[1]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 22
: Denn wie das organische[3] Reich das mechanische aufgreift, umgestaltet und beherrschet und knüpft, so übt die poetische[4/1/3] Welt dieselbe Kraft an der wirklichen und das Geisterreich am Körperreich. Daher wundert uns in der Poesie[11/15/14] nicht ein Wunder, sondern es giebt da keines, ausgenommen die Gemeinheit. Daher ist – bey gleichgesetzter Vortrefflichkeit – die poetische[4/1/3] Stimmung auf derselben Höhe, ob sie ein ächtes Lustspiel oder ein ächtes Trauerspiel, sogar dieses mit romantischen[2/4] Wundern aufthut [...].
[2]
Mundt, Madonna (1835), 288
: Die Sitte ist die Poesie der menschlichen Gesellschaft, sie ist der Adel[5] der Form, die Verklärung der Gewohnheit, die Juwelenfassung des Umgangs, und die Ehrwürdigkeit der Ueberlieferung.
[3]
F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 11
: Nur durch Religion[1/3] wird aus Logik Philosophie, nur daher kommt alles was diese mehr ist als Wissenschaft. Und statt einer ewig vollen unendlichen Poesie werden wir ohne sie nur Romane haben, oder die Spielerei, die man jetzt schöne Kunst[1] nennt. ➢ Volltext
[4]
A. F. Bernhardi, Anfangsgr. d. Sprw. (1805), 378
: 2) Der Roman[1] soll sich seinem Inhalte nach von der Geschichte[7] unterscheiden, dies kann er aber nicht anders als dadurch, daß er ein Individuum als solches, zwar vollendet in künstlerischer Hinsicht, allein unbedeutend gegen den Zweck der Geschichte[1] aufstellt, der Roman[1] ist Privatgeschichte und am nächsten kommt ihm unter den historischen Darstellungen die Biographie. | 3) Nur stellt freilich die letztere das Individuum in Beziehung auf den Staat und Weltbegebenheiten, seyen sie politischer, literarischer, oder religiöser Art auf, der Roman[1] das Individuelle, das Leben an sich und die Poesie in demselben. | 4) Dies alles drückt sich auch in der Sprache[4] aus. Sie muß [...] periodisch seyn, aber die epischen Perioden des Romans[1] unterscheiden sich sehr von den lyrischen des Redners. Wenn diese unmittelbar auf den Affekt gehen: so geht die romantische[1] Periode auf das Historische 〈379〉 und schreitet mit der Milde und Ruhe des Geschichtsschreibers einher..
[5]
Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 343 f. (344)
: [D]a schreibt mir eben unser Rechtsfreund aus der Stadt, ich möchte ihm kollegialisch beistehen, eine junge adeliche Dame auszukundschaften, die mit ihrer Kammerjungfer ihrer alten[2] Tante entflohen und deren Spur zwischen unsern Bergen verloren gegangen seyn soll. [...] Da bist du uns eben zur rechten Stunde gekommen, Fortunat. [...] Ich meine, als Dichter in solchen romantischen[7] Fällen. – Ach theurer Freund, entgegnete Fortunat, ich wollte, die Romantik[7] wäre lieber gar nicht erfunden worden! Solche romantische[7] Ver〈344〉liebte [...] machen zusammen an einem Morgen mehr dumme Streiche als ein gesetzter Autor im letzten Kapitel jemals wieder gut machen kann! – Da hatte er nun eben recht das Kapitel der Frau Amtmannin getroffen. Sie nickte ihm freundlich zu, klagte über den jetzigen Leichtsinn der Jugend und schob alles auf die Poesie..
[6]
Hegel, Solger (1828), W 11, 214 f. (215)
: Eine Menge literarischer Erscheinungen und Urteile, welche 〈215〉 dem Geiste[14] dieser Zeit[5] angehören, gehen in diesem Briefwechsel an unseren Augen vorbei; doch fällt die keckste und blühendste Periode der Ironie[4], Lucinde, Athenäum usf. schon jenseits desselben. [...] Solgers gründlicheres Urteil blieb immer weit hinter dem Standpunkte des Athenäums, ohnehin einer Lucinde zurück, noch weniger konnte er in reiferen Jahren an der höchsten Fratzenhaftigkeit teilnehmen, zu welcher der Humor in den Hoffmannschen Produktionen sich steigerte. – Um einige Beispiele von jener Richtung zu geben, so findet Solger in seiner Jugendzeit in dem angefangenen Roman von Novalis, dem Heinrich von Ofterdingen [...] einen neuen[1] und äußerst kühnen Versuch, die Poesie durch das Leben darzustellen, die Idee einer mystischen Geschichte[4], einer Zerreißung des Schleiers, welchen das Endliche auf dieser Erde um das Unendliche hält, einer Erscheinung der Gottheit auf Erden, eines wahren Mythos, der sich aber hier in dem Geiste[20] eines einzelnen Mannes bilde..
