[1]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 64
: Es erhellt [...] ganz deutlich, daß die Dichtersprache doch nur Organ[1], obgleich nothwendiges der Poesie, nicht sie selbst sei, daß die Sprache[4] daher allerdings einen sehr hohen Werth habe, aber immer eine Nebensache, und der poetischen[4] Idee unterworfen sei. Wenn daher manche die Sprache[4] und deren Correktheit, das heißt in der Poesie, die Uebereinstimmung mit der sanctionirten Dichtersprache zur Hauptsache erhoben, und Licenzen als 〈65〉 Sprachfehler behandelt haben, so beruht dies auf einer unrichtigen Ansicht der Dichtkunst. ➢ Volltext
[2]
Heine, Romant. Schule (1836), 58
: Voß hatte schon vor Entstehung der neuen[6] Schule den Homer übersetzt, jetzt übersetzte er, mit unerhörtem Fleiß, auch die übrigen heidnischen Dichter des Alterthums[3]; während Herr A. W. Schlegel die christlichen Dichter der romantisch[13] katholischen Zeit[3] übersetzte. Beider Arbeiten wurden bestimmt durch die versteckt polemische Absicht: Voß wollte die klassische[8] Poesie und Denkweise durch seine Uebersetzungen befördern; während Herr A. W. Schlegel die christlich-romantischen[13] Dichter in guten Uebersetzungen dem Publikum[3], 〈59〉 zur Nachahmung und Bildung[2], zugänglich machen wollte. ➢ Volltext
[3]
Novalis, an A. W. Schlegel (30. 11. 1797), NS 4, 237
: Übersetzen ist so gut dichten, als eigne Wercke zu stande bringen – und schwerer, seltner. | Am Ende ist alle Poësie Übersetzung. Ich bin überzeugt, daß der deutsche Shakespeare jezt besser, als der Englische ist.
[4]
Schelling, Meth. Stud. (1803), 305
: Wissenschaft der Kunst[2] kann vorerst die historische Construktion derselben bedeuten. In diesem Sinne[1] fodert sie als äußere Bedingung nothwendig unmittelbare Anschauung der vorhandenen Denkmäler. Da diese in Ansehung der Werke der Dichtkunst allgemein möglich ist, wird auch jene in der angegebenen Beziehung, als Philologie, ausdrücklich unter die Gegenstände des academischen Vortrags gezählt. Demungeachtet wird auf Universitäten nichts seltener gelehrt als Philologie in dem zuvor bestimmten Sinne[1], welches nicht zu verwundern, da jene ebenso sehr Kunst[2] ist wie die Poesie und der Philologe nicht minder als der Dichter gebohren wird.
[5]
A. W. Schlegel, Shksp. W. Meist. (1796), 98
: Ich bemerke hier zuerst, daß alle Poesie mehr oder 〈99〉 weniger nach den Gattungen Ansprüche darauf macht, für eine zwar ungewöhnliche, aber doch schnelle, ungetheilte, ununterbrochne Eingebung, nicht für eine allmählige Hervorbringung gehalten zu werden; daß die letzte und nicht die leichteste Kunst[6] des Dichters darin besteht, alle Kunst[13] zu verbergen, und über das tiefste Studium, die sorgsamste Wahl den Anstand ungezwungner Leichtigkeit zu verbreiten, als hätte er alles nur so eben hingegossen. ➢ Volltext
[6]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 48
: Die Reihe von Kunstwerken[2] einer Nation[1] sind [...] ihre reinste Geschichte[7] und unter diesen sind es wieder die Produkte der Poesie, welche sie am kräftigsten ausdrücken, weil sie es am individuellsten thun. – Wie herrlich und groß von dieser Seite das Sprachstudium erscheine, darf ich wohl nicht erst weitläuftig auseinandersetzen. Es ist vielmehr klar, daß ich durch eine Erlernung der Sprache[3], und durch ein Studium der poetischen[4] Kunstwerke[2] einer jeden Nation[1], eigentlich zum Mitgliede dieser Nation[1] selbst werde. ➢ Volltext.
[7]
Börne, Brf. Paris I (1832), 77 f. (78)
: Victor Hugo's Hernani habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Es ist wahr, daß ich Werke solcher Art bei einem französischen Dichter nach ganz andern Grundsätzen beurtheile, als ich es bei einem deutschen Dichter thue. Das Ding an sich kümmert mich da gar nicht; sondern ich betrachte es bloß in seiner Verbindung, das heißt bei roman〈78〉tischen[14] poetischen[4] Werken, in seinem Gegensatze mit der französischen Nationalität. Also je toller, je besser; denn die romantische[14] Poesie ist den Franzosen nicht wegen ihres schaffenden, sondern wegen ihres zerstörenden Prinzips heilsam. Es ist eine Freude, zu sehen, wie die emsigen Romantiker[3] alles anzünden und niederreißen und große Karren voll Regeln und klassischem[8] Schutte vom Brandplatze wegführen..
[8]
Brentano, Godwi (1801), SWB 16, 359
: [W]ir werden eine Liebe haben, wenn wir keine Ehe[1] mehr kennen. Bis dahin seyen die Thiere[1] des Waldes gepriesen, wegen ihrer Gesundheit, bis dahin seyen die Freiheitsschmerzen edler Seelen geehret, bis dahin dulde man mein Bild der aufgehenden Sonne für die verlorenen Mädchen. | Denn ich will ewig glauben, daß sich die Liebe in sie geflüchtet hat, in dieser Zeit[3] der Ehe[1], wie alles Gute sich in die Poesie[4] flüchtete zur Zeit[3] der Barbarei, und sie stehen jetzt noch da, wie einst die romantische[12/7] Poesie[1/8] da stand..
[9]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. I (1837), 559
: Das Wiederaufleben der bildenden Künste[2] seit dem Ende des vorigen Jahrh. ist im Allgemeinen auch als eine Folge der vorhergehenden Glanzperiode deutscher Poesie und Literatur zu betrachten; eigenthümliche Verdienste erwarben sich aber darum J. J. Winckelmann und Mengs [...]. Neben der vom Erstern angeregten antiken[3] Richtung machte sich aber bald eine nationalalterthümliche, auch romantische[14] genannt, geltend, welche die Anknüpfungspunkte ihres Strebens vorzüglich im Mittelalter sucht, während eine dritte, die moderne[10], Gegenstände und Formen ihrer begeisterten Auffassung vorzugsweise unter den gewöhnlichen Erscheinungen der Natur wählt.
.
[10]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 161
: [D]ie der christlichen Zeit[3] eigenthümliche Richtung von Poesie und Kunst[4] [wird] im Gegensatze des Antiken[2] [...] eine moderne[1] genannt und als Haupteigenschaft derselben die im Mittelalter und vorzüglich mit dem 12. Jahrh. sich geltend machende Romantik[8] angenommen, für die aber am Ende des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Literatur und Kunst[4] der Alten[10] [...] eine neue[1] Periode anhob, welche auch vorzugsweise als die moderne[8] und dann die vorhergehende als die romantische[13] bezeichnet wird..
[11]
Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 201
: Versuche [...], wie namentlich Klopstock machte, die nordische Mythologie an die Stelle der griech.[2] in die moderne[9] Poesie einzuführen, fanden keinen allgemeinen Beifall, ein Beweis, wie die jetzt lebenden german. Völker[1] vermöge des Ganges ihrer Bildung[4] dem griech.[2] Alterthume[2] geistig beiweitem näher stehen als dem altgermanischen..
[12]
F. de la Motte Fouqué, an A. W. Schlegel (15. 2. 1807), KJ 1, 382
: Mit Hülsen bin ich ausser aller Correspondenz; durch meine Schuld freilich, denn ich habe seinen letzten Brief[1] nicht beantwortet. Aber unsre Ansichten der Poesie scheiden sich so bestimmt, daß ich doch kein reines Zusammentreffen erwarten konnte. Alles Romantische[14] erscheint ihm in 〈383〉 der That wie eine künstlerische Ketzerei, und mit antiken[3] Formen und Namen ist er so leicht zu bestechen, daß er sogar das Mittelmässige, ja ich möchte sagen das Schlechte zu loben nicht verschmäht, wie sich dies an den Gedichten des Grafen Moltke bewährt, welche ich Dir, seinem Auftrage gemäß, empfehlen mußte, und nun leider selbst gelesen habe. So herzlich ich auch nun immer Hülsens Freund bleiben werde, fühle ich doch dadurch eine Scheidewand zwischen uns gezogen. Mein Schweigen[2] über diese Gegenstände würde meinen Briefen[1] ihr eigentlichstes Dasein rauben, und auch ihn nur beleidigen. ➢ Volltext.
[13]
Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 105 f. (106)
: Bey uns Deutschen[1] war die Wendung ins Romantische[14] aus einer, erst den Alten[10], dann den Franzosen abgewonnenen Bildung[5], durch christlich-religiose Gesinnungen eingeleitet, durch trübe, nordische Heldensagen begünstigt und bestärkt; worauf sich denn diese Denkweise festsetzen und verbreiten konnte, so daß jetzt kaum ein Dichter[1], Maler[1], Bildhauer übrig geblieben, der sich nicht religiosen Gefühlen hingäbe und analogen Gegenständen widmete. | Einen solchen Verlauf nimmt die Dicht- und Kunstgeschichte nun auch in Italien. Als 〈106〉 praktische Romantiker[3] werden gerühmt Johann Torti und dessen poetische[5] Darstellung der Leidensgeschichte Christi; ferner seine Terzinen über die Poesie. Alexander Manzoni, sodann, Verfasser eines noch ungedruckten Trauerspiels, der Carmagnol, hat sich durch Heilige Hymnen guten Ruf erworben..
[14]
Görres, Tt. Volksb. (1807), 128
: Was [...] die Sprache[3] jenes Gedichtes betrifft, so wird, da die französische oder romantische[15] Sprache[3] vor der Hälfte des zwölften Jahrhunderts nicht in die Poesie eingedrungen ist, allein die Lateinische oder die Teutsche[1] übrig bleiben, in denen, vorzüglich in der ersten, die Poesie um diese Zeit[7] am häufigsten sich offenbarte..
[15]
v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), V
: [D]ie beiden folgenden Verjüngungen der Poesie im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, haben, besonders durch die Einwirkung des Klassischen[7] und Ausländischen überhaupt, unter Begünstigung der neuen Lehre [sc. des Protestantismus] und deren Verbreitung durch den Druck, einen ganz anderen Karakter[1]. ➢ Volltext.
[16]
Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 405
: So konnte denn ein neuer[1] Hauch und Geist[12] in die epische Poesie nur durch die Weltanschauung und den religiösen Glauben, die Thaten und Schicksale neuer[1] Völkerschaften hereinkommen. Dieß ist bei den Germanen sowohl in ihrer heidnischen Ursprünglichkeit als auch nach ihrer Umwandlung durch das Christenthum, sowie bei den romanischen[2] Nationen[1] in um so reicherer Weise der Fall, je weiter die Verzweigung dieser Völkergruppen wird, und in je mannigfaltigeren[1] Stufenfolgen sich das Prinzip der christlichen Weltanschauung und Wirklichkeit entfaltet. ➢ Volltext.
[17]
Heine, Romant. Schule (1836), 72
: [M]an sprach nicht mehr von Romantik[14] oder klassischer[8] Poesie, sondern von Goethe und wieder von Goethe. ➢ Volltext.
[18]
Heine, Romant. Schule (1836), 164
: Mit den ernsten Disciplinen hatte sich Herr Tieck nie sonderlich befaßt. Er studirte moderne[1] Sprachen[3] und die älteren[1] Urkunden unserer vaterländischen Poesie. Den klassischen[7] Studien soll 〈165〉 er immer fremd[4] geblieben seyn, als ein ächter Romantiker[3]. ➢ Volltext.
[19]
Herder, Bef. d. Hum. IV (1794), 75
: [A]ls in den mittleren Zeiten[3] die Poesie wieder auflebte, erinnerte sie sich bald ihres ehemaligen wahren Geburtslandes unter Pflanzen[1] und Blumen. Die 〈76〉 Provenzal- und Romantischen[12] Dichter liebten dergleichen Beschreibungen; bei Spenser z. B. sind es noch immer anmuthige Stanzen, die uns schöne[1] Wüsteneien samt ihren Gewächsen und Blumen schildern. .
