur mehreren Sinnen[4], sondern auch einem Sinne[4] sich von verschiedenen Seiten offenbart: so begründet sich hierdurch [...] wesentlich ein Unterschied in der Wortbildung, und die Möglichkeit mehrerer Sprachen[3] läßt sich begreifen. ➢ Volltext.
[28] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 110: Aus mehreren Stämmen bildet sich, nach Anleitung von einzelnen, äußeren Umständen, ein Staat; die nachbarlichen Stämme mit ihren im Ganzen ähnlichen Sprachen[3] schmelzen zu einem Volke[1] zusammen; es entsteht Volkssprache, welche einen allgemeinen und noch festern Charakter[1] bekommt. Allein diese Stämme vereinigen sich 〈111〉 anfangs nur durch ein sehr lockeres Band, und die einzelnen Stammsprachen bleiben daher noch lange Zeit von einander getrennt, und erhalten blos eine allgemeine Aehnlichkeit. Diese allgemeine Aehnlichkeit ist nun die eigentliche Landessprache, und die übrigen Stammsprachen erscheinen in Hinsicht auf diese als Dialekte[1]. Nun ist aber ein doppelter Fall denkbar; entweder dies Band zwischen den Stämmen bleibt so locker, als es anfangs war, und jeder kultivirt sich für sich, dann wird die jedesmalige Provinz, in welcher die Kultur[4] wohnt, ihren Dialekt[1] zur Hauptsprache erheben, und temporell die Sprachen[4] der andern Stämme als abweichend und weniger gebildet herabsetzen; oder die Stämme nähern sich einander bis zur Vermischung, dann entsteht eine Hauptsprache, welche die andern, durch zufällige Umstände, sich neben der Hauptsprache erhaltenden Dialekte[1], würklich als fehlerhaft und provinziell, wenigstens für die schriftliche Darstellung, verwirft. Griechenland liefert Beispiele zu beiden, in der anfänglichen Trennung in einzelne Stämme und Dialekte[1], und der spätern Reception des attischen Dialekts[1] als klassisch[4]. ➢ Volltext.
[29] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 48: Die Reihe von Kunstwerken[2] einer Nation[1] sind [...] ihre reinste Geschichte[7] und unter diesen sind es wieder die Produkte der Poesie[1], welche sie am kräftigsten ausdrücken, weil sie es am individuellsten thun. – Wie herrlich und groß von dieser Seite das Sprachstudium erscheine, darf ich wohl nicht erst weitläuftig auseinandersetzen. Es ist vielmehr klar, daß ich durch eine Erlernung der Sprache, und durch ein Studium der poetischen[4] Kunstwerke[2] einer jeden Nation[1], eigentlich zum Mitgliede dieser Nation[1] selbst werde. ➢ Volltext.
[30] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 254: Das einzelne tönende Element einer Sprache nennen wir in Zukunft einen Buchstab[7] [...]. Auch schließen wir durch die Bestimmung tönendes Element, das sichtbare orthographische Zeichen desselben, welches ebenfalls oft mit dem Nahmen: Buchstab[1] bezeichnet wird, von unserer Untersuchung aus. Die Summe der tönenden Elemente heißt das Alphabet. ➢ Volltext.
[31] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 301: Wenn man nach Weglassung aller Modificationen das Alphabet verzeichnet, so machen folgende Buchstaben[7] das Grundalphabet aus ρκτλνσπμ. Wir finden hier einen Kehlbuchstaben, einen Gaumenbuchstab und drei Zungenbuchstaben, unter denen zwei Liquiden sind. Hieraus können wir schon schließen, daß die Zunge eine besondere Kraft zur Produktion der Sprache[1] haben werde, daher auch ihr Nahme, in mancher Sprache[3] für das Wort[6] Sprache[n] steht. Noch klarer wird dies, wenn wir das σ das bloße Bindungsmittel der Buchstaben[7] weglassen, daß auch die Zunge auf diese Art der Mittelpunkt der Sprache[1] wird, und daß zu beiden Seiten derselben regelmäßig zwei Buchstaben[7] liegen, deren Extreme ρ und μ sind. Auch diese Buchstaben[7] sind sich ähnlich und entgegengesetzt. Aehnlich so fern beide Liquidä sind, entgegengesetzt, so fern beide sehr heftige Buchstaben[7], ρ nach außen, μ nach innen gerichtet sind. ➢ Volltext.
[32] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 335: Daher muß sich diese Theorie in der folgenden Darstellung ihren Hauptmomenten nach, wiederfinden, doch werden diejenigen, welche mit jener Theorie bekannt sind, einige Abweichungen von derselben nicht übersehen, wohin unter andern auch das gehört, daß wir uns nicht bloß auf die quantitirenden Sprachen, sondern auch auf die accentuirten eingelassen haben, welche wie sich im folgenden zeigen wird, die Regel und das Gesetz des antiquen[2] Rhythmus sehr bedingt anwenden können. ➢ Volltext.
[33] A. F. Bernhardi, Anfangsgr. d. Sprw. (1805), 45: Aus der Familie wird ein Stamm, der Ansichten, Bedürfnisse, Gegenstände, Veranlassungen werden mehrere, die Sprache selbst bildet sich aus, erhält durch den Gebrauch einen festern, allgemeinern Charakter[1]. Diese Sprachen einzelner Stämme verschwinden späterhin in der Volkssprache und erhalten sich nur als Gegensatz derselben, in manchen Formen und Wendungen, sie erhalten den Namen der Dialekte[1]. | [...] Aus mehreren Stämmen entsteht ein Staat und mit ihm eine Landes- oder Volkssprache, welcher aber immer ein Dialekt[1], der des gebildetsten Stammes zum Grunde liegt, oder auch wenn die Bildung wechselt, mehrerer Stämme. | In dieser Volkssprache erhalten sich die Dialekte[1], bald als fehlerhafte Formen, bald als zwar gebildete aber veraltete Sprachdarstellungen..
[34] S. Bernhardi, Wunderb. u. Träum. (1802), 20 f. (21): Alwino [...] ging hinter seiner Heerde, und blies auf der Flöte, der helle Ton[11] ermunterte die Vögel, sie stimmten mit ihrem Gesange in seine Lieder ein. Die Hunde hielten bellend die Heerde bei einander, und Echo rief ihre schallenden Töne[1] zurück. Da warf Alwino die Flöte von sich, und setzte sich nieder auf den Boden. So finde ich denn nirgend Trost für mein Herz, rief er aus, dessen thörichte Wünsche ich selber nicht kenne. Wie in einer fremden[4] 〈21〉 Sprache redet die Natur[2] zu mir, ich verstehe nur, daß jeder Klang mir etwas gebietet, aber ich kann die Befehle nicht begreifen. ➢ Volltext.
[35] C. Böhmer, an L. Gotter (20. 4. 1792), C 1, 251: Kent Ihr Mirabeaus Briefe[1], aus dem Kerker an seine Geliebte geschrieben? ich glaube, [H. A. O.] Reichard übersezt[1] sie – unter uns, wie will das der kraftlose Mensch[8] anfangen, den Aeußerungen des Kraftvollsten Sprache[8] zu geben? oder die in eine andre [Sprache3] zu übertragen, die im Original so unaufhaltsam aus der Quelle strömend, zu der Seele, zu dem Herzen, zu den Sinnen[4] redet..
[36] C. Böhmer, an F. Schlegel (Aug. 1795), KFSA 23, 249: Darinn ist er [sc. A. W. Schlegel] verändert, daß er die französische Sprache den übrigen vorzieht, daß sie ihn fortreißt, und daß er allerliebste französische Briefe[1] schreibt, die ich denn doch nicht mit den deutschen, die er mir geschrieben, eintauschen möchte. Auch denkt er etwas anders über meine Freunde, die Republikaner, und ist gar nicht mehr Aristokrat[2]..
[37] Börne, Spr. u. Stil (1829), SS 1, 592: Die deutsche Sprache hat – der Himmel sei dafür gepriesen – keinen Stil, sondern alle mögliche Freiheit[1], und dennoch gibt es so wenige deutsche Schriftsteller, die das schöne[1] Recht, jede eigentümliche Denkart auch auf eigentümliche Weise darzustellen, zu ihrem Vorteile benutzten!.
[38] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 123: Johann Christoph Gottsched [...] hatte unstreitig große Verdienste um die Verbesserung der Deutschen Sprache, welche durch die zahllose Menge fremder[1] Wörter[1], womit man sie [...] zu bereichern glaubte, ein höchst abenteuerliches[3] und buntscheckiges Ansehen erhielt..
[39] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 390: Erlernung älterer und neuerer Sprachen, Versuche im Gebiete der Dichtkunst und Dramaturgie, Vorübungen in der Kritik[2/3?] und den Alterthümern[8], dieß waren die Gegenstände, womit er [sc. Lessing] sich hier vorzüglich beschäftigte..
[40] Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 221: Der junge
[41] Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 406 f. (407): [Petrarcas] Gesänge [...] stellen die Liebe in ihrer höchsten Veredlung dar [...]. Selbst auf einen Theil des Genius seiner Muttersprache wirkte diese Liebe; denn alle seine Italiänischen 〈407〉 Gedichte sind, ungeachtet diese Sprache noch sehr roh war, doch so edel, rein und vollendet, daß sie, auch wenn man auf Werth der Sprache und die dem Italiänischen eigene musikalische[3] Harmonie sieht, classisch[3] sind..
[42] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 327: Alle westliche Europäischen Sprachen, die aus einer Vermischung des Lateins mit den Sprachen, der von den Römern unterjochten, oder später von Osten her eingewanderten Völker[1] entstanden waren, wurden im Mittelalter Roman[i]sche[1] genannt; insbesondre aber bezeichnete man mit diesem Namen das Provenzalische Idiom – ein verdorbnes und verstümmeltes Latein, in welchem die ersten dichterischen Versuche der neuern[3] Zeit[3] gemacht wurden, so wie noch jetzt ein in gewissen Gegenden Graubündens übliches Afterlatein die Romanische[8] Mundart[1] benannt wird..
[43] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 364: Im Russischen Reiche werden über 20 verschiedne Sprachen gesprochen. Die Russische, ein Dialect[1] der reichen Slavonischen, bedient sich eines dem Griechischen ähnlichen Alphabets..
[44] Brockhaus, Conv.-Lex. V (1809), 473: [I]n einzelnen Fällen machen sich selbst bessere deutsche Schriftsteller offenbarer Sprachfehler schuldig, indem sie die deutsche Sprache nach dem Syntax einer fremden[1], besonders der lateinischen oder französischen, modeln [...]..
[45] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 126: Die alten
[46] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 142: Unter ihrer und anderer verdienter Männer Leitung erwarb er sich viele Kenntnisse in der Geschichte, Mathematik, fremden[1] Sprachen, in den Kriegswissenschaften und schönen Künsten, da er von Natur sehr vorzügliche Anlagen besaß..
[47] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 753: Wissenschaftliche Anstalten [in Lissabon] sind die 1816 gestiftete Akademie der Wissenschaften, die Akademien der Befestigungskunst, der Artillerie, der Schiffsbaukunst und des Zeichnens, eine Ritterakademie, eine Handlungsschule, vier Collegien für die classischen
[48] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 437: Idiōm (ein dem Griechischen entlehntes Wort) bezeichnet so viel wie Sprachweise oder Mundart[1], und Idiotismus die einer Sprache oder einem Dialekt[1] derselben eigenthümliche Ausdrucksweise. Ein Wörterbuch, welches die gewissen Dialekten[1] eigenthümlichen Worte und Redewendungen zusammenstellt, ist ein Idiotikon genannt worden..
[49] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 255: Die griech. und lat. heißen auch .
[50] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 234: Die jetzige span.[ische] Sprache ist eigentlich der castilische Dialekt[1], welcher sich über das ganze Land verbreitet hat..
[51] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 108: Er war in der Sprache von O-Taheiti besonders erfahren; und zwischen dieser und der Sprache von Neu-Seeland, ist nur ein solcher Unterschied als zwischen zwey Dialecten[1] zu seyn pflegt..
[52] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 415 [423]: [Über einen Einwohner der Osterinsel]: Anfänglich kostete es uns einige Mühe, seine Sprache[3] zu verstehen; als wir ihn aber fragten, wie er die Hauptglieder des Leibes nenne, fand sich bald, daß es eben die Mundart[1] sey, welche auf den Societäts-Inseln geredet wird, denn die Namen der Gliedmaßen lauteten hier eben so als dort..
[53] G. Forster, Cook (*1787; 1789), W 2, 213: Mit Erstaunen bemerkt man, daß die Völker[1] Asiens, sie mögen wie die Chineser von Europa unabhängig geblieben, oder wie die in Bengalen, Java, den Molucken und Philippinen von unsern Kaufleuten unterjocht worden seyn, dennoch auf ihrer Stufe der Kultur[4] stille stehen, sich mit den Europäern nicht vermischen, und ihre eignen Sitten, Sprachen und Gebräuche beybehalten. .
[54] G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 673: So würde es ebenfalls die Scheidung des Wesentlichen in der Kunst[10] von dem Zufälligen sehr erleichtern, wenn man erwöge, daß sogar die rohesten Völker[1], die entweder einen höchst unvollkommnen oder noch gar keinen Trieb zu materiellen Kunstgebilden äußern, bereits wahre Poësien[11] besitzen, welche, verglichen mit den geglätteten und künstlich in einander gefügten dichterischen Produkten der verfeinerten Kultur[5], diesen oft den Preis der Gedankenfülle, der Stärke und Wahrheit des Gefühls, der Zartheit und Schönheit der Bilder abgewinnen. Man begreift, wie diese Eigenschaften das einfache Hirtenlied, die Klagen und das Frohlocken der Liebe, den wilden Schlachtgesang, das Skolion beim Freudenmale und den rauschenden Götterhymnus eines Halbwilden bezeichnen können; denn sie gehen aus der schöpferischen Energie des Menschen unmittelbar hervor und sind unabhängig von dem Vehikel ihrer Mittheilung, der mehr oder minder gebildeten Sprache. .
[55] C. de la Motte Fouqué, Dt. Geselligk. (1814), 30: Wir sollen nicht länger zwischen eigenthümlicher und fremder[5] Bildung[5] schwanken, es steht uns wohl an Deutsch[1] zu seyn. Ist die französische Sprache dem gesellig verkehrenden Europa unentbehrlich geworden, so gelte sie wie eine Scheide- und Ausglei〈31〉chungsmünze, so lange sie in Cours bleiben kann, Jedweder lerne sie als solche kennen, sie bleibe ihm Mittel, nichts weiter. Was hülfe es auch, sie zum Zweck machen zu wollen? Ihre klassischen[4] Sprichwörter und Phrasen liegen doch nur wie veralteter bestäubter Modeprunk auf der lebendigen Nationalbildung, der deutsche[1] Geist[12] ist aus dem alten[6] Kleide herausgewachsen, beide passen nicht zu einander..
[56] Goethe, Ged. (*1790; 1795), WA I, 1, 321: Lange haben die Großen der Franzen Sprache gesprochen, | Halb nur geachtet den Mann, dem sie vom Munde nicht floß. | Nun lallt alles Volk[5] entzückt die Sprache der Franken. | Zürnet, Mächtige, nicht! Was ihr verlangtet, geschieht..
[57] Goethe, an ?Chr. G. Voigt (?Mrz. 1804), WA IV, 17, 306: Für die deutsche Sprache scheint mir ein glücklicher Zeitpunct einzutreten. Die Recension der grammatischen Gespräche legt einen fürtrefflichen Grund; die kurzen sich auf Sprache beziehenden Bemerkungen im Intelligenzblatt machen die allgemeine Aufmerksamkeit rege. Durch ein sonderbares Zusammentreffen 〈306〉 zeigt sich Marcard im deutschen Merkur im gleichen Fache [...], und nun sollte man suchen die Deutschen allgemeiner dafür zu interessiren. | Hiezu wünschte ich, daß sich im Stillen eine kleine Societät zusammenthäte, nicht zu einem Kleyen-, sondern wo möglich Waizen-Verein. Unser Voß müßte präsidiren, die Herren Eichstädt, Fernow, Voß, der Sohn, würden sich anschließen und Schiller und ich nach unserer Weise nicht unwirksam bleiben. | Man vereinigte sich leicht über den schon ausgesprochenen Hauptzweck, ein wahrhaft allgemeines deutsches Wörterbuch zusammen zu bringen, wozu ja unser Voß so vortrefflich vorgearbeitet hat, daß er auch ganz allein das Werk zu vollbringen im Stande wäre. | Man vereinigte sich sodann über einen zu erlassenden Aufruf wegen der Idiotiken; diesem wäre freylich schon die möglichste Bedeutsamkeit zu geben. Man theilte Deutschland in Provinzen ein, je nachdem sie sich verschiedner Dialecte[1] bedienen, man zeigte an, von welchen Gegenden Idiotiken vorhanden sind, bezeichnete ihren Werth und zöge die nöthigen Linien zur Anleitung für künftige Sammler. Man forderte diejenigen auf, die sich bisher im Stillen mit diesem Geschäft abgegeben, mit in Verbindung zu treten und so sähe man, in wie fern sich nach und nach eine Masse von Liebhabern sammelte, welche den Stoff herbey zu führen geneigt wäre. | Vielleicht [...] interessirte man in der Folge einige Regierungen, vielleicht stifteten Durchl. der Herzog etwas zu Gründung einer solchen Anstalt. | Freylich würde das Vorzüglichste und Hauptsächlichste von unserm Voß dabey geleistet werden, welcher hier statt einer ganzen Academie steht, aber ich halte doch in mehrerm Betracht für gut der Sache die Gestalt einer Societät zu geben, wobey jedoch von dem gewöhnlichen Hocuspocus nichts vorkommen müßte..
[58] Goethe, Rez. Hebel [Allem. Ged.] (1805), WA I, 40, 304: Vielleicht könnte man sogar dem Verfasser zu bedenken geben, daß, wie es für eine Nation[1] ein Hauptschritt zur Cultur[4] ist, wenn sie fremde Werke in ihre Sprache übersetzt, es eben so ein Schritt zur Cultur[4] der einzelnen Provinz sein muß, wenn man ihr Werke derselben Nation[1] in ihrem eigenen Dialekt[1] zu lesen gibt. Versuche doch der Verfasser aus dem sogenannten Hochdeutschen schickliche Gedichte in seinen oberrheinischen Dialekt[1] zu übersetzen. Haben doch die Italiäner ihren Tasso in mehrere Dialekte[1] übersetzt..
[59] Goethe, Symbolik (*1805), WA II, 11, 167: Durch Worte[1] sprechen wir weder die Gegenstände noch uns selbst völlig aus. | Durch die Sprache[1] entsteht gleichsam eine neue Welt, die aus Nothwendigem und Zufälligem besteht. | Verba valent sicut numi. Aber es ist ein Unterschied unter dem Gelde. Es gibt goldne, silberne, kupferne Münzen und auch Papiergeld. In den erstern ist mehr oder weniger Realität, in dem letzten nur Convention. | Im gemeinen Leben kommen wir mit der Sprache[1] nothdürftig fort, weil wir nur oberflächliche Verhältnisse bezeichnen. Sobald von tiefern Verhältnissen die Rede ist, tritt sogleich eine andre Sprache[3] ein, die poetische[4]. | Indem wir von innern Verhältnissen der Natur[2] sprechen wollen, bedürfen wir gar mancherlei Bezeichnungsweisen. | Ich erwähne hier [...]: | Symbole, | 1. die mit dem Gegenstand physisch-real-identisch sind, [...] 〈168〉 [...] | 2. Die mit dem Gegenstande ästhetisch-ideal-identisch sind. Hieher gehören alle guten Gleichnisse, wobei man sich nur vor dem Witz[2] zu hüten hat, welcher nicht das Verwandte aufsucht; sondern das Unverwandte scheinbar annähert..
[60] Goethe, Winckelmann (1805), WA I, 46, 86: [D]och erwähnt niemand, ob er
[61] Goethe, Rez. Pfingstmont. I (1816), WA I, 41.1, 147: Das große Verdienst dieses Kunstwerks um die deutsche Sprache, jenen bedeutenden Straßburger Dialekt[1] und nebenher die verwandten oberdeutschen lebhaft und ausführlich dargestellt zu haben, ist wohl eben Ursache, daß es nicht nach seinem eigentlichen Werthe allgemein beachtet werden kann: denn indem es jenen Kreis vollkommen ausfüllt, verschließt es sich vor dem übrigen Vaterlande; wir wollen daher versuchen, dessen Vorzüge unsern sämmtlichen lieben Landsleuten eingänglicher und anschaulicher zu machen..
[62] Goethe, an C. L. F. Schultz (24. 9. 1817), WA IV, 28, 261: In früheren Zeiten suchte ich nur an Freunden die zustimmende Seite, da sich denn im Laufe des Umgangs die abstimmende oft von selbst zeigte; jetzt such ich die Differenzen zuerst, damit die Einigkeit daraus hervorgehe. Es ist doch zuletzt alles eine Art von Sprache, wodurch wir uns erst 〈262〉 mit der Natur[2], und auf gleiche Weise mit Freunden unterhalten möchten. Diese haben nun etwa einen wenig abweichenden Dialect[1] und da giebt es wohl einmal ein Mißverständniß, das aber wohl zu lösen ist wenn man sich eines gemeinsamen Idiodikons befleißigt..
[63] Goethe, Ital. Reise II (1817), WA I, 31, 263: Ich kehre wieder zu dem geringen Volke[5] in Neapel zurück. Man bemerkt bei ihnen, wie bei frohen Kindern, denen man etwas aufträgt, daß sie zwar ihr Geschäft verrichten, aber auch zugleich einen Scherz aus dem Geschäft machen. Durchgängig ist diese Classe von Menschen eines sehr lebhaften Geistes[19] und zeigt einen freien richtigen Blick. Ihre Sprache soll figürlich, ihr Witz[4] sehr lebhaft und beißend sein..
[64] Goethe, an A. O. Blumenthal (28. 5. 1819), WA IV, 31, 158: Denn wie sich die lateinische Sprache durch zufälliges, dann vorsätzliches Pfaffenverderbniß in die romanische[1] verlor und die südwestlichen Völker[1] mit einer solchen Verkindischung sich begnügen mußten; so war nichts natürlicher[4], als daß begabte, freiere[5] Geister[32] von der ausgearteten absurden Tochter wieder zur hohen Mutter zurückkehrten..
[65] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 103: Daß in Italien jene Cultur[4], die sich von den alten[10] Sprachen und den darin verfaßten unnachahmlichen Werken herschreibt, in großer Verehrung stehe, läßt sich gar wohl denken, ja, daß man auf diesem Grunde, worauf man sich erbaut, nun auch allein und ausschließlich zu ruhen wünscht, ist der Sache ganz gemäß; daß diese Anhänglichkeit zuletzt in eine Art Starrsinn und Pedanterie auslaufe, möchte man als natürliche[4] Folge gar wohl entschuldigen..
[66] Goethe, Not. u. Abhdlg. (1829), WA I, 7, 253: Zuvörderst also möge von der Rechtschreibung orientalischer Namen die Rede sein, an welchen eine durchgängige Gleichheit kaum zu erreichen ist. Denn, bei dem großen Unterschiede der östlichen und westlichen 〈253〉 Sprachen, hält es schwer für die Alphabete jener bei uns reine Äquivalente zu finden. Da nun ferner die europäischen Sprachen unter sich, wegen verschiedener Abstammung und einzelner Dialekte[1], dem eignen Alphabet verschiedenen Werth und Bedeutung beilegen; so wird eine Übereinstimmung noch schwieriger. .
[67] Goethe, Rez. Brfwechs. Jacobi (*1827; 1833), WA I, 42.2, 84: Jetzt [...] kommen sie mir vor wie Menschen, die sämmtlich Eine Sprache sprechen, aber in den verschiedensten Dialekten[1], und jeder glaubt, auf seine Weise drücke man sich am besten aus: der Schweizer schüttelt den Kopf über den Niedersachsen, der Wiener über den Berliner [...]..
[68] Görres, Tt. Volksb. (1807), 128: Was [...] die Sprache jenes Gedichtes betrifft, so wird, da die französische oder romantische[15] Sprache vor der Hälfte des zwölften Jahrhunderts nicht in die Poesie[1] eingedrungen ist, allein die Lateinische oder die Teutsche[1] übrig bleiben, in denen, vorzüglich in der ersten, die Poesie[1] um diese Zeit[7] am häufigsten sich offenbarte..
[69] J. Grimm, Fr. Alda (1815), 42: Unter solchen [...] Uebersetzungsgedanken ist die voranstehende Uebersetzung[2] eines sehr einfachen und zarten Originals hingeschrieben worden [...]. Absichtlich sind die Trochäen nicht durchaus regelmäßig gesetzt, im Text sind sie noch weniger glatt, denn überhaupt dünkt es mir, kann man von Volksweisen wohl sagen, dass sie einem trochäischen Ton[10] folgen, aber nicht, daß sie einen solchen sylbenmäßig und Wort[1] für Wort[1] ausmeßen. Beym Gesang kommt der rechte Ton[10] schon darüber. Der nervichten, starken deutschen Sprache ist die Aßonanz ferner innerst widerwärtig und unser Ohr[4] fühlt ihre Weichheit nicht, gleich dem südlichen[2]. ➢ Volltext.
[70] Grosse, Genius II (1792), 98 f. (99): Er hatte auf 〈99〉 großen und anhaltenden Reisen das Gute und Schöne[1] fast aller Nationen[1] gesammelt, um es in sich zu vereinigen: er sprach viele ihrer Sprachen vollkommen, und verstand das Angenehme und Allgemeine noch mehrerer ihrer Wissenschaften[2]. Ganz Beobachter, ganz Gelehrter, ganz Hofmann, konnte er verbergen und zeigen, was er nur wollte..
[71] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), VII f. (VIII): Es ist hier nicht die Rede von jener höheren Kritik[3], von einer historischen und literarischen Untersuchung der Entstehung, Ausbildung und mannichfaltigen Darstellung der Fabel, kurz, einer vollständigen Geschichte[4] des ganzen alten[1] Werkes, nach Inhalt, Sprache[4] und Form. Eine solche beabsichtigte ich schon in der vorlängst versprochenen Einleitung zu den Nibelungen, und ich werde sie gewiß nicht schuldig bleiben: sie hat sich indessen von selber, durch den innigen Zusammenhang des Ganzen, zu ei〈VIII〉nem eigenen Werke über den gesammten nazionalen Fabelkreis erweitert. Hier meine ich nur die einzele Sprach- und Wort-Kritik, zur wahren Darstellung und Berichtigung des Textes; welche im Grunde freilich auch nicht ohne jene bestehen kann. In Beziehung auf diese bestimmt aber das berührte Verhältniß des alten[1] Heldenliedes zu unserer, wie sehr auch veränderten, doch immer noch lebenden Sprache[3], auf mannichfache Weise die Anwendung dieser, für das fast ganz in sich abgeschlossene Alterthum[2] der todten Sprachen[3] am vollkommensten ausgebildeten Wissenschaft; – durch welches Verhältniß, zur Begegnung übelwollender Beurtheilungen gesagt, zugleich die eigenthümliche Art und Weise jener Übertragung dieses und anderer ähnlicher Werke bedingt, auch durch den Erfolg als trifftig bewiesen ist. Die Arbeit ist hier, beides, leichter und schwerer, willkürlicher und gebundener, als bei den alten[10] Klassikern: jenes, weil so vieles von der alten[1] Muttersprache doch wirklich noch lebt; dieses, weil Zeit[1] und Ort so vieles in der Bedeutung verändert haben, daß man durch die gegenwärtige gar oft getäuscht wird; – eben so wie bei dem Verständniß einer nahe verwandten Sprache[3]..
[72] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III: Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung[1] der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. Die gleichzeitige Reformazion war dabei gewiß auch nicht ohne Einfluß: so wie dagegen der Katholizismus der Poesie[3] so günstig gewesen war. Zwar ist die frühe Einwirkung eben dieser Religion und einer fremden[1] Sprache 〈IV〉 und Schrift wieder störend für die eigenthümliche Entwickelung der Deutschen Nazionalpoesie gewesen, hat dieselbe frühe zu frommen oder bloß gelehrten Zwecken verarbeitet, und besonders durch Übersetzung religiöser und klassischer[7] Schriften, zugleich eine breite Prosa[1] neben ihr erzeugt: durch welches alles auch die die [sic] Deutsche Poesie[3] den Karakter[1] der romantischen[1] an sich trägt, und sich das eigenthümliche Streben dieser zum prosaischen[1] Roman[1] kund giebt. Dennoch ist die Poesie[3] hauptsächlicher Ausdruck dieser ganzen Zeit[3], und zwar, wie es uns scheint, der eigenthümlichste für Deutschland, indem nicht nur die alte Volkspoesie sich trefflich ausbildete, sondern auch die fremden[1] Romane[1] und religiösen Dichtungen kräftig angeeignet wurden, um so eher, da ihr Geist[12] ursprünglich von hier ausging oder doch verwandt war. So ist denn auch in dieser ganzen Periode eine vollständige poetische[5] Entwickelung sichtbar, und die in der älteren Zeit[3] häufigere Prosa[1], verliert sich in der eigentlichen Blüthezeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts immer mehr, und selbst die Bibel und Kroniken erscheinen in Reimen.
[73] Hamann, Krzzg. d. Phlg. (1762), N 2, 125: An Beobachtungen fehlt es uns nicht, wodurch das Verhältnis der
[74] Hase, Cours Villois. (1803), 149: Sobald man sich historisch das Daseyn einer Sprache erklären will, die, wie das Neugriechische, größtentheils nur durch die Beziehungen und Annäherungen ein Interesse gewinnt, die zwischen ihr und einer untergegangenen, vollendeteren Mundart[1] statt finden, so ist ein Gelehrter, der die Literatur der älteren Sprache und die Geschichte ihrer Umbildung völlig kennt, oft bei Erlernung des neueren Dialekts[1] einem Eingebohrnen vorzuziehen, der zwar diesen als Muttersprache spricht und schreibt, aber vielleicht weder über seine Entstehung Auskunft zu geben, noch die Kenntniß desselben für Sprachstudium überhaupt zu benutzen versteht.
[75] Hegel, Hamann (1828), W 11, 283: Der junge Adel[2] und viele Bürgerskinder sollten eher die Lehrbücher des Ackerbaus als das Leben Alexanders usf. zu Lehrbüchern der römischen Sprache haben und dergleichen, – Ansichten, von welchen die Basedowschen, Campeschen u. a. Deklamationen und Aufschneidereien wie ihre pomphaften Unternehmungen ausgegangen und welche auf die Organisation[8] und den Geist[12] des öffentlichen Unterrichts so nachteilige, noch jetzt, sosehr man davon zurückgekommen, in ihren Folgen nicht ganz beseitigte Einwirkungen gehabt haben..
[76] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 324: Im Schreiben werden die Sprachlaute auf wenige stets gleiche Zeichen zurückgeführt, und erscheinen in ihrer einfachen Bestimmtheit; beim Sprechen aber verwischt sich nur allzuoft diese Bestimmtheit, so daß nun besonders die Volkssprachen, wie das Süddeutsche, Schwäbische, Schweizerische, Laute haben, die sich in ihrer Vermischung gar nicht schreiben lassen. Dieß ist dann aber nicht etwa ein Mangel der Schriftsprache, sondern kommt nur von der Schwerfälligkeit des Volkes[1] her. ➢ Volltext.
[77] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 312 f. (313): Die Assonanz [...] betrifft nicht den Anfangsbuchstaben, sondern geht schon dem Reim entgegen, insofern sie 〈313〉 eine gleichklingende Wiederholung derselben Buchstaben[7] in der Mitte oder an dem Ende verschiedener Wörter[1] ist. Diese assonirenden Wörter[1] brauchen nun zwar nicht schlechthin den Schluß eines Verses auszumachen, sondern können auch wohl an anderen Stellen vorkommen, hauptsächlich aber treten die Schlußsylben der Zeilen durch die Gleichheit einzelner Buchstaben[7], im Unterschiede der Alliteration, welche den Hauptstab in den Anfang des Verses stellt, in einen assonirenden Bezug aufeinander. Seiner reichhaltigsten Ausbildung nach weist dieses Assoniren nach den romanischen[2] Völkern[1], den Spaniern vornehmlich, hin, deren volltönende Sprache sich insbesondere für die Wiederkehr derselben Vokale geeignet zeigt. Im Allgemeinen zwar ist die Assonanz auf die Vokale beschränkt; indessen darf sie Theils gleiche Vokale, Theils auch gleiche Konsonanten, Theils auch Konsonanten in Verbindung mit einem Vokale wiederklingen lassen. ➢ Volltext.
[78] Heine, Romant. Schule (1836), 164: Mit den ernsten Disciplinen hatte sich Herr Tieck nie sonderlich befaßt. Er studirte moderne[1] Sprachen und die älteren[1] Urkunden unserer vaterländischen Poesie[1]. Den klassischen[7] Studien soll 〈165〉 er immer fremd[4] geblieben seyn, als ein ächter Romantiker[3]. ➢ Volltext.
[79] Heinse, H. v. Hohenth. I (1795), SW 5, 55: Wahrscheinlich übertrift das Ohr[3] des Menschen[1] an feiner und mannigfaltiger Aufnehmung und Unterscheidung der Töne[1] auch das Ohr[3] aller andern Thiere[2]. Mich dünkt, schon die Menge der Sprachen allein wäre hinlänglicher Beweis. So wie der vortrefliche Lehrmeister des Gefühls, ist es noch Lehrmeister der Zunge und der Kehle. Ein vollkommen zartes, festes, reines, und noch mehr, ausgebildetes Gehör ist freylich auch eben so selten, wie alle hohe Schönheit[3]; und durch böse Gewohnheiten kann man diesen 〈56〉 göttlichen Sinn[5] sehr verderben. Wer ihn aber nicht einigermaaßen in Vortreflichkeit hat, soll sich nicht mit Gesang und Instrumenten[3] plagen, wo er nothwendig entscheidet..
[80] Heinse, H. v. Hohenth. II (1796), SW 5, 360: „Die Deutschen Dichter gestatten in ihren Jambischen Versen keinem andern Fuße den Zutritt, und foltern in längern Gedichten Natur[19] und Sprache, so daß das Ohr[4] bey ihren besten Werken sich nach einer guten Prose[1] und den göttlichen Knittelversen des Hans Sachs zurücksehnt“..
[81] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 143 f. (144): Ob es [...] 〈144〉 gleich keine eigentliche Muttersprache[2] in den jetzt noch übrigen Sprachen giebt, so scheint mirs doch, daß unsere teutsche Sprache, und besonders die niederteutsche Mundart[1] derselben, vorzüglich als Mutter der lateinischen und griechischen könne betrachtet, und zur Erklärung und Auflösung der Wörter[1] in denselben am geschicktesten sey. Denn sie ist erstlich der ältesten[1] allgemeinen Sprache von Europa, die man nachher die celtische nannte, welche ich für die Urquelle aller übrigen halte, am ähnlichsten geblieben. Zweitens sind ihre Wörter[1] nicht so in einander geschmolzen und verbunden; auch ist der Ton[2] von der Hauptsylbe nicht abgewichen; kurz sie ist natürlicher[4] und ihrer Mutter getreuer geblieben, z. B. [...] fenestra, fr. fenetre von fente Oeffnung oder offen, d. i. auf uf 'fgewendet, 'f'wendet, und von Thür [...]. Hier ist in fenetre zur Milderung der Aussprache, um das Zusammenstoßen zweier Mitlauter zu vermeiden, ein e zwischen geschoben, und der Ton[2] von der Hauptsylbe auf dies e hinüber gezogen..
[82] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 11: Die ältesten[1] Morgenländischen Sprachen sind voll von Ausrüfen, für die wir spätergebildeten Völker[1] oft nichts als Lücken, oder stumpfen, tauben Misverstand haben. ➢ Volltext.
[83] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 13: Keine einzige lebendigtönende Sprache läßt sich vollständig in Buchstaben[1] bringen, und noch weniger in zwanzig Buchstaben[1]: dies zeugen alle Sprachen sämtlich und sonders. Die Artikulationen unsrer Sprachwerkzeuge sind so viel; Ein jeder Laut wird auf so mannichfaltige Weise ausgesprochen, daß z. E. Herr Lambert im zweiten Theil seines Organon mit Recht hat zeigen können, „wie weit weniger wir Buchstaben[1], als Laute haben, und wie unbestimmt also diese von jenen ausgedrückt werden können.“ Und das ist doch nur aus der deutschen Sprache gezeiget, die die Vieltönigkeit und den Unterschied ihrer Dialekte[1] noch nicht einmal in eine Schriftsprache aufgenommen hat: vielweniger wo die ganze Sprache nichts als solch ein lebendiger Dialekt[1] ist? ➢ Volltext.
[84] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 87: Was so viele Alten[10] sagen und so viel Neuere[5] ohne Sinn[2] nachgesagt, nimmt hieraus sein sinnliches Leben: „daß nemlich Poesie[11] älter[1] gewesen, als Prosa[2]!“ denn was war diese erste Sprache als eine Sammlung von Elementen der Poesie[[11]? Nachahmung der tönenden, handelnden, sich regenden Natur[2]! [...] Ein Wörterbuch der Seele, was zugleich Mythologie und eine wun〈88〉derbare Epopee von den Handlungen[1] und Reden aller Wesen ist! Also eine beständige Fabeldichtung mit Leidenschaft und Interesse! – Was ist Poesie[11] anders? ➢ Volltext.
[85] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115: Der Grund der kühnen Wortmetaphern lag in der ersten Empfindung; aber wie? wenn spät nachher, wenn schon alles Bedürfniß weggefallen ist, aus bloßer Nachahmungssucht, oder Liebe zum Alterthum[2] dergleichen Wort- und Bildergattungen bleiben? Und gar noch ausgedehnt und erhöhet werden? Denn, o denn wird der erhabne Unsinn, das aufgedunsne Wortspiel daraus, was es im Anfang eigentlich nicht war. Dort wars kühner, männlicher Witz[2], der denn vielleicht am wenigsten spielen wollte, wenn er am meisten zu spielen schien! es war rohe Erhabenheit der Phantasie[2], die solch Gefühl in solchem Worte[1] herausarbeitete; aber nun im Gebrauche schaaler Nachahmer, ohne solches Gefühl, ohne solche Gelegenheit – Ach! Ampullen von Worten[1] ohne Geist[30]! und das ist „das Schicksal aller derer Sprachen in spätern Zeiten[3] gewesen, deren erste Formen so kühn waren.“ ➢ Volltext.
[86] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115 f.: Die spätern französischen Dichter können sich nicht versteigen, weil die ersten Erfinder ihrer Sprache sich nicht verstiegen haben: 〈116〉 ihre ganze Sprache ist Prose[4] der gesunden Vernunft[3], und hat ursprünglich fast kein poetisches[6] Wort[1], das dem Dichter eigen wäre; aber die Morgenländer? die Griechen? die Engländer? und wir Deutschen? ➢ Volltext.
[87] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 122: Der ganze Bau der morgenländischen Sprachen[3] zeuget, daß alle ihre Abstrakta voraus Sinnlichkeiten gewesen: der Geist war Wind, Hauch, Nachtsturm! Heilig hieß abgesondert, einsam: die Seele hieß der Othem: der Zorn das Schnauben der Nase u. s. w. Die allgemeinern Begriffe[1] wurden ihr also erst später durch Abstraktion, Witz[2], Phantasie[2], Gleichniß, Analogie u. s. w. angebildet – im tiefsten Abgrunde der Sprache[1] liegt keine Einzige! | Bei allen Wilden findet dasselbe nach Maaß der Cultur[4] statt. ➢ Volltext.
[88] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 179: Väter, die nichts selbst gedacht, nichts selbst erfunden; die alles mechanisch gelernt haben – was bekümmern sich die um Unterricht ihrer Söhne? um Verewigung dessen, was sie ja selbst nicht besitzen? Aber der erste Vater, die ersten dürftigen Spracherfinder, die fast an jedem Worte[1] die Arbeit ihrer Seele hingaben, die überall in der Sprache noch den warmen Schweiß fühlten, den er ihrer Würksamkeit gekostet – welchen Informator konnten die bestellen? Die ganze Sprache ihrer Kinder war ein Dialekt[1] ihrer Gedanken, ein Loblied ihrer Thaten, wie die Lieder Oßians auf seinen Vater Fingal. ➢ Volltext.
[89] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 183: Wenn ist die Französische, durch Akademien und Autoren und Wörterbücher so gebildete Sprache, denn so zu Ende gebildet, daß sie sich nicht mit jedem neuen[1] originalen[1] Autor, ja mit jedem Kopfe, der neuen[1] Ton[4] in die Gesellschaft bringt, neu[1] bilden oder mißbilden müßte? ➢ Volltext.
[90] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 188: So wenig als es zween Menschen[1] ganz von einerlei Gestalt und Gesichtszügen: so wenig kann es zwo Sprachen, auch nur der Aussprache nach, im Munde zweener Menschen[1] geben, die doch nur Eine Sprache wären. | Jedes Geschlecht wird in seine Sprache Haus und Familienton bringen: das wird, der Aussprache nach, verschiedne Mundart[1]. | Clima[1], Luft und Wasser, Speise und Trank, werden auf die Sprachwerkzeuge und natürlich[4] auch auf die Sprache einfließen. | Die Sitte der Gesellschaft und die mächtige Göttin der Gewohnheit werden bald nach Geberden und Anstand diese Eigenheiten und jene Verschiedenheiten einführen – ein Dialekt[1]. ➢ Volltext.
[91] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 193: Es sei so wenig Ähnlichkeit zwischen den Sprachen der Erde auszuträumen, als zwischen den Bildungen[10] der Menschengattungen; und es hieße sehr unweise von Gott gedacht, nur ein Paar Menschen[1] als Stammältern für die ganze Erde so schwach und schüchtern, zum Raube der Elemente und Thiere[4] in einen Erdewinkel dahingesezt und einem tausendfachen Ungefähr von Gefahren überlassen zu haben – – ➢ Volltext.
[92] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 203: „So wie nach aller Wahrscheinlichkeit das menschliche Geschlecht Ein progressives[2] Ganze von Einem Ursprunge in Einer großen Haushaltung ausmacht: so auch alle Sprachen[3], und mit ihnen die ganze Kette der Bildung[5].“ | Der sonderbare charakteristische[1] Plan ist bemerkt, der über Einen Menschen[1] waltet: seine Seele ist gewohnt, immer das, was sie sieht, zu reihen, mit dem, was sie sahe, und durch Besonnenheit wird also „ein progressives[2] Eins aller Zustände des Lebens“ – mithin Fortbildung der Sprache[1]. ➢ Volltext.
[93] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 38: Ich glaube, der Stand, in den ich Griechenland stelle, trägt auch bei, „den ewigen Streit über die Originalität der Griechen oder ihre Nachahmung fremder[1] Nationen[1]“ etwas zu entwirren: man hätte sich wie überall, also auch hier, lange vereinigt, hätte man sich nur besser verstanden. Daß Griechenland Samenkörner der Kultur[4], Sprache, Künste[2] und Wissenschaften[2] anderswoher erhalten, ist, dünkt mich, unläugbar, und es kann bey einigen, Bildhauerey, Baukunst, Mythologie, Litteratur, offenbar gezeigt werden..
[94] Herder, Engl. u. dt. Dichtk. (1777), 426 f. (427): Als vor weniger Zeit die Barden-Windsbraut brauste: wie wurde nach den Gesängen gerufen, die der grosse Karl gesammlet haben soll! Wie wurden diese völlig unbekannter Weise gelobt, nachgeahmt, gesungen – ihr Fund so leicht gemacht, als ob sie nur aus der Hand gelegt wären, an ihnen 〈427〉 nichts weniger als ein deutscher Ossian gehoffet u. f. Treflich Alles in der Ferne! Wenn da auf einmal ein Macpherson in Tyrol oder in Baiern aufstünde, und uns da so einen deutschen Ossian sänge, ginge es hin, so weit ließen wir uns etwa noch mitziehen. Nun aber wären diese Gesänge in einer Sprache, wie sie nach Analogie der schilterschen Sammlung nothwendig sein müsten; müsten sie, weil vor Ottfried alles undisziplinirte Sprache war, als lebendiger Gesang im Munde der Barden erst buchstabirt, als eine Zaubergestalt voriger Zeiten[3] im Spiegel der Glossatoren studirt werden, ohne das sie sowenig als Ulfila's Evangelien in unsern Kirchen Wunder thun könnten; wie viel Lobredner und Jünger würden stracks zurückgehen und sagen: „Ich kenne euch nicht! Ich hatte mir so einen klassischen[5] Ossian vermutet!“
[95] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 146: Und so ward jenes einzige Gepräge der griechischen[2] Sprache, das nicht von stummen Gesetzen erpreßt, das durch Musik[6] und Tanz, durch Gesang und Geschichte[2], endlich durch den plauderhaften freien[13/6] Umgang vieler Stämme und Colonien wie eine lebendige Form der Natur[2] entstanden war. Die nordischen Völker[1] Europens hatten bei ihrer Bildung[3] dies Glück nicht. Da ihnen durch fremde[1/5] Gesetze und durch eine Gesanglose Religion[1] ausländische Sitten gegeben wurden; so verstummete auch ihre Sprache. Die Deutsche z. B. hat unstreitig viel von ihrer innern Biegsamkeit, von ihrer bestimmtem Zeichnung in der Flexion der Worte, ja noch mehr von jenem lebendigen Schall verlohren, den sie unter günstigem Himmelsstrichen ehedem hatte. Einst war sie eine nahe Schwester der griechischen[2] Sprache und jetzt wie fernab von dieser ist sie gebildet! [...] Nur die griechische[2] Sprache ist wie durch Gesang entstanden: denn Gesang und 〈147〉 Dichtkunst und ein früher Gebrauch des freien[6] Lebens hat sie zur Musensprache der Welt gebildet..
[96] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 230: Auch die Pelasgischen Stämme kamen als halbverwilderte Wanderer an diese oder jene Italienische Küste [...]. Hier drängeten sich mehrere Völker[1] zusammen: so daß auch die Etruskische Sprache ein Gemisch mehrerer Sprachen scheinet; [...] dem vielbewohnten Italien war also die Blüthe der Bildung[3] aus Einem reinen Keime versagt. Schon daß der Apennin voll roher Bergvölker mitten durch Italien streichet, ließ jene Einförmigkeit Eines Reiches oder National-Geschmacks nicht zu, auf welche sich doch allein die veste Dauer einer allgemeinen Landes-Cultur gründet..
[97] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 294 f. (295): Jedermann weiß, [...] wie theuer z. B. Sicilien des Cicero Rede gegen den Verres, wie theuer Rom und ihm selbst seine Reden gegen Catilina, seine Angriffe auf den Antonius gewesen u. f. Damit eine Perle gerettet würde, 〈295〉 mußte also ein Schiff untergehen, und tausend Lebendige kamen um, blos damit auf ihrer Asche einige Blumen wüchsen, die auch der Wind zerstäubet. Um eine Aeneis des Virgils, um die ruhige Muse eines Horaz und seine urbanen Briefe[3] zu erkaufen, mußten Ströme von Römerblut vorher vergossen, zahllose Völker[1] und Reiche unterdrückt werden; waren diese schönen[6] Früchte eines erpreßten Goldnen Alters solches Aufwandes werth? Mit dem Römischen Rechte ists nicht anders; denn wem ist unbekannt, welche Drangsale die Völker[1] dadurch erlitten, wie manche menschlichere Einrichtung der verschiedensten Länder dadurch zerstört worden? Fremde[1] Völker[1] wurden nach Sitten gerichtet, die sie nicht kannten; sie wurden mit Lastern und ihren Strafen vertraut, von welchen sie nie gehört hatten; ja endlich der ganze Gang dieser Gesetzgebung, der sich nur zur Verfassung Roms schickte, hat er nicht nach tausend Unterdrückungen den Charakter[1] aller überwundenen Nationen[1] so verlöscht: so verderbet, daß, statt des eigenthümlichen Gepräges derselben, zuletzt allenthalben nur der römische Adler erscheint, der nach ausgehackten Augen und verzehrten Eingeweiden traurige Leichname von Provinzen mit schwachen Flügeln deckte. Auch die lateinische Sprache gewann nichts durch die überwundnen Völker[1], und diese gewannen nichts durch jene. Sie ward verderbt und zuletzt ein Romanisches[1] Gemisch nicht nur in den Provinzen, sondern in Rom selbst..