[7]
Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 207 f.
: Bei diesem Gegensatze des Ideals und der Natur[19] hat man nun also die eine Kunst[10] mehr als die andre im Sinne gehabt, hauptsächlich aber die Malerei, deren Sphäre gerade die anschauliche Besonderheit ist. Wir wollen deshalb die Frage in Betreff dieses Gegensatzes allgemeiner so stellen: soll die Kunst[10] Poesie[14] oder Prosa[4] seyn? Denn das ächt Poetische[1] in der Kunst[10] ist eben das, 〈208〉 was wir Ideal nannten. Kommt es auf den bloßen Namen Ideal an, so ließe sich derselbe leicht aufgeben. Dann entsteht aber die Frage, was ist denn Poesie[14] und was ist Prosa[4] in der Kunst[10]? Obschon auch das Festhalten des an sich selbst Poetischen[1/4] in Bezug auf bestimmte Künste[10] zu Abirrungen führen kann und bereits geführt hat, insofern was der Poesie[11] ausdrücklich und näher der lyrischen etwa angehört, auch durch die Malerei, weil solch ein Inhalt denn doch gewiß poetischer[1] Art sey, dargestellt worden ist. Die jetzige Kunstausstellung (1828) z. B. enthält mehrere Gemälde, alle aus ein und derselben (der sogenannten Düsseldorfer) Schule, welche sämmtlich Sujets aus der Poesie[11] und zwar aus der nur als Empfindung darstellbaren Seite der Poesie[11] entlehnt haben. Sieht man diese Gemälde öfter und genauer an, so erscheinen sie bald genug als süß und fade. ➢ Volltext.
[8]
Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 461
: In der römischen Kunst[4] [...] zeigt sich schon die beginnende Auflösung der klassischen[3/7] Skulptur. Hier nämlich ist das eigentlich Ideale nicht mehr das Tragende für die ganze Konception und Ausführung; die Poesie geistiger Belebung, der innere Hauch und Adel[5] in sich vollendeter Erscheinung, diese eigenthümlichen Vorzüge der griechischen[2] Plastik verschwinden und machen im Ganzen der Vorliebe für das mehr Portraitartige Platz. ➢ Volltext.
[9]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237 f. (238)
: Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte[1] antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[11] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[11] der Neuen[5] zur modernen[1] oder romantischen[12] Kunst[11]. Die antike[2] Kunst[11] (eigentlich nur die griechische[2] zu nennen) ist leichter zu beurtheilen, als in ihrem Stile zu schaffen. Ideale Ruhe, göttlicher Adel[5] in der Form und kühne Einfachheit sind die Kennzeichen, das Wesen der Antike[4]. Woher aber jene himmlische Ruhe, jene unnachahmliche Grazie, jene Abgeschlossenheit (Plastik) in der Antike[4]? – Griechenland war von Poesie durchdrungen, nämlich von einer Phantasie[3], die ihre Ideale im Leben selbst vorfand, und dieselben in Formen bringen konnte, die wirklich vorhanden waren; die Kunst[11] besteht aber nur in dieser Verschmelzung des Ideals mit der Wirklichkeit, diese Erhebung des Irdischen zum übersinnlichen Genusse. Und wenn ein poetischer[1] Mensch derjenige ist, welcher bei Beschauung irdischer Gegenstände diesen sogleich ihre himmlische Beziehung in schöner[1] Form anweist, so waren die Griechen eine poetische[1] Nation[1], und die Kunst[4] lag ihnen nahe. Das Schöne[1] setzten sie über Alles, weil sie selbst schön[1] waren; sie vergötterten schöne[1] Menschen nach dem Tode; ihre Lebensaufgabe war Genuß des Schönen[1]..
[10]
Novalis, Fragm. u. Stud. (*1799–1800), NS 3, 638, Nr. 505
: Wilhelm Meisters Lehrjahre sind gewissermaßen durchaus prosaïsch[3] – und modern[5]. Das Romantische[7] geht darinn zu Grunde – auch die Naturpoësie, das Wunderbare – Er handelt blos von gewöhnlichen menschlichen Dingen – die Natur[2] und der Mystizism sind ganz vergessen. Es ist eine poëtisirte bürgerliche und häusliche Geschichte[8]. Das Wunderbare darinn wird ausdrücklich, als Poesie und Schwärmerey, behandelt.
➢ vgl. [11].
[11]
Novalis, an L. Tieck (23. 2. 1800), NS 4, 323
: Wenn die Litt[eratur] Zeit[ung] nicht so jämmerlich wäre, so hätt ich Lust gehabt eine Recension von Wilh[elm] Meist[ers] L[ehrjahren] einzuschicken – die freylich das völlige Gegenstück zu Fridrichs Aufsatze seyn würde. Soviel ich auch aus Meister gelernt habe und noch lerne, so odiös ist doch im Grunde das ganze Buch. Ich habe die ganze Recension im Kopfe – Es ist ein Candide gegen die Poesie – ein nobilitirter Roman. Man weiß nicht wer schlechter wegkömmt – die Poesie oder der Adel[2], jene weil er sie zum Adel[2], dieser, weil er ihn zur Poesie rechnet. ➢ vgl. [10].
[12]
Novalis, Fragm. u. Stud. (*1800), NS 3, 670, Nr. 611
: Im Shakespeare wechselt durchaus Poesie mit Antipoësie – Harmonie mit Disharmonie ab – das Gemeine, Niedrige Häßliche[1], mit dem Romantischen[7], Höhern, Schönen[1] – das Wirckliche mit dem Erdichteten. [Randbemerkung: Dies ist gerade mit dem griechischen[2] Trauersp[iel] der entgegengesezte Fall.].
[13]
Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 49
: Vorzüglich hielt sie sich bei dem Lobe ihrer Landsleute und ihres Vaterlandes auf. Sie schilderte den Edelmuth derselben, und ihre reine starke Empfänglichkeit für die Poesie[15/14] des Lebens und die wunderbare, geheimnißvolle Anmuth der Natur[2]. Sie beschrieb die romantischen[3] Schönheiten[1] der fruchtbaren Arabischen Gegenden [...]..
[14]
Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 99
: Das Land der Poesie[14/11/1?] [⦿], das romantische[2/7/8/1?] Morgenland[2], hat euch mit seiner süßen Wehmuth begrüßt [...]..
[15]
A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 167
: Meisners Andenken, an dessen Stelle Lafontaine gleichsam trat, ruft nur noch dann und wann ein grauer Apollo zurück. [⦿] Seine steife Eleganz hatte immer etwas todtes an sich. Er war so prüde und kostbar, als Lafontaine lebendig und ungezwungen, und es ist ihm nie wie diesem gelungen, der Liebenswürdige zu heißen. An Verstand übertraf ihn Meisner leicht, aber es war von der dürren Gattung, die den Geist[19] nicht zu fesseln vermag. Lieblingsschriftsteller ist er dennoch gewesen. Mehr kann Lafontaine auch nicht werden; das ist wenig genug, aber immer zu viel für die im Ganzen so herabziehende Tendenz seiner Produkte, denen es an Poesie, an Geist[27], ja sogar an romantischem[4] Schwunge fehlt. | Wer also einiges Bedürfniß für alle diese Dinge hat, wird sich gern von jener materiellen Masse, jener breiten Natürlichkeit, zu luftigeren Bildungen[16] der Fantasie[1] wenden, die bald heitern[5] Scherz hingaukeln, bald die Musik zarter Regungen anklingen lassen. Ihm wird alsdann eine ruhige Darstellung sehr erquickend entgegen kommen, die, wenn sie auch noch nicht bis zur Vollendung gediehen ist, doch in der milden Temperatur eines künstlerischen Sinnes geboren wurde. Die theils dramatisirten, theils erzählten Volksmährchen von Tieck unter dem Namen Peter 〈168〉 Leberecht, sind von dieser Art: doch scheinen sie bis jetzt nicht mit der Aufmerksamkeit bewillkommt worden zu seyn, auf die eine so gefällige Erscheinung wohl rechnen dürfte, wenn es nicht gar wenige gäbe, welche in der Dichtung nur die Dichtung suchen. ➢ Volltext.