[20]
Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 17
: Boëthius und Auson's Gedichte sind zur Zeit[7] des allgemeinen Verfalls der Römischen Sprache[3] und Poesie merkwürdige Erscheinungen. [...] Beide, insonderheit Boëthius, sind den folgenden dunkeln Jahrhunderten leitende Sterne 〈18〉 gewesen; wie denn auch in ihm [...] bereits sichtbarerweise ein neuer[1] Geschmack hervorgehet, der den folgenden Zeiten[3] verwandt und ihnen daher lieber war, als der große Geschmack der alten[10] classischen[5] Dichter..
[21]
Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 144
: Einen [...] Feind hatte die Bildnerinn der Sitten, die Poesie, an den Sitten [...] im mittleren Zeitalter. Kriegerischen Völkern[1] ertönt nur die Tuba; unterjochte, Bäurische Völker[1] sangen rohe Volksgesänge; Kirchen und Klöster Hymnen. Wenn aus dieser Mischung ungleichartiger Dinge nach Jahrhunderten ein Klang hervorging; so wars ein dumpfer Klang, ein vielartiges Sausen. [...] Er heißt Abentheuer, Roman[1]; ein Inbegriff des wunderbarsten, vermischtesten Stoffs, der ursprünglich nur ununterrichteten Ohren[4] gefallen sollte, und sich [...] von der Vorwelt her über Meer und Länder in wilder Riesengestalt erstreckte. Von den Arabern her bestimmten drei Ingre〈145〉dientien den Inhalt dieser Sagen, Liebe, Tapferkeit und Andacht [...]..
[22]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 207
: Nach der Wiedereinsetzung der alten[1] Bourbon’schen Dynastie regte sich ein neuer[1] Geist[14]. Junge, kühne Männer sprachen entschieden dem strengen Formenwesen der sogenannten klassischen[8] Poesie des Jahrhunderts Ludwig’s XIV. Hohn, und streiften gewaltsam ihre Fesseln ab. – Sie nannten sich im Gegensatze zu den Bekennern jener Schule, Romantiker[3]. An ihrer Spitze steht Victor Hugo. Ihm gesellen sich in diesen Bestrebungen zu: de Lamartine, Alfred de Vigny, Alexander Dumas, Jules Janin, Sainte Beure [sic], Barbier, Barthélemy und Mery, Balzac, E. Sue u. s. w. – Nur der Phantasie[2] gehorchend, sind sie in ihrer Opposition sehr oft zu weit gegangen und haben entweder zu Grausenhaftes und Unnatürliches dargestellt, oder gerade in entgegengesetzter Richtung noch mehr gekünstelt, als ihre Gegner, so daß sie von Verirrungen in der Mehrzahl keineswegs frei zu sprechen sind; doch ist auf der andern Seite vollkommen anzuerkennen, daß sie der Poesie einen neuen[1], dauernden Schwung verliehen, und daß, wenn erst größere Ruhe und Klarheit in ihre Bestrebungen tritt, wenn der Tag nicht mehr den Tag verschlingt, gerade durch diese anscheinend gewaltsame Erweiterung des Gebietes der Dichtkunst Ausgezeichnetes und Großes werde herbeigeführt werden..
[23]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 93 f.
: Daher thut der Idealismus in dieser Rücksicht der romantischen[12/9] Poesie so viele Dienste, als er der plastischen[5/4] versagt [...]. | Der Grieche sah selber und erlebte selber das Leben; er sah die Kriege, die Länder, die Jahres-Zeiten, und las sie nicht; daher sein scharfer Umriß der Wirklichkeit; so daß man aus der Odyssee eine Topographie und Küsten-Karten ziehen kann. Die Neuern[5] hingegen bekommen aus dem Buchladen die Dichtkunst sammt den wenigen darin enthaltenen und vergrößerten Objekten und sie bedienen sich dieser zum Genusse jener [...]. Der neue[5] Poet trägt 〈94〉 sich daher auf seinen Spaziergängen die Natur[2] für den Objektenträger seiner objektiven Poesie zusammen..
[24]
Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 720 f. (721)
: Wir finden in jeder Poesie[11] romantische[2] Partien. So fehlt es dem griechischen[2], als auch dem nordischen Fabelkreise nicht an reizenden romantischen[2] Einzelnheiten; nur der [sic] eigentliche vorherrschende Charakter[5], der [sic] wahre Geist[12] des Romantischen[2] findet man in den provenzalischen 〈721〉 Dichtern[3], und in dem Mythenkreise der eigentlichen alten[11] Ritterromane, der dem Süden von Europa angehört, und sich von da erst weiter ausgebreitet hat. Diesen romantischen[2] Geist[12] finden wir zuerste in Spanien und Frankreich. In Spanien verschaffte der Kampf der Christen mit den Mohren, das allmählige Aufkommen christlicher Königreiche, der romantischen[2] Poesie[1], Zunder und Nahrung; denn die ritterlichen Spiele und Thaten; die großen Feste, die unter verschiedenen Gestalten, bald in den geräumigen hochgewölbten Sälen der Palläste, bald im grünen Walde, unter dem schützenden Laubdache majestätischer Bäume abgehalten wurden, und woran Könige und Herzöge Theil nahmen, und sich mit den Rittern, Damen und Dichtern[1] unter Spiel und Gesang belustigten, trugen einen eigenen Zauber. [...] Hierzu kamen nun noch die Kreuzzüge, die gerade in jenen Ländern die meiste Theilnahme fanden, und das romantischste[2] Gemälde in der ganzen Geschichte[3] abgeben, woraus sich dann in Frankreich die schönen[1] Dichtungen von Carl dem Großen, seinen Pärs, seinen Kämpfen mit den Mauren etc. entfalteten. Von Frankreich und Spanien gelangte die Romantik[3] auch nach England und Deutschland. Im ersteren Reiche finden wir das echt Romantische[2] in dem Mythus vom fabelhaften König Uterpendragon, dem Erneurer des heiligen Graals, von Arthus etc. ausgebildet, und in Deutschland, im Süden desselben, geschah die Ausbildung des Romantischen[2], jedoch 〈722〉 nicht in dem Umfange, wie in Spanien, Frankreich und England, durch die Minnesänger..