[98] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 225 f. (226): Das Band [...], dadurch alle römisch-katholische Länder unläugbar vereint wurden, die lateinische Mönchssprache, hatte auch manche Knoten. Nicht nur wurden die Muttersprachen der Völker[1], die Europa besassen, und mit ihnen die Völker[1] selbst in Roheit erhalten; sondern es kam unter andern auch hiedurch insonderheit das Volk[5] um seinen letzten Antheil an öffentlichen Verhandlungen, weil es kein Latein konnte. Mit der Landessprache ward jedesmal ein großer Theil des Nationalcharakters aus den Geschäften der Nation[1] verdrängt, wo〈226〉gegen sich mit der lateinischen Mönchssprache auch jener fromme Mönchsgeist einschlich, der zu gelegener Zeit[7] zu schmeicheln, zu erschleichen, wohl auch zu verfälschen wußte. Daß die Acten sämmtlicher Nationen[1] Europa's, ihre Gesetze, Schlüsse, Vermächtnisse, Kauf- und Lehninstrumente, endlich auch die Landesgeschichte so viele Jahrhunderte hindurch latein geschrieben wurden; dies konnte zwar der Geistlichkeit, als dem gelehrten Stande sehr nützlich, den Nationen[1] selbst aber nicht anders als schädlich seyn. Nur durch die Cultur[3] der vaterländischen Sprache kann sich ein Volk[1] aus der Barbarei heben; und Europa blieb auch deshalb so lange barbarisch, weil sich dem natürlichen[3] Organ[1] seiner Bewohner, fast ein Jahrtausend hin, eine fremde[5] Sprache vordrang, ihnen selbst die Reste ihrer Denkmahle nahm und auf so lange Zeit[6] einen vaterländischen Codex der Gesetze, eine eigenthümliche Verfassung und Nationalgeschichte ihnen ganz unmöglich machte..
[99] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 259: Wenn die germanischen Ueberwinder Europa's ein classisches[4] Buch ihrer Sprache, wie die Araber den Koran gehabt hätten; nie wäre die lateinische eine Oberherrin ihrer Sprache geworden, auch hätten sich viele ihrer Stämme nicht so ganz in der Irre verlohren..
[100] Herder, Bef. d. Hum. V (1795), 90: Als Ueberwinderin sammlete Rom; sie erfand aber nichts Neues[1]. Auch die Sprache der Römer bildete sich nur durch die Griechen zu einer reinen und ewigen Sprache. | Das Publicum[1] also, das für die classische[3/5] Denkart in Rom blühete, war ein erbeutetes, künstliches Publicum[1] [...]..
[101] Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 17: Boëthius und Auson's Gedichte sind zur Zeit[7] des allgemeinen Verfalls der Römischen Sprache und Poesie[1] merkwürdige Erscheinungen. [...] Beide, insonderheit Boëthius, sind den folgenden dunkeln Jahrhunderten leitende Sterne 〈18〉 gewesen; wie denn auch in ihm [...] bereits sichtbarerweise ein neuer[1] Geschmack hervorgehet, der den folgenden Zeiten[3] verwandt und ihnen daher lieber war, als der große Geschmack der alten[10] classischen[5] Dichter..
[102] Herder, Bef. d. Hum. IX (1797), 12: Als aus der alten[1] Romanischen[1] Sprache die Französische sich mit ihren Schwestern, der Italiänischen, Castilianischen, Gallicischen u. f. bildete, zeigte sich bald ihr Charakter[1]..
[103] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. II (1834), 404: In ganz Italien tönte der Ruf ihrer seltenen Gelehrsamkeit wieder, die sich namentlich in dem Gebiete der Philosophie und Theologie bewegte, daneben aber eine außerordentliche Kenntniß der alten und classischen[2] Sprachen umfaßte. .
[104] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 33: Das Studium der klassischen[6] und der neuern Sprachen war ihre Lieblingsbeschäftigung; mit 14 Jahren hatte sie die Meisterwerke der alt- und neugriechischen, lateinischen, deutschen, französischen, englischen, italienischen, spanischen und portugiesischen Literatur gelesen [...]..
[105] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 163: Dialekt[1], Mundart[1]. Die besondere Weise im Ausdrucke, die eine Sprache in verschiedenen Gegenden leidet und wodurch sich die Bewohner derselben scharf charakterisiren..
[106] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 222: Namentlich an der französischen Gesangmethode, die so nahe an Declamation grenzt, sieht man, wie ungern dieses Volk[1] zu sprechen aufhört, und sich zum Singen entschließt. Durch seinen recitirenden Charakter[1] tritt der französische Gesang am meisten dem italienischen entgegen. Selbst die Sprache mit ihren verschluckten Endsylben und dem tonlosen Flüstern zeigt sich der Musik feindlich..
[107] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 467: Gonzaga, Lucretia von, die unter den Gelehrten des 16. Jahrhunderts eine der ruhmvollsten Stellen einnimmt, erregte schon als Kind die Bewunderung der ausgezeichnetsten Sprachforscher 〈467〉 durch die seltene Fertigkeit, mit der sie in die klassischen[7] Sprachen und in den Geist[26] ihrer Dichter und Schriftsteller eingedrungen war..
[108] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IX (1837), 172: Unterdeß war der Helvetier aus wirren Feudalträumen zur Begründung eines schönen[6], festen Bürgerthums erwacht; die romanische[1] Sprache in Savoyen lieh der deutschen[2] Zunge Wohlklang und Poesie[17]; begeisterte Minnesänger flogen wie Brieftauben der Kultur[4] von Burg zu Burg, von Haus zu Haus [...]..
[109] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IX (1837), 369: [...] die romanischen[1] S.[prachen], zu denen die spanische, portugiesische, französische, rhätische in Graubündten, die walachische und, ausgeartet im eigenen Vaterlande, die italienische gehört [...]..
[110] Hoven, Lebenserinn. (1840), 20: Die lateinischen Buchstaben[1] hatte mich schon der Schulmeister kennengelehrt; bei dem Pfarrer lernte ich zuerst die lateinischen Wörter[1] lesen, dann die Anfangsgründe der lateinischen Sprache selbst, so daß ich bald Deklinieren und Konjugieren, Substantivum und Adjektivum zusammensetzen, leichte Exempel vom Gebrauche der Zeitwörter machen konnte, während ich bei meinem guten Gedächtnis eine Menge Vokabeln auswendig gelernt hatte..
[111] Th. Huber, Holland (1811), 397: [D]abei fällt mir ein, daß die Sprache des alten Frankreichs in den neuen Departements schon sehr gemein wird. In den kleinen Städtchen, worin wir Pferde wechselten oder fütterten, belustigten mich die Knaben von zehn bis vierzehn Jahren, die an den Ecken der Gassen in der neuen Sprache vorkehrten. Die kleinen Taugenichtse nehmen dabei den Gang und die Haltung des französischen Militärs an, so, daß ich eine Menge Gedanken darüber hatte. Die alten Franzosen scheinen an dieser Amalgamation noch keinen großen Glauben zu haben, wie ich bei ein paar Gelegenheiten wahrnahm. Wie ich bei Kostheim über den Rhein setzte, hielten mich die Fährleute sehr lange auf, indeß ich mit der Schildwache sprach [...]. Der Mensch beantwortete mir mehrere Fragen über die Belagerung von Mainz, bei der er gedient hatte, und mir that das Herz sonderbar weh, wenn er immer auf kahle Plätze wies, und sagte: da standen Bäume, dort war ein Bauerhof. – Die Herren sind etwas langsam, sagte ich endlich auf die Fährleute zeigend, die, ihre kurzen Pfeifen im Munde, unerschütterlich fortkrochen. „Das sind Deutsche, Madame, 〈398〉 sie werden noch ganz andere Sachen sehen, wenn sie weiter in das Land hinein kommen.“ Ich glaube, ich ward roth, und wäre es nicht meiner Natur[1] zuwider gewesen, so wäre ich jetzt, da die Fähre endlich ans Ufer stieß, langsam in meinen Wagen eingestiegen, um meinen Nationalkarakter trotzig zu beweisen.
[112] Th. Huber, E. Percy I (1822), 290: Trotz Maitlands Jugend fand Warburton doch in ihm den Gefährten, der ihn völlig verstand; in classischen
[113] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 112: Da die Wanderungen der americanischen Völker[1] immer, wenigstens vom sechsten bis zum zwölften Jahrhundert, von Norden nach Süden gegangen sind, so ist es ganz klar, daß die indianische Bevölkerung von Neu-Spanien aus sehr heterogenen Elementen bestehen muß. In dem Maaß, wie die Bevölkerung sich südlich wandte, hielten einige Stämme auf ihren Wanderungen stille, und vermischten sich mit den Völkern[1], welche ihnen gerade nachfolgten; und wirklich beweist die große Manigfaltigkeit von Sprachen, welche noch heutzutag im Königreich von Mexico gesprochen werden, eine eben so große Manigfaltigkeit von Raçen[1] und Abstammungen..
[114] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 113: Weit entfernt, blosse Dialecte[1] einer einzigen Sprache zu seyn, (wie einige Schriftsteller mit Unwahrheit behauptet haben,) sind diese Sprachen vielmehr zum mindesten eben so verschieden von einander, als das griechische von dem deutschen, oder das französische von dem polnischen. [...] Diese Manigfaltigkeit von Idiomen bei den Völkern[1] des neuen[3] Continents, (man darf sie ohne Uebertreibung zu mehrern Hunderten annehmen,) ist, besonders in Vergleichung mit den wenigen Sprachen von Asien und Europa, ein äußerst auffallendes Phänomen..
[115] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 136: Da die Ureinwohner fast alle zur Classe[2] der Bauren und des niedrigen Volks[5] gehören, so ist es nicht leicht, über ihre Anlagen für Künste[6] der Lebensverschönerung zu urtheilen. Indessen kenn ich keine Menschenraçe, welche ärmer an Einbildungskraft[1] zu seyn schiene. Gelangt ein Indianer auf einen gewissen Grad von Cultur[4], so zeigt er eine große Leichtigkeit zu lernen, viel richtigen Verstand[4], natürliche[2] Logik, und eine besondre Neigung zu subtilisieren, oder die feinsten Verschiedenheiten zwischen mehreren zu vergleichenden Gegenständen aufzufassen. Dabei räsonnirt er kalt, aber mit Ordnung, ohne jedoch jene Beweglichkeit der Einbildungskraft[1], jenes Colorit der Empfindung, jene Kunst[6] zu schaffen und hervorzubringen zu zeigen, welche die Völker[1] des südlichen Europa's und mehrere africanische Neger-Stämme characterisirt. Ich spreche diese Meinung indeß mit Vorbehalt aus; indem man äußerst vorsichtig im Urtheil über das seyn seyn soll, was man moralische oder intellectuelle Anlagen der Völker[1] zu nennen wagt, von denen wir durch so manche Scheidewand der Verschiedenheit der Sprachen, der Gewohnheiten und Sitten getrennt sind..
[116] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 140: Die Mecos, (ein Stamm der Chichimeken,) die Apachen, die Lipanen sind Horden von Jägervölkern, die auf ihren, häufig nächtlichen Zügen die Gränzen von Neu-Biskajo, von Sonora und Neu-Mexico beunruhigen. Diese Wilden verrathen, wie die des südlichen America's, weit mehr Beweglichkeit des Geistes[19], und Characterkraft, als die Landbauer der Indianer. Einige Völkerschaften unter ihnen haben sogar Sprachen, deren Mechanismus eine alte[1] Civilisation beweist. Sie lernen die europäischen Sprachen nur mit der größten Schwierigkeit, drücken sich aber in den ihrigen mit äußerster Leichtigkeit aus. Diese indianischen Anführer, deren finsteres Schweigen[1] den Beobachter in Erstaunen setzt, halten, wenn ein großes Interesse sie aufregt, Reden, die mehrere Stunden lang dauern. Diese Geläufigkeit der Zunge haben wir auch in den Missionen des spanischen Guiana, bei den Cariben vom Nieder-Orinoco, deren Sprache äußerst weich und sonor ist, bemerkt..
[117] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 172 f. (173): Der ausgezeichnetste Geometer, welchen Neu-Spanien seit Siguenza's Epoche gehabt hat, war Don Joacquin Velasquez Cardenas y Leon. Alle astronomischen und geode〈173〉tischen Operationen dieses unermüdlichen Gelehrten tragen den Character[1] der größten Genauigkeit. Er war den 21sten Juli 1732 im Innern des Landes, auf dem Maierhof Santiago Acebedocla, in der Nähe des indianischen Dorfs Tizicapan, geboren, und bildete sich, so zu sagen, ganz allein. In seinem vierten Jahr theilte[1 er seinem Vater die Pocken mit1], der daran starb, daher sein Oheim, welcher Pfarrer von Xaltocan war, seine Erziehung übernahm, und ihn durch einen Indianer, Namens Manuel Asentzio, einen Mann von viel natürlichem[2] Verstand[4] und tiefen Kenntnissen in der mexicanischen Geschichte[3] und Mythologie, unterrichten ließ. Velasquez lernte in Xaltocan mehrere indianische Sprachen nebst dem Gebrauch der aztekischen Hieroglyphenschrift, und es ist sehr zu bedauern, daß er nichts über diesen merkwürdigen Zweig des Alterthums[2] bekannt gemacht hat..
[118] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 191: Wahrlich wenn wir in Betrachtung ziehen, daß das, was wir heutzutag Spanier nennen, ein Gemisch von Alanen und andern tartarischen Horden mit den Visigothen und den alten[5] Bewohnern Iberiens ist; erinnern wir uns ferner der auffallenden Aehnlichkeit, welche zwischen den meisten europäischen Sprachen, dem Sanskrit und dem Persischen Statt findet, und denken wir über den asiatischen Ursprung der Nomaden-Stämme nach, welche seit dem siebenten Jahrhundert in Mexico eingedrungen sind, so möchte man glauben, daß ein Theil dieser Völker[1], welche sich nach langen Streifzügen, und nachdem sie, so zu sagen, die Reise um die Welt gemacht hatten, wieder auf dem Rücken der Cordilleren zusammen fanden, von einem Punct, aber auf völlig entgegengesetzten Wegen, ausgegangen sind..
[119] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 182: [W]enn er, mit dem classischen[3] Geiste[14] der Alten[10] vertraut, und von dem besten der Neueren[3] durchdrungen, zugleich so individuell gebildet ist, daß er nur unter seiner Nation{1] und in seiner Zeit[3] emporkommen konnte, daß alles Fremde[1], was er sich aneignet, danach sich umgestaltet und er sich nur in seiner vaterländischen Sprache darzustellen vermag, in jeder andern aber und zwar gerade für seine Eigenthümlichkeit schlechterdings unübersetzbar bleibt; wenn es ihm nun so gelingt, die Resultate seiner Erfahrungen über Menschenleben und Menschenglück in eine dichterische Idee zusammenzufassen, und diese Idee vollkommen auszuführen – dann mußte, und nur so konnte ein Gedicht, wie das gegenwärtige ist, entstehen..
[120] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 115: Der einheimischen und mithin einzig wahren Aussprache von Mexico kommt das Italiänische Messico am nächsten, nur dass es mehr wie unser sch lauten müsste. Denn weil die Spanier diesen letzteren Laut in ihrer Sprache nicht besitzen, so schreiben sie den zwischen dem scharfen s und unsrem sch schwebenden[5] Laut der Mexicanischen Sprache in ihrer Verlegenheit sonderbarer Weise mit einem x, das dann der allgemeinen Aussprache dieses Buchstabens[1] in ihrer Sprache folgte..
[121] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 131 f.: Die Philologie ist [...], ohne sie, in anderer Erweiterung, zur Alterthumskunde zu machen, die auch besser wie eine Hülfswissenschaft von ihr angesehen, als selbst mit ihr vermischt wird, ihrem reinen Begriff[1] nach, auf die alte Literatur, die Sprachkunde auf die Sprachen gerichtet. Zwar ist beides unzertrennlich verbunden, ja sogar Eins, gerade die Philologie hat die tiefste Sprachforschung zum Zweck, und die Sprachkunde muss, auch bei ganz ungebildeten und unliterärischen Nationen[1], Stücke verbundener Rede aufsuchen; allein bei den geistigen Einflüssen wissenschaftlicher Behandlung ist die Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit der Richtung nicht gleichgültig. Die anhaltende Beschäftigung mit den classischen[7/3] Schriftstellern führt auf Feinheiten und Eigenthümlichkeiten des Sprachgebrauchs und selbst des Baues, auf welche der nicht so auf Kritik[2/3] und Hermeneutik gerichtete Sprachforscher nicht gekommen seyn würde; dagegen lenkt die unmittelbare Rücksicht auf die Sprache den Geist[22] unvermerkt von der Strenge der Individualität der Forschung auf philosophisch und historisch Allgemeineres hin. Es liegt auch in dem wohlthätigen Bildungszwecke der Philologie, die man als die grosse Erzieherin des Menschen zu der schönsten und edelsten Humanität betrachten kann, die das in ihn pflanzt, was allem Streben nach Wissenschaft und Kunst[3] Mass, Haltung und innere Uebereinstimmung giebt, dass sie die Sprache nicht sowohl an 〈132〉 sich, als gleichsam in dem Spiegel ihrer gelungensten Werke zeige; nur dadurch kann sie bis in das Knabenalter ihres Zöglings hinabsteigen, schaffend und vorbereitend, was ihr im Jüngling und Mann entgegenreifen soll..
[122] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 135 f.: Das Verdienst, die Wichtigkeit der Amerikanischen Sprachen für die Sprachkunde gefühlt zu haben, gebührt dem verewigten Schlözer. 〈136〉 Er hat wohl überhaupt seit Leibnitz zuerst wieder unter uns den wahren Begriff dieser Wissenschaft aufgefasst. Er las ein Collegium über eine grosse, damals Erstaunen erregende Anzahl von Sprachen, er zog im 31. Theil der allgemeinen Weltgeschichte die ersten Linien zu einer sichreren Sprachkritik, und während seines Aufenthalts in Rom im Jahr 1782. lernte er durch den Abate Gilij zuerst die Amerikanischen Sprachen kennen..
[123] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 221: Das Zusammenschmelzen des Hülfsverbum mit dem Stammworte im Futurum der Romanischen[1] Sprachen in ihrem späteren Zustande, da sie in dem früheren noch Pronomina dazwischen schoben, gehört auch hierher [...]..
[124] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 223: Die Entstehung der Romanischen[1] Sprachen gehört uns geschichtlich sehr wohl bekannten Jahrhunderten an..
[125] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 281: Man pflegt [...] zu behaupten, dass die in Bildung[10] mehr fortgeschrittene Sprache die weniger ausgebildete verdrängt [...]. Man kann als Beispiele hiervon die Zurückdrängung der einheimischen Sprachen in Hispanien und Gallien, als diese Länder Römische Provinzen wurden, und 〈282〉 das Vorherrschen des Lateinischen im Romanischen[1] anführen..
[126] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 291 f.: Die Untersuchung der Lateinischen Töchtersprachen scheint mir [...] die Behauptung zu bestätigen, dass die Mischung der Sprachen zuerst von der Mischung des Wortvorraths ausgeht, 〈292〉 meistentheils dabei stehen bleibt, bisweilen aber sich von da auf Redensarten, Fügungen der Redeweise und grammatische Ansichten erstreckt, nicht leicht aber wirkliche concrete grammatische Formen zusammenbringt [...]. Man darf indess hierbei auch nicht die besondre Natur[1] dieser Romanischen[1] Sprachen vergessen. Ihre sie charakterisirende Eigenthümlichkeit gieng nicht aus der Mischung Germanischer und Römischer Rede und Sprache hervor, sondern aus der durch die siegreiche Einwandrung fremder[1] Stämme bewirkten Zerstörung des politischen Bestandes, der darauf folgenden Zerrüttung des ganzen Culturzustandes, und der diese Katastrophen begleitenden Verderbniss der Sprache. Sie sind nicht sowohl Erscheinungen der Sprachvermischung, als des Sprachverfalls, so glänzend sie sich auch wieder aus diesem neu[2] entwickelt haben. Ausserdem kennt man den Zustand nicht, in dem sich, schon vor aller Einwanderung, die Römische Sprache im Munde des Volks[5] in OberItalien, Gallien und Iberien befinden mochte..
[127] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 263: Der Witz[1/2] [...] erfindet, und zwar unvermittelt [...]; daher kommt das Wort[1] Witz[1/2], als die Kraft zu wissen, daher „witzigen,“ daher bedeutete er sonst das ganze Genie[2]; daher kommen in mehren Sprachen dessen Ichs-Synonyme Geist[20], esprit, spirit, ingenuosus..
[128] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 294 f. (295): Der bildliche Witz[1] kann entweder den Körper beseelen oder den Geist[19] verkörpern. | Ursprünglich, wo der Mensch noch mit der Welt auf Einem Stamme geimpfet blühte, war dieser Doppel-Tropus noch keiner; jener verglich nicht Unähnlichkeiten, sondern verkündigte Gleichheit; die Metaphern[1] waren, wie bei Kindern, nur abgedrungene Synonymen des Leibes und Geistes[19]. Wie im Schreiben Bilderschrift früher war als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher[1], insofern sie Verhältnisse und nicht Gegenstände bezeichnet, das frühere Wort[1], welches sich erst allmählig zum eigentlichen Ausdruck 〈295〉 entfärben mußte. Das tropische Beseelen und Beleiben fiel noch in Eins zusammen, weil sich noch Ich und Welt verschmolz. Daher ist jede Sprache in Rücksicht geistiger Beziehungen ein Lexikon erblasseter Metaphern[1]..
[129] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 458: Für das Ohr[3] sammelte unsere Sprache einen Schatz fast in allen Thierkehlen; aber unsere poetische[4] Phantasie[19] wird schwer eine akustische, Auge und Ohr[3] stehen in abgekehrten Winkel-Richtungen in die Welt. Daher muß man musikalische[1] Metaphern[1], um mit 〈459〉 ihnen etwas auszurichten, vorher in optische verkörpern, wie denn schon die eigentlichen Ausdrücke hoher, tiefer Ton das Auge ansprechen. Sagt man z. B. die Erinnerung im Greise ist ein leises Tönen und Verklingen aus den vorigen Jahren: so stellet sich dieß bei weitem nicht so freiwillig dem Einbilden dar, als wenn man sagt: diese Erinnerung ist ein entfernter Ton, der aus dunkeln tiefliegenden Tälern herauf geht. Kurz, wir hören besser einen fernen als einen leisen Ton, einen nahen als einen starken, das Auge ist das Hörrohr der akustischen Phantasie[19]..
[130] Jean Paul, Vorsch. Ästh. III (1804), 582: Das Maximum der Form oder Darstellung kann [...] auf zweierlei Weise falsch gesehen werden: man verwechselt die Darstellung entweder mit grammatischer Korrektheit oder mit rhetorischer. Das gemeine (Schreib- und Lese-) Volk[5], unempfänglich für die poetische Vollkommenheit und Darstellung, will gern die grammatische – durch den Sprung von Werken in todten Sprachen, wo jedes Wort entscheidet und befiehlt, auf Werke in lebendigen – zum Ordensterne des Klassischen[3] machen..
[131] Jean Paul, Vorsch. Ästh. III (21813), 786 f. (787): Wenn nun alle Klassiker nur durch die Mehrheit glänzender Theile sich über die Gemeinen und doch Tadelfreien erheben: so fragt sich, ob diese Mehrheit in sogenannten sprach-klassischen oder ob in genialen Theilen bestehe. In den letzten durchdringt sich, wie gesagt, von selber Stoff und Form, Seel' und Leib erschaffen sich gegenseitig, aber die ersten würden nur eine negative, ja bloße grammatische Musterhaftigkeit 〈787〉 geben, und so wäre denn, mit Longin zu reden, ein Ion aus Chios klassischer[3] als Sophokles, und Adelungs Geschichte[7] der Menschheit[2] klassischer[3] als die Herdersche, und Goethe hätte vor Merkels Köpfchen den Hut abzunehmen. Kurz das Klassische[3] kann nicht in der Minderzahl der Flecken, sondern in der Mehrzahl der Strahlen bestehen. Auch nach dem vorigen Kunstrichter kann nichts klassisch[3] sein, was höher zu treiben ist [...]; – aber daher ist dann jede noch lebende Sprache nur für die Gegenwart klassisch[3], weil sie Blüten abwirft und nachtreibt. Jede alte[10] todte war auch so lange keine klassische[3], als sie fort- und nachwuchs; nur ihr Tod gab ihr feste Verklärung..
[132] Jean Paul, Unsichtb. Loge ( . Ich behaupte nicht, daß man in den klassischen Papagaien-Jahrhunderten diesen Geist besser fühlte als jetzo [...]. Allein ich rede vom jetzigen Geschmack des Volks, nicht des Genies..
[133] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 368 f.: Bey dem großen Reichthum unserer Sprachen findet sich doch oft der denkende Kopf wegen des Ausdrucks verlegen, der seinem Begriffe[1] genau anpaßt, und in dessen Ermangelung er weder andern, noch so gar sich selbst recht verständlich werden kann. Neue[1] Wörter[1] 〈369〉 zu schmieden, ist eine Anmaßung zum Gesetzgeben in Sprachen, die selten gelingt, und, ehe man zu diesem verzweifelten Mittel schreitet, ist es rathsam, sich in einer todten und gelehrten Sprache umzusehen, ob sich daselbst nicht dieser Begriff[1] samt seinem angemessenen Ausdrucke vorfinde, und wenn der alte[6] Gebrauch desselben durch Unbehutsamkeit ihrer Urheber auch etwas schwankend geworden wäre, so ist es doch besser, die Bedeutung, die ihm vorzüglich eigen war, zu bevestigen, [...] als sein Geschäfte nur dadurch zu verderben, daß man sich unverständlich machte..
[134] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 174 f. (175): Es giebt weder eine Wissenschaft des Schönen[1], sondern nur Critik[2], noch schöne[2] Wissenschaft, sondern nur schöne[2] Kunst[1]. Denn was die erstere betrifft, so würde in ihr wissenschaftlich, d. i. durch Beweisgründe ausgemacht werden sollen, ob etwas für schön[1] zu halten sey oder nicht; das Urtheil über Schönheit[1] würde also, wenn es zur Wissenschaft gehörte kein Geschmacksurtheil seyn. Was das zweyte anlangt, so ist eine Wissenschaft, die, als solche, schön[2] seyn soll, ein Unding. Denn, wenn 〈175〉 man in ihr als Wissenschaft nach Gründen und Beweisen früge, so würde man uns durch geschmackvolle Aussprüche (Bon Mots) abfertigen. – Was den gewöhnlichen Ausdruck, schöne[2] Wissenschaften veranlaßt hat, ist ohne Zweifel nichts anders, als daß man ganz richtig bemerkt hat, es werde zur schönen[2] Kunst[1] in ihrer ganzen Vollkommenheit viel Wissenschaft, als z. B. Kenntnis alter[10] Sprachen, Belesenheit der Autoren, die für Classiker gelten, Geschichte[6], Kenntnis der Alterthümer[5] u. s. w. erfordert und, um daher diese historische Wissenschaften weil sie zur schönen[2] Kunst[1] die nothwendige Vorbereitung und Grundlage ausmachen, zum Theil auch weil darunter selbst die Kenntnis der Producte der schönen[2] Kunst[1] (Beredsamkeit und Dichtkunst) begriffen worden, durch eine Wortverwechselung, selbst schöne[2] Wissenschaften genannt hat..
[135] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 185 f. (186): Die Muster der schönen[2] Kunst[1] sind [...] die einzigen Leitungsmittel, diese auf die Nachkommenschaft zu bringen: welches durch bloße Beschreibungen nicht geschehen könnte (vornehmlich nicht 〈186〉 im Fache der redenden Künste[1]); und auch in diesen können nur die in alten[10], todten, und jetzt nur als gelehrte aufbehaltenen Sprachen classisch[3] werden..
[136] Klein, Rheinreise (1828), 348: Köln war eine der berühmtesten Universitäten des Mittelalters. Ausser den drei Fakultäten besaß es eine Scola artium [...] für Weltweisheit, Mathematik, Naturkunde, Geschichte[4], abendländische[1] und morgenländische[1] Sprachen..
[137] S. v. Knorring, Evremont I (1836), 102: „Ich weiß, Sie sprechen deutsch[2], ich ziehe es vor, mich in dieser Sprache zu unterhalten, und Sie würden mich verbinden, wenn Sie nie französisch mit mir reden wollten.“ St. Julien [...] konnte nicht voraussetzen, daß die Gräfin die Sprache seines Landes nicht verstehe [...]. Ich muß es beklagen, sagte er endlich in deutscher[2] Sprache, daß meine Landsleute sich Ihnen so verhaßt gemacht zu haben scheinen, daß ihre Sprache Ih〈103〉nen selbst im Munde dessen unerträglich ist, dem Sie so viele Güte erwiesen haben..
[138] Kolbe, Wortmeng. (1809), 108: Müssen wir denn aus jedem Zeitwort Verbalwörter, müssen wir aus jedem Nenwort Beiwörter, etc. bilden können? Sind in diesem Punkt nicht alle Sprachen mehr oder weniger beschränkt? Ist es die französische nicht auf eine fast bejammernswürdige Weise? Dennoch wissen die Schriftsteller der Nation[1] sich zu helfen; sie wissen, was die störrige Sprache ihnen unmittelbar verweigert, mittelbar auf tausendfachen Wegen volauf ihr wieder abzulokken. Wol ist es bequem, wenn man jedem Begrif[1] und jeder Begrifsbestimmung nach Wilkühr eine Hülle, sie sei beschaffen wie sie wolle, sogleich umlegen kan. Aber ist denn Bequemlichkeit das einzige, ist sie das höchste Gesez des Schriftstellers?.
[139] Krünitz, Oecon. Encycl. II (1773; 21782), 760: Dieses Wort[1] hat in der teutschen Sprache mancherlei Verstand[7]..
[140] Krünitz, Oecon. Encycl. LXV (1794; 21803), 269 f.: Die lateinische Sprache ist, eben so wie die griechische, ursprünglich aus der Sprache der verwandten Nationen[1], die erst Deutschland und die nordischen Reiche bevölkerten, und von welchen hernach 〈270〉 ein Theil aus Deutschland nach Italien ging, und sich daselbst wohnhaft niederließ, entstanden. Daher können die ältesten lateinischen Wörter und Ausdrücke allein aus den deutschen Dialekten[1] hergeleitet und erkläret werden.| Die Aborigines, oder ersten Einwohner Italiens, sind aus Deutschland dahin gekommen, und haben also die Sprache, welche die ältesten Einwohner Deutschlandes redeten, dahin gebracht. Diese Sprache ging nicht nur vor der lateinischen, sondern auch vor der griechischen, her, und in derselben Töchter-Sprachen, oder in der jezt genannten deutschen, niederländischen, dänischen, norwegischen, isländischen und schwedischen Sprache, findet man allein die ältesten Stamm-Wörter, so wie der griechischen, also auch der lateinischen Sprache..
[141] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXI (1834), 345: Nur die Schäferspiele, die im sechzehnten Jahrhunderte zuerst auf der Bühne erschienen, wirkten bedeutend auf die Sprache, weil sie das Feld der Romantik[5] stark berührten, mithin auch die Sprache an lieblichen und zarten Ausdrücken bereicherten..
[142] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 291: [Carl Richard Lepsius] fehlt das Auge, um überhaupt Stylunterschiede, wenn sie nicht so auffallend sind wie der Unterschied des Romanischen[4] und Gothischen, wahrzunehmen; er gehr sogar [...] so weit, daß er die Stylunterschiede in den verschiedenen Entwickelungsphasen der romanischen[4] Bauweise völlig läugnet, und daß er [...] die Dome von Limburg an der Lahn und von Worms als einander ähnlich bezeichnet; dieß letztere aber klingt so, als ob man das Englische und das Portugiesische für ähnliche Sprachen ausgeben wollte. (Römisches Element ist freilich in beiden Domen, aber auch nicht mehr als etwa in diesen beiden Sprachen.).
[143] Maimon, Lebensgesch. I (1792), 61: Die Sprache des Talmuds ist aus verschiedenen orientalischen Sprachen und Dialekten[1] zusammengesetzt [...]..
[144] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 5: Und wenn die Natur[2] Talente für die Beredsamkeit über Deutschland so reichlich ausstreute wie über den Boden irgend eines andern Landes, so sind es ja in Deutschland nur einzelne, die hören; es gibt kein Ganzes, keine Gemeinde, keine Stadt, keine Nation[1], die wie mit Einem Ohre[3] den Redner anhörte. Im Gespräch mit dem Einzelnen sind wir zu ungebunden, zu unbeschränkt; wir lassen uns gehen, wir reden nachlässig, und so verliert sich aus der Sprache des Volks[1] der allgemeine, bindende Geist[12]; sie zerbröckelt sich in unzählige Dialekte[1] und Idiome; jede Sekte und jede Kotterie verunstaltet sie in ihrer eigenen Manier. Nun mögen die Klopstock, die Lessing, die Schiller, die Göthe alle Strahlen dieser zerstreuten Sprache wie in einem Brennspiegel versammeln; das, was allen gemeinschaftlich ist in Wort[5] und Klang, mag von einzelnen wirklich niedergeschrieben, auch ausgesprochen werden: die Nation[1] liest sie, verschluckt sie, aber hört sie nicht, spricht ihnen nicht nach. – Wer überhaupt lernt reden aus dem Papier, aus der todten Schrift? Hören muß und gehört werden, wer sprechen lernen will. – Der Taubgeborne ist nothwendig zugleich stumm..
[145] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 38: Die Dialekte[1] unsrer Sprache sind, zumal was Betonung und Akzent angeht, schöne Denkmale vaterländischer Treue, festen Beharrens an dem Boden, der uns erzeugt, und an die Weise, wie seine Berge und Wälder und die Herzen, die er trägt, den Ton der Herzlichkeit zurückgaben; aber wie schroff stehn sie untereinander, wie sperren und spannen sie die einzelnen Gebiete von Deutschland gegeneinander; so auch die Gesinnungen, die Gedanken: ein gemeinschaftlicher Grundton der Harmonie nirgends, wenn nicht etwa in dem Nachklang dessen, was wir einst waren, und in der Ahndung dessen, was wir werden können..
[146] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 152–154: Ich habe mich seit vielen Jahren um die deutsche[2] Aussprache bekümmert, aber noch heut weiß ich keinen Ort in Deutschland anzugeben, wo die Sprache[3] gut gesprochen würde oder nur besser als anderswo. Ich habe wohl Personen angetroffen, von denen in Schwaben, in Franken, in Sachsen, an der Mündung der Elbe wie in Österreich gesagt werden würde: sie sprechen gut. Aber kein Ort hat dieß Privilegium für sich. Die Örter sind, was die Sprache[7] angeht, gleich gut: sie müssen ächt republikanisch alle gelten, sie müssen alle ihre Stimme[6; 8] hergeben, wenn ein guter deutscher[2] Sprecher werden soll, – und so habe ich auch immer gefunden, daß die, welche gut sprachen, an recht verschiedenartigen Stellen von Deutschland gelebt und gesprochen hatten. Sie hatten unter der Rauhigkeit der Gebirgstöne, und 〈153〉 unter den weichen, platten Klängen, die das deutsche[2] Niederland spricht, in Städten und auf dem Lande, an den südwestlichen Grenzen, wo die romanischen[1] Sprachen[3], und an den nordöstlichen, wo die slavischen Sprachen[3] Deutschland berühren – kurz, sie hatten aus den verschiedenartigsten Dialekten[1] sich das eigentlich Deutsche[2] herausgehört, herausgefühlt. | Wenn nun, was sie herausgehört hätten, niedergeschrieben würde, so wäre es freilich für heute und morgen das beste Deutsch[2] [...]. Aber auch für die Folge der Jahre? – Gewiß nicht. Ein Wörterbuch, aus lauter solchen guten und lebendigen Sprechern abgezogen, kann keine gesetzgebende Kraft erlangen in einem Volke[1], das innerlich frei ist. Besser ist es, daß solche gebildete Sprache[3] wieder zurückströmt in die Dialekte[1], sich wieder unaufhörlich erfrischt in dem Bade der Natur[19], daß, was Mühe, Fleiß und Geschick erreicht haben, sich immer wieder anschließe an jene alte Naturstimme der Gebirge und Thäler; daß dieses ächte und lebendige Hochdeutsch sich beständig wieder nicht auf unedle Weise vermische, aber – vermähle mit den Dialekten[1]. Also kein Wörterbuch, auch keine Hauptstadt, die nur den Wahn nähren kann, als gebe es in Sprachangelegenheiten einen privilegirten Ort, keine Akademie, deren ganze Kunst doch nur im 〈154〉 Waschen, Feilen, Absondern der Sprache[3], in der Verordnung einer strengen Diät für dieselbe, im Bewirken einer künstlichen Magerkeit bestehen würde – kann helfen. Es muß gesprochen werden, man muß reisen für die Sprache[3], man muß ihre Dialekte[1] hören lernen, aus der österreichischen, schweizerischen, fränkischen, niedersächsischen Mundart[1] das Deutsche[2] herausfühlen lernen: Die größten Autoren und Sprecher der deutschen[2] Sprache[3], Göthe, Schiller, Herder, Johann Müller, Gentz u. s. w., verdanken einen großen Theil ihrer Sprachkraft dem Umstande, daß sie umhergelebt haben in Deutschland oder aus dem Norden in den Süden, aus dem Westen in den Osten des Landes verpflanzt worden sind. – Wie müßte grade unsre Sprache[3] mit ihrem Reichthum, mit allen tausendfältigen Sitten und Lebensweisen, die sie jetzt einzeln ausdrückt, ergötzen können, wenn sie nur zwanzig Jahre hindurch ordentlich ineinander gesprochen wäre; wenn die naive Roheit der Naturtöne und Dialekte[1] nicht weiter getrennt wäre von der gebildeten Flachheit der hochdeutschen Buchsprache und nun durch jede Reihe von Tönen in dieser so veredelten dritten, mittleren Sprache Deutschland hindurchklänge, während es doch nur immer Paris ist, das unaufhörlich in Eine Hauptstadt zusammenstrebende Frankreich, welches man durch die französische Sprache[3] hindurchhört..
[147] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 275 f.: Wie haben wir [sc. die Deutschen] in diesen letzten fünfzig stummen Jahren sprechen gelernt? Wie hat sich diese Sprache gebildet grade in der Zeit[3], wo alle Glieder der höheren Gesellschaft sich von ihr abwendeten? Es lebt in ihr ein Geist[12], der sie bildet und keiner vornehmen Stütze bedarf: wer das recht Empfundene, aus den Tiefen der Seele, aus jenen geheimnißvollen Wohnsitzen des Heiligen Kommende, wo das Gefühl der ritterlichen Ehre und Liebe, des stolzen Gehorsams usw. herrührt – aussprechen will, der kann diese Sprache nicht entbehren; und wer nicht so etwas zu sagen hat, der würde ihr und ihrer Ausbildung nichts helfen können. Von selbst in den Mund legt sie sich nicht! ohne Karakter[2], ohne Selbständigkeit, ohne Ursprünglichkeit 〈276〉 der Geisteskraft ist es unmöglich, diese Sprache gut zu sprechen. Mit Phrasen, die für jeden Mund passen, mit künstlich appretirtem Glanz, mit einem Schein von Geist[20] und Witz[1], den der Geistloseste sich aneignen könnte, kann sie nicht aufwarten: sie hat keine Corneilles, keine Racines, keine Bossuets, keine Akademien, welche ein ganzes folgendes Jahrhundert mit schönen Wendungen der Rede im voraus versehn; kein siècle de Louis XIV., das für lange Zeiten[3] nachher das Vortrefflichste schon vorweggesprochen hätte. Es fehlt ihr, habe ich gesagt, die gesellige Vollendung: das Bestreben der einzelnen deutschen Redner und einige glückliche Wendungen des öffentlichen Lebens der Nation[1] können selbige erreichen, darum muß auch an die mechanischen Vorzüge der benachbarten Sprachen erinnert werden. Ich habe es gethan, mit Anklage meines Vaterlandes gethan. Nichtsdestoweniger aber weil der neue[1/5], christliche Geist[12] aller Worte[1] und Wendungen dieser Sprache sich nicht tödten läßt, so trägt sie das Siegel der Fortdauer an ihrer Stirn wie keine andre Sprache. Um dieses Geistes[12] willen kann man festiglich glauben, daß die Sprache der Besiegten länger leben werde als die der Sieger, und in diesem Sinne dann dreist verkünden, daß, weil die Sprache fortdauern werde, auch das Volk[1] nicht untergehen könne..
[148] Mundt, Dt. Prosa (1837), 12: Man kann in einer Sprache nicht dieselben Gedanken haben und ausdrücken, wie in einer andern, und allen antipatriotischen Anwandelungen zum Trotz, macht das tägliche deutsche Gedankenbedürfniß Jeden wieder zum deutschen Menschen, Manchen sogar wider Willen zum deutschen Schriftsteller. Was soll man in fremder Zunge anfangen mit seinen geheimen Herzschlägen, mit seinem metaphysischen Dichten und Trachten, und mit all den skeptischen, ironischen[1] und weltverlachenden Geheimnissen des Gemüths, die zugleich Geheimnisse des Stils werden, aber niemals fertiges Eigenthum der Wörterbücher? .
[149] Novalis, an A. C. Just (1. 7. 1797), NS 4, 233: Er errieth unser Vaterland Weißenfels aus dem Dialect[1]; so genau hatte er die Dialecte[1] und Provinzialismen der deutschen Sprache inne..
[150] Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 384, Nr. 635: Kritick[1] d[er] Sprache – Vorarbeit d[es] W[issenschafts]L[ehrers]..
[151] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 79: Endlich fiel ihm ein Buch in die Hände, das in einer fremden[4] Sprache geschrieben war, die ihm einige Ähnlichkeit mit der Lateinischen und Italienischen zu haben schien. Er hätte sehnlichst gewünscht, die Sprache zu kennen, denn das Buch gefiel ihm vorzüglich ohne daß er eine Sylbe davon verstand..
[152] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 102: Für den Dichter ist die Poesie[11/2] an beschränkte Werkzeuge gebunden, und eben dadurch wird sie zur Kunst[2]. Die Sprache[1] überhaupt hat ihren bestimmten Kreis. Noch enger ist der Umfang einer besondern Volkssprache. Durch Übung und Nachdenken lernt der Dichter seine Sprache[3] kennen. Er weiß, was er mit ihr leisten kann, genau, und wird keinen thörichten Versuch machen, sie über ihre Kräfte anzuspannen. Nur selten wird er alle ihre Kräfte in Einen Punkt zusammen drängen, denn sonst wird er ermüdend, und vernichtet selbst die kostbare Wirkung einer gutangebrachten Kraftäußerung. Auf seltsame Sprünge richtet sie nur ein Gaukler, kein Dichter ab. Überhaupt können die Dichter nicht genug von den Musikern und Mahlern lernen. In diesen Künsten[2] wird es recht auffallend, wie nöthig es ist, wirthschaftlich mit den Hülfsmitteln der Kunst[2] umzugehn, und wie viel auf geschickte Verhältnisse ankommt. Dagegen könnten freylich jene Künstler auch von uns die poetische[2] Unabhängigkeit und den innern Geist[12] jeder Dichtung und Erfindung, jedes ächten Kunstwerks überhaupt, dankbar annehmen. Sie sollten poetischer[2] und wir musikalischer[4] und mahlerischer[3] seyn – beydes nach der Art und Weise unserer Kunst[2]..
[153] Novalis, an A. C. Just (1. 7. 1997), NS 4, 233: Er errieth unser Vaterland Weißenfels aus dem Dialect[1]; so genau hatte er die Dialecte[1] und Provinzialismen der deutschen Sprache inne..
[154] Pestalozzi, Schwanenges. (1826), 148: Fasse ich den Umfang der Kunstmittel, die zu diesem hohen Ziel unserer intellectuellen Kräfte hinführen, von ihren Anfangspunkten ins Auge, so sehe ich, die aufgestellte Normalform einer allgemeinen Sprachlehre giebt hierüber vielseitiges Licht. Sie greift, eben wie jeder wahrhaft elementarisch gegebene Unterricht in einer neuen Sprache, durch alle Mittelstufen ihres progressiv[2] bildenden Einflusses in alle Fächer der menschlichen Erkenntnisse ein und führt durch die, aus ihr hervorgehenden und ihr nothwendig inwohnenden Übungen zu einem Erheiterungsgrade der Begriffe von den Gegenständen, die die zu erlernenden Wörter bezeichnen, daß der Endpunkt der durch sie erzielten Erkenntniß der gemeinen Gegenstände des Lebens sich immediat an den Anfangspunkt anschließt, von welchem die wissenschaftlichen Ansichten dieser Gegenstände ausgehen..
[155] Pestalozzi, Schwanenges. (1826), 206: Die elementarische Anführung zur Schreibkunst geht nicht von der Einübung der Buchstaben[1] irgend einer Sprache, sondern von der Festigkeit und Sicherheit in der Einübung vielseitiger und reiner Grundformen der geraden und krummen Linien in perpendikularer und horizontaler Richtung aus, und fordert mit genauem Augenmaß eingeübte Formen der abwechselnden Schiefheit derselben von oben bis unten, und in der Rundform die Einübung ihrer fortdauernden Beschränkung in eine sich immer verengernde, liegende und stehende, kurze und verlängerte Eyform. Sie sucht auch ohne alle Rücksicht auf die eigentliche Schönheit der in ihrem Wesen unästhetisch begründeten Formen der Buchstaben[1] vorzüglich die bestimmte Deutlichkeit der in ihrem Wesen bizarren und willkührlichen Gestaltungen derselben und die Schnelligkeit in der Handführung des Kindes zu erzielen, d. h. es deutlich und schnell schreiben zu lehren. Die Schönheit des Schreibens ist nichts anders als Zartheit in den Übergangsformen des Dicken zum Dünnen und des Geraden in's Schiefe..
[156] H. Sander, Beschr. Reis. I (1783), 77: Zum Erstaunen ists, wie die Franzosen die deutschen[2] Namen verderben. Nicht ein einziger spricht sie recht aus. Kein einziger versteht deutsch[2], sie sagen, die Sprache sei zu schwer, und habe gar grobe Wörter[1]..
[157] Schelling, Meth. Stud. (1803), 75 f. (76): Ich kenne keine Beschäftigungsart, welche mehr geeignet wäre, im früheren Alter dem erwachenden Witz[2/3], Scharfsinn, Erfindungskraft die erste Uebung zu geben, als die vornehmlich 〈76〉 mit den alten[10] Sprachen..
[158] Schiller, Goldon. Mem. (1788), NA 22, 242: Daß in der Konversationssprache sein Ton oft in das Gesuchte fällt, scheint der Übersetzer selbst gefühlt zu haben, und er sucht diesen Vorwurf der deutschen Sprache überhaupt zuzuwälzen, die sich nicht wohl anders, wie er sagt, von dem Extrem des Platten soll entfernen können als durch das entgegengesetzte Extrem des Künstlichen. Da Hr. Schatz es wohl schwerlich mit so vielen unsrer klassischen[3] Schriftsteller wird aufnehmen wollen, die von der deutschen edlern Gesellschaftssprache Muster geliefert haben, so kann sich dieser Vorwurf nicht 〈243〉 wohl weiter als auf den Kreis des Umgangs erstrecken, den er selbst beobachtet hat; und wenn ihm dieser zwischen Platt und Gesucht keinen Mittelweg zeigte, so war es immer ein wenig rasch, dieses Urteil auf seine ganze Nation[1] auszudehnen..
[159] Schiller, Send. Moses (1790), NA 17, 380: Woher sollte aber nun den Ebräern dieser Retter kommen? Schwerlich aus der Mitte der Egypter selbst, denn wie sollte sich einer von diesen für eine Nation[1] verwenden, die ihm fremd[5] war, deren Sprache er nicht einmal verstand, und sich gewiß nicht die Mühe nahm zu erlernen, die ihm eines bessern Schicksals eben so unfähig als unwürdig scheinen mußte. Aus ihrer eignen Mitte aber noch viel weniger, denn was hat die Unmenschlichkeit der Egypter im Verlauf einiger Jahrhunderte aus dem Volk[1] der Ebräer endlich gemacht? Das roheste, das bößartigste, das verworfenste Volk[1] der Erde, durch eine 300jährige Vernachlässigung verwildert, durch einen so langen knechtischen Druck verzagt gemacht und erbittert, durch eine erblich auf ihm haftende Infamie vor sich selbst erniedrigt, entnervt und gelähmt zu allen heroischen Entschlüßen; durch eine solange anhaltende Dummheit endlich fast bis zum Thier[10] herunter gestoßen. Wie sollte aus einer so verwahrloßten Menschenrasse ein freier Mann, ein erleuchteter 〈381〉 Kopf, ein Held oder ein Staatsmann hervorgehen?.