[16]
D. Schlegel, Gespr. Rom. Frz. (1803), 97 f.
: [W]ie muß denn ein Roman[1] seyn? – Er muß romantisch[7] seyn. – Wie? fragte Adelheid, ist Delphine nicht voll der zartesten Schwärmerei, voll von romantischen[7] Situationen? – [...] Nicht dergleichen meine ich [...], sondern den Geist[12] der Poesie, der die Schilderungen der Natur[2], der Charaktere[7] und Begebenheiten, in einem gewissen Sinne[1] beleben und durchwehen muß, um sie zu einem romantischen[7/1] Gedicht, oder Roman[1] zu bilden; an Poesie fehlt es der Delphine, deßhalb steht alles hart und einzeln da. – Aber [...] wenn nun einmal die Poesie nicht die Absicht dieses Werks war, sondern vielmehr die Charakteristik gewisser Menschen, die Grundsätze ihrer Moralität und ihres Lebens, und ihre mannichfache Stimmungen auszumahlen? – Jede Absicht des Lebens [...] kann in einem Roman[1] entwik〈98〉kelt werden, nur muß ein poetisches[1] Gemüth dieselben auffassen und darstellen, und nur dann kann diese Ansicht auch des gewöhnlichsten Lebens harmonisch werden [...]. [...] [E]in Roman[1] muß ein Kunstwerk[2], muß Poesie seyn; und hier ist von keiner andern als von der höhern Moralität die Rede, die auch die einzig wahre ist. Das andre ist conventionelle nothwendig gewordene Lebensregel, und findet nicht Statt in einem Kunstwerke[2]; die Poesie ist an sich Moral, denn alle Gesetze der ewigen Güte sind Inspiration, Poesie..
[17]
F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 482
: In Einem Stücke wenigstens sollte man das spanische Drama und dessen Form sich zur Regel dienen lassen; ich meine darin, daß auch das Lust- oder überhaupt das bürgerliche Schauspiel dort durchgängig romantisch[7] und eben dadurch wahrhaft poetisch[1] ist. Ganz vergeblich sind und bleiben selbst auf der Bühne alle Versuche, die Darstellung der prosaischen[3] Wirklichkeit durch psychologischen Scharfsinn oder bloßen Modewitz zur Poesie zu erheben, und wer irgend Gelegenheit hat, was andere Nationen[1] Intriguen- oder Charakterstücke nennen, mit dem romantischen[7] Zauber der Calderonischen oder auch anderer spanischen Schauspiele zu vergleichen, der wird kaum Worte[2] finden, um den Abstand dieses poetischen[1] Reichthums mit der Armuth unsrer Bühne und besonders mit jenem Wesen was uns auf derselben für Witz[1] gelten soll, auszudrücken. ➢ Volltext.
[18]
L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), XXII f.
: Don Quixote, der bewußt und unbewußt das ganze Zeitalter nach dem Cervantes gestimmt hat, spiegelt einen unergründlichen Geist[32] ab, dem Parodie beständig echte Poesie ist, so wie man nicht bestimmen kann, ob die Poesie dieses Werkes nicht ganz als Parodie zu nehmen sei, denn es scheint, möchte man sagen, ein so heller Witz[1] durch das ganze Werk, 〈XXIII〉 daß man fast nirgend mit Sicherheit angeben kann, ob man deutlich sieht, oder nur geblendet ist. .
[19]
L. Tieck, Gemälde (1822; hier 1830), W 3, 28
: Hat sich die Farbe je als eine Tochter des Himmels verherrlicht, ist mit Licht und Schatten jemals gespielt, und im Spiel die edelste Rührung der Seele erweckt worden, haben Lust, Begeisterung[1], Poesie und Wahrheit und Adel[5] sich je in Figuren und Färbung auf eine Tafel gelegt, so war es in diesem Bilde 〈29〉 geschehen, welches mehr als Malerei und Zauber war..