[25]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 57 f. (58)
: Seitdem die Buchdruckerkunst gemein wurde, verschwindet nun nicht mehr das Schlechte, Falsche und Unbedeutende wie ehemals gleich, nachdem es gesagt wurde, zerfließt nicht mehr in die gemeine Luft, der es mehr angehörte als dem Geist[19]; es bleibt, es rückt in ganzen Geschwadern, nach beschleunigtem Verhältnisse wachsend, wie die Biblio〈58〉theken unsrer Zeit zeigen, auf die unglücklichen Nachkommen los [...]. | Die Organe[3] der Sprache[1] und des Gehörs sind ihrer edelsten Funktionen beraubt, sie feiern, sie verrichten unnütze Dinge, oder doch nur den allergemeinsten Hausdienst; nur ganz auf der Höhe des europäischen Lebens, im Privatleben der Franzosen, und im öffentlichen Leben der Britten, den beiden besten Früchten, welche die letztvergangenen Jahrhunderte erzeugt, dauert [...] ihre alte Bedeutung fort. Wie kann man also voraussetzen, daß das Ohr[3] schon von selbst hinlänglich gebildet werde in einer Zeit, wo von allem Klange der Rede, von aller Lebensfülle, von allem Brausen der bürgerlichen Thaten, von allem Gesange der Poesie früherer Jahrhunderte nichts zurückgeblieben als ein einförmiges. Rauschen der Bücherblätter in einsamen Gemächern, wie ein ähnliches totes Rauschen der Blätter im Herbst statt allen fröhlichen Tumultes der schöneren Jahreszeit zurückbleibt! – | 〈59〉 Nachdem die Rede aus dem Gebiet des Ohrs[3] in das Gebiet des lesenden Auges, nachdem sie aus dem Gebiete der Stimme[1] in den Wirkungskreis der schreibenden Hände einmal höchst unnatürlicher Weise versetzt worden, so erstirbt sie nun auch, schrumpft zusammen, vertrocknet mehr und mehr: das Wort[2] schwindet in einander und wird mehr und mehr zur Zahl..
[26]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 121
: Wir haben die rhetorische Poesie, die wesentlich auf unser Gebiet gehört, mit herübergenommen; dafür geben wir der Poesie, was ihr gehört, die poetische[4] Beredsamkeit, nämlich jene Meisterwerke zurück, welche durch eine äußere prosaische[1] Form unsre rhetorische Betrachtung herauszufordern scheinen wie Don Quixote und Wilhelm Meister, aber durch alle ihre inneren Eigenschaften, ihre Absichtlosigkeit, ihre Freiheit[11/14], ihre Ironie[3], ihren poetischen[4] Bau, in jene Sphäre gehören [...]..
[27]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 214
: Die Art der Öffentlichkeit, welche die Poesie durch die Buchdruckerkunst erhalten hat, macht auf mich einen widrigen Eindruck, etwa als wenn: eine Frau[1] auf dem Forum, auf dem Markte öffentliche Reden vor Tausenden halten wollte, wie ich denn auch die Reden geistreicher Frauen[1] viel lieber in zierlichen Abschriften lesen würde als in dem Druck, wozu sie leider jetzt verdammt sind, da es nur diesen Einen Weg giebt, mit den verwandten Geistern[32] ferner Zeiten[3] und Örter zu sprechen..
[28]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 226
: Dieses richtige [...] Gefühl scheint anzudeuten, daß bei aller Verträglichkeit zwischen der politischen Beredsamkeit und der Poesie[1] dennoch die Geschiedenheit zwischen beiden fortdauern müsse und daß die Beredsamkeit grade um so rhetorischer, um so prosaischer[3] werden müsse, je mehr sie sich der Poesie[1/4/5] hingebe und je vertrauter sie werde mit ihr. Sie sehen, daß dieses wunderbare Verhältniß, mit dessen Erörterung sich bis jetzt die Kritik[8] nur selten befaßt hat, unerklärt bleiben würde, wenn ich nicht durch den Lauf dieser Vorlesungen das einzige Gleichnis angewendet hätte, welches in dem ganzen Gebiete der menschlichen 〈227〉 Angelegenheiten dafür vorhanden war, das Verhältniß der beiden Geschlechter. Grade in demselben Maße, als das Bedürfniß des weiblichen Umgangs wächst, tritt der männliche Karakter[1] deutlicher ans Licht: und ich behaupte, daß die wahre Poesie[22] an dem Stil der Staatsschriften, die George Rex unterzeichnet sind und die als unbedingtes erstes Muster dieser Art ausgezeichnet zu werden verdienen, dieselbige Freude hat, die eine ächte Frau[1] in der Betrachtung des wahrhaft männlichen Karakters[1] empfindet..
[29]
Novalis, Poësie (*1798), NS 2, 533, Nr. 31
: Die Poësie[1/4/2] hebt jedes Einzelne durch eine eigenthümliche Verknüpfung mit dem übrigen Ganzen – und wenn die Philosophie durch ihre Gesezgebung die Welt erst zu dem wircksamen Einfluß der Ideen bereitet, so ist gleichsam Poësie[4/2] der Schlüssel der Philosophie, ihr Zweck und ihre Bedeutung; denn die Poësie[4/2] bildet die schöne[2] Gesellschaft – die Weltfamilie – die schöne[2] Haushaltung des Universums. | Wie die Philosophie durch System[1] und Staat, die Kräfte des Individuums mit den Kräften der Menschheit[2] und des Weltalls verstärckt, das Ganze zum Organ[1] des Individuums, und das Individuum zum Organ[1] des Ganzen macht – So die Poësie[4/2], in Ansehung des Lebens. Das Individuum lebt im Ganzen und das Ganze im Individuum. Durch Poësie[4/2] entsteht die höchste Sympathie und Coactivität, die innigste Gemeinschaft des Endlichen und Unendlichen..
[30]
Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 99
: Das Land der Poesie[14/11/1?] [⦿], das romantische[2/7/8/1?] Morgenland[2], hat euch mit seiner süßen Wehmuth begrüßt [...]..
[31]
Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 22
: [N]ie war Europa einiger, glänzender und mächtiger, als in jener herrlichen Zeit[3] des Ritterthums und des Enthusiasmus für die Ehre der katholischen Religion[1]. Da trieb eine neue[1], wunderbare Poësie ihre farbigen Blüthen, und die Produkte der romantischen[13] Künstler[3] stehen in ihrer Art eben so göttlich 〈23〉 und unerreichbar da, wie die der frühern Griechen und Römer..
