Wortliste
Adel
Brief
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Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
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Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
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Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 112: Es giebt schöne romantische[3] Gegenden um Göttingen [...].
[2] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 135: [D]as gebirgige Schottland ist trockner und kälter, Irland dagegen feuchter als England, welches, die nördliche und westliche Seite ausgenommen, eben und romantisch[3] schön ist.
[3] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 16: Geschmack ist das Beurteilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen, oder Mißfallen, ohne alles Interesse. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt schön.
[4] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 145: Wir kamen an eine Stelle, 〈145〉 die romantisch[3] schön war. Eine Grotte, aus deren Tiefe ein Quell mit kühlendem, klaren Wasser hervor sprudelte. Der grüne, unbeschreiblich frische Rand des Ufers, und die röthliche Felswand der Grotte, welche mit überhangendem, grünen Gesträuch bewachsen war, spiegelten sich in der klaren Fluth, und bildeten einen reizenden malerischen[4] Anblick. Hohe Pinien, die mit ihren schlanken, königlichen Wuchs und dunkelgrünen, schön geründeten Kronen, jedem Ort, wo sie stehen, ein romantisches[3], feierliches Ansehen geben, verschlossen die Aussicht, bis auf eine kleine Oeffnung, durch welche der Blick auf weite, helle Gegenden fiel, wo dichte Wälder von Fruchtbäumen, mit Saatfeldern vermischt, sich zeigten, wo das hohe Korn im Schatten der Bäume schwankte, und die Weinranken wie Kränze, 〈146〉 von einem Baum zum andern voll Trauben hiengen, und eine immer fortgehende Laube bildeten.
[5] Nicolai, Seb. Nothanker (41799), 330: Indem er so mit großem Eifer seine Seltenheiten herausstrich, erblickte er von ungefähr an des Sebaldus Finger dessen Petschierring, worin ein Anker gegraben war. [...] | „Ei“, rief er aus, „was für eine schöne Antike[3] haben Sie da?“ | Sebaldus versicherte ihn, daß der Ring sehr modern[1] sei und von einem Petschierstecher in einer kleinen Stadt in Thüringen sei gegraben worden.
[6] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 385 f. (386): Es folgt [...] von selbst, daß [...] 〈386〉 [...] die Urbilder aller Dinge, wie sie absolut wahr, auch absolut schön sind, das Verkehrte, Häßliche[1] daher, ebenso wie der Irrthum oder das Falsche, in einer bloßen Privation besteht und nur zur zeitlichