Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 164: Der Adel[5] [...]. [...] Figürlich, Würde, erhabene Eigenschaften des Geistes, Hoheit der Seele.
[2] Hoven, Lebenserinn. (1840), 192: Muß der Studierende vom frühen Morgen bis zum späten Abend nichts als Vorlesungen hören, so kann er zwar, wenn er aufmerksam ist und das Gehörte gehörig faßt und in einem feinen guten Gedächtnis behält, ein gelehrter Arzt werden, aber ein selbstdenkender Arzt wird er nicht, dazu lassen ihm die vielen Kollegien weder die nötige Zeit[6] noch die erforderliche Freiheit[1] des Geistes.
[3] F. Schlegel, Ideen (1800), 7, Nr. 18: Den Geist des sittlichen Menschen muß Religion[3] überall umfließen, wie sein Element, und dieses lichte Chaos von göttlichen Gedanken und Gefühlen nennen wir Enthusiasmus.
[4] L. Tieck, Phant. ü. d. Kunst (1799), 251: Ihr meynt, alles sey nur da, um Euer Urtheil daran zu schärfen, und seyd eitel genug, zu glauben, es gebe nichts Höheres oder nur Anderes, als die Kunst[1] oder handwerksmäßige Übung des Urtheilens. Ihr fühlt das Bedürfniß nicht, das Streben des reinen und poetischen[1] Geistes, aus dem Streit der irrenden Gedanken in ein stilles, heiteres[4], ruhiges Land erlös't zu werden.
[5] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 262: Arm an Geist[22], wenig Geist[22] oder Witz[3] habend, dagegen arm am Geiste[19] nur den Sitz der Armuth ausdrückt..
[6] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 226: Die Sprache[2] [...]. [...] Im weitesten Verstande, das Vermögen, den innern Zustand seines Geistes durch Töne auszudrucken, und in dieser Bedeutung haben auch die Thiere[2] eine Sprache[2]. Die Thiersprache. Ach! und O! sind die Sprache[2] des leidenden Menschen..
[7] Ahlefeld, Marie Müller (21814 [11799]), 241: Sie endigte diesen Brief[1] mit vieler Heiterkeit[3] und Ruhe des Geistes, siegelte ihn selbst und gab ihn Ludwig, mit der Bitte, ihn nach ihrem Tode zu besorgen..
[8] B. v. Arnim, Briefw. Kind II (1835), 4: Es braucht keinen großen Witz[3] und ich fühle es in mir selber gegründet: im Geist liegt der unauslöschliche Trieb, das überirdische zu denken, so wie das Ziel einer Reise hat er den höchsten Gedanken als Ziel; er schreitet forschend durch die irdische Welt der himmlischen zu, alles was dieser entspricht das reißt der Geist an sich und genießt es mit Entzücken [...]..
[9] B. v. Arnim, Briefw. Kind II (1835), 209: Ach schöner Sommernachmittag! ich brauch nicht zu denken, der Geist sieht müssig hinauf in die christallne Luft. – Kein Witz[1], keine Tugend, nackt und blos ist die Seele in der Gott sein Ebenbild erkennt..
[10] B. v. Arnim, Günder. I (1840), 290: Nicht wahr das soll auch ein Hauptprinzip der schwebenden[7] Religion[1] sein daß wir keine Bildung[5] gestatten, – Das heißt kein angebildet Wesen, jeder soll neugierig sein auf sich selber, und soll sich zu Tage fördern wie aus der Tiefe ein Stück Erz oder ein Quell, die ganze Bildung[2] soll darauf ausgehen daß wir den Geist[12/19] ans Licht hervorlassen. Mir deucht mit den fünf Sinnen[4] die uns Gott gegeben hat könnten wir alles erreichen ohne dem Witz[2/3] durch Bildung[2] zu nahe zu kommen. Gebildete Menschen sind die witzloseste Erscheinung unter der Sonne. Echte Bildung[5] geht hervor aus Übung der Kräfte die in uns liegen, nicht wahr?.
[11] B. v. Arnim, Günder. I (1840), 311: Ach ich sag Dir, es liegt ein Adel[5], ein steigernder Trieb in der Seele der auf die Aussenseite des Lebens zurückstrahlt, alles aus leidenschaftlicher Berührung der Sinne[4] mit dem Geist; wenn Du schreitest, wenn Du Dich wendest, wenn Du die Stimme[3] erhebst – was auch des geringsten nur, Dich einen Augenblick aus der Gegenwart (Einwirkung) jener Lebensregungen entfernt, fühlst Du nicht Vorwürfe? – ein Stocken, eine Ohnmacht in Dir?.
[12] B. v. Arnim, Günder. II (1840), 18: Du lebst und schwebst[7] in freier[1] Luft, und die ganze Natur[19] trägt Deinen Geist auf Händen [sc. ›Dein Geist19 ist vollkommen natürlich2‹]; ich dräng mich durch zwischen Witz[3] und Aberwitz, und hier und dort nimmt mich die Albernheit in Beschlag; und wenn ich Abends zum Schreiben komm, und muß das Unmögliche denken, was unmöglich ist auszusprechen, dann bin ich gleich traumtrunken, und dann schwindelt mir wenn ich die Augen öffne; die Wände drehen sich und der Menschen[1] Treiben dreht sich mit..
[13] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111: Es würde mich freuen wenn Du wolltest Dich mit dem Englischen beschäftigen. Sprachen[3] sind ein großer Gewinn, sie enthalten außer der Verschiedenheit des Ausdrucks, auch noch ein melodisches Genie[1] und dies erzeugt wieder auch ein tanzendes Genie[1] im Geist. Und willst Du hinter alle Geheimnisse des Geistes kommen, so nehme nur Rücksicht auf das Leben was die Sinne[4] führen, es spricht Dir Befähigung und Kraft und Neigung aus. In unserer äußern Welt construiren sie eine erhabne Geisteswelt, die reifen muß in ihr, und endlich sich selbständig zur Welt gebären muß. Das ist unsre Erlösung aus dem Irdischen ins Himmlische.
[14] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111: Sprachen[3] lernen, ist mit dem Geist der aufregendsten Tanzmusik folgend, sich behagen in harmonischen Beugungen und zierlichen kecken labyrintischen Tänzen, und dies electrisirt den Geist wie die Tanzmusik Deine Sinne[4] electrisirt. In der Sprache[3] aber vermählen sich die Sinne[4] wirklich mit dem Geist, und aus dieser Verbin〈112〉dung erzeugt sich denn, was die Völker[1] mit Erstaunen als ihr höchstes Kleinod lieben und erheben, und wodurch sie sich erhaben fühlen über andre Völker[1], was den Charakter[1] ausspricht ihrer Nationalität, nämlich der Dichter.
[15] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 396 f. (397): Die Verknüpfung zweier Sprachsphären, welche gleichtönen, wobei aber eine bestimmte Betrachtung der Bedeutung beider vorkommt, heißt ein Wortspiel, und dieses ist die Fundamentalfigur aller übrigen musikalisch[3]-poetischen[4] Sprachfiguren. Das Wortspiel ist der Witz[4] der Sprache[1], und an seiner Vortrefflichkeit kann nur der zweifeln, der überhaupt damit unbekannt ist, was der Witz[4] sei und bedeute, und vielleicht den ärmlichen Begriff[1] mit sich herumträgt: daß er nur ein Zeitvertreib, und die untergeordnete, unbedeutendere, heitere[5] Wahrheit sei. Allein weit entfernt diese geringe Gattung des Witzes[4] für sein Wesen zu halten; muß man vielmehr die Sache gradezu umkehren, und das Wesen der Wahrheit darin setzen, daß sie Witz[4] sey. Denn alle Wissenschaft ist Witz[4] des Verstandes, alle Kunst[2], Witz[4] der Phantasie[1], und jeder einzelne witzige Einfall wird nur dadurch zu einem solchen, daß er an den 〈397〉 Witz[4] der Wahrheit überhaupt erinnert. Damit man aber diese Stelle über den Witz[4], nicht etwa für witzelnd, sondern weil sie Wahrheit enthält, auch für witzig halte: so überlege man folgendes. Die Wissenschaft auf ihrem höchsten Standpunkte lehrt eine absolute Einheit eine unbedingte Identität alles mit allem. An diese ewige Consonanz des Weltalls, an diese heterogene Homogeneität, erinnert jede ernste und heitere[5], jede erhabene und burleske Stimmung, der Witz[4] ist der Blitz, welcher eine einzelne Stelle in dem großen Ganzen erleuchtet, und diese Identität im Einzelnen heraustreten läßt, und daher ist ein jeder Witz[4], indem er an das Höchste erinnert, erhaben. Je kleiner freilich die erleuchtete Stelle ist, je flüchtiger und vorübergehender der Eindruck, und der gesellige Witz[4] ist mehrentheils nur ein Wetterleuchten, welches das Dasein einer Region anzeigt, in welcher ein Blitz möglich wäre. Der ächte und große Witz[4] wohnt in der Wissenschaft, in der Kunst[2] und dem Leben; und da nun die Sprache[1] das Organ[1] von allen diesem ist: so sieht man leicht ein, daß durch das Wortspiel, wie es zum Beispiel Shakespear gebraucht, oder Aristophanes, Andeutungen können hervorgebracht, Effekte erregt, Empfindungen angeschlagen werden, die nur durch dieses Medium möglich sind, welche sich wie die Musik, körperlich durch das Ohr[2] in den Geist ergießen. ➢ Volltext.
[16] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 81: Meister über seine Leidenschaften, frei von Sorgen, behauptete er [sc. Aristipp] fast immer eine gleiche Heiterkeit[3] des Geistes. Er hatte seine schönsten Jahre zu Athen in dem Umgange mit Sokrates und den größten Männern dieses berühmten Zeitalters zugebracht; die Euripiden und Aristophanen, 〈82〉 die Phidias und Polygnote und (die Wahrheit zu sagen) auch die Phrynen und Laiden hatten seinen Witz[1] gebildet, und das zarte Gefühl des Schönen in ihm entwickelt..
[17] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 331: [W]ahrscheinlich entsteht der
[18] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 93: sein Ich, das Interesse seiner Person und seiner Eitelkeit ganz aus dem Gesichtskreise hinauszustoßen; denn sobald diese hervorschimmern, ist der Zweck verfehlt oder verschoben..
[19] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 739: Liberalismus ist nur die Gesinnung des freien Mannes, derselbe mag übrigens in Verhältnissen leben, in welchen er will, der Adel[5] des Geistes, welcher sich seines göttlichen Ursprungs bewußt ist und eifrig darnach strebt, diesem seinen Ursprunge sich würdig zu bezeigen; der jede geistige Gemeinheit, Sünde und Laster von sich abhält, um der Ehre anderer Menschen[1] und, was ihm noch weit höher steht, der Gnade Gottes[1] würdig zu sein..
[20] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101: Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen[1], sich nährte von den Rhapsodien des Dichters[1] und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne[1] Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes[1] Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[21] Gerstenberg, Merkw. Litt. I (1766), 14 f.: Fein genug ist unser Geschmack schon itzt, delicat genug – bald hätte ich üppig, weichlich, verzärtelt gesagt. – In rechtem Ernste, mein lieber Fr., es sollte mir lieb seyn, wenn er weniger ekel wäre, und desto mehr Nerven hätte; vielleicht würde er, was auch unsere neuern Kunstrichter sagen mögen, um so viel klassischer, vielleicht um so viel allgemeiner, vielleicht um so viel lebhafter, edler, und der ursprünglichen Würde des menschlichen Hofmarschall in seinem engen gedrechselten Gallakleide..
[22] Goethe, Gegenst. bild. Kunst (*
[23] Goethe, Sammler (1799), WA I, 47, 202 f.: Die bildende Kunst[18] soll, durch den äußern Sinn[4], zum Geiste nicht nur sprechen, sie soll den äußern Sinn[4] selbst befriedigen. Der Geist 〈203〉 mag sich alsdann hinzugesellen und seinen Beifall nicht versagen. Der Skizzist spricht aber unmittelbar zum Geiste, besticht und entzückt dadurch jeden Unerfahrnen. Ein glücklicher Einfall, halbwege deutlich, und nur gleichsam symbolisch dargestellt, eilt durch das Auge durch, regt den Geist, den Witz[2], die Einbildungskraft auf, und der überraschte Liebhaber sieht was nicht da steht. Hier ist nicht mehr von Zeichnung, von Proportion, von Formen, Charakter[4], Ausdruck, Zusammenstellung, Übereinstimmung, Ausführung die Rede, sondern ein Schein von allem tritt an die Stelle. Der Geist spricht zum Geiste, und das Mittel wodurch es geschehen sollte, wird zu nichte..
[24] Goethe, Ital. Reise II (1817), WA I, 31, 263: Ich kehre wieder zu dem geringen Volke[5] in Neapel zurück. Man bemerkt bei ihnen, wie bei frohen Kindern, denen man etwas aufträgt, daß sie zwar ihr Geschäft verrichten, aber auch zugleich einen Scherz aus dem Geschäft machen. Durchgängig ist diese Classe von Menschen eines sehr lebhaften Geistes und zeigt einen freien richtigen Blick. Ihre Sprache[3] soll figürlich, ihr Witz[4] sehr lebhaft und beißend sein..
[25] Hegel, Solger (1828), W 11, 214: Einerseits sahen wir die Theorie von der Poesie[11] der Poesie[11], andererseits den Kreis von Poeten sich bilden, die es darauf anlegten, sich gegenseitig und das Publikum[3] mit den morgenrötlichen Produkten der neuen poetischen[4] Poesie[11], mit einer kometarischen Welt aus Duft und Klang ohne Kern zu mystifizieren. Für diese ironische[3] Sublimation zur Inhaltslosigkeit und Sehnsucht liegt die lyrische Form ganz nahe und macht sich gleichsam von selbst, denn das Spiel im wirklichkeitslosen Tönen des hohlen Geistes ist für Vers und Reim nicht durch den Inhalt geniert..
[26] Hegel, Enzykl. III (31830), W 10, 377: Wird [...] der für sich seiende Geist, in welchem alle Vermittlung sich aufgehoben hat, in nur formellem, inhaltslosem Sinne[1] genommen, so daß der Geist nicht zugleich als an sich seiender und objektiv sich entfaltender gewußt wird, so ist Jene unendliche Subjektivität das nur formelle, sich in sich als absolut wissende Selbstbewußtsein, die Ironie[3], welche allen objektiven Gehalt sich zunichte, zu einem eitlen zu machen weiß, somit selbst die Gehaltlosigkeit und Eitelkeit ist, die sich aus sich und damit einen zufälligen und beliebigen Inhalt zur Bestimmung gibt, Meister darüber bleibt, durch ihn nicht gebunden ist und, mit der Versicherung, auf der höchsten Spitze der Religion[3] und der Philosophie zu stehen, vielmehr in die hohle Willkür zurückfällt. Nur indem die reine unendliche Form, die bei sich seiende Selbstmanifestation, die Einseitigkeit des Subjektiven, worin sie die Eitelkeit 〈378〉 des Denkens ist, ablegt, ist sie das freie Denken, welches seine unendliche Bestimmung zugleich als absoluten, an und für sich seienden Inhalt und ihn als Objekt hat, in welchem es ebenso frei ist..
[27] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 204 f. (205): Wie [...] ergreift das unauslöschliche Göttergelächter im Homer, das aus der seligen Ruhe der Götter[4] entspringt, und nur Heiterkeit[3] und nicht abstrakte Ausgelassenheit ist. Ebenso wenig auf der andern Seite darf das Weinen als haltungsloser Jammer in das ideale Kunstwerk[2] eintreten, wie z. B. solche abstrakte Trostlosigkeit [...] in Weber's Freischützen zu hören ist. In der Musik[4] überhaupt 〈205〉 ist der Gesang diese Freude und Lust sich zu vernehmen, wie die Lerche in den freien[1] Lüften singt; Hinausschreien des Schmerzes und der Fröhlichkeit macht noch keine Musik[4], sondern selbst im Leiden muß der süße Ton[9] der Klage die Schmerzen durchziehn und klären, so daß es Einem schon der Mühe werth scheint so zu leiden, um solche Klage zu vernehmen. Dieß ist die süße Melodie, der Gesang in aller Kunst[10]. | [...] In diesem Grundsatz hat auch in gewisser Beziehung das Prinzip der modernen[2] Ironie[3/4] seine Berechtigung, nur daß die Ironie[3/4] einer Seits häufig alles wahren Ernstes baar ist, und sich vornehmlich an schlechten Subjekten zu delektiren liebt, andrer Seits in der bloßen Sehnsüchtigkeit des Gemüthes, statt des wirklichen Handelns und Seyns endet, wie Novalis z. B. eines der edleren Gemüther, welche sich auf diesem Standpunkte befanden, zu der Leerheit von bestimmten Intressen zu dieser Scheu vor der Wirklichkeit getrieben, und zu dieser Schwindsucht gleichsam des Geistes hinaufgeschraubt wurde. Es ist dieß eine Sehnsucht, welche sich zum wirklichen Handeln und Produciren nicht herablassen will, weil sie sich durch die Berührung mit der Endlichkeit zu verunreinigen fürchtet, obschon sie ebenso sehr das Gefühl des Mangels dieser Abstraktion in sich hat. So liegt allerdings in der Ironie[3] jene absolute Negativität, in welcher sich das Subjekt im Vernichten der Bestimmtheiten und Einseitigkeiten auf sich selbst bezieht, indem aber das Vernichten, wie schon oben bei Betrachtung dieses Prinzips angedeutet wurde, nicht nur wie in der Komik das an sich selbst Nichtige, das sich in seiner Hohlheit manifestirt, sondern gleichmäßig auch jedes an sich Vortreffliche und Gediegene trifft, so behält die Ironie[3] als diese allseitige Vernichtigungskunst wie jene Sehnsüchtigkeit, im Vergleich mit dem wahren Ideal, zugleich die Seite der innern unkünstlerischen Haltungslosigkeit. Denn das Ideal bedarf eines in sich substantiellen Gehalts [...]. ➢ Volltext.
[28] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 311 f.: Aus dem Bereiche der Kunst[2] [...] sind die dunklen Mächte grade zu verbannen, denn in ihr ist nichts dunkel, sondern Alles klar und durchsichtig, und mit jenen Uebersichtigkeiten [sc. Darstellungen von Personen mit ,zweitem Gesicht‘] ist nichts als der Krankheit des Geistes das Wort[2] geredet, und die Poesie[11] in das Nebulose, Eitle und Leere hinübergespielt, wovon Hoffmann und Heinrich 〈312〉 von Kleist in seinem Prinzen von Homburg Beispiele liefern. [...] Die Gesundheit des Charakters[2] [...] mit der Krankheit des Geistes vertauschen zu müssen, um Kollisionen hervorzubringen und Interesse zu erregen ist immer unglücklich; deshalb ist auch die Verrücktheit nur mit großer Vorsicht anzuwenden. ➢ Volltext.