[32]
Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 42
: Was für ein Sinn[9] spricht dich an in den ungeheuren Bücher- und Zeitungsmaßen, die da von Jahr zu Jahr an den Tag gefördert werden? [...] Das wirklich Vortreffliche und Achtungswürdige ist [...] da noch immer als Ausnahme zu betrachten, und du findest es nur zu häufig geschmäht, verfolgt und auf die niedrigste Weise verdächtig gemacht. Was die Meisten da wollen und betreiben, ist [...] eine trockne Verstandesbildung, eine Empirie, die sich für Wissenschaft hält, eine einseitige klaßische[8] Gelehrsamkeit, welche das Schöne[1] der romantischen[3/8/13] Bildung[5] absichtlich mißkennt, eine Poësie, deren Tendenz mehr äußerlich, verstandesmäßig und rhetorisch, und eine Moral, die, aller Religion[3] beraubt, gemein, unheilig und gemüthlos ist..
[33]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 470
: Im Kunstwerk[2] selbst als Objektivem verhalten sich Erhabenheit und Schönheit[1] wie im Subjektiven Poesie und Kunst[4]. Aber auch in der Poesie für sich, sowie der Kunst[4] für sich, ist wieder derselbe Gegensatz möglich, dort als naiv[1] und sentimental[1], hier als Styl und Manier. ➢ Volltext.
[34]
Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. II (1795), 31
: Je nachdem [...] die Poesie[1] entweder einen bestimmten Gegenstand nachahmt, wie die bildenden Künste[2] thun, oder je nachdem sie, wie die Tonkunst, bloß einen bestimmten Zustand des Gemüths hervorbringt, ohne dazu eines bestimmten Gegenstandes nöthig zu haben, kann sie bildend (plastisch[3]) oder musikalisch[7] genannt werden. Der letztere Ausdruck bezieht sich also nicht bloß auf dasjenige, was in der Poesie[11], wirklich und der Materie nach, Musik[5] ist, sondern überhaupt auf alle diejenigen Effekte derselben, die sie hervorzubringen vermag, ohne die Einbildungskraft durch ein bestimmtes Objekt zu beherrschen; und in diesem Sinne[1] nenne ich Klopstock vorzugsweise einen musikalischen[7] Dichter..
[35]
Schiller, Ästh. Erzieh. (1795), NA 20, 321
: Die Griechen beschämen uns nicht bloß durch eine Simplicität, die unserm Zeitalter fremd[5] ist; sie sind zugleich unsre Nebenbuhler, ja oft unsre Muster in den nehmlichen Vorzügen, mit denen wir uns über die Naturwidrigkeit unsrer Sitten zu trösten pflegen. Zugleich voll Form und voll Fülle, zugleich philosophirend und bildend, zugleich zart und energisch sehen wir sie die Jugend der Phantasie[1] mit der Männlichkeit der Vernunft[1] in einer herrlichen Menschheit[3] vereinigen. | Damals bey jenem schönen[1] Erwachen der Geisteskräfte hatten die Sinne[3] und der Geist[22] noch kein strenge geschiedenes Eigenthum; denn noch hatte kein Zwiespalt sie gereizt, mit einander feindselig abzutheilen, und ihre Markung zu bestimmen. Die Poesie hatte noch nicht mit dem Witze[2] gebuhlt, und die Spekulation sich noch nicht durch Spitzfindigkeit geschändet. .
[36]
Schiller, Schem. Dilett. (*1799), NA 21, Anh. [8], Sp. 4, 35
: Der Dilettant glaubt mit dem Witz[2] an die Poesie zu reichen..
[37]
Schiller, an Chr. G. Körner (3. 7. 1800), NA 30, 168
: Die spanische Litteratur wird Dir gewiß eine sehr anziehende Beschäftigung geben, wenn Du Dich mit der romantischen[12/2/15] Poesie[11] vertragen kannst. Sie ist freilich das Produkt eines andern Himmels und einer ganz andern Welt. Für unsre deutsche Poesie[1] glaube ich nicht soviel Ausbeute darinn finden zu können als Du hoffst, weil wir einmal mehr philosophische Tiefe und mehr Wahrheit des Gefühls als Phantasiespiele lieben. Neuerdings hat Tiek in seinen romantischen[2] Dichtungen diese Gattung wieder angeregt und mit vielem Glück. Seine Genoveva ist wohl schon in Deinen Händen. Auch die Schlegels geben sich jezt viel mit der spanischen Litteratur ab, nach ihrer Art, aber durch ihre Einseitigkeit und Anmaßung verderben sie einem gleich die Lust..
[38]
Schiller, Chor. Trag. (1803), VIII
: Durch Einführung einer metrischen Sprache[4] ist man [...] der poetischen[1] Tragödie schon um einen grossen Schritt näher gekommen. Es sind einige lyrische Versuche auf der Schaubühne glücklich durchgegangen, und die Poesie hat sich durch ihre eigene lebendige Kraft, im Einzelnen, manchen Sieg über das herrschende Vorurtheil errungen. Aber mit den einzelnen ist wenig gewonnen, wenn nicht der Irrthum im Ganzen fällt, und es ist nicht genug, daß man das nur als eine poetische[4] Freiheit[17] duldet, was doch das Wesen aller Poesie ist..
[39]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 419
: Die Lateinische Sprache[3], wiewohl als ein Dialekt[1] des Griechischen zu betrachten, indem das Pelasgische, die Stammsprache des Griechischen ihre Wurzel gewesen zu seyn scheint, entbehrte doch verschiedne Vorzüge desselben, und andre hat sie sich nur durch die fleißigste Cultur[3] zu eigen machen können. Sie hatte keine verschiednen für die Poesie gültigen Dialekte[1], auch keine alten Denkmäler, in welchen ihre poetische[4] Wortformen aufbewahrt worden wären..
[40]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!1802–03), KAV 1, 545
: Die Neueren[3] haben sich die Kunstausdrücke der Alten[10] von den Gattungen angeeignet, oft aber etwas ganz anderes damit gemeynt. Zuweilen haben sie aber auch die Poesie[1] auf gelehrte Weise getrieben, und sind von der Nachahmung der Alten[10] ausgegangen. Die so entstandnen Werke werde ich, da man sie wegen ihres oft großen Ansehens bey geringem eigenthümlichen Werth und Geist[12], nicht ganz übergehen kann, bey Abhandlung der Griechischen[2] Vorbilder ebenfalls anfügen, um 〈546〉 bey der neueren[3] Poesie[11] die Entwicklung des Romantischen[4] so wenig als möglich zu unterbrechen. Ich nehme den Fall aus, wo ein Werk zwar mit der Intention entworfen worden, classisch[5] zu seyn, wo aber doch romantische[4] Elemente sich ihm eingemischt haben, und vielleicht das beste darin sind, wie es z. B. mit Tasso's befreytem Jerusalem der Fall ist. 〈Tasso hatte nächst dem Virgil wohl den sehr romantischen[4] Camoens vor Augen, und wirkte wieder auf den gar nicht romantischen[4] Milton.〉.
[41]
A. W. Schlegel, Geist d. Zeitalt. (1803), Eur. 2, 45
: Endlich wird die Geschichte[4] meistens mit ganz bedingten Zwecken behandelt, staatsrechtliche und staatswirthschaftliche Verhältnisse soll sie erörtern, oft nur zur Brauchbarkeit für den Geschäftsmann einer einzelnen kleinen Provinz. Die Historie, die wirklich diesen Namen verdient, arbeitet für das gesammte Menschengeschlecht und die Nachwelt; sie hat einen unbedingten Zweck, und dies spricht sich in der Form eines Kunstwerkes[2] aus: sie ist die Poesie der Wahrheit. ➢ Volltext.
[42]
A. W. Schlegel, Geist d. Zeitalt. (1803), Eur. 2, 80
: Im Mittelalter lebte die Poesie [...] im Gesange und der Declamation der Troubadours und Conteurs, noch Ariost hat auf diese Art seine Gesänge ursprünglich zur Vorlesung bestimmt. In den südlichen Ländern, wo man weniger lieset, hat das mündliche öffentliche Erzählen bis jetzt seinen Reiz behalten. – Solch eine Mittheilung erregt ganz andre Spannung und Theilnahme als das einsame ungesellige Lesen. Aber auch den Zauber der Schrift selbst hat die Buchdruckerei großentheils aufgehoben. Bei der Schwierigkeit, sich Bücher zu verschaffen, war ein einziges schon ein kostbares Besitzthum, das von Geschlecht zu Geschlecht forterbte: es war eine romantische[7; 1] Armuth. Jetzt sind die Menschen durch die Leichtigkeit des Besitzes gegen das Vortrefflichste so gleichgültig geworden, daß sie meistens gar nicht mehr mit Andacht, sondern bloß zu gedankenloser Zerstreuung lesen. ➢ Volltext ⦿.
[43]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 63
: Bis hieher hätte ich also dargethan, wie alle unsre Dichter in so fern gelehrt oder literarisch zu Werke gingen, daß sie fremde[1] Muster vor Augen hatten; und zugleich wie diese entweder nicht die rechten waren, oder von ihnen verfehlt wurden. Es trat aber eine Classe[1] von Schriftstellern auf, welche behaupteten, die Poesie[1] solle gar keine Kunst[1], sondern ein bestimmungsloser fast unbewußter Erguß der Natur[15] seyn. Der Irrthum lag darin, daß sie die Entgegensetzung von Kunst[1] und Natur[15] als absolut fixirten, und sie nicht zu synthesiren wußten, da doch ächte vollendete Poesie[11] eben so sehr Kunst[9] als Natur[10] seyn muß, und eins immer in das andre übergeht..
[44]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 148
: Wir haben an dem Gegensatz unsers Zeitalters, dann auch an der nachherigen Entwickelung der romantischen[12] Poesie, für welche Dante's Werk vorbildlich und prophetisch war, einen Reflexionspunkt, und können die ganze Synthesis der heterogensten Elemente, welche es darbietet, deutlicher mit den Gedanken fassen, weil wir zugleich mit dem Dichter eins und von ihm durch die neuere[3] Bildung[6/16?] getrennt sind..
[45]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 48
: In Bezug auf die Poesie, gehört die Betrachtung der Mythologie als eines Organs[1] derselben noch besonders in die philosophische Theorie der schönen[2] Kunst[1]..
[46]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 273
: Die Einheit eines historischen Kunstwerks[2] ist nun unstreitig von derselben Art wie die poetische[4], nur daß in der Poesie Stoff und Form der schaffenden Fantasie[2] anheim gestellt ist, da hingegen die historische Kunst[2] sich an ein gegebnes anzuschließen hat. Dieß ist es, was ich meynte, wenn ich die Geschichte[4] eine Poesie der Wahrheit nannte, ein Ausdruck den man aus lächerlicher Kurzsichtigkeit und Unwissenheit so lächerlich gefunden hat..
[47]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 338
: Die ritterliche Galanterie und die damit verknüpfte Poesie[1] des Mittelalters hat unstreitig den größten Antheil an der Verfeinerung der romanischen[1] Dialekte[1]..
[48]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 14 f. (15)
: [I]n der Musik[1] hat Rousseau den Gegensatz anerkannt, und gezeigt, wie Rhythmus und Melodie das herrschende Prinzip der antiken[2], Harmonie der modernen[1] Musik[1] sey. Er verwirft aber einseitig die letztere, worin wir ganz und gar nicht mit ihm einig seyn können. Ueber die bildenden Künste[2] thut Hemsterhuys den sinnreichen Ausspruch: die alten[10] Mahler seyen vermuthlich zu sehr Bildhauer gewesen, die neueren[3] Bildhauer seyen zu sehr Bildhauer [sc. Mahler]. Dieß trifft den eigentlichen Punkt; denn, wie ich es in der Folge deutlicher entwickeln 〈15〉 werde, der Geist[12] der gesamten antiken[2] Kunst[4] und Poesie ist plastisch[3], so wie der modernen[1] pittoresk[2]. ➢ Volltext.
[49]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (
21817), 3 f.