[160] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 84: Die Sprache[1], die wunderbarste Schöpfung des menschlichen Dichtungsvermögens, gleichsam das große, nie vollendete Gedicht, worinn die menschliche Natur[1] sich selbst darstellt, bietet uns von dem, was ich eben sagte, ein auffallendes Beyspiel dar. So wie sie auf der einen Seite, vom Verstande[1] bearbeitet, an Brauchbarkeit zu allen seinen Verrichtungen zunimmt, so büßt sie auf der andern an jener ursprünglichen Kraft ein, die im nothwendigen Zusammenhange zwischen den Zeichen der Mittheilung und dem Bezeichneten liegt. So wie die gränzenlose Mannigfaltigkeit der Natur[2/11/19?] in abgezognen Begriffen[1] verarmt, so sinkt die lebendige Fülle der Töne immer mehr zum todten Buchstaben[9] hinab. Zwar ist es unmöglich, daß dieser jene völlig verdrängen sollte, weil der Mensch immer ein empfindendes Wesen bleibt, und sein angebohrner Trieb, Andern von seinem innersten Daseyn Zeugniß zu geben, und es dadurch in ihnen zu vervielfältigen, (wie sehr ihn auch die Herrschaft des Verstandes[1], der sein Wesen, so zu sagen, immer außer uns treibt, schwächen möge) doch nie ganz verloren gehen kann. Allein in den gebildeten Sprachen[3], hauptsächlich in der Gestalt, 〈85〉 wie sie zum Vortrage der deutlichen Einsicht, der Wissenschaft gebraucht werden, wittern wir kaum noch einige verlohrne Spuren ihres Ursprunges, von welchem sie so unermeßlich weit entfernt sind; wir können sie fast nicht anders als wie eine Sammlung durch Uebereinkunft festgesetzter Zeichen betrachten. ➢ Volltext.
[161] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 92 f. (93): Nicht dem Menschen[1] allein, auch vielen Gattungen von Thieren[1] dringt das Gefühl ihres Zustandes gewisse Laute ab, die von verwandten Geschöpfen mit einer ähnlichen, oft fast eben so starken, Erschütterung der Nerven, wie die, welche sie erzeugte, vernommen werden. Bey manchen bleibt die Stimme[1] nur für die dringendste Noth, für die heftigsten Leidenschaften aufgespart, und selbst ihre Geselligkeit ist meistens stumm. Anderen hin〈93〉gegen ist bey einer Organisation[5], die sich der menschlichen weit weniger nähert, zum Theil auch bey beschränkteren Anlagen und einem geringern Maaße von Gelehrigkeit, der vielfachste, beredteste Ausdruck sogar der zarteren Regungen, und, wie es scheint, eine unermüdliche Lust an ihren eignen Tönen[1] gegönnet. | Wenn man den Menschen[1], bloß nach seiner körperlichen Zusammensetzung betrachtet, zu jenem rechnet: (und dieß hat allen Anschein für sich; denn zu unsrer Demüthigung gleichen wir dem häßlichsten[1] Affen viel mehr als der Nachtigall) so ist es allerdings einleuchtend, daß der Schrey körperlicher Schmerzen oder thierischer Begierden, vom ersten Wimmern des Neugebohrnen bis zum letzten Aechzen des Sterbenden, sich nie bis zur Rede erheben kann; und der Empfindung wird folglich mit Recht aller Antheil an ihrer Entstehung abgesprochen. Selbst die einfachen Ausrufe der Leidenschaft, (Interjektionen) welche auch die verfeinteste Sprache noch gelten läßt, sind eigentlich nicht mehr jene unwillkührlich hervorgebrachten Laute selbst, sondern vertreten sie nur durch ihren gemilderten Ausdruck, und fliessen also mit allen übrigen Wörtern[1] aus der gemeinschaftlichen Quelle der Nachahmung her. ➢ Volltext.
[162] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 96: Nicht wahr [...]: jetzt gewinnt die Lehre, welche, mit Ausschliessung der Nachahmung, die Empfindung zur einzigen Bildnerin der Sprache[1] macht, ein ganz andres Ansehen? Wir forschen nach dem Ursprunge der Sprache[1]; wir betrachten ihre jetzigen Bestandtheile; wir finden darunter etwas, was so wenig der künstlichen Verabredung oder dem Witze[1] einzelner Menschen angehört, daß es vielmehr durch alle von diesen herrührende Zusätze und Veränderungen unfehlbar geschwächt und entstellt wird; das sich in seiner größten Reinheit und Stärke gerade unter solchen Völkern[1] findet, deren Zustand sich am wenigsten von dem Ursprünglichen zu entfernen scheint, oder deren reiche und regsame Empfänglichkeit den Wirkungen der feinern Ausbildung das Gegengewicht hält; etwas, worin jedes Kind und jeder Wilde die Beredtsamkeit eines Demosthenes beschämt; wodurch endlich Menschen aus den entferntesten Zonen, und, würden sie wieder ins Leben gerufen, aus den entferntesten Jahrhunderten, einander mittheilen könnten, was in ihrem Innern vorgeht. Dürfen wir also noch anstehen, dieß für die ächte, ewige, allgemein gültige Sprache[1] des Menschengeschlechts anzuerkennen? Und ist sie das: wie liesse sich noch zweifeln, daß sie in allen einzelnen und abgeleiteten Sprachen das Ursprüngliche ausmacht?
[163] A. W. Schlegel, Shksp. W. Meist. (1796), 84: Ob es gleich in England keine zwey völlig abgesonderten Sprachen der Vornehmen und Geringen, kein Sanskrit und Prakrit giebt, so weicht doch Shakespeare's poetische[5] Sprache von seiner prosaischen[1] durch die Wahl, Zusammensetzung, Anordnung und Bindung der Worte vielleicht eben so weit ab, als jene Indischen Dialekte[1] von einander.
[164] A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 174: Im blonden Ekbert werden [...] Schauer erregt, an denen keine Häßlichkeit der Erscheinungen Theil hat, und die um so überraschender treffen, weil sie nicht mit großen Zurüstungen herbeygeführt werden. Durch die ganze Erzählung geht eine stille Gewalt der Darstellung, die zwar nur von jener Kraft des Geistes[20] herrühren kann, welcher „die Gestalten unbekannter Dinge“ bis zur hellen Anschaulichkeit und Einzelnheit Rede stehn, deren Organ[1] jedoch hier vorzüglich die Schreibart ist: eine nicht sogenannte poetische[6], vielmehr sehr einfach gebaute, aber wahrhaft poetisirte Poesie [sic; gemeint sein dürfte jedoch Prosa1]. Das Geheimniß ihres Maßes und ihrer Freyheit[1], ihres rhythmischen Fortschrittes, und ihres schön[2] entfaltenden Überflusses hat, für unsre Sprache wenigstens, Goethe entdeckt; und die Art wie Tieck seinen Styl, besonders im Wilhelm Meister und in dem goldnen Mährchen, dem Mährchen par 〈175〉 excellence, studirt haben muß, um es ihm so weit abzulernen, würde allein schon seinen Sinn[5] für dichterische Kunst[6] bewähren. ➢ Volltext.
[165] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 117: Romanze ist die passendste Benennung [für Gattungen der romantischen[15/13] Volkspoesie], weil sie in romantischer[15 Sprache, das ist Volkssprache, abgefaßt sind..
[166] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
[167] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 32: Die größten Bequemlichkeiten für die Überwindung der metrischen Schwierigkeiten abgerechnet, die für die Freiheit[5] in einer Sprache dadurch entspringt, erhebt es die Poesie[3], wenn sich ihr Ausdruck so viel als möglich von dem des gewöhnlichen Lebens entfernt [...]. In dieser Rücksicht sind die sogenannten poetischen[4] Freiheiten[17] keine Begünstigung, sondern nach Maßgabe der jeder Gattung erforderlichen Stile ein Gesetz. [...] Folgende sind die vorzüglichsten Arten der Vorrechte, die eine Sprache zu einem freien und kühnen poetischen[5] Stile erheben können: 〈32〉 1. die Fähigkeit, das Materielle der Wörter zum Behufe des Wohlklanges und des Silbenmaßes allerhand Veränderung, Zusammenziehung, Verlängerung, Hineinsetzung (epenthesis) usw. unterwerfen zu können, ohne daß sie dadurch dunkel werden. Diese Biegsamkeit können in einem beträchtlichen Grade fast nur solche Sprachen besitzen, deren Ableitung und Flexionen vielsilbig sind, so die griechische, lateinische italienische; 2. eigentümliche, der Poesie[3] ausschließend gewidmete Flexionen, Konstruktionen und Wörter; für diese pflegen die verschiedenen Dialekte[1] (Stammabsprachen) und das Veraltete in den Sprachen eine Hauptquelle zu sein, welche daher dem Dichter auch niemals verschlossen werden darf..
[168] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 96: Den Ausdruck behandelt der [komische] Dichter[1] mit eben der absoluten Willkür, wie alles übrige. Ihm stehen nicht nur alle Reichtümer der Sprache von der erhabenen Diktion des lyrischen und tragischen Dichters[1] bis zu den gemeinsten Redensarten des Pöbels, ja bis zu unvollkommenen Sprecharten einzelner Orte und Stimmen[12] zu Gebote, sondern er prägt auch mit der größten Kühnheit ganz neue[1] Wörter[1] und Wendungen. [...] Im Aristophanes kommt jede Art des Ausdrucks vor; so dithyrambische Gesänge, freilich in Parodien. Der herrschende Ton[3] in ihm ist die attische Feinheit, die sich selbst bis auf die geringeren Stände erstreckte. Er führt auch Dialekte[1] ein; den lakonischen, den megarensischen [...]. Er hat eine Menge von neuen[1] Wörtern[1], die alle komisch sind [...]..
[169] A. W. Schlegel, Gemählde (1799), 51 f. (52): Waller. Einige [...] [Kunstwörter] sagen nichts mehr als die Ausdrücke des gemeinen Lebens; andre gehen dar〈52〉auf aus, den Geist[12] der Kunst[1] [...] auf mechanische Griffe herunter zu setzen. | Reinhold. Jedem Handwerke wird ja seine besondre Sprache vergönnt. Es sind doch nützliche Abbreviaturen, womit man sich am geschwindesten verständigen kann. | Waller. Nur werden sie gar zu oft gemißbraucht, um damit den Kenner zu spielen, da sie nichts weiter beweisen, als daß einer den Buchstaben[10] des Buchstabens[8] inne hat.
[170] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 279: „Wenn ich den Lodovico Ariosto antreffe,“ sagt der Pfarrer, „und er redet nicht seine Landessprache, so werde ich nicht die mindeste Achtung gegen ihn behalten, redet er aber seine eigenthümliche Mundart[1], so sey ihm alle Hochachtung;“ und hernach: „wir hätten es gern dem Herrn Capitän erlassen, ihn ins Spanische zu übersetzen und zum Castilianer zu machen.“ Wenn Ariost nicht einmal in eine so verwandte Mundart[1] übertragen werden konnte, ohne „seine eigentliche Trefflichkeit einzubüßen“: in welcher Sprache dürfte man denn ein besseres Gelingen hoffen? ➢ Volltext.
[171] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 281 ff.: Was mich nur verdrießt, ist, daß man bey Anerkennung unserer Fortschritte in diesem Fache [sc. Übersetzung] unsrer vortrefflichen Sprache alles Verdienst davon zueignen will. 〈282〉 Ich habe sonst wohl mit eingestimmt, aber ich bin überzeugt, die Sprache thäte es nicht ohne den Willen, den Eifer und den Sinn[5/10?] derer, die sie gebrauchen. Wie lange Zeit haben auch die Deutschen eben so dürftig manierirt übersetzt, wie die Franzosen nur immer thun können! Sehen Sie nur die gegen die Mitte dieses Jahrhunderts erschienenen Dollmetschungen von Französischen Tragödien, vom Tasso und aus den Alten, alle gleichermaßen in Alexandrinern. Mir scheint, unser wesentlicher Vorzug ist nur, von unausrottbaren grammatischen und prosodischen Vorurtheilen frey zu seyn und zu rechter Zeit eingelenkt zu haben. Wären wir nicht jetzt durch die ängstliche Gebundenheit der Wortfolge geplagt, wenn die Sache nicht durch Klopstock zuerst eine andere Wendung genommen hätte? – Zu Ronsards Zeiten konnte man sich im Französischen noch zur Nachbildung eines Dante oder Petrarca erheben; jetzt ist das vorbey. Eben so erscheinen die älteren Römischen Dichter, bis auf den Catull herunter etwa, mit großer Wahrheit Griechische Poesien[3] übertragen zu haben, sie machten sogar die dem Geist[12] der Lateinischen Sprache widersprechenden zusammengesetzten Beywörter nach. Späterhin, sobald sich ein gewisser akademischer Begriff[1] von Korrektheit und Politur festgesetzt hatte, verlor sich diese Fähigkeit. Daß es uns nicht auch einmal so geht, wie es schon öfter nahe daran zu seyn schien! Die Sprache der Römer konnte nur durch unsägliche Mühe und Gewalt für die Poesie[3] urbar gemacht werden, und so hat auch bey uns die Undankbarkeit des Bodens zu einer mühsameren Cultur[1] genöthigt. Unsre Sprache 〈283〉 ist halsstarrig: wir sind desto biegsamer; sie ist hart und rauh: wir thun alles für die Wahl milder gefälliger Töne; wir verstehen uns sogar im Nothfalle zu Wortspielen, einer Sache, wozu die Deutsche Sprache am allerungeschicktesten ist, weil sie immer nur arbeiten, niemals spielen will. Wo sind denn nun die gepriesenen Wundervorzüge, die unsere Sprache an sich, zur einzig berufnen Dollmetscherin aller übrigen machen sollen? Ein Wörterreichthum, der gar nicht so überschwenglich ist, daß er nicht beim Uebersetzen oft Armuth sollte fühlen lassen; die Fähigkeit zusammenzusetzen, und hie und da neu abzuleiten; eine etwas freyere Wortstellung, als in einigen modernen[1] Sprachen gilt, und endlich metrische Bildsamkeit. ➢ Volltext.
[172] A. W. Schlegel, Entw. Krit. Inst. (*1800), SW 8, 51 ff. (52): Ebenso soll die Allgemeinheit, die wir suchen, nur darin be〈52〉stehen, daß wir dasjenige umfassen, was wirklich einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, also was den Menschen als Menschen interessiert und einen integrierenden Theil der gesamten höheren Geistesbildung ausmacht. Hiedurch sind also ausgeschlossen alle Bücher, die bloß empirische Data oder positive Sätze ohne Beziehung auf ein System oder Herleitung aus Principien zusammentragen, ingleichen alle bloß technischen Kenntnisse, die lediglich durch ihre Verwendung zu einem bedingten Zwecke einen Werth erhalten. | Unsre Gegenstände würden also folgende sein: | 1) Philosophie in ihrem weitesten Umfange. | 2) Naturwißenschaft. Da alle Naturbeobachtung, die den Namen verdienen kann, zu allgemeinen Naturgesetzen hinstrebt und die Spekulation über die Natur[2] ihre Sätze bis in die speciellste Erfahrung hinein bewährt wißen will, so würde sich die Kritik[7] sowohl über empirische als spekulative Physik verbreiten müßen, und es könnte nicht leicht zu viel in diesem Fache geschehen, da das Interesse des Zeitalters vorzüglich darauf gerichtet ist. [...] | 3) Von der Geschichte[4] dasjenige, was durch seinen Inhalt oder durch seine Form unmittelbaren Werth und Interesse hat und diese nicht erst durch äußerliche Brauchbarkeit erhält: also alles zur Geschichte[4] der Menschheit[1] Gehörige, dann historische Kunstwerke[4]. | 4) Von der Philologie: philosophische Grammatik und Beurtheilung der einzelnen Sprachen nach Principien derselben, philologische Kritik[1] und Auslegungskunst. | Das Studium des klassischen[7] Alterthums[2] fällt unter die beiden vorhergehenden Rubriken, deren Bestimmung ausweist, was davon hier behandelt werden soll. Nur insofern sein Inhalt einen Theil der Kulturgeschichte ausmacht, gehört es in das historische Fach; seine Methode, Hülfsmittel u. s. w. in das philologische oder grammatische. | 5) Schöne[2] Kunst[9] und Theorie derselben. | Poesie[11] in ihrem weitesten Umfange, Beredsamkeit nach ihrer 〈53〉 richtigeren Bestimmung, als schöne[2] Komposition in Prosa[1], und überhaupt was zur schönen[2] Litteratur gerechnet wird, würde den Hauptartikel in dieser Rubrik ausmachen. .
[173] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
[174] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 419: Die Lateinische Sprache, wiewohl als ein Dialekt[1] des Griechischen zu betrachten, indem das Pelasgische, die Stammsprache des Griechischen ihre Wurzel gewesen zu seyn scheint, entbehrte doch verschiedne Vorzüge desselben, und andre hat sie sich nur durch die fleißigste Cultur[3] zu eigen machen können. Sie hatte keine verschiednen für die Poesie[1] gültigen Dialekte[1], auch keine alten Denkmäler, in welchen ihre poetische[4] Wortformen aufbewahrt worden wären..
[175] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
[176] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
[177] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
[178] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
[179] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
[180] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 549: Die Entstehung jener gewissermaßen unregelmäßigen aber unendlich reizenden Mannichfaltigkeit in der Sprache muß man sich so denken, daß bey den vielen kleinen Völkerschaften, worein sich der Griech.[ische] Völkerstamm spaltete, bey den einen diese Formen, Ausdrücke und Sprecharten aufgekommen waren, bey andern jene; und daß bey nachher erfolgter Vermischung von allen etwas beybehalten ward. Wir werden durch diese Bemerkung auf einen Punkt geführt, der für die gesamte Griechische Bildung[[[[BedeutungsVerweis ID='123' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] äußerst wichtig ist: daß nämlich die Lage dieser Nation[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] ganz dazu eingerichtet war, daß sie sich aufs mannichfaltigste individualisiren, und dann wieder durch lebhaften Verkehr, das Individuelle zu einem allgemeineren Charakter[[[[BedeutungsVerweis ID='293' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] verschmelzen mußte. Man sehe nur auf der Landcharte den Erdstrich an, welchen die Griechen inne hatten. Auf einer weiten ununterbrochnen Ebne hätten sie schwerlich das werden können, was sie wurden, und wären vielleicht, wie andre Nationen[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] in Asien unter einer despotischen Regierungsform auf einer sehr niedrigen Stufe für immer fixirt geblieben. [...] 〈550〉 [...] | Bey einer solchen Nation[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] mußten natürlicher[[[[BedeutungsVerweis ID='352' Anzeige='4' Formatierung='1']]]] Weise Dialekte[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] entstehen: bey den Griechen allein aber (unter den Nationen[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] wenigstens, die wir bey solchen Betrachtungen vor Augen zu haben pflegen) haben wir die Erscheinung, daß die Dialekte[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] nicht bloß untergeordnete, mehr oder weniger rohe oder verderbte, Abarten einer vollkommneren Hauptsprache blieben, sondern sich zu einem bestimmten im Verhältniß gegen die übrige Nation[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] gültigen Charakter[[[[BedeutungsVerweis ID='293' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] entwickelten, und nicht bloß im gemeinen Leben, sondern auch in der Schrift gebraucht wurden, ja in verschiednen Gattungen der Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] kunstmäßig gebraucht werden mußten. ➢ vgl. [[[[BelegVerweis ID='3242' Anzeige='187' Formatierung='1']]]].
[181] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
[182] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
[183] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 691: Um unser eignes Ohr[3] in der Muttersprache entscheiden zu lassen, habe ich in folgendem Epigramme oder Idyllion [...] die Distichen ganz nach Griechischer[5] Weise zu bauen versucht, welches bis jetzt im Deutschen ohne Beyspiel ist, vielleicht aber auch in längeren Stücken auszuführen nicht unmöglich wäre, da der vielsylbige Schluß ja nicht durchgängig Statt zu finden braucht, da wir viele zusammengesetzte Wörter[1] in unsrer Sprache haben, welche dahin passen, und es erlaubt ist auch Griechische[5] zu Hülfe zu nehmen. Freylich muß erst die Aufmerksamkeit darauf gerichtet und das Ohr[3] für diesen Wohllaut empfänglich gemacht werden..
[184] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[185] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 12: Romanisch[1], Romance, nannte man die neuen[3] aus der Vermischung des Lateinischen mit der Sprache der Eroberer entstandnen Dialekte[1]; daher Romane[1], die darin geschriebnen Dichtungen, woher denn romantisch[1/12/4] abgeleitet ist, und ist der Charakter[1] dieser Poesie[11] Verschmelzung des altdeutschen mit dem späteren, d. h. christlich gewordnen Römischen, so werden auch ihre Elemente schon durch den Namen angedeutet..
[186] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[187] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[188] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
[189] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 195: Die Erzählung von der Art wie Romulus die Stadt durch Eröffnung eines Asylums angelegt, deutet auf Entwicklung der Römischen Nation[1] aus einem gemischten Haufen: und ihre Lage zwischen Etrurien und Latium spricht dafür. Auch ist zu bemerken, daß die Sprache der Römer niemals von ihnen oder der Hauptstadt den Namen geführt, sondern die Lateinische geheißen: ein auffallender Beweis, daß sie schon vor Erbauung Roms vorhanden und gebildet war, und daß die Römer sich von einer größeren Völkerschaft, wozu sie gehörten, hauptsächlich nur durch politische Mittel ausgesondert..
[190] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 217: Überhaupt muß man sich hüten, von der großen Rolle Frankreichs im modernen Europa auf die früheren Zeiten zurückzuschließen. Hier mußte es sehr gegen Deutschland zurückstehen. Denn zuvörderst war es in zwey ganz verschiedne Sprachen[3] getheilt, die Französische und Provenzalische, und schon deswegen erscheinen die Franzosen weniger als Eine Nation[1]. Das Französische blieb lange ein unförmlicher widerwärtiger Dialekt[1], während das Provenzalische durch liebliche Poesie[11] ausgebildet, weit höher geschätzt und im Auslande verbreitet war. Es ist eigentlich ein zufälliger und für die National-Cultur unstreitig sehr nachtheiliger Umstand, daß dieser nördlichere dürftige Sprößling des Lateinischen zur herrschenden Sprache[3] erhoben worden; wenn die Krone an ein südliches Fürstenhaus gekommen wäre, so würde es wahrscheinlich umgekehrt ergangen seyn, und man würde das Französische jetzt nur als ein unbedeutendes Patois kennen..
[191] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 220: [I]m Anfang des 11ten Jahrhunderts war ganz England eine Dänische Provinz. Kaum war es von diesem vergleichungsweise milden Joche erlöst, so fiel es Französischen Eroberern aus der Normandie anheim, die es mit eisernem Zepter regierten. Denn nunmehr ward der ganze Adel[2] ausländisch, ja die bisherige Sprache (der Sächsische Dialekt[1] des Deutschen) welche sich unter den Dänischen Regenten, die eine verwandte hatten, immer noch erhalten, wurde mit Gewalt unterdrückt, das Französische zur Gerichtssprache gemacht und der junge Adel[2] in Frankreich erzogen..
[192] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 238: Daß die nordischen Reiche nicht als in einer Continuität mit dem heutigen Deutschlande stehen, und von dort aus bevölkert worden, weiset, wie mich dünkt, schon der größere Abstand der, obwohl verwandten Sprachen aus. Nach Holland und England zu verändert sich der Dialekt[1] durch das Plattdeutsche, Niederdeutsche (wie die Holländer ihre Sprache nennen) und Friesische allmählich. Das Dänische aber ist dem Schwedischen weit näher verwandt als dem Deutschen, und wenn Dänemark ehedem von derselben Nation[1] bewohnt war, welche unter dem Namen der Angeln und Sachsen England eroberten, so dürfte es nachher von einer scandinavischen Kolonie besetzt seyn. Die Verschiedenheit der Sprachen ist vielleicht nur eine klimatische: das Dänische ist weich und auseinander geflossen, so wie ihr Klima[1] feucht und nebelicht, das Schwedische athmet eine rauhere Bergluft..
[193] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. ( das nachbetende Formularwesen nahe liegt. .
[194] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 307: Es bleibt uns nun noch übrig die Sprache[1] in so fern sie hörbar ist, von ihrer musikalischen[3] Seite, zu betrachten. | Das erste hiebey sind die einzelnen Elemente, und da läßt sich allerdings behaupten, daß es unter allen nationalen Abweichungen ein Grund-Alphabet giebt, worin sich aus der Natur[1] der Sprachorgane systematische Vollständigkeit nachweisen läßt, so daß es keinesweges zufällig ist, daß es diese und gerade so viele Buchstaben[7] giebt. Hieraus ist denn auch ihre Verwandtschaft und die Möglichkeit der Übergänge in einander einzusehen. Selbst Consonanten und Vocale sind nicht absolut getrennt, sondern an den beyden Enden der Reihe aus dem i und u gehen diese in die Consonanten j und w über, wie es auch durch die Sprechart mehrer Sprachen angedeutet wird. .
[195] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 309: Die Metrik hat aber allerdings eine nicht auf Erfahrung ruhende Gesetzmäßigkeit, und kann im allgemeinen a priori gelehrt werden nur daß dann die näheren Bestimmungen aus der individuellen Natur[1] jeder Sprache zu entlehnen sind. Unstreitig waren sowohl die Griechischen[2] Dichter als die Stifter der romantischen[12] Poesie[11] im Besitz eines solchen reinen Systems und es kommt bloß darauf an, ihre Praxis gehörig zu verstehen und es daraus zu entwickeln..
[196] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 312: Die accentuirten und nicht accentuirten Sylben hat man alsdann in ein ungefähres Gleichgewicht zu setzen gesucht, oder es hat sich dieß auch von selbst gemacht. [...] Was nun die Anordnung dabey betrifft, so hat sich der Geschmack und das Ohr[3] der nordischen Nationen[1], der Deutschen, Engländer u. s. w. für ein regelmäßiges Alterniren, das der südlichen aber, der Franzosen, Italiäner, Spanier und Portugiesen für eine beseeltere Freyheit[1] entschieden, und erst seit kurzem hat man den Deutschen Versbau, so viel es die Natur[1] der Sprache gestattet, den letztgenannten Mustern anzunähern versucht..
[197] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 324: Einen ganz einzigen Vorzug hat die Griechische Sprache an ihren Dialecten[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], welche nicht, wie bey andern Nationen[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], unvollkommne Abarten der allgemeinen Sprache sind, sondern vielmehr Ausbildungen derselben in verschiednen Richtungen, so daß die Gesamtheit des Griechischen Nationalcharakters nur durch sie alle zusammen ausgedrückt wurde, und diese Dialecte[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] in der Büchersprache galten, ja gewisse Gattungen der Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] ihrer nicht entrathen könnten. ➢ vgl. [[[[BelegVerweis ID='3215' Anzeige='170' Formatierung='1']]]].
[198] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
[199] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 336: Das Deutsche ist wirklich so sehr eine lebende Sprache, als es nur Statt finden kann. Aus der bisherigen Darstellung muß es schon klar geworden seyn, welchen Weg es zugleich mit der nationalen Bildung[2] (denn dieß läuft immer parallel) einschlägt, und welch ein Ziel beyden vorgestellt ist. Universalität ist unsre wahre Eigenthümlichkeit: es ist auf nichts geringeres angelegt, als die Vorzüge der verschiedensten Nationalitäten zu vereinigen, sich in alle hineinzudenken und hineinzufühlen, und so einen kosmopolitischen Mittelpunkt für den menschlichen Geist[19] zu stiften. Nach dem Gange, welchen die Philosophie der Cultur[3] vorzeichnet, muß jede neue[1] Epoche derselben mit einem höheren Bewußtseyn verknüpft werden: es wird also auch die jetzt beginnende mehr den Charakter[1] der Freyheit[10] und Absichtlichkeit tragen als irgend eine frühere; und was uns so lange im äußern Glanze gegen die einseitige, beschränkte aber eben darum entschiedne Wirksamkeit andrer Nationen[1] hat zurückstehen lassen: der Mangel einer Richtung, welcher, in ein Positives verwandelt, zur Allseitigkeit der Richtungen wird: muß in der Folge die Überlegenheit auf unsre Seite bringen. Es ist daher gewiß keine zu sanguinische Hoffnung anzunehmen, daß der Zeitpunkt nicht so gar entfernt ist, wo das Deutsche allgemeines Organ[1] der Mittheilung für die gebildeten Nationen[1] seyn wird. .
[200] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 337 f. (338): Über die Neulateinischen Sprachen will ich erst einige allgemeine Bemerkungen voranschicken, und dann sie einzeln in der Kürze charakterisiren. Das Lateinische war keinesweges eine sanfte Sprache: sonor allerdings, jedoch nicht milde, und den Griechen fiel sehr vieles darin als unerträgliche Härte auf. Die Altgermanischen Dialekte[1] der einwandernden Eroberer waren vollends in jener Zeit[3] rauh und ungeschlacht. Und dennoch sind aus der Verschmelzung dieser beyden Bestandtheile die sanftesten und anmuthigsten[1] Sprachen des neueren[3] Europa hervorgegangen. [...] Ich glaube [...], daß Mischung und Verschmelzung mehrerer Idiome ein besonders günstiger Umstand für die Sprachbildung ist. Es erfolgt nämlich, ehe sie sich amalgamiren, ein Zeitraum der Anarchie und Verwirrung, wo der große Haufe, beyder Sprachen nicht recht mächtig, spricht, wie er will und kann. Ist nun Anlage und Sinn[5] für das Schöne[1] da, so kann eben diese Unsicherheit und Unbestimmtheit Anlaß werden, daß das Angenehmere gewählt, Härten weggeschliffen, die Aussprache überhaupt gemildert werde u. s. w.: und so ist eben Barbarey und Idiotismus im Sprechen Quelle einer ganz 〈338〉 neuen[1] Vollkommenheit. Die schriftlichen Denkmäler lehren uns, daß alle diese Sprachen auf dem Übergange vom Latein ein sehr mißfälliger harter formloser Jargon waren, und das sind sie Jahrhunderte lang geblieben. Die ritterliche Galanterie und die damit verknüpfte Poesie[1] des Mittelalters hat unstreitig den größten Antheil an der Verfeinerung der romanischen[1] Dialekte[1]. [...] Haben demnach diese Sprachen gleich vor dem Lateinischen, ihrer Stammsprache, bedeutende Vorzüge: so ist auf der andern Seite nicht zu läugnen, daß ein gewisser Makel der Corruption an ihnen haftet. Sehr spät haben sich daher auch die Gelehrten dieser Länder gewöhnt, sie anders als ein ausgeartetes Latein, als Mundarten[1] des ungelehrten Haufens (lingua volgare) zu betrachten. Unläugbar ist es, daß vieles daher entstanden, daß die Germanischen Eroberer wohl die Lateinischen Wörter[1], aber nicht die gehörige Art sie zu biegen, erlernen konnten. Man kann daher diese Sprachen sämtlich aufs kürzeste so charakterisiren, daß man sagt: die Materie (die Hauptmasse der Wörter[1]) ist lateinisch, die Form Deutsch[5]..
[201] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
[202] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
[203] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 346: Was die übrigen neulateinischen Sprachen betrifft, so würde man ihren Charakter[1] in poetischer[4] Hinsicht weit besser genetisch begreifen können, wenn die Denkmäler des Provenzalischen, als welches in so fern wie ihre gemeinschaftliche Mutter angesehen werden kann, erst mehr bekannt wären. Nächst diesem hat sich das Italiänische am frühesten in der Diction und den Formen ausgebildet, und [ist] also wiederum Quelle für die übrigen geworden. Alle haben eine Menge Vorzüge miteinander gemein, und wenn uns die Griechische[2] Sprache das Muster einer vollkommnen Organisation[7] für den strengen und reinen Kunststyl 〈darbietet〉, so finden wir hier die gefälligsten Reize und die größte Lieblichkeit für alle Bezauberungen der romantischen[15/13/3/4] Poesie[11]..
[204] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 348: Sowohl die Italiäner als Spanier besitzen romantische[1] Darstellungen in einer [...] wahrhaft poetisirten Prosa[5]. [...] Boccaz muß wohl als der Stifter der romantischen[1] Prosa[5] angesehen werden, wiewohl er die Französischen Ritterromane und Fabliaux vor Augen haben mochte. – Bey den Spaniern ist sie zuerst in den Ritterromanen aufgeblüht, [...] dann wurde sie besonders in den Schäferromanen und einigen andern sehr anmuthig bearbeitet, und endlich von Cervantes auf den letzten Gipfel erhoben, der nicht weiter hat übertroffen werden können. – Es ist keine Frage, daß die Deutsche Sprache sich hierin sehr gut an diese südlichen Muster anschließen kann; sie hat in frühern Zeiten[3] schon mehr das dazu gehörige besessen, und jetzt ist durch Goethes W. Meister zuerst der Sinn[5] für romantische[1] ruhig darstellende Prosa[5] wieder geweckt worden..
[205] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 357: [M]an [muß] den Gedanken loben, der seit der Wiederbelebung der classischen[7] Literatur in Europa gegolten hat, die Beschäftigung mit den alten[10] Sprachen, ohne bestimmte nähere Zwecke, zur Erziehung überhaupt, als zur allgemeinen Ausbildung dienlich, mitzurechnen. Nur freylich wird die Sache meistens so pedantisch und und verkehrt getrieben, daß man wenig heilsame Wirkungen davon gewahr wird, und nicht sieht, was zB. die Engländer, die sich auf Schulen und Universitäten fast ausschließend mit Lesung der Classiker[2] beschäftigen, dadurch vor den Franzosen voraushaben, bey denen das Griechische eine wahre Seltenheit ist, und das Lateinische ziemlich flüchtig erlernt wird. Unter den Nationen[1] des südlichen Europa scheint sich vermöge der analogeren Conformation der Sprachen das Latein immer noch mehr lebendig zu erhalten, und die Holländer haben in dem beharrlichen Studium der Classiker[2] überhaupt einen edleren Geschmack bewiesen, als man ihnen zutrauen sollte..
[206] A. W. Schlegel, an Schelling (25. 7. 1808), KJ 1, 579: Überdieß habe ich mich weniger auf den heurigen und täglichen grammatischen Gebrauch als auf die Origines unsrer Sprache gelegt, die immer mehr und mehr mein Lieblingsstudium werden..
[207] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 67: Welches ist nun das beste Hülfsmittel, um ohne Kenntniß der Sprache in den Geist[14] der Griechen einzudringen? Ich sage es ohne Bedenken: das Studium der Antike[4], welches, wo nicht an den Originalen, doch in den überall verbreiteten Abgüssen für jedermann in gewissem Grade zugänglich ist. Die Urbilder der menschlichen Gestalt bedürfen keiner Dollmetschung; ihre erhabne Bedeutung ist unvergänglich, und muß bei allem Wechsel der Zeiten[3], unter jedem Himmelstriche wieder erkannt werden [...].
[208] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 5: Wir sehen eine Menge Menschen, ja ganze Nationen[1], so sehr befangen in den Gewöhnungen ihrer Erziehung und Lebensweise, daß sie sich auch dann nicht davon losreißen können, wenn vom Genusse schöner[2] Kunst[9] die Rede ist. Nur dasjenige, was in ihrer Sprache, ihren Sitten und ihren gesellschaftlichen Verhältnissen einheimisch und hergebracht ist, erscheint ihnen als natürlich[4], schicklich und schön[2]. ➢ Volltext.
[209] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 65 f. (66): Bey den meisten meiner Zuhörer darf ich keine unmittelbare aus eignem Studium der Ursprache geschöpfte Bekanntschaft mit den Griechen voraussetzen. Uebersetzungen in Prosa[1] oder auch in Versen, 〈66〉 die aber nichts andres als Verkleidungen in den modernen[1] Geschmack sind, können keine wahre Vorstellung vom griechischen[2] Schauspiel verschaffen. Wahrhaft treue Uebersetzungen, und welche im Ausdruck und Versbau zu gleicher Höhe mit dem Original hinanstrebten, hat man bis jetzt wohl nur im Deutschen versucht. Allein, wiewohl unsre Sprache äußerst biegsam und in vielen Stücken der griechischen[2] ähnlich ist, so bleibt es doch immer ein Kampf mit ungleichen Waffen; und nicht selten tritt an die Stelle der griechischen[2] freyen[13] Anmuth, Steifheit und Härte. ➢ Volltext.
[210] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 164: Nichts ist verschiedener als der französische und der spanische Nationalcharakter, folglich auch als der Geist[12] ihrer Sprache und Poesie[11].
[211] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 3.3: Deutsche[5] Wörter[1] in der ältesten[1] Gesetzgebung der Deutschen[5] Eroberer. Lingua latina, barbara. Etymologie der Romanischen[1] Sprachen. ➢ Volltext.
[212] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 7.4 f. (7.5): Wichtigkeit der Kenntniß der altdeutschen Namen in der Geschichte[4]. [...] Sie sind ein untrügliches Kennzeichen von der Deutschen[5] Stammesart der Eroberer. [...] In der Geschichte[4] der Romanischen[2] Länder. Irrthum der meisten Geschichtschreiber dieser Länder. Sie glauben 〈7.5〉 die Deutschen[5] hätten sich sehr bald entnationalisirt. Gerade das Gegentheil hat Statt gefunden. Kennzeichen bey den Unterschriften der Urkunden, woran man sieht, wann sie die Deutsche[5] Sprache vergessen, u[nd] die Romanische[1] ausschließend angenommen haben: Schreibung der Namen. ➢ Volltext.
[213] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 10.6 f. (10.7): Ulfil.as bleibt der Grundtext für alle etymo〈10.7〉logischen Untersuchungen über die verschiednen Mundarten[1] des Deutschen[5] nicht nur, sondern auch den Nichtlateinischen Theil der Romanischen[1] Sprachen. ➢ Volltext.
[214] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 12.8: Eidesformel Carol.[i] Calvi u[nd] seines Bruders. [...] Äußerst wichtiges Document für die Geschichte[4] beyder Sprachen, der Fränkischen u[nd] der Romanischen[3]. ➢ Volltext.
[215] A. W. Schlegel, Vorr. krit. Schr. (1828), XI: So viel ich weiß, ist noch keine gründliche Kritik[5] der Wielandischen Werke vorhanden, worin gezeigt würde, wie er das Idol des Deutschen Publicums geworden und zwanzig bis dreißig Jahre geblieben, und was er für die Ausbildung der Sprache, des Versbaues, der Formen unserer Poesie[11] wirklich geleistet habe. Es wäre wohl an der Zeit, von der allzugroßen Vernach〈XII〉läßigung dieses von manchen Seiten liebenswürdigen Schriftstellers abzumahnen..
[216] F. Schlegel, Philolog. II (*1797), KFSA 16, 67, Nr. 78: Man soll übersetzen, um die moderne[n]
[217] F. Schlegel, Philolog. II (*1797), KFSA 16, 72, Nr. 131: Die klass.[ischen][7] Metra können absolut nicht nachgemacht werden in den progr.[essiven][5] Sprachen. – In den Neuern[3] hat die Stammsilbe oft forte und im Maaß vertritt s.[ie] die Länge, und eine andere hat die Höhe, den Akzent. Wir zählen 〈73〉 auch im Sprechen die Sylben; die Engl.[änder] schmeißen sie hastig hin. Südl.[iche] und klass.[ische][7] Nazionen[1] mahlen sie ruhig, lassen jedem Klang s.[ein] Recht widerfahren. Hievon liegt der Grund gewiß sehr tief. 〈[...] Das klassische[7/5] Sprechen ist gleichsam ein ruhiges um s.[einer] selbst willen. Das Progr.[essive][5/3] eilt nach einem Ziel.〉 .
[218] F. Schlegel, Fragm. Poes. u. Litt. (*1801), KFSA 16, 322, Nr. 810: Der Charakter[1] d[er] oriental.[ischen][1] Sprache[n] viell.[eicht] das Auseinandertreten der Pole. Daher Diphtonge [sic] und Di[phtong-]Consonanten (Analogie des Deutschen) dahingegen d[as] Griech[ische][5] auf ein Mit〈322〉telmaaß geht. [...] Zwischen dies[em] und d[em] Deutsch[en] oder d[em] Eleg.[ischen] die Prosa[1] in drei Epochen 1) Classisch[5] ohne Farbe 2) auf Vokale und Conson.[anten] berechnet, rom[antisch][1] pict[oresk2] und μους [musikalisch7] 3) Synthesis von beiden, groß romantisch[1/10]..
[219] F. Schlegel, Zur Poesie II (*1802), KFSA 16, 421, Nr. 48: Die provenzal[ischen] Dial.[ekte][1] (auch der von Valencia) in d[er] Verstümmelung schon sehr französisch. Das Quelle [sic] und das Franz[ösische] als d[er] Untergang der romant[ischen][15] Sprach[en][3] [möglicherweise auch Sprach[e][5]] zu betrachten. ⦿.
[220] F. Schlegel, an L. Tieck (15. 9. 1803), L, 136: Das Persische ist dem Deutschen so verwandt daß man beides fast für eine Sprache[3] ansehn kann; nur ist die eine so arabisirt, als die andre latinisirt. So gar der Gang der Poesie[3] und Litteratur bei beiden Nationen[1] ist zum Erstaunen ähnlich; in der ältesten[1] Epoche eine Masse von alten[1] mythischen Nationalgedichten, auch in der Sprache[4] ganz einheimisch; und dann eine romantische[12] Zeit[3], wo das Arabische so durchaus angenommen, aber auch mehr geformt ward, wie in unsrer schwäbischen das Französische..
[221] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 54: Die Anfänge der spanischen, oder für jene ältere[1] Zeit[3] besonders genauer zu reden, der castilianischen Poesie[11], sind sehr einfach. Lieder in der eigenthümlichen spanischen ganz musikalischen[5], äußerst zarten und wortspielenden Form, worin es wohl nicht leicht eine andre Sprache dieser gleich thun wird; das ist die eigenthümlichste Blüthe dieses Bodens. Man könnte noch die Ritterbücher dazu rechnen, besonders den Amadis wegen des schönen[1] Styls; auch weil sich, wenn gleich die erste Anlage dieses durchaus rein erfundnen Romans[1] den Nordfranzosen gehören sollte, wie so mancher andre romantische[1] Stoff, der aber erst durch die Deutschen, Italiäner und Spanier 〈55〉 Form erhielt, viele andre Ritterdichtungen doch erst in Spanien daran angeschlossen haben. ➢ Volltext.
[222] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 58: [Die portugiesische Sprache ist] an sich schön[1] [...] und [gehört] zur Vollständigkeit des ganzen Systems der aus dem verdorbenen Lateinischen mit allerlei Modificationen entstandenen provenzalischen oder romantischen[15] Sprachen wesentlich mit [...]. ➢ Volltext.
[223] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 60: Durch die nasalen Töne[1] könnte man im Portugiesischen [...] eine Aehnlichkeit mit dem Französischen, wenigstens dem südlichen finden. Doch bekommt das freilich in jener Sprache, die von allen romantischen[15] unstreitig die weicheste und süßeste ist, einen ganz anderen Charakter[4]. ➢ Volltext.
[224] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 60: Man könnte das Portugiesische in seiner Weichheit vielleicht dem jonischen Dialekte[1] der hellenischen Sprache vergleichen, so wie die stolze Sprache der Spanier dem Dorischen, und die kunstgebildete der Italiäner dem Attischen.
[225] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 61: [Portugiesisch] ist eine
[226] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 67: Eine provenzalische Grammatik ist in dem Katalogus der Nationalbibliothek angegeben, wird aber seit mehreren Jahren nicht mehr gefunden. Die Sprache aber ist denn doch dem Französischen, dem Italiänischen, und auch vorzüglich dem Spanischen so nah verwandt, daß man meistentheils schon durch diese Kenntniß bei Anwendung einiger Mühe im Stande seyn wird, den Sinn[1] herauszukriegen. Wo dies aber nicht aushilft, bleibt das wichtigste Hülfsmittel die Kenntniß des gegenwärtigen provenzalischen und languedocschen Dialects[1]; von welchen beide[n] man Lexica hat.
[227] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 69: Das Resultat meiner Untersuchung auf der Nationalbibliothek ist folgendes: | Es wird kein einziges romantisch[1] episches Gedicht in provenzalischer Sprache hier gefunden, obwohl eine unermessliche Menge in nordfranzösischer. ➢ Volltext.
[228] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 71: Sonach scheint es besonders zwei Hauptdialekte dieser ältesten romantischen[15] Sprache gegeben zu haben, wenigstens für den poetischen[4] Gebrauch; den provenzalischen und den catalonischen Dialekt.
[229] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 48 f. (49): An einzelnen großen Geistern[32] jeder Art hat es überhaupt in Deutschland in keinem Jahrhundert gefehlt; und man darf wohl sagen, daß oftmals hier in Einem vereinigt war, was bei andern Nationen[1] unter Hunderte vertheilt ist. Doch war das alles nur einzeln, und blieb ohne Folgen. Die alte[1] Dichtkunst war verlohren und vergessen, die Ausbildung der Prosa[1] gleichsam schon vor ihrer Entstehung gehindert, und immer mehr und mehr zerstörte die Nation[1] sich selber. Eine Zerrüttung und Ein Bürgerkrieg folgte dem andern, und da die Reformation endlich durch die unglückliche Wendung, welche sie nahm, die Trennung der Nation[1] gleichsam 〈49〉 auf ewig sanctionirte, da ganze Provinzen in eingebildeter Freiheit[7] sich losrissen, um endlich, wie es sich voraussehen ließ, unter fremdes[1] Joch zu sinken; da Ausländer jeder Art sich einnisteten; da die Fürsten selbst nach ausländischen Besitzungen und Verbindungen strebend, die vaterländischen Sitten vergaßen; was war natürlicher[4] und unvermeidlicher, als daß die Sprache selbst entarten und verwildern mußte?.
[230] F. Schlegel, an A. W. Schlegel (8. 9. 1805), KJ 1, 229 f. (230): Ich bin ganz und gar nicht so antiantik als Tieck; doch glaube ich wohl, daß die romantischen[15/12] und alt〈230〉deutschen Metra unsrer Sprache näher liegen und eine grössere Stelle darin einnehmen müssen als die Griechischen[2], die ich nur für nothwendige Ergänzungen ansehn kann..
[231] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 34: Noch jetzt sind sehr viele Spuren dieser ältern[1] Sprachform im Deutschen[5], im eigentlichen Deutschen[2] mehr, als im Englischen und in den skandinavischen Mundarten[1] übrig; wenn aber im Ganzen hier das Princip der neuern[3] Grammatik, die Conjugation vorzüglich durch Hülfsverba, die Declination durch Präpositionen zu bilden, herrschend ist, so darf uns dieß um so weniger irre machen, da auch die sämmtlichen aus dem Lateinischen abstammenden romanischen[1] Sprachen, wie nicht minder alle hindostanische Mundarten[1], wie sie jetzt noch gesprochen werden, die sich zum Sanskrit etwa eben so verhalten, wie jene zum Lateinischen, eine ähnliche Veränderung erlitten haben. ➢ Volltext.
[232] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 40 f.: Obwohl es zu viel gesagt sein würde, wenn man es auf alles ausdehnen wollte, daß sich das Griechische[5] und Römische in Rücksicht der Grammatik zum Indischen wieder verhalte, wie die romanischen[1] Sprachen zur lateinischen; so ist es doch unläugbar wahr, daß sie in einigen Punkten, durch die Beihülfe der Präpositionen und durch die schwankendere Unregelmäßigkeit, schon den Uebergang zu der modernen[1] Gramma〈41〉tik bilden, und daß die regelmäßige Einfachheit der indischen Sprache in der gleichen Structur ein untrügliches Kennzeichen des höhern Alterthums[1] ist. ➢ Volltext.
[233] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 42: Daß eine so kunstreiche Grammatik dennoch sehr einfach seyn könne, zeigt das Beispiel der indischen selbst am besten. Es wird auch nichts dazu vorausgesetzt als etwas, was man doch wohl annehmen muß, um den Ursprung der Sprache[1] auf eine deutliche und verständliche Art zu erklären; ein sehr feines Gefühl nehmlich für den unterscheidend eigenthümlichen Ausdruck, für die ursprüngliche Naturbedeutung, wenn ich so sagen darf, der Buchstaben[7], der Wurzellaute und Sylben; ein Gefühl, das wir uns jetzt, da das Gepräge der Worte durch langen Gebrauch verwischt, das Ohr[3] durch die verworrne Menge allartiger Eindrücke abgestumpft worden ist, kaum mehr in seiner ganzen Regsamkeit und Lebendigkeit vorstellen können, was aber doch wohl vorhanden gewesen seyn muß, weil ohne dasselbe keine Sprache, wenigstens keine solche, hätte entstehen können. | Dieß feine Gefühl mußte dann mit der Sprache selbst zugleich auch Schrift hervorbringen; keine hieroglyphische nach äussern Natur〈43〉gegenständen mahlende oder bildernde, sondern eine solche, welche den innern Charakter[1] der Buchstaben[7], wie er so deutlich gefühlt ward, nun auch in sichtlichen Umrissen hinstellte und bezeichnete. ➢ Volltext.