[29] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 11 f. (12): Durch das Auge sieht man 〈12〉 dem Menschen in die Seele, wie durch seine ganze Bildung[10] überhaupt sein geistiger Charakter[2] ausgedrückt wird. Wenn deshalb die Leiblichkeit dem Geist als sein Daseyn zugehört, so ist auch der Geist das dem Leibe angehörige Innere und keine der äußeren Gestalt fremdartige Innerlichkeit, so daß die Materialität nicht noch eine andere Bedeutung in sich hat oder darauf hindeutet. Zwar trägt die menschliche Gestalt viel von dem allgemeinen animalischen Typus an sich, aber der ganze Unterschied des menschlichen Körpers vom thierischen besteht nur darin, daß der menschliche sich seiner ganzen Bildung[10] nach als der Wohnsitz, und zwar als das einzig mögliche Naturdaseyn des Geistes erweist. Deshalb ist auch der Geist nur im Leibe für Andere unmittelbar vorhanden. – Die Nothwendigkeit dieses Zusammenhangs und das specielle Entsprechen von Seele und Leib anzugeben, ist hier jedoch nicht der Ort; wir müssen diese Nothwendigkeit hier voraussetzen. Nun giebt es allerdings Todtes, Häßliches[1], d. h. von anderen Einflüssen und Abhängigkeiten Bestimmtes an der menschlichen Gestalt; ist dieß der Fall, so ist es eben die Sache der Kunst[18], den Unterschied des bloß Natürlichen[8] und des Geistigen auszulöschen, und die äußere Leiblichkeit zur schönen[1], durch und durch gebildeten, beseelten und geistig-lebendigen Gestalt zu machen. ➢ Volltext.
[30] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 14: Die klassische[3/7] Kunst[10] und ihre schöne[1] Religion[1] befriedigt [...] nicht die Tiefen des Geistes; wie konkret sie auch in sich selber ist, bleibt sie doch für ihn noch abstrakt, weil sie, statt der Bewegung und aus der Entgegensetzung erworbenen Versöhnung jener unendlichen Subjektivität, nur die ungetrübte Harmonie 〈15〉 der bestimmten freien Individualität in ihrem adäquaten Daseyn, diese Ruhe in ihrer Realität, dieses Glück, diese Befriedigung und Größe in sich selbst, diese ewige Heiterkeit[3] und Seligkeit zu ihrem Elemente hat, die selbst im Unglück und Schmerz das sichere Beruhen auf sich nicht verliert. Die klassische[3/7] Kunst[10] hat in den Gegensatz, der im Absoluten begründet ist, nicht bis zur Tiefe hineingearbeitet und ihn ausgesöhnt. Dadurch kennt sie nun aber auch nicht die Seite, welche mit diesem Gegensatze in Beziehung steht, die Verhärtung des Subjekts in sich als abstrakte Persönlichkeit gegen das Sittliche und Absolute, die Sünde und das Böse, so wie das Verlaufen der subjektiven Innerlichkeit in sich, die Zerrissenheit, Haltlosigkeit, überhaupt den ganzen Kreis der Entzweiungen, welche innerhalb ihrer das Unschöne, Häßliche[1], Widrige nach der sinnlichen und geistigen Seite hin hereinbringen. Die klassische[3/7] Kunst[10] überschreitet den reinen Boden des ächten Ideals nicht. ➢ Volltext.
[31] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 75: Da nun aber die Götter[5] aus ihrer Bestimmtheit des Charakters[2] zugleich in die Allgemeinheit zurückgebogen sind, so hat sich auch in ihrer Erscheinung zugleich das Selbstseyn des Geistes als das Beruhen in sich und als die Sicherheit seiner in seinem Aeußern darzustellen. | [...] Darum sehen wir in der konkreten Individualität der Götter[5], bei dem eigentlich klassischen[3/7] Ideal, ebensosehr diesen Adel[5] und diese Hoheit des Geistes, in welcher sich, trotz seinem gänzlichen Hineingehn in die leibliche und sinnliche Gestalt, das Entferntseyn von aller Bedürftigkeit des Endlichen kund giebt. ➢ Volltext.
[32] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[33] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 44: Alle Kräfte unsrer und der Thierseelen sind nichts als Metaphysische Abstraktionen, Würkungen! sie werden abgetheilt, weil sie von unserm schwachen Geiste[22] nicht auf einmal betrachtet werden konnten: sie stehen in Kapiteln, nicht, weil sie so Kapitelweise in der Natur[2] würkten, sondern ein Lehrling sie sich vielleicht so am besten entwickelt. Daß wir gewisse ihrer Verrichtungen unter gewisse Hauptnamen gebracht haben z. E. Witz[2], Scharfsinn, Phantasie[1], Vernunft, ist nicht, als wenn je eine einzige Handlung des Geistes[19] möglich wäre, wo der Witz[2] oder die Vernunft allein würkt: sondern nur, weil wir in dieser Handlung am meisten von der Abstraktion entdecken, die wir Witz[2] oder Vernunft nennen, z. E. Vergleichung oder Deutlichmachung der Ideen: überall aber würkt die ganze unabge〈45〉theilte Seele. ➢ Volltext.
[34] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 164: Amalia Christiane, verwitwete Erbprinzessin von Anhalt-Dessau geboren den 29. Juny 1774, stammt aus dem Fürstenhause Hessen-Homburg, dessen vorletzter Landgraf, Friedrich Ludwig Wilhelm, ihr Vater war. Er galt mit Recht für einen der edelsten Männer. Die Beschränkung seines Landes ließ seinem thätigen Geist Zeit[6] genug übrig, um sich in der Erziehung seiner Töchter, welche er zu einer Angelegenheit seines Herzens so wie seines Gewissens machte, das würdigste Denkmal zu setzen. Echte Religiosität, Hoheit der Seele und Adel[5] der Gesinnung gingen von diesem trefflichen Vater auf sie, die Prinzessinnen über, von denen Christiane Amalia die dritte war. Sie wurden nicht, wie Viele ihres Standes, erzogen, um zu glänzen, sondern um recht zu thun vor Gott und Menschen und vor sich selbst..
[35] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 291: Wer seine Kinder frühzeitig an Reizmittel und Erzeugnisse des Eßluxus gewöhnt, legt einen Grund zu vielen Leiden, weil der Körper diese unnatürlichen Dinge nicht verträgt, da er nur für den Verbrauch einfacher Nahrung geschaffen ist. Der Knabe und Jüngling arbeitet vielleicht die schädliche Wirkung durch ein thätiges Leben voll Anstrengung wieder aus, das Mädchen aber, dessen Wirkungskreis beschränkter und mit minderem Kraftaufwand vereint ist, wird dadurch unnatürlich erhitzt und aufgeregt, und bei den im weiblichen Körper vorherrschenden edleren Funktionen sammelt sich diese Aufregung zu Leiden, die das naturgemäß erzogene Weib nie kennen lernt, die aber das Dasein verbittern und leider so häufig Geist, Herz und Seelenadel vergiften..
[36] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 67] (1810), 633: Mozart nimmt das Uebermenschliche, das Wunderbare, welches im innern
[37] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 86] (1813), 391: Das gewagte Gleichnis, dass die ältere[[[[BedeutungsVerweis ID='429' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] Kirchenmusik der Italiener sich zu der neueren[[[[BedeutungsVerweis ID='438' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] deutschen verhalte, wie die Peterskirche zum strassburger Münster, möchte ziemlich treffend seyn. Die grandiosen Verhältnisse jenes Baues erheben das Gemüth, indem sie commensurabel bleiben: aber mit einer seltsamen, inneren Beunruhigung staunt der Beschauer den Münster an, der sich in den kühnsten Windungen, in den sonderbarsten Verschlingungen bunter[[[[BedeutungsVerweis ID='537' Anzeige='2' Formatierung='1']]]], phantastischer[[[[BedeutungsVerweis ID='413' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Figuren und Zierrathen hoch in die Lüfte erhebt; allein selbst diese Unruhe regt ein, das Unbekannte, das Wundervolle ahnendes[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] Gefühl auf, und der Geist überlässt sich willig dem Traume, in dem er das Ueberirdische, das Unendliche zu erkennen glaubt. Nun, und eben dies ist ja der Eindruck des Rein-Romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]], wie es in Mozarts, in Haydns phantastischen[[[[BedeutungsVerweis ID='414' Anzeige='4' Formatierung='1']]]] Compositionen lebt und webt! ➢ Volltext.
[38] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 86] (1813), 391: [E]s gehört [...] eine seltene Tiefe des Geistes, ein hoher Genius 〈392〉 dazu, selbst bey der Anwendung des figurirtesten Gesanges, des ganzen Reichthums der Instrumental-Musik, ernst und würdevoll, kurz, kirchenmässig zu bleiben! Mozart, so galant er in seinen beyden bekannteren Messen aus C dur ist, hat im Requiem jene Aufgabe herrlich gelöst: es ist dies in Wahrheit eine romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]]-heilige Musik[[[[BedeutungsVerweis ID='593' Anzeige='4' Formatierung='1']]]], aus seinem Innersten hervorgegangen. ➢ Volltext.
[39] Hoffmann, J. Callot (1814), 5 f. (6): Selbst das Gemeinste aus dem Alltagsleben – sein Bauerntanz, zu dem Musikanten aufspielen, die wie Vögelein in den Bäumen sitzen, – erscheint in dem Schimmer einer gewissen romantischen[4] Originalität, so daß das dem Fantastischen[2] hingegebene Gemüth auf eine wunderbare Weise davon angesprochen wird. – Die Ironie[1], welche, indem sie das Menschliche mit dem Thier[10] in Conflikt setzt, den Menschen mit seinem ärmlichen Thun 〈6〉 und Treiben verhöhnt, wohnt nur in einem tiefen Geiste, und so enthüllen Callots aus Thier[10] und Mensch geschaffene groteske Gestalten dem ernsten, tiefer eindringenden Beschauer alle die geheimen Andeutungen, die unter dem Schleyer der Skurilität verborgen liegen..
[40] Hölderlin, Fragm. Hyp. (1793 [1794]), 213: So müssen, fuhr [...] der Tiniote fort, die Ahndungen der Kindheit dahin, um als Wahrheit wieder aufzustehen im Geiste des Mannes. So verblühen die schönen[1] jugendlichen Myrthen der Vorwelt, die Dichtungen Homers und seiner Zeiten[5], die Prophezeiungen und Offenbarungen, aber der Keim, der in ihnen lag, gehet als reife Frucht hervor im Herbste. Die Einfalt und Unschuld der er〈214〉sten Zeit[5] erstirbt, daß sie wiederkehre in der vollendeten Bildung[5], und der heilige Friede des Paradieses gehet unter, daß, was nur Gabe der Natur[13] war, wiederaufblühe, als errungnes Eigenthum der Menschheit[2]..
[41] Hölderlin, Hyp. Jug. (*1795), SW 3, 203: Doch erhalte den Geist dir frei! verliere nie dich selbst! für diesen Verlust entschädiget kein Himmel dich. Vergiß dich nicht im Gefühle der Dürftigkeit! Die Liebe, die den Adel[5] ihres Vaters verläugnet, und immer außer sich ist, wie mannigfaltig irrt sie nicht, und doch wie leicht!.
[42] Hölderlin, Hyp. I (1797), 155: Diotima und ich giengen eine Weile unter den herrlichen Bäumen umher, bis eine große heitere[1] Stelle sich uns darbot. | Hier sezten wir uns. Es war eine seelige Stille unter uns. Mein Geist umschwebte die göttliche Gestalt des Mädchens [...] und all' mein Wesen erleichterte, vereinte sich in der Freude der begeisternden Betrachtung. ➢ Volltext.
[43] Th. Huber, E. Percy I (1822), 290: Trotz Maitlands Jugend fand Warburton doch in ihm den Gefährten, der ihn völlig verstand; in classischen Sprachen war er fast so geschickt, wie jener; besaß er mehr Einbildungskraft, so hatte Maitland mehr Schärfe des
[44] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 140: Die Mecos, (ein Stamm der Chichimeken,) die Apachen, die Lipanen sind Horden von Jägervölkern, die auf ihren, häufig nächtlichen Zügen die Gränzen von Neu-Biskajo, von Sonora und Neu-Mexico beunruhigen. Diese Wilden verrathen, wie die des südlichen America's, weit mehr Beweglichkeit des Geistes, und Characterkraft, als die Landbauer der Indianer. Einige Völkerschaften unter ihnen haben sogar Sprachen[3], deren Mechanismus eine alte[1] Civilisation beweist. Sie lernen die europäischen Sprachen[3] nur mit der größten Schwierigkeit, drücken sich aber in den ihrigen mit äußerster Leichtigkeit aus. Diese indianischen Anführer, deren finsteres Schweigen[1] den Beobachter in Erstaunen setzt, halten, wenn ein großes Interesse sie aufregt, Reden, die mehrere Stunden lang dauern. Diese Geläufigkeit der Zunge haben wir auch in den Missionen des spanischen Guiana, bei den Cariben vom Nieder-Orinoco, deren Sprache[3] äußerst weich und sonor ist, bemerkt..
[45] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 155: Subjective Thätigkeit bildet im Denken ein Object. Denn keine Gattung der Vorstellungen kann als ein reines Beschauen eines schon vorhandenen Gegenstandes betrachtet werden. Die Tätigkeit der Sinne[5] muss sich mit der inneren Handlung des Geistes synthetisch verbinden, und aus dieser Verbindung reisst sich die Vorstellung los, wird, der subjectiven Kraft gegenüber, zum Object, und kehrt, als solches aufs neue wahrgenommen, in jene zurück. Hierzu aber ist die Sprache[1] unentbehrlich. Denn indem in ihr das geistige Streben sich Bahn durch die Lippen bricht, kehrt das Erzeugniss desselben zum eignen Ohre[3] zurück. Die Vorstellung wird also in wirkliche Objectivität hinüberversetzt, ohne darum der Subjectivität entzogen zu werden. Dies vermag nur die Sprache[1], und ohne diese, wo Sprache[1] mitwirkt, auch stillschweigend immer vorgehende Versetzung ist die Bildung des Begriffs, mithin alles wahre Denken unmöglich. Ohne daher irgend auf die Mittheilung zwischen Menschen und Menschen zu sehn, ist das Sprechen eine nothwendige Bedingung des Denkens des Einzelnen in abgeschlossener Einsamkeit..
[46] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 294: Der bildliche Witz[1] kann entweder den Körper beseelen oder den Geist verkörpern. | Ursprünglich, wo der Mensch noch mit der Welt auf Einem Stamme geimpfet blühte, war dieser Doppel-Tropus noch keiner; jener verglich nicht Unähnlichkeiten, sondern verkündigte Gleichheit; die Metaphern[1] waren, wie bei Kindern, nur abgedrungene Synonymen des Leibes und Geistes. Wie im Schreiben Bilderschrift früher war als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher[1], insofern sie Verhältnisse und nicht Gegenstände bezeichnet, das frühere Wort[1], welches sich erst allmählig zum eigentlichen Ausdruck 〈295〉 entfärben mußte. Das tropische Beseelen und Beleiben fiel noch in Eins zusammen, weil sich noch Ich und Welt verschmolz. Daher ist jede Sprache[3] in Rücksicht geistiger Beziehungen ein Lexikon erblasseter Metaphern[1]..
[47] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 214: [I]n aller schönen[2] Kunst[9] besteht das Wesentliche in der Form, welche für die Beobachtung und Beurtheilung zweckmäßig ist, wo die Lust zugleich Cultur[3] ist und den Geist zu Ideen stimmt, mithin ihn mehrerer solcher Lust und Unterhaltung empfänglich macht; nicht in der Materie der Empfindung (dem Reize oder der Rührung), wo es bloß auf Genuß angelegt ist, welcher nichts in der Idee zurückläßt, den Geist stumpf, den Gegenstand nach und nach anekelnd, und das Gemüth, durch das Bewußtseyn seiner im Urtheile der Vernunft[2] zweckwidrigen Stimmung, mit sich selbst unzufrieden und launisch macht..
[48] Kleist, Zweikampf (1811), 181: [E]r gab, während Frau[8] Littegarde besinnungslos in dem Schooß ihrer Frauen[7] lag, seinen Geist auf [...]..
[49] Köstlin, Sonnt. (H1807), 86: C. (tritt rasch ein, das Sonntagsblatt No. 4. in der Hand.) | Ein Sonntags Stük, meine Herrn! ich bringe die Kirche zu euch, weil ihr nicht zu der Kirche kommt. Laßt euch predigen von diesem Manne Gottes[1], sezt euch nieder zu dieser ehrenwerthen Zuhörerschaft; aber wekt nicht die süßschlafenden! [⦿] | A. Daß wir selbst nicht schlafen werden, prophezeyhe ich festiglich, der Zwang, das Lachen zu unterdrücken, wird unsere Geister in einer behaglich-unbehaglichen Spannung erhalten. Aber dir, mein guter B., gilt es nun einen gewaltigen Sprung 〈87〉 aus jenen alten[11] Zeiten[3], worinn du schwärmtest, in diese moderne[9] Scene herein..
[50] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 113: Ich komme eben aus dem Garten. Ein heitres[1], schimmerndes Morgenlicht ergoß sich über die Gegend; die Stauden und Blumen hauchten ihren Geist[12] in den süssesten Gerüchen aus. Alle Lauben dufteten, alle Vögel sangen – Himmel und Erde umfaßten mich mit freundlicher Liebe. Ich fühlte mich an Körper und Geist[19] unaussprechlich wohl, und empfänglich für jeden Eindruck..
[51] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 57: Seitdem die Buchdruckerkunst gemein wurde, verschwindet nun nicht mehr das Schlechte, Falsche und Unbedeutende wie ehemals gleich, nachdem es gesagt wurde, zerfließt nicht mehr in die gemeine Luft, der es mehr angehörte als dem Geist; es bleibt, es rückt in ganzen Geschwadern, nach beschleunigtem Verhältnisse wachsend, wie die Biblio〈58〉theken unsrer Zeit zeigen, auf die unglücklichen Nachkommen los [...]. | Die Organe[3] der Sprache[1] und des Gehörs sind ihrer edelsten Funktionen beraubt, sie feiern, sie verrichten unnütze Dinge, oder doch nur den allergemeinsten Hausdienst; nur ganz auf der Höhe des europäischen Lebens, im Privatleben der Franzosen, und im öffentlichen Leben der Britten, den beiden besten Früchten, welche die letztvergangenen Jahrhunderte erzeugt, dauert [...] ihre alte Bedeutung fort. Wie kann man also voraussetzen, daß das Ohr[3] schon von selbst hinlänglich gebildet werde in einer Zeit, wo von allem Klange der Rede, von aller Lebensfülle, von allem Brausen der bürgerlichen Thaten, von allem Gesange der Poesie[1] früherer Jahrhunderte nichts zurückgeblieben als ein einförmiges. Rauschen der Bücherblätter in einsamen Gemächern, wie ein ähnliches totes Rauschen der Blätter im Herbst statt allen fröhlichen Tumultes der schöneren Jahreszeit zurückbleibt! – | 〈59〉 Nachdem die Rede aus dem Gebiet des Ohrs[3] in das Gebiet des lesenden Auges, nachdem sie aus dem Gebiete der Stimme[1] in den Wirkungskreis der schreibenden Hände einmal höchst unnatürlicher Weise versetzt worden, so erstirbt sie nun auch, schrumpft zusammen, vertrocknet mehr und mehr: das Wort[2] schwindet in einander und wird mehr und mehr zur Zahl..
[52] Novalis, an C. Just (5. 2. 1798), NS 4, 249: Was hilfts, daß ich mich bis zur höchsten Ermüdung bey Buchstaben[8] aufhalte – verliere ich darüber nicht die lehrreichste Schrift, die Menschengestalt, aus den Augen? Ich kehre am Ende immer zu Einem zurück – und dieses Eine ist der Geist[12/19] des Menschen – von dem am Ende doch alles Ausfluß und Offenbarung ist – und warum dieses Eine gerade in dem todten Zeichen, und nicht in lebendiger Anschauung suchen..
[53] Novalis, Blüthenstaub (1798), 75 f. (76), Nr. 22: Das willkührlichste Vorurtheil ist, daß dem Menschen[1] das Vermögen außer sich zu seyn, mit Bewußtseyn jenseits der Sinne[4] zu seyn, versagt sey. Der Mensch[1] vermag in jedem Augenblicke ein übersinnliches Wesen zu seyn. Ohne dies wäre er nicht Weltbürger, er wäre ein Thier[11]. Freylich ist die Besonnenheit, Sichselbstfindung, in diesem Zustande sehr schwer, da er so unaufhörlich, so nothwendig mit dem Wechsel unsrer übrigen Zustände verbunden ist. Je mehr wir uns aber dieses Zustandes bewußt zu seyn vermögen, desto lebendiger, mächtiger, genügender ist die Überzeugung, die daraus entsteht; der Glaube an 〈76〉 ächte Offenbarungen des Geistes[1/19]. ➢ Volltext.
[54] Novalis, Europa (*1799), NS 3, 521: Der Schleier ist für die Jungfrau, was der Geist für den Leib ist, ihr unentbehrliches Organ[1] dessen Falten die Buchstaben[9] ihrer süßen Verkündigung sind; das unendliche Faltenspiel ist eine Chiffern-Musik, denn die Sprache[1] ist der Jungfrau zu hölzern und zu frech, nur zum Gesang öffnen sich ihre Lippen..
[55] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 14: Bey der Hofhaltung des Landgrafen ging es nach der Sitte der damaligen Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] einfach und still zu; und die Pracht und Bequemlichkeit des fürstlichen Lebens dürfte sich schwerlich mit den Annehmlichkeiten messen, die in spätern Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] ein bemittelter Privatmann sich und den Seinigen ohne Verschwendung verschaffen konnte. Dafür war aber der Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='112' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] für die Geräthschaften und Habseeligkeiten, die der Mensch zum mannichfachen Dienst seines Lebens um sich her versammelt, desto zarter und tiefer. Sie waren den Menschen werther und merkwürdiger. Zog schon das Geheimniß der Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] und die Entstehung ihrer Körper den ahndenden[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] Geist an: so erhöhte die seltnere Kunst[[[[BedeutungsVerweis ID='219' Anzeige='13' Formatierung='1']]]] ihrer Bearbeitung[,] die romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='64' Anzeige='7' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Ferne, aus der man sie erhielt, und die Heiligkeit ihres Alter〈15〉thums[[[[BedeutungsVerweis ID='316' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], da sie sorgfältiger bewahrt, oft das Besitzthum mehrerer Nachkommenschaften wurden, die Neigung zu diesen stummen Gefährten des Lebens. Oft wurden sie zu dem Rang von geweihten Pfändern eines besondern Segens und Schicksals erhoben, und das Wohl ganzer Reiche und weitverbreiteter Familien hing an ihrer Erhaltung. Eine liebliche Armuth schmückte diese Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] mit einer eigenthümlichen ernsten und unschuldigen Einfalt; und die sparsam vertheilten Kleinodien glänzten desto bedeutender in dieser Dämmerung, und erfüllten ein sinniges Gemüth mit wunderbaren Erwartungen. Wenn es wahr ist, daß erst eine geschickte Vertheilung von Licht, Farbe und Schatten die verborgene Herrlichkeit der sichtbaren Welt offenbart, und sich hier ein neues[[[[BedeutungsVerweis ID='435' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] höheres Auge aufzuthun scheint: so war damals überall eine ähnliche Vertheilung und Wirthschaftlichkeit wahrzunehmen; da hingegen die neuere[[[[BedeutungsVerweis ID='438' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] wohlhabendere Zeit[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] das einförmige und unbedeutendere Bild eines allgemeinen Tages darbietet..
[56] Pestalozzi, Schwanenges. (1826), 102: Man macht die Kinder lesen, ehe sie reden können; man will sie durch die Bücher reden lehren; man zieht sie von der Anschauung, diesem Naturfundament des Redens künstlich und gewaltsam ab, und macht auf die unnatürlichste Weise den todten Buchstaben[6] zum Anfangspunkt der Sacherkenntnisse, deren naturgemäßer Hintergrund und Anfangspunkt der Geist und das Leben der Anschauung der Natur[2] selbst ist und in allen Verhältnissen anerkannt werden sollte..
[57] H. Sander, Beschr. Reis. I (1783), 86: Welche Berge würden wir nicht, wie Bleikugeln wegschleudern können, wenn wir uns von Jugend auf nur in körperlichen Künsten[6] üben wolten? Aber wie viel edlere, sanftere Freuden, die aus der Kultur[3] des Geistes fliessen, würden wir dann entbehren müssen..
[58] Schelling, Id. Phil. d. Nat. (1797), SW I, 2, 215 f.: Der bloße Begriff[1] ist ein Wort[1] ohne Bedeutung, ein Schall für das Ohr[3], ohne Sinn[2] für den Geist. Alle Realität, die ihm zukommen kann, leiht ihm doch 〈216〉 nur die Anschauung, die ihm vorangieng. Und deßwegen kann und soll im menschlichen Geist Begriff[1] und Anschauung, Gedanke und Bild nie getrennt seyn..
[59] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 350 f. (351): [U]m auch nur anfangen zu können, zu handeln, muß ich schon beschränkt seyn. Daß meine freye Thätigkeit ursprünglich sich nur auf ein bestimmtes Object richtet, wurde im Vorhergehenden daraus erklärt, daß es mir durch andere Intelligenzen[2] schon unmöglich gemacht ist, alles zu wollen. Allein es kann mir denn doch durch mehrere Intelligenzen[2] nicht unmöglich gemacht seyn, mehreres zu wollen; daß ich also von mehreren Objecten B, C, D gerade C wähle, davon muß der letzte Grund doch nur in mir selbst liegen. Nun kann aber dieser Grund nicht in meiner Freyheit[1] liegen, denn erst durch diese Beschränktheit der freyen Thätigkeit auf ein bestimmtes Object 〈351〉 werde ich meiner bewußt, also auch frey, mithin muß, ehe ich frey, d. h. der Freyheit[1] bewußt bin, meine Freyheit[1] schon eingeschränkt, und gewisse freye Handlungen[1] müssen noch, ehe ich frey bin, für mich unmöglich gemacht seyn. Dahin gehört z. B. das, was man Talent, oder Genie[3] nennt, und zwar nicht nur Genie[3] zu Künsten[2], oder Wissenschaften, sondern auch Genie[3] zu Handlungen[1]. Es klingt hart, ist aber deßwegen um nichts weniger wahr, daß, so wie unzählige Menschen zu den höchsten Functionen des Geistes ursprünglich untüchtig sind, ebenso unzählige nie im Stande seyn werden, mit der Freyheit[1] und Erhebung des Geistes selbst über das Gesetz zu handeln, welche nur wenigen Auserlesenen zukommen kann..
[60] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 357 f. (358): Der ist noch sehr weit zurück, dem die Kunst[10] nicht als ein geschlossenes, organisches[6] und ebenso in allen seinen Theilen nothwendiges Ganzes erschienen ist, als es die Natur[2] ist. Fühlen wir uns unaufhaltsam gedrungen, das innere Wesen der Natur[2] zu schauen, und jenen fruchtbaren Quell zu ergründen, der so viele große Erscheinungen mit ewiger Gleichförmigkeit und Gesetzmäßigkeit aus sich herausschüttet, wie viel mehr muß es uns interessiren, den Organismus[8] der Kunst[10/2] zu durchdringen, in der aus der absoluten Freiheit[10] sich die höchste Einheit und Gesetzmäßigkeit herstellt, die uns die Wunder unseres eignen 〈358〉 Geistes weit unmittelbarer als die Natur[2] erkennen läßt. ➢ Volltext.
[61] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 680: Der Roman[1] des Cervantes ruht also auf einem sehr unvollkommenen, ja verrückten Helden, der aber zugleich so edler Natur[1] ist [...], daß ihn keine Schmach, die ihm widerfährt, eigentlich herabwürdiget. An diese Mischung (in Don Quixote) ließ sich eben das wunderbarste und reichste Gewebe knüpfen, das im ersten Moment so anziehend wie im letzten stets den gleichen Genuß gewährt und die Seele zur heitersten[4] Besonnenheit stimmt. Für den Geist ist die nothwendige Begleitung des Helden, Sancho Pansa, gleichsam ein unaufhörlicher Festtag; eine unversiegbare Quelle der Ironie[1] ist geöffnet und ergießt sich in kühnen Spielen. ➢ Volltext.
[62] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 143: Endlich bildet sich der Geist sogar seinen Körper, und der Bau selbst muß dem Spiele folgen, so daß sich die Anmuth zuletzt nicht selten in architektonische Schönheit[1] verwandelt. | So, wie ein feindseliger, mit sich uneiniger Geist selbst die erhabenste Schönheit[1] des Baues zu Grund richtet, daß man unter den unwürdigen Händen der Freyheit[10] das herrliche Meisterstück der Natur[2] zuletzt nicht mehr erkennen kann, so sieht man auch zuweilen das heitre[4] und in sich harmonische Gemüth der durch Hindernisse gefesselten Technik zu Hülfe kommen, die Natur[12] in Freyheit[10/13] setzen und die noch eingewickelte, gedrückte Gestalt mit göttlicher Glorie auseinander breiten. ➢ Volltext.
[63] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 162: Die geschäftlose Seele ist ein bescheidener Gast in ihrem Körper und ein friedlicher stiller Nachbar der sich selbst überlassenen Bildungskraft. Kein anstrengender Gedanke, keine Leidenschaft greift in den ruhigen Takt des physischen Lebens; nie wird der Bau durch das Spiel in Gefahr gesetzt, nie die Vegetation durch die Freyheit[10] beunruhigt. Da die tiefe Ruhe des Geistes keine beträchtliche Konsumtion der Kräfte verursacht, so wird die Ausgabe nie die Einnahme übersteigen, vielmehr die thierische Oekonomie immer Ueberschuß haben. Für den schmalen Gehalt von Glückseligkeit, den sie ihm auswirft, macht der Geist den pünktlichen Hausverwalter der Natur[12], und sein ganzer Ruhm ist, ihr Buch in Ordnung zu halten. Geleistet wird also werden, was die Organisation[3] immer leisten kann, und floriren wird das Geschäft der Ernährung und Zeugung. Ein so glückliches Einverständniß zwischen der Naturnothwendigkeit und der Freyheit[10] kann der architektonischen Schönheit[1] nicht anders als günstig seyn, und hier ist es auch, wo sie in ihrer ganzen Reinheit kann beobachtet werden. ➢ Volltext.
[64] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 171: Es läßt sich ebensowenig sagen, daß der Geist die Schönheit[1] erzeuge, als man [...] von dem Herrscher sagen kann, daß er Freyheit[6] hervorbringe; denn Freyheit[6] kann man einem zwar lassen, aber nicht geben. ➢ Volltext.
[65] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 174: Der [...] Geist läßt die von ihm abhängende Natur[12], sowohl da, wo sie im Dienst seines Willens handelt, als da, wo sie seinem Willen vorgreifen will, erfahren, daß er ihr Herr ist. Unter seiner strengen Zucht wird also die Sinnlichkeit unterdrückt erscheinen, und der innere Widerstand wird sich von außen durch Zwang verraten. Eine solche Verfassung des Gemüths kann [...] der Schönheit[1] nicht günstig seyn, welche die Natur[12] nicht anders als in ihrer Freyheit[1] hervorbringt, und es wird daher auch nicht Grazie seyn können, wodurch die mit dem Stoffe kämpfende moralische Freyheit[10] sich kenntlich macht. | Wenn hingegen der Mensch[1], unterjocht vom Bedürfniß, den Naturtrieb ungebunden über sich herrschen läßt, so verschwindet mit seiner innern Selbständigkeit auch jede Spur derselben in seiner Gestalt. [...] Nachgelassen hat aller 〈175〉 Widerstand der moralischen Kraft, und die Natur[13] in ihm ist in volle Freyheit[1] gesetzt. Aber eben dieser gänzliche Nachlaß der Selbstthätigkeit, der im Moment des sinnlichen Verlangens und noch mehr im Genuß zu erfolgen pflegt, setzt augenblicklich auch die rohe Materie in Freyheit[1], die durch das Gleichgewicht der thätigen und leidenden Kräfte bisher gebunden war. Die todten Naturkräfte fangen an, über die lebendigen der Organisation[3] die Oberhand zu bekommen, die Form von der Masse, die Menschheit[1] von gemeiner Natur[13] unterdrückt zu werden. ➢ Volltext.
[66] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 176 f. (177): So wie die Freyheit[6] zwischen dem gesetzlichen Druck und der Anarchie mitten inne liegt, so werden wir jetzt auch die Schönheit[1] zwischen der Würde, als dem Ausdruck 〈177〉 des herrschenden Geistes, und der Wollust, als dem Ausdruck des herrschenden Triebes, in der Mitte finden. ➢ Volltext.
[67] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 205: [B]ey jedem starken Interesse des Begehrungsvermögens muß der Geist seine Freyheit[10] beweisen, also Würde der Ausdruck seyn. ➢ Volltext.
[68] Schiller, Matthisson. (1794), NA 22, 282: Hr. M.[atthison] hat seinen Anspruch auf diesen Titel auf eine Art beurkundet, die auch dem strengsten Richter Genüge tun muß. Wer eine Phantasie, wie sein
[69] Schiller, Chor. Trag. (1803), V: Die wahre Kunst[2] [...] hat es nicht bloß auf ein vorübergehendes Spiel abgesehen, es ist ihr ernst damit, den Menschen nicht bloß in einen augenblicklichen Traum von Freiheit[10] zu versetzen, sondern ihn wirklich und in der That frei zu machen, und dieses dadurch, daß sie eine Kraft in ihm erweckt, übt und ausbildet, die sinnliche Welt, die sonst nur als ein roher Stoff auf uns lastet, als eine blinde Macht auf uns drückt, in eine objektive Ferne zu rücken, in ein freies Werk unsers Geistes zu verwandeln, und das Materielle durch Ideen zu beherrschen. .
[70] Schiller, Chor. Trag. (1803), VI: Wem die Natur[2] zwar einen treuen Sinn[9] und eine Innigkeit des Gefühls verliehen, aber die schaffende Einbildungskraft versagte, der wird ein treuer Mahler des Wirklichen seyn, er wird die zufällige Erscheinungen aber nie den Geist[12] der Natur[2] ergreifen. Nur den Stoff der Welt wird er uns wiederbringen, aber es wird eben darum nicht unser Werk, nicht das freie Produkt unsers bildenden Geistes[19] seyn, und kann also auch die wohlthätige Wirkung der Kunst[2], welche in der Freiheit[10] besteht, nicht haben. Ernst zwar, doch unerfreulich ist die Stimmung, mit der uns ein solcher Künstler und Dichter entläßt, und wir sehen uns durch die Kunst[2] selbst, die uns befreien sollte, in die gemeine enge Wirklichkeit peinlich zurück versezt. Wem hingegen zwar eine rege Phantasie[1] aber ohne Gemüth und Charakter[3] zu Theil geworden, der wird sich um keine Wahrheit bekümmern; sondern mit dem Weltstoff nur spielen, nur durch phantastische[2] und bizarre Combinationen zu überraschen suchen, und wie sein ganzes Thun nur Schaum und Schein ist, so wird er zwar für den Augenblick unterhalten, aber im Gemüth nichts 〈VII〉 erbauen und begründen. Sein Spiel ist, so wie der Ernst des andern, kein poetisches[1]. Phantastische[2] Gebilde willkührlich aneinander reihen, heißt nicht ins Ideale gehen, und das Wirkliche nachahmend wieder bringen, heißt nicht die Natur[10] darstellen..
[71] A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 167: Meisners Andenken, an dessen Stelle Lafontaine gleichsam trat, ruft nur noch dann und wann ein grauer Apollo zurück. [⦿] Seine steife Eleganz hatte immer etwas todtes an sich. Er war so prüde und kostbar, als Lafontaine lebendig und ungezwungen, und es ist ihm nie wie diesem gelungen, der Liebenswürdige zu heißen. An Verstand übertraf ihn Meisner leicht, aber es war von der dürren Gattung, die den Geist nicht zu fesseln vermag. ➢ Volltext.
[72] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 243: [S]o untrennbar wie in einem ächten Kunstwerke[2] das, was man das poetische[2], und was man das künstliche nennen kann, sind, so untrennbar ist auch der wahre Geschmack vom wahren Genie[2]. Dieses ist eben die innigste Vereinigung der bewußtlosen und der selbstbewußten Thätigkeit im menschlichen Geiste, des Instinktes und der Absicht, der Freyheit[10] und der Nothwendigkeit. Deswegen, weil in ihm die ursprüngliche Entzweyung sich aufhebt, worin der Mensch[1] als ein endliches Wesen sich endlos befangen sieht, erscheint es uns auch als etwas übermenschliches, als eine göttliche Kraft, und seine Mittheilungen als wahre Offenbarungen. Darum ist auch zum Genie[2] große Eminenz der auf Erkenntniß[1] gerichteten Geisteskräfte, Einbildungskraft[1] und Verstand[1], die Kant als seine Bestandtheile angiebt, nicht hinreichend, sondern es umfaßt den ganzen innern Menschen[6], und kann in nichts geringerem bestehen, als in der Energie und innigsten Eintracht dessen was sowohl in der Sinnlichkeit 〈244〉 als in der Geistigkeit des Menschen[6] das selbständige und unbeschränkte Vermögen ist, also der Fantasie[2] (die man in diesem Sinne[1] noch von der Einbildungskraft[1] unterscheiden kann) und der Vernunft[1]..
[73] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 48: Ich komme endlich auf die Philologie, im weitesten Sinne[1] das Studium der Äußerungen des menschlichen Geistes durch die Sprache[1], und der Niederlegung seiner Schätze in ihr. Sie ist folglich allgemeines Hülfsmittel bey allen wissenschaftlichen Beschäftigungen, da die Sprache[1] das universelle Organ[1] der Mittheilung ist, und selbst solche Wissenschaften[1], welche sich eigenthümlicher Zeichen bedienen, wie die Geometrie und Arithmetik ihrer nicht entrathen können, da auch jede wissenschaftliche Belehrung einen richtigeren und ausgebildeteren Gebrauch der Sprache[1] erfodert, als der zur nothdürftigen Verständigung im gemeinen Leben hinreicht..
[74] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 336: Das Deutsche ist wirklich so sehr eine lebende Sprache[3], als es nur Statt finden kann. Aus der bisherigen Darstellung muß es schon klar geworden seyn, welchen Weg es zugleich mit der nationalen Bildung[2] (denn dieß läuft immer parallel) einschlägt, und welch ein Ziel beyden vorgestellt ist. Universalität ist unsre wahre Eigenthümlichkeit: es ist auf nichts geringeres angelegt, als die Vorzüge der verschiedensten Nationalitäten zu vereinigen, sich in alle hineinzudenken und hineinzufühlen, und so einen kosmopolitischen Mittelpunkt für den menschlichen Geist zu stiften. Nach dem Gange, welchen die Philosophie der Cultur[3] vorzeichnet, muß jede neue[1] Epoche derselben mit einem höheren Bewußtseyn verknüpft werden: es wird also auch die jetzt beginnende mehr den Charakter[1] der Freyheit[10] und Absichtlichkeit tragen als irgend eine frühere; und was uns so lange im äußern Glanze gegen die einseitige, beschränkte aber eben darum entschiedne Wirksamkeit andrer Nationen[1] hat zurückstehen lassen: der Mangel einer Richtung, welcher, in ein Positives verwandelt, zur Allseitigkeit der Richtungen wird: muß in der Folge die Überlegenheit auf unsre Seite bringen. Es ist daher gewiß keine zu sanguinische Hoffnung anzunehmen, daß der Zeitpunkt nicht so gar entfernt ist, wo das Deutsche allgemeines Organ[1] der Mittheilung für die gebildeten Nationen[1] seyn wird. .
[75] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 119: Durch dieß ganze Gemählde hat der Dichter zeigen wollen, daß es nichts bedarf, um die der Natur[2] und dem menschlichen Geiste inwohnende Poesie[4] hervorzurufen, als mit Abwerfung des angekün〈120〉stelten Zwanges beyde der angebohrnen Freyheit[1] zurückzugeben. ➢ Volltext.
[76] F. Schlegel, Philolog. II (*1797), KFSA 16, 72, Nr. 128–130: Die Klassik[2] als eigne Wissenschaft, die viell.[eicht] Grundlage der materialen Alterthumslehre ist. 〈Aber nicht historisch sondern vors Erste rein praktisch. – Diese soll man dann in der Historie suchen.〉 | Die Klassik[2] geht durch alle Vermögen und Bestandtheile und Seiten des menschl.[ichen] Geistes durch. Sie ist eigne spezifisch versch.[iedne] Bildungsart, die Kunst[16] werden, und also Wissenschaft seyn können muß. – Sie ist freyl[ich] nur ein Theil der Historie. | Die Klassik[2] und die Vervollkommnungslehre sind nichts als die Entwicklung der beyden historischen Ideen 〈Die Klassik[2] könnte auch Urbildungslehre heißen. Diese ist aber doch nur wieder ein Theil der 〈ganzen〉 Vervollkommnungslehre. Sie ließe s.[ich] indessen vielleicht provisorisch getrennt behandeln.〉.
[77] F. Schlegel, Lucinde (1799), 13 f. (14): Für mich und für diese Schrift [...] ist aber kein Zweck zweckmäßiger, als der, daß ich gleich Anfangs das 〈14〉 was wir Ordnung nennen vernichte, weit von ihr entferne und mir das Recht einer reizenden Verwirrung deutlich zueigne und durch die That behaupte. Dies ist um so nöthiger, da der Stoff, den unser Leben und Lieben meinem Geiste und meiner Feder giebt, so unaufhaltsam progressiv[2] und so unbiegsam systematisch ist. Wäre es nun auch die Form, so würde dieser in seiner Art einzige Brief[1/3] dadurch eine unerträgliche Einheit und Einerleyheit erhalten und nicht mehr können, was er doch will und soll: das schönste Chaos von erhabnen Harmonien und interessanten[1] Genüssen nachbilden und ergänzen.
[78] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 14 f. (15): Liebst Du wohl, wenn Du nicht die Welt in dem Geliebten findest? Um sie in ihm finden, und in ihn hin〈15〉ein legen zu können, muß man sie schon besitzen, sie lieben, oder wenigstens Anlagen, Sinn[5] und Liebesfähigkeit für sie haben. Daß diese Kräfte cultivirt werden können, daß der Blick vom Auge unsers Geistes immer weiter, fester und klarer werden soll, und unser inneres Ohr[3] empfänglicher für die Musik[8] aller Sphären der allgemeinen Bildung[5]; daß die Religion[3] in diesem Sinne[1] sich also lehren und lernen, obgleich nie erschöpfen lasse, leuchtet von selbst ein. Aber freilich sind Freundschaft und Liebe die Organe[1] alles sittlichen Unterrichts auch bey diesen Zweigen desselben unentbehrlich. Und gewiß werden zwey Liebende, wenn der Mann die Geliebte über den gewöhnlichen Dienst kleiner Hausgötter ins freye[1] Ganze hinaus zu führen strebt, oder ihr die zwölf großen Götter[4] in Gestalt bekannter Laren zugesellt; und wenn sie gleich einer Priesterin der Vesta über das heilige Feuer auf dem reinen Altare in seiner Brust wacht, beyde zusammen schnellere und weitere Fortschritte spüren, als wenn jeder für sich allein mit heißem Bemühen nach Religion[3] gestrebt hätte. ➢ Volltext.
[79] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 83: Liebe, Freundschaft und edle Gesellschaft wirkten [...] eine schöne[2] Revoluzion in seinem [Shakspeare's] Geiste[19]; die Bekanntschaft mit den zärtlichen Gedichten des bey den Vornehmen beliebten Spenser gab seinem neuen[1] romantischen[2/4] Schwunge Nahrung, und dieser mochte ihn zur Lektüre der Novellen führen, die er [...] fantastisch[2] reizend dramatisirte. Diese Ausbildung floß nun auch auf die historischen Stücke zurück, gab ihnen mehr Fülle, Anmuth und Witz[1] und hauchte allen seinen Dramen den romantischen[2/4] Geist[12] ein, der sie in Verbindung mit der tiefen Gründlichkeit am eigensten charakterisirt, und sie zu einer romantischen[2/4] Grundlage des modernen[1] Drama constituirt, die dauerhaft genug ist für ewige Zeiten[2].
[80] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 75: Wissen überhaupt heißt: solche Urtheile in der Gewalt seines Geistes zu willkührlicher Reproduktion haben, welche in irgend etwas außer ihnen ihren zureichenden Erkenntnißgrund haben, d. h. wahr sind. Die abstrakte Erkenntniß allein ist also ein Wissen; dieses ist daher durch die Vernunft[1] bedingt, und von den Thieren[1] können wir 〈76〉 nicht sagen, daß sie irgend etwas wissen, wiewohl sie die anschauliche Erkenntniß, für diese auch Erinnerung und eben deshalb Phantasie[1] haben, welche überdies ihr Träumen beweist. Bewußtsein legen wir ihnen bei, dessen Begriff[1] folglich, obgleich das Wort[1] von Wissen genommen ist, mit dem des Vorstellens überhaupt, von welcher Art es auch sei, zusammenfällt. Daher auch legen wir der Pflanze[1] zwar Leben, aber kein Bewußtseyn bei. ➢ Volltext.
[81] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 208: Der scharfe Beobachtungsgeist, der die Haupteigenschaft eines claßischen Kopfs ist, entwikelt sich nicht durch das Studium der abstrakten Wissenschaften; wird nicht durch die Arbeit im Cabinet ausgebildet, sondern in der Welt, unter Geschäften, und vornehmlich durch den Umgang mit Menschen, die denselben schon besitzen. Nicht die Schulen, sondern die Gesellschaft, da wo sie sich am meisten mit grossen Gegenständen beschäftiget, wo die schnelle Anstrengung der Verstandeskräfte nothwendig wird, wo man vieles auf einmal übersehen, und sich angewöhnen muß, auch ohne methodisches Nachdenken gründlich zu seyn, geben dem
[82] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 3: Seitdem Vernunft[1] und Geschmack [...] wieder empor gekommen, wird das Abentheuerliche[3] von den Dichtern bloß zur Belustigung nachgeahmt. Erzählungen aus der abentheurlichen[3] Welt hergenommen, sind oft sehr ergetzend und ein Labsal des Geistes in den Stunden, da man von Nachdenken ermüdet, dem Verstand[2] eine gänzliche Ruhe geben muß. Gute Werke von dieser Art haben ihren Werth. Es scheinet, daß Hr. Wieland bey Bekanntmachung seines Idris die Absicht gehabt, Deutschland ein Werk dieser Gattung zu liefern, das in seiner Art claßisch[3/4] werden sollte, so wie es der Orlando furioso des Ariost in Italien ist. Es fehlt in der That diesem Werk nicht an glänzenden poetischen[3] Schönheiten[1]; doch scheint etwas mehr, als dieses erfoderlich zu seyn, um ein Buch bey einer ganzen Nation[1] claßisch[4] zu machen..
[83] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 612: In dem Menschen[1], dessen Geist[22] und Herz so unaufhörlich von allen Arten des Vollkommenen gereizt und gerührt werden, entsteht nothwendig eine Entwiklung und allmählige Verfeinerung aller Seelenkräfte. Die Dummheit und Unempfindlichkeit des rohen natürlichen[2] Menschen[1] verschwindet nach und nach; und aus einem Thier[11], das vielleicht eben so wild war, als irgend ein anderes [Thier1], wird ein Mensch[1] gebildet, dessen Geist[19] reich an Annehmlichkeiten und dessen Gemüthsart liebenswürdig ist..
[84] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 632: Es ist wahr, die Künste[2] sind ohne Hülfe der Kunstrichter zu einem hohen Grad der Vollkommenheit gestiegen. Aber dieses beweiset nicht, daß im Reiche der Künste[2], der Kunstrichter eine überflüßige Person sey. Der Geist des Menschen hat von der Natur[2] einen keine Gränzen kennenden Trieb, nach immer höher steigender Vollkommenheit, zum Geschenke bekommen. Wer wird sich also unterstehen ihm Schranken zu setzen? So lange die Critik[8] einen höhern Grad der Vollkommenheit sieht, kann niemand sagen, daß er über Kräfte der Kunst[18] reiche..
[85] L. Tieck, Phant. ü. d. Kunst (1799), 101: Die wahre Schöne, die Größe der Kunst[10] ist unergründlich, sie zieht unser Herz, wo wir sie wahrnehmen, magnetisch an sich, wir fühlen bis in die innersten Tiefen unsre ewige Verwandtschaft, es zuckt wie mit Blitzesschlägen durch unsern Geist, wir erkennen das Göttliche, und ringen im schönsten[6] Kampfe darnach, wir streben ein Zeichen von uns zu geben, eine Vergeltung, ein Band, das unzerreißbar die verwandte Erhabenheit an uns ketten soll, und so ergießt sich unsre Sprache[16] in begeisterter Rede, weil wir der〈102〉malen noch durch Organe[1] uns kund geben müssen, und die Kraft der Seele nicht unmittelbar zu den goldenen Aetherbildern emporsteigen kann. ➢ Volltext.
[86] Uhland, Romant. (H1807), 138: Über das Romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] [...] || Das Unendliche umgibt den Menschen, das Geheimniß der Gottheit und der Welt. Was er selbst war, ist und seyn wird, ist ihm verhüllt. Süß und furchtbar sind diese Geheimnisse. | Hier zieht sich um sein einsames Schiff das unermeßliche Weltmeer; er zittert von dem dumpfen Brausen, das ihm Sturm dräut. Und wenn er auch das Land erreicht, ist er sicher, daß nicht der Ozean, der die Veste rings umgürtet, mächtig hereinwoge und sie mit ihm verschlinge? | [...] Die reellen Seelenkräfte langen mit unendlicher Sehnsucht in die Ferne: Der Geist des Menschen aber, wohl fühlend, daß er nie das Unendliche in voller Klarheit in sich auffassen wird, und müde des unbestimmt schweifenden Verlangens, knüpft bald seine Sehnsucht an irrdische Bilder, in denen ihm doch Ein Blik des Überirrdischen aufzudämmern scheint; [...] sie erscheinen ihm wie Engel, freundlich grüssend, aber zugleich mit dem Fittig, auf dem sie sich immer in das Unendliche aufschwingen können. | Aber auch jene furchtbare Welt sendet uns ihre Gestalten, die schaurigen Nachtgeister; bedeutende Stimmen[[[[BedeutungsVerweis ID='256' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] hören wir aus der Finsterniß. Fast in jedem Bilde, das ein Geheimniß andeutet, glauben wir gerade eines jener großen Geheimnisse zu ahnen[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]], nach denen unser Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='132' Anzeige='10' Formatierung='1']]]], mit oder ohne Bewußtseyn, immer sich hinneigt..
[87] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 33 f.: Der Winter 1794–95 brachte dem edlen Boie den schmerzhaft langsamen Tod. Seine Ruhe, sein hei〈34〉terer[4] Geist, der bis zu den lezten schlaflosen Nächten nach Kenntnis rang, war auch für Stolberg so rührend, daß er fast täglich ihn besuchte. ➢ Volltext.
[88] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133 f. (134): Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion[1] kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes[1] Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte[1] vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[89] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 142: Die Natur[2] hatte sein Inneres mit einer immer gährenden Phantasie[1] erfüllt, und seinen Geist mit schwe〈143〉ren und düstern Gewitterwolken bezogen, so daß sein Gemüth immer in unruhiger Arbeit war, und unter ausschweifenden Bildern umhertrieb, ohne jemals sich in einfacher und heiterer[4] Schönheit[6] zu spiegeln. ➢ Volltext.
[90] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 161 f. (162): Buchstaben[1] lesen kann ein jeglicher lernen; von gelehrten Chroniken kann ein jeglicher sich die Historien vergangener Zeiten[3] erzählen lassen [...]; auch kann ein jeglicher das Lehrgebäude einer Wissenschaft studieren, und Sätze und Wahrheiten fassen; – denn, Buchstaben[1] sind 〈162〉 nur dazu da, daß das Auge ihre Form erkenne; und Lehrsätze und Begebenheiten sind nur so lange ein Gegenstand unsrer Beschäftigung, als das Auge des Geistes daran arbeitet, sie zu fassen und zu erkennen; sobald sie unser eigen sind, ist die Thätigkeit unsers Geistes zu Ende, und wir weiden uns dann nur, so oft es uns behagt, an einem trägen und unfruchtbaren Überblick unsrer Schätze. – Nicht also bey den Werken herrlicher Künstler. Sie sind nicht darum da, daß das Auge sie sehe; sondern darum, daß man mit entgegenkommendem Herzen in sie hineingehe, und in ihnen lebe und athme.
[91] Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 151: [D]ie Unbegreiflichkeiten, die unser Gemüth bestürmen, und die die Krankheit des Menschengeschlechtes sind, verschwinden vor unsern Sinnen[4], und unser Geist wird gesund durch das Anschaun von Wundern, die noch weit unbegreiflicher und erhabener sind.
[92] Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 151 f. (152): Wohl dem, der, wann der irdische Boden untreu unter seinen Füßen wankt, mit 〈152〉 heitern[4] Sinnen[4] auf luftige Töne sich retten kann, und nachgebend, mit ihnen bald sanft sich wiegt, bald muthig dahertanzt, und mit solchem lieblichen Spiele seine Leiden vergißt! | Wohl dem, der, (müde des Gewerbes, Gedanken feiner und feiner zu spalten, welches die Seele verkleinert,) sich den sanften und mächtigen Zügen der Sehnsucht ergiebt, welche den Geist ausdehnen und zu einem schönen Glauben erheben. Nur ein solcher ist der Weg zur allgemeinen, umfassenden Liebe, und nur durch solche Liebe gelangen wir in die Nähe göttlicher Seligkeit. – – | Dies ist das herrlichste und das wunderbarste Bild, so ich mir von der Tonkunst entwerfen kann, – obwohl es die meisten für eitle Schwärmerey halten werden.
[2] Hoven, Lebenserinn. (1840), 192: Muß der Studierende vom frühen Morgen bis zum späten Abend nichts als Vorlesungen hören, so kann er zwar, wenn er aufmerksam ist und das Gehörte gehörig faßt und in einem feinen guten Gedächtnis behält, ein gelehrter Arzt werden, aber ein selbstdenkender Arzt wird er nicht, dazu lassen ihm die vielen Kollegien weder die nötige Zeit[6] noch die erforderliche Freiheit[1] des Geistes.
[3] F. Schlegel, Ideen (1800), 7, Nr. 18: Den Geist des sittlichen Menschen muß Religion[3] überall umfließen, wie sein Element, und dieses lichte Chaos von göttlichen Gedanken und Gefühlen nennen wir Enthusiasmus.
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[4] L. Tieck, Phant. ü. d. Kunst (1799), 251: Ihr meynt, alles sey nur da, um Euer Urtheil daran zu schärfen, und seyd eitel genug, zu glauben, es gebe nichts Höheres oder nur Anderes, als die Kunst[1] oder handwerksmäßige Übung des Urtheilens. Ihr fühlt das Bedürfniß nicht, das Streben des reinen und poetischen[1] Geistes, aus dem Streit der irrenden Gedanken in ein stilles, heiteres[4], ruhiges Land erlös't zu werden.
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[5] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 262: Arm an Geist[22], wenig Geist[22] oder Witz[3] habend, dagegen arm am Geiste[19] nur den Sitz der Armuth ausdrückt..
[6] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 226: Die Sprache[2] [...]. [...] Im weitesten Verstande, das Vermögen, den innern Zustand seines Geistes durch Töne auszudrucken, und in dieser Bedeutung haben auch die Thiere[2] eine Sprache[2]. Die Thiersprache. Ach! und O! sind die Sprache[2] des leidenden Menschen..
[7] Ahlefeld, Marie Müller (21814 [11799]), 241: Sie endigte diesen Brief[1] mit vieler Heiterkeit[3] und Ruhe des Geistes, siegelte ihn selbst und gab ihn Ludwig, mit der Bitte, ihn nach ihrem Tode zu besorgen..
[8] B. v. Arnim, Briefw. Kind II (1835), 4: Es braucht keinen großen Witz[3] und ich fühle es in mir selber gegründet: im Geist liegt der unauslöschliche Trieb, das überirdische zu denken, so wie das Ziel einer Reise hat er den höchsten Gedanken als Ziel; er schreitet forschend durch die irdische Welt der himmlischen zu, alles was dieser entspricht das reißt der Geist an sich und genießt es mit Entzücken [...]..
[9] B. v. Arnim, Briefw. Kind II (1835), 209: Ach schöner Sommernachmittag! ich brauch nicht zu denken, der Geist sieht müssig hinauf in die christallne Luft. – Kein Witz[1], keine Tugend, nackt und blos ist die Seele in der Gott sein Ebenbild erkennt..
[10] B. v. Arnim, Günder. I (1840), 290: Nicht wahr das soll auch ein Hauptprinzip der schwebenden[7] Religion[1] sein daß wir keine Bildung[5] gestatten, – Das heißt kein angebildet Wesen, jeder soll neugierig sein auf sich selber, und soll sich zu Tage fördern wie aus der Tiefe ein Stück Erz oder ein Quell, die ganze Bildung[2] soll darauf ausgehen daß wir den Geist[12/19] ans Licht hervorlassen. Mir deucht mit den fünf Sinnen[4] die uns Gott gegeben hat könnten wir alles erreichen ohne dem Witz[2/3] durch Bildung[2] zu nahe zu kommen. Gebildete Menschen sind die witzloseste Erscheinung unter der Sonne. Echte Bildung[5] geht hervor aus Übung der Kräfte die in uns liegen, nicht wahr?.
[11] B. v. Arnim, Günder. I (1840), 311: Ach ich sag Dir, es liegt ein Adel[5], ein steigernder Trieb in der Seele der auf die Aussenseite des Lebens zurückstrahlt, alles aus leidenschaftlicher Berührung der Sinne[4] mit dem Geist; wenn Du schreitest, wenn Du Dich wendest, wenn Du die Stimme[3] erhebst – was auch des geringsten nur, Dich einen Augenblick aus der Gegenwart (Einwirkung) jener Lebensregungen entfernt, fühlst Du nicht Vorwürfe? – ein Stocken, eine Ohnmacht in Dir?.
[12] B. v. Arnim, Günder. II (1840), 18: Du lebst und schwebst[7] in freier[1] Luft, und die ganze Natur[19] trägt Deinen Geist auf Händen [sc. ›Dein Geist19 ist vollkommen natürlich2‹]; ich dräng mich durch zwischen Witz[3] und Aberwitz, und hier und dort nimmt mich die Albernheit in Beschlag; und wenn ich Abends zum Schreiben komm, und muß das Unmögliche denken, was unmöglich ist auszusprechen, dann bin ich gleich traumtrunken, und dann schwindelt mir wenn ich die Augen öffne; die Wände drehen sich und der Menschen[1] Treiben dreht sich mit..
[13] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111: Es würde mich freuen wenn Du wolltest Dich mit dem Englischen beschäftigen. Sprachen[3] sind ein großer Gewinn, sie enthalten außer der Verschiedenheit des Ausdrucks, auch noch ein melodisches Genie[1] und dies erzeugt wieder auch ein tanzendes Genie[1] im Geist. Und willst Du hinter alle Geheimnisse des Geistes kommen, so nehme nur Rücksicht auf das Leben was die Sinne[4] führen, es spricht Dir Befähigung und Kraft und Neigung aus. In unserer äußern Welt construiren sie eine erhabne Geisteswelt, die reifen muß in ihr, und endlich sich selbständig zur Welt gebären muß. Das ist unsre Erlösung aus dem Irdischen ins Himmlische.
➢ Volltext
.[14] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 111: Sprachen[3] lernen, ist mit dem Geist der aufregendsten Tanzmusik folgend, sich behagen in harmonischen Beugungen und zierlichen kecken labyrintischen Tänzen, und dies electrisirt den Geist wie die Tanzmusik Deine Sinne[4] electrisirt. In der Sprache[3] aber vermählen sich die Sinne[4] wirklich mit dem Geist, und aus dieser Verbin〈112〉dung erzeugt sich denn, was die Völker[1] mit Erstaunen als ihr höchstes Kleinod lieben und erheben, und wodurch sie sich erhaben fühlen über andre Völker[1], was den Charakter[1] ausspricht ihrer Nationalität, nämlich der Dichter.
➢ Volltext
.[15] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 396 f. (397): Die Verknüpfung zweier Sprachsphären, welche gleichtönen, wobei aber eine bestimmte Betrachtung der Bedeutung beider vorkommt, heißt ein Wortspiel, und dieses ist die Fundamentalfigur aller übrigen musikalisch[3]-poetischen[4] Sprachfiguren. Das Wortspiel ist der Witz[4] der Sprache[1], und an seiner Vortrefflichkeit kann nur der zweifeln, der überhaupt damit unbekannt ist, was der Witz[4] sei und bedeute, und vielleicht den ärmlichen Begriff[1] mit sich herumträgt: daß er nur ein Zeitvertreib, und die untergeordnete, unbedeutendere, heitere[5] Wahrheit sei. Allein weit entfernt diese geringe Gattung des Witzes[4] für sein Wesen zu halten; muß man vielmehr die Sache gradezu umkehren, und das Wesen der Wahrheit darin setzen, daß sie Witz[4] sey. Denn alle Wissenschaft ist Witz[4] des Verstandes, alle Kunst[2], Witz[4] der Phantasie[1], und jeder einzelne witzige Einfall wird nur dadurch zu einem solchen, daß er an den 〈397〉 Witz[4] der Wahrheit überhaupt erinnert. Damit man aber diese Stelle über den Witz[4], nicht etwa für witzelnd, sondern weil sie Wahrheit enthält, auch für witzig halte: so überlege man folgendes. Die Wissenschaft auf ihrem höchsten Standpunkte lehrt eine absolute Einheit eine unbedingte Identität alles mit allem. An diese ewige Consonanz des Weltalls, an diese heterogene Homogeneität, erinnert jede ernste und heitere[5], jede erhabene und burleske Stimmung, der Witz[4] ist der Blitz, welcher eine einzelne Stelle in dem großen Ganzen erleuchtet, und diese Identität im Einzelnen heraustreten läßt, und daher ist ein jeder Witz[4], indem er an das Höchste erinnert, erhaben. Je kleiner freilich die erleuchtete Stelle ist, je flüchtiger und vorübergehender der Eindruck, und der gesellige Witz[4] ist mehrentheils nur ein Wetterleuchten, welches das Dasein einer Region anzeigt, in welcher ein Blitz möglich wäre. Der ächte und große Witz[4] wohnt in der Wissenschaft, in der Kunst[2] und dem Leben; und da nun die Sprache[1] das Organ[1] von allen diesem ist: so sieht man leicht ein, daß durch das Wortspiel, wie es zum Beispiel Shakespear gebraucht, oder Aristophanes, Andeutungen können hervorgebracht, Effekte erregt, Empfindungen angeschlagen werden, die nur durch dieses Medium möglich sind, welche sich wie die Musik, körperlich durch das Ohr[2] in den Geist ergießen. ➢ Volltext.
[16] Brockhaus, Conv.-Lex. I (1809), 81: Meister über seine Leidenschaften, frei von Sorgen, behauptete er [sc. Aristipp] fast immer eine gleiche Heiterkeit[3] des Geistes. Er hatte seine schönsten Jahre zu Athen in dem Umgange mit Sokrates und den größten Männern dieses berühmten Zeitalters zugebracht; die Euripiden und Aristophanen, 〈82〉 die Phidias und Polygnote und (die Wahrheit zu sagen) auch die Phrynen und Laiden hatten seinen Witz[1] gebildet, und das zarte Gefühl des Schönen in ihm entwickelt..
[17] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 331: [W]ahrscheinlich entsteht der
Kretinismus
von der eingeschlossenen, feuchten und ungesunden Luft der dasigen tiefen Alpenthäler, die Geist
und Körper erschlafft, und zugleich durch Erschlaffung der Halsmuskeln die Kröpfe erzeugt, von dem unreinen und mit vielen fremden Theilen geschwängerten Wasser und der Unreinlichkeit der Straßen, so wie überhaupt von der geringen Cultur[4] und großen Trägheit und Unreinlichkeit der meisten Einwohner des Walliserlandes..[18] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 93:
Quintilian
fordert mit Recht von dem Redner Stärke des Geistes
, Innigkeit und Wärme des Gefühls. Die erste ist ihm nöthig, um seine Hauptsache immer vor Augen zu haben, alle ihr fremde Nebenvorstellungen zu entfernen, und insbesondere 〈94〉
[19] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. II (1838), 739: Liberalismus ist nur die Gesinnung des freien Mannes, derselbe mag übrigens in Verhältnissen leben, in welchen er will, der Adel[5] des Geistes, welcher sich seines göttlichen Ursprungs bewußt ist und eifrig darnach strebt, diesem seinen Ursprunge sich würdig zu bezeigen; der jede geistige Gemeinheit, Sünde und Laster von sich abhält, um der Ehre anderer Menschen[1] und, was ihm noch weit höher steht, der Gnade Gottes[1] würdig zu sein..
[20] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101: Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen[1], sich nährte von den Rhapsodien des Dichters[1] und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne[1] Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes[1] Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[21] Gerstenberg, Merkw. Litt. I (1766), 14 f.: Fein genug ist unser Geschmack schon itzt, delicat genug – bald hätte ich üppig, weichlich, verzärtelt gesagt. – In rechtem Ernste, mein lieber Fr., es sollte mir lieb seyn, wenn er weniger ekel wäre, und desto mehr Nerven hätte; vielleicht würde er, was auch unsere neuern Kunstrichter sagen mögen, um so viel klassischer, vielleicht um so viel allgemeiner, vielleicht um so viel lebhafter, edler, und der ursprünglichen Würde des menschlichen
Geistes
, der nicht sowol die Spielwerke der Kunst, als die hohen Talente der kunstlosen Natur bewundern sollte, um so viel angemessener seyn. Ich für meine Person erkenne den Homer nicht deutlicher in der Einheit und dem Verhältnisse seines Plans, als in dem grossen Umrisse, der unverfeinerten Simplicität, dem kühnen Ideal seiner Helden, der Fruchtbarkeit seiner Einbildungskraft und dem Reichthume seiner Erfindung. Ein griechischer Athlet, mit keinem andern Schmucke ausgeziert, als den die partheyische Natur auf das hohe Edle seines schönen unentnervten Körpers verwandt hat – dieser Athlet mit seiner nackten Schulter, seinen entblößten Füßen, seinem ungekräuselten Haupthaare, blühende Gesundheit auf seiner Wange, und sich selbst bewußte Stärke in der Nachlässigkeit seiner Stellung, zieht mich weit mächtiger an sich, als der zierlichste 〈15〉
[22] Goethe, Gegenst. bild. Kunst (*
?
1797), WA I, 47, 94 f. (95): Nun gibt es auch Kunstwerke, die durch Verstand, 〈95〉 Witz[1], Galanterie brilliren, wohin wir auch alle allegorischen rechnen; von diesen läßt sich am wenigsten Gutes erwarten, weil sie gleichfalls das Interesse an der Darstellung selbst zerstören und den Geist gleichsam in sich selbst zurücktreiben und seinen Augen das, was wirklich dargestellt ist, entziehen. Das Allegorische unterscheidet sich vom Symbolischen, daß dieses indirect, jenes direct bezeichnet..[23] Goethe, Sammler (1799), WA I, 47, 202 f.: Die bildende Kunst[18] soll, durch den äußern Sinn[4], zum Geiste nicht nur sprechen, sie soll den äußern Sinn[4] selbst befriedigen. Der Geist 〈203〉 mag sich alsdann hinzugesellen und seinen Beifall nicht versagen. Der Skizzist spricht aber unmittelbar zum Geiste, besticht und entzückt dadurch jeden Unerfahrnen. Ein glücklicher Einfall, halbwege deutlich, und nur gleichsam symbolisch dargestellt, eilt durch das Auge durch, regt den Geist, den Witz[2], die Einbildungskraft auf, und der überraschte Liebhaber sieht was nicht da steht. Hier ist nicht mehr von Zeichnung, von Proportion, von Formen, Charakter[4], Ausdruck, Zusammenstellung, Übereinstimmung, Ausführung die Rede, sondern ein Schein von allem tritt an die Stelle. Der Geist spricht zum Geiste, und das Mittel wodurch es geschehen sollte, wird zu nichte..
[24] Goethe, Ital. Reise II (1817), WA I, 31, 263: Ich kehre wieder zu dem geringen Volke[5] in Neapel zurück. Man bemerkt bei ihnen, wie bei frohen Kindern, denen man etwas aufträgt, daß sie zwar ihr Geschäft verrichten, aber auch zugleich einen Scherz aus dem Geschäft machen. Durchgängig ist diese Classe von Menschen eines sehr lebhaften Geistes und zeigt einen freien richtigen Blick. Ihre Sprache[3] soll figürlich, ihr Witz[4] sehr lebhaft und beißend sein..
[25] Hegel, Solger (1828), W 11, 214: Einerseits sahen wir die Theorie von der Poesie[11] der Poesie[11], andererseits den Kreis von Poeten sich bilden, die es darauf anlegten, sich gegenseitig und das Publikum[3] mit den morgenrötlichen Produkten der neuen poetischen[4] Poesie[11], mit einer kometarischen Welt aus Duft und Klang ohne Kern zu mystifizieren. Für diese ironische[3] Sublimation zur Inhaltslosigkeit und Sehnsucht liegt die lyrische Form ganz nahe und macht sich gleichsam von selbst, denn das Spiel im wirklichkeitslosen Tönen des hohlen Geistes ist für Vers und Reim nicht durch den Inhalt geniert..
[26] Hegel, Enzykl. III (31830), W 10, 377: Wird [...] der für sich seiende Geist, in welchem alle Vermittlung sich aufgehoben hat, in nur formellem, inhaltslosem Sinne[1] genommen, so daß der Geist nicht zugleich als an sich seiender und objektiv sich entfaltender gewußt wird, so ist Jene unendliche Subjektivität das nur formelle, sich in sich als absolut wissende Selbstbewußtsein, die Ironie[3], welche allen objektiven Gehalt sich zunichte, zu einem eitlen zu machen weiß, somit selbst die Gehaltlosigkeit und Eitelkeit ist, die sich aus sich und damit einen zufälligen und beliebigen Inhalt zur Bestimmung gibt, Meister darüber bleibt, durch ihn nicht gebunden ist und, mit der Versicherung, auf der höchsten Spitze der Religion[3] und der Philosophie zu stehen, vielmehr in die hohle Willkür zurückfällt. Nur indem die reine unendliche Form, die bei sich seiende Selbstmanifestation, die Einseitigkeit des Subjektiven, worin sie die Eitelkeit 〈378〉 des Denkens ist, ablegt, ist sie das freie Denken, welches seine unendliche Bestimmung zugleich als absoluten, an und für sich seienden Inhalt und ihn als Objekt hat, in welchem es ebenso frei ist..
[27] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 204 f. (205): Wie [...] ergreift das unauslöschliche Göttergelächter im Homer, das aus der seligen Ruhe der Götter[4] entspringt, und nur Heiterkeit[3] und nicht abstrakte Ausgelassenheit ist. Ebenso wenig auf der andern Seite darf das Weinen als haltungsloser Jammer in das ideale Kunstwerk[2] eintreten, wie z. B. solche abstrakte Trostlosigkeit [...] in Weber's Freischützen zu hören ist. In der Musik[4] überhaupt 〈205〉 ist der Gesang diese Freude und Lust sich zu vernehmen, wie die Lerche in den freien[1] Lüften singt; Hinausschreien des Schmerzes und der Fröhlichkeit macht noch keine Musik[4], sondern selbst im Leiden muß der süße Ton[9] der Klage die Schmerzen durchziehn und klären, so daß es Einem schon der Mühe werth scheint so zu leiden, um solche Klage zu vernehmen. Dieß ist die süße Melodie, der Gesang in aller Kunst[10]. | [...] In diesem Grundsatz hat auch in gewisser Beziehung das Prinzip der modernen[2] Ironie[3/4] seine Berechtigung, nur daß die Ironie[3/4] einer Seits häufig alles wahren Ernstes baar ist, und sich vornehmlich an schlechten Subjekten zu delektiren liebt, andrer Seits in der bloßen Sehnsüchtigkeit des Gemüthes, statt des wirklichen Handelns und Seyns endet, wie Novalis z. B. eines der edleren Gemüther, welche sich auf diesem Standpunkte befanden, zu der Leerheit von bestimmten Intressen zu dieser Scheu vor der Wirklichkeit getrieben, und zu dieser Schwindsucht gleichsam des Geistes hinaufgeschraubt wurde. Es ist dieß eine Sehnsucht, welche sich zum wirklichen Handeln und Produciren nicht herablassen will, weil sie sich durch die Berührung mit der Endlichkeit zu verunreinigen fürchtet, obschon sie ebenso sehr das Gefühl des Mangels dieser Abstraktion in sich hat. So liegt allerdings in der Ironie[3] jene absolute Negativität, in welcher sich das Subjekt im Vernichten der Bestimmtheiten und Einseitigkeiten auf sich selbst bezieht, indem aber das Vernichten, wie schon oben bei Betrachtung dieses Prinzips angedeutet wurde, nicht nur wie in der Komik das an sich selbst Nichtige, das sich in seiner Hohlheit manifestirt, sondern gleichmäßig auch jedes an sich Vortreffliche und Gediegene trifft, so behält die Ironie[3] als diese allseitige Vernichtigungskunst wie jene Sehnsüchtigkeit, im Vergleich mit dem wahren Ideal, zugleich die Seite der innern unkünstlerischen Haltungslosigkeit. Denn das Ideal bedarf eines in sich substantiellen Gehalts [...]. ➢ Volltext.
[28] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 311 f.: Aus dem Bereiche der Kunst[2] [...] sind die dunklen Mächte grade zu verbannen, denn in ihr ist nichts dunkel, sondern Alles klar und durchsichtig, und mit jenen Uebersichtigkeiten [sc. Darstellungen von Personen mit ,zweitem Gesicht‘] ist nichts als der Krankheit des Geistes das Wort[2] geredet, und die Poesie[11] in das Nebulose, Eitle und Leere hinübergespielt, wovon Hoffmann und Heinrich 〈312〉 von Kleist in seinem Prinzen von Homburg Beispiele liefern. [...] Die Gesundheit des Charakters[2] [...] mit der Krankheit des Geistes vertauschen zu müssen, um Kollisionen hervorzubringen und Interesse zu erregen ist immer unglücklich; deshalb ist auch die Verrücktheit nur mit großer Vorsicht anzuwenden. ➢ Volltext.