: Die allgemeine philosophische Theorie der Poesie und der übrigen schönen[2] Künste[1] stellt die Grundgesetze des Schönen[1] auf, die allen mit einander gemein sind. Jede Kunst[2] hat ferner ihre besondere Theorie, welche darauf abzweckt, die Gränzen, die Schwierigkeiten und die Mittel dieser Kunst[2] kennen zu lehren. Hiezu werden wissenschaftliche Erörterungen erfo〈4〉dert, welche dem Künstler nützlich, aber wenig anziehend für solche Freunde der Kunst[2] sind, die nur die Hervorbringungen ausgezeichneter Geister[32] genießen wollen. Die allgemeine Theorie hingegen zergliedert eine der menschlichen Natur[1] wesentliche Eigenschaft: die Fähigkeit das Schöne[1] zu empfinden, woraus das Bedürfniß der schönen[2] Künste[1] und das Wohlgefallen daran entsteht; sie zeigt das Verhältniß zwischen dieser Fähigkeit und allen übrigen sittlichen und erkennenden Fähigkeiten des Menschen. Sie ist also sehr wichtig für den Denker, aber an sich allein reicht sie nicht hin, um zur Führerin bey Ausübung der Kunst[2] zu dienen. | Die Geschichte[4] der schönen[2] Künste[1] lehrt uns, was geleistet worden, die Theorie, was geleistet werden soll. Ohne ein verbindendes Mittelglied würden beyde abgesondert und unzulänglich bleiben. Die Kritik[2] ist es, welche die Geschichte[4] der Künste[2] aufklärt, und ihre Theorie fruchtbar macht. Die Vergleichung und Beurtheilung der vorhandenen Hervorbringungen des menschlichen Geistes[11] muß uns die Bedingungen an die Hand geben, die zur Bildung[1] eigenthümlicher und gehaltvoller Kunstwerke[2] erforderlich sind..
[50]
A. W. Schlegel, Gesch. Dt. Spr. (
!1818–19), 11.6
: Die Ostgothen Sachsen theilen sich durch ihre Eroberung Britanniens in die Angelsachsen u[nd] Altsachsen. Jene bekehren sich zu Anfange des 7ten Jahrhunderts – willig, u[nd] ohne Gewaltsamkeit. [...] Ihre Poesie wird durch die Unterjochung der Normannen, die Romanisch[1] reden, gewaltsam unterdrückt – in der Geschichte[5] 〈11.7〉 zeigen sich nur wenige Spuren davon. ➢ Volltext.
[51]
F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 90, Nr. 65
: Als Vorübung zur Rom[antischen][1] π [Poesie] außer der Sat[irischen], auch Idyll[ische] und die μιμ [mimische] vorzügl[ich]. – Die Satire ist sehr empfänglich für Aeußerung der sittlich[en], wissenschaftl[ichen], gesellschaftl[ichen], bürgerl.[ichen] Bildung[5]. – Das arabische, romantische[2/7], absolut Wunderbare auch eine Vorübung zum Roman[1]. 〈Alle 〈91〉 Dichtart[en], die drei alten[10] classisch[en][5] ausgenommen. Diese Bestandtheile dann zu einer progressiven[3] Einheit verknüpft.〉.
[52]
F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 93, Nr. 96
: Die Geschichte[1] der progressiven[5/3] Poesie ließe s.[ich] erst dann vollständig a priori construiren, wenn sie vollendet wäre; bis jetzt kann man nur Bestätigung der progress.[iven][3] Idee in d[er] Gesch[ichte][1] d.[er] mod[ernen][1] π [Poesie] aufzeigen, und Vermuthung[en] daraus folgern..
[53]
F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 104, Nr. 230
: Kann es 〈wohl〉 progressive[3; 6?] Musik[1] geben, oder ist diese eine rein sentimentale[2; 6?] Kunst[2], wie die Plastik eine classische[5/6; 7?], die Poesie eine progressive[3; 6?]?.
[54]
F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 166, Nr. 120
: Wer Göthe's Meister gehörig charakterisirte, der hätte damit wohl eigentlich gesagt, was es jetzt an der Zeit ist in der Poesie. Er dürfte sich, was poetische[4] Kritik[2] betrifft, immer zur Ruhe setzen. ➢ Volltext.
[55]
F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 248
: Ein andres Zeichen von der Annäherung zum Antiken[2] in der Poesie ist die auffallende Tendenz zum Chor in den höhern lyrischen Gedichten (wie die Götter[4] Griechenlands und die Künstler Schillers; eines Künstlers, der durch seinen ursprünglichen Haß aller Schranken vom klassischen[7] Alterthum[2] am weitesten entfernt zu seyn scheint[)]. ➢ Volltext.
[56]
F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 179 ff. (181)
: [Der Goethe'sche Wilhelm Meister] eröffnet eine ganz neue[1] endlose Aussicht auf das, was die höchste Aufgabe aller Dichtkunst zu seyn scheint, die Harmonie des Classischen[3/5/6?] und Romantischen[4/6/8/9?]. [...] 〈180〉 [...] Cervantes und Shakspeare [...] sind [...] die einzigen, mit denen Goethe's Universalität eine Vergleichung zuläßt. [...] Nur ist Goethe's Kunst[2] durchaus progressiv[6/3] [...]. | Goethe hat sich [...] zu einer Höhe der Kunst[2] heraufgearbeitet, welche zum erstenmal die ganze Poesie[17] der Alten[10] und der Modernen[1] umfaßt, und den Keim eines ewigen Fortschreitens enthält. | Der Geist[14], der jetzt rege ist, muß auch diese Richtung nehmen, und so wird es, dürfen wir hoffen, nicht an Naturen[17] fehlen, die fähig seyn werden zu dichten, nach Ideen zu dichten. Wenn sie nach Goethe's Vorbilde in Versuchen und Werken jeder Art unermüdet 〈181〉 nach dem Bessern trachten; wenn sie sich die universelle Tendenz, die progressiven[6/3] Maximen dieses Künstlers zu eigen machen, die noch der mannichfaltigsten[1] Anwendung fähig sind; wenn sie wie er das Sichre des Verstandes[2] dem Schimmer des Geistreichen vorziehn: so wird jener Keim nicht verloren gehn, so wird Goethe nicht das Schicksal des Cervantes und des Shakspeare haben können; sondern der Stifter und das Haupt einer neuen[1] Poesie seyn [...]. ➢ Volltext.
[57]
F. Schlegel, Philos. Lehrj. V (*1800/01), KFSA 18, 377, Nr. 688
: Die Theorie ist in der φσ [Philosophie] bei weitem das herrschende. Das ganze System[1] von π [Poesie], φσ [Philosophie] und φλ [Philologie] ist eigentl[ich] d[ie] Theorie d[er] Menschheit[1], die theoret.[ische] Kraft, das theoret.[ische] Organ[1]..