[234] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 53 f.: Auf der östlichen Halbinsel Indiens zählt Symes sechs verschiedne Sprachen, wovon mehre selbst in den Zahlworten, diesem so wichtigen Grundbestandtheile, ganz verschieden sind; die Burma〈54〉sprache, die wieder in vier Mundarten[1] zerfällt, wovon die hauptsächlichste die von Ava ist, schließt sich durch ihre Einsylbigkeit an das Chinesische an; verwandt mit dieser ist die Sprache Koloun zwischen Bengalen, Arakan und Burma, so wie einige Dialekte[1] in Pegu; die Pegu-Sprache selbst ist aber nach Symes noch ganz verschieden, so wie die im Lande Meckley, südlich von Asam, und die Sprache in Siam, von der die der südlichen Cingalesen abgeleitet seyn soll. ➢ Volltext.
[235] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 56: Der Gang der bloß grammatischen Kunst[13] und Ausbildung ist in den beiden Hauptgattungen grade umgekehrt. Die Sprache durch Affixa ist im Anfang ganz kunstlos, wird aber immer künstlicher[1], je mehr die Affixa mit dem Hauptwort zusammenschmelzen; in den Sprachen durch Flexion hingegen geht die Schönheit[1] und Kunst[13] der Structur, durch den Hang sichs zu erleichtern, allmählig mehr und mehr verlohren, wie wir es sehen, wenn wir manche deutsche[5], romanische[1] und jetzige indische Mundarten[1] mit der ältern[1] Form, aus der sie abstammen, vergleichen. ➢ Volltext.
[236] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 176 f.: Bedenke man nur, wie sich die lateinische Sprache, anfangs nur dem mittlern Italien eigen, da im Norden Celten, im Süden Griechen wohnten, von diesem kleinen Fleck aus, fast über den ganzen Erdkreis verbreitet hat. Noch in ihren Töchtern, den romanischen[1] Sprachen, herrscht sie fast in allen Welttheilen; das Italiänische ist die Handels〈177〉sprache des Morgenlandes[2], wie das Portugiesische der afrikanischen und aller indischen Küsten; das Spanische ist die Sprache des größten Theils der neuen[3] Welt geworden; des gesellschaftlichen Einflusses der französischen Sprache, des Gebrauchs der ausgestorbenen lateinischen zur Gelehrsamkeit und in mehren Ländern noch jetzt zur Unterredung und zur Religion[8], (wie das Samskrit, oder wenigstens einzelne Formeln desselben in Siam und Thibet liturgisch gebraucht werden), der beträchtlichen römischen Einmischungen endlich in der englischen, deutschen[2] und wallachischen Sprache gar nicht zu erwähnen. ➢ Volltext.
[237] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 268, Nr. 35: Daß man im Deutschen jetzt die fremden[1/5] Worte[1] mit der fremden[1/5] Orthographie schreibt – hat einen tiefen Grund – es deutet an, daß von dieser Seite die deutsche Sprache jetzt geschlossen sei, daß sie keine fremdartigen Worte[1] mehr sich lebendig einverleiben kann. – Ihre Bildsamkeit geht jetzt in sich selbst, und auf das Alterthum[2] zurück – wo sie fast noch unbegränzt ist. Daher sollte man auch die ursprüngl[ich] bloß römischen Buchstaben[1] qu und v aus Deutschen Worten[1] ausmerzen. y desgl[eichen.].
[238] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 286, Nr. 174: Das Poetische[6] oder NichtPoetische einer Sprache hängt nicht von der Abstammung allein ab – oft zwei nah verwandte Sprachen darin ganz verschieden; die arabische z. B. ganz poetisch[6], die syrische ganz unpoetisch und prosaisch[2]..
[239] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 290, Nr. 212: Die Sprache d[er] Burgländischen Deutschen oder Sachsen 〈in der Haromßecker Gespannschaft〉 weicht von d.[er] Mundart[1] der Geisacher Kolonie sowohl als d[er] Leistritzer sehr ab. Die Sprache der Sachsen im 〈291〉 Leistritzer District in d[er] Thorenburger Gespannschaft ist von d[er] Mundart[1] der Andreanischen Nation[1] sehr verschieden, noch mehr aber der Einwohner von Regen, Zöpling, Botsch pp Viele Wörter[1] sind rein Deutsch, die meisten aber einem Hermanstädter ganz unbekannt..
[240] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 483: Je näher die Litteratur uns tritt, je reicher sie in den neuern[3] Zeiten[3] anwächst, je nothwendiger wird es mir, meine Betrachtung nur auf solche Dichter und Schriftsteller zu beschränken, welche den Gipfel der Sprache und Geistesbildung einer Nation[1] bezeichnen, und welche eben darum auch für das Ganze und für andre Nationen[1] die wichtigsten und lehrreichsten sind. ➢ Volltext.
[241] A. W. Schlegel/C. Schlegel, Rez. Schulz (1797), 218: Es ist auffallend und schon oft bemerkt worden, daß unsre Sprache sich bis jetzt für den dichterischen Gebrauch weit mehr vervollkommt hat, als für den Vortrag in Prosa[5]. Wiederum ist es den Deutschen Schriftstellern im Ganzen immer noch besser mit den ernsteren Gattungen gelungen, welche Schwung und Würde fodern, als mit dem leichten und muntern Tone[3], worin sich die Geisteskräfte ohne Spannung und mühsame Arbeit nur spielend entfalten, und wo besonders ein aufgeweckter Witz[1] freyen[1] Raum hat, sich im günstigsten Lichte zu zeigen. Wer viel unter Ausländern gelebt hat, dem kann es nicht entgangen seyn, daß sich im Französischen und selbst im Englischen das Gespräch mit einer Wahl der Ausdrücke, einer Zierlichkeit der Wendungen, einer Feinheit der Beziehungen und Unterscheidungen führen läßt, die man im Deutschen nicht auf denselben Grad zu treiben suchen dürfte, ohne in Ziererey und Steifheit zu verfallen..
[242] A. W. Schlegel/C. Schlegel, Rez. Schulz (1797), 219: Man kann, ohne im geringsten undeutsch zu werden, das Schleppende und Schwerfällige, Fehler, denen unsre Sprache durch die Natur[1] ihrer Wortfügungen und Wortstellungen nur allzusehr ausgesezt ist, mit dem raschen, flüchtigen Tritte der Französischen Prosa[5] vertauschen. Nichts würde uns im Grunde mehr von den Vorzügen dieses Musters entfernen als Gallicismen; denn keine Nation[1] wacht sorgfältiger über die charakteristische[4] Reinheit ihrer Sprache, und verbannt alles, was sich nicht mit ihrer allgemeinen Beschaffenheit in Harmonie setzen läßt, mit größerer Strenge daraus, als die Französische. Diese Klippe, auf die man bey dem Bestreben nach Annäherung so leicht geräth, hat Hr. S. [sc. Friedrich Schulz] mehrentheils glücklich vermieden. Selbst wo er ganz nach fremden[1] Erfindungen arbeitet, überträgt er weniger wörtlich, und erinnert seltner an ein Original, als die deutsche Treue, die sich sonst auch im Uebersetzen[1] bewährt, es mit sich bringt. Vielleicht ist es ihm eben dadurch besser gelungen, den Eindruck im Ganzen wieder zu geben, wozu in dieser Gattung die Ungezwungenheit sehr wesentlich mitgehört..
[243] A. W. Schlegel/C. Schlegel, Rez. Schulz (1797), 220: Auch sind wir auf allerley kleine Versehen gegen die Richtigkeit der Sprache gestoßen; [...] doch wäre durchgängige grammatische Genauigkeit hier deswegen eine sehr schätzbare Tugend gewesen, weil sie, überall wo wir unsre Sprache auf eine lebendige Weise, nicht mit der gemessensten Vorbereitung, behandeln: im Gespräche, in freyen[19] mündlichen Vorträgen, sogar auf der Bühne, noch sehr selten unter uns ist..
[244] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 108: [S]o allgemein ist ihr [sc. Elegie] Karakter[1], so weltbürgerlich ihre Gesinnung, daß sie es ungeachtet ihrer zarten Weichheit doch nicht verschmähte, die härtere Sprache des großen Roms zu reden, ja sogar aus dem südlichen Mutterlande nach Norden zu wandern. Die Römer glaubten in dieser Kunstart den Griechen näher gekommen zu seyn, und sind ihren Vorbildern hier wenigstens treuer geblieben als in vielen andern Fächern. Unter den Deutschen der jetzigen Zeit hat man das klassische[3] Metrum derselben nachgebildet, und ein Dichter, von dem es nie entschieden werden kann, ob er größer oder liebenswürdiger sey, hat zu seinen frühern unverwelklichen Lorbern auch den Namen eines Wiederherstellers der alten Elegie gesellt.
[245] Schleiermacher, Hermen. (*1809–10), K, 57: Grammat[ische] Interpretation [...] ist [...] die Kunst[6] aus der Sprache und mithülfe der Sprache den bestimmten Sinn[1] einer gewissen Rede zu finden. .
[246] Schleiermacher, Hermen. (*1809–10), K, 58: Hieraus erklärt sich zunächst sowol die vielfache Bedeutung der Worte[1] weil nemlich das mannigfaltige[1] woraus dieselbe Anschauung wiederkehrt unter sehr verschiedenen B[egriffe]n[1] kann subsumirt werden als auch die Synonyme aus dem umgekehrten Verhältniß. | Ferner erklärt sich hieraus die Individualität der Sprachen weil die Gesichtspunkte nach denen sich die Anschauungen bestimmen sehr verschieden sein können, und was nach diesen construirt ist nicht mehr ausgeglichen werden kann. Dagegen B[egriff]e[1] sich rein ineinander müssen auflösen lassen. Daher in der Regel, wenn man von Ursprachen spricht kein Wort[1] in der einen irgend einem in der andern vollkommen entspricht..
[247] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 234: Wenn wir in die Zeiten[3] zurükkgehn, wo die romanischen[1] Sprachen anfingen sich zu bilden, wer kann sagen, welche Sprache[3] damals den dortigen Menschen[1] sei angeboren gewesen? und wer wird läugnen wollen, daß denen, welche eine wissenschaftliche Bestrebung ergriffen, das lateinische mehr Muttersprache gewesen als das volgare? ➢ Volltext.
[248] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 236 f.: Wie Einem Lande, so auch Einer Sprache oder der andern, muß der Mensch[1] sich entschließen anzugehören, oder er schwebt[5] haltungslos in unerfreulicher Mitte. Es ist recht, daß noch jetzt unter uns lateinisch geschrieben wird von Amtswegen, um das Bewußtsein lebendig zu erhalten, daß dies unserer Vorfahren wissenschaftliche und heilige Muttersprache gewesen ist; es ist heilsam, daß es auch sonst geschehe im Gebiet der gemeinsamen europäischen Wissenschaft[1], des leichten Verkehrs wegen; aber gelingen wird es auch in diesem Fall nur in dem Maaß, als für eine solche Darstellung der Gegenstand alles ist, und die eigene Ansicht und Verknüpfung wenig. Dasselbe ist der Fall mit dem romanischen[1]. Wer gezwungen und von Amtswegen eine solche Sprache schreibt, der wird sich doch wol bewußt sein, daß seine Gedanken im ersten Entstehen deutsch[2] sind, und daß er nur sehr früh während der Embryo sich noch gestaltet schon anfängt sie zu übersezen[1]; und wer sich einer Wissenschaft[2] wegen 〈237〉 dazu aufopfert, der wird sich auch nur da leicht ungezwungen und ohne geheimes Uebersezen[1] finden, wo er sich ganz in der Gewalt des Gegenstandes fühlt. [...] Die Production in der fremden[4] Sprache ist keine ursprüngliche; sondern Erinnerungen an einen bestimmten Schriftsteller oder auch an die Weise eines gewissen Zeitalters, das gleichsam eine allgemeine Person vorstellt, schweben der Seele fast wie ein lebendiges äußeres Bild vor, und die Nachahmung desselben leitet und bestimmt die Production. ➢ Volltext.
[249] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 240: Will [...] die Uebersezung einen Schauspieldichter reden lassen, als hätte er ursprünglich in ihrer Sprache gedichtet: so kann sie ihn ja vieles gar nicht vorbringen lassen, weil es in diesem Volk[1] nicht einheimisch ist und also auch in der Sprache kein Zeichen hat. Der Uebersezer muß also hier entweder ganz wegschneiden, und so die Kraft und die Form des Ganzen zerstören, oder er muß anderes an die Stelle sezen. Auf diesem Gebiet also führt die Formel [sc. das Prinzip des zielsprachlichen Übersetzens] vollständig befolgt offenbar auf bloße Nachbildung oder auf ein noch widerlicher auffallendes und verwirrendes Gemisch von Uebersezung und Nachbildung, welches den Leser wie einen Ball zwischen seiner und der fremden Welt, zwischen des Verfassers und des Uebersezers Erfindung und Wiz[1], unbarmherzig hin und her wirft, wovon er keinen reinen Genuß haben kann, zulezt aber Schwindel und Ermattung gewiß genug davon trägt. Der Uebersezer nach der andern Methode [sc. nach dem Prinzip des ausgangssprachlichen Übersetzens] hingegen hat gar keine Aufforderung zu solchen eigenmächtigen Veränderungen, weil sein Leser immer gegenwärtig behalten soll, daß der Verfasser in einer andern Welt gelebt und in einer andern Sprache geschrieben hat. ➢ Volltext.
[250] Schleiermacher [Lücke], Hermen. u. Krit. (1838), SW I, 7, 4: Wie Hermeneutik und Kritik[3] zusammengehören, so beide mit der Grammatik. Alle drei haben schon als philologische Disciplinen zusammengestellt Fr. A. Wolf und Ast, jener als philologische Vorbereitungswissenschaften, dieser als Anhang zur Philologie. Beide aber fassen sie zu speciell, nur in Beziehung auf die beiden klassischen[3] Sprachen des Alterthums[3]..
[251] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 511: Die lebendige Erkenntniß der ewigen Gerechtigkeit erfordert gänzliche Erhebung über die Individualität und das Princip ihrer Möglichkeit: sie wird daher, wie auch die ihr verwandte und sogleich zu erörternde reine und deutliche Erkenntniß des Wesens aller Tugend, der Mehrzahl der Menschen stets unzugänglich bleiben. – Daher haben die weisen Urväter des Indischen Volkes sie zwar in den dem Braminen allein erlaubten Vedas, oder in der esoterischen Weisheitslehre, direkt, so weit nämlich Begriff[5] und Sprache es fassen und ihre immer noch bildliche, auch rhapsodische Darstellungsweise es zuläßt, ausgesprochen; aber in der Volksreligion, oder exoterischen Lehre, nur mythisch mitgetheilt. ➢ Volltext.
[252] J. Schopenhauer, Tante I (1823), 160: Französisch war ohnehin unsre tägliche Haussprache; sobald wir unter uns allein waren, sprachen wir keine andere, denn dies war damals fast in allen adlichen Familien so der Gebrauch. Mein Vater zog diese
[253] Seume, Sommer (1806), 170: Du siehst, daß es der finnischen Sprache nicht an Anmuth fehlt. Die finnische Sprache ist die Hauptsprache; und das Esthnische und Lappische sind nur ihre Dialekte[1], wie ich höre..
[254] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 349: Wenn der Geist[22] und das Herz des Redners und des Dichters von dem Gegenstand ganz eingenommen und gerührt sind, so bilden sich die Wörter[1] und Redensarten von selbst so auf der Zunge, als wenn ein Theil des innern Lebens sich in den todten Buchstaben[9] ergöße; wenn nur der Dichter sonst den ganzen Reichthum und die Mechanik seiner Sprache besitzt. Also ist das allgemeineste Mittel zum Erhabenen in der Schreibart zugelangen, ein von dem Gegenstand ganz durchdrungener Geist[22] und ein von der Stärke der Empfindungen aufgeschwollenes Herz..
[255] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: So ist die Sprache, welche die Dichter in diesem Zeitalter brauchen, eine ungebundene, ganz freie, die sich alle Wendungen, Teutologien [sic] und Abkürzungen erlaubt; manche Worte[1] wechseln fast durch alle Vokale, und e, o und a sind fast immer gleichgültig, angehängte Buchstaben[7] und Sylben, so wie unterdrückte, sind gleich sehr erlaubt, um den Vers härter, oder wohlklingender, weicher und schmachtender zu machen.
[256] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: Diese grosse Allgemeinheit und Freiheit[1] ist vielleicht der Character[1] der Deutschen Sprache, [...] sie geht immer wieder in ihre alte[5] Wurzel zurück und erinnert sich ihres ehemaligen Geistes[12]..
[257] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), 493 f. (494): Unter den Dichtern aber erreichte Racine in Sprach- und Verskunst eine harmonische Vol〈494〉lendung, wie sie nach meinem Gefühl weder Milton im Englischen, noch auch Virgil im Römischen haben, und die nachher in der französischen Sprache nie wieder erreicht worden ist. Für das Ganze der Poesie[1] hätte man wohl wünschen mögen, daß für die Dichtersprache besonders, neben dieser kunstreichen Vollendung, auch etwas mehr Freyheit[9] übrig gelassen wäre; daß man die altfranzösische Poesie[11] der Ritterzeit, die doch so vieles Schöne[1] und Liebliche, in Erfindung und Sprache hervorgebracht, nicht so ganz unbedingt und ohne Ausnahme verworfen, verachtet und vergessen hätte. Man hätte immer, wie ja auch von den Italienern und andern Nationen[1] geschehen war, einen kunstreichern und ernstern Styl mit dem dichterischen Geist[12] der Ritterzeit verbinden können. Die französische Poesie[1] und die Sprache würde dann etwas mehr von jenem romantischen[2/7] Schwunge und jener alten[6] Dichter-Freyheit[9] erhalten haben, die ihr Voltaire so oft zurück wünscht, und die er ihr auch obwohl zu spät und nur mit halbem Gelingen zum Theil wieder zu geben suchte. ➢ Volltext.
[258] L. Tieck, Conv.-Lex. IV (1809), 156: Es [sc. das Versepos Reineke Fuchs] wurde häufig in der Ursprache herausgegeben, ins Hochdeutsche und in fremde[1] Sprachen übersetzt, auch umgebildet und dem Geiste[14] der spätern Zeiten[5] angepaßt..
[259] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 8: Von den sechziger Jahren an ward die herschende Dogmatik, freier als zuvor, beleuchtet durch Kirchengeschichte, unbefangnere Kritik[3], hellere Kunde der biblischen Sprachen, Sitten und Vorstellungen. ➢ Volltext.
[260] Wackenroder, an L. Tieck (11. 12. 1792), VL 2, 96 f. (97): Du hast vielleicht schon aus meiner neulichen Anführung aus einem altdeutschen Gedichte, ersehen, womit ich mich jetzt beschäftige. Ich höre beym Prediger Koch, der in der That ein äußerst gelehrter, kenntniß〈97〉reicher u[nd] eifrigthätiger Mann ist, ein Kolleg[ium] über die allg[e]m[eine] Litteratur-Geschichte, vornehml[ich] über die schönen[1] Wiss[enschaften] unter den Deutschen. Da hab' ich denn manche sehr interressante[1] Bekanntschaft mit altdeutschen Dichtern gemacht, u[nd] gesehn, daß dies Studium, mit einigem Geist[20] betrieben, sehr viel anziehendes hat. Ich habe mir auch einige Stücke abgeschrieben; u[nd] schmeichle mir jetzt öfters mit der (wenn auch kindischen, doch ergötzenden) Hoffnung, einmal in dem Winkel mancher Bibliothek, Entdeckungen in diesem Fach zu machen, oder wenigstens es durch kleine Aufklärungen zu erweitern. Schon Sprache, Etymologie, u[nd] Wortverwandtschaften, (besonders auch das Wohlklingende der alten[11] Ostfränk[ischen] Sprache) machen das Lesen jener alten[11] Ueberbleibsel interressant[1]. Aber auch davon abstrahirt, findet man viel Genie[5] u[nd] poet[ischen][4] Geist[27] darin. .
[261] Wackenroder, an L. Tieck (11.–14. 1. 1793), VL 2, 122: Die Minnesinger sind, so viel ich sie kenne, freil[ich] einförmig. – Die Beobachtungen für die alte[11] Sprache, u[nd] ihre Verwandtschaft mit der neuern[9], sind auch oft interressanter[1] als das poetische[4] Verdienst. Aber dies sucht man doch sehr oft nicht vergebl[ich]. Sehn wir uns, so kann ich Dir manches Schöne[1] aus dem Heldenbuche mittheilen, das ich itzt gelesen habe..
[262] Wackenroder, an L. Tieck (ca. 25. 1. 1793), VL 2, 128: Gebiete dem kleinsten Gedanken Deiner Seele eine feierl[iche] Stille, u[nd] laß, in dieser erhaben-majestät[ischen] Pause Deiner Geistesthätigkeit Dir die goldenen, himmlischen Worte[2] Deine beyden Ohren[2] füllen: Ich bin Schriftsteller, u[nd] abermals: ich bin Schriftsteller. – – – Allein ich muß mich wohl von meiner schwindlichten Höhe herablassen, u[nd] Dir in der Sprache der Menschen, in aller Kürze erzählen: Cur, quomodo, quando..
[263] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 121 f. (122): Als Albrecht [Dürer] den Pinsel führte, da war der Deutsche auf dem Völkerschauplatz unsers Welttheils noch ein eigenthümlicher und ausgezeichneter Charakter[6] von festem Bestand; und seinen Bildern ist nicht nur in Gesichtsbildung und im ganzen Äußeren, 〈122〉 sondern auch im inneren Geiste[12], dieses ernsthafte, grade und kräftige Wesen des deutschen Charakters[2] treu und deutlich eingeprägt. In unsern Zeiten[3] ist dieser festbestimmte deutsche Charakter[2], und eben so die deutsche Kunst[4], verloren gegangen. Der junge Deutsche lernt die Sprachen aller Völker[1] Europa's, und soll prüfend und richtend aus dem Geiste[10] aller Nationen[1] Nahrung ziehen; – und der Schüler der Kunst[4] wird belehrt, wie er den Ausdruck Raphaels, und die Farben der venezianischen Schule, und die Wahrheit der Niederländer, und das Zauberlicht des Correggio, alles zusammen nachahmen, und auf diesem Wege zur alles übertreffenden Vollkommenheit gelangen solle. – O traurige Afterweisheit! O blinder Glaube des Zeitalters, daß man jede Art der Schönheit[1], und jedes Vorzügliche aller großen Künstler der Erde, zusammen〈123〉setzen, und durch das Betrachten aller, und das Erbetteln von ihren mannigfachen großen Gaben, ihrer aller Geist[20] in sich vereinigen, und sie alle besiegen könne! ➢ Volltext.
[264] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 157: Ich unterschreibe von ganzem Herzen alles was Hr. A.[delung] von den Verdiensten des großen Luthers um die teutsche Sprache sagt; – wie〈158〉wohl Hr. A. selbst in der Lutherischen Bibel-Uebersetzung soviel veraltetes und Ober-teutsches (d. i. nach seinen Grundsätzen Unteutsches) findet, daß er derselben kein Classisches[4] Ansehen in unsrer Schriftsprache zugestehen kann. ➢ Volltext.
[265] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 162 f.: Wem eine so schnelle und große Veränderung zuzuschreiben sey, ist unter den Franzosen selbst keine Frage. Die ganze Nation[1] ist nur Eine Stimme[6], sie [ist] nicht der Pracht des Hofes unter Ludwig XIV. nicht dem Weinbau, Seidenbau, den Manufacturen, und der Handlung, die damals in Frankreich blüheten, nicht dem Zusammenfluß glüklicher Umstände, welche sich zum glänzendsten Wohlstande des Französischen Reichs in der ersten Hälfte der Regierung jenes großen Königs vereinigten – sondern den Arnaud, Pascal, Bourdaloue, Fenelon, Bossuet, La Brüyere, 〈162〉 u. a. unter den Prosaisten, und den Corneille, Racine, Moliere, Boileau und La Fontaine unter den Dichtern, zuzuschreiben, welche sich, nach des Schiksals Schluß, zusammen fanden, und durch ihre Werke die goldne Epoke der französischen Litteratur hervorbrachten. Und wodurch wurden alle diese Männer die Classischen[3/4] Schriftsteller ihres Volkes[1], und die Muster der besten Schreibart? Etwa dadurch, daß sie sich nach dem Geschmacke der obern Classen[2] in Paris bildeten, und die Sprache schrieben, welche jene redeten? Pascal, dessen Lettres Provinciales bis auf diesen Tag für das vollkommenste Muster der schönsten französischen Sprache und Schreibart gelten, hatte von Jugend auf in einer großen Abgeschiedenheit gelebt, und zu seiner Zeit war die Clelie, der große Cyrus und andre Werke dieser Art noch die Mode-Lecture der obern Classen[2] in Paris. Der große Corneille war nichts weniger als was man einen Weltmann nennt; er lebte in seinem Cabinet und im Schooße seiner Familie; mit den hohen Charaktern[6] und Idealen des alten[10] Roms und Griechenlandes besser bekannt als mit dem Adel[2] und dem vornehmen Bürgerstande zu Paris. Mit welchem Grunde sollte man also von diesen und den übrigen großen Schriftstellern der schönsten Zeit Ludwigs des XIV. sagen können: daß sie den guten Geschmack, der ihnen vor ihren Vorgängern einen so großen Vorzug giebt, von ihren Zeitgenossen erhalten hätten? anstatt daß alle Welt bißher gerade das Gegentheil ge〈163〉glaubt hat. Freylich reden die ersten guten Schriftsteller eines Volks[1] keine unerhörte selbst erfundene Sprache; und ihre vortreflichen Werke setzen voraus, daß die Sprache, schon durch eine Menge Stufen nach und nach zu einem großen Reichthum an Worten und Redensarten, und selbst zu einigem Grade von Ausbildung und Politur gekommen sey. Viele gute Schriftsteller mußten vorher an der Französischen Sprache gearbeitet haben, ehe sie von den Besten der Vollkommenheit nahe gebracht werden konnte. Aber wodurch thaten diese leztern es in allen Schrift-Arten ihren Vorgängern so sehr zuvor? Etwa dadurch, daß sie ihren Geschmack nach den obern Classen[2] ihrer Nation[1], oder dadurch, daß sie ihn nach den besten Mustern der Alten bildeten? Man braucht sie nur zu lesen, nur ihr eignes Geständniß zu hören, um von dem leztern überzeugt zu werden. Die Calpreneden, die Boyers, Pradons u. s. w. diese waren die Leute, die sich nach dem Geschmack ihres Publikums richteten, und dadurch die vergängliche Ehre eines augenbliklichen Beyfalls erschlichen: aber die Corneille und Racine schlugen einen ganz andern Weg ein; sie erhoben sich durch ihren mit der reinsten Blüthe Classischer[7] Gelehrsamkeit genährten Genie, durch einen Geschmak, den sie sowohl an den vollkommnen Mustern der Alten als an den fehlerhaften Werken ihrer Vorgänger und Zeitgenossen geschärft hatten, über den Geschmak ihres Publikums; wurden die Gesezgeber 〈164〉 desselben, anstatt seine Sklaven zu seyn. ➢ Volltext.
[266] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 170: [I]ch behaupte, so lange bis ich des Gegentheils durch überwiegende Gründe überzeugt werde, a) daß die Hochteutsche Schrift-Sprache oder die Frage, was ist Hochteutsch? sich nicht durch die Mundart[1] irgend einer blühenden Provinz, sondern ganz allein aus den Werken der besten Schriftsteller bestimmen lasse; b) daß hiervon auch die Schriftsteller des 16ten und 17ten Jahrhunderts nicht ausgeschlossen werden dürfen; c) daß die Zeit noch nicht gekommen sey, wo die Anzahl der 〈170〉 Autoren, welche den ganzen Reichthum unsrer Schrift-Sprache enthalten, für beschlossen angenommen werden könnte: und daß d) bis dahin die ältern Dialekte[1] noch immer als gemeines Gut und Eigenthum der ächten teutschen Sprache, und als eine Art von Fundgruben anzusehen seyen, aus welchen man den Bedürfnissen der allgemeinen Schriftsprache, in Fällen, wo es vonnöthen ist, zu Hülfe kommen könne. ➢ Volltext.
[267] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 184: Goethe vergleicht [...] sehr richtig die französische Sprache mit ausgeprägter Scheidemünze, die jeder in der Tasche bei sich trägt und der er sich auf das schnellste im Handel und Wandel bedienen kann, die deutsche aber mit einer Goldbarre, die sich ein jeder erst münzen und prägen muß; woher es auch ein gewöhnlicher Fall, daß der gemeinste Franzose rasch und fließend spricht, da er seine Wörter[1] ungezählt nur so ausgibt, der Deutsche aber, selbst der gebildete, sich nur selten so rund und voll auszudrücken vermag, als er wohl wünscht. Demselben Umstande hat die französische Prosa[1] ihre Vollkommenheit zu verdanken und sie, die Prosa[1], ist es vor allen Dingen, was den Ruhm und auch den Wert der französischen Literatur gegründet hat, obwohl darüber noch 〈185〉 manche im unklaren sind und die französische Poesie[3], die Trauerspiele eines Corneille, Racine, die gereimten Lustspiele eines Moliere, die Henriade eines Voltaire usw. für die einflußreichsten und am meisten klassischen[3] Produkte der französischen Literatur erachten. Ich weiß nicht, ob die Franzosen ein rein poetisches[4] Produkt zustande gebracht haben, ich wüßte keins, wo nicht der Redner den Poeten überwöge oder wenigstens ihm den Rang abzulaufen versuchte; selbst in der neuesten[3/7] romantischen[14] Schule, an deren Spitze Viktor Hugo steht, und die ohne Zweifel an poetischem[4] Gehalt die altfranzösisch klassische[4/8?] überflügelt, spielt die Rhetorik, die Floskelei, die Tiradensucht die Hauptrolle..
[268] Zelter, Selbstbiogr. (*1820), 18: Die italienische und überhaupt eine fremde[1] Sprache schien mir notwendig, ja natürlich zur Darstellung so wunderbarer Dinge. Daher kam es mir denn niemals unschicklich vor, Helden singend sterben zu sehn, wogegen ich oft genug die Einwendungen der damaligen Kritik[8] anhörte. Und indem ich dem Wunderbaren seine eigene Natur[1] zugestand, konnte es mich vielmehr erschrecken, wenn ich an den Schauspielern Ausdrucksarten oder Bewegungen wahrnahm, die das Untergeordnete, Alltägliche verrieten..
➢ Volltext
[2] Beethoven, an Fa. Breitkopf & Härtel (ca. 18. 12. 1802), B 1, 145: [S]o habe ich doch gewollt den Nichtkenner drauf aufmerksam machen, daß sich wenigstens diese V.[ariationen] von andern unterscheiden, und das glaubte ich am ungesuchtesten und unmerkbarsten mit dem kleinen vorbericht, den ich sie bitte sowohl für die kleinern als die größern V.[ariationen] zu sezen, in welcher sprache oder in wie vielen das überlaße ich ihnen, da wir arme Deutsche nun einmal in allen sprachen reden müßen[.]
[3] S. Bernhardi, an A. W. Schlegel (11. 1. 1806), KJ 1, 275: Wir sehen hier viel den Maler Mül[l]er [...]. [...] Ich habe ihn ganz entzückt von Ihrer Übersetzung[2] des Calderon gesehn, und er kann sich gar nicht darüber zufrieden geben daß er so alt[3] geworden ist ohne zu ahnden[2] daß waß solches in der Welt ist. Er ist hier [sc. in Rom] so abgeschnitten von Deutschland gewesen, daß er gar nicht gewußt hatt waß indeß aus der Sprache und aus allem geworden ist. ➢ Volltext
[4] Bürger, Anweis. (1787), 37: Denn unter allen Vollkommenheiten, wornach das vorzüglichste Talent, der hartnäckigste Fleiß nur immer streben können, sind die Gewalt über seine Sprache[3] und eine Classische[3] Schreibart, die nie ihres Endzweckes verfehlt, gerade am Schwersten und letzten zu erreichen. Man wird weit leichter und eher ein nicht unbeträchtlicher Gelehrter, als ein guter Classischer[3] Schriftsteller.
[5] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 412 [420]: Den wenigen Worten[2] nach zu urtheilen, die wir von ihnen [sc. Einwohner der Osterinsel] gehört hatten, dünkte uns ihre Sprache ein Dialect[1] der Tahitischen zu seyn. Es wird also an beyden Enden der Südsee einerley Sprache geredet.
[6] Goethe, Dicht. u. Wahrh. III (1814), 152: Denn schon damals hatte sich bey mir eine Grundmeynung festgesetzt, [...] bey allem was uns überliefert, besonders aber schriftlich überliefert werde, komme es auf den Grund, auf das Innere, den Sinn[9], die Richtung des Werks an; hier liege das Ursprüngliche, Göttliche, Wirksame, Unantastbare, Unverwüstliche, und keine Zeit[5], keine äußere Einwirkung noch Bedingung könne diesem innern Urwesen etwas anhaben, wenigstens nicht mehr als die Krankheit des Körpers einer wohlgebildeten Seele. So sey nun Sprache Dialect[1], Eigenthümlichkeit, Stil und zuletzt die Schrift als Körper eines jeden geistigen Werks anzusehn [...].
[7] Heine, Romant. Schule (1836), 207 f. (208): Kennt ihr China, das Vaterland der geflügelten Drachen und der porzellanenen Theekannen? [...] Die Natur[2] mit ihren grellen, verschnörkelten Erscheinungen, abentheuerlichen[3] Riesenblumen, Zwerg〈208〉bäumen, verschnitzelten Bergen, barock wollüstigen Früchten, aberwitzig geputzten Vögeln, ist dort eine ebenso fabelhafte Carrikatur wie der Mensch[1] mit seinem spitzigen Zopfkopf, seinen Bücklingen, langen Nägeln, altklugem Wesen und kindisch einsilbiger Sprache. ➢ Volltext
[8] Herder, Journ. m. Reise (*1769–70), SW 4, 424 f. (425): Derselbe Geist[12] der Monarchischen Sitten, den Montesquieu 〈425〉 an seiner Person so augenscheinlich malt, herrscht auch in ihrer Sprache. Tugend, innere Stärke, hat diese wenig, wie die Nation[1]; man macht mit dem Kleinsten das Größeste was man kann, wie eine Maschine durch ein Triebrad regiert wird. Nationalstärke, Eigenheit, die an ihrem Boden klebt, Originalität hat sie nicht so viel; aber das was Ehre auch hier heißt, das Vorurtheil jeder Person und jedes Buchs und jedes Worts[2] ist Hauptsache. Ein gewißer Adel[5] in Gedanken, eine gewisse Freiheit[15] im Ausdruck, eine Politeße in der Manier der Worte[1] und in der Wendung: das ist das Gepräge der Französischen Sprache, wie ihrer Sitten.
[9] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 54: Muster des Geschmacks in Ansehung der redenden Künste[2] müssen in einer todten und gelehrten Sprache abgefaßt seyn: das erste, um nicht die Veränderungen erdulden zu müssen, welche die lebenden unvermeidlicher Weise trifft, daß edle Ausdrücke platt, gewöhnliche veraltet, und neugeschaffene in einen nur kurz daurenden Umlauf gebracht werden; das zweyte, damit sie eine Grammatik habe, welche keinem muthwilligen Wechsel der Mode unterworfen sey, sondern ihre unveränderliche Regel hat.
[10] Kolbe, Wortmeng. (1809), 109: Eben die leichte Beweglichkeit unsrer Rede, jene Geschmeidigkeit, womit sie dem Willen des Schreibenden sich fügt, möchte das nachlässige Treiben so vieler unsrer Federmänner erklären. Die Tugenden der Sprache haben die Untugenden der Schriftsteller erzeugt. Reichtum gebiert Habsucht. Wer viel hat, der verlangt ungenügsam nur immer mehr und mehr. Auch wird dem, der zu finden gewohnt ist, ohne zu suchen, das Suchen endlich lästig; und wer immer nur befehlen darf, verlernt zur rechten Zeit zu gehorchen. Wäre unsre Sprache spröder und eigensinniger; riefe sie unerbitlich den Schreibenden zu beharrlicher Anstrengung auf; ließe sie, was sie zu reichen vermag, nur durch Schweis sich abgewinnen: wahrlich! wir schrieben besser. Man vergleiche die französische Sprache mit der deutschen, und man wird über ihre Armut, über ihre unglaubliche Beschränktheit erstaunen. Wiederum vergleiche man die Schriften der Franzosen mit den Schriften der Deutschen, und man wird über die Hülflosigkeit, über die lahme, schlottrige, gehemte Bewegung der lezteren nicht minder erstaunen. Wir gleichen jenen Völkern[1], die, im Besiz des herrlichsten Bodens, im Schoos der üppigsten Natur[2], von allen Mitteln zum Wolstand umgeben, aus Trägheit in Wust und Elend vergehn, – verzogene Kinder ihres zu wollüstigen Himmels.
[11] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 195: Ich möchte eine eigne Sprache haben, um von Dir sprechen zu können.
[12] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 16: Die poetischen[4] Vorzüge der Sprache lassen sich einteilen 1. in allgemeine, dergleichen sind der Wohlklang, Lebendigkeit, Bildlichkeit, Klarheit, Kürze, Reichtum und Freiheit[1]. 2. in besondere, d. h. ausgezeichnete Anlagen zu einem bestimmten Gebrauche, Würde, Edelheit (Adel[5]), Stärke, Lieblichkeit, Leichtigkeit, Drolligkeit und alle eigentümliche Charaktere[2], insofern sie etwas Poetisches[4] haben.
[13] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 429: Voß hat die Übersetzungskunst aus den Alten mit beyspiellosem Fleiß und großer Gewandtheit ausgeübt, und alle Versuche sich an die Alten in Versbau, Wortbildung, Fügung, und besonders Wortstellung anzufügen, erschöpft, wobey es denn doch nicht ohne Härte, Dunkelheit und Schwerfälligkeit abgegangen ist. Jedoch bleibt ihm unläugbar das Verdienst, eine ganz neue Bahn betreten zu haben, worauf ihm selbst Goethe nachgefolgt ist. | Durch alles dieses ist aber die Revolution in unsrer Sprache nur declarirt und angefangen worden: sie hat noch unerschöpfliche Mittel sich zu einer höheren Stufe zu erschwingen. Von den Versuchen der neuesten Zeit, theils die Italiänische und Spanische Poesie[11], theils das antike[2] Original nachzubilden, wollen wir nicht reden, da wir selbst zu sehr in ihnen befangen sind. Es kommt alles darauf an, ob man sich der ächten Idee der Poesie[11] bemächtigt hat. Wem diese inwohnt, der ist vom Gesetz losgesprochen; und alles was er thut, ist recht. Ohne sie sind alle poetischen[4] Bemühungen nur ein Tappen nach Phrasen, die höchstens als Materialien für einen zukünftigen besseren Gebrauch betrachtet werden können. Durch Goethe ist die lange schlummernde Poesie[11] zuerst wieder geweckt worden, und wenn dieser Keim nicht wieder erstickt, sondern gehörig gepflegt und entfaltet wird, so kann sich unsre Sprache nach allen Seiten hin noch ins unendliche poetisiren. [14] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 138: [E]ine als patois behandelte Sprache, die nicht mehr von feineren Lippen berührt wird, sinkt zum patois herab[.][15] A. W. Schlegel, an S. Tieck-Bernhardi (20. 9. 1805), KJ 1, 234: Zudem habe ich eine Leidenschaft zu Studien über die alte[9] Geschichte[3], den Ursprung der Völker[1] und Sprachen gefaßt, die ihrer Natur[1] nach endlos sind. Ich kann mich Tagelang in Lateinische Etymologieen vertiefen.
[16] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 145: Die französische Sprache ist mancher Kühnheiten durchaus unfähig, sie hat wenig dichterische Freyheit[1], und trägt die ganze grammatische Gebundenheit der Prosa[1] in die Poesie[3] über. ➢ Volltext
[17] A. W. Schlegel, Rez. Grimm [Altdt. Wäld.] (1815), 745 f. (746): Es erfodert die sorgfältigste Aufspürung der veralteten Formen des Lateinischen und Griechi〈746〉schen [...], deren Vergleichung unter einander, dann auf der einen Seite mit den Sanskritanischen, auf der andern mit den Gothischen. Was diese verwandten, jedoch weit aus einander gegangenen Sprachen gemeinschaftliches in ihren grammatischen Bildungen[10] haben, das darf man unbedenklich als das Ursprünglichere betrachten.
[18] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 195: Die Scribenten die ihre eigene Sprache nicht zu schreiben wissen, sind doch wohl nur elende Scribenten; sie leben einen Tag, und verschwinden wieder, ohne daß in dem Gehirn ihrer Leser mehr Spuren von ihrem kurzen Daseyn zurückbleiben als 〈196〉 in den Jahrbüchern der Litteratur. Ihre Sprachschnitzer, ihre grammatikalische Unreinlichkeit, ihr ekelhafter Mischmasch von Dialekten[1], wird schwehrlich jemand an dem etwas gelegen ist, verführen können. ➢ Volltext
[19] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
2
1793), 677: Da diejenigen Buchstaben[7], welche mit einerley Sprachwerkzeugen vorgebracht werden, in allen Sprachen sehr gern mit einander verwechselt zu werden pflegen: so ist solches in der Deutschen auch dem b, f, v, w und p widerfahren..[20] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 795: Eine Stadt, einen Ort befreyen, ihm gewisse Freyheiten[8] ertheilen; ein befreyeter, privilegirter, Ort. Daher die Befreyung, so wohl von der Handlung des Befreyens, als auch zuweilen von einem befreyeten Orte, wofür man ehedem auch die Freyung sagte, und endlich auch für Freyheit[8], das Privilegium. [...] In den mit der Deutschen verwandten Sprachen ist das einfache freyen [...] für befreyen üblich. Auch im Deutschen gebrauchte man ehedem freyen so..
[21] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 1289 f.: Vielleicht wich schon die Römische Bauersprache in dem Laute des C ab, doch das ist nur eine Muthmaßung; das aber ist gewiß, daß die Aussprache dieses Buchstabens[7] sehr verderbt wurde, als Italien von fremden[1] Nationen[1] überschwemmt wurde, oder auch, als die Römische Sprache die Hof- und gelehrte 〈1290〉 Sprache so vieler fremden[1] Völker[1] wurde, die nunmehr anfingen, dem c vor dem ä, e, i, ö, ü, y, ihren Zischlaut unterzuschieben..
[22] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (21798), 1097: In Graubünden, dem Vaterlande unsers Rheinstromes, gibt es unzählige Bäche und kleine Flüsse, welche daselbst Rhein genannt werden, und in der so genannten Romanischen[8] Sprache heißt jeder Bach Rhen..
[23] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 562: Th, der Figur nach ein zusammen gesetzter Buchstab[1], welcher indessen doch nur einen einfachen Laut bezeichnet, einen Laut, welcher dem t gleicht, nur daß er der Regel nach gelinder seyn, und das Mittel zwischen dem weichern d und härtern t halten sollte; Theil, Theer, Thau, Muth, Bethen, Werth. | In den neuern[3] Zeiten[3] hat dieser Buchstab[1] von solchen, welche sich zu Sprachverbesserern aufwarfen, und die Verbesserung der Sprache immer mit der Rechtschreibung anfingen, weil da das Bessern am leichtesten und bequemsten ist, viele Gegner bekommen..
[24] Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (
2
1798), 311: Die Mundart[1], plur. die -en, die besondere Art zu reden, wodurch sich die Einwohner einer Gegend von den Einwohnern anderer Gegenden unterscheiden, die Abweichungen einzelner Gegenden in der gemeinschaftlichen Sprache; wohin also nicht nur die Abweichungen in der Aussprache, sondern auch in der Bildung, der Bedeutung und dem Gebrauche der Wörter gehöret; mit einem Griechischen Kunstworte der Dialekt[1]. Die Oberdeutsche Mundart[1], so fern sie sich von der Niederdeutschen unterscheidet. Beyde theilen sich wiederum in eine große Menge untergeordneter Mundarten[1]; ja im schärfsten Verstande hat jeder Ort seine eigene Mundart[1], weil doch jeder Ort etwas besondres in der Sprache hat. Auf der andern Seite kann man auch mehrere dem Anscheine nach verschiedene Sprachen als bloße Mundarten[1] ansehen, je nachdem der Begriff ist, welchen man mit dem Worte Sprache und Hauptsprache verbindet. Freylich ist der Ausdruck Mundart[1], wie schon Frisch erinnert, nicht so bequem als Sprechart, weil das Wort Mund für Sprache nicht üblich ist; indessen ist es allgemein, und wenn nur der Begriff bestimmt und bekannt ist, welchen man mit einem Worte verbindet, so mag es übrigens mit dem letztern seyn wie es will..[25] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111: Es würde mich freuen wenn Du wolltest Dich mit dem Englischen beschäftigen. Sprachen sind ein großer Gewinn, sie enthalten außer der Verschiedenheit des Ausdrucks, auch noch ein melodisches Genie[1] und dies erzeugt wieder auch ein tanzendes Genie[1] im Geist[19]. Und willst Du hinter alle Geheimnisse des Geistes[19] kommen, so nehme nur Rücksicht auf das Leben was die Sinne[4] führen, es spricht Dir Befähigung und Kraft und Neigung aus. In unserer äußern Welt construiren sie eine erhabne Geisteswelt, die reifen muß in ihr, und endlich sich selbständig zur Welt gebären muß. Das ist unsre Erlösung aus dem Irdischen ins Himmlische.
➢ Volltext
.[26] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 12: In dem Sinne[1], in welchem wir hier das Wort[1] Sprache genommen haben, bezeichnet es eine individuelle Sprache, als solche wird sie freilich mit den allgemeinen und nothwendigen Sprach-Gesetzen übereinstimmen müssen; aber die Erfahrung zeigt, daß dies in den einzelnen Formen durchaus nicht der Fall sei [...]. Diese einzelnen und scheinbar willkührlichen Formen samlet nun nach ihren Aehnlichkeiten die einzelne Sprachlehre historisch unter gewisse Rubriken; und zusammengenommen bilden jene die Sprachanalogie; die Abweichungen von diesen häufigern Formen, werden eben so historisch unter dem Nahmen Anomalien verbunden; und beide zusammen konstituiren den Sprachgebrauch. Da nun dies Geschäft sich ganz eigentlich auf Buchstaben[9] bezieht, so sollte man auch den Nahmen Grammatik dafür sparen. ➢ Volltext.
[27] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 76: Da [...] die Sprache[1] [...] ein progreßives[2] Ganze ist, welches immer aus der Nothwendigkeit der Mittheilung gebraucht, und so unvermerkt verändert wird; und da [...] dasselbe Ding sich nicht nur mehreren Sinnen[4], sondern auch einem Sinne[4] sich von verschiedenen Seiten offenbart: so begründet sich hierdurch [...] wesentlich ein Unterschied in der Wortbildung, und die Möglichkeit mehrerer Sprachen[3] läßt sich begreifen. ➢ Volltext.
[28] A. F. Bernhardi, Sprachlehre I (1801), 110: Aus mehreren Stämmen bildet sich, nach Anleitung von einzelnen, äußeren Umständen, ein Staat; die nachbarlichen Stämme mit ihren im Ganzen ähnlichen Sprachen[3] schmelzen zu einem Volke[1] zusammen; es entsteht Volkssprache, welche einen allgemeinen und noch festern Charakter[1] bekommt. Allein diese Stämme vereinigen sich 〈111〉 anfangs nur durch ein sehr lockeres Band, und die einzelnen Stammsprachen bleiben daher noch lange Zeit von einander getrennt, und erhalten blos eine allgemeine Aehnlichkeit. Diese allgemeine Aehnlichkeit ist nun die eigentliche Landessprache, und die übrigen Stammsprachen erscheinen in Hinsicht auf diese als Dialekte[1]. Nun ist aber ein doppelter Fall denkbar; entweder dies Band zwischen den Stämmen bleibt so locker, als es anfangs war, und jeder kultivirt sich für sich, dann wird die jedesmalige Provinz, in welcher die Kultur[4] wohnt, ihren Dialekt[1] zur Hauptsprache erheben, und temporell die Sprachen[4] der andern Stämme als abweichend und weniger gebildet herabsetzen; oder die Stämme nähern sich einander bis zur Vermischung, dann entsteht eine Hauptsprache, welche die andern, durch zufällige Umstände, sich neben der Hauptsprache erhaltenden Dialekte[1], würklich als fehlerhaft und provinziell, wenigstens für die schriftliche Darstellung, verwirft. Griechenland liefert Beispiele zu beiden, in der anfänglichen Trennung in einzelne Stämme und Dialekte[1], und der spätern Reception des attischen Dialekts[1] als klassisch[4]. ➢ Volltext.
