[1]
B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 186
: [W]enn ich Abends meine Hände wasche so dient mir das statt Abendgebet; es macht mich unendlich heiter beim schlafengehen; – als liege ich in der Wiege einer schöneren Welt, und als werde ich aus dieser Wiege herausfliegen [...].
[2]
Brentano, Godwi (1801), SWB 16, 70
: [A]uf der heitern Stirne manchen Greises las ich [...] Weisheit[.]
[3]
Brockhaus, Conv.-Lex. V (1809), 68 f. (69)
: Paul Scarron, ein berühmter Französischer Dichter und Satiriker [...], [...] hatte sich anfangs dem geistlichen Stande gewidmet, auch ein Canonicat an der Hauptkirche zu Mans erhalten; allein gichtische Zufälle [...] die ihn schon in seinem 27sten Jahre überfielen und von denen er nie wieder frei ward, bewogen ihn, jene Stelle auszugeben. Er wählte seine Vaterstadt Paris zu seinem 〈69〉 Aufenthalte; und durch seinen Witz[1] und angenehme Laune ward sein Haus der Sammelplatz der vornehmsten Personen und der besten Köpfe dieser Hauptstadt. Denn mitten unter den größten körperlichen Schmerzen blieb er stets froh und heiter, scherzte über sein Schicksal und brachte auf diese Art das in Ausübung, was unter den alten Philosophen die Stoiker und in unsern Zeiten Kant über die Bekämpfung der körperlichen Leiden lehrten.
[4]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 100
: Heitere Ruhe ist die dritte Farbe der Griechen. Ihr höchster Gott wurde, ob er gleich den Donner in der Hand hatte, (nach Winkelmann) stets heiter abgebildet.
[5]
Novalis, Tageb. (*1797), NS 4, 46
: Sie ist gestorben – so sterb ich auch – die Welt ist öde. [...] In tiefer, heitrer Ruh will ich den Augenblick erwarten, der mich ruft.
[6]
Schiller, Matthisson. (1794), NA 22, 282
: Hr. M.[atthison] hat seinen Anspruch auf diesen Titel auf eine Art beurkundet, die auch dem strengsten Richter Genüge tun muß. Wer eine Phantasie, wie sein Elysium
[...], komponieren kann, der ist als ein Eingeweihter in den innersten Geheimnissen der poetischen Kunst und als ein Jünger der wahren Schönheit gerechtfertigt. Ein vertrauter Umgang mit der Natur und mit klassischen Mustern hat seinen Geist genährt, seinen Geschmack gereinigt, seine sittliche Grazie bewahrt; eine geläuterte heitre
Menschlichkeit beseelt seine Dichtungen, und rein, wie sie auf der spiegelnden Fläche des Wassers liegen, malen sich die schönen Naturbilder in der ruhigen Klarheit seines Geistes. Durchgängig bemerkt man in seinen Produkten eine Wahl, eine Züchtigkeit, eine Strenge des Dichters gegen sich selbst, ein nie ermüdendes Bestreben nach einem Maximum von Schönheit.
[7]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 23 f. (24)
: Und wenn nun die Seele gleichsam unter den Trauerweiden der Verbannung ruhend, ihr Verlangen nach der fremd[4] gewordnen Heimath ausathmet, was andres kann der Grundton ihrer Lieder 〈24〉 seyn als Schwermuth? So ist es denn auch: die Poesie[11] der Alten[10] war die des Besitzes, die unsrige ist die der Sehnsucht; jene steht fest auf dem Boden der Gegenwart, diese wiegt sich zwischen Erinnerung und Ahndung. Man mißverstehe dieß nicht, als ob alles in einförmige Klage verfließen, und die Melancholie sich immer vorlaut aussprechen müßte. Wie in der heitern Weltansicht der Griechen die herbe Tragödie dennoch möglich war, so kann auch die aus der oben geschilderten entsprungene romantische[12/9] Poesie[11] alle Stimmungen bis zur fröhlichsten durchgehen; aber sie wird immer in einem namenlosen Etwas Spuren ihrer Quelle an sich tragen. Das Gefühl ist im ganzen bey den Neueren[3] inniger, die Fantasie[1] unkörperlicher, der Gedanke beschaulicher geworden. ➢ Volltext
[8]
L. Tieck, Herz. (1797 [1796]), 194
: Wandle hier mit stillem, heiterm Ernste[.]