[29] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 11 f. (12): Durch das Auge sieht man 〈12〉 dem Menschen in die Seele, wie durch seine ganze Bildung[10] überhaupt sein geistiger Charakter[2] ausgedrückt wird. Wenn deshalb die Leiblichkeit dem Geist als sein Daseyn zugehört, so ist auch der Geist das dem Leibe angehörige Innere und keine der äußeren Gestalt fremdartige Innerlichkeit, so daß die Materialität nicht noch eine andere Bedeutung in sich hat oder darauf hindeutet. Zwar trägt die menschliche Gestalt viel von dem allgemeinen animalischen Typus an sich, aber der ganze Unterschied des menschlichen Körpers vom thierischen besteht nur darin, daß der menschliche sich seiner ganzen Bildung[10] nach als der Wohnsitz, und zwar als das einzig mögliche Naturdaseyn des Geistes erweist. Deshalb ist auch der Geist nur im Leibe für Andere unmittelbar vorhanden. – Die Nothwendigkeit dieses Zusammenhangs und das specielle Entsprechen von Seele und Leib anzugeben, ist hier jedoch nicht der Ort; wir müssen diese Nothwendigkeit hier voraussetzen. Nun giebt es allerdings Todtes, Häßliches[1], d. h. von anderen Einflüssen und Abhängigkeiten Bestimmtes an der menschlichen Gestalt; ist dieß der Fall, so ist es eben die Sache der Kunst[18], den Unterschied des bloß Natürlichen[8] und des Geistigen auszulöschen, und die äußere Leiblichkeit zur schönen[1], durch und durch gebildeten, beseelten und geistig-lebendigen Gestalt zu machen. ➢ Volltext.
[30] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 14: Die klassische[3/7] Kunst[10] und ihre schöne[1] Religion[1] befriedigt [...] nicht die Tiefen des Geistes; wie konkret sie auch in sich selber ist, bleibt sie doch für ihn noch abstrakt, weil sie, statt der Bewegung und aus der Entgegensetzung erworbenen Versöhnung jener unendlichen Subjektivität, nur die ungetrübte Harmonie 〈15〉 der bestimmten freien Individualität in ihrem adäquaten Daseyn, diese Ruhe in ihrer Realität, dieses Glück, diese Befriedigung und Größe in sich selbst, diese ewige Heiterkeit[3] und Seligkeit zu ihrem Elemente hat, die selbst im Unglück und Schmerz das sichere Beruhen auf sich nicht verliert. Die klassische[3/7] Kunst[10] hat in den Gegensatz, der im Absoluten begründet ist, nicht bis zur Tiefe hineingearbeitet und ihn ausgesöhnt. Dadurch kennt sie nun aber auch nicht die Seite, welche mit diesem Gegensatze in Beziehung steht, die Verhärtung des Subjekts in sich als abstrakte Persönlichkeit gegen das Sittliche und Absolute, die Sünde und das Böse, so wie das Verlaufen der subjektiven Innerlichkeit in sich, die Zerrissenheit, Haltlosigkeit, überhaupt den ganzen Kreis der Entzweiungen, welche innerhalb ihrer das Unschöne, Häßliche[1], Widrige nach der sinnlichen und geistigen Seite hin hereinbringen. Die klassische[3/7] Kunst[10] überschreitet den reinen Boden des ächten Ideals nicht. ➢ Volltext.
[31] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 75: Da nun aber die Götter[5] aus ihrer Bestimmtheit des Charakters[2] zugleich in die Allgemeinheit zurückgebogen sind, so hat sich auch in ihrer Erscheinung zugleich das Selbstseyn des Geistes als das Beruhen in sich und als die Sicherheit seiner in seinem Aeußern darzustellen. | [...] Darum sehen wir in der konkreten Individualität der Götter[5], bei dem eigentlich klassischen[3/7] Ideal, ebensosehr diesen Adel[5] und diese Hoheit des Geistes, in welcher sich, trotz seinem gänzlichen Hineingehn in die leibliche und sinnliche Gestalt, das Entferntseyn von aller Bedürftigkeit des Endlichen kund giebt. ➢ Volltext.
[32] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[33] Herder, Urspr. d. Spr. (1772), 44: Alle Kräfte unsrer und der Thierseelen sind nichts als Metaphysische Abstraktionen, Würkungen! sie werden abgetheilt, weil sie von unserm schwachen Geiste[22] nicht auf einmal betrachtet werden konnten: sie stehen in Kapiteln, nicht, weil sie so Kapitelweise in der Natur[2] würkten, sondern ein Lehrling sie sich vielleicht so am besten entwickelt. Daß wir gewisse ihrer Verrichtungen unter gewisse Hauptnamen gebracht haben z. E. Witz[2], Scharfsinn, Phantasie[1], Vernunft, ist nicht, als wenn je eine einzige Handlung des Geistes[19] möglich wäre, wo der Witz[2] oder die Vernunft allein würkt: sondern nur, weil wir in dieser Handlung am meisten von der Abstraktion entdecken, die wir Witz[2] oder Vernunft nennen, z. E. Vergleichung oder Deutlichmachung der Ideen: überall aber würkt die ganze unabge〈45〉theilte Seele. ➢ Volltext.
[34] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 164: Amalia Christiane, verwitwete Erbprinzessin von Anhalt-Dessau geboren den 29. Juny 1774, stammt aus dem Fürstenhause Hessen-Homburg, dessen vorletzter Landgraf, Friedrich Ludwig Wilhelm, ihr Vater war. Er galt mit Recht für einen der edelsten Männer. Die Beschränkung seines Landes ließ seinem thätigen Geist Zeit[6] genug übrig, um sich in der Erziehung seiner Töchter, welche er zu einer Angelegenheit seines Herzens so wie seines Gewissens machte, das würdigste Denkmal zu setzen. Echte Religiosität, Hoheit der Seele und Adel[5] der Gesinnung gingen von diesem trefflichen Vater auf sie, die Prinzessinnen über, von denen Christiane Amalia die dritte war. Sie wurden nicht, wie Viele ihres Standes, erzogen, um zu glänzen, sondern um recht zu thun vor Gott und Menschen und vor sich selbst..
[35] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 291: Wer seine Kinder frühzeitig an Reizmittel und Erzeugnisse des Eßluxus gewöhnt, legt einen Grund zu vielen Leiden, weil der Körper diese unnatürlichen Dinge nicht verträgt, da er nur für den Verbrauch einfacher Nahrung geschaffen ist. Der Knabe und Jüngling arbeitet vielleicht die schädliche Wirkung durch ein thätiges Leben voll Anstrengung wieder aus, das Mädchen aber, dessen Wirkungskreis beschränkter und mit minderem Kraftaufwand vereint ist, wird dadurch unnatürlich erhitzt und aufgeregt, und bei den im weiblichen Körper vorherrschenden edleren Funktionen sammelt sich diese Aufregung zu Leiden, die das naturgemäß erzogene Weib nie kennen lernt, die aber das Dasein verbittern und leider so häufig Geist, Herz und Seelenadel vergiften..
[36] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 67] (1810), 633: Mozart nimmt das Uebermenschliche, das Wunderbare, welches im innern
Geiste
wohnt, in Anspruch. ➢ Volltext
.[37] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 86] (1813), 391: Das gewagte Gleichnis, dass die ältere[[[[BedeutungsVerweis ID='429' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] Kirchenmusik der Italiener sich zu der neueren[[[[BedeutungsVerweis ID='438' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] deutschen verhalte, wie die Peterskirche zum strassburger Münster, möchte ziemlich treffend seyn. Die grandiosen Verhältnisse jenes Baues erheben das Gemüth, indem sie commensurabel bleiben: aber mit einer seltsamen, inneren Beunruhigung staunt der Beschauer den Münster an, der sich in den kühnsten Windungen, in den sonderbarsten Verschlingungen bunter[[[[BedeutungsVerweis ID='537' Anzeige='2' Formatierung='1']]]], phantastischer[[[[BedeutungsVerweis ID='413' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Figuren und Zierrathen hoch in die Lüfte erhebt; allein selbst diese Unruhe regt ein, das Unbekannte, das Wundervolle ahnendes[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] Gefühl auf, und der Geist überlässt sich willig dem Traume, in dem er das Ueberirdische, das Unendliche zu erkennen glaubt. Nun, und eben dies ist ja der Eindruck des Rein-Romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]], wie es in Mozarts, in Haydns phantastischen[[[[BedeutungsVerweis ID='414' Anzeige='4' Formatierung='1']]]] Compositionen lebt und webt! ➢ Volltext.
[38] Hoffmann, Rez. Beethoven [Op. 86] (1813), 391: [E]s gehört [...] eine seltene Tiefe des Geistes, ein hoher Genius 〈392〉 dazu, selbst bey der Anwendung des figurirtesten Gesanges, des ganzen Reichthums der Instrumental-Musik, ernst und würdevoll, kurz, kirchenmässig zu bleiben! Mozart, so galant er in seinen beyden bekannteren Messen aus C dur ist, hat im Requiem jene Aufgabe herrlich gelöst: es ist dies in Wahrheit eine romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]]-heilige Musik[[[[BedeutungsVerweis ID='593' Anzeige='4' Formatierung='1']]]], aus seinem Innersten hervorgegangen. ➢ Volltext.
[39] Hoffmann, J. Callot (1814), 5 f. (6): Selbst das Gemeinste aus dem Alltagsleben – sein Bauerntanz, zu dem Musikanten aufspielen, die wie Vögelein in den Bäumen sitzen, – erscheint in dem Schimmer einer gewissen romantischen[4] Originalität, so daß das dem Fantastischen[2] hingegebene Gemüth auf eine wunderbare Weise davon angesprochen wird. – Die Ironie[1], welche, indem sie das Menschliche mit dem Thier[10] in Conflikt setzt, den Menschen mit seinem ärmlichen Thun 〈6〉 und Treiben verhöhnt, wohnt nur in einem tiefen Geiste, und so enthüllen Callots aus Thier[10] und Mensch geschaffene groteske Gestalten dem ernsten, tiefer eindringenden Beschauer alle die geheimen Andeutungen, die unter dem Schleyer der Skurilität verborgen liegen..
[40] Hölderlin, Fragm. Hyp. (1793 [1794]), 213: So müssen, fuhr [...] der Tiniote fort, die Ahndungen der Kindheit dahin, um als Wahrheit wieder aufzustehen im Geiste des Mannes. So verblühen die schönen[1] jugendlichen Myrthen der Vorwelt, die Dichtungen Homers und seiner Zeiten[5], die Prophezeiungen und Offenbarungen, aber der Keim, der in ihnen lag, gehet als reife Frucht hervor im Herbste. Die Einfalt und Unschuld der er〈214〉sten Zeit[5] erstirbt, daß sie wiederkehre in der vollendeten Bildung[5], und der heilige Friede des Paradieses gehet unter, daß, was nur Gabe der Natur[13] war, wiederaufblühe, als errungnes Eigenthum der Menschheit[2]..
[41] Hölderlin, Hyp. Jug. (*1795), SW 3, 203: Doch erhalte den Geist dir frei! verliere nie dich selbst! für diesen Verlust entschädiget kein Himmel dich. Vergiß dich nicht im Gefühle der Dürftigkeit! Die Liebe, die den Adel[5] ihres Vaters verläugnet, und immer außer sich ist, wie mannigfaltig irrt sie nicht, und doch wie leicht!.
[42] Hölderlin, Hyp. I (1797), 155: Diotima und ich giengen eine Weile unter den herrlichen Bäumen umher, bis eine große heitere[1] Stelle sich uns darbot. | Hier sezten wir uns. Es war eine seelige Stille unter uns. Mein Geist umschwebte die göttliche Gestalt des Mädchens [...] und all' mein Wesen erleichterte, vereinte sich in der Freude der begeisternden Betrachtung. ➢ Volltext.
[43] Th. Huber, E. Percy I (1822), 290: Trotz Maitlands Jugend fand Warburton doch in ihm den Gefährten, der ihn völlig verstand; in
〈290〉
Geistes
und Auffassungsgabe und ertrug mit stiller Verachtung den Spott seiner Schulgenossen über seine befremdliche Aussprache..[44] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 140: Die Mecos, (ein Stamm der Chichimeken,) die Apachen, die Lipanen sind Horden von Jägervölkern, die auf ihren, häufig nächtlichen Zügen die Gränzen von Neu-Biskajo, von Sonora und Neu-Mexico beunruhigen. Diese Wilden verrathen, wie die des südlichen America's, weit mehr Beweglichkeit des Geistes, und Characterkraft, als die Landbauer der Indianer. Einige Völkerschaften unter ihnen haben sogar Sprachen[3], deren Mechanismus eine alte[1] Civilisation beweist. Sie lernen die europäischen Sprachen[3] nur mit der größten Schwierigkeit, drücken sich aber in den ihrigen mit äußerster Leichtigkeit aus. Diese indianischen Anführer, deren finsteres Schweigen[1] den Beobachter in Erstaunen setzt, halten, wenn ein großes Interesse sie aufregt, Reden, die mehrere Stunden lang dauern. Diese Geläufigkeit der Zunge haben wir auch in den Missionen des spanischen Guiana, bei den Cariben vom Nieder-Orinoco, deren Sprache[3] äußerst weich und sonor ist, bemerkt..
[45] W. v. Humboldt, Versch. Sprachb. (*1827–29), GS I, 6.1, 155: Subjective Thätigkeit bildet im Denken ein Object. Denn keine Gattung der Vorstellungen kann als ein reines Beschauen eines schon vorhandenen Gegenstandes betrachtet werden. Die Tätigkeit der Sinne[5] muss sich mit der inneren Handlung des Geistes synthetisch verbinden, und aus dieser Verbindung reisst sich die Vorstellung los, wird, der subjectiven Kraft gegenüber, zum Object, und kehrt, als solches aufs neue wahrgenommen, in jene zurück. Hierzu aber ist die Sprache[1] unentbehrlich. Denn indem in ihr das geistige Streben sich Bahn durch die Lippen bricht, kehrt das Erzeugniss desselben zum eignen Ohre[3] zurück. Die Vorstellung wird also in wirkliche Objectivität hinüberversetzt, ohne darum der Subjectivität entzogen zu werden. Dies vermag nur die Sprache[1], und ohne diese, wo Sprache[1] mitwirkt, auch stillschweigend immer vorgehende Versetzung ist die Bildung des Begriffs, mithin alles wahre Denken unmöglich. Ohne daher irgend auf die Mittheilung zwischen Menschen und Menschen zu sehn, ist das Sprechen eine nothwendige Bedingung des Denkens des Einzelnen in abgeschlossener Einsamkeit..
[46] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 294: Der bildliche Witz[1] kann entweder den Körper beseelen oder den Geist verkörpern. | Ursprünglich, wo der Mensch noch mit der Welt auf Einem Stamme geimpfet blühte, war dieser Doppel-Tropus noch keiner; jener verglich nicht Unähnlichkeiten, sondern verkündigte Gleichheit; die Metaphern[1] waren, wie bei Kindern, nur abgedrungene Synonymen des Leibes und Geistes. Wie im Schreiben Bilderschrift früher war als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher[1], insofern sie Verhältnisse und nicht Gegenstände bezeichnet, das frühere Wort[1], welches sich erst allmählig zum eigentlichen Ausdruck 〈295〉 entfärben mußte. Das tropische Beseelen und Beleiben fiel noch in Eins zusammen, weil sich noch Ich und Welt verschmolz. Daher ist jede Sprache[3] in Rücksicht geistiger Beziehungen ein Lexikon erblasseter Metaphern[1]..
[47] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 214: [I]n aller schönen[2] Kunst[9] besteht das Wesentliche in der Form, welche für die Beobachtung und Beurtheilung zweckmäßig ist, wo die Lust zugleich Cultur[3] ist und den Geist zu Ideen stimmt, mithin ihn mehrerer solcher Lust und Unterhaltung empfänglich macht; nicht in der Materie der Empfindung (dem Reize oder der Rührung), wo es bloß auf Genuß angelegt ist, welcher nichts in der Idee zurückläßt, den Geist stumpf, den Gegenstand nach und nach anekelnd, und das Gemüth, durch das Bewußtseyn seiner im Urtheile der Vernunft[2] zweckwidrigen Stimmung, mit sich selbst unzufrieden und launisch macht..
[48] Kleist, Zweikampf (1811), 181: [E]r gab, während Frau[8] Littegarde besinnungslos in dem Schooß ihrer Frauen[7] lag, seinen Geist auf [...]..
[49] Köstlin, Sonnt. (H1807), 86: C. (tritt rasch ein, das Sonntagsblatt No. 4. in der Hand.) | Ein Sonntags Stük, meine Herrn! ich bringe die Kirche zu euch, weil ihr nicht zu der Kirche kommt. Laßt euch predigen von diesem Manne Gottes[1], sezt euch nieder zu dieser ehrenwerthen Zuhörerschaft; aber wekt nicht die süßschlafenden! [⦿] | A. Daß wir selbst nicht schlafen werden, prophezeyhe ich festiglich, der Zwang, das Lachen zu unterdrücken, wird unsere Geister in einer behaglich-unbehaglichen Spannung erhalten. Aber dir, mein guter B., gilt es nun einen gewaltigen Sprung 〈87〉 aus jenen alten[11] Zeiten[3], worinn du schwärmtest, in diese moderne[9] Scene herein..
[50] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 113: Ich komme eben aus dem Garten. Ein heitres[1], schimmerndes Morgenlicht ergoß sich über die Gegend; die Stauden und Blumen hauchten ihren Geist[12] in den süssesten Gerüchen aus. Alle Lauben dufteten, alle Vögel sangen – Himmel und Erde umfaßten mich mit freundlicher Liebe. Ich fühlte mich an Körper und Geist[19] unaussprechlich wohl, und empfänglich für jeden Eindruck..
[51] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 57: Seitdem die Buchdruckerkunst gemein wurde, verschwindet nun nicht mehr das Schlechte, Falsche und Unbedeutende wie ehemals gleich, nachdem es gesagt wurde, zerfließt nicht mehr in die gemeine Luft, der es mehr angehörte als dem Geist; es bleibt, es rückt in ganzen Geschwadern, nach beschleunigtem Verhältnisse wachsend, wie die Biblio〈58〉theken unsrer Zeit zeigen, auf die unglücklichen Nachkommen los [...]. | Die Organe[3] der Sprache[1] und des Gehörs sind ihrer edelsten Funktionen beraubt, sie feiern, sie verrichten unnütze Dinge, oder doch nur den allergemeinsten Hausdienst; nur ganz auf der Höhe des europäischen Lebens, im Privatleben der Franzosen, und im öffentlichen Leben der Britten, den beiden besten Früchten, welche die letztvergangenen Jahrhunderte erzeugt, dauert [...] ihre alte Bedeutung fort. Wie kann man also voraussetzen, daß das Ohr[3] schon von selbst hinlänglich gebildet werde in einer Zeit, wo von allem Klange der Rede, von aller Lebensfülle, von allem Brausen der bürgerlichen Thaten, von allem Gesange der Poesie[1] früherer Jahrhunderte nichts zurückgeblieben als ein einförmiges. Rauschen der Bücherblätter in einsamen Gemächern, wie ein ähnliches totes Rauschen der Blätter im Herbst statt allen fröhlichen Tumultes der schöneren Jahreszeit zurückbleibt! – | 〈59〉 Nachdem die Rede aus dem Gebiet des Ohrs[3] in das Gebiet des lesenden Auges, nachdem sie aus dem Gebiete der Stimme[1] in den Wirkungskreis der schreibenden Hände einmal höchst unnatürlicher Weise versetzt worden, so erstirbt sie nun auch, schrumpft zusammen, vertrocknet mehr und mehr: das Wort[2] schwindet in einander und wird mehr und mehr zur Zahl..
[52] Novalis, an C. Just (5. 2. 1798), NS 4, 249: Was hilfts, daß ich mich bis zur höchsten Ermüdung bey Buchstaben[8] aufhalte – verliere ich darüber nicht die lehrreichste Schrift, die Menschengestalt, aus den Augen? Ich kehre am Ende immer zu Einem zurück – und dieses Eine ist der Geist[12/19] des Menschen – von dem am Ende doch alles Ausfluß und Offenbarung ist – und warum dieses Eine gerade in dem todten Zeichen, und nicht in lebendiger Anschauung suchen..
[53] Novalis, Blüthenstaub (1798), 75 f. (76), Nr. 22: Das willkührlichste Vorurtheil ist, daß dem Menschen[1] das Vermögen außer sich zu seyn, mit Bewußtseyn jenseits der Sinne[4] zu seyn, versagt sey. Der Mensch[1] vermag in jedem Augenblicke ein übersinnliches Wesen zu seyn. Ohne dies wäre er nicht Weltbürger, er wäre ein Thier[11]. Freylich ist die Besonnenheit, Sichselbstfindung, in diesem Zustande sehr schwer, da er so unaufhörlich, so nothwendig mit dem Wechsel unsrer übrigen Zustände verbunden ist. Je mehr wir uns aber dieses Zustandes bewußt zu seyn vermögen, desto lebendiger, mächtiger, genügender ist die Überzeugung, die daraus entsteht; der Glaube an 〈76〉 ächte Offenbarungen des Geistes[1/19]. ➢ Volltext.
[54] Novalis, Europa (*1799), NS 3, 521: Der Schleier ist für die Jungfrau, was der Geist für den Leib ist, ihr unentbehrliches Organ[1] dessen Falten die Buchstaben[9] ihrer süßen Verkündigung sind; das unendliche Faltenspiel ist eine Chiffern-Musik, denn die Sprache[1] ist der Jungfrau zu hölzern und zu frech, nur zum Gesang öffnen sich ihre Lippen..
[55] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 14: Bey der Hofhaltung des Landgrafen ging es nach der Sitte der damaligen Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] einfach und still zu; und die Pracht und Bequemlichkeit des fürstlichen Lebens dürfte sich schwerlich mit den Annehmlichkeiten messen, die in spätern Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] ein bemittelter Privatmann sich und den Seinigen ohne Verschwendung verschaffen konnte. Dafür war aber der Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='112' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] für die Geräthschaften und Habseeligkeiten, die der Mensch zum mannichfachen Dienst seines Lebens um sich her versammelt, desto zarter und tiefer. Sie waren den Menschen werther und merkwürdiger. Zog schon das Geheimniß der Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] und die Entstehung ihrer Körper den ahndenden[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] Geist an: so erhöhte die seltnere Kunst[[[[BedeutungsVerweis ID='219' Anzeige='13' Formatierung='1']]]] ihrer Bearbeitung[,] die romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='64' Anzeige='7' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Ferne, aus der man sie erhielt, und die Heiligkeit ihres Alter〈15〉thums[[[[BedeutungsVerweis ID='316' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], da sie sorgfältiger bewahrt, oft das Besitzthum mehrerer Nachkommenschaften wurden, die Neigung zu diesen stummen Gefährten des Lebens. Oft wurden sie zu dem Rang von geweihten Pfändern eines besondern Segens und Schicksals erhoben, und das Wohl ganzer Reiche und weitverbreiteter Familien hing an ihrer Erhaltung. Eine liebliche Armuth schmückte diese Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] mit einer eigenthümlichen ernsten und unschuldigen Einfalt; und die sparsam vertheilten Kleinodien glänzten desto bedeutender in dieser Dämmerung, und erfüllten ein sinniges Gemüth mit wunderbaren Erwartungen. Wenn es wahr ist, daß erst eine geschickte Vertheilung von Licht, Farbe und Schatten die verborgene Herrlichkeit der sichtbaren Welt offenbart, und sich hier ein neues[[[[BedeutungsVerweis ID='435' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] höheres Auge aufzuthun scheint: so war damals überall eine ähnliche Vertheilung und Wirthschaftlichkeit wahrzunehmen; da hingegen die neuere[[[[BedeutungsVerweis ID='438' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] wohlhabendere Zeit[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] das einförmige und unbedeutendere Bild eines allgemeinen Tages darbietet..
[56] Pestalozzi, Schwanenges. (1826), 102: Man macht die Kinder lesen, ehe sie reden können; man will sie durch die Bücher reden lehren; man zieht sie von der Anschauung, diesem Naturfundament des Redens künstlich und gewaltsam ab, und macht auf die unnatürlichste Weise den todten Buchstaben[6] zum Anfangspunkt der Sacherkenntnisse, deren naturgemäßer Hintergrund und Anfangspunkt der Geist und das Leben der Anschauung der Natur[2] selbst ist und in allen Verhältnissen anerkannt werden sollte..
[57] H. Sander, Beschr. Reis. I (1783), 86: Welche Berge würden wir nicht, wie Bleikugeln wegschleudern können, wenn wir uns von Jugend auf nur in körperlichen Künsten[6] üben wolten? Aber wie viel edlere, sanftere Freuden, die aus der Kultur[3] des Geistes fliessen, würden wir dann entbehren müssen..
[58] Schelling, Id. Phil. d. Nat. (1797), SW I, 2, 215 f.: Der bloße Begriff[1] ist ein Wort[1] ohne Bedeutung, ein Schall für das Ohr[3], ohne Sinn[2] für den Geist. Alle Realität, die ihm zukommen kann, leiht ihm doch 〈216〉 nur die Anschauung, die ihm vorangieng. Und deßwegen kann und soll im menschlichen Geist Begriff[1] und Anschauung, Gedanke und Bild nie getrennt seyn..
[59] Schelling, Syst. transsc. Id. (1800), 350 f. (351): [U]m auch nur anfangen zu können, zu handeln, muß ich schon beschränkt seyn. Daß meine freye Thätigkeit ursprünglich sich nur auf ein bestimmtes Object richtet, wurde im Vorhergehenden daraus erklärt, daß es mir durch andere Intelligenzen[2] schon unmöglich gemacht ist, alles zu wollen. Allein es kann mir denn doch durch mehrere Intelligenzen[2] nicht unmöglich gemacht seyn, mehreres zu wollen; daß ich also von mehreren Objecten B, C, D gerade C wähle, davon muß der letzte Grund doch nur in mir selbst liegen. Nun kann aber dieser Grund nicht in meiner Freyheit[1] liegen, denn erst durch diese Beschränktheit der freyen Thätigkeit auf ein bestimmtes Object 〈351〉 werde ich meiner bewußt, also auch frey, mithin muß, ehe ich frey, d. h. der Freyheit[1] bewußt bin, meine Freyheit[1] schon eingeschränkt, und gewisse freye Handlungen[1] müssen noch, ehe ich frey bin, für mich unmöglich gemacht seyn. Dahin gehört z. B. das, was man Talent, oder Genie[3] nennt, und zwar nicht nur Genie[3] zu Künsten[2], oder Wissenschaften, sondern auch Genie[3] zu Handlungen[1]. Es klingt hart, ist aber deßwegen um nichts weniger wahr, daß, so wie unzählige Menschen zu den höchsten Functionen des Geistes ursprünglich untüchtig sind, ebenso unzählige nie im Stande seyn werden, mit der Freyheit[1] und Erhebung des Geistes selbst über das Gesetz zu handeln, welche nur wenigen Auserlesenen zukommen kann..
[60] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 357 f. (358): Der ist noch sehr weit zurück, dem die Kunst[10] nicht als ein geschlossenes, organisches[6] und ebenso in allen seinen Theilen nothwendiges Ganzes erschienen ist, als es die Natur[2] ist. Fühlen wir uns unaufhaltsam gedrungen, das innere Wesen der Natur[2] zu schauen, und jenen fruchtbaren Quell zu ergründen, der so viele große Erscheinungen mit ewiger Gleichförmigkeit und Gesetzmäßigkeit aus sich herausschüttet, wie viel mehr muß es uns interessiren, den Organismus[8] der Kunst[10/2] zu durchdringen, in der aus der absoluten Freiheit[10] sich die höchste Einheit und Gesetzmäßigkeit herstellt, die uns die Wunder unseres eignen 〈358〉 Geistes weit unmittelbarer als die Natur[2] erkennen läßt. ➢ Volltext.
[61] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 680: Der Roman[1] des Cervantes ruht also auf einem sehr unvollkommenen, ja verrückten Helden, der aber zugleich so edler Natur[1] ist [...], daß ihn keine Schmach, die ihm widerfährt, eigentlich herabwürdiget. An diese Mischung (in Don Quixote) ließ sich eben das wunderbarste und reichste Gewebe knüpfen, das im ersten Moment so anziehend wie im letzten stets den gleichen Genuß gewährt und die Seele zur heitersten[4] Besonnenheit stimmt. Für den Geist ist die nothwendige Begleitung des Helden, Sancho Pansa, gleichsam ein unaufhörlicher Festtag; eine unversiegbare Quelle der Ironie[1] ist geöffnet und ergießt sich in kühnen Spielen. ➢ Volltext.
[62] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 143: Endlich bildet sich der Geist sogar seinen Körper, und der Bau selbst muß dem Spiele folgen, so daß sich die Anmuth zuletzt nicht selten in architektonische Schönheit[1] verwandelt. | So, wie ein feindseliger, mit sich uneiniger Geist selbst die erhabenste Schönheit[1] des Baues zu Grund richtet, daß man unter den unwürdigen Händen der Freyheit[10] das herrliche Meisterstück der Natur[2] zuletzt nicht mehr erkennen kann, so sieht man auch zuweilen das heitre[4] und in sich harmonische Gemüth der durch Hindernisse gefesselten Technik zu Hülfe kommen, die Natur[12] in Freyheit[10/13] setzen und die noch eingewickelte, gedrückte Gestalt mit göttlicher Glorie auseinander breiten. ➢ Volltext.
[63] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 162: Die geschäftlose Seele ist ein bescheidener Gast in ihrem Körper und ein friedlicher stiller Nachbar der sich selbst überlassenen Bildungskraft. Kein anstrengender Gedanke, keine Leidenschaft greift in den ruhigen Takt des physischen Lebens; nie wird der Bau durch das Spiel in Gefahr gesetzt, nie die Vegetation durch die Freyheit[10] beunruhigt. Da die tiefe Ruhe des Geistes keine beträchtliche Konsumtion der Kräfte verursacht, so wird die Ausgabe nie die Einnahme übersteigen, vielmehr die thierische Oekonomie immer Ueberschuß haben. Für den schmalen Gehalt von Glückseligkeit, den sie ihm auswirft, macht der Geist den pünktlichen Hausverwalter der Natur[12], und sein ganzer Ruhm ist, ihr Buch in Ordnung zu halten. Geleistet wird also werden, was die Organisation[3] immer leisten kann, und floriren wird das Geschäft der Ernährung und Zeugung. Ein so glückliches Einverständniß zwischen der Naturnothwendigkeit und der Freyheit[10] kann der architektonischen Schönheit[1] nicht anders als günstig seyn, und hier ist es auch, wo sie in ihrer ganzen Reinheit kann beobachtet werden. ➢ Volltext.
[64] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 171: Es läßt sich ebensowenig sagen, daß der Geist die Schönheit[1] erzeuge, als man [...] von dem Herrscher sagen kann, daß er Freyheit[6] hervorbringe; denn Freyheit[6] kann man einem zwar lassen, aber nicht geben. ➢ Volltext.
[65] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 174: Der [...] Geist läßt die von ihm abhängende Natur[12], sowohl da, wo sie im Dienst seines Willens handelt, als da, wo sie seinem Willen vorgreifen will, erfahren, daß er ihr Herr ist. Unter seiner strengen Zucht wird also die Sinnlichkeit unterdrückt erscheinen, und der innere Widerstand wird sich von außen durch Zwang verraten. Eine solche Verfassung des Gemüths kann [...] der Schönheit[1] nicht günstig seyn, welche die Natur[12] nicht anders als in ihrer Freyheit[1] hervorbringt, und es wird daher auch nicht Grazie seyn können, wodurch die mit dem Stoffe kämpfende moralische Freyheit[10] sich kenntlich macht. | Wenn hingegen der Mensch[1], unterjocht vom Bedürfniß, den Naturtrieb ungebunden über sich herrschen läßt, so verschwindet mit seiner innern Selbständigkeit auch jede Spur derselben in seiner Gestalt. [...] Nachgelassen hat aller 〈175〉 Widerstand der moralischen Kraft, und die Natur[13] in ihm ist in volle Freyheit[1] gesetzt. Aber eben dieser gänzliche Nachlaß der Selbstthätigkeit, der im Moment des sinnlichen Verlangens und noch mehr im Genuß zu erfolgen pflegt, setzt augenblicklich auch die rohe Materie in Freyheit[1], die durch das Gleichgewicht der thätigen und leidenden Kräfte bisher gebunden war. Die todten Naturkräfte fangen an, über die lebendigen der Organisation[3] die Oberhand zu bekommen, die Form von der Masse, die Menschheit[1] von gemeiner Natur[13] unterdrückt zu werden. ➢ Volltext.
[66] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 176 f. (177): So wie die Freyheit[6] zwischen dem gesetzlichen Druck und der Anarchie mitten inne liegt, so werden wir jetzt auch die Schönheit[1] zwischen der Würde, als dem Ausdruck 〈177〉 des herrschenden Geistes, und der Wollust, als dem Ausdruck des herrschenden Triebes, in der Mitte finden. ➢ Volltext.
[67] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 205: [B]ey jedem starken Interesse des Begehrungsvermögens muß der Geist seine Freyheit[10] beweisen, also Würde der Ausdruck seyn. ➢ Volltext.
[68] Schiller, Matthisson. (1794), NA 22, 282: Hr. M.[atthison] hat seinen Anspruch auf diesen Titel auf eine Art beurkundet, die auch dem strengsten Richter Genüge tun muß. Wer eine Phantasie, wie sein
Elysium
(S. 34), komponieren kann, der ist als ein Eingeweihter in den innersten Geheimnissen der poetischen Kunst und als ein Jünger der wahren Schönheit gerechtfertigt. Ein vertrauter Umgang mit der Natur und mit klassischen Mustern hat seinen Geist
genährt, seinen Geschmack gereinigt, seine sittliche Grazie bewahrt; eine geläuterte heitre Menschlichkeit beseelt seine Dichtungen, und rein, wie sie auf der spiegelnden Fläche des Wassers liegen, malen sich die schönen Naturbilder in der ruhigen Klarheit seines Geistes
. Durchgängig bemerkt man in seinen Produkten eine Wahl, eine Züchtigkeit, eine Strenge des Dichters gegen sich selbst, ein nie ermüdendes Bestreben nach einem Maximum von Schönheit..[69] Schiller, Chor. Trag. (1803), V: Die wahre Kunst[2] [...] hat es nicht bloß auf ein vorübergehendes Spiel abgesehen, es ist ihr ernst damit, den Menschen nicht bloß in einen augenblicklichen Traum von Freiheit[10] zu versetzen, sondern ihn wirklich und in der That frei zu machen, und dieses dadurch, daß sie eine Kraft in ihm erweckt, übt und ausbildet, die sinnliche Welt, die sonst nur als ein roher Stoff auf uns lastet, als eine blinde Macht auf uns drückt, in eine objektive Ferne zu rücken, in ein freies Werk unsers Geistes zu verwandeln, und das Materielle durch Ideen zu beherrschen. .
[70] Schiller, Chor. Trag. (1803), VI: Wem die Natur[2] zwar einen treuen Sinn[9] und eine Innigkeit des Gefühls verliehen, aber die schaffende Einbildungskraft versagte, der wird ein treuer Mahler des Wirklichen seyn, er wird die zufällige Erscheinungen aber nie den Geist[12] der Natur[2] ergreifen. Nur den Stoff der Welt wird er uns wiederbringen, aber es wird eben darum nicht unser Werk, nicht das freie Produkt unsers bildenden Geistes[19] seyn, und kann also auch die wohlthätige Wirkung der Kunst[2], welche in der Freiheit[10] besteht, nicht haben. Ernst zwar, doch unerfreulich ist die Stimmung, mit der uns ein solcher Künstler und Dichter entläßt, und wir sehen uns durch die Kunst[2] selbst, die uns befreien sollte, in die gemeine enge Wirklichkeit peinlich zurück versezt. Wem hingegen zwar eine rege Phantasie[1] aber ohne Gemüth und Charakter[3] zu Theil geworden, der wird sich um keine Wahrheit bekümmern; sondern mit dem Weltstoff nur spielen, nur durch phantastische[2] und bizarre Combinationen zu überraschen suchen, und wie sein ganzes Thun nur Schaum und Schein ist, so wird er zwar für den Augenblick unterhalten, aber im Gemüth nichts 〈VII〉 erbauen und begründen. Sein Spiel ist, so wie der Ernst des andern, kein poetisches[1]. Phantastische[2] Gebilde willkührlich aneinander reihen, heißt nicht ins Ideale gehen, und das Wirkliche nachahmend wieder bringen, heißt nicht die Natur[10] darstellen..
[71] A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 167: Meisners Andenken, an dessen Stelle Lafontaine gleichsam trat, ruft nur noch dann und wann ein grauer Apollo zurück. [⦿] Seine steife Eleganz hatte immer etwas todtes an sich. Er war so prüde und kostbar, als Lafontaine lebendig und ungezwungen, und es ist ihm nie wie diesem gelungen, der Liebenswürdige zu heißen. An Verstand übertraf ihn Meisner leicht, aber es war von der dürren Gattung, die den Geist nicht zu fesseln vermag. ➢ Volltext.