[58]
F. Schlegel, Less. Ged. u. Mein. I (1804), 31
: Uebrigens zeigt es sich in dieser Tendenz noch ganz besonders, wie fremd[4] den Menschen die Poesie geworden war; das Kunstgefühl war ihnen ein Phänomen, das sie vor allen Dingen zu begreifen und zu erklären wünschten; wodurch aber weder das Verständniß der Kunst[2] eröffnet, noch auch der Dichter selbst gefördert wird. In neuerer[3] Zeit[3] hat man, besonders seit Kant, einen andern Weg eingeschlagen, und durch Zurückführung eines jeden besondern ästhetischen Gefühls auf das Gefühl des Unendlichen, oder die Erinnerung der Freiheit[10] wenigstens die Würde der Poesie gerettet. Für die Kritik[2] aber ist damit immer nicht viel gewonnen, so lange man den Kunstsinn nur erklären will, statt daß man ihn allseitig üben, anwenden und bilden sollte..
[59]
Schleiermacher, Brf. Lucind. (1800), 1 f. (2)
: Ein tüchtiges Urtheil, wie wir es über die Bücher fällen, die so vorkommen, wirst Du doch nicht erwarten? Du weißt ja, [...] wie ich scheu und bedächtig und ehrerbietig mit Allem umgehe, was sich mir als ein eigen gebildetes Wesen ankündigt, sei es ein Mensch[1] oder ein Gedanke oder ein gebildetes Werk, und wie 〈2〉 lange und unersättlich ich bei der Anschauung verweile, ehe ich mich an etwas wage, was einer Uebersicht oder einem Urtheil ähnlich ist. Und nun gar dieses Werk, welches wie eine Erscheinung aus einer künftigen Gott[1] weiß wie weit noch entfernten Welt da steht! Gewiß, sie könnte eben so lange vollendet sein, als sie nun unvollendet ist, ehe ich es mir erlauben würde, in diesem Sinne[1] etwas über die Composition und die Kunst[13] darin überhaupt zu sagen, das heißt wirklich zu meinen. Verhielte sich auch der zweite Theil zu dem ersten nur wie die Rückseite einer Schaumünze oder das Gegenstück eines Gemäldes; so würde ich mir bis zur Vollendung Schweigen[2] und Ungewißheit gebieten, wieviel Betrachtungen dieser Art sich mir auch aufdrängen, seitdem ich mit dem Geist12 und Charakter[1] des Buchs recht gesättigt bin, und seitdem Friedrich Schlegel seine Ansicht von der romantischen[1] Poesie in so klaren Worten[2] von sich gegeben hat. Doch lieber Freund, dieses Aufschieben eines vollendeten Urtheils geht bei mir nicht nur auf die Composition, sondern auf Alles, und ich müßte zu meinem Unglück weniger hohe Begriffe[1] von dem haben, was die Kritik[2] eigentlich leisten kann und soll, wenn es anders wäre. ➢ Volltext.
[60]
R. Schumann, Tageb. I (*1827), 77
: Die politische Freiheit[6] ist vielleicht die eigentliche Amme der Poesie: sie ist zur Entfaltung der dichterischen Blüthen am meisten nothwendig: in einem Lande, wo Leibeigenschaft, Knechtschaft etc. ist, kann die eigentliche Poesie nie gedeihen: ich meine die Poesie, die in das öffentliche Leben entflammend u. begeisternd tritt..
[61]
L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), VI (1)
: Die Zeit[3], aus welcher die Abschriften und Umarbeitungen älterer Werke, so wie die originalen Gedichte der Deutschen herrühren, ist früher, als die klassische[3 Zeit[3] der italiänischen Poesie, welche sich mit dem Dante eröffnet [...]. ➢ Volltext.
[62]
L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), VI (2)
: Im 12ten und 13ten Jahrhundert war die Blüthe der Romantischen[12] Poesie in Europa; die berühmten Dichter der Deutschen fangen ohngefähr mit Heinrich von Veldeck an, welcher unter Friedrich Barbarossa lebte, und unter die letzten Minnesänger muß man den Johann Hadloub rechnen, so daß sich dieser Zeitraum ohngefähr bis auf Rudolf von Habsburg erstreckt, d. h. bis zum Schluß des 13ten und den Anfang des 14ten Jahrhunderts. ➢ Volltext.
[63]
L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), 493 f. (494)
: Unter den Dichtern aber erreichte Racine in Sprach- und Verskunst eine harmonische Vol〈494〉lendung, wie sie nach meinem Gefühl weder Milton im Englischen, noch auch Virgil im Römischen haben, und die nachher in der französischen Sprache[3] nie wieder erreicht worden ist. Für das Ganze der Poesie[1] hätte man wohl wünschen mögen, daß für die Dichtersprache besonders, neben dieser kunstreichen Vollendung, auch etwas mehr Freyheit[9] übrig gelassen wäre; daß man die altfranzösische Poesie[11] der Ritterzeit, die doch so vieles Schöne[1] und Liebliche, in Erfindung und Sprache[3] hervorgebracht, nicht so ganz unbedingt und ohne Ausnahme verworfen, verachtet und vergessen hätte. Man hätte immer, wie ja auch von den Italienern und andern Nationen[1] geschehen war, einen kunstreichern und ernstern Styl mit dem dichterischen Geist[12] der Ritterzeit verbinden können. Die französische Poesie[1] und die Sprache[3] würde dann etwas mehr von jenem romantischen[2/7] Schwunge und jener alten[6] Dichter-Freyheit[9] erhalten haben, die ihr Voltaire so oft zurück wünscht, und die er ihr auch obwohl zu spät und nur mit halbem Gelingen zum Theil wieder zu geben suchte. ➢ Volltext.
[64]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 92
: Die Manifestation einer neuen[1] Anschauungsweise, und damit eines neuen[2] Lebens, einer neuen[1/2] Kunst[4] und Poesie ist, wie wir am Beispiel der griechischen[2] und christlichen gesehen, kein momentaner Akt[2], der sich sofort aller geschichtlichen Elemente bemächtigte und die Formen der früheren Anschauungsweise auf einmal zertrümmerte, sondern ein progressiver[2] Akt[2], dem nur allmählich die Überwältigung und Ausscheidung der zuckenden, abgestorbenen Lebensreste gelingt. Es verharrt die Zeit[5] so lange im Verpuppungszustande, bis ihr unter der Decke die Flügel ausgewachsen sind, sie dehnt sich, lockert sich, erwartet den Augenblick – dann kostet es nur einen Sonnenstrahl, vielleicht den ersten nach schwerem Gewitter, und gesprengt ist der alte[1] Leib, und die Psyche der Menschheit[2] atmet wieder die Freiheit[1] ein..