[9]
J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 33 f.
: Der Winter 1794–95 brachte dem edlen Boie den schmerzhaft langsamen Tod. Seine Ruhe, sein hei〈34〉terer Geist[19], der bis zu den lezten schlaflosen Nächten nach Kenntnis rang, war auch für Stolberg so rührend, daß er fast täglich ihn besuchte. ➢ Volltext
[10]
C. Böhmer, an Ch. Michaelis (Dez. 1787), C 1, 167
: Du siehst Madam Böhmer wohl nicht? Ich fürchte, es wird nicht lange mehr mit ihr dauren, nach den Beschreibungen, die sie selbst, mit dem heitersten Muth und Hofnungen, von ihren Zustande giebt. Geholfen kan ihr gar nicht werden, sagt Böhmer; ihre Curen helfen ihr nur die Zeit[6] hinbringen. Mich däucht, von der Familie ahnden[3] wenige ihre Gefahr. Pine, der ungefällige Pümpel, besorgt sie auch wohl nicht im Geist[14] der Zärtlichkeit des letzen Diensts?.
[11]
Goethe, Wanderjahre I (1829), WA I, 24, 299
: Bei solch unerwartetem Anerbieten fühlte sich der Major wirklich betroffen; die zierliche Pracht dieser Gabe hatte so gar kein Verhältniß zu dem was ihn gewöhnlich umgab, [...] daß er sie sich, obgleich dargereicht, kaum zueignen konnte; doch nahm er sich zusammen, und wie seinem Erinnern ein überliefertes Gute niemals versagte, so trat eine classische Stelle alsbald ihm in's Gedächtniß. Nur wäre es pedantisch gewesen sie anzuführen, doch regte sie einen heitern
Gedanken bei ihm auf, daß er aus dem Stegreife mit artiger Paraphrase einen freundlichen Dank und ein zierliches Compliment entgegen zu bringen im Falle war [...]..
[12]
Grosse, Genius I (1791), 242
: Je mehr ich diese Vorstellungen verfolgte, desto geläufiger ward mir ihre Verknüpfung, meine Seele klärte sich immer heiterer auf, und bald ahndete[1] ich, an der Quelle des Ganzen mich niederlassen zu können..
[13]
Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 202
: Wir können [...] die heitere Ruhe und Seligkeit, dieß Sichselbstgenügen in der eigenen Beschlossenheit und Befriedigung als den Grundzug des Ideals an die Spitze stellen. Die ideale Kunstgestalt steht wie ein seliger Gott[4] vor uns da. Den seligen Göttern[4] nämlich ist es mit der Noth, dem Zorn und Intresse in endlichen Kreisen und Zwecken kein letzter Ernst, und dieses positive Zurückgenommenseyn in sich bei der Negativität alles Besonderen giebt ihnen den Zug der Heiterkeit[3] und Stille. In diesem Sinne[1] gilt das Wort[2] Schillers: „Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst[2].“ Zwar ist häufig genug pedantisch hierüber gewitzelt worden, da die Kunst[2] überhaupt und vornehmlich Schillers eigene Poesie[11] von der ernstesten Art sey, – wie denn die ideale Kunst[2] auch in der That des Ernstes nicht entbehrt, – aber in dem Ernste eben bleibt die Heiterkeit[3] in sich selbst ihr wesentlicher Charakter[1]. Diese Kraft der Individualität, dieser Triumph der in sich koncentrirten konkreten Freiheit[10] ist es, den wir besonders in antiken[2] Kunstwerken[2] in der heiteren Ruhe ihrer Gestalten erkennen. ➢ Volltext.