[29] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 48: Die Reihe von Kunstwerken[2] einer Nation[1] sind [...] ihre reinste Geschichte[7] und unter diesen sind es wieder die Produkte der Poesie[1], welche sie am kräftigsten ausdrücken, weil sie es am individuellsten thun. – Wie herrlich und groß von dieser Seite das Sprachstudium erscheine, darf ich wohl nicht erst weitläuftig auseinandersetzen. Es ist vielmehr klar, daß ich durch eine Erlernung der Sprache, und durch ein Studium der poetischen[4] Kunstwerke[2] einer jeden Nation[1], eigentlich zum Mitgliede dieser Nation[1] selbst werde. ➢ Volltext.
[30] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 254: Das einzelne tönende Element einer Sprache nennen wir in Zukunft einen Buchstab[7] [...]. Auch schließen wir durch die Bestimmung tönendes Element, das sichtbare orthographische Zeichen desselben, welches ebenfalls oft mit dem Nahmen: Buchstab[1] bezeichnet wird, von unserer Untersuchung aus. Die Summe der tönenden Elemente heißt das Alphabet. ➢ Volltext.
[31] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 301: Wenn man nach Weglassung aller Modificationen das Alphabet verzeichnet, so machen folgende Buchstaben[7] das Grundalphabet aus ρκτλνσπμ. Wir finden hier einen Kehlbuchstaben, einen Gaumenbuchstab und drei Zungenbuchstaben, unter denen zwei Liquiden sind. Hieraus können wir schon schließen, daß die Zunge eine besondere Kraft zur Produktion der Sprache[1] haben werde, daher auch ihr Nahme, in mancher Sprache[3] für das Wort[6] Sprache[n] steht. Noch klarer wird dies, wenn wir das σ das bloße Bindungsmittel der Buchstaben[7] weglassen, daß auch die Zunge auf diese Art der Mittelpunkt der Sprache[1] wird, und daß zu beiden Seiten derselben regelmäßig zwei Buchstaben[7] liegen, deren Extreme ρ und μ sind. Auch diese Buchstaben[7] sind sich ähnlich und entgegengesetzt. Aehnlich so fern beide Liquidä sind, entgegengesetzt, so fern beide sehr heftige Buchstaben[7], ρ nach außen, μ nach innen gerichtet sind. ➢ Volltext.
[32] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 335: Daher muß sich diese Theorie in der folgenden Darstellung ihren Hauptmomenten nach, wiederfinden, doch werden diejenigen, welche mit jener Theorie bekannt sind, einige Abweichungen von derselben nicht übersehen, wohin unter andern auch das gehört, daß wir uns nicht bloß auf die quantitirenden Sprachen, sondern auch auf die accentuirten eingelassen haben, welche wie sich im folgenden zeigen wird, die Regel und das Gesetz des antiquen[2] Rhythmus sehr bedingt anwenden können. ➢ Volltext.
[33] A. F. Bernhardi, Anfangsgr. d. Sprw. (1805), 45: Aus der Familie wird ein Stamm, der Ansichten, Bedürfnisse, Gegenstände, Veranlassungen werden mehrere, die Sprache selbst bildet sich aus, erhält durch den Gebrauch einen festern, allgemeinern Charakter[1]. Diese Sprachen einzelner Stämme verschwinden späterhin in der Volkssprache und erhalten sich nur als Gegensatz derselben, in manchen Formen und Wendungen, sie erhalten den Namen der Dialekte[1]. | [...] Aus mehreren Stämmen entsteht ein Staat und mit ihm eine Landes- oder Volkssprache, welcher aber immer ein Dialekt[1], der des gebildetsten Stammes zum Grunde liegt, oder auch wenn die Bildung wechselt, mehrerer Stämme. | In dieser Volkssprache erhalten sich die Dialekte[1], bald als fehlerhafte Formen, bald als zwar gebildete aber veraltete Sprachdarstellungen..
[34] S. Bernhardi, Wunderb. u. Träum. (1802), 20 f. (21): Alwino [...] ging hinter seiner Heerde, und blies auf der Flöte, der helle Ton[11] ermunterte die Vögel, sie stimmten mit ihrem Gesange in seine Lieder ein. Die Hunde hielten bellend die Heerde bei einander, und Echo rief ihre schallenden Töne[1] zurück. Da warf Alwino die Flöte von sich, und setzte sich nieder auf den Boden. So finde ich denn nirgend Trost für mein Herz, rief er aus, dessen thörichte Wünsche ich selber nicht kenne. Wie in einer fremden[4] 〈21〉 Sprache redet die Natur[2] zu mir, ich verstehe nur, daß jeder Klang mir etwas gebietet, aber ich kann die Befehle nicht begreifen. ➢ Volltext.
[35] C. Böhmer, an L. Gotter (20. 4. 1792), C 1, 251: Kent Ihr Mirabeaus Briefe[1], aus dem Kerker an seine Geliebte geschrieben? ich glaube, [H. A. O.] Reichard übersezt[1] sie – unter uns, wie will das der kraftlose Mensch[8] anfangen, den Aeußerungen des Kraftvollsten Sprache[8] zu geben? oder die in eine andre [Sprache3] zu übertragen, die im Original so unaufhaltsam aus der Quelle strömend, zu der Seele, zu dem Herzen, zu den Sinnen[4] redet..
[36] C. Böhmer, an F. Schlegel (Aug. 1795), KFSA 23, 249: Darinn ist er [sc. A. W. Schlegel] verändert, daß er die französische Sprache den übrigen vorzieht, daß sie ihn fortreißt, und daß er allerliebste französische Briefe[1] schreibt, die ich denn doch nicht mit den deutschen, die er mir geschrieben, eintauschen möchte. Auch denkt er etwas anders über meine Freunde, die Republikaner, und ist gar nicht mehr Aristokrat[2]..
[37] Börne, Spr. u. Stil (1829), SS 1, 592: Die deutsche Sprache hat – der Himmel sei dafür gepriesen – keinen Stil, sondern alle mögliche Freiheit[1], und dennoch gibt es so wenige deutsche Schriftsteller, die das schöne[1] Recht, jede eigentümliche Denkart auch auf eigentümliche Weise darzustellen, zu ihrem Vorteile benutzten!.
[38] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 123: Johann Christoph Gottsched [...] hatte unstreitig große Verdienste um die Verbesserung der Deutschen Sprache, welche durch die zahllose Menge fremder[1] Wörter[1], womit man sie [...] zu bereichern glaubte, ein höchst abenteuerliches[3] und buntscheckiges Ansehen erhielt..
[39] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 390: Erlernung älterer und neuerer Sprachen, Versuche im Gebiete der Dichtkunst und Dramaturgie, Vorübungen in der Kritik[2/3?] und den Alterthümern[8], dieß waren die Gegenstände, womit er [sc. Lessing] sich hier vorzüglich beschäftigte..
[40] Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 221: Der junge
Naumann
entschloß sich schnell zu dieser Reise. Allein er hatte anfangs wenig Ursache, sich seines Entschlusses zu freuen: die ihm gethanen Versprechungen wurden nicht gehalten; in einem fremden Lande, der Sprache
unkundig, ohne Freunde und Unterstützung, mußte er sich den Unterhalt theils in Padua, theils in Venedig kümmerlich genug durch Notenschreiben erwerben..[41] Brockhaus, Conv.-Lex. III (1809), 406 f. (407): [Petrarcas] Gesänge [...] stellen die Liebe in ihrer höchsten Veredlung dar [...]. Selbst auf einen Theil des Genius seiner Muttersprache wirkte diese Liebe; denn alle seine Italiänischen 〈407〉 Gedichte sind, ungeachtet diese Sprache noch sehr roh war, doch so edel, rein und vollendet, daß sie, auch wenn man auf Werth der Sprache und die dem Italiänischen eigene musikalische[3] Harmonie sieht, classisch[3] sind..
[42] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 327: Alle westliche Europäischen Sprachen, die aus einer Vermischung des Lateins mit den Sprachen, der von den Römern unterjochten, oder später von Osten her eingewanderten Völker[1] entstanden waren, wurden im Mittelalter Roman[i]sche[1] genannt; insbesondre aber bezeichnete man mit diesem Namen das Provenzalische Idiom – ein verdorbnes und verstümmeltes Latein, in welchem die ersten dichterischen Versuche der neuern[3] Zeit[3] gemacht wurden, so wie noch jetzt ein in gewissen Gegenden Graubündens übliches Afterlatein die Romanische[8] Mundart[1] benannt wird..
[43] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 364: Im Russischen Reiche werden über 20 verschiedne Sprachen gesprochen. Die Russische, ein Dialect[1] der reichen Slavonischen, bedient sich eines dem Griechischen ähnlichen Alphabets..
[44] Brockhaus, Conv.-Lex. V (1809), 473: [I]n einzelnen Fällen machen sich selbst bessere deutsche Schriftsteller offenbarer Sprachfehler schuldig, indem sie die deutsche Sprache nach dem Syntax einer fremden[1], besonders der lateinischen oder französischen, modeln [...]..
[45] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 126: Die alten
Sprachen
blieben ihm lange Zeit fremd, und er liebte die alte Literatur überhaupt mehr wegen des Inhalts, als wegen der Sprache
..[46] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 142: Unter ihrer und anderer verdienter Männer Leitung erwarb er sich viele Kenntnisse in der Geschichte, Mathematik, fremden[1] Sprachen, in den Kriegswissenschaften und schönen Künsten, da er von Natur sehr vorzügliche Anlagen besaß..
[47] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 753: Wissenschaftliche Anstalten [in Lissabon] sind die 1816 gestiftete Akademie der Wissenschaften, die Akademien der Befestigungskunst, der Artillerie, der Schiffsbaukunst und des Zeichnens, eine Ritterakademie, eine Handlungsschule, vier Collegien für die classischen
Sprachen
und gemeinnützigen Wissenschaften, mehre Seminare, mehre öffentliche Bibliotheken, unter denen die königl. 80,000 Bände besitzt, ein botanischer Garten, Kunst- und Naturaliensammlungen..[48] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 437: Idiōm (ein dem Griechischen entlehntes Wort) bezeichnet so viel wie Sprachweise oder Mundart[1], und Idiotismus die einer Sprache oder einem Dialekt[1] derselben eigenthümliche Ausdrucksweise. Ein Wörterbuch, welches die gewissen Dialekten[1] eigenthümlichen Worte und Redewendungen zusammenstellt, ist ein Idiotikon genannt worden..
[49] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 255: Die griech. und lat. heißen auch
classisch
eSprachen
.[50] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 234: Die jetzige span.[ische] Sprache ist eigentlich der castilische Dialekt[1], welcher sich über das ganze Land verbreitet hat..
[51] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 108: Er war in der Sprache von O-Taheiti besonders erfahren; und zwischen dieser und der Sprache von Neu-Seeland, ist nur ein solcher Unterschied als zwischen zwey Dialecten[1] zu seyn pflegt..
[52] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 415 [423]: [Über einen Einwohner der Osterinsel]: Anfänglich kostete es uns einige Mühe, seine Sprache[3] zu verstehen; als wir ihn aber fragten, wie er die Hauptglieder des Leibes nenne, fand sich bald, daß es eben die Mundart[1] sey, welche auf den Societäts-Inseln geredet wird, denn die Namen der Gliedmaßen lauteten hier eben so als dort..
[53] G. Forster, Cook (*1787; 1789), W 2, 213: Mit Erstaunen bemerkt man, daß die Völker[1] Asiens, sie mögen wie die Chineser von Europa unabhängig geblieben, oder wie die in Bengalen, Java, den Molucken und Philippinen von unsern Kaufleuten unterjocht worden seyn, dennoch auf ihrer Stufe der Kultur[4] stille stehen, sich mit den Europäern nicht vermischen, und ihre eignen Sitten, Sprachen und Gebräuche beybehalten. .
[54] G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 673: So würde es ebenfalls die Scheidung des Wesentlichen in der Kunst[10] von dem Zufälligen sehr erleichtern, wenn man erwöge, daß sogar die rohesten Völker[1], die entweder einen höchst unvollkommnen oder noch gar keinen Trieb zu materiellen Kunstgebilden äußern, bereits wahre Poësien[11] besitzen, welche, verglichen mit den geglätteten und künstlich in einander gefügten dichterischen Produkten der verfeinerten Kultur[5], diesen oft den Preis der Gedankenfülle, der Stärke und Wahrheit des Gefühls, der Zartheit und Schönheit der Bilder abgewinnen. Man begreift, wie diese Eigenschaften das einfache Hirtenlied, die Klagen und das Frohlocken der Liebe, den wilden Schlachtgesang, das Skolion beim Freudenmale und den rauschenden Götterhymnus eines Halbwilden bezeichnen können; denn sie gehen aus der schöpferischen Energie des Menschen unmittelbar hervor und sind unabhängig von dem Vehikel ihrer Mittheilung, der mehr oder minder gebildeten Sprache. .
[55] C. de la Motte Fouqué, Dt. Geselligk. (1814), 30: Wir sollen nicht länger zwischen eigenthümlicher und fremder[5] Bildung[5] schwanken, es steht uns wohl an Deutsch[1] zu seyn. Ist die französische Sprache dem gesellig verkehrenden Europa unentbehrlich geworden, so gelte sie wie eine Scheide- und Ausglei〈31〉chungsmünze, so lange sie in Cours bleiben kann, Jedweder lerne sie als solche kennen, sie bleibe ihm Mittel, nichts weiter. Was hülfe es auch, sie zum Zweck machen zu wollen? Ihre klassischen[4] Sprichwörter und Phrasen liegen doch nur wie veralteter bestäubter Modeprunk auf der lebendigen Nationalbildung, der deutsche[1] Geist[12] ist aus dem alten[6] Kleide herausgewachsen, beide passen nicht zu einander..
[56] Goethe, Ged. (*1790; 1795), WA I, 1, 321: Lange haben die Großen der Franzen Sprache gesprochen, | Halb nur geachtet den Mann, dem sie vom Munde nicht floß. | Nun lallt alles Volk[5] entzückt die Sprache der Franken. | Zürnet, Mächtige, nicht! Was ihr verlangtet, geschieht..
[57] Goethe, an ?Chr. G. Voigt (?Mrz. 1804), WA IV, 17, 306: Für die deutsche Sprache scheint mir ein glücklicher Zeitpunct einzutreten. Die Recension der grammatischen Gespräche legt einen fürtrefflichen Grund; die kurzen sich auf Sprache beziehenden Bemerkungen im Intelligenzblatt machen die allgemeine Aufmerksamkeit rege. Durch ein sonderbares Zusammentreffen 〈306〉 zeigt sich Marcard im deutschen Merkur im gleichen Fache [...], und nun sollte man suchen die Deutschen allgemeiner dafür zu interessiren. | Hiezu wünschte ich, daß sich im Stillen eine kleine Societät zusammenthäte, nicht zu einem Kleyen-, sondern wo möglich Waizen-Verein. Unser Voß müßte präsidiren, die Herren Eichstädt, Fernow, Voß, der Sohn, würden sich anschließen und Schiller und ich nach unserer Weise nicht unwirksam bleiben. | Man vereinigte sich leicht über den schon ausgesprochenen Hauptzweck, ein wahrhaft allgemeines deutsches Wörterbuch zusammen zu bringen, wozu ja unser Voß so vortrefflich vorgearbeitet hat, daß er auch ganz allein das Werk zu vollbringen im Stande wäre. | Man vereinigte sich sodann über einen zu erlassenden Aufruf wegen der Idiotiken; diesem wäre freylich schon die möglichste Bedeutsamkeit zu geben. Man theilte Deutschland in Provinzen ein, je nachdem sie sich verschiedner Dialecte[1] bedienen, man zeigte an, von welchen Gegenden Idiotiken vorhanden sind, bezeichnete ihren Werth und zöge die nöthigen Linien zur Anleitung für künftige Sammler. Man forderte diejenigen auf, die sich bisher im Stillen mit diesem Geschäft abgegeben, mit in Verbindung zu treten und so sähe man, in wie fern sich nach und nach eine Masse von Liebhabern sammelte, welche den Stoff herbey zu führen geneigt wäre. | Vielleicht [...] interessirte man in der Folge einige Regierungen, vielleicht stifteten Durchl. der Herzog etwas zu Gründung einer solchen Anstalt. | Freylich würde das Vorzüglichste und Hauptsächlichste von unserm Voß dabey geleistet werden, welcher hier statt einer ganzen Academie steht, aber ich halte doch in mehrerm Betracht für gut der Sache die Gestalt einer Societät zu geben, wobey jedoch von dem gewöhnlichen Hocuspocus nichts vorkommen müßte..
[58] Goethe, Rez. Hebel [Allem. Ged.] (1805), WA I, 40, 304: Vielleicht könnte man sogar dem Verfasser zu bedenken geben, daß, wie es für eine Nation[1] ein Hauptschritt zur Cultur[4] ist, wenn sie fremde Werke in ihre Sprache übersetzt, es eben so ein Schritt zur Cultur[4] der einzelnen Provinz sein muß, wenn man ihr Werke derselben Nation[1] in ihrem eigenen Dialekt[1] zu lesen gibt. Versuche doch der Verfasser aus dem sogenannten Hochdeutschen schickliche Gedichte in seinen oberrheinischen Dialekt[1] zu übersetzen. Haben doch die Italiäner ihren Tasso in mehrere Dialekte[1] übersetzt..
[59] Goethe, Symbolik (*1805), WA II, 11, 167: Durch Worte[1] sprechen wir weder die Gegenstände noch uns selbst völlig aus. | Durch die Sprache[1] entsteht gleichsam eine neue Welt, die aus Nothwendigem und Zufälligem besteht. | Verba valent sicut numi. Aber es ist ein Unterschied unter dem Gelde. Es gibt goldne, silberne, kupferne Münzen und auch Papiergeld. In den erstern ist mehr oder weniger Realität, in dem letzten nur Convention. | Im gemeinen Leben kommen wir mit der Sprache[1] nothdürftig fort, weil wir nur oberflächliche Verhältnisse bezeichnen. Sobald von tiefern Verhältnissen die Rede ist, tritt sogleich eine andre Sprache[3] ein, die poetische[4]. | Indem wir von innern Verhältnissen der Natur[2] sprechen wollen, bedürfen wir gar mancherlei Bezeichnungsweisen. | Ich erwähne hier [...]: | Symbole, | 1. die mit dem Gegenstand physisch-real-identisch sind, [...] 〈168〉 [...] | 2. Die mit dem Gegenstande ästhetisch-ideal-identisch sind. Hieher gehören alle guten Gleichnisse, wobei man sich nur vor dem Witz[2] zu hüten hat, welcher nicht das Verwandte aufsucht; sondern das Unverwandte scheinbar annähert..
[60] Goethe, Winckelmann (1805), WA I, 46, 86: [D]och erwähnt niemand, ob er
[sc. J. J. Winckelmann]
zu Berlin Lehrer gefunden, die ihn mit den classischen Sprachen
und mit alter Literatur vertrauter gemacht [...]..[61] Goethe, Rez. Pfingstmont. I (1816), WA I, 41.1, 147: Das große Verdienst dieses Kunstwerks um die deutsche Sprache, jenen bedeutenden Straßburger Dialekt[1] und nebenher die verwandten oberdeutschen lebhaft und ausführlich dargestellt zu haben, ist wohl eben Ursache, daß es nicht nach seinem eigentlichen Werthe allgemein beachtet werden kann: denn indem es jenen Kreis vollkommen ausfüllt, verschließt es sich vor dem übrigen Vaterlande; wir wollen daher versuchen, dessen Vorzüge unsern sämmtlichen lieben Landsleuten eingänglicher und anschaulicher zu machen..
[62] Goethe, an C. L. F. Schultz (24. 9. 1817), WA IV, 28, 261: In früheren Zeiten suchte ich nur an Freunden die zustimmende Seite, da sich denn im Laufe des Umgangs die abstimmende oft von selbst zeigte; jetzt such ich die Differenzen zuerst, damit die Einigkeit daraus hervorgehe. Es ist doch zuletzt alles eine Art von Sprache, wodurch wir uns erst 〈262〉 mit der Natur[2], und auf gleiche Weise mit Freunden unterhalten möchten. Diese haben nun etwa einen wenig abweichenden Dialect[1] und da giebt es wohl einmal ein Mißverständniß, das aber wohl zu lösen ist wenn man sich eines gemeinsamen Idiodikons befleißigt..
[63] Goethe, Ital. Reise II (1817), WA I, 31, 263: Ich kehre wieder zu dem geringen Volke[5] in Neapel zurück. Man bemerkt bei ihnen, wie bei frohen Kindern, denen man etwas aufträgt, daß sie zwar ihr Geschäft verrichten, aber auch zugleich einen Scherz aus dem Geschäft machen. Durchgängig ist diese Classe von Menschen eines sehr lebhaften Geistes[19] und zeigt einen freien richtigen Blick. Ihre Sprache soll figürlich, ihr Witz[4] sehr lebhaft und beißend sein..
[64] Goethe, an A. O. Blumenthal (28. 5. 1819), WA IV, 31, 158: Denn wie sich die lateinische Sprache durch zufälliges, dann vorsätzliches Pfaffenverderbniß in die romanische[1] verlor und die südwestlichen Völker[1] mit einer solchen Verkindischung sich begnügen mußten; so war nichts natürlicher[4], als daß begabte, freiere[5] Geister[32] von der ausgearteten absurden Tochter wieder zur hohen Mutter zurückkehrten..
[65] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 103: Daß in Italien jene Cultur[4], die sich von den alten[10] Sprachen und den darin verfaßten unnachahmlichen Werken herschreibt, in großer Verehrung stehe, läßt sich gar wohl denken, ja, daß man auf diesem Grunde, worauf man sich erbaut, nun auch allein und ausschließlich zu ruhen wünscht, ist der Sache ganz gemäß; daß diese Anhänglichkeit zuletzt in eine Art Starrsinn und Pedanterie auslaufe, möchte man als natürliche[4] Folge gar wohl entschuldigen..
[66] Goethe, Not. u. Abhdlg. (1829), WA I, 7, 253: Zuvörderst also möge von der Rechtschreibung orientalischer Namen die Rede sein, an welchen eine durchgängige Gleichheit kaum zu erreichen ist. Denn, bei dem großen Unterschiede der östlichen und westlichen 〈253〉 Sprachen, hält es schwer für die Alphabete jener bei uns reine Äquivalente zu finden. Da nun ferner die europäischen Sprachen unter sich, wegen verschiedener Abstammung und einzelner Dialekte[1], dem eignen Alphabet verschiedenen Werth und Bedeutung beilegen; so wird eine Übereinstimmung noch schwieriger. .
[67] Goethe, Rez. Brfwechs. Jacobi (*1827; 1833), WA I, 42.2, 84: Jetzt [...] kommen sie mir vor wie Menschen, die sämmtlich Eine Sprache sprechen, aber in den verschiedensten Dialekten[1], und jeder glaubt, auf seine Weise drücke man sich am besten aus: der Schweizer schüttelt den Kopf über den Niedersachsen, der Wiener über den Berliner [...]..
[68] Görres, Tt. Volksb. (1807), 128: Was [...] die Sprache jenes Gedichtes betrifft, so wird, da die französische oder romantische[15] Sprache vor der Hälfte des zwölften Jahrhunderts nicht in die Poesie[1] eingedrungen ist, allein die Lateinische oder die Teutsche[1] übrig bleiben, in denen, vorzüglich in der ersten, die Poesie[1] um diese Zeit[7] am häufigsten sich offenbarte..
[69] J. Grimm, Fr. Alda (1815), 42: Unter solchen [...] Uebersetzungsgedanken ist die voranstehende Uebersetzung[2] eines sehr einfachen und zarten Originals hingeschrieben worden [...]. Absichtlich sind die Trochäen nicht durchaus regelmäßig gesetzt, im Text sind sie noch weniger glatt, denn überhaupt dünkt es mir, kann man von Volksweisen wohl sagen, dass sie einem trochäischen Ton[10] folgen, aber nicht, daß sie einen solchen sylbenmäßig und Wort[1] für Wort[1] ausmeßen. Beym Gesang kommt der rechte Ton[10] schon darüber. Der nervichten, starken deutschen Sprache ist die Aßonanz ferner innerst widerwärtig und unser Ohr[4] fühlt ihre Weichheit nicht, gleich dem südlichen[2]. ➢ Volltext.
[70] Grosse, Genius II (1792), 98 f. (99): Er hatte auf 〈99〉 großen und anhaltenden Reisen das Gute und Schöne[1] fast aller Nationen[1] gesammelt, um es in sich zu vereinigen: er sprach viele ihrer Sprachen vollkommen, und verstand das Angenehme und Allgemeine noch mehrerer ihrer Wissenschaften[2]. Ganz Beobachter, ganz Gelehrter, ganz Hofmann, konnte er verbergen und zeigen, was er nur wollte..
[71] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), VII f. (VIII): Es ist hier nicht die Rede von jener höheren Kritik[3], von einer historischen und literarischen Untersuchung der Entstehung, Ausbildung und mannichfaltigen Darstellung der Fabel, kurz, einer vollständigen Geschichte[4] des ganzen alten[1] Werkes, nach Inhalt, Sprache[4] und Form. Eine solche beabsichtigte ich schon in der vorlängst versprochenen Einleitung zu den Nibelungen, und ich werde sie gewiß nicht schuldig bleiben: sie hat sich indessen von selber, durch den innigen Zusammenhang des Ganzen, zu ei〈VIII〉nem eigenen Werke über den gesammten nazionalen Fabelkreis erweitert. Hier meine ich nur die einzele Sprach- und Wort-Kritik, zur wahren Darstellung und Berichtigung des Textes; welche im Grunde freilich auch nicht ohne jene bestehen kann. In Beziehung auf diese bestimmt aber das berührte Verhältniß des alten[1] Heldenliedes zu unserer, wie sehr auch veränderten, doch immer noch lebenden Sprache[3], auf mannichfache Weise die Anwendung dieser, für das fast ganz in sich abgeschlossene Alterthum[2] der todten Sprachen[3] am vollkommensten ausgebildeten Wissenschaft; – durch welches Verhältniß, zur Begegnung übelwollender Beurtheilungen gesagt, zugleich die eigenthümliche Art und Weise jener Übertragung dieses und anderer ähnlicher Werke bedingt, auch durch den Erfolg als trifftig bewiesen ist. Die Arbeit ist hier, beides, leichter und schwerer, willkürlicher und gebundener, als bei den alten[10] Klassikern: jenes, weil so vieles von der alten[1] Muttersprache doch wirklich noch lebt; dieses, weil Zeit[1] und Ort so vieles in der Bedeutung verändert haben, daß man durch die gegenwärtige gar oft getäuscht wird; – eben so wie bei dem Verständniß einer nahe verwandten Sprache[3]..
[72] v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III: Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung[1] der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. Die gleichzeitige Reformazion war dabei gewiß auch nicht ohne Einfluß: so wie dagegen der Katholizismus der Poesie[3] so günstig gewesen war. Zwar ist die frühe Einwirkung eben dieser Religion und einer fremden[1] Sprache 〈IV〉 und Schrift wieder störend für die eigenthümliche Entwickelung der Deutschen Nazionalpoesie gewesen, hat dieselbe frühe zu frommen oder bloß gelehrten Zwecken verarbeitet, und besonders durch Übersetzung religiöser und klassischer[7] Schriften, zugleich eine breite Prosa[1] neben ihr erzeugt: durch welches alles auch die die [sic] Deutsche Poesie[3] den Karakter[1] der romantischen[1] an sich trägt, und sich das eigenthümliche Streben dieser zum prosaischen[1] Roman[1] kund giebt. Dennoch ist die Poesie[3] hauptsächlicher Ausdruck dieser ganzen Zeit[3], und zwar, wie es uns scheint, der eigenthümlichste für Deutschland, indem nicht nur die alte Volkspoesie sich trefflich ausbildete, sondern auch die fremden[1] Romane[1] und religiösen Dichtungen kräftig angeeignet wurden, um so eher, da ihr Geist[12] ursprünglich von hier ausging oder doch verwandt war. So ist denn auch in dieser ganzen Periode eine vollständige poetische[5] Entwickelung sichtbar, und die in der älteren Zeit[3] häufigere Prosa[1], verliert sich in der eigentlichen Blüthezeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts immer mehr, und selbst die Bibel und Kroniken erscheinen in Reimen.
➢ Volltext
.[73] Hamann, Krzzg. d. Phlg. (1762), N 2, 125: An Beobachtungen fehlt es uns nicht, wodurch das Verhältnis der
Sprache
zu ihren wechselsweisen Gebrauch ziemlich genau bestimmt werden kann. Die Einsicht in dies Verhältnis und die Kunst selbiges anzuwenden, gehört mit zu dem Geist der Gesetze und zu den Geheimnissen der Regierung [...]. Eben dies Verhältnis macht klassische Schriftsteller..[74] Hase, Cours Villois. (1803), 149: Sobald man sich historisch das Daseyn einer Sprache erklären will, die, wie das Neugriechische, größtentheils nur durch die Beziehungen und Annäherungen ein Interesse gewinnt, die zwischen ihr und einer untergegangenen, vollendeteren Mundart[1] statt finden, so ist ein Gelehrter, der die Literatur der älteren Sprache und die Geschichte ihrer Umbildung völlig kennt, oft bei Erlernung des neueren Dialekts[1] einem Eingebohrnen vorzuziehen, der zwar diesen als Muttersprache spricht und schreibt, aber vielleicht weder über seine Entstehung Auskunft zu geben, noch die Kenntniß desselben für Sprachstudium überhaupt zu benutzen versteht.
➢ Volltext
.[75] Hegel, Hamann (1828), W 11, 283: Der junge Adel[2] und viele Bürgerskinder sollten eher die Lehrbücher des Ackerbaus als das Leben Alexanders usf. zu Lehrbüchern der römischen Sprache haben und dergleichen, – Ansichten, von welchen die Basedowschen, Campeschen u. a. Deklamationen und Aufschneidereien wie ihre pomphaften Unternehmungen ausgegangen und welche auf die Organisation[8] und den Geist[12] des öffentlichen Unterrichts so nachteilige, noch jetzt, sosehr man davon zurückgekommen, in ihren Folgen nicht ganz beseitigte Einwirkungen gehabt haben..
[76] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 324: Im Schreiben werden die Sprachlaute auf wenige stets gleiche Zeichen zurückgeführt, und erscheinen in ihrer einfachen Bestimmtheit; beim Sprechen aber verwischt sich nur allzuoft diese Bestimmtheit, so daß nun besonders die Volkssprachen, wie das Süddeutsche, Schwäbische, Schweizerische, Laute haben, die sich in ihrer Vermischung gar nicht schreiben lassen. Dieß ist dann aber nicht etwa ein Mangel der Schriftsprache, sondern kommt nur von der Schwerfälligkeit des Volkes[1] her. ➢ Volltext.
[77] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 312 f. (313): Die Assonanz [...] betrifft nicht den Anfangsbuchstaben, sondern geht schon dem Reim entgegen, insofern sie 〈313〉 eine gleichklingende Wiederholung derselben Buchstaben[7] in der Mitte oder an dem Ende verschiedener Wörter[1] ist. Diese assonirenden Wörter[1] brauchen nun zwar nicht schlechthin den Schluß eines Verses auszumachen, sondern können auch wohl an anderen Stellen vorkommen, hauptsächlich aber treten die Schlußsylben der Zeilen durch die Gleichheit einzelner Buchstaben[7], im Unterschiede der Alliteration, welche den Hauptstab in den Anfang des Verses stellt, in einen assonirenden Bezug aufeinander. Seiner reichhaltigsten Ausbildung nach weist dieses Assoniren nach den romanischen[2] Völkern[1], den Spaniern vornehmlich, hin, deren volltönende Sprache sich insbesondere für die Wiederkehr derselben Vokale geeignet zeigt. Im Allgemeinen zwar ist die Assonanz auf die Vokale beschränkt; indessen darf sie Theils gleiche Vokale, Theils auch gleiche Konsonanten, Theils auch Konsonanten in Verbindung mit einem Vokale wiederklingen lassen. ➢ Volltext.
[78] Heine, Romant. Schule (1836), 164: Mit den ernsten Disciplinen hatte sich Herr Tieck nie sonderlich befaßt. Er studirte moderne[1] Sprachen und die älteren[1] Urkunden unserer vaterländischen Poesie[1]. Den klassischen[7] Studien soll 〈165〉 er immer fremd[4] geblieben seyn, als ein ächter Romantiker[3]. ➢ Volltext.
[79] Heinse, H. v. Hohenth. I (1795), SW 5, 55: Wahrscheinlich übertrift das Ohr[3] des Menschen[1] an feiner und mannigfaltiger Aufnehmung und Unterscheidung der Töne[1] auch das Ohr[3] aller andern Thiere[2]. Mich dünkt, schon die Menge der Sprachen allein wäre hinlänglicher Beweis. So wie der vortrefliche Lehrmeister des Gefühls, ist es noch Lehrmeister der Zunge und der Kehle. Ein vollkommen zartes, festes, reines, und noch mehr, ausgebildetes Gehör ist freylich auch eben so selten, wie alle hohe Schönheit[3]; und durch böse Gewohnheiten kann man diesen 〈56〉 göttlichen Sinn[5] sehr verderben. Wer ihn aber nicht einigermaaßen in Vortreflichkeit hat, soll sich nicht mit Gesang und Instrumenten[3] plagen, wo er nothwendig entscheidet..
[80] Heinse, H. v. Hohenth. II (1796), SW 5, 360: „Die Deutschen Dichter gestatten in ihren Jambischen Versen keinem andern Fuße den Zutritt, und foltern in längern Gedichten Natur[19] und Sprache, so daß das Ohr[4] bey ihren besten Werken sich nach einer guten Prose[1] und den göttlichen Knittelversen des Hans Sachs zurücksehnt“..
[81] Heinzelmann, Grds. d. Wortf. (1798), 143 f. (144): Ob es [...] 〈144〉 gleich keine eigentliche Muttersprache[2] in den jetzt noch übrigen Sprachen giebt, so scheint mirs doch, daß unsere teutsche Sprache, und besonders die niederteutsche Mundart[1] derselben, vorzüglich als Mutter der lateinischen und griechischen könne betrachtet, und zur Erklärung und Auflösung der Wörter[1] in denselben am geschicktesten sey. Denn sie ist erstlich der ältesten[1] allgemeinen Sprache von Europa, die man nachher die celtische nannte, welche ich für die Urquelle aller übrigen halte, am ähnlichsten geblieben. Zweitens sind ihre Wörter[1] nicht so in einander geschmolzen und verbunden; auch ist der Ton[2] von der Hauptsylbe nicht abgewichen; kurz sie ist natürlicher[4] und ihrer Mutter getreuer geblieben, z. B. [...] fenestra, fr. fenetre von fente Oeffnung oder offen, d. i. auf uf 'fgewendet, 'f'wendet, und von Thür [...]. Hier ist in fenetre zur Milderung der Aussprache, um das Zusammenstoßen zweier Mitlauter zu vermeiden, ein e zwischen geschoben, und der Ton[2] von der Hauptsylbe auf dies e hinüber gezogen..
[82] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 11: Die ältesten[1] Morgenländischen Sprachen sind voll von Ausrüfen, für die wir spätergebildeten Völker[1] oft nichts als Lücken, oder stumpfen, tauben Misverstand haben. ➢ Volltext.
[83] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 13: Keine einzige lebendigtönende Sprache läßt sich vollständig in Buchstaben[1] bringen, und noch weniger in zwanzig Buchstaben[1]: dies zeugen alle Sprachen sämtlich und sonders. Die Artikulationen unsrer Sprachwerkzeuge sind so viel; Ein jeder Laut wird auf so mannichfaltige Weise ausgesprochen, daß z. E. Herr Lambert im zweiten Theil seines Organon mit Recht hat zeigen können, „wie weit weniger wir Buchstaben[1], als Laute haben, und wie unbestimmt also diese von jenen ausgedrückt werden können.“ Und das ist doch nur aus der deutschen Sprache gezeiget, die die Vieltönigkeit und den Unterschied ihrer Dialekte[1] noch nicht einmal in eine Schriftsprache aufgenommen hat: vielweniger wo die ganze Sprache nichts als solch ein lebendiger Dialekt[1] ist? ➢ Volltext.
[84] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 87: Was so viele Alten[10] sagen und so viel Neuere[5] ohne Sinn[2] nachgesagt, nimmt hieraus sein sinnliches Leben: „daß nemlich Poesie[11] älter[1] gewesen, als Prosa[2]!“ denn was war diese erste Sprache als eine Sammlung von Elementen der Poesie[[11]? Nachahmung der tönenden, handelnden, sich regenden Natur[2]! [...] Ein Wörterbuch der Seele, was zugleich Mythologie und eine wun〈88〉derbare Epopee von den Handlungen[1] und Reden aller Wesen ist! Also eine beständige Fabeldichtung mit Leidenschaft und Interesse! – Was ist Poesie[11] anders? ➢ Volltext.
[85] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115: Der Grund der kühnen Wortmetaphern lag in der ersten Empfindung; aber wie? wenn spät nachher, wenn schon alles Bedürfniß weggefallen ist, aus bloßer Nachahmungssucht, oder Liebe zum Alterthum[2] dergleichen Wort- und Bildergattungen bleiben? Und gar noch ausgedehnt und erhöhet werden? Denn, o denn wird der erhabne Unsinn, das aufgedunsne Wortspiel daraus, was es im Anfang eigentlich nicht war. Dort wars kühner, männlicher Witz[2], der denn vielleicht am wenigsten spielen wollte, wenn er am meisten zu spielen schien! es war rohe Erhabenheit der Phantasie[2], die solch Gefühl in solchem Worte[1] herausarbeitete; aber nun im Gebrauche schaaler Nachahmer, ohne solches Gefühl, ohne solche Gelegenheit – Ach! Ampullen von Worten[1] ohne Geist[30]! und das ist „das Schicksal aller derer Sprachen in spätern Zeiten[3] gewesen, deren erste Formen so kühn waren.“ ➢ Volltext.
[86] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 115 f.: Die spätern französischen Dichter können sich nicht versteigen, weil die ersten Erfinder ihrer Sprache sich nicht verstiegen haben: 〈116〉 ihre ganze Sprache ist Prose[4] der gesunden Vernunft[3], und hat ursprünglich fast kein poetisches[6] Wort[1], das dem Dichter eigen wäre; aber die Morgenländer? die Griechen? die Engländer? und wir Deutschen? ➢ Volltext.
[87] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 122: Der ganze Bau der morgenländischen Sprachen[3] zeuget, daß alle ihre Abstrakta voraus Sinnlichkeiten gewesen: der Geist war Wind, Hauch, Nachtsturm! Heilig hieß abgesondert, einsam: die Seele hieß der Othem: der Zorn das Schnauben der Nase u. s. w. Die allgemeinern Begriffe[1] wurden ihr also erst später durch Abstraktion, Witz[2], Phantasie[2], Gleichniß, Analogie u. s. w. angebildet – im tiefsten Abgrunde der Sprache[1] liegt keine Einzige! | Bei allen Wilden findet dasselbe nach Maaß der Cultur[4] statt. ➢ Volltext.
[88] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 179: Väter, die nichts selbst gedacht, nichts selbst erfunden; die alles mechanisch gelernt haben – was bekümmern sich die um Unterricht ihrer Söhne? um Verewigung dessen, was sie ja selbst nicht besitzen? Aber der erste Vater, die ersten dürftigen Spracherfinder, die fast an jedem Worte[1] die Arbeit ihrer Seele hingaben, die überall in der Sprache noch den warmen Schweiß fühlten, den er ihrer Würksamkeit gekostet – welchen Informator konnten die bestellen? Die ganze Sprache ihrer Kinder war ein Dialekt[1] ihrer Gedanken, ein Loblied ihrer Thaten, wie die Lieder Oßians auf seinen Vater Fingal. ➢ Volltext.
[89] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 183: Wenn ist die Französische, durch Akademien und Autoren und Wörterbücher so gebildete Sprache, denn so zu Ende gebildet, daß sie sich nicht mit jedem neuen[1] originalen[1] Autor, ja mit jedem Kopfe, der neuen[1] Ton[4] in die Gesellschaft bringt, neu[1] bilden oder mißbilden müßte? ➢ Volltext.
[90] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 188: So wenig als es zween Menschen[1] ganz von einerlei Gestalt und Gesichtszügen: so wenig kann es zwo Sprachen, auch nur der Aussprache nach, im Munde zweener Menschen[1] geben, die doch nur Eine Sprache wären. | Jedes Geschlecht wird in seine Sprache Haus und Familienton bringen: das wird, der Aussprache nach, verschiedne Mundart[1]. | Clima[1], Luft und Wasser, Speise und Trank, werden auf die Sprachwerkzeuge und natürlich[4] auch auf die Sprache einfließen. | Die Sitte der Gesellschaft und die mächtige Göttin der Gewohnheit werden bald nach Geberden und Anstand diese Eigenheiten und jene Verschiedenheiten einführen – ein Dialekt[1]. ➢ Volltext.
[91] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 193: Es sei so wenig Ähnlichkeit zwischen den Sprachen der Erde auszuträumen, als zwischen den Bildungen[10] der Menschengattungen; und es hieße sehr unweise von Gott gedacht, nur ein Paar Menschen[1] als Stammältern für die ganze Erde so schwach und schüchtern, zum Raube der Elemente und Thiere[4] in einen Erdewinkel dahingesezt und einem tausendfachen Ungefähr von Gefahren überlassen zu haben – – ➢ Volltext.
[92] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 203: „So wie nach aller Wahrscheinlichkeit das menschliche Geschlecht Ein progressives[2] Ganze von Einem Ursprunge in Einer großen Haushaltung ausmacht: so auch alle Sprachen[3], und mit ihnen die ganze Kette der Bildung[5].“ | Der sonderbare charakteristische[1] Plan ist bemerkt, der über Einen Menschen[1] waltet: seine Seele ist gewohnt, immer das, was sie sieht, zu reihen, mit dem, was sie sahe, und durch Besonnenheit wird also „ein progressives[2] Eins aller Zustände des Lebens“ – mithin Fortbildung der Sprache[1]. ➢ Volltext.
[93] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 38: Ich glaube, der Stand, in den ich Griechenland stelle, trägt auch bei, „den ewigen Streit über die Originalität der Griechen oder ihre Nachahmung fremder[1] Nationen[1]“ etwas zu entwirren: man hätte sich wie überall, also auch hier, lange vereinigt, hätte man sich nur besser verstanden. Daß Griechenland Samenkörner der Kultur[4], Sprache, Künste[2] und Wissenschaften[2] anderswoher erhalten, ist, dünkt mich, unläugbar, und es kann bey einigen, Bildhauerey, Baukunst, Mythologie, Litteratur, offenbar gezeigt werden..
[94] Herder, Engl. u. dt. Dichtk. (1777), 426 f. (427): Als vor weniger Zeit die Barden-Windsbraut brauste: wie wurde nach den Gesängen gerufen, die der grosse Karl gesammlet haben soll! Wie wurden diese völlig unbekannter Weise gelobt, nachgeahmt, gesungen – ihr Fund so leicht gemacht, als ob sie nur aus der Hand gelegt wären, an ihnen 〈427〉 nichts weniger als ein deutscher Ossian gehoffet u. f. Treflich Alles in der Ferne! Wenn da auf einmal ein Macpherson in Tyrol oder in Baiern aufstünde, und uns da so einen deutschen Ossian sänge, ginge es hin, so weit ließen wir uns etwa noch mitziehen. Nun aber wären diese Gesänge in einer Sprache, wie sie nach Analogie der schilterschen Sammlung nothwendig sein müsten; müsten sie, weil vor Ottfried alles undisziplinirte Sprache war, als lebendiger Gesang im Munde der Barden erst buchstabirt, als eine Zaubergestalt voriger Zeiten[3] im Spiegel der Glossatoren studirt werden, ohne das sie sowenig als Ulfila's Evangelien in unsern Kirchen Wunder thun könnten; wie viel Lobredner und Jünger würden stracks zurückgehen und sagen: „Ich kenne euch nicht! Ich hatte mir so einen klassischen[5] Ossian vermutet!“
➢ Volltext
.[95] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 146: Und so ward jenes einzige Gepräge der griechischen[2] Sprache, das nicht von stummen Gesetzen erpreßt, das durch Musik[6] und Tanz, durch Gesang und Geschichte[2], endlich durch den plauderhaften freien[13/6] Umgang vieler Stämme und Colonien wie eine lebendige Form der Natur[2] entstanden war. Die nordischen Völker[1] Europens hatten bei ihrer Bildung[3] dies Glück nicht. Da ihnen durch fremde[1/5] Gesetze und durch eine Gesanglose Religion[1] ausländische Sitten gegeben wurden; so verstummete auch ihre Sprache. Die Deutsche z. B. hat unstreitig viel von ihrer innern Biegsamkeit, von ihrer bestimmtem Zeichnung in der Flexion der Worte, ja noch mehr von jenem lebendigen Schall verlohren, den sie unter günstigem Himmelsstrichen ehedem hatte. Einst war sie eine nahe Schwester der griechischen[2] Sprache und jetzt wie fernab von dieser ist sie gebildet! [...] Nur die griechische[2] Sprache ist wie durch Gesang entstanden: denn Gesang und 〈147〉 Dichtkunst und ein früher Gebrauch des freien[6] Lebens hat sie zur Musensprache der Welt gebildet..
[96] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 230: Auch die Pelasgischen Stämme kamen als halbverwilderte Wanderer an diese oder jene Italienische Küste [...]. Hier drängeten sich mehrere Völker[1] zusammen: so daß auch die Etruskische Sprache ein Gemisch mehrerer Sprachen scheinet; [...] dem vielbewohnten Italien war also die Blüthe der Bildung[3] aus Einem reinen Keime versagt. Schon daß der Apennin voll roher Bergvölker mitten durch Italien streichet, ließ jene Einförmigkeit Eines Reiches oder National-Geschmacks nicht zu, auf welche sich doch allein die veste Dauer einer allgemeinen Landes-Cultur gründet..
[97] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 294 f. (295): Jedermann weiß, [...] wie theuer z. B. Sicilien des Cicero Rede gegen den Verres, wie theuer Rom und ihm selbst seine Reden gegen Catilina, seine Angriffe auf den Antonius gewesen u. f. Damit eine Perle gerettet würde, 〈295〉 mußte also ein Schiff untergehen, und tausend Lebendige kamen um, blos damit auf ihrer Asche einige Blumen wüchsen, die auch der Wind zerstäubet. Um eine Aeneis des Virgils, um die ruhige Muse eines Horaz und seine urbanen Briefe[3] zu erkaufen, mußten Ströme von Römerblut vorher vergossen, zahllose Völker[1] und Reiche unterdrückt werden; waren diese schönen[6] Früchte eines erpreßten Goldnen Alters solches Aufwandes werth? Mit dem Römischen Rechte ists nicht anders; denn wem ist unbekannt, welche Drangsale die Völker[1] dadurch erlitten, wie manche menschlichere Einrichtung der verschiedensten Länder dadurch zerstört worden? Fremde[1] Völker[1] wurden nach Sitten gerichtet, die sie nicht kannten; sie wurden mit Lastern und ihren Strafen vertraut, von welchen sie nie gehört hatten; ja endlich der ganze Gang dieser Gesetzgebung, der sich nur zur Verfassung Roms schickte, hat er nicht nach tausend Unterdrückungen den Charakter[1] aller überwundenen Nationen[1] so verlöscht: so verderbet, daß, statt des eigenthümlichen Gepräges derselben, zuletzt allenthalben nur der römische Adler erscheint, der nach ausgehackten Augen und verzehrten Eingeweiden traurige Leichname von Provinzen mit schwachen Flügeln deckte. Auch die lateinische Sprache gewann nichts durch die überwundnen Völker[1], und diese gewannen nichts durch jene. Sie ward verderbt und zuletzt ein Romanisches[1] Gemisch nicht nur in den Provinzen, sondern in Rom selbst..
[98] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 225 f. (226): Das Band [...], dadurch alle römisch-katholische Länder unläugbar vereint wurden, die lateinische Mönchssprache, hatte auch manche Knoten. Nicht nur wurden die Muttersprachen der Völker[1], die Europa besassen, und mit ihnen die Völker[1] selbst in Roheit erhalten; sondern es kam unter andern auch hiedurch insonderheit das Volk[5] um seinen letzten Antheil an öffentlichen Verhandlungen, weil es kein Latein konnte. Mit der Landessprache ward jedesmal ein großer Theil des Nationalcharakters aus den Geschäften der Nation[1] verdrängt, wo〈226〉gegen sich mit der lateinischen Mönchssprache auch jener fromme Mönchsgeist einschlich, der zu gelegener Zeit[7] zu schmeicheln, zu erschleichen, wohl auch zu verfälschen wußte. Daß die Acten sämmtlicher Nationen[1] Europa's, ihre Gesetze, Schlüsse, Vermächtnisse, Kauf- und Lehninstrumente, endlich auch die Landesgeschichte so viele Jahrhunderte hindurch latein geschrieben wurden; dies konnte zwar der Geistlichkeit, als dem gelehrten Stande sehr nützlich, den Nationen[1] selbst aber nicht anders als schädlich seyn. Nur durch die Cultur[3] der vaterländischen Sprache kann sich ein Volk[1] aus der Barbarei heben; und Europa blieb auch deshalb so lange barbarisch, weil sich dem natürlichen[3] Organ[1] seiner Bewohner, fast ein Jahrtausend hin, eine fremde[5] Sprache vordrang, ihnen selbst die Reste ihrer Denkmahle nahm und auf so lange Zeit[6] einen vaterländischen Codex der Gesetze, eine eigenthümliche Verfassung und Nationalgeschichte ihnen ganz unmöglich machte..
[99] Herder, Gesch. d. Menschh. IV (1791), 259: Wenn die germanischen Ueberwinder Europa's ein classisches[4] Buch ihrer Sprache, wie die Araber den Koran gehabt hätten; nie wäre die lateinische eine Oberherrin ihrer Sprache geworden, auch hätten sich viele ihrer Stämme nicht so ganz in der Irre verlohren..
[100] Herder, Bef. d. Hum. V (1795), 90: Als Ueberwinderin sammlete Rom; sie erfand aber nichts Neues[1]. Auch die Sprache der Römer bildete sich nur durch die Griechen zu einer reinen und ewigen Sprache. | Das Publicum[1] also, das für die classische[3/5] Denkart in Rom blühete, war ein erbeutetes, künstliches Publicum[1] [...]..
[101] Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 17: Boëthius und Auson's Gedichte sind zur Zeit[7] des allgemeinen Verfalls der Römischen Sprache und Poesie[1] merkwürdige Erscheinungen. [...] Beide, insonderheit Boëthius, sind den folgenden dunkeln Jahrhunderten leitende Sterne 〈18〉 gewesen; wie denn auch in ihm [...] bereits sichtbarerweise ein neuer[1] Geschmack hervorgehet, der den folgenden Zeiten[3] verwandt und ihnen daher lieber war, als der große Geschmack der alten[10] classischen[5] Dichter..
[102] Herder, Bef. d. Hum. IX (1797), 12: Als aus der alten[1] Romanischen[1] Sprache die Französische sich mit ihren Schwestern, der Italiänischen, Castilianischen, Gallicischen u. f. bildete, zeigte sich bald ihr Charakter[1]..
[103] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. II (1834), 404: In ganz Italien tönte der Ruf ihrer seltenen Gelehrsamkeit wieder, die sich namentlich in dem Gebiete der Philosophie und Theologie bewegte, daneben aber eine außerordentliche Kenntniß der alten und classischen[2] Sprachen umfaßte. .
[104] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 33: Das Studium der klassischen[6] und der neuern Sprachen war ihre Lieblingsbeschäftigung; mit 14 Jahren hatte sie die Meisterwerke der alt- und neugriechischen, lateinischen, deutschen, französischen, englischen, italienischen, spanischen und portugiesischen Literatur gelesen [...]..
[105] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 163: Dialekt[1], Mundart[1]. Die besondere Weise im Ausdrucke, die eine Sprache in verschiedenen Gegenden leidet und wodurch sich die Bewohner derselben scharf charakterisiren..
[106] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 222: Namentlich an der französischen Gesangmethode, die so nahe an Declamation grenzt, sieht man, wie ungern dieses Volk[1] zu sprechen aufhört, und sich zum Singen entschließt. Durch seinen recitirenden Charakter[1] tritt der französische Gesang am meisten dem italienischen entgegen. Selbst die Sprache mit ihren verschluckten Endsylben und dem tonlosen Flüstern zeigt sich der Musik feindlich..
[107] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 467: Gonzaga, Lucretia von, die unter den Gelehrten des 16. Jahrhunderts eine der ruhmvollsten Stellen einnimmt, erregte schon als Kind die Bewunderung der ausgezeichnetsten Sprachforscher 〈467〉 durch die seltene Fertigkeit, mit der sie in die klassischen[7] Sprachen und in den Geist[26] ihrer Dichter und Schriftsteller eingedrungen war..
[108] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IX (1837), 172: Unterdeß war der Helvetier aus wirren Feudalträumen zur Begründung eines schönen[6], festen Bürgerthums erwacht; die romanische[1] Sprache in Savoyen lieh der deutschen[2] Zunge Wohlklang und Poesie[17]; begeisterte Minnesänger flogen wie Brieftauben der Kultur[4] von Burg zu Burg, von Haus zu Haus [...]..
[109] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IX (1837), 369: [...] die romanischen[1] S.[prachen], zu denen die spanische, portugiesische, französische, rhätische in Graubündten, die walachische und, ausgeartet im eigenen Vaterlande, die italienische gehört [...]..
[110] Hoven, Lebenserinn. (1840), 20: Die lateinischen Buchstaben[1] hatte mich schon der Schulmeister kennengelehrt; bei dem Pfarrer lernte ich zuerst die lateinischen Wörter[1] lesen, dann die Anfangsgründe der lateinischen Sprache selbst, so daß ich bald Deklinieren und Konjugieren, Substantivum und Adjektivum zusammensetzen, leichte Exempel vom Gebrauche der Zeitwörter machen konnte, während ich bei meinem guten Gedächtnis eine Menge Vokabeln auswendig gelernt hatte..
[111] Th. Huber, Holland (1811), 397: [D]abei fällt mir ein, daß die Sprache des alten Frankreichs in den neuen Departements schon sehr gemein wird. In den kleinen Städtchen, worin wir Pferde wechselten oder fütterten, belustigten mich die Knaben von zehn bis vierzehn Jahren, die an den Ecken der Gassen in der neuen Sprache vorkehrten. Die kleinen Taugenichtse nehmen dabei den Gang und die Haltung des französischen Militärs an, so, daß ich eine Menge Gedanken darüber hatte. Die alten Franzosen scheinen an dieser Amalgamation noch keinen großen Glauben zu haben, wie ich bei ein paar Gelegenheiten wahrnahm. Wie ich bei Kostheim über den Rhein setzte, hielten mich die Fährleute sehr lange auf, indeß ich mit der Schildwache sprach [...]. Der Mensch beantwortete mir mehrere Fragen über die Belagerung von Mainz, bei der er gedient hatte, und mir that das Herz sonderbar weh, wenn er immer auf kahle Plätze wies, und sagte: da standen Bäume, dort war ein Bauerhof. – Die Herren sind etwas langsam, sagte ich endlich auf die Fährleute zeigend, die, ihre kurzen Pfeifen im Munde, unerschütterlich fortkrochen. „Das sind Deutsche, Madame, 〈398〉 sie werden noch ganz andere Sachen sehen, wenn sie weiter in das Land hinein kommen.“ Ich glaube, ich ward roth, und wäre es nicht meiner Natur[1] zuwider gewesen, so wäre ich jetzt, da die Fähre endlich ans Ufer stieß, langsam in meinen Wagen eingestiegen, um meinen Nationalkarakter trotzig zu beweisen.
➢ Volltext
.[112] Th. Huber, E. Percy I (1822), 290: Trotz Maitlands Jugend fand Warburton doch in ihm den Gefährten, der ihn völlig verstand; in
〈290〉
Sprachen
war er fast so geschickt, wie jener; besaß er mehr Einbildungskraft, so hatte Maitland mehr Schärfe des Geistes und Auffassungsgabe und ertrug mit stiller Verachtung den Spott seiner Schulgenossen über seine befremdliche Aussprache..[113] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 112: Da die Wanderungen der americanischen Völker[1] immer, wenigstens vom sechsten bis zum zwölften Jahrhundert, von Norden nach Süden gegangen sind, so ist es ganz klar, daß die indianische Bevölkerung von Neu-Spanien aus sehr heterogenen Elementen bestehen muß. In dem Maaß, wie die Bevölkerung sich südlich wandte, hielten einige Stämme auf ihren Wanderungen stille, und vermischten sich mit den Völkern[1], welche ihnen gerade nachfolgten; und wirklich beweist die große Manigfaltigkeit von Sprachen, welche noch heutzutag im Königreich von Mexico gesprochen werden, eine eben so große Manigfaltigkeit von Raçen[1] und Abstammungen..
[114] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 113: Weit entfernt, blosse Dialecte[1] einer einzigen Sprache zu seyn, (wie einige Schriftsteller mit Unwahrheit behauptet haben,) sind diese Sprachen vielmehr zum mindesten eben so verschieden von einander, als das griechische von dem deutschen, oder das französische von dem polnischen. [...] Diese Manigfaltigkeit von Idiomen bei den Völkern[1] des neuen[3] Continents, (man darf sie ohne Uebertreibung zu mehrern Hunderten annehmen,) ist, besonders in Vergleichung mit den wenigen Sprachen von Asien und Europa, ein äußerst auffallendes Phänomen..
[115] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 136: Da die Ureinwohner fast alle zur Classe[2] der Bauren und des niedrigen Volks[5] gehören, so ist es nicht leicht, über ihre Anlagen für Künste[6] der Lebensverschönerung zu urtheilen. Indessen kenn ich keine Menschenraçe, welche ärmer an Einbildungskraft[1] zu seyn schiene. Gelangt ein Indianer auf einen gewissen Grad von Cultur[4], so zeigt er eine große Leichtigkeit zu lernen, viel richtigen Verstand[4], natürliche[2] Logik, und eine besondre Neigung zu subtilisieren, oder die feinsten Verschiedenheiten zwischen mehreren zu vergleichenden Gegenständen aufzufassen. Dabei räsonnirt er kalt, aber mit Ordnung, ohne jedoch jene Beweglichkeit der Einbildungskraft[1], jenes Colorit der Empfindung, jene Kunst[6] zu schaffen und hervorzubringen zu zeigen, welche die Völker[1] des südlichen Europa's und mehrere africanische Neger-Stämme characterisirt. Ich spreche diese Meinung indeß mit Vorbehalt aus; indem man äußerst vorsichtig im Urtheil über das seyn seyn soll, was man moralische oder intellectuelle Anlagen der Völker[1] zu nennen wagt, von denen wir durch so manche Scheidewand der Verschiedenheit der Sprachen, der Gewohnheiten und Sitten getrennt sind..
[116] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 140: Die Mecos, (ein Stamm der Chichimeken,) die Apachen, die Lipanen sind Horden von Jägervölkern, die auf ihren, häufig nächtlichen Zügen die Gränzen von Neu-Biskajo, von Sonora und Neu-Mexico beunruhigen. Diese Wilden verrathen, wie die des südlichen America's, weit mehr Beweglichkeit des Geistes[19], und Characterkraft, als die Landbauer der Indianer. Einige Völkerschaften unter ihnen haben sogar Sprachen, deren Mechanismus eine alte[1] Civilisation beweist. Sie lernen die europäischen Sprachen nur mit der größten Schwierigkeit, drücken sich aber in den ihrigen mit äußerster Leichtigkeit aus. Diese indianischen Anführer, deren finsteres Schweigen[1] den Beobachter in Erstaunen setzt, halten, wenn ein großes Interesse sie aufregt, Reden, die mehrere Stunden lang dauern. Diese Geläufigkeit der Zunge haben wir auch in den Missionen des spanischen Guiana, bei den Cariben vom Nieder-Orinoco, deren Sprache äußerst weich und sonor ist, bemerkt..
[117] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 172 f. (173): Der ausgezeichnetste Geometer, welchen Neu-Spanien seit Siguenza's Epoche gehabt hat, war Don Joacquin Velasquez Cardenas y Leon. Alle astronomischen und geode〈173〉tischen Operationen dieses unermüdlichen Gelehrten tragen den Character[1] der größten Genauigkeit. Er war den 21sten Juli 1732 im Innern des Landes, auf dem Maierhof Santiago Acebedocla, in der Nähe des indianischen Dorfs Tizicapan, geboren, und bildete sich, so zu sagen, ganz allein. In seinem vierten Jahr theilte[1 er seinem Vater die Pocken mit1], der daran starb, daher sein Oheim, welcher Pfarrer von Xaltocan war, seine Erziehung übernahm, und ihn durch einen Indianer, Namens Manuel Asentzio, einen Mann von viel natürlichem[2] Verstand[4] und tiefen Kenntnissen in der mexicanischen Geschichte[3] und Mythologie, unterrichten ließ. Velasquez lernte in Xaltocan mehrere indianische Sprachen nebst dem Gebrauch der aztekischen Hieroglyphenschrift, und es ist sehr zu bedauern, daß er nichts über diesen merkwürdigen Zweig des Alterthums[2] bekannt gemacht hat..
[118] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 191: Wahrlich wenn wir in Betrachtung ziehen, daß das, was wir heutzutag Spanier nennen, ein Gemisch von Alanen und andern tartarischen Horden mit den Visigothen und den alten[5] Bewohnern Iberiens ist; erinnern wir uns ferner der auffallenden Aehnlichkeit, welche zwischen den meisten europäischen Sprachen, dem Sanskrit und dem Persischen Statt findet, und denken wir über den asiatischen Ursprung der Nomaden-Stämme nach, welche seit dem siebenten Jahrhundert in Mexico eingedrungen sind, so möchte man glauben, daß ein Theil dieser Völker[1], welche sich nach langen Streifzügen, und nachdem sie, so zu sagen, die Reise um die Welt gemacht hatten, wieder auf dem Rücken der Cordilleren zusammen fanden, von einem Punct, aber auf völlig entgegengesetzten Wegen, ausgegangen sind..
[119] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 182: [W]enn er, mit dem classischen[3] Geiste[14] der Alten[10] vertraut, und von dem besten der Neueren[3] durchdrungen, zugleich so individuell gebildet ist, daß er nur unter seiner Nation{1] und in seiner Zeit[3] emporkommen konnte, daß alles Fremde[1], was er sich aneignet, danach sich umgestaltet und er sich nur in seiner vaterländischen Sprache darzustellen vermag, in jeder andern aber und zwar gerade für seine Eigenthümlichkeit schlechterdings unübersetzbar bleibt; wenn es ihm nun so gelingt, die Resultate seiner Erfahrungen über Menschenleben und Menschenglück in eine dichterische Idee zusammenzufassen, und diese Idee vollkommen auszuführen – dann mußte, und nur so konnte ein Gedicht, wie das gegenwärtige ist, entstehen..
[120] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 115: Der einheimischen und mithin einzig wahren Aussprache von Mexico kommt das Italiänische Messico am nächsten, nur dass es mehr wie unser sch lauten müsste. Denn weil die Spanier diesen letzteren Laut in ihrer Sprache nicht besitzen, so schreiben sie den zwischen dem scharfen s und unsrem sch schwebenden[5] Laut der Mexicanischen Sprache in ihrer Verlegenheit sonderbarer Weise mit einem x, das dann der allgemeinen Aussprache dieses Buchstabens[1] in ihrer Sprache folgte..
[121] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 131 f.: Die Philologie ist [...], ohne sie, in anderer Erweiterung, zur Alterthumskunde zu machen, die auch besser wie eine Hülfswissenschaft von ihr angesehen, als selbst mit ihr vermischt wird, ihrem reinen Begriff[1] nach, auf die alte Literatur, die Sprachkunde auf die Sprachen gerichtet. Zwar ist beides unzertrennlich verbunden, ja sogar Eins, gerade die Philologie hat die tiefste Sprachforschung zum Zweck, und die Sprachkunde muss, auch bei ganz ungebildeten und unliterärischen Nationen[1], Stücke verbundener Rede aufsuchen; allein bei den geistigen Einflüssen wissenschaftlicher Behandlung ist die Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit der Richtung nicht gleichgültig. Die anhaltende Beschäftigung mit den classischen[7/3] Schriftstellern führt auf Feinheiten und Eigenthümlichkeiten des Sprachgebrauchs und selbst des Baues, auf welche der nicht so auf Kritik[2/3] und Hermeneutik gerichtete Sprachforscher nicht gekommen seyn würde; dagegen lenkt die unmittelbare Rücksicht auf die Sprache den Geist[22] unvermerkt von der Strenge der Individualität der Forschung auf philosophisch und historisch Allgemeineres hin. Es liegt auch in dem wohlthätigen Bildungszwecke der Philologie, die man als die grosse Erzieherin des Menschen zu der schönsten und edelsten Humanität betrachten kann, die das in ihn pflanzt, was allem Streben nach Wissenschaft und Kunst[3] Mass, Haltung und innere Uebereinstimmung giebt, dass sie die Sprache nicht sowohl an 〈132〉 sich, als gleichsam in dem Spiegel ihrer gelungensten Werke zeige; nur dadurch kann sie bis in das Knabenalter ihres Zöglings hinabsteigen, schaffend und vorbereitend, was ihr im Jüngling und Mann entgegenreifen soll..
[122] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 135 f.: Das Verdienst, die Wichtigkeit der Amerikanischen Sprachen für die Sprachkunde gefühlt zu haben, gebührt dem verewigten Schlözer. 〈136〉 Er hat wohl überhaupt seit Leibnitz zuerst wieder unter uns den wahren Begriff dieser Wissenschaft aufgefasst. Er las ein Collegium über eine grosse, damals Erstaunen erregende Anzahl von Sprachen, er zog im 31. Theil der allgemeinen Weltgeschichte die ersten Linien zu einer sichreren Sprachkritik, und während seines Aufenthalts in Rom im Jahr 1782. lernte er durch den Abate Gilij zuerst die Amerikanischen Sprachen kennen..
[123] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 221: Das Zusammenschmelzen des Hülfsverbum mit dem Stammworte im Futurum der Romanischen[1] Sprachen in ihrem späteren Zustande, da sie in dem früheren noch Pronomina dazwischen schoben, gehört auch hierher [...]..
[124] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 223: Die Entstehung der Romanischen[1] Sprachen gehört uns geschichtlich sehr wohl bekannten Jahrhunderten an..
[125] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 281: Man pflegt [...] zu behaupten, dass die in Bildung[10] mehr fortgeschrittene Sprache die weniger ausgebildete verdrängt [...]. Man kann als Beispiele hiervon die Zurückdrängung der einheimischen Sprachen in Hispanien und Gallien, als diese Länder Römische Provinzen wurden, und 〈282〉 das Vorherrschen des Lateinischen im Romanischen[1] anführen..
[126] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 291 f.: Die Untersuchung der Lateinischen Töchtersprachen scheint mir [...] die Behauptung zu bestätigen, dass die Mischung der Sprachen zuerst von der Mischung des Wortvorraths ausgeht, 〈292〉 meistentheils dabei stehen bleibt, bisweilen aber sich von da auf Redensarten, Fügungen der Redeweise und grammatische Ansichten erstreckt, nicht leicht aber wirkliche concrete grammatische Formen zusammenbringt [...]. Man darf indess hierbei auch nicht die besondre Natur[1] dieser Romanischen[1] Sprachen vergessen. Ihre sie charakterisirende Eigenthümlichkeit gieng nicht aus der Mischung Germanischer und Römischer Rede und Sprache hervor, sondern aus der durch die siegreiche Einwandrung fremder[1] Stämme bewirkten Zerstörung des politischen Bestandes, der darauf folgenden Zerrüttung des ganzen Culturzustandes, und der diese Katastrophen begleitenden Verderbniss der Sprache. Sie sind nicht sowohl Erscheinungen der Sprachvermischung, als des Sprachverfalls, so glänzend sie sich auch wieder aus diesem neu[2] entwickelt haben. Ausserdem kennt man den Zustand nicht, in dem sich, schon vor aller Einwanderung, die Römische Sprache im Munde des Volks[5] in OberItalien, Gallien und Iberien befinden mochte..
[127] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 263: Der Witz[1/2] [...] erfindet, und zwar unvermittelt [...]; daher kommt das Wort[1] Witz[1/2], als die Kraft zu wissen, daher „witzigen,“ daher bedeutete er sonst das ganze Genie[2]; daher kommen in mehren Sprachen dessen Ichs-Synonyme Geist[20], esprit, spirit, ingenuosus..
[128] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 294 f. (295): Der bildliche Witz[1] kann entweder den Körper beseelen oder den Geist[19] verkörpern. | Ursprünglich, wo der Mensch noch mit der Welt auf Einem Stamme geimpfet blühte, war dieser Doppel-Tropus noch keiner; jener verglich nicht Unähnlichkeiten, sondern verkündigte Gleichheit; die Metaphern[1] waren, wie bei Kindern, nur abgedrungene Synonymen des Leibes und Geistes[19]. Wie im Schreiben Bilderschrift früher war als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher[1], insofern sie Verhältnisse und nicht Gegenstände bezeichnet, das frühere Wort[1], welches sich erst allmählig zum eigentlichen Ausdruck 〈295〉 entfärben mußte. Das tropische Beseelen und Beleiben fiel noch in Eins zusammen, weil sich noch Ich und Welt verschmolz. Daher ist jede Sprache in Rücksicht geistiger Beziehungen ein Lexikon erblasseter Metaphern[1]..
[129] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 458: Für das Ohr[3] sammelte unsere Sprache einen Schatz fast in allen Thierkehlen; aber unsere poetische[4] Phantasie[19] wird schwer eine akustische, Auge und Ohr[3] stehen in abgekehrten Winkel-Richtungen in die Welt. Daher muß man musikalische[1] Metaphern[1], um mit 〈459〉 ihnen etwas auszurichten, vorher in optische verkörpern, wie denn schon die eigentlichen Ausdrücke hoher, tiefer Ton das Auge ansprechen. Sagt man z. B. die Erinnerung im Greise ist ein leises Tönen und Verklingen aus den vorigen Jahren: so stellet sich dieß bei weitem nicht so freiwillig dem Einbilden dar, als wenn man sagt: diese Erinnerung ist ein entfernter Ton, der aus dunkeln tiefliegenden Tälern herauf geht. Kurz, wir hören besser einen fernen als einen leisen Ton, einen nahen als einen starken, das Auge ist das Hörrohr der akustischen Phantasie[19]..
[130] Jean Paul, Vorsch. Ästh. III (1804), 582: Das Maximum der Form oder Darstellung kann [...] auf zweierlei Weise falsch gesehen werden: man verwechselt die Darstellung entweder mit grammatischer Korrektheit oder mit rhetorischer. Das gemeine (Schreib- und Lese-) Volk[5], unempfänglich für die poetische Vollkommenheit und Darstellung, will gern die grammatische – durch den Sprung von Werken in todten Sprachen, wo jedes Wort entscheidet und befiehlt, auf Werke in lebendigen – zum Ordensterne des Klassischen[3] machen..
[131] Jean Paul, Vorsch. Ästh. III (21813), 786 f. (787): Wenn nun alle Klassiker nur durch die Mehrheit glänzender Theile sich über die Gemeinen und doch Tadelfreien erheben: so fragt sich, ob diese Mehrheit in sogenannten sprach-klassischen oder ob in genialen Theilen bestehe. In den letzten durchdringt sich, wie gesagt, von selber Stoff und Form, Seel' und Leib erschaffen sich gegenseitig, aber die ersten würden nur eine negative, ja bloße grammatische Musterhaftigkeit 〈787〉 geben, und so wäre denn, mit Longin zu reden, ein Ion aus Chios klassischer[3] als Sophokles, und Adelungs Geschichte[7] der Menschheit[2] klassischer[3] als die Herdersche, und Goethe hätte vor Merkels Köpfchen den Hut abzunehmen. Kurz das Klassische[3] kann nicht in der Minderzahl der Flecken, sondern in der Mehrzahl der Strahlen bestehen. Auch nach dem vorigen Kunstrichter kann nichts klassisch[3] sein, was höher zu treiben ist [...]; – aber daher ist dann jede noch lebende Sprache nur für die Gegenwart klassisch[3], weil sie Blüten abwirft und nachtreibt. Jede alte[10] todte war auch so lange keine klassische[3], als sie fort- und nachwuchs; nur ihr Tod gab ihr feste Verklärung..
[132] Jean Paul, Unsichtb. Loge (
2
1822), SW I, 2, 120, 33
f.: Der Geschmack am Geist
e der Alten muß sich so gut abstumpfen als der an ihrerSprache
〈121〉
[133] Kant, Crit. rein. Vern. (21787), 368 f.: Bey dem großen Reichthum unserer Sprachen findet sich doch oft der denkende Kopf wegen des Ausdrucks verlegen, der seinem Begriffe[1] genau anpaßt, und in dessen Ermangelung er weder andern, noch so gar sich selbst recht verständlich werden kann. Neue[1] Wörter[1] 〈369〉 zu schmieden, ist eine Anmaßung zum Gesetzgeben in Sprachen, die selten gelingt, und, ehe man zu diesem verzweifelten Mittel schreitet, ist es rathsam, sich in einer todten und gelehrten Sprache umzusehen, ob sich daselbst nicht dieser Begriff[1] samt seinem angemessenen Ausdrucke vorfinde, und wenn der alte[6] Gebrauch desselben durch Unbehutsamkeit ihrer Urheber auch etwas schwankend geworden wäre, so ist es doch besser, die Bedeutung, die ihm vorzüglich eigen war, zu bevestigen, [...] als sein Geschäfte nur dadurch zu verderben, daß man sich unverständlich machte..
[134] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 174 f. (175): Es giebt weder eine Wissenschaft des Schönen[1], sondern nur Critik[2], noch schöne[2] Wissenschaft, sondern nur schöne[2] Kunst[1]. Denn was die erstere betrifft, so würde in ihr wissenschaftlich, d. i. durch Beweisgründe ausgemacht werden sollen, ob etwas für schön[1] zu halten sey oder nicht; das Urtheil über Schönheit[1] würde also, wenn es zur Wissenschaft gehörte kein Geschmacksurtheil seyn. Was das zweyte anlangt, so ist eine Wissenschaft, die, als solche, schön[2] seyn soll, ein Unding. Denn, wenn 〈175〉 man in ihr als Wissenschaft nach Gründen und Beweisen früge, so würde man uns durch geschmackvolle Aussprüche (Bon Mots) abfertigen. – Was den gewöhnlichen Ausdruck, schöne[2] Wissenschaften veranlaßt hat, ist ohne Zweifel nichts anders, als daß man ganz richtig bemerkt hat, es werde zur schönen[2] Kunst[1] in ihrer ganzen Vollkommenheit viel Wissenschaft, als z. B. Kenntnis alter[10] Sprachen, Belesenheit der Autoren, die für Classiker gelten, Geschichte[6], Kenntnis der Alterthümer[5] u. s. w. erfordert und, um daher diese historische Wissenschaften weil sie zur schönen[2] Kunst[1] die nothwendige Vorbereitung und Grundlage ausmachen, zum Theil auch weil darunter selbst die Kenntnis der Producte der schönen[2] Kunst[1] (Beredsamkeit und Dichtkunst) begriffen worden, durch eine Wortverwechselung, selbst schöne[2] Wissenschaften genannt hat..
[135] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 185 f. (186): Die Muster der schönen[2] Kunst[1] sind [...] die einzigen Leitungsmittel, diese auf die Nachkommenschaft zu bringen: welches durch bloße Beschreibungen nicht geschehen könnte (vornehmlich nicht 〈186〉 im Fache der redenden Künste[1]); und auch in diesen können nur die in alten[10], todten, und jetzt nur als gelehrte aufbehaltenen Sprachen classisch[3] werden..
[136] Klein, Rheinreise (1828), 348: Köln war eine der berühmtesten Universitäten des Mittelalters. Ausser den drei Fakultäten besaß es eine Scola artium [...] für Weltweisheit, Mathematik, Naturkunde, Geschichte[4], abendländische[1] und morgenländische[1] Sprachen..
[137] S. v. Knorring, Evremont I (1836), 102: „Ich weiß, Sie sprechen deutsch[2], ich ziehe es vor, mich in dieser Sprache zu unterhalten, und Sie würden mich verbinden, wenn Sie nie französisch mit mir reden wollten.“ St. Julien [...] konnte nicht voraussetzen, daß die Gräfin die Sprache seines Landes nicht verstehe [...]. Ich muß es beklagen, sagte er endlich in deutscher[2] Sprache, daß meine Landsleute sich Ihnen so verhaßt gemacht zu haben scheinen, daß ihre Sprache Ih〈103〉nen selbst im Munde dessen unerträglich ist, dem Sie so viele Güte erwiesen haben..
[138] Kolbe, Wortmeng. (1809), 108: Müssen wir denn aus jedem Zeitwort Verbalwörter, müssen wir aus jedem Nenwort Beiwörter, etc. bilden können? Sind in diesem Punkt nicht alle Sprachen mehr oder weniger beschränkt? Ist es die französische nicht auf eine fast bejammernswürdige Weise? Dennoch wissen die Schriftsteller der Nation[1] sich zu helfen; sie wissen, was die störrige Sprache ihnen unmittelbar verweigert, mittelbar auf tausendfachen Wegen volauf ihr wieder abzulokken. Wol ist es bequem, wenn man jedem Begrif[1] und jeder Begrifsbestimmung nach Wilkühr eine Hülle, sie sei beschaffen wie sie wolle, sogleich umlegen kan. Aber ist denn Bequemlichkeit das einzige, ist sie das höchste Gesez des Schriftstellers?.
[139] Krünitz, Oecon. Encycl. II (1773; 21782), 760: Dieses Wort[1] hat in der teutschen Sprache mancherlei Verstand[7]..
[140] Krünitz, Oecon. Encycl. LXV (1794; 21803), 269 f.: Die lateinische Sprache ist, eben so wie die griechische, ursprünglich aus der Sprache der verwandten Nationen[1], die erst Deutschland und die nordischen Reiche bevölkerten, und von welchen hernach 〈270〉 ein Theil aus Deutschland nach Italien ging, und sich daselbst wohnhaft niederließ, entstanden. Daher können die ältesten lateinischen Wörter und Ausdrücke allein aus den deutschen Dialekten[1] hergeleitet und erkläret werden.| Die Aborigines, oder ersten Einwohner Italiens, sind aus Deutschland dahin gekommen, und haben also die Sprache, welche die ältesten Einwohner Deutschlandes redeten, dahin gebracht. Diese Sprache ging nicht nur vor der lateinischen, sondern auch vor der griechischen, her, und in derselben Töchter-Sprachen, oder in der jezt genannten deutschen, niederländischen, dänischen, norwegischen, isländischen und schwedischen Sprache, findet man allein die ältesten Stamm-Wörter, so wie der griechischen, also auch der lateinischen Sprache..
[141] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXI (1834), 345: Nur die Schäferspiele, die im sechzehnten Jahrhunderte zuerst auf der Bühne erschienen, wirkten bedeutend auf die Sprache, weil sie das Feld der Romantik[5] stark berührten, mithin auch die Sprache an lieblichen und zarten Ausdrücken bereicherten..
[142] Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 291: [Carl Richard Lepsius] fehlt das Auge, um überhaupt Stylunterschiede, wenn sie nicht so auffallend sind wie der Unterschied des Romanischen[4] und Gothischen, wahrzunehmen; er gehr sogar [...] so weit, daß er die Stylunterschiede in den verschiedenen Entwickelungsphasen der romanischen[4] Bauweise völlig läugnet, und daß er [...] die Dome von Limburg an der Lahn und von Worms als einander ähnlich bezeichnet; dieß letztere aber klingt so, als ob man das Englische und das Portugiesische für ähnliche Sprachen ausgeben wollte. (Römisches Element ist freilich in beiden Domen, aber auch nicht mehr als etwa in diesen beiden Sprachen.).
[143] Maimon, Lebensgesch. I (1792), 61: Die Sprache des Talmuds ist aus verschiedenen orientalischen Sprachen und Dialekten[1] zusammengesetzt [...]..
[144] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 5: Und wenn die Natur[2] Talente für die Beredsamkeit über Deutschland so reichlich ausstreute wie über den Boden irgend eines andern Landes, so sind es ja in Deutschland nur einzelne, die hören; es gibt kein Ganzes, keine Gemeinde, keine Stadt, keine Nation[1], die wie mit Einem Ohre[3] den Redner anhörte. Im Gespräch mit dem Einzelnen sind wir zu ungebunden, zu unbeschränkt; wir lassen uns gehen, wir reden nachlässig, und so verliert sich aus der Sprache des Volks[1] der allgemeine, bindende Geist[12]; sie zerbröckelt sich in unzählige Dialekte[1] und Idiome; jede Sekte und jede Kotterie verunstaltet sie in ihrer eigenen Manier. Nun mögen die Klopstock, die Lessing, die Schiller, die Göthe alle Strahlen dieser zerstreuten Sprache wie in einem Brennspiegel versammeln; das, was allen gemeinschaftlich ist in Wort[5] und Klang, mag von einzelnen wirklich niedergeschrieben, auch ausgesprochen werden: die Nation[1] liest sie, verschluckt sie, aber hört sie nicht, spricht ihnen nicht nach. – Wer überhaupt lernt reden aus dem Papier, aus der todten Schrift? Hören muß und gehört werden, wer sprechen lernen will. – Der Taubgeborne ist nothwendig zugleich stumm..
[145] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 38: Die Dialekte[1] unsrer Sprache sind, zumal was Betonung und Akzent angeht, schöne Denkmale vaterländischer Treue, festen Beharrens an dem Boden, der uns erzeugt, und an die Weise, wie seine Berge und Wälder und die Herzen, die er trägt, den Ton der Herzlichkeit zurückgaben; aber wie schroff stehn sie untereinander, wie sperren und spannen sie die einzelnen Gebiete von Deutschland gegeneinander; so auch die Gesinnungen, die Gedanken: ein gemeinschaftlicher Grundton der Harmonie nirgends, wenn nicht etwa in dem Nachklang dessen, was wir einst waren, und in der Ahndung dessen, was wir werden können..
[146] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 152–154: Ich habe mich seit vielen Jahren um die deutsche[2] Aussprache bekümmert, aber noch heut weiß ich keinen Ort in Deutschland anzugeben, wo die Sprache[3] gut gesprochen würde oder nur besser als anderswo. Ich habe wohl Personen angetroffen, von denen in Schwaben, in Franken, in Sachsen, an der Mündung der Elbe wie in Österreich gesagt werden würde: sie sprechen gut. Aber kein Ort hat dieß Privilegium für sich. Die Örter sind, was die Sprache[7] angeht, gleich gut: sie müssen ächt republikanisch alle gelten, sie müssen alle ihre Stimme[6; 8] hergeben, wenn ein guter deutscher[2] Sprecher werden soll, – und so habe ich auch immer gefunden, daß die, welche gut sprachen, an recht verschiedenartigen Stellen von Deutschland gelebt und gesprochen hatten. Sie hatten unter der Rauhigkeit der Gebirgstöne, und 〈153〉 unter den weichen, platten Klängen, die das deutsche[2] Niederland spricht, in Städten und auf dem Lande, an den südwestlichen Grenzen, wo die romanischen[1] Sprachen[3], und an den nordöstlichen, wo die slavischen Sprachen[3] Deutschland berühren – kurz, sie hatten aus den verschiedenartigsten Dialekten[1] sich das eigentlich Deutsche[2] herausgehört, herausgefühlt. | Wenn nun, was sie herausgehört hätten, niedergeschrieben würde, so wäre es freilich für heute und morgen das beste Deutsch[2] [...]. Aber auch für die Folge der Jahre? – Gewiß nicht. Ein Wörterbuch, aus lauter solchen guten und lebendigen Sprechern abgezogen, kann keine gesetzgebende Kraft erlangen in einem Volke[1], das innerlich frei ist. Besser ist es, daß solche gebildete Sprache[3] wieder zurückströmt in die Dialekte[1], sich wieder unaufhörlich erfrischt in dem Bade der Natur[19], daß, was Mühe, Fleiß und Geschick erreicht haben, sich immer wieder anschließe an jene alte Naturstimme der Gebirge und Thäler; daß dieses ächte und lebendige Hochdeutsch sich beständig wieder nicht auf unedle Weise vermische, aber – vermähle mit den Dialekten[1]. Also kein Wörterbuch, auch keine Hauptstadt, die nur den Wahn nähren kann, als gebe es in Sprachangelegenheiten einen privilegirten Ort, keine Akademie, deren ganze Kunst doch nur im 〈154〉 Waschen, Feilen, Absondern der Sprache[3], in der Verordnung einer strengen Diät für dieselbe, im Bewirken einer künstlichen Magerkeit bestehen würde – kann helfen. Es muß gesprochen werden, man muß reisen für die Sprache[3], man muß ihre Dialekte[1] hören lernen, aus der österreichischen, schweizerischen, fränkischen, niedersächsischen Mundart[1] das Deutsche[2] herausfühlen lernen: Die größten Autoren und Sprecher der deutschen[2] Sprache[3], Göthe, Schiller, Herder, Johann Müller, Gentz u. s. w., verdanken einen großen Theil ihrer Sprachkraft dem Umstande, daß sie umhergelebt haben in Deutschland oder aus dem Norden in den Süden, aus dem Westen in den Osten des Landes verpflanzt worden sind. – Wie müßte grade unsre Sprache[3] mit ihrem Reichthum, mit allen tausendfältigen Sitten und Lebensweisen, die sie jetzt einzeln ausdrückt, ergötzen können, wenn sie nur zwanzig Jahre hindurch ordentlich ineinander gesprochen wäre; wenn die naive Roheit der Naturtöne und Dialekte[1] nicht weiter getrennt wäre von der gebildeten Flachheit der hochdeutschen Buchsprache und nun durch jede Reihe von Tönen in dieser so veredelten dritten, mittleren Sprache Deutschland hindurchklänge, während es doch nur immer Paris ist, das unaufhörlich in Eine Hauptstadt zusammenstrebende Frankreich, welches man durch die französische Sprache[3] hindurchhört..
[147] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 275 f.: Wie haben wir [sc. die Deutschen] in diesen letzten fünfzig stummen Jahren sprechen gelernt? Wie hat sich diese Sprache gebildet grade in der Zeit[3], wo alle Glieder der höheren Gesellschaft sich von ihr abwendeten? Es lebt in ihr ein Geist[12], der sie bildet und keiner vornehmen Stütze bedarf: wer das recht Empfundene, aus den Tiefen der Seele, aus jenen geheimnißvollen Wohnsitzen des Heiligen Kommende, wo das Gefühl der ritterlichen Ehre und Liebe, des stolzen Gehorsams usw. herrührt – aussprechen will, der kann diese Sprache nicht entbehren; und wer nicht so etwas zu sagen hat, der würde ihr und ihrer Ausbildung nichts helfen können. Von selbst in den Mund legt sie sich nicht! ohne Karakter[2], ohne Selbständigkeit, ohne Ursprünglichkeit 〈276〉 der Geisteskraft ist es unmöglich, diese Sprache gut zu sprechen. Mit Phrasen, die für jeden Mund passen, mit künstlich appretirtem Glanz, mit einem Schein von Geist[20] und Witz[1], den der Geistloseste sich aneignen könnte, kann sie nicht aufwarten: sie hat keine Corneilles, keine Racines, keine Bossuets, keine Akademien, welche ein ganzes folgendes Jahrhundert mit schönen Wendungen der Rede im voraus versehn; kein siècle de Louis XIV., das für lange Zeiten[3] nachher das Vortrefflichste schon vorweggesprochen hätte. Es fehlt ihr, habe ich gesagt, die gesellige Vollendung: das Bestreben der einzelnen deutschen Redner und einige glückliche Wendungen des öffentlichen Lebens der Nation[1] können selbige erreichen, darum muß auch an die mechanischen Vorzüge der benachbarten Sprachen erinnert werden. Ich habe es gethan, mit Anklage meines Vaterlandes gethan. Nichtsdestoweniger aber weil der neue[1/5], christliche Geist[12] aller Worte[1] und Wendungen dieser Sprache sich nicht tödten läßt, so trägt sie das Siegel der Fortdauer an ihrer Stirn wie keine andre Sprache. Um dieses Geistes[12] willen kann man festiglich glauben, daß die Sprache der Besiegten länger leben werde als die der Sieger, und in diesem Sinne dann dreist verkünden, daß, weil die Sprache fortdauern werde, auch das Volk[1] nicht untergehen könne..
[148] Mundt, Dt. Prosa (1837), 12: Man kann in einer Sprache nicht dieselben Gedanken haben und ausdrücken, wie in einer andern, und allen antipatriotischen Anwandelungen zum Trotz, macht das tägliche deutsche Gedankenbedürfniß Jeden wieder zum deutschen Menschen, Manchen sogar wider Willen zum deutschen Schriftsteller. Was soll man in fremder Zunge anfangen mit seinen geheimen Herzschlägen, mit seinem metaphysischen Dichten und Trachten, und mit all den skeptischen, ironischen[1] und weltverlachenden Geheimnissen des Gemüths, die zugleich Geheimnisse des Stils werden, aber niemals fertiges Eigenthum der Wörterbücher? .
[149] Novalis, an A. C. Just (1. 7. 1797), NS 4, 233: Er errieth unser Vaterland Weißenfels aus dem Dialect[1]; so genau hatte er die Dialecte[1] und Provinzialismen der deutschen Sprache inne..
[150] Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 384, Nr. 635: Kritick[1] d[er] Sprache – Vorarbeit d[es] W[issenschafts]L[ehrers]..
[151] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 79: Endlich fiel ihm ein Buch in die Hände, das in einer fremden[4] Sprache geschrieben war, die ihm einige Ähnlichkeit mit der Lateinischen und Italienischen zu haben schien. Er hätte sehnlichst gewünscht, die Sprache zu kennen, denn das Buch gefiel ihm vorzüglich ohne daß er eine Sylbe davon verstand..
[152] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 102: Für den Dichter ist die Poesie[11/2] an beschränkte Werkzeuge gebunden, und eben dadurch wird sie zur Kunst[2]. Die Sprache[1] überhaupt hat ihren bestimmten Kreis. Noch enger ist der Umfang einer besondern Volkssprache. Durch Übung und Nachdenken lernt der Dichter seine Sprache[3] kennen. Er weiß, was er mit ihr leisten kann, genau, und wird keinen thörichten Versuch machen, sie über ihre Kräfte anzuspannen. Nur selten wird er alle ihre Kräfte in Einen Punkt zusammen drängen, denn sonst wird er ermüdend, und vernichtet selbst die kostbare Wirkung einer gutangebrachten Kraftäußerung. Auf seltsame Sprünge richtet sie nur ein Gaukler, kein Dichter ab. Überhaupt können die Dichter nicht genug von den Musikern und Mahlern lernen. In diesen Künsten[2] wird es recht auffallend, wie nöthig es ist, wirthschaftlich mit den Hülfsmitteln der Kunst[2] umzugehn, und wie viel auf geschickte Verhältnisse ankommt. Dagegen könnten freylich jene Künstler auch von uns die poetische[2] Unabhängigkeit und den innern Geist[12] jeder Dichtung und Erfindung, jedes ächten Kunstwerks überhaupt, dankbar annehmen. Sie sollten poetischer[2] und wir musikalischer[4] und mahlerischer[3] seyn – beydes nach der Art und Weise unserer Kunst[2]..
[153] Novalis, an A. C. Just (1. 7. 1997), NS 4, 233: Er errieth unser Vaterland Weißenfels aus dem Dialect[1]; so genau hatte er die Dialecte[1] und Provinzialismen der deutschen Sprache inne..
[154] Pestalozzi, Schwanenges. (1826), 148: Fasse ich den Umfang der Kunstmittel, die zu diesem hohen Ziel unserer intellectuellen Kräfte hinführen, von ihren Anfangspunkten ins Auge, so sehe ich, die aufgestellte Normalform einer allgemeinen Sprachlehre giebt hierüber vielseitiges Licht. Sie greift, eben wie jeder wahrhaft elementarisch gegebene Unterricht in einer neuen Sprache, durch alle Mittelstufen ihres progressiv[2] bildenden Einflusses in alle Fächer der menschlichen Erkenntnisse ein und führt durch die, aus ihr hervorgehenden und ihr nothwendig inwohnenden Übungen zu einem Erheiterungsgrade der Begriffe von den Gegenständen, die die zu erlernenden Wörter bezeichnen, daß der Endpunkt der durch sie erzielten Erkenntniß der gemeinen Gegenstände des Lebens sich immediat an den Anfangspunkt anschließt, von welchem die wissenschaftlichen Ansichten dieser Gegenstände ausgehen..
[155] Pestalozzi, Schwanenges. (1826), 206: Die elementarische Anführung zur Schreibkunst geht nicht von der Einübung der Buchstaben[1] irgend einer Sprache, sondern von der Festigkeit und Sicherheit in der Einübung vielseitiger und reiner Grundformen der geraden und krummen Linien in perpendikularer und horizontaler Richtung aus, und fordert mit genauem Augenmaß eingeübte Formen der abwechselnden Schiefheit derselben von oben bis unten, und in der Rundform die Einübung ihrer fortdauernden Beschränkung in eine sich immer verengernde, liegende und stehende, kurze und verlängerte Eyform. Sie sucht auch ohne alle Rücksicht auf die eigentliche Schönheit der in ihrem Wesen unästhetisch begründeten Formen der Buchstaben[1] vorzüglich die bestimmte Deutlichkeit der in ihrem Wesen bizarren und willkührlichen Gestaltungen derselben und die Schnelligkeit in der Handführung des Kindes zu erzielen, d. h. es deutlich und schnell schreiben zu lehren. Die Schönheit des Schreibens ist nichts anders als Zartheit in den Übergangsformen des Dicken zum Dünnen und des Geraden in's Schiefe..
[156] H. Sander, Beschr. Reis. I (1783), 77: Zum Erstaunen ists, wie die Franzosen die deutschen[2] Namen verderben. Nicht ein einziger spricht sie recht aus. Kein einziger versteht deutsch[2], sie sagen, die Sprache sei zu schwer, und habe gar grobe Wörter[1]..
[157] Schelling, Meth. Stud. (1803), 75 f. (76): Ich kenne keine Beschäftigungsart, welche mehr geeignet wäre, im früheren Alter dem erwachenden Witz[2/3], Scharfsinn, Erfindungskraft die erste Uebung zu geben, als die vornehmlich 〈76〉 mit den alten[10] Sprachen..
[158] Schiller, Goldon. Mem. (1788), NA 22, 242: Daß in der Konversationssprache sein Ton oft in das Gesuchte fällt, scheint der Übersetzer selbst gefühlt zu haben, und er sucht diesen Vorwurf der deutschen Sprache überhaupt zuzuwälzen, die sich nicht wohl anders, wie er sagt, von dem Extrem des Platten soll entfernen können als durch das entgegengesetzte Extrem des Künstlichen. Da Hr. Schatz es wohl schwerlich mit so vielen unsrer klassischen[3] Schriftsteller wird aufnehmen wollen, die von der deutschen edlern Gesellschaftssprache Muster geliefert haben, so kann sich dieser Vorwurf nicht 〈243〉 wohl weiter als auf den Kreis des Umgangs erstrecken, den er selbst beobachtet hat; und wenn ihm dieser zwischen Platt und Gesucht keinen Mittelweg zeigte, so war es immer ein wenig rasch, dieses Urteil auf seine ganze Nation[1] auszudehnen..
[159] Schiller, Send. Moses (1790), NA 17, 380: Woher sollte aber nun den Ebräern dieser Retter kommen? Schwerlich aus der Mitte der Egypter selbst, denn wie sollte sich einer von diesen für eine Nation[1] verwenden, die ihm fremd[5] war, deren Sprache er nicht einmal verstand, und sich gewiß nicht die Mühe nahm zu erlernen, die ihm eines bessern Schicksals eben so unfähig als unwürdig scheinen mußte. Aus ihrer eignen Mitte aber noch viel weniger, denn was hat die Unmenschlichkeit der Egypter im Verlauf einiger Jahrhunderte aus dem Volk[1] der Ebräer endlich gemacht? Das roheste, das bößartigste, das verworfenste Volk[1] der Erde, durch eine 300jährige Vernachlässigung verwildert, durch einen so langen knechtischen Druck verzagt gemacht und erbittert, durch eine erblich auf ihm haftende Infamie vor sich selbst erniedrigt, entnervt und gelähmt zu allen heroischen Entschlüßen; durch eine solange anhaltende Dummheit endlich fast bis zum Thier[10] herunter gestoßen. Wie sollte aus einer so verwahrloßten Menschenrasse ein freier Mann, ein erleuchteter 〈381〉 Kopf, ein Held oder ein Staatsmann hervorgehen?.