[72] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 243: [S]o untrennbar wie in einem ächten Kunstwerke[2] das, was man das poetische[2], und was man das künstliche nennen kann, sind, so untrennbar ist auch der wahre Geschmack vom wahren Genie[2]. Dieses ist eben die innigste Vereinigung der bewußtlosen und der selbstbewußten Thätigkeit im menschlichen Geiste, des Instinktes und der Absicht, der Freyheit[10] und der Nothwendigkeit. Deswegen, weil in ihm die ursprüngliche Entzweyung sich aufhebt, worin der Mensch[1] als ein endliches Wesen sich endlos befangen sieht, erscheint es uns auch als etwas übermenschliches, als eine göttliche Kraft, und seine Mittheilungen als wahre Offenbarungen. Darum ist auch zum Genie[2] große Eminenz der auf Erkenntniß[1] gerichteten Geisteskräfte, Einbildungskraft[1] und Verstand[1], die Kant als seine Bestandtheile angiebt, nicht hinreichend, sondern es umfaßt den ganzen innern Menschen[6], und kann in nichts geringerem bestehen, als in der Energie und innigsten Eintracht dessen was sowohl in der Sinnlichkeit 〈244〉 als in der Geistigkeit des Menschen[6] das selbständige und unbeschränkte Vermögen ist, also der Fantasie[2] (die man in diesem Sinne[1] noch von der Einbildungskraft[1] unterscheiden kann) und der Vernunft[1]..
[73] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 48: Ich komme endlich auf die Philologie, im weitesten Sinne[1] das Studium der Äußerungen des menschlichen Geistes durch die Sprache[1], und der Niederlegung seiner Schätze in ihr. Sie ist folglich allgemeines Hülfsmittel bey allen wissenschaftlichen Beschäftigungen, da die Sprache[1] das universelle Organ[1] der Mittheilung ist, und selbst solche Wissenschaften[1], welche sich eigenthümlicher Zeichen bedienen, wie die Geometrie und Arithmetik ihrer nicht entrathen können, da auch jede wissenschaftliche Belehrung einen richtigeren und ausgebildeteren Gebrauch der Sprache[1] erfodert, als der zur nothdürftigen Verständigung im gemeinen Leben hinreicht..
[74] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 336: Das Deutsche ist wirklich so sehr eine lebende Sprache[3], als es nur Statt finden kann. Aus der bisherigen Darstellung muß es schon klar geworden seyn, welchen Weg es zugleich mit der nationalen Bildung[2] (denn dieß läuft immer parallel) einschlägt, und welch ein Ziel beyden vorgestellt ist. Universalität ist unsre wahre Eigenthümlichkeit: es ist auf nichts geringeres angelegt, als die Vorzüge der verschiedensten Nationalitäten zu vereinigen, sich in alle hineinzudenken und hineinzufühlen, und so einen kosmopolitischen Mittelpunkt für den menschlichen Geist zu stiften. Nach dem Gange, welchen die Philosophie der Cultur[3] vorzeichnet, muß jede neue[1] Epoche derselben mit einem höheren Bewußtseyn verknüpft werden: es wird also auch die jetzt beginnende mehr den Charakter[1] der Freyheit[10] und Absichtlichkeit tragen als irgend eine frühere; und was uns so lange im äußern Glanze gegen die einseitige, beschränkte aber eben darum entschiedne Wirksamkeit andrer Nationen[1] hat zurückstehen lassen: der Mangel einer Richtung, welcher, in ein Positives verwandelt, zur Allseitigkeit der Richtungen wird: muß in der Folge die Überlegenheit auf unsre Seite bringen. Es ist daher gewiß keine zu sanguinische Hoffnung anzunehmen, daß der Zeitpunkt nicht so gar entfernt ist, wo das Deutsche allgemeines Organ[1] der Mittheilung für die gebildeten Nationen[1] seyn wird. .
[75] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 119: Durch dieß ganze Gemählde hat der Dichter zeigen wollen, daß es nichts bedarf, um die der Natur[2] und dem menschlichen Geiste inwohnende Poesie[4] hervorzurufen, als mit Abwerfung des angekün〈120〉stelten Zwanges beyde der angebohrnen Freyheit[1] zurückzugeben. ➢ Volltext.
[76] F. Schlegel, Philolog. II (*1797), KFSA 16, 72, Nr. 128–130: Die Klassik[2] als eigne Wissenschaft, die viell.[eicht] Grundlage der materialen Alterthumslehre ist. 〈Aber nicht historisch sondern vors Erste rein praktisch. – Diese soll man dann in der Historie suchen.〉 | Die Klassik[2] geht durch alle Vermögen und Bestandtheile und Seiten des menschl.[ichen] Geistes durch. Sie ist eigne spezifisch versch.[iedne] Bildungsart, die Kunst[16] werden, und also Wissenschaft seyn können muß. – Sie ist freyl[ich] nur ein Theil der Historie. | Die Klassik[2] und die Vervollkommnungslehre sind nichts als die Entwicklung der beyden historischen Ideen 〈Die Klassik[2] könnte auch Urbildungslehre heißen. Diese ist aber doch nur wieder ein Theil der 〈ganzen〉 Vervollkommnungslehre. Sie ließe s.[ich] indessen vielleicht provisorisch getrennt behandeln.〉.
[77] F. Schlegel, Lucinde (1799), 13 f. (14): Für mich und für diese Schrift [...] ist aber kein Zweck zweckmäßiger, als der, daß ich gleich Anfangs das 〈14〉 was wir Ordnung nennen vernichte, weit von ihr entferne und mir das Recht einer reizenden Verwirrung deutlich zueigne und durch die That behaupte. Dies ist um so nöthiger, da der Stoff, den unser Leben und Lieben meinem Geiste und meiner Feder giebt, so unaufhaltsam progressiv[2] und so unbiegsam systematisch ist. Wäre es nun auch die Form, so würde dieser in seiner Art einzige Brief[1/3] dadurch eine unerträgliche Einheit und Einerleyheit erhalten und nicht mehr können, was er doch will und soll: das schönste Chaos von erhabnen Harmonien und interessanten[1] Genüssen nachbilden und ergänzen.
➢ Volltext
.[78] F. Schlegel, Ueber d. Philos. (1799), 14 f. (15): Liebst Du wohl, wenn Du nicht die Welt in dem Geliebten findest? Um sie in ihm finden, und in ihn hin〈15〉ein legen zu können, muß man sie schon besitzen, sie lieben, oder wenigstens Anlagen, Sinn[5] und Liebesfähigkeit für sie haben. Daß diese Kräfte cultivirt werden können, daß der Blick vom Auge unsers Geistes immer weiter, fester und klarer werden soll, und unser inneres Ohr[3] empfänglicher für die Musik[8] aller Sphären der allgemeinen Bildung[5]; daß die Religion[3] in diesem Sinne[1] sich also lehren und lernen, obgleich nie erschöpfen lasse, leuchtet von selbst ein. Aber freilich sind Freundschaft und Liebe die Organe[1] alles sittlichen Unterrichts auch bey diesen Zweigen desselben unentbehrlich. Und gewiß werden zwey Liebende, wenn der Mann die Geliebte über den gewöhnlichen Dienst kleiner Hausgötter ins freye[1] Ganze hinaus zu führen strebt, oder ihr die zwölf großen Götter[4] in Gestalt bekannter Laren zugesellt; und wenn sie gleich einer Priesterin der Vesta über das heilige Feuer auf dem reinen Altare in seiner Brust wacht, beyde zusammen schnellere und weitere Fortschritte spüren, als wenn jeder für sich allein mit heißem Bemühen nach Religion[3] gestrebt hätte. ➢ Volltext.
[79] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 83: Liebe, Freundschaft und edle Gesellschaft wirkten [...] eine schöne[2] Revoluzion in seinem [Shakspeare's] Geiste[19]; die Bekanntschaft mit den zärtlichen Gedichten des bey den Vornehmen beliebten Spenser gab seinem neuen[1] romantischen[2/4] Schwunge Nahrung, und dieser mochte ihn zur Lektüre der Novellen führen, die er [...] fantastisch[2] reizend dramatisirte. Diese Ausbildung floß nun auch auf die historischen Stücke zurück, gab ihnen mehr Fülle, Anmuth und Witz[1] und hauchte allen seinen Dramen den romantischen[2/4] Geist[12] ein, der sie in Verbindung mit der tiefen Gründlichkeit am eigensten charakterisirt, und sie zu einer romantischen[2/4] Grundlage des modernen[1] Drama constituirt, die dauerhaft genug ist für ewige Zeiten[2].
➢ Volltext
.[80] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 75: Wissen überhaupt heißt: solche Urtheile in der Gewalt seines Geistes zu willkührlicher Reproduktion haben, welche in irgend etwas außer ihnen ihren zureichenden Erkenntnißgrund haben, d. h. wahr sind. Die abstrakte Erkenntniß allein ist also ein Wissen; dieses ist daher durch die Vernunft[1] bedingt, und von den Thieren[1] können wir 〈76〉 nicht sagen, daß sie irgend etwas wissen, wiewohl sie die anschauliche Erkenntniß, für diese auch Erinnerung und eben deshalb Phantasie[1] haben, welche überdies ihr Träumen beweist. Bewußtsein legen wir ihnen bei, dessen Begriff[1] folglich, obgleich das Wort[1] von Wissen genommen ist, mit dem des Vorstellens überhaupt, von welcher Art es auch sei, zusammenfällt. Daher auch legen wir der Pflanze[1] zwar Leben, aber kein Bewußtseyn bei. ➢ Volltext.
[81] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 208: Der scharfe Beobachtungsgeist, der die Haupteigenschaft eines claßischen Kopfs ist, entwikelt sich nicht durch das Studium der abstrakten Wissenschaften; wird nicht durch die Arbeit im Cabinet ausgebildet, sondern in der Welt, unter Geschäften, und vornehmlich durch den Umgang mit Menschen, die denselben schon besitzen. Nicht die Schulen, sondern die Gesellschaft, da wo sie sich am meisten mit grossen Gegenständen beschäftiget, wo die schnelle Anstrengung der Verstandeskräfte nothwendig wird, wo man vieles auf einmal übersehen, und sich angewöhnen muß, auch ohne methodisches Nachdenken gründlich zu seyn, geben dem
Geist
die Stärke, die männliche Kühnheit und die Sicherheit, welche zum claßischen Denken nöthig ist. Doch kann ein glükliches Genie, durch den blossen lebendigen oder todten Umgang mit wahrhaftig claßischen Köpfen, sich selbst zum claßischen Schriftsteller bilden..[82] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 3: Seitdem Vernunft[1] und Geschmack [...] wieder empor gekommen, wird das Abentheuerliche[3] von den Dichtern bloß zur Belustigung nachgeahmt. Erzählungen aus der abentheurlichen[3] Welt hergenommen, sind oft sehr ergetzend und ein Labsal des Geistes in den Stunden, da man von Nachdenken ermüdet, dem Verstand[2] eine gänzliche Ruhe geben muß. Gute Werke von dieser Art haben ihren Werth. Es scheinet, daß Hr. Wieland bey Bekanntmachung seines Idris die Absicht gehabt, Deutschland ein Werk dieser Gattung zu liefern, das in seiner Art claßisch[3/4] werden sollte, so wie es der Orlando furioso des Ariost in Italien ist. Es fehlt in der That diesem Werk nicht an glänzenden poetischen[3] Schönheiten[1]; doch scheint etwas mehr, als dieses erfoderlich zu seyn, um ein Buch bey einer ganzen Nation[1] claßisch[4] zu machen..
[83] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 612: In dem Menschen[1], dessen Geist[22] und Herz so unaufhörlich von allen Arten des Vollkommenen gereizt und gerührt werden, entsteht nothwendig eine Entwiklung und allmählige Verfeinerung aller Seelenkräfte. Die Dummheit und Unempfindlichkeit des rohen natürlichen[2] Menschen[1] verschwindet nach und nach; und aus einem Thier[11], das vielleicht eben so wild war, als irgend ein anderes [Thier1], wird ein Mensch[1] gebildet, dessen Geist[19] reich an Annehmlichkeiten und dessen Gemüthsart liebenswürdig ist..
[84] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 632: Es ist wahr, die Künste[2] sind ohne Hülfe der Kunstrichter zu einem hohen Grad der Vollkommenheit gestiegen. Aber dieses beweiset nicht, daß im Reiche der Künste[2], der Kunstrichter eine überflüßige Person sey. Der Geist des Menschen hat von der Natur[2] einen keine Gränzen kennenden Trieb, nach immer höher steigender Vollkommenheit, zum Geschenke bekommen. Wer wird sich also unterstehen ihm Schranken zu setzen? So lange die Critik[8] einen höhern Grad der Vollkommenheit sieht, kann niemand sagen, daß er über Kräfte der Kunst[18] reiche..
[85] L. Tieck, Phant. ü. d. Kunst (1799), 101: Die wahre Schöne, die Größe der Kunst[10] ist unergründlich, sie zieht unser Herz, wo wir sie wahrnehmen, magnetisch an sich, wir fühlen bis in die innersten Tiefen unsre ewige Verwandtschaft, es zuckt wie mit Blitzesschlägen durch unsern Geist, wir erkennen das Göttliche, und ringen im schönsten[6] Kampfe darnach, wir streben ein Zeichen von uns zu geben, eine Vergeltung, ein Band, das unzerreißbar die verwandte Erhabenheit an uns ketten soll, und so ergießt sich unsre Sprache[16] in begeisterter Rede, weil wir der〈102〉malen noch durch Organe[1] uns kund geben müssen, und die Kraft der Seele nicht unmittelbar zu den goldenen Aetherbildern emporsteigen kann. ➢ Volltext.
[86] Uhland, Romant. (H1807), 138: Über das Romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] [...] || Das Unendliche umgibt den Menschen, das Geheimniß der Gottheit und der Welt. Was er selbst war, ist und seyn wird, ist ihm verhüllt. Süß und furchtbar sind diese Geheimnisse. | Hier zieht sich um sein einsames Schiff das unermeßliche Weltmeer; er zittert von dem dumpfen Brausen, das ihm Sturm dräut. Und wenn er auch das Land erreicht, ist er sicher, daß nicht der Ozean, der die Veste rings umgürtet, mächtig hereinwoge und sie mit ihm verschlinge? | [...] Die reellen Seelenkräfte langen mit unendlicher Sehnsucht in die Ferne: Der Geist des Menschen aber, wohl fühlend, daß er nie das Unendliche in voller Klarheit in sich auffassen wird, und müde des unbestimmt schweifenden Verlangens, knüpft bald seine Sehnsucht an irrdische Bilder, in denen ihm doch Ein Blik des Überirrdischen aufzudämmern scheint; [...] sie erscheinen ihm wie Engel, freundlich grüssend, aber zugleich mit dem Fittig, auf dem sie sich immer in das Unendliche aufschwingen können. | Aber auch jene furchtbare Welt sendet uns ihre Gestalten, die schaurigen Nachtgeister; bedeutende Stimmen[[[[BedeutungsVerweis ID='256' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] hören wir aus der Finsterniß. Fast in jedem Bilde, das ein Geheimniß andeutet, glauben wir gerade eines jener großen Geheimnisse zu ahnen[[[[BedeutungsVerweis ID='726' Anzeige='3' Formatierung='1']]]], nach denen unser Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='132' Anzeige='10' Formatierung='1']]]], mit oder ohne Bewußtseyn, immer sich hinneigt..
[87] J. H. Voß, F. Stolberg (1819), 33 f.: Der Winter 1794–95 brachte dem edlen Boie den schmerzhaft langsamen Tod. Seine Ruhe, sein hei〈34〉terer[4] Geist, der bis zu den lezten schlaflosen Nächten nach Kenntnis rang, war auch für Stolberg so rührend, daß er fast täglich ihn besuchte. ➢ Volltext.
[88] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133 f. (134): Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion[1] kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes[1] Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte[1] vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[89] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 142: Die Natur[2] hatte sein Inneres mit einer immer gährenden Phantasie[1] erfüllt, und seinen Geist mit schwe〈143〉ren und düstern Gewitterwolken bezogen, so daß sein Gemüth immer in unruhiger Arbeit war, und unter ausschweifenden Bildern umhertrieb, ohne jemals sich in einfacher und heiterer[4] Schönheit[6] zu spiegeln. ➢ Volltext.
[90] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 161 f. (162): Buchstaben[1] lesen kann ein jeglicher lernen; von gelehrten Chroniken kann ein jeglicher sich die Historien vergangener Zeiten[3] erzählen lassen [...]; auch kann ein jeglicher das Lehrgebäude einer Wissenschaft studieren, und Sätze und Wahrheiten fassen; – denn, Buchstaben[1] sind 〈162〉 nur dazu da, daß das Auge ihre Form erkenne; und Lehrsätze und Begebenheiten sind nur so lange ein Gegenstand unsrer Beschäftigung, als das Auge des Geistes daran arbeitet, sie zu fassen und zu erkennen; sobald sie unser eigen sind, ist die Thätigkeit unsers Geistes zu Ende, und wir weiden uns dann nur, so oft es uns behagt, an einem trägen und unfruchtbaren Überblick unsrer Schätze. – Nicht also bey den Werken herrlicher Künstler. Sie sind nicht darum da, daß das Auge sie sehe; sondern darum, daß man mit entgegenkommendem Herzen in sie hineingehe, und in ihnen lebe und athme.
➢ Volltext
.[91] Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 151: [D]ie Unbegreiflichkeiten, die unser Gemüth bestürmen, und die die Krankheit des Menschengeschlechtes sind, verschwinden vor unsern Sinnen[4], und unser Geist wird gesund durch das Anschaun von Wundern, die noch weit unbegreiflicher und erhabener sind.
➢ Volltext
.[92] Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 151 f. (152): Wohl dem, der, wann der irdische Boden untreu unter seinen Füßen wankt, mit 〈152〉 heitern[4] Sinnen[4] auf luftige Töne sich retten kann, und nachgebend, mit ihnen bald sanft sich wiegt, bald muthig dahertanzt, und mit solchem lieblichen Spiele seine Leiden vergißt! | Wohl dem, der, (müde des Gewerbes, Gedanken feiner und feiner zu spalten, welches die Seele verkleinert,) sich den sanften und mächtigen Zügen der Sehnsucht ergiebt, welche den Geist ausdehnen und zu einem schönen Glauben erheben. Nur ein solcher ist der Weg zur allgemeinen, umfassenden Liebe, und nur durch solche Liebe gelangen wir in die Nähe göttlicher Seligkeit. – – | Dies ist das herrlichste und das wunderbarste Bild, so ich mir von der Tonkunst entwerfen kann, – obwohl es die meisten für eitle Schwärmerey halten werden.
➢ Volltext
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