[14]
Hoffmann, Elix. d. Teuf. II (1816), PW 2, 240
: Sie werden im Zirkel des Hofes manchen bürgerlichen Gelehrten und Künstler bemerkt haben, aber die Feinfühlenden unter diesen, denen Leichtigkeit des innern Seins abgeht, die sich nicht in heitrer Ironie[3] auf den hohen Standpunkt stellen können, der sie über das Ganze erhebt, sieht man nur selten, sie bleiben auch wohl ganz aus. Bei dem besten Willen, sich recht vorurteilsfrei zu zeigen, mischt sich in das Betragen des Adligen gegen den Bürger ein gewisses Etwas, das wie Herablassung, Duldung des eigentlich Unziemlichen aussieht; das leidet kein Mann, der im gerechten Stolz wohl fühlt, wie in adliger Gesellschaft oft nur er es ist, der sich herablassen und dulden muß das geistig Gemeine und Abgeschmackte..
[15]
Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 77 f.
: [D]ieser Antonio ist mir sehr viel geworden! – Sein heitrer, umfassender Geist[18] zaubert eine schöne[1] Gegenwart um mich her, seine feurige Phantasie[3] trägt mich auf ihren Schwingen in das himmlische Land der Dichtung, wo alles auf ewig in dem entzückenden Duft jugendlicher Begeisterung[2] getaucht ist! – Und dahin will ich mich flüchten, aus dem öden verworrnen Gewebe irrdischer Pläne und Verirrungen, dahin auf ewig mit reinem, liebenden Herzen! Ich fühle es, ich muß 〈78〉 ihm alle meine Zweifel, meine Schmerzen, mein ganzes Leben muß ich ihm anvertrauen. – An den heitern Sinn[7] dieses Mannes, schmiegt sich mein Herz vertrauungsvoll an, und die Welt lächelt mir neu[2] in dem Wiederschein seines Geistes[18]. Durch Antonio werde ich mit den schönsten[1] Erzeugnissen der Poesie[11/4] bekannt, die mir bis jetzt meist fremd[4] geblieben sind, und indem ich mich ganz dieser himmlischen, ewig in Morgenroth schimmernden Welt hingebe, und gar nicht mehr nach Deutlichkeit in der irrdischen strebe, geht eine neue[1] Wahrheit, ein neuer[1] Glanz in meiner Seele auf..
[16]
Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 140 f. (141)
: Was geschehen ist, fragst Du erstaunt? – Nichts! – Nichts und doch Alles; denn fühl' ich nicht, wie Alles um 〈141〉 mich her verändert ist, wie die Bäume und die Blumen wieder, wie ehedem vor meinem Blick in freudigen Tänzen sich bewegen, wie ich in dem Leben der Menschen, Geschichte[1] und Zusammenhang sehe, und überall mir wieder Licht und Ordnung erscheint! – | Ach! diese schöne[1] Begeisterung[1] war so fern, so fern von mir versunken, und es schien mir ganz unmöglich, jemahls wieder diese Höhe des Gefühls zu erreichen! So vieles Irrdische, Todte, hielt mich lange, dicht umfangen; ich war oft ganz darinnen vergraben, und sahe nun überall keinen Ausweg, keinen Zweck, keinen Geist[12]! – Schon hatte ich alles aufgegeben, und nun! – steh' ich nicht mit einemmal wieder auf jenen heitern Höhen der Begeisterung[1], und betrachte von da die Welt, die mir nun 〈142〉 lauter liebliche oder rührende Bilder zeigt, und woraus alles Harte, Verworrene, Gemeine verschwunden ist? Fühl' ich mich nicht empor gehoben wie eh'mals, über die Menge, die sich da unten um taube Nüsse zerquält; und haßt, und liebt nicht mein frömmer gewordnes Herz die Menschen inniger, je mehr ich sie übersehe? – Und wenn ich Dir alles erzähle, so wirst Du vielleicht lächeln, und wohl viele würden es. Auch kann ich mich recht gut in Deine Ansicht versetzen, aber dann bitte ich Dich, das einzige zu bedenken, was Dir alles ehrwürdig machen wird, nehmlich, daß alles, was ich empfinde, unwillkührliche, tief aus dem Herzen hervorquellende Wahrheit ist..
[17]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 78 f. (79)
: [D]er Redner so gut als der Dichter vereinigt die drei Personen des Gesprächs, die beiden streitenden und die höhere friedenstiftende, nur daß er, der Redner, 〈79〉 in dem Standpunkte einer der beiden streitenden Partheien residirt und dahin immer wieder zurückkehrt, während dem Dichter wie einem höheren Geist[1] jene dritte heitre friedenstiftende Stelle über aller Zwietracht dieser Erde zur Heimath angewiesen worden, von wo er partheilos und gerecht zwar tief hinabsteigt in die Herzen der Menschen, in ihre Feindseligkeit und ihren Schmerz, richtend, versöhnend, aber immer zuletzt von jedem irdischen Anfluge reingebadet, sich wieder zu der ruhigen Klarheit seines Wohnsitzes erhebt..
[18]
Novalis, Blüthenstaub (1798), 81, Nr. 40
: In heitern Seelen giebts keinen Witz[1]. Witz[1] zeigt ein gestörtes Gleichgewicht an: er ist die Folge der Störung und zugleich das Mittel der Herstellung. Den stärksten Witz[1] hat die Leidenschaft. Der Zustand der Auflösung aller Verhältnisse, die Verzweiflung oder das geistige Sterben ist am fürchterlichsten witzig. .
[19]
Novalis, Tageb. (1800), NS 4, 56
: Sobald ich den Magen gestärkt, ward ich unbeschreiblich ruhig und heiter, und habe so bis jezt zugebracht. Die Welt wird dann in einem Augenblick anders. Selbst das Traurigste erscheint mild und man findet wieder an allem Behagen – an Arbeiten, Gehn, Sitzen, Gesellschaft etc..
[20]
Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 93 f. (94)
: Heinrich war erhitzt, und nur spät gegen Morgen schlief er ein. In wunderliche Träume flossen die Gedanken seiner Seele 〈94〉 zusammen. Ein tiefer blauer Strom schimmerte aus der grünen Ebene herauf. Auf der glatten Fläche schwamm ein Kahn. Mathilde saß und ruderte. Sie war mit Kränzen geschmückt, sang ein einfaches Lied, und sah nach ihm mit süßer Wehmuth herüber. Seine Brust war beklommen. Er wußte nicht warum. Der Himmel war heiter[1], die Flut ruhig. Ihr himmlisches Gesicht spiegelte sich in den Wellen. Auf einmal fing der Kahn an sich umzudrehen. Er rief ihr ängstlich zu. Sie lächelte und legte das Ruder in den Kahn, der sich immerwährend drehte. Eine ungeheure Bangigkeit ergriff ihn. Er stürzte sich in den Strom; aber er konnte nicht fort, das Wasser trug ihn. Sie winkte, sie schien ihm etwas sagen zu wollen, der Kahn schöpfte schon Wasser; doch lächelte sie mit einer unsäglichen Innigkeit, und sah heiter[4/5] in den Wirbel hinein. Auf einmal zog es sie hinunter. Eine leise Luft strich über den Strom, der eben so ruhig und glänzend floß, wie vorher..
[21]
Ritter, Einl. Fragm. (1810), LXXVI
: Einem Triumphzug glich [...] des neuen[1] Paares Rückfahrt nach ihrer Wohnung; an der Brücke empfing sie Musik[9], Kinder streuten Blumen, und brachten Früchte ins Haus; – und der Zolleinnehmer forderte den Brautzoll. Wie an diesem Tage habe ich unsern Freund nie wiedergesehen; er war nicht gerührt, – nicht entzückt, – aber tief bewegt, und still, und heiter. Seine Frau[3] schwieg[1], küßte ihn, und weinte, aber bald erheiterte er auch sie. ➢ Volltext.