[160] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 84: Die Sprache[1], die wunderbarste Schöpfung des menschlichen Dichtungsvermögens, gleichsam das große, nie vollendete Gedicht, worinn die menschliche Natur[1] sich selbst darstellt, bietet uns von dem, was ich eben sagte, ein auffallendes Beyspiel dar. So wie sie auf der einen Seite, vom Verstande[1] bearbeitet, an Brauchbarkeit zu allen seinen Verrichtungen zunimmt, so büßt sie auf der andern an jener ursprünglichen Kraft ein, die im nothwendigen Zusammenhange zwischen den Zeichen der Mittheilung und dem Bezeichneten liegt. So wie die gränzenlose Mannigfaltigkeit der Natur[2/11/19?] in abgezognen Begriffen[1] verarmt, so sinkt die lebendige Fülle der Töne immer mehr zum todten Buchstaben[9] hinab. Zwar ist es unmöglich, daß dieser jene völlig verdrängen sollte, weil der Mensch immer ein empfindendes Wesen bleibt, und sein angebohrner Trieb, Andern von seinem innersten Daseyn Zeugniß zu geben, und es dadurch in ihnen zu vervielfältigen, (wie sehr ihn auch die Herrschaft des Verstandes[1], der sein Wesen, so zu sagen, immer außer uns treibt, schwächen möge) doch nie ganz verloren gehen kann. Allein in den gebildeten Sprachen[3], hauptsächlich in der Gestalt, 〈85〉 wie sie zum Vortrage der deutlichen Einsicht, der Wissenschaft gebraucht werden, wittern wir kaum noch einige verlohrne Spuren ihres Ursprunges, von welchem sie so unermeßlich weit entfernt sind; wir können sie fast nicht anders als wie eine Sammlung durch Uebereinkunft festgesetzter Zeichen betrachten. ➢ Volltext.
[161] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 92 f. (93): Nicht dem Menschen[1] allein, auch vielen Gattungen von Thieren[1] dringt das Gefühl ihres Zustandes gewisse Laute ab, die von verwandten Geschöpfen mit einer ähnlichen, oft fast eben so starken, Erschütterung der Nerven, wie die, welche sie erzeugte, vernommen werden. Bey manchen bleibt die Stimme[1] nur für die dringendste Noth, für die heftigsten Leidenschaften aufgespart, und selbst ihre Geselligkeit ist meistens stumm. Anderen hin〈93〉gegen ist bey einer Organisation[5], die sich der menschlichen weit weniger nähert, zum Theil auch bey beschränkteren Anlagen und einem geringern Maaße von Gelehrigkeit, der vielfachste, beredteste Ausdruck sogar der zarteren Regungen, und, wie es scheint, eine unermüdliche Lust an ihren eignen Tönen[1] gegönnet. | Wenn man den Menschen[1], bloß nach seiner körperlichen Zusammensetzung betrachtet, zu jenem rechnet: (und dieß hat allen Anschein für sich; denn zu unsrer Demüthigung gleichen wir dem häßlichsten[1] Affen viel mehr als der Nachtigall) so ist es allerdings einleuchtend, daß der Schrey körperlicher Schmerzen oder thierischer Begierden, vom ersten Wimmern des Neugebohrnen bis zum letzten Aechzen des Sterbenden, sich nie bis zur Rede erheben kann; und der Empfindung wird folglich mit Recht aller Antheil an ihrer Entstehung abgesprochen. Selbst die einfachen Ausrufe der Leidenschaft, (Interjektionen) welche auch die verfeinteste Sprache noch gelten läßt, sind eigentlich nicht mehr jene unwillkührlich hervorgebrachten Laute selbst, sondern vertreten sie nur durch ihren gemilderten Ausdruck, und fliessen also mit allen übrigen Wörtern[1] aus der gemeinschaftlichen Quelle der Nachahmung her. ➢ Volltext.
[162] A. W. Schlegel, Brf. Poes. I–II (1795), Hor. IV.11, 96: Nicht wahr [...]: jetzt gewinnt die Lehre, welche, mit Ausschliessung der Nachahmung, die Empfindung zur einzigen Bildnerin der Sprache[1] macht, ein ganz andres Ansehen? Wir forschen nach dem Ursprunge der Sprache[1]; wir betrachten ihre jetzigen Bestandtheile; wir finden darunter etwas, was so wenig der künstlichen Verabredung oder dem Witze[1] einzelner Menschen angehört, daß es vielmehr durch alle von diesen herrührende Zusätze und Veränderungen unfehlbar geschwächt und entstellt wird; das sich in seiner größten Reinheit und Stärke gerade unter solchen Völkern[1] findet, deren Zustand sich am wenigsten von dem Ursprünglichen zu entfernen scheint, oder deren reiche und regsame Empfänglichkeit den Wirkungen der feinern Ausbildung das Gegengewicht hält; etwas, worin jedes Kind und jeder Wilde die Beredtsamkeit eines Demosthenes beschämt; wodurch endlich Menschen aus den entferntesten Zonen, und, würden sie wieder ins Leben gerufen, aus den entferntesten Jahrhunderten, einander mittheilen könnten, was in ihrem Innern vorgeht. Dürfen wir also noch anstehen, dieß für die ächte, ewige, allgemein gültige Sprache[1] des Menschengeschlechts anzuerkennen? Und ist sie das: wie liesse sich noch zweifeln, daß sie in allen einzelnen und abgeleiteten Sprachen das Ursprüngliche ausmacht?
➢ Volltext
.[163] A. W. Schlegel, Shksp. W. Meist. (1796), 84: Ob es gleich in England keine zwey völlig abgesonderten Sprachen der Vornehmen und Geringen, kein Sanskrit und Prakrit giebt, so weicht doch Shakespeare's poetische[5] Sprache von seiner prosaischen[1] durch die Wahl, Zusammensetzung, Anordnung und Bindung der Worte vielleicht eben so weit ab, als jene Indischen Dialekte[1] von einander.
➢ Volltext
.[164] A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 174: Im blonden Ekbert werden [...] Schauer erregt, an denen keine Häßlichkeit der Erscheinungen Theil hat, und die um so überraschender treffen, weil sie nicht mit großen Zurüstungen herbeygeführt werden. Durch die ganze Erzählung geht eine stille Gewalt der Darstellung, die zwar nur von jener Kraft des Geistes[20] herrühren kann, welcher „die Gestalten unbekannter Dinge“ bis zur hellen Anschaulichkeit und Einzelnheit Rede stehn, deren Organ[1] jedoch hier vorzüglich die Schreibart ist: eine nicht sogenannte poetische[6], vielmehr sehr einfach gebaute, aber wahrhaft poetisirte Poesie [sic; gemeint sein dürfte jedoch Prosa1]. Das Geheimniß ihres Maßes und ihrer Freyheit[1], ihres rhythmischen Fortschrittes, und ihres schön[2] entfaltenden Überflusses hat, für unsre Sprache wenigstens, Goethe entdeckt; und die Art wie Tieck seinen Styl, besonders im Wilhelm Meister und in dem goldnen Mährchen, dem Mährchen par 〈175〉 excellence, studirt haben muß, um es ihm so weit abzulernen, würde allein schon seinen Sinn[5] für dichterische Kunst[6] bewähren. ➢ Volltext.
[165] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 117: Romanze ist die passendste Benennung [für Gattungen der romantischen[15/13] Volkspoesie], weil sie in romantischer[15 Sprache, das ist Volkssprache, abgefaßt sind..
[166] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!
1798–99), KAV 1, 16: Je mehr eine bestimmte Eigentümlichkeit in einer Sprache vorwaltet, desto eingeschränkter wird ihr Gebrauch. Die Drolligkeit findet vorzüglich in eignen Dialekten[1] und unter besonderen Ständen (so die Fischhändlerinnen in Paris) statt..[167] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 32: Die größten Bequemlichkeiten für die Überwindung der metrischen Schwierigkeiten abgerechnet, die für die Freiheit[5] in einer Sprache dadurch entspringt, erhebt es die Poesie[3], wenn sich ihr Ausdruck so viel als möglich von dem des gewöhnlichen Lebens entfernt [...]. In dieser Rücksicht sind die sogenannten poetischen[4] Freiheiten[17] keine Begünstigung, sondern nach Maßgabe der jeder Gattung erforderlichen Stile ein Gesetz. [...] Folgende sind die vorzüglichsten Arten der Vorrechte, die eine Sprache zu einem freien und kühnen poetischen[5] Stile erheben können: 〈32〉 1. die Fähigkeit, das Materielle der Wörter zum Behufe des Wohlklanges und des Silbenmaßes allerhand Veränderung, Zusammenziehung, Verlängerung, Hineinsetzung (epenthesis) usw. unterwerfen zu können, ohne daß sie dadurch dunkel werden. Diese Biegsamkeit können in einem beträchtlichen Grade fast nur solche Sprachen besitzen, deren Ableitung und Flexionen vielsilbig sind, so die griechische, lateinische italienische; 2. eigentümliche, der Poesie[3] ausschließend gewidmete Flexionen, Konstruktionen und Wörter; für diese pflegen die verschiedenen Dialekte[1] (Stammabsprachen) und das Veraltete in den Sprachen eine Hauptquelle zu sein, welche daher dem Dichter auch niemals verschlossen werden darf..
[168] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 96: Den Ausdruck behandelt der [komische] Dichter[1] mit eben der absoluten Willkür, wie alles übrige. Ihm stehen nicht nur alle Reichtümer der Sprache von der erhabenen Diktion des lyrischen und tragischen Dichters[1] bis zu den gemeinsten Redensarten des Pöbels, ja bis zu unvollkommenen Sprecharten einzelner Orte und Stimmen[12] zu Gebote, sondern er prägt auch mit der größten Kühnheit ganz neue[1] Wörter[1] und Wendungen. [...] Im Aristophanes kommt jede Art des Ausdrucks vor; so dithyrambische Gesänge, freilich in Parodien. Der herrschende Ton[3] in ihm ist die attische Feinheit, die sich selbst bis auf die geringeren Stände erstreckte. Er führt auch Dialekte[1] ein; den lakonischen, den megarensischen [...]. Er hat eine Menge von neuen[1] Wörtern[1], die alle komisch sind [...]..
[169] A. W. Schlegel, Gemählde (1799), 51 f. (52): Waller. Einige [...] [Kunstwörter] sagen nichts mehr als die Ausdrücke des gemeinen Lebens; andre gehen dar〈52〉auf aus, den Geist[12] der Kunst[1] [...] auf mechanische Griffe herunter zu setzen. | Reinhold. Jedem Handwerke wird ja seine besondre Sprache vergönnt. Es sind doch nützliche Abbreviaturen, womit man sich am geschwindesten verständigen kann. | Waller. Nur werden sie gar zu oft gemißbraucht, um damit den Kenner zu spielen, da sie nichts weiter beweisen, als daß einer den Buchstaben[10] des Buchstabens[8] inne hat.
➢ Volltext
.[170] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 279: „Wenn ich den Lodovico Ariosto antreffe,“ sagt der Pfarrer, „und er redet nicht seine Landessprache, so werde ich nicht die mindeste Achtung gegen ihn behalten, redet er aber seine eigenthümliche Mundart[1], so sey ihm alle Hochachtung;“ und hernach: „wir hätten es gern dem Herrn Capitän erlassen, ihn ins Spanische zu übersetzen und zum Castilianer zu machen.“ Wenn Ariost nicht einmal in eine so verwandte Mundart[1] übertragen werden konnte, ohne „seine eigentliche Trefflichkeit einzubüßen“: in welcher Sprache dürfte man denn ein besseres Gelingen hoffen? ➢ Volltext.
[171] A. W. Schlegel, Nachschr. (1799), 281 ff.: Was mich nur verdrießt, ist, daß man bey Anerkennung unserer Fortschritte in diesem Fache [sc. Übersetzung] unsrer vortrefflichen Sprache alles Verdienst davon zueignen will. 〈282〉 Ich habe sonst wohl mit eingestimmt, aber ich bin überzeugt, die Sprache thäte es nicht ohne den Willen, den Eifer und den Sinn[5/10?] derer, die sie gebrauchen. Wie lange Zeit haben auch die Deutschen eben so dürftig manierirt übersetzt, wie die Franzosen nur immer thun können! Sehen Sie nur die gegen die Mitte dieses Jahrhunderts erschienenen Dollmetschungen von Französischen Tragödien, vom Tasso und aus den Alten, alle gleichermaßen in Alexandrinern. Mir scheint, unser wesentlicher Vorzug ist nur, von unausrottbaren grammatischen und prosodischen Vorurtheilen frey zu seyn und zu rechter Zeit eingelenkt zu haben. Wären wir nicht jetzt durch die ängstliche Gebundenheit der Wortfolge geplagt, wenn die Sache nicht durch Klopstock zuerst eine andere Wendung genommen hätte? – Zu Ronsards Zeiten konnte man sich im Französischen noch zur Nachbildung eines Dante oder Petrarca erheben; jetzt ist das vorbey. Eben so erscheinen die älteren Römischen Dichter, bis auf den Catull herunter etwa, mit großer Wahrheit Griechische Poesien[3] übertragen zu haben, sie machten sogar die dem Geist[12] der Lateinischen Sprache widersprechenden zusammengesetzten Beywörter nach. Späterhin, sobald sich ein gewisser akademischer Begriff[1] von Korrektheit und Politur festgesetzt hatte, verlor sich diese Fähigkeit. Daß es uns nicht auch einmal so geht, wie es schon öfter nahe daran zu seyn schien! Die Sprache der Römer konnte nur durch unsägliche Mühe und Gewalt für die Poesie[3] urbar gemacht werden, und so hat auch bey uns die Undankbarkeit des Bodens zu einer mühsameren Cultur[1] genöthigt. Unsre Sprache 〈283〉 ist halsstarrig: wir sind desto biegsamer; sie ist hart und rauh: wir thun alles für die Wahl milder gefälliger Töne; wir verstehen uns sogar im Nothfalle zu Wortspielen, einer Sache, wozu die Deutsche Sprache am allerungeschicktesten ist, weil sie immer nur arbeiten, niemals spielen will. Wo sind denn nun die gepriesenen Wundervorzüge, die unsere Sprache an sich, zur einzig berufnen Dollmetscherin aller übrigen machen sollen? Ein Wörterreichthum, der gar nicht so überschwenglich ist, daß er nicht beim Uebersetzen oft Armuth sollte fühlen lassen; die Fähigkeit zusammenzusetzen, und hie und da neu abzuleiten; eine etwas freyere Wortstellung, als in einigen modernen[1] Sprachen gilt, und endlich metrische Bildsamkeit. ➢ Volltext.
[172] A. W. Schlegel, Entw. Krit. Inst. (*1800), SW 8, 51 ff. (52): Ebenso soll die Allgemeinheit, die wir suchen, nur darin be〈52〉stehen, daß wir dasjenige umfassen, was wirklich einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, also was den Menschen als Menschen interessiert und einen integrierenden Theil der gesamten höheren Geistesbildung ausmacht. Hiedurch sind also ausgeschlossen alle Bücher, die bloß empirische Data oder positive Sätze ohne Beziehung auf ein System oder Herleitung aus Principien zusammentragen, ingleichen alle bloß technischen Kenntnisse, die lediglich durch ihre Verwendung zu einem bedingten Zwecke einen Werth erhalten. | Unsre Gegenstände würden also folgende sein: | 1) Philosophie in ihrem weitesten Umfange. | 2) Naturwißenschaft. Da alle Naturbeobachtung, die den Namen verdienen kann, zu allgemeinen Naturgesetzen hinstrebt und die Spekulation über die Natur[2] ihre Sätze bis in die speciellste Erfahrung hinein bewährt wißen will, so würde sich die Kritik[7] sowohl über empirische als spekulative Physik verbreiten müßen, und es könnte nicht leicht zu viel in diesem Fache geschehen, da das Interesse des Zeitalters vorzüglich darauf gerichtet ist. [...] | 3) Von der Geschichte[4] dasjenige, was durch seinen Inhalt oder durch seine Form unmittelbaren Werth und Interesse hat und diese nicht erst durch äußerliche Brauchbarkeit erhält: also alles zur Geschichte[4] der Menschheit[1] Gehörige, dann historische Kunstwerke[4]. | 4) Von der Philologie: philosophische Grammatik und Beurtheilung der einzelnen Sprachen nach Principien derselben, philologische Kritik[1] und Auslegungskunst. | Das Studium des klassischen[7] Alterthums[2] fällt unter die beiden vorhergehenden Rubriken, deren Bestimmung ausweist, was davon hier behandelt werden soll. Nur insofern sein Inhalt einen Theil der Kulturgeschichte ausmacht, gehört es in das historische Fach; seine Methode, Hülfsmittel u. s. w. in das philologische oder grammatische. | 5) Schöne[2] Kunst[9] und Theorie derselben. | Poesie[11] in ihrem weitesten Umfange, Beredsamkeit nach ihrer 〈53〉 richtigeren Bestimmung, als schöne[2] Komposition in Prosa[1], und überhaupt was zur schönen[2] Litteratur gerechnet wird, würde den Hauptartikel in dieser Rubrik ausmachen. .
[173] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 417: Keine andre mir bekannte Sprache hat einen so eigenthümlichen und von der Prosa[1] so weit abweichenden poetischen[5] Theil gehabt als die Griechische. Dieß verdankte sie zum Theil der freyen Entwicklung verschiedner Dialekte[1], die einen so schönen und harmonischen Charakter[1] gewannen, daß sie den verschiednen Dichtarten zum Grunde gelegt werden konnten. So war das Ionische der epische Dialekt[1], das Aeolische und Dorische der lyrische, das Attische der dramatische: der erste durch 〈418〉 Fülle und Stätigkeit, die beyden folgenden durch energisch ausgesprochne Eigenthümlichkeit, der letzte endlich durch muntre lebhafte Gewandtheit für ihre Gattungen einzig geeignet..[174] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 419: Die Lateinische Sprache, wiewohl als ein Dialekt[1] des Griechischen zu betrachten, indem das Pelasgische, die Stammsprache des Griechischen ihre Wurzel gewesen zu seyn scheint, entbehrte doch verschiedne Vorzüge desselben, und andre hat sie sich nur durch die fleißigste Cultur[3] zu eigen machen können. Sie hatte keine verschiednen für die Poesie[1] gültigen Dialekte[1], auch keine alten Denkmäler, in welchen ihre poetische[4] Wortformen aufbewahrt worden wären..
[175] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 421: Ich will zuerst über die Neulateinischen Sprachen einige sie sämtlich betreffende Bemerkungen machen, und sie dann einzeln charakterisiren. | Diese Sprachen sind nämlich aus der Vermischung des Römischen mit der von eindringenden Barbaren, welche die verschiednen Provinzen des Römischen Reichs unterjochten, nebst andern weniger ausgebreiteten Einstreuungen aus fremden Dialekten[1] entstanden; und zwar so daß die Wortmasse im ganzen Lateinisch, die Form aber barbarisch ist..[176] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 425 f.: Überhaupt haben die Engländer auf ihre Sprache als historisches Document nicht eben Ursache stolz zu seyn, sie trägt durchaus die Spuren langer Knechtschaft an sich, und wie England ein Raub jedes fremden Eroberers gewesen, erst der Sachsen, welche die Britten vertrieben oder unterjochten, dann der Dänen, dann der Normannen, die ihnen das Französische mit Feuer und Schwert einprägten; dann sieht man auch in dem vielen eingemischten Lateinischen die Bigotterie des Mittelalters und den Einfluß der Mönche. Alles fremde ist zwar nach den Bedürfnissen eines weichen aber charakterlosen niederdeutschen Dialekts[1] umgemodelt, und das Englische ist in der Aussprache grade das Widerspiel des Französischen. Wie in diesem ungestüme Lebhaftigkeit so drückt sich in jenem phlegmatische Gleichgültigkeit aus, wie das Französisch sprechen gleichsam ein beständiges Fragen, so könnte man das Englische ein beständiges Antworten nennen, als wollte man nur die Frage auf die kürzeste Art los seyn. Nichts gellendes und schreyendes ist in ihr, auch keine eigentliche Härten der Consonanten, sondern die Schwierigkeit dabey entsteht meistens nur aus einem gewissen lispelnden Vortrage. Alles wird nur auf der Spitze der Zunge articulirt, die Vocale sind abgedämpft und zum Theil unbestimmt und zweydeutig geworden. So viel Worte als möglich sind auf Einsylbigkeit reducirt, und bey den vielsylbigen ist der Accent möglichst zurückgelegt, und das darauf folgende wird wie ein unnützer Anhang fallen gelassen. Vermöge dieser Einsylbigkeit ist das wenige, was die Niederdeutschen Dialekte[1] noch von grammatischen Flexionen haben (die darin offenbar unedler als die Oberdeutschen sind) vollends verloren gegangen, oder fast unhörbar geworden. Es fehlt an grammatischer Organisation[8], die Worte werden ohne näher verknüp〈426〉fende Umformung nur neben einander gestellt, was man zusamt der Einsylbigkeit den grammatischen Atomismus nennen könnte. Eine gewisse Kürze in Ansehung des Raumes, welchen sie einnimmt, hat daher allerdings die Englische Sprache, worin es sogar der Deutschen schwer wird, gleichen Schritt mit ihr zu halten..[177] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 429: Voß hat die Übersetzungskunst aus den Alten mit beyspiellosem Fleiß und großer Gewandtheit ausgeübt, und alle Versuche sich an die Alten in Versbau, Wortbildung, Fügung, und besonders Wortstellung anzufügen, erschöpft, wobey es denn doch nicht ohne Härte, Dunkelheit und Schwerfälligkeit abgegangen ist. Jedoch bleibt ihm unläugbar das Verdienst, eine ganz neue Bahn betreten zu haben, worauf ihm selbst Goethe nachgefolgt ist. | Durch alles dieses ist aber die Revolution in unsrer Sprache[3] nur declarirt und angefangen worden: sie hat noch unerschöpfliche Mittel sich zu einer höheren Stufe zu erschwingen. Von den Versuchen der neuesten Zeit, theils die Italiänische und Spanische Poesie[11], theils das antike[2] Original nachzubilden, wollen wir nicht reden, da wir selbst zu sehr in ihnen befangen sind. Es kommt alles darauf an, ob man sich der ächten Idee der Poesie[11] bemächtigt hat. Wem diese inwohnt, der ist vom Gesetz losgesprochen; und alles was er thut, ist recht. Ohne sie sind alle poetischen Bemühungen nur ein Tappen nach Phrasen, die höchstens als Materialien für einen zukünftigen besseren Gebrauch betrachtet werden können. Durch Goethe ist die lange schlummernde Poesie[11] zuerst wieder geweckt worden, und wenn dieser Keim nicht wieder erstickt, sondern gehörig gepflegt und entfaltet wird, so kann sich unsre Sprache[3] nach allen Seiten hin noch ins unendliche poetisiren. .[178] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!
1802–03), KAV 1, 478: Überdieß sind die Griechische und Lateinische Sprache sich sehr verwandt, beynah als Dialekte[1] einer Hauptsprache zu betrachten [...]. .[179] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!
1802–03), KAV 1, 498: Die Oberdeutsche Allgemeine Literatur-Zeitung will es in der Form der Jenaischen nachthun; sie legt sich auch besonders auf Theologie, und sucht die Aufklärung der Allgemeinen Deutschen Bibliothek für 〈498〉 das katholische Deutschland zuzubereiten. Hiebey und überhaupt, wenn sie philosophiren will, verfällt sie in eine breite Unbeholfenheit und Verworrenheit. In der schönen Literatur ist sie aber vollends unnachahmlich lächerlich; unter andern hat sie an Gedichten immer viel gegen die Reinheit der Sprache einzuwenden, als ob den Recensenten wegen ihres Bairischen Dialekts[1] das Gewissen schlüge, und sie durch dieses Mittel die Aufmerksamkeit davon ablenken wollten..[180] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 549: Die Entstehung jener gewissermaßen unregelmäßigen aber unendlich reizenden Mannichfaltigkeit in der Sprache muß man sich so denken, daß bey den vielen kleinen Völkerschaften, worein sich der Griech.[ische] Völkerstamm spaltete, bey den einen diese Formen, Ausdrücke und Sprecharten aufgekommen waren, bey andern jene; und daß bey nachher erfolgter Vermischung von allen etwas beybehalten ward. Wir werden durch diese Bemerkung auf einen Punkt geführt, der für die gesamte Griechische Bildung[[[[BedeutungsVerweis ID='123' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] äußerst wichtig ist: daß nämlich die Lage dieser Nation[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] ganz dazu eingerichtet war, daß sie sich aufs mannichfaltigste individualisiren, und dann wieder durch lebhaften Verkehr, das Individuelle zu einem allgemeineren Charakter[[[[BedeutungsVerweis ID='293' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] verschmelzen mußte. Man sehe nur auf der Landcharte den Erdstrich an, welchen die Griechen inne hatten. Auf einer weiten ununterbrochnen Ebne hätten sie schwerlich das werden können, was sie wurden, und wären vielleicht, wie andre Nationen[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] in Asien unter einer despotischen Regierungsform auf einer sehr niedrigen Stufe für immer fixirt geblieben. [...] 〈550〉 [...] | Bey einer solchen Nation[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] mußten natürlicher[[[[BedeutungsVerweis ID='352' Anzeige='4' Formatierung='1']]]] Weise Dialekte[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] entstehen: bey den Griechen allein aber (unter den Nationen[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] wenigstens, die wir bey solchen Betrachtungen vor Augen zu haben pflegen) haben wir die Erscheinung, daß die Dialekte[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] nicht bloß untergeordnete, mehr oder weniger rohe oder verderbte, Abarten einer vollkommneren Hauptsprache blieben, sondern sich zu einem bestimmten im Verhältniß gegen die übrige Nation[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] gültigen Charakter[[[[BedeutungsVerweis ID='293' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] entwickelten, und nicht bloß im gemeinen Leben, sondern auch in der Schrift gebraucht wurden, ja in verschiednen Gattungen der Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] kunstmäßig gebraucht werden mußten. ➢ vgl. [[[[BelegVerweis ID='3242' Anzeige='187' Formatierung='1']]]].
[181] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!
1802–03), KAV 1, 555: Stellt uns das Ionische die Griech.[ische] Sprache und Bildung[5] in noch flüßigem Zustande und als ein ununterscheidbares Continuum vor, so ist es klar, warum es in demjenigen, was aus der Zeit vor kunstgemäßer Sonderung der Dialekte[1] und Nationalrichtungen auf uns gekommen, vorwaltend ist, wiewohl von dem nachherigen reinen Ionischen verschieden und mit manchen Spuren eines erst bestimmbaren Gemisches..[182] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!
1802–03), KAV 1, 612: Bey den Griechen war, wie wir gesehen haben, der Ionische Dialekt[1] der eigenthümlich epische, so sehr, daß auch Dichter, die von Geburt gar nicht Ionier waren, sich dessen bedienten, so bald sie ein Epos dichteten. Die Römische Sprache hatte nun nichts den Griechischen Dialekten[1] ähnliches, und konnte nach ihrer besondern Natur[1] sich die Flüßigkeit und allbiegsame Gelindigkeit des Ionischen Dialekts[1] keinesweges aneignen; ihr Charakter[1] bestand vielmehr in gebieterischer Kürze und einer Schweigsamkeit, die fast an Stummheit gränzte..[183] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 691: Um unser eignes Ohr[3] in der Muttersprache entscheiden zu lassen, habe ich in folgendem Epigramme oder Idyllion [...] die Distichen ganz nach Griechischer[5] Weise zu bauen versucht, welches bis jetzt im Deutschen ohne Beyspiel ist, vielleicht aber auch in längeren Stücken auszuführen nicht unmöglich wäre, da der vielsylbige Schluß ja nicht durchgängig Statt zu finden braucht, da wir viele zusammengesetzte Wörter[1] in unsrer Sprache haben, welche dahin passen, und es erlaubt ist auch Griechische[5] zu Hülfe zu nehmen. Freylich muß erst die Aufmerksamkeit darauf gerichtet und das Ohr[3] für diesen Wohllaut empfänglich gemacht werden..
[184] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 10 f.: Übrigens sind in [...] Europa die sämtlichen Sprachen entweder rein Deutsche Mundarten[1], oder aus der Vermischung des Deutschen mit dem in den Provinzen vorgefundnen 〈11〉 Lateinischen entstanden. Nimmt man nun noch die nahe Verwandtschaft des Deutschen mit dem Lateinischen und Griechischen hinzu, die keinem Sprachforscher zweifelhaft seyn kann: so erscheinen die verschiednen Sprachen Europa's fast nur als Dialecte[1] einer einzigen, welche in zwey Hauptclassen zerfallen, wovon in der einen der größte Theil der Masse Lateinisch, in der andern Deutsch ist; denn auch in den für rein geltenden ist die vornämlich durch die Geistlichen als die ersten Lehrer des Volkes[5] bewirkte Einmischung des Lateinischen weit beträchtlicher, als man meistens geneigt ist, sichs vorzustellen. Überdieß war das Lateinische allgemeines Organ[1] der Mittheilung, und zwar nicht, wie man gewöhnlich annimmt, als gelehrte und todte, sondern als eine lebende und sich fortbildende Sprache..[185] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 12: Romanisch[1], Romance, nannte man die neuen[3] aus der Vermischung des Lateinischen mit der Sprache der Eroberer entstandnen Dialekte[1]; daher Romane[1], die darin geschriebnen Dichtungen, woher denn romantisch[1/12/4] abgeleitet ist, und ist der Charakter[1] dieser Poesie[11] Verschmelzung des altdeutschen mit dem späteren, d. h. christlich gewordnen Römischen, so werden auch ihre Elemente schon durch den Namen angedeutet..
[186] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 43: Ohne Unterricht in den Wissenschaften, ohne Kenntniß fremder[1] Sprachen, war Hans Sachs dennoch nach seiner Weise ein Gelehrter [...]..[187] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 58: Das einzige Verdienst, welches ihn [sc. J. Chr. Gottsched] wirklich überlebt und mehr Realität gehabt hat, als bloß in der Meynung seiner Zeitgenossen, ist das grammatische um die Deutsche Sprache. Damals hielt man ihn aber in jeder Hinsicht für einen vollendeten Geist[32] als Gelehrten, Philosophen, Kritiker und Dichter, und er gelangte in Sachen des Geschmacks zu einem so unumschränkten Ansehen, zu einer wahren Dictatur in ganz Deutschland. Auch mit dem Theater befaßte er sich sehr, in Verbindung mit einer gewissen Madame Neuber, welche damals ein Theater in Leipzig dirigirte, schaffte er den Hanswurst ab, und sie beerdigten ihn feyerlich mit großem Triumph. Gern will ich glauben, daß das Improvisiren des Lustigmachers in den Comödien, durch schlechte Ausführung sehr heruntergekommen war, allein ohne Zweifel hatte Hanswurst auch so noch in seinem kleinen Finger mehr Verstand als Gottsched in seinem ganzen Leibe, und durch eine grausame Ironie[2] des Schicksals mußte nun Gottsched selbst der Hanswurst der Deutschen Literatur werden, der sprüchwörtlich für einen lächerlichen geistlosen Pedanten angeführt wurde..[188] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!
1803–04), KAV 2.1, 137 f. (138): So viel sich aus den mitgetheilten Fragmenten und den damaligen Verhältnissen und Wirkungen der provenzalischen Poesie[11] schließen läßt, 〈138〉 scheint die Sprache, welche unter allen neulateinischen zuerst zur Reife gedieh, auch die vielseitigste gewesen zu seyn, welche alle nachher einzeln ausgebildete Charaktere[1] verschiedner unter ihnen, vereinigt, wenigstens im Keime in sich enthielt, und daher recht eigentlich zu einer Muttersprache der Europäischen Poesie[11] geeignet war. So wie die Provinzen wo sie gesprochen wurde, in der Mitte zwischen dem nördlichen und südlichen Europa liegen, so glaube ich auch in der Sprache Ähnlichkeiten mit den südlichsten und nördlichsten Dialecten[1] des Neulateinischen zu finden. In der Englischen Sprache[3] hat es sich am weitesten nordwärts gezogen, und die möglichste Einsylbigkeit bey einer accentlosen Stummheit der Vocale angenommen; bey lebhafteren Accenten findet sich im Französischen dasselbe Bestreben der Abkürzung, den nicht accentuirten Schlußsylben sind alle übrigen Vocale außer dem E. entzogen, jedoch wird dieses noch um etwas mehr gehört, als im Englischen. Die südlichen Dialecte[1] haben nebst eigenthümlichen Modificationen die Vielsylbigkeit, das volle, sonore der Vocale, und die mannichfaltige Accentuation mit einander gemein. Das Provenzalische steht zwischen beyden, man bemerkt in den Formen der Wörter, ihrer Biegungen und Ableitungen bald die gewandte Leichtigkeit des Französischen, bald die prächtige Fülle der südlichen Idiome, und ohne Zweifel so, daß der Dichter sich mit Absicht bald mehr auf diese, bald auf jene Seite neigen konnte..[189] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 195: Die Erzählung von der Art wie Romulus die Stadt durch Eröffnung eines Asylums angelegt, deutet auf Entwicklung der Römischen Nation[1] aus einem gemischten Haufen: und ihre Lage zwischen Etrurien und Latium spricht dafür. Auch ist zu bemerken, daß die Sprache der Römer niemals von ihnen oder der Hauptstadt den Namen geführt, sondern die Lateinische geheißen: ein auffallender Beweis, daß sie schon vor Erbauung Roms vorhanden und gebildet war, und daß die Römer sich von einer größeren Völkerschaft, wozu sie gehörten, hauptsächlich nur durch politische Mittel ausgesondert..
[190] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 217: Überhaupt muß man sich hüten, von der großen Rolle Frankreichs im modernen Europa auf die früheren Zeiten zurückzuschließen. Hier mußte es sehr gegen Deutschland zurückstehen. Denn zuvörderst war es in zwey ganz verschiedne Sprachen[3] getheilt, die Französische und Provenzalische, und schon deswegen erscheinen die Franzosen weniger als Eine Nation[1]. Das Französische blieb lange ein unförmlicher widerwärtiger Dialekt[1], während das Provenzalische durch liebliche Poesie[11] ausgebildet, weit höher geschätzt und im Auslande verbreitet war. Es ist eigentlich ein zufälliger und für die National-Cultur unstreitig sehr nachtheiliger Umstand, daß dieser nördlichere dürftige Sprößling des Lateinischen zur herrschenden Sprache[3] erhoben worden; wenn die Krone an ein südliches Fürstenhaus gekommen wäre, so würde es wahrscheinlich umgekehrt ergangen seyn, und man würde das Französische jetzt nur als ein unbedeutendes Patois kennen..
[191] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 220: [I]m Anfang des 11ten Jahrhunderts war ganz England eine Dänische Provinz. Kaum war es von diesem vergleichungsweise milden Joche erlöst, so fiel es Französischen Eroberern aus der Normandie anheim, die es mit eisernem Zepter regierten. Denn nunmehr ward der ganze Adel[2] ausländisch, ja die bisherige Sprache (der Sächsische Dialekt[1] des Deutschen) welche sich unter den Dänischen Regenten, die eine verwandte hatten, immer noch erhalten, wurde mit Gewalt unterdrückt, das Französische zur Gerichtssprache gemacht und der junge Adel[2] in Frankreich erzogen..
[192] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 238: Daß die nordischen Reiche nicht als in einer Continuität mit dem heutigen Deutschlande stehen, und von dort aus bevölkert worden, weiset, wie mich dünkt, schon der größere Abstand der, obwohl verwandten Sprachen aus. Nach Holland und England zu verändert sich der Dialekt[1] durch das Plattdeutsche, Niederdeutsche (wie die Holländer ihre Sprache nennen) und Friesische allmählich. Das Dänische aber ist dem Schwedischen weit näher verwandt als dem Deutschen, und wenn Dänemark ehedem von derselben Nation[1] bewohnt war, welche unter dem Namen der Angeln und Sachsen England eroberten, so dürfte es nachher von einer scandinavischen Kolonie besetzt seyn. Die Verschiedenheit der Sprachen ist vielleicht nur eine klimatische: das Dänische ist weich und auseinander geflossen, so wie ihr Klima[1] feucht und nebelicht, das Schwedische athmet eine rauhere Bergluft..
[193] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 303: Es ist für die Poesie[3] unendlich vortheilhaft, wenn in einer Sprache für die [poetische] Licenz ein weites Feld offen gelassen ist, welches besonders durch den Zusammenfluß verschiedner Dialecte[1], verständliche Erhaltung des Alten, und Fähigkeit zu neuen Ableitungen bewerkstelligt wird [...]. Zuerst hat dieß den negativen Vortheil, daß die Poesie[3] dadurch ihre Verschiedenheit von der Prosa[1] und ihren Vorsatz sich in einer freyeren Sphäre zu bewegen, selbst dem Ohre[4] 〈unmittelbar〉 ankündigt; dann aber wird die Sprache durch diese Breite zu einem weit biegsameren Organ[1] für sie. Sie hat sich dabey nur vor der Gefahr zu hüten, daß dieser poetische[5] 〈304〉 Dialekt[1] nicht ins conventionelle ausarte, bloße Phrase werde, so wie dem unvermeidlichen, oft sehr heilsamen Gebrauche der Terminologie [194] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 307: Es bleibt uns nun noch übrig die Sprache[1] in so fern sie hörbar ist, von ihrer musikalischen[3] Seite, zu betrachten. | Das erste hiebey sind die einzelnen Elemente, und da läßt sich allerdings behaupten, daß es unter allen nationalen Abweichungen ein Grund-Alphabet giebt, worin sich aus der Natur[1] der Sprachorgane systematische Vollständigkeit nachweisen läßt, so daß es keinesweges zufällig ist, daß es diese und gerade so viele Buchstaben[7] giebt. Hieraus ist denn auch ihre Verwandtschaft und die Möglichkeit der Übergänge in einander einzusehen. Selbst Consonanten und Vocale sind nicht absolut getrennt, sondern an den beyden Enden der Reihe aus dem i und u gehen diese in die Consonanten j und w über, wie es auch durch die Sprechart mehrer Sprachen angedeutet wird. .
[195] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 309: Die Metrik hat aber allerdings eine nicht auf Erfahrung ruhende Gesetzmäßigkeit, und kann im allgemeinen a priori gelehrt werden nur daß dann die näheren Bestimmungen aus der individuellen Natur[1] jeder Sprache zu entlehnen sind. Unstreitig waren sowohl die Griechischen[2] Dichter als die Stifter der romantischen[12] Poesie[11] im Besitz eines solchen reinen Systems und es kommt bloß darauf an, ihre Praxis gehörig zu verstehen und es daraus zu entwickeln..
[196] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 312: Die accentuirten und nicht accentuirten Sylben hat man alsdann in ein ungefähres Gleichgewicht zu setzen gesucht, oder es hat sich dieß auch von selbst gemacht. [...] Was nun die Anordnung dabey betrifft, so hat sich der Geschmack und das Ohr[3] der nordischen Nationen[1], der Deutschen, Engländer u. s. w. für ein regelmäßiges Alterniren, das der südlichen aber, der Franzosen, Italiäner, Spanier und Portugiesen für eine beseeltere Freyheit[1] entschieden, und erst seit kurzem hat man den Deutschen Versbau, so viel es die Natur[1] der Sprache gestattet, den letztgenannten Mustern anzunähern versucht..
[197] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 324: Einen ganz einzigen Vorzug hat die Griechische Sprache an ihren Dialecten[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], welche nicht, wie bey andern Nationen[[[[BedeutungsVerweis ID='29' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], unvollkommne Abarten der allgemeinen Sprache sind, sondern vielmehr Ausbildungen derselben in verschiednen Richtungen, so daß die Gesamtheit des Griechischen Nationalcharakters nur durch sie alle zusammen ausgedrückt wurde, und diese Dialecte[[[[BedeutungsVerweis ID='98' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] in der Büchersprache galten, ja gewisse Gattungen der Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] ihrer nicht entrathen könnten. ➢ vgl. [[[[BelegVerweis ID='3215' Anzeige='170' Formatierung='1']]]].
[198] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 330 f.: Wir können uns hiebey nicht über alle Sprachen Germanischen Stammes im Einzelnen verbreiten. Was aber die unsrige charakterisirt, gilt entweder von jenen mit, oder es leidet Einschränkungen. Nur dieß will ich hier im allgemeinen bemerken, daß sich der Deutsche Stamm in zwey Hauptzweige theilt: das Ober- und Niederdeutsche. Zu dem letzten gehören das Friesische, Holländische und Englische. Ob man noch einen dritten Hauptstamm anzunehmen habe, den Scandinavischen, zu welchem dann das Schwedische und Dänische gehören würde, dieß lasse ich dahin gestellt seyn. Auf jeden Fall sind die eben genannten Dialekte[1] dem Niederdeutschen verwandter als dem Oberdeutschen. Zwischen diesen beyden Dialekten[1] muß man wie mich dünkt, ohne Frage für das letzte entscheiden. Es hat weit mehr Bestimmtheit, Charakter und grammatische Construction; statt daß die niederdeutschen Dialekte[1] erscheinen wie Sprachen, welche dieß alles gehabt, aber aus weichlichem Phlegma weggeschliffen und verschmolzen hätten. Das ist nicht zu leugnen, daß das Oberdeutsche in seiner ungemilderten Gestalt eine gewisse Unbeholfenheit und rauhe Bergaccente an sich hat; in der fließenden Leichtigkeit des Niederdeutschen erkennt man den klimatischen Einfluß der mildernden Seeluft und der an der See gelegnen Ebnen. Dazu kommt, daß sich der Deutsche Volks〈331〉stamm im Norden reiner erhalten hat, vielleicht sind manche Dialekte[1] im Süden von Deutschland dadurch härter geworden, daß die große Masse der Einwohner Slavisch war, und das Deutsche erst als eine fremde Sprache erlernt werden mußte, wie es ja noch jetzt innerhalb der Gränzen Deutschlands keineswegs allgemein verbreitet ist. Allein bey allem dem verräth der so oft widerhohlte Wunsch, das Niederdeutsche möchte doch statt des Hochdeutschen die poetische[4] und Büchersprache geworden seyn, eine große philologische und historische Unkunde. Der Versuch ist ja angestellt mit dem Englischen und Holländischen, und man hat genugsam gesehen, was daraus geworden. Dasjenige wodurch ein solches Provinzial-Patois gefällt, eine gewisse naive Grazie, ein scherzhafter Anstrich, geht bey der Ausbildung durch Schrift unausbleiblich verlohren. Es ist eine beschränkte Individualität, die keine allgemeine Gültigkeit haben kann. Das sogenannte Plattdeutsch schreibt sich zum Theil von flamändischen Colonien her, in neueren Zeiten ist es aber so sehr durch eingemischtes Hochdeutsch verfälscht worden, daß es als eine Bestandsprache keinen höheren Rang verdient, als Dialekt[1] des gemeinen Volks[5] in einer Provinz zu seyn..[199] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 336: Das Deutsche ist wirklich so sehr eine lebende Sprache, als es nur Statt finden kann. Aus der bisherigen Darstellung muß es schon klar geworden seyn, welchen Weg es zugleich mit der nationalen Bildung[2] (denn dieß läuft immer parallel) einschlägt, und welch ein Ziel beyden vorgestellt ist. Universalität ist unsre wahre Eigenthümlichkeit: es ist auf nichts geringeres angelegt, als die Vorzüge der verschiedensten Nationalitäten zu vereinigen, sich in alle hineinzudenken und hineinzufühlen, und so einen kosmopolitischen Mittelpunkt für den menschlichen Geist[19] zu stiften. Nach dem Gange, welchen die Philosophie der Cultur[3] vorzeichnet, muß jede neue[1] Epoche derselben mit einem höheren Bewußtseyn verknüpft werden: es wird also auch die jetzt beginnende mehr den Charakter[1] der Freyheit[10] und Absichtlichkeit tragen als irgend eine frühere; und was uns so lange im äußern Glanze gegen die einseitige, beschränkte aber eben darum entschiedne Wirksamkeit andrer Nationen[1] hat zurückstehen lassen: der Mangel einer Richtung, welcher, in ein Positives verwandelt, zur Allseitigkeit der Richtungen wird: muß in der Folge die Überlegenheit auf unsre Seite bringen. Es ist daher gewiß keine zu sanguinische Hoffnung anzunehmen, daß der Zeitpunkt nicht so gar entfernt ist, wo das Deutsche allgemeines Organ[1] der Mittheilung für die gebildeten Nationen[1] seyn wird. .
[200] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 337 f. (338): Über die Neulateinischen Sprachen will ich erst einige allgemeine Bemerkungen voranschicken, und dann sie einzeln in der Kürze charakterisiren. Das Lateinische war keinesweges eine sanfte Sprache: sonor allerdings, jedoch nicht milde, und den Griechen fiel sehr vieles darin als unerträgliche Härte auf. Die Altgermanischen Dialekte[1] der einwandernden Eroberer waren vollends in jener Zeit[3] rauh und ungeschlacht. Und dennoch sind aus der Verschmelzung dieser beyden Bestandtheile die sanftesten und anmuthigsten[1] Sprachen des neueren[3] Europa hervorgegangen. [...] Ich glaube [...], daß Mischung und Verschmelzung mehrerer Idiome ein besonders günstiger Umstand für die Sprachbildung ist. Es erfolgt nämlich, ehe sie sich amalgamiren, ein Zeitraum der Anarchie und Verwirrung, wo der große Haufe, beyder Sprachen nicht recht mächtig, spricht, wie er will und kann. Ist nun Anlage und Sinn[5] für das Schöne[1] da, so kann eben diese Unsicherheit und Unbestimmtheit Anlaß werden, daß das Angenehmere gewählt, Härten weggeschliffen, die Aussprache überhaupt gemildert werde u. s. w.: und so ist eben Barbarey und Idiotismus im Sprechen Quelle einer ganz 〈338〉 neuen[1] Vollkommenheit. Die schriftlichen Denkmäler lehren uns, daß alle diese Sprachen auf dem Übergange vom Latein ein sehr mißfälliger harter formloser Jargon waren, und das sind sie Jahrhunderte lang geblieben. Die ritterliche Galanterie und die damit verknüpfte Poesie[1] des Mittelalters hat unstreitig den größten Antheil an der Verfeinerung der romanischen[1] Dialekte[1]. [...] Haben demnach diese Sprachen gleich vor dem Lateinischen, ihrer Stammsprache, bedeutende Vorzüge: so ist auf der andern Seite nicht zu läugnen, daß ein gewisser Makel der Corruption an ihnen haftet. Sehr spät haben sich daher auch die Gelehrten dieser Länder gewöhnt, sie anders als ein ausgeartetes Latein, als Mundarten[1] des ungelehrten Haufens (lingua volgare) zu betrachten. Unläugbar ist es, daß vieles daher entstanden, daß die Germanischen Eroberer wohl die Lateinischen Wörter[1], aber nicht die gehörige Art sie zu biegen, erlernen konnten. Man kann daher diese Sprachen sämtlich aufs kürzeste so charakterisiren, daß man sagt: die Materie (die Hauptmasse der Wörter[1]) ist lateinisch, die Form Deutsch[5]..
[201] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 341: Die vornehmsten Sprachen
, die ich bisher immer unter dem Namen der Neulateinischen begriffen habe, sind: die Französische, Provenzalische, Italiänische, Spanische, Portugiesische. In eben dieser Reihe folgen auch die Zeitalter ihres höchsten Glanzes, der ihnen durch große Originaldichter verliehen ward, ungefähr auf einander. Es versteht sich, daß in Ansehung der beyden ersten Dialekte von einer weit früheren Periode die Rede ist, welche leider ganz zur Antiquität geworden..[202] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 342: Sonor sind die südlichen Neulateinischen Sprachen alle, jedoch mit verschiednen Modificationen. [...] Das Portugiesische scheint unter allen der mildeste und lieblichste Dialekt[1] zu seyn, welches dem Kehllaut der Spanier grade den sanftesten aller Konsonanten, das weichere Sch (j) entgegensetzt, auch die endenden S alle zischt..[203] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 346: Was die übrigen neulateinischen Sprachen betrifft, so würde man ihren Charakter[1] in poetischer[4] Hinsicht weit besser genetisch begreifen können, wenn die Denkmäler des Provenzalischen, als welches in so fern wie ihre gemeinschaftliche Mutter angesehen werden kann, erst mehr bekannt wären. Nächst diesem hat sich das Italiänische am frühesten in der Diction und den Formen ausgebildet, und [ist] also wiederum Quelle für die übrigen geworden. Alle haben eine Menge Vorzüge miteinander gemein, und wenn uns die Griechische[2] Sprache das Muster einer vollkommnen Organisation[7] für den strengen und reinen Kunststyl 〈darbietet〉, so finden wir hier die gefälligsten Reize und die größte Lieblichkeit für alle Bezauberungen der romantischen[15/13/3/4] Poesie[11]..
[204] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 348: Sowohl die Italiäner als Spanier besitzen romantische[1] Darstellungen in einer [...] wahrhaft poetisirten Prosa[5]. [...] Boccaz muß wohl als der Stifter der romantischen[1] Prosa[5] angesehen werden, wiewohl er die Französischen Ritterromane und Fabliaux vor Augen haben mochte. – Bey den Spaniern ist sie zuerst in den Ritterromanen aufgeblüht, [...] dann wurde sie besonders in den Schäferromanen und einigen andern sehr anmuthig bearbeitet, und endlich von Cervantes auf den letzten Gipfel erhoben, der nicht weiter hat übertroffen werden können. – Es ist keine Frage, daß die Deutsche Sprache sich hierin sehr gut an diese südlichen Muster anschließen kann; sie hat in frühern Zeiten[3] schon mehr das dazu gehörige besessen, und jetzt ist durch Goethes W. Meister zuerst der Sinn[5] für romantische[1] ruhig darstellende Prosa[5] wieder geweckt worden..
[205] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 357: [M]an [muß] den Gedanken loben, der seit der Wiederbelebung der classischen[7] Literatur in Europa gegolten hat, die Beschäftigung mit den alten[10] Sprachen, ohne bestimmte nähere Zwecke, zur Erziehung überhaupt, als zur allgemeinen Ausbildung dienlich, mitzurechnen. Nur freylich wird die Sache meistens so pedantisch und und verkehrt getrieben, daß man wenig heilsame Wirkungen davon gewahr wird, und nicht sieht, was zB. die Engländer, die sich auf Schulen und Universitäten fast ausschließend mit Lesung der Classiker[2] beschäftigen, dadurch vor den Franzosen voraushaben, bey denen das Griechische eine wahre Seltenheit ist, und das Lateinische ziemlich flüchtig erlernt wird. Unter den Nationen[1] des südlichen Europa scheint sich vermöge der analogeren Conformation der Sprachen das Latein immer noch mehr lebendig zu erhalten, und die Holländer haben in dem beharrlichen Studium der Classiker[2] überhaupt einen edleren Geschmack bewiesen, als man ihnen zutrauen sollte..
[206] A. W. Schlegel, an Schelling (25. 7. 1808), KJ 1, 579: Überdieß habe ich mich weniger auf den heurigen und täglichen grammatischen Gebrauch als auf die Origines unsrer Sprache gelegt, die immer mehr und mehr mein Lieblingsstudium werden..
[207] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 67: Welches ist nun das beste Hülfsmittel, um ohne Kenntniß der Sprache in den Geist[14] der Griechen einzudringen? Ich sage es ohne Bedenken: das Studium der Antike[4], welches, wo nicht an den Originalen, doch in den überall verbreiteten Abgüssen für jedermann in gewissem Grade zugänglich ist. Die Urbilder der menschlichen Gestalt bedürfen keiner Dollmetschung; ihre erhabne Bedeutung ist unvergänglich, und muß bei allem Wechsel der Zeiten[3], unter jedem Himmelstriche wieder erkannt werden [...].
➢ Volltext
.[208] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 5: Wir sehen eine Menge Menschen, ja ganze Nationen[1], so sehr befangen in den Gewöhnungen ihrer Erziehung und Lebensweise, daß sie sich auch dann nicht davon losreißen können, wenn vom Genusse schöner[2] Kunst[9] die Rede ist. Nur dasjenige, was in ihrer Sprache, ihren Sitten und ihren gesellschaftlichen Verhältnissen einheimisch und hergebracht ist, erscheint ihnen als natürlich[4], schicklich und schön[2]. ➢ Volltext.
[209] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 65 f. (66): Bey den meisten meiner Zuhörer darf ich keine unmittelbare aus eignem Studium der Ursprache geschöpfte Bekanntschaft mit den Griechen voraussetzen. Uebersetzungen in Prosa[1] oder auch in Versen, 〈66〉 die aber nichts andres als Verkleidungen in den modernen[1] Geschmack sind, können keine wahre Vorstellung vom griechischen[2] Schauspiel verschaffen. Wahrhaft treue Uebersetzungen, und welche im Ausdruck und Versbau zu gleicher Höhe mit dem Original hinanstrebten, hat man bis jetzt wohl nur im Deutschen versucht. Allein, wiewohl unsre Sprache äußerst biegsam und in vielen Stücken der griechischen[2] ähnlich ist, so bleibt es doch immer ein Kampf mit ungleichen Waffen; und nicht selten tritt an die Stelle der griechischen[2] freyen[13] Anmuth, Steifheit und Härte. ➢ Volltext.
[210] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 164: Nichts ist verschiedener als der französische und der spanische Nationalcharakter, folglich auch als der Geist[12] ihrer Sprache und Poesie[11].
➢ Volltext
.[211] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 3.3: Deutsche[5] Wörter[1] in der ältesten[1] Gesetzgebung der Deutschen[5] Eroberer. Lingua latina, barbara. Etymologie der Romanischen[1] Sprachen. ➢ Volltext.
[212] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 7.4 f. (7.5): Wichtigkeit der Kenntniß der altdeutschen Namen in der Geschichte[4]. [...] Sie sind ein untrügliches Kennzeichen von der Deutschen[5] Stammesart der Eroberer. [...] In der Geschichte[4] der Romanischen[2] Länder. Irrthum der meisten Geschichtschreiber dieser Länder. Sie glauben 〈7.5〉 die Deutschen[5] hätten sich sehr bald entnationalisirt. Gerade das Gegentheil hat Statt gefunden. Kennzeichen bey den Unterschriften der Urkunden, woran man sieht, wann sie die Deutsche[5] Sprache vergessen, u[nd] die Romanische[1] ausschließend angenommen haben: Schreibung der Namen. ➢ Volltext.
[213] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 10.6 f. (10.7): Ulfil.as bleibt der Grundtext für alle etymo〈10.7〉logischen Untersuchungen über die verschiednen Mundarten[1] des Deutschen[5] nicht nur, sondern auch den Nichtlateinischen Theil der Romanischen[1] Sprachen. ➢ Volltext.
[214] A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (!1818–19), 12.8: Eidesformel Carol.[i] Calvi u[nd] seines Bruders. [...] Äußerst wichtiges Document für die Geschichte[4] beyder Sprachen, der Fränkischen u[nd] der Romanischen[3]. ➢ Volltext.
[215] A. W. Schlegel, Vorr. krit. Schr. (1828), XI: So viel ich weiß, ist noch keine gründliche Kritik[5] der Wielandischen Werke vorhanden, worin gezeigt würde, wie er das Idol des Deutschen Publicums geworden und zwanzig bis dreißig Jahre geblieben, und was er für die Ausbildung der Sprache, des Versbaues, der Formen unserer Poesie[11] wirklich geleistet habe. Es wäre wohl an der Zeit, von der allzugroßen Vernach〈XII〉läßigung dieses von manchen Seiten liebenswürdigen Schriftstellers abzumahnen..
[216] F. Schlegel, Philolog. II (*1797), KFSA 16, 67, Nr. 78: Man soll übersetzen, um die moderne[n]
Sprach[en]
antik zu bilden, sich selbst das Klassische praktisch
zuzueignen in Saft und Blut, und die größere Verbreitung desselben zu befördern..[217] F. Schlegel, Philolog. II (*1797), KFSA 16, 72, Nr. 131: Die klass.[ischen][7] Metra können absolut nicht nachgemacht werden in den progr.[essiven][5] Sprachen. – In den Neuern[3] hat die Stammsilbe oft forte und im Maaß vertritt s.[ie] die Länge, und eine andere hat die Höhe, den Akzent. Wir zählen 〈73〉 auch im Sprechen die Sylben; die Engl.[änder] schmeißen sie hastig hin. Südl.[iche] und klass.[ische][7] Nazionen[1] mahlen sie ruhig, lassen jedem Klang s.[ein] Recht widerfahren. Hievon liegt der Grund gewiß sehr tief. 〈[...] Das klassische[7/5] Sprechen ist gleichsam ein ruhiges um s.[einer] selbst willen. Das Progr.[essive][5/3] eilt nach einem Ziel.〉 .
[218] F. Schlegel, Fragm. Poes. u. Litt. (*1801), KFSA 16, 322, Nr. 810: Der Charakter[1] d[er] oriental.[ischen][1] Sprache[n] viell.[eicht] das Auseinandertreten der Pole. Daher Diphtonge [sic] und Di[phtong-]Consonanten (Analogie des Deutschen) dahingegen d[as] Griech[ische][5] auf ein Mit〈322〉telmaaß geht. [...] Zwischen dies[em] und d[em] Deutsch[en] oder d[em] Eleg.[ischen] die Prosa[1] in drei Epochen 1) Classisch[5] ohne Farbe 2) auf Vokale und Conson.[anten] berechnet, rom[antisch][1] pict[oresk2] und μους [musikalisch7] 3) Synthesis von beiden, groß romantisch[1/10]..
[219] F. Schlegel, Zur Poesie II (*1802), KFSA 16, 421, Nr. 48: Die provenzal[ischen] Dial.[ekte][1] (auch der von Valencia) in d[er] Verstümmelung schon sehr französisch. Das Quelle [sic] und das Franz[ösische] als d[er] Untergang der romant[ischen][15] Sprach[en][3] [möglicherweise auch Sprach[e][5]] zu betrachten. ⦿.
[220] F. Schlegel, an L. Tieck (15. 9. 1803), L, 136: Das Persische ist dem Deutschen so verwandt daß man beides fast für eine Sprache[3] ansehn kann; nur ist die eine so arabisirt, als die andre latinisirt. So gar der Gang der Poesie[3] und Litteratur bei beiden Nationen[1] ist zum Erstaunen ähnlich; in der ältesten[1] Epoche eine Masse von alten[1] mythischen Nationalgedichten, auch in der Sprache[4] ganz einheimisch; und dann eine romantische[12] Zeit[3], wo das Arabische so durchaus angenommen, aber auch mehr geformt ward, wie in unsrer schwäbischen das Französische..
[221] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 54: Die Anfänge der spanischen, oder für jene ältere[1] Zeit[3] besonders genauer zu reden, der castilianischen Poesie[11], sind sehr einfach. Lieder in der eigenthümlichen spanischen ganz musikalischen[5], äußerst zarten und wortspielenden Form, worin es wohl nicht leicht eine andre Sprache dieser gleich thun wird; das ist die eigenthümlichste Blüthe dieses Bodens. Man könnte noch die Ritterbücher dazu rechnen, besonders den Amadis wegen des schönen[1] Styls; auch weil sich, wenn gleich die erste Anlage dieses durchaus rein erfundnen Romans[1] den Nordfranzosen gehören sollte, wie so mancher andre romantische[1] Stoff, der aber erst durch die Deutschen, Italiäner und Spanier 〈55〉 Form erhielt, viele andre Ritterdichtungen doch erst in Spanien daran angeschlossen haben. ➢ Volltext.
[222] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 58: [Die portugiesische Sprache ist] an sich schön[1] [...] und [gehört] zur Vollständigkeit des ganzen Systems der aus dem verdorbenen Lateinischen mit allerlei Modificationen entstandenen provenzalischen oder romantischen[15] Sprachen wesentlich mit [...]. ➢ Volltext.
[223] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 60: Durch die nasalen Töne[1] könnte man im Portugiesischen [...] eine Aehnlichkeit mit dem Französischen, wenigstens dem südlichen finden. Doch bekommt das freilich in jener Sprache, die von allen romantischen[15] unstreitig die weicheste und süßeste ist, einen ganz anderen Charakter[4]. ➢ Volltext.
[224] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 60: Man könnte das Portugiesische in seiner Weichheit vielleicht dem jonischen Dialekte[1] der hellenischen Sprache vergleichen, so wie die stolze Sprache der Spanier dem Dorischen, und die kunstgebildete der Italiäner dem Attischen.
➢ Volltext
.[225] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 61: [Portugiesisch] ist eine
Sprache
, gegen welche [...] nicht nur das Italiänische hart und rauh, sondern auch das Spanische als herbe und nördlich erscheint; die südlichste süßeste Blüthe aller provenzalischen romantischen Sprachen
; übrigens viel einfacher als jene beiden so kunstreich ausgebildeten. ➢ Volltext
.[226] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 67: Eine provenzalische Grammatik ist in dem Katalogus der Nationalbibliothek angegeben, wird aber seit mehreren Jahren nicht mehr gefunden. Die Sprache aber ist denn doch dem Französischen, dem Italiänischen, und auch vorzüglich dem Spanischen so nah verwandt, daß man meistentheils schon durch diese Kenntniß bei Anwendung einiger Mühe im Stande seyn wird, den Sinn[1] herauszukriegen. Wo dies aber nicht aushilft, bleibt das wichtigste Hülfsmittel die Kenntniß des gegenwärtigen provenzalischen und languedocschen Dialects[1]; von welchen beide[n] man Lexica hat.
➢ Volltext
.[227] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 69: Das Resultat meiner Untersuchung auf der Nationalbibliothek ist folgendes: | Es wird kein einziges romantisch[1] episches Gedicht in provenzalischer Sprache hier gefunden, obwohl eine unermessliche Menge in nordfranzösischer. ➢ Volltext.
[228] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 71: Sonach scheint es besonders zwei Hauptdialekte dieser ältesten romantischen[15] Sprache gegeben zu haben, wenigstens für den poetischen[4] Gebrauch; den provenzalischen und den catalonischen Dialekt
[1]
➢ Volltext
.[229] F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 48 f. (49): An einzelnen großen Geistern[32] jeder Art hat es überhaupt in Deutschland in keinem Jahrhundert gefehlt; und man darf wohl sagen, daß oftmals hier in Einem vereinigt war, was bei andern Nationen[1] unter Hunderte vertheilt ist. Doch war das alles nur einzeln, und blieb ohne Folgen. Die alte[1] Dichtkunst war verlohren und vergessen, die Ausbildung der Prosa[1] gleichsam schon vor ihrer Entstehung gehindert, und immer mehr und mehr zerstörte die Nation[1] sich selber. Eine Zerrüttung und Ein Bürgerkrieg folgte dem andern, und da die Reformation endlich durch die unglückliche Wendung, welche sie nahm, die Trennung der Nation[1] gleichsam 〈49〉 auf ewig sanctionirte, da ganze Provinzen in eingebildeter Freiheit[7] sich losrissen, um endlich, wie es sich voraussehen ließ, unter fremdes[1] Joch zu sinken; da Ausländer jeder Art sich einnisteten; da die Fürsten selbst nach ausländischen Besitzungen und Verbindungen strebend, die vaterländischen Sitten vergaßen; was war natürlicher[4] und unvermeidlicher, als daß die Sprache selbst entarten und verwildern mußte?.
[230] F. Schlegel, an A. W. Schlegel (8. 9. 1805), KJ 1, 229 f. (230): Ich bin ganz und gar nicht so antiantik als Tieck; doch glaube ich wohl, daß die romantischen[15/12] und alt〈230〉deutschen Metra unsrer Sprache näher liegen und eine grössere Stelle darin einnehmen müssen als die Griechischen[2], die ich nur für nothwendige Ergänzungen ansehn kann..
[231] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 34: Noch jetzt sind sehr viele Spuren dieser ältern[1] Sprachform im Deutschen[5], im eigentlichen Deutschen[2] mehr, als im Englischen und in den skandinavischen Mundarten[1] übrig; wenn aber im Ganzen hier das Princip der neuern[3] Grammatik, die Conjugation vorzüglich durch Hülfsverba, die Declination durch Präpositionen zu bilden, herrschend ist, so darf uns dieß um so weniger irre machen, da auch die sämmtlichen aus dem Lateinischen abstammenden romanischen[1] Sprachen, wie nicht minder alle hindostanische Mundarten[1], wie sie jetzt noch gesprochen werden, die sich zum Sanskrit etwa eben so verhalten, wie jene zum Lateinischen, eine ähnliche Veränderung erlitten haben. ➢ Volltext.
[232] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 40 f.: Obwohl es zu viel gesagt sein würde, wenn man es auf alles ausdehnen wollte, daß sich das Griechische[5] und Römische in Rücksicht der Grammatik zum Indischen wieder verhalte, wie die romanischen[1] Sprachen zur lateinischen; so ist es doch unläugbar wahr, daß sie in einigen Punkten, durch die Beihülfe der Präpositionen und durch die schwankendere Unregelmäßigkeit, schon den Uebergang zu der modernen[1] Gramma〈41〉tik bilden, und daß die regelmäßige Einfachheit der indischen Sprache in der gleichen Structur ein untrügliches Kennzeichen des höhern Alterthums[1] ist. ➢ Volltext.
[233] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 42: Daß eine so kunstreiche Grammatik dennoch sehr einfach seyn könne, zeigt das Beispiel der indischen selbst am besten. Es wird auch nichts dazu vorausgesetzt als etwas, was man doch wohl annehmen muß, um den Ursprung der Sprache[1] auf eine deutliche und verständliche Art zu erklären; ein sehr feines Gefühl nehmlich für den unterscheidend eigenthümlichen Ausdruck, für die ursprüngliche Naturbedeutung, wenn ich so sagen darf, der Buchstaben[7], der Wurzellaute und Sylben; ein Gefühl, das wir uns jetzt, da das Gepräge der Worte durch langen Gebrauch verwischt, das Ohr[3] durch die verworrne Menge allartiger Eindrücke abgestumpft worden ist, kaum mehr in seiner ganzen Regsamkeit und Lebendigkeit vorstellen können, was aber doch wohl vorhanden gewesen seyn muß, weil ohne dasselbe keine Sprache, wenigstens keine solche, hätte entstehen können. | Dieß feine Gefühl mußte dann mit der Sprache selbst zugleich auch Schrift hervorbringen; keine hieroglyphische nach äussern Natur〈43〉gegenständen mahlende oder bildernde, sondern eine solche, welche den innern Charakter[1] der Buchstaben[7], wie er so deutlich gefühlt ward, nun auch in sichtlichen Umrissen hinstellte und bezeichnete. ➢ Volltext.
[234] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 53 f.: Auf der östlichen Halbinsel Indiens zählt Symes sechs verschiedne Sprachen, wovon mehre selbst in den Zahlworten, diesem so wichtigen Grundbestandtheile, ganz verschieden sind; die Burma〈54〉sprache, die wieder in vier Mundarten[1] zerfällt, wovon die hauptsächlichste die von Ava ist, schließt sich durch ihre Einsylbigkeit an das Chinesische an; verwandt mit dieser ist die Sprache Koloun zwischen Bengalen, Arakan und Burma, so wie einige Dialekte[1] in Pegu; die Pegu-Sprache selbst ist aber nach Symes noch ganz verschieden, so wie die im Lande Meckley, südlich von Asam, und die Sprache in Siam, von der die der südlichen Cingalesen abgeleitet seyn soll. ➢ Volltext.
[235] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 56: Der Gang der bloß grammatischen Kunst[13] und Ausbildung ist in den beiden Hauptgattungen grade umgekehrt. Die Sprache durch Affixa ist im Anfang ganz kunstlos, wird aber immer künstlicher[1], je mehr die Affixa mit dem Hauptwort zusammenschmelzen; in den Sprachen durch Flexion hingegen geht die Schönheit[1] und Kunst[13] der Structur, durch den Hang sichs zu erleichtern, allmählig mehr und mehr verlohren, wie wir es sehen, wenn wir manche deutsche[5], romanische[1] und jetzige indische Mundarten[1] mit der ältern[1] Form, aus der sie abstammen, vergleichen. ➢ Volltext.
[236] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 176 f.: Bedenke man nur, wie sich die lateinische Sprache, anfangs nur dem mittlern Italien eigen, da im Norden Celten, im Süden Griechen wohnten, von diesem kleinen Fleck aus, fast über den ganzen Erdkreis verbreitet hat. Noch in ihren Töchtern, den romanischen[1] Sprachen, herrscht sie fast in allen Welttheilen; das Italiänische ist die Handels〈177〉sprache des Morgenlandes[2], wie das Portugiesische der afrikanischen und aller indischen Küsten; das Spanische ist die Sprache des größten Theils der neuen[3] Welt geworden; des gesellschaftlichen Einflusses der französischen Sprache, des Gebrauchs der ausgestorbenen lateinischen zur Gelehrsamkeit und in mehren Ländern noch jetzt zur Unterredung und zur Religion[8], (wie das Samskrit, oder wenigstens einzelne Formeln desselben in Siam und Thibet liturgisch gebraucht werden), der beträchtlichen römischen Einmischungen endlich in der englischen, deutschen[2] und wallachischen Sprache gar nicht zu erwähnen. ➢ Volltext.
[237] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 268, Nr. 35: Daß man im Deutschen jetzt die fremden[1/5] Worte[1] mit der fremden[1/5] Orthographie schreibt – hat einen tiefen Grund – es deutet an, daß von dieser Seite die deutsche Sprache jetzt geschlossen sei, daß sie keine fremdartigen Worte[1] mehr sich lebendig einverleiben kann. – Ihre Bildsamkeit geht jetzt in sich selbst, und auf das Alterthum[2] zurück – wo sie fast noch unbegränzt ist. Daher sollte man auch die ursprüngl[ich] bloß römischen Buchstaben[1] qu und v aus Deutschen Worten[1] ausmerzen. y desgl[eichen.].
[238] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 286, Nr. 174: Das Poetische[6] oder NichtPoetische einer Sprache hängt nicht von der Abstammung allein ab – oft zwei nah verwandte Sprachen darin ganz verschieden; die arabische z. B. ganz poetisch[6], die syrische ganz unpoetisch und prosaisch[2]..
[239] F. Schlegel, Gedanken (*1808–09), KFSA 19, 290, Nr. 212: Die Sprache d[er] Burgländischen Deutschen oder Sachsen 〈in der Haromßecker Gespannschaft〉 weicht von d.[er] Mundart[1] der Geisacher Kolonie sowohl als d[er] Leistritzer sehr ab. Die Sprache der Sachsen im 〈291〉 Leistritzer District in d[er] Thorenburger Gespannschaft ist von d[er] Mundart[1] der Andreanischen Nation[1] sehr verschieden, noch mehr aber der Einwohner von Regen, Zöpling, Botsch pp Viele Wörter[1] sind rein Deutsch, die meisten aber einem Hermanstädter ganz unbekannt..
[240] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 483: Je näher die Litteratur uns tritt, je reicher sie in den neuern[3] Zeiten[3] anwächst, je nothwendiger wird es mir, meine Betrachtung nur auf solche Dichter und Schriftsteller zu beschränken, welche den Gipfel der Sprache und Geistesbildung einer Nation[1] bezeichnen, und welche eben darum auch für das Ganze und für andre Nationen[1] die wichtigsten und lehrreichsten sind. ➢ Volltext.
[241] A. W. Schlegel/C. Schlegel, Rez. Schulz (1797), 218: Es ist auffallend und schon oft bemerkt worden, daß unsre Sprache sich bis jetzt für den dichterischen Gebrauch weit mehr vervollkommt hat, als für den Vortrag in Prosa[5]. Wiederum ist es den Deutschen Schriftstellern im Ganzen immer noch besser mit den ernsteren Gattungen gelungen, welche Schwung und Würde fodern, als mit dem leichten und muntern Tone[3], worin sich die Geisteskräfte ohne Spannung und mühsame Arbeit nur spielend entfalten, und wo besonders ein aufgeweckter Witz[1] freyen[1] Raum hat, sich im günstigsten Lichte zu zeigen. Wer viel unter Ausländern gelebt hat, dem kann es nicht entgangen seyn, daß sich im Französischen und selbst im Englischen das Gespräch mit einer Wahl der Ausdrücke, einer Zierlichkeit der Wendungen, einer Feinheit der Beziehungen und Unterscheidungen führen läßt, die man im Deutschen nicht auf denselben Grad zu treiben suchen dürfte, ohne in Ziererey und Steifheit zu verfallen..
[242] A. W. Schlegel/C. Schlegel, Rez. Schulz (1797), 219: Man kann, ohne im geringsten undeutsch zu werden, das Schleppende und Schwerfällige, Fehler, denen unsre Sprache durch die Natur[1] ihrer Wortfügungen und Wortstellungen nur allzusehr ausgesezt ist, mit dem raschen, flüchtigen Tritte der Französischen Prosa[5] vertauschen. Nichts würde uns im Grunde mehr von den Vorzügen dieses Musters entfernen als Gallicismen; denn keine Nation[1] wacht sorgfältiger über die charakteristische[4] Reinheit ihrer Sprache, und verbannt alles, was sich nicht mit ihrer allgemeinen Beschaffenheit in Harmonie setzen läßt, mit größerer Strenge daraus, als die Französische. Diese Klippe, auf die man bey dem Bestreben nach Annäherung so leicht geräth, hat Hr. S. [sc. Friedrich Schulz] mehrentheils glücklich vermieden. Selbst wo er ganz nach fremden[1] Erfindungen arbeitet, überträgt er weniger wörtlich, und erinnert seltner an ein Original, als die deutsche Treue, die sich sonst auch im Uebersetzen[1] bewährt, es mit sich bringt. Vielleicht ist es ihm eben dadurch besser gelungen, den Eindruck im Ganzen wieder zu geben, wozu in dieser Gattung die Ungezwungenheit sehr wesentlich mitgehört..
[243] A. W. Schlegel/C. Schlegel, Rez. Schulz (1797), 220: Auch sind wir auf allerley kleine Versehen gegen die Richtigkeit der Sprache gestoßen; [...] doch wäre durchgängige grammatische Genauigkeit hier deswegen eine sehr schätzbare Tugend gewesen, weil sie, überall wo wir unsre Sprache auf eine lebendige Weise, nicht mit der gemessensten Vorbereitung, behandeln: im Gespräche, in freyen[19] mündlichen Vorträgen, sogar auf der Bühne, noch sehr selten unter uns ist..
[244] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 108: [S]o allgemein ist ihr [sc. Elegie] Karakter[1], so weltbürgerlich ihre Gesinnung, daß sie es ungeachtet ihrer zarten Weichheit doch nicht verschmähte, die härtere Sprache des großen Roms zu reden, ja sogar aus dem südlichen Mutterlande nach Norden zu wandern. Die Römer glaubten in dieser Kunstart den Griechen näher gekommen zu seyn, und sind ihren Vorbildern hier wenigstens treuer geblieben als in vielen andern Fächern. Unter den Deutschen der jetzigen Zeit hat man das klassische[3] Metrum derselben nachgebildet, und ein Dichter, von dem es nie entschieden werden kann, ob er größer oder liebenswürdiger sey, hat zu seinen frühern unverwelklichen Lorbern auch den Namen eines Wiederherstellers der alten Elegie gesellt.
➢ Volltext
.[245] Schleiermacher, Hermen. (*1809–10), K, 57: Grammat[ische] Interpretation [...] ist [...] die Kunst[6] aus der Sprache und mithülfe der Sprache den bestimmten Sinn[1] einer gewissen Rede zu finden. .
[246] Schleiermacher, Hermen. (*1809–10), K, 58: Hieraus erklärt sich zunächst sowol die vielfache Bedeutung der Worte[1] weil nemlich das mannigfaltige[1] woraus dieselbe Anschauung wiederkehrt unter sehr verschiedenen B[egriffe]n[1] kann subsumirt werden als auch die Synonyme aus dem umgekehrten Verhältniß. | Ferner erklärt sich hieraus die Individualität der Sprachen weil die Gesichtspunkte nach denen sich die Anschauungen bestimmen sehr verschieden sein können, und was nach diesen construirt ist nicht mehr ausgeglichen werden kann. Dagegen B[egriff]e[1] sich rein ineinander müssen auflösen lassen. Daher in der Regel, wenn man von Ursprachen spricht kein Wort[1] in der einen irgend einem in der andern vollkommen entspricht..
[247] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 234: Wenn wir in die Zeiten[3] zurükkgehn, wo die romanischen[1] Sprachen anfingen sich zu bilden, wer kann sagen, welche Sprache[3] damals den dortigen Menschen[1] sei angeboren gewesen? und wer wird läugnen wollen, daß denen, welche eine wissenschaftliche Bestrebung ergriffen, das lateinische mehr Muttersprache gewesen als das volgare? ➢ Volltext.
[248] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 236 f.: Wie Einem Lande, so auch Einer Sprache oder der andern, muß der Mensch[1] sich entschließen anzugehören, oder er schwebt[5] haltungslos in unerfreulicher Mitte. Es ist recht, daß noch jetzt unter uns lateinisch geschrieben wird von Amtswegen, um das Bewußtsein lebendig zu erhalten, daß dies unserer Vorfahren wissenschaftliche und heilige Muttersprache gewesen ist; es ist heilsam, daß es auch sonst geschehe im Gebiet der gemeinsamen europäischen Wissenschaft[1], des leichten Verkehrs wegen; aber gelingen wird es auch in diesem Fall nur in dem Maaß, als für eine solche Darstellung der Gegenstand alles ist, und die eigene Ansicht und Verknüpfung wenig. Dasselbe ist der Fall mit dem romanischen[1]. Wer gezwungen und von Amtswegen eine solche Sprache schreibt, der wird sich doch wol bewußt sein, daß seine Gedanken im ersten Entstehen deutsch[2] sind, und daß er nur sehr früh während der Embryo sich noch gestaltet schon anfängt sie zu übersezen[1]; und wer sich einer Wissenschaft[2] wegen 〈237〉 dazu aufopfert, der wird sich auch nur da leicht ungezwungen und ohne geheimes Uebersezen[1] finden, wo er sich ganz in der Gewalt des Gegenstandes fühlt. [...] Die Production in der fremden[4] Sprache ist keine ursprüngliche; sondern Erinnerungen an einen bestimmten Schriftsteller oder auch an die Weise eines gewissen Zeitalters, das gleichsam eine allgemeine Person vorstellt, schweben der Seele fast wie ein lebendiges äußeres Bild vor, und die Nachahmung desselben leitet und bestimmt die Production. ➢ Volltext.
[249] Schleiermacher, Meth. d. Übers. (1813), SW 3.2, 240: Will [...] die Uebersezung einen Schauspieldichter reden lassen, als hätte er ursprünglich in ihrer Sprache gedichtet: so kann sie ihn ja vieles gar nicht vorbringen lassen, weil es in diesem Volk[1] nicht einheimisch ist und also auch in der Sprache kein Zeichen hat. Der Uebersezer muß also hier entweder ganz wegschneiden, und so die Kraft und die Form des Ganzen zerstören, oder er muß anderes an die Stelle sezen. Auf diesem Gebiet also führt die Formel [sc. das Prinzip des zielsprachlichen Übersetzens] vollständig befolgt offenbar auf bloße Nachbildung oder auf ein noch widerlicher auffallendes und verwirrendes Gemisch von Uebersezung und Nachbildung, welches den Leser wie einen Ball zwischen seiner und der fremden Welt, zwischen des Verfassers und des Uebersezers Erfindung und Wiz[1], unbarmherzig hin und her wirft, wovon er keinen reinen Genuß haben kann, zulezt aber Schwindel und Ermattung gewiß genug davon trägt. Der Uebersezer nach der andern Methode [sc. nach dem Prinzip des ausgangssprachlichen Übersetzens] hingegen hat gar keine Aufforderung zu solchen eigenmächtigen Veränderungen, weil sein Leser immer gegenwärtig behalten soll, daß der Verfasser in einer andern Welt gelebt und in einer andern Sprache geschrieben hat. ➢ Volltext.
[250] Schleiermacher [Lücke], Hermen. u. Krit. (1838), SW I, 7, 4: Wie Hermeneutik und Kritik[3] zusammengehören, so beide mit der Grammatik. Alle drei haben schon als philologische Disciplinen zusammengestellt Fr. A. Wolf und Ast, jener als philologische Vorbereitungswissenschaften, dieser als Anhang zur Philologie. Beide aber fassen sie zu speciell, nur in Beziehung auf die beiden klassischen[3] Sprachen des Alterthums[3]..
[251] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 511: Die lebendige Erkenntniß der ewigen Gerechtigkeit erfordert gänzliche Erhebung über die Individualität und das Princip ihrer Möglichkeit: sie wird daher, wie auch die ihr verwandte und sogleich zu erörternde reine und deutliche Erkenntniß des Wesens aller Tugend, der Mehrzahl der Menschen stets unzugänglich bleiben. – Daher haben die weisen Urväter des Indischen Volkes sie zwar in den dem Braminen allein erlaubten Vedas, oder in der esoterischen Weisheitslehre, direkt, so weit nämlich Begriff[5] und Sprache es fassen und ihre immer noch bildliche, auch rhapsodische Darstellungsweise es zuläßt, ausgesprochen; aber in der Volksreligion, oder exoterischen Lehre, nur mythisch mitgetheilt. ➢ Volltext.
[252] J. Schopenhauer, Tante I (1823), 160: Französisch war ohnehin unsre tägliche Haussprache; sobald wir unter uns allein waren, sprachen wir keine andere, denn dies war damals fast in allen adlichen Familien so der Gebrauch. Mein Vater zog diese
Sprache
jeder andern vor, weil von ihr zu seiner Zeit nicht nur seine, sondern auch die geistige Bildung aller derer ausgieng, die sich nicht geradezu dem eigentlichen Gelehrtenstande widmen wollten, und die klassischen Schriftsteller der Franzosen blieben ihm zeitlebens die liebsten, ich könnte wohl sagen, die einzigen, die er las..[253] Seume, Sommer (1806), 170: Du siehst, daß es der finnischen Sprache nicht an Anmuth fehlt. Die finnische Sprache ist die Hauptsprache; und das Esthnische und Lappische sind nur ihre Dialekte[1], wie ich höre..
[254] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 349: Wenn der Geist[22] und das Herz des Redners und des Dichters von dem Gegenstand ganz eingenommen und gerührt sind, so bilden sich die Wörter[1] und Redensarten von selbst so auf der Zunge, als wenn ein Theil des innern Lebens sich in den todten Buchstaben[9] ergöße; wenn nur der Dichter sonst den ganzen Reichthum und die Mechanik seiner Sprache besitzt. Also ist das allgemeineste Mittel zum Erhabenen in der Schreibart zugelangen, ein von dem Gegenstand ganz durchdrungener Geist[22] und ein von der Stärke der Empfindungen aufgeschwollenes Herz..
[255] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: So ist die Sprache, welche die Dichter in diesem Zeitalter brauchen, eine ungebundene, ganz freie, die sich alle Wendungen, Teutologien [sic] und Abkürzungen erlaubt; manche Worte[1] wechseln fast durch alle Vokale, und e, o und a sind fast immer gleichgültig, angehängte Buchstaben[7] und Sylben, so wie unterdrückte, sind gleich sehr erlaubt, um den Vers härter, oder wohlklingender, weicher und schmachtender zu machen.
➢ Volltext
.[256] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XII: Diese grosse Allgemeinheit und Freiheit[1] ist vielleicht der Character[1] der Deutschen Sprache, [...] sie geht immer wieder in ihre alte[5] Wurzel zurück und erinnert sich ihres ehemaligen Geistes[12]..
[257] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), 493 f. (494): Unter den Dichtern aber erreichte Racine in Sprach- und Verskunst eine harmonische Vol〈494〉lendung, wie sie nach meinem Gefühl weder Milton im Englischen, noch auch Virgil im Römischen haben, und die nachher in der französischen Sprache nie wieder erreicht worden ist. Für das Ganze der Poesie[1] hätte man wohl wünschen mögen, daß für die Dichtersprache besonders, neben dieser kunstreichen Vollendung, auch etwas mehr Freyheit[9] übrig gelassen wäre; daß man die altfranzösische Poesie[11] der Ritterzeit, die doch so vieles Schöne[1] und Liebliche, in Erfindung und Sprache hervorgebracht, nicht so ganz unbedingt und ohne Ausnahme verworfen, verachtet und vergessen hätte. Man hätte immer, wie ja auch von den Italienern und andern Nationen[1] geschehen war, einen kunstreichern und ernstern Styl mit dem dichterischen Geist[12] der Ritterzeit verbinden können. Die französische Poesie[1] und die Sprache würde dann etwas mehr von jenem romantischen[2/7] Schwunge und jener alten[6] Dichter-Freyheit[9] erhalten haben, die ihr Voltaire so oft zurück wünscht, und die er ihr auch obwohl zu spät und nur mit halbem Gelingen zum Theil wieder zu geben suchte. ➢ Volltext.
[258] L. Tieck, Conv.-Lex. IV (1809), 156: Es [sc. das Versepos Reineke Fuchs] wurde häufig in der Ursprache herausgegeben, ins Hochdeutsche und in fremde[1] Sprachen übersetzt, auch umgebildet und dem Geiste[14] der spätern Zeiten[5] angepaßt..
[259] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 8: Von den sechziger Jahren an ward die herschende Dogmatik, freier als zuvor, beleuchtet durch Kirchengeschichte, unbefangnere Kritik[3], hellere Kunde der biblischen Sprachen, Sitten und Vorstellungen. ➢ Volltext.
[260] Wackenroder, an L. Tieck (11. 12. 1792), VL 2, 96 f. (97): Du hast vielleicht schon aus meiner neulichen Anführung aus einem altdeutschen Gedichte, ersehen, womit ich mich jetzt beschäftige. Ich höre beym Prediger Koch, der in der That ein äußerst gelehrter, kenntniß〈97〉reicher u[nd] eifrigthätiger Mann ist, ein Kolleg[ium] über die allg[e]m[eine] Litteratur-Geschichte, vornehml[ich] über die schönen[1] Wiss[enschaften] unter den Deutschen. Da hab' ich denn manche sehr interressante[1] Bekanntschaft mit altdeutschen Dichtern gemacht, u[nd] gesehn, daß dies Studium, mit einigem Geist[20] betrieben, sehr viel anziehendes hat. Ich habe mir auch einige Stücke abgeschrieben; u[nd] schmeichle mir jetzt öfters mit der (wenn auch kindischen, doch ergötzenden) Hoffnung, einmal in dem Winkel mancher Bibliothek, Entdeckungen in diesem Fach zu machen, oder wenigstens es durch kleine Aufklärungen zu erweitern. Schon Sprache, Etymologie, u[nd] Wortverwandtschaften, (besonders auch das Wohlklingende der alten[11] Ostfränk[ischen] Sprache) machen das Lesen jener alten[11] Ueberbleibsel interressant[1]. Aber auch davon abstrahirt, findet man viel Genie[5] u[nd] poet[ischen][4] Geist[27] darin. .
[261] Wackenroder, an L. Tieck (11.–14. 1. 1793), VL 2, 122: Die Minnesinger sind, so viel ich sie kenne, freil[ich] einförmig. – Die Beobachtungen für die alte[11] Sprache, u[nd] ihre Verwandtschaft mit der neuern[9], sind auch oft interressanter[1] als das poetische[4] Verdienst. Aber dies sucht man doch sehr oft nicht vergebl[ich]. Sehn wir uns, so kann ich Dir manches Schöne[1] aus dem Heldenbuche mittheilen, das ich itzt gelesen habe..
[262] Wackenroder, an L. Tieck (ca. 25. 1. 1793), VL 2, 128: Gebiete dem kleinsten Gedanken Deiner Seele eine feierl[iche] Stille, u[nd] laß, in dieser erhaben-majestät[ischen] Pause Deiner Geistesthätigkeit Dir die goldenen, himmlischen Worte[2] Deine beyden Ohren[2] füllen: Ich bin Schriftsteller, u[nd] abermals: ich bin Schriftsteller. – – – Allein ich muß mich wohl von meiner schwindlichten Höhe herablassen, u[nd] Dir in der Sprache der Menschen, in aller Kürze erzählen: Cur, quomodo, quando..
[263] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 121 f. (122): Als Albrecht [Dürer] den Pinsel führte, da war der Deutsche auf dem Völkerschauplatz unsers Welttheils noch ein eigenthümlicher und ausgezeichneter Charakter[6] von festem Bestand; und seinen Bildern ist nicht nur in Gesichtsbildung und im ganzen Äußeren, 〈122〉 sondern auch im inneren Geiste[12], dieses ernsthafte, grade und kräftige Wesen des deutschen Charakters[2] treu und deutlich eingeprägt. In unsern Zeiten[3] ist dieser festbestimmte deutsche Charakter[2], und eben so die deutsche Kunst[4], verloren gegangen. Der junge Deutsche lernt die Sprachen aller Völker[1] Europa's, und soll prüfend und richtend aus dem Geiste[10] aller Nationen[1] Nahrung ziehen; – und der Schüler der Kunst[4] wird belehrt, wie er den Ausdruck Raphaels, und die Farben der venezianischen Schule, und die Wahrheit der Niederländer, und das Zauberlicht des Correggio, alles zusammen nachahmen, und auf diesem Wege zur alles übertreffenden Vollkommenheit gelangen solle. – O traurige Afterweisheit! O blinder Glaube des Zeitalters, daß man jede Art der Schönheit[1], und jedes Vorzügliche aller großen Künstler der Erde, zusammen〈123〉setzen, und durch das Betrachten aller, und das Erbetteln von ihren mannigfachen großen Gaben, ihrer aller Geist[20] in sich vereinigen, und sie alle besiegen könne! ➢ Volltext.
[264] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 157: Ich unterschreibe von ganzem Herzen alles was Hr. A.[delung] von den Verdiensten des großen Luthers um die teutsche Sprache sagt; – wie〈158〉wohl Hr. A. selbst in der Lutherischen Bibel-Uebersetzung soviel veraltetes und Ober-teutsches (d. i. nach seinen Grundsätzen Unteutsches) findet, daß er derselben kein Classisches[4] Ansehen in unsrer Schriftsprache zugestehen kann. ➢ Volltext.
[265] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 162 f.: Wem eine so schnelle und große Veränderung zuzuschreiben sey, ist unter den Franzosen selbst keine Frage. Die ganze Nation[1] ist nur Eine Stimme[6], sie [ist] nicht der Pracht des Hofes unter Ludwig XIV. nicht dem Weinbau, Seidenbau, den Manufacturen, und der Handlung, die damals in Frankreich blüheten, nicht dem Zusammenfluß glüklicher Umstände, welche sich zum glänzendsten Wohlstande des Französischen Reichs in der ersten Hälfte der Regierung jenes großen Königs vereinigten – sondern den Arnaud, Pascal, Bourdaloue, Fenelon, Bossuet, La Brüyere, 〈162〉 u. a. unter den Prosaisten, und den Corneille, Racine, Moliere, Boileau und La Fontaine unter den Dichtern, zuzuschreiben, welche sich, nach des Schiksals Schluß, zusammen fanden, und durch ihre Werke die goldne Epoke der französischen Litteratur hervorbrachten. Und wodurch wurden alle diese Männer die Classischen[3/4] Schriftsteller ihres Volkes[1], und die Muster der besten Schreibart? Etwa dadurch, daß sie sich nach dem Geschmacke der obern Classen[2] in Paris bildeten, und die Sprache schrieben, welche jene redeten? Pascal, dessen Lettres Provinciales bis auf diesen Tag für das vollkommenste Muster der schönsten französischen Sprache und Schreibart gelten, hatte von Jugend auf in einer großen Abgeschiedenheit gelebt, und zu seiner Zeit war die Clelie, der große Cyrus und andre Werke dieser Art noch die Mode-Lecture der obern Classen[2] in Paris. Der große Corneille war nichts weniger als was man einen Weltmann nennt; er lebte in seinem Cabinet und im Schooße seiner Familie; mit den hohen Charaktern[6] und Idealen des alten[10] Roms und Griechenlandes besser bekannt als mit dem Adel[2] und dem vornehmen Bürgerstande zu Paris. Mit welchem Grunde sollte man also von diesen und den übrigen großen Schriftstellern der schönsten Zeit Ludwigs des XIV. sagen können: daß sie den guten Geschmack, der ihnen vor ihren Vorgängern einen so großen Vorzug giebt, von ihren Zeitgenossen erhalten hätten? anstatt daß alle Welt bißher gerade das Gegentheil ge〈163〉glaubt hat. Freylich reden die ersten guten Schriftsteller eines Volks[1] keine unerhörte selbst erfundene Sprache; und ihre vortreflichen Werke setzen voraus, daß die Sprache, schon durch eine Menge Stufen nach und nach zu einem großen Reichthum an Worten und Redensarten, und selbst zu einigem Grade von Ausbildung und Politur gekommen sey. Viele gute Schriftsteller mußten vorher an der Französischen Sprache gearbeitet haben, ehe sie von den Besten der Vollkommenheit nahe gebracht werden konnte. Aber wodurch thaten diese leztern es in allen Schrift-Arten ihren Vorgängern so sehr zuvor? Etwa dadurch, daß sie ihren Geschmack nach den obern Classen[2] ihrer Nation[1], oder dadurch, daß sie ihn nach den besten Mustern der Alten bildeten? Man braucht sie nur zu lesen, nur ihr eignes Geständniß zu hören, um von dem leztern überzeugt zu werden. Die Calpreneden, die Boyers, Pradons u. s. w. diese waren die Leute, die sich nach dem Geschmack ihres Publikums richteten, und dadurch die vergängliche Ehre eines augenbliklichen Beyfalls erschlichen: aber die Corneille und Racine schlugen einen ganz andern Weg ein; sie erhoben sich durch ihren mit der reinsten Blüthe Classischer[7] Gelehrsamkeit genährten Genie, durch einen Geschmak, den sie sowohl an den vollkommnen Mustern der Alten als an den fehlerhaften Werken ihrer Vorgänger und Zeitgenossen geschärft hatten, über den Geschmak ihres Publikums; wurden die Gesezgeber 〈164〉 desselben, anstatt seine Sklaven zu seyn. ➢ Volltext.
[266] Wieland, Was ist Hochteutsch? (1782), 170: [I]ch behaupte, so lange bis ich des Gegentheils durch überwiegende Gründe überzeugt werde, a) daß die Hochteutsche Schrift-Sprache oder die Frage, was ist Hochteutsch? sich nicht durch die Mundart[1] irgend einer blühenden Provinz, sondern ganz allein aus den Werken der besten Schriftsteller bestimmen lasse; b) daß hiervon auch die Schriftsteller des 16ten und 17ten Jahrhunderts nicht ausgeschlossen werden dürfen; c) daß die Zeit noch nicht gekommen sey, wo die Anzahl der 〈170〉 Autoren, welche den ganzen Reichthum unsrer Schrift-Sprache enthalten, für beschlossen angenommen werden könnte: und daß d) bis dahin die ältern Dialekte[1] noch immer als gemeines Gut und Eigenthum der ächten teutschen Sprache, und als eine Art von Fundgruben anzusehen seyen, aus welchen man den Bedürfnissen der allgemeinen Schriftsprache, in Fällen, wo es vonnöthen ist, zu Hülfe kommen könne. ➢ Volltext.
[267] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 184: Goethe vergleicht [...] sehr richtig die französische Sprache mit ausgeprägter Scheidemünze, die jeder in der Tasche bei sich trägt und der er sich auf das schnellste im Handel und Wandel bedienen kann, die deutsche aber mit einer Goldbarre, die sich ein jeder erst münzen und prägen muß; woher es auch ein gewöhnlicher Fall, daß der gemeinste Franzose rasch und fließend spricht, da er seine Wörter[1] ungezählt nur so ausgibt, der Deutsche aber, selbst der gebildete, sich nur selten so rund und voll auszudrücken vermag, als er wohl wünscht. Demselben Umstande hat die französische Prosa[1] ihre Vollkommenheit zu verdanken und sie, die Prosa[1], ist es vor allen Dingen, was den Ruhm und auch den Wert der französischen Literatur gegründet hat, obwohl darüber noch 〈185〉 manche im unklaren sind und die französische Poesie[3], die Trauerspiele eines Corneille, Racine, die gereimten Lustspiele eines Moliere, die Henriade eines Voltaire usw. für die einflußreichsten und am meisten klassischen[3] Produkte der französischen Literatur erachten. Ich weiß nicht, ob die Franzosen ein rein poetisches[4] Produkt zustande gebracht haben, ich wüßte keins, wo nicht der Redner den Poeten überwöge oder wenigstens ihm den Rang abzulaufen versuchte; selbst in der neuesten[3/7] romantischen[14] Schule, an deren Spitze Viktor Hugo steht, und die ohne Zweifel an poetischem[4] Gehalt die altfranzösisch klassische[4/8?] überflügelt, spielt die Rhetorik, die Floskelei, die Tiradensucht die Hauptrolle..
[268] Zelter, Selbstbiogr. (*1820), 18: Die italienische und überhaupt eine fremde[1] Sprache schien mir notwendig, ja natürlich zur Darstellung so wunderbarer Dinge. Daher kam es mir denn niemals unschicklich vor, Helden singend sterben zu sehn, wogegen ich oft genug die Einwendungen der damaligen Kritik[8] anhörte. Und indem ich dem Wunderbaren seine eigene Natur[1] zugestand, konnte es mich vielmehr erschrecken, wenn ich an den Schauspielern Ausdrucksarten oder Bewegungen wahrnahm, die das Untergeordnete, Alltägliche verrieten..
162168 Besucher bislang. ::
Admin Login