[22]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 680
: Der Roman[1] des Cervantes ruht also auf einem sehr unvollkommenen, ja verrückten Helden, der aber zugleich so edler Natur[1] ist [...], daß ihn keine Schmach, die ihm widerfährt, eigentlich herabwürdiget. An diese Mischung (in Don Quixote) ließ sich eben das wunderbarste und reichste Gewebe knüpfen, das im ersten Moment so anziehend wie im letzten stets den gleichen Genuß gewährt und die Seele zur heitersten Besonnenheit stimmt. Für den Geist[19] ist die nothwendige Begleitung des Helden, Sancho Pansa, gleichsam ein unaufhörlicher Festtag; eine unversiegbare Quelle der Ironie[1] ist geöffnet und ergießt sich in kühnen Spielen. ➢ Volltext.
[23]
Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 143
: Endlich bildet sich der Geist[19] sogar seinen Körper, und der Bau selbst muß dem Spiele folgen, so daß sich die Anmuth zuletzt nicht selten in architektonische Schönheit[1] verwandelt. | So, wie ein feindseliger, mit sich uneiniger Geist[19] selbst die erhabenste Schönheit[1] des Baues zu Grund richtet, daß man unter den unwürdigen Händen der Freyheit[10] das herrliche Meisterstück der Natur[2] zuletzt nicht mehr erkennen kann, so sieht man auch zuweilen das heitre und in sich harmonische Gemüth der durch Hindernisse gefesselten Technik zu Hülfe kommen, die Natur[12] in Freyheit[10/13] setzen und die noch eingewickelte, gedrückte Gestalt mit göttlicher Glorie auseinander breiten. ➢ Volltext.
[24]
Schiller, Chor. Trag. (1803), XIII
: [D]as Gemüth des Zuschauers soll auch in der heftigsten Passion seine Freiheit[10] behalten, es soll kein Raub der Eindrücke seyn, sondern sich immer klar und heiter von den Rührungen scheiden, die es erleidet..
[25]
A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 151
: Wer Romane[1] fertigen kann, ohne Gespenster zu citiren und die Riesengestalten einer chimärischen Vorzeit aufzurufen, wer sich ohne Geheimnisse mit simpeln Leidenschaften behilft, der hält schon etwas auf sich und sein Publikum[3]. Macht er sich denn auch mit Karakteren[7] nicht viel zu schaffen, wenn ihm nur jene in einer gewissen Fülle zu Gebote stehn, so kann er gewiß seyn, den mittleren Durchschnitt der Lesewelt für sich zu gewinnen, der für das grobe Abentheuerliche[3] schon zu gesittet, für die heitern ruhigen Ansichten ächter Kunst[12] noch nicht empfänglich, starke Bedürfnisse der Sentimentalität hat. ➢ Volltext.
[26]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!
1801–02), KAV 1, 411
: Die Nüchternheit [...], welche die Kunstrichter als Correctheit anpreisen, ist meistens nur Fantasielosigkeit und Armuth des Geistes[20]. Als Schwulst und Bombast pflegen eben diese alles zu verwerfen, was irgend über den Horizont des Herkommens und der Gewöhnung hinausgeht. Sie wenden dabey den schon ein andermal gerügten grundlosen Begriff vom Natürlichen[4] und Unnatürlichen an, indem sie mit ihrer Natur[2] nicht die große, unendliche, sondern die oft kläglich beschränkte Ansicht einer Nation[1], eines Zeitalters meynen. Nur auf eine solche Verschwendung von Bildern, welcher kein wahrer Schwung der Fantasie[2] zum Grunde liegt [...], paßt die Benennung des Schwulstes, oder des Bombastes, wenn die Fantasie[2] sich aus den heitern Regionen schöner Anschaulichkeit in das Verworrne und Sinnlose verliert. Sonst aber kann eigentlich eine Metapher[1] niemals zu kühn seyn. Alle Dinge stehn in Beziehungen auf einander, alles bedeutet daher alles, jeder Theil des Universums spiegelt daher das Ganze: dieses sind eben so wohl philosophische als poetische Wahrheiten. Nach der einen großen Metapher[5], welche schon in der ursprünglichen Bildung[3] der Sprache[1] liegt, da nämlich das Sinnliche das zu bezeichnende Geistige vertreten muß, wodurch die Gleichheit dieser beyden entgegengesetzten Welten erklärt wird, kann eigentlich der Dichter nichts kühneres mehr wagen..
[27]
C. Schlegel, an A. W. Schlegel (16. 3. 1801), C 2, 77
: Dortchen, die in Thränen zerfloß, sagte in ihrer Noth auf plattdeutsch, o Du lieber Gott[1], es wäre Dir ja eine Kleinigkeit, wenn Du ihm helfen wolltest. [...] – Eine Erleichterung ist den Eltern, dem Vater vorzüglich, geworden; er schien wie von der Verzweiflung entbunden, da die Öffnung des kleinen Körpers zeigte, daß keine Hülfe, keine Vorsicht das Kind retten und bewahren konnte, wie er Dir gemeldet haben wird. Er wurde ordentlich heiter, und nun wird die Veränderung des Aufenthalts für ihn und Luise wohlthuend werden können..
[28]
R. Schumann, Hummel (1834), 73
: Ruhe, Grazie, Idealität, Objectivität, die Träger der antiken[2] Kunstwerke[2], sind die der Mozart'schen Schule. Wie der menschliche Grieche seinen donnernden Jupiter noch mit heiterm Gesicht zeichnete, so hält Mozart seine Blitze. | [...] Sollte diese helle Art zu denken und zu dichten vielleicht einmal durch eine formlosere, mystische verdrängt werden, wie es die Zeit[9] will, die ihre Schatten auch auf die Kunst[2] wirft, so mögen dennoch jene schönen[1] Kunstalter nicht vergessen werden, die Mozart regierte und die zuerst Beethoven schüttelte in den Fugen, daß es bebte, vielleicht nicht ohne Zustimmung seines Vorfürsten Wolfgang Amadeus. Später usurpirte Carl Maria von Weber und einige Ausländer den Königsthron. Als aber auch diese abgetreten, verwirrten sich die Völker[1] mehr und mehr und wenden und strecken sich nun in einem unbequemen classisch[5]-romantischen[8] Halbschlaf..
[29]
L. Tieck, Phant. ü. d. Kunst (1799), 94
: Wenn wir der Kinder holdseliges Angesicht betrachten, so vergessen wir gern und leicht die Verwickelungen der Welt, das Auge vertieft sich in den wunderbaren reinen Zügen, und wie Propheten einer schönen Zukunft, wie zarte Pflanzen, die unerklärlich aus der längstentflohenen goldenen Zeit zurückgekommen sind, stehn die Kinder um uns. Wir wissen uns nicht darin zu finden, daß diese Gestalten mit uns um den Bronn des Lebens sitzen, und noch nichts thun, als sich selber darin beschauen. Wir sehn mit ihnen hinab, und können uns nicht genug darüber verwundern, daß das das Leben sey. So kömmt denn in unsre Seele die Erinnerung der himmelsüßen Unschuld, immer tiefer, ernster und heiterer[5/4] schauen wir in das spiegelnde Gewässer hinab, und glauben am Ende nichts wahrzunehmen als uns, und 〈95〉 über unserm Haupte die lichten Wolken, wie im Begriff, als Glorie herunterzusteigen und uns mit Strahlen zu umflechten. .
[30]
L. Tieck, Phant. ü. d. Kunst (1799), 251
: Ihr meynt, alles sey nur da, um Euer Urtheil daran zu schärfen, und seyd eitel genug, zu glauben, es gebe nichts Höheres oder nur Anderes, als die Kunst[1] oder handwerksmäßige Übung des Urtheilens. Ihr fühlt das Bedürfniß nicht, das Streben des reinen und poetischen[1] Geistes[19], aus dem Streit der irrenden Gedanken in ein stilles, heiteres, ruhiges Land erlös't zu werden. .
[31]
Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 142 f. (143)
: Die Natur[2] hatte sein Inneres mit einer immer gährenden Phantasie[1] erfüllt, und seinen Geist[19] mit schwe〈143〉ren und düstern Gewitterwolken bezogen, so daß sein Gemüth immer in unruhiger Arbeit war, und unter ausschweifenden Bildern umhertrieb, ohne jemals sich in einfacher und heiterer Schönheit[6] zu spiegeln. ➢ Volltext.
[32]
Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 205 f. (206)
: Er hatte nichts von dem finstern und stolzen Wesen anderer Künstler, 〈206〉 welche manchmal mit Fleiß allerhand Seltsamkeiten annehmen; sein ganzes Leben und Weben auf Erden war einfach, sanft und heiter, wie ein fließender Bach. .
[33]
Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 149 ff. (151)
: Wenn andre über selbsterfundene Grillen zanken, oder ein verzweiflungsvolles Spiel des Witzes[3] spielen, oder in der Einsamkeit mißgestaltete Ideen brüten, die, wie die geharnischten Männer der Fabel, verzweiflungsvoll sich selber verzehren; – o so schließ' ich mein Auge zu vor all' dem Kriege der 〈150〉 Welt, – und ziehe mich still in das Land der Musik, als in das Land des Glaubens, zurück, wo alle unsre Zweifel und unsre Leiden sich in ein tönendes Meer verlieren, – wo wir alles Gekrächze der Menschen vergessen, wo kein Wort- und Sprachengeschnatter, kein Gewirr von Buchstaben[9; vgl. 1] und monströser Hieroglyphenschrift uns schwindlich macht, sondern alle Angst[2] unsers Herzens durch leise Berührung auf einmal geheilt wird. – Und wie? Werden hier Fragen uns beantwortet? Werden Geheimnisse uns offenbart? – Ach nein! aber statt aller Antwort und Offenbarung werden uns luftige, schöne Wolkengestalten gezeigt, deren Anblick uns beruhigt, wir wissen nicht wie; – mit kühner Sicherheit wandeln wir durch das unbekannte Land hindurch, – wir begrüßen und umarmen fremde Geisterwesen, die wir nicht kennen, als Freunde, und alle 〈151〉 die Unbegreiflichkeiten, die unser Gemüth bestürmen, und die die Krankheit des Menschengeschlechtes sind, verschwinden vor unsern Sinnen[4], und unser Geist[19] wird gesund durch das Anschaun von Wundern, die noch weit unbegreiflicher und erhabener sind. Dann ist dem Menschen, als möcht' er sagen: „Das ist's, was ich meyne! Nun hab' ich's gefunden! Nun bin ich heiter und froh!“ ➢ Volltext.
[34]
Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 151 f. (152)
: Wohl dem, der, wann der irdische Boden untreu unter seinen Füßen wankt, mit 〈152〉 heitern Sinnen[4] auf luftige Töne sich retten kann, und nachgebend, mit ihnen bald sanft sich wiegt, bald muthig dahertanzt, und mit solchem lieblichen Spiele seine Leiden vergißt! | Wohl dem, der, (müde des Gewerbes, Gedanken feiner und feiner zu spalten, welches die Seele verkleinert,) sich den sanften und mächtigen Zügen der Sehnsucht ergiebt, welche den Geist[19] ausdehnen und zu einem schönen Glauben erheben. Nur ein solcher ist der Weg zur allgemeinen, umfassenden Liebe, und nur durch solche Liebe gelangen wir in die Nähe göttlicher Seligkeit. – – | Dies ist das herrlichste und das wunderbarste Bild, so ich mir von der Tonkunst entwerfen kann, – obwohl es die meisten für eitle Schwärmerey halten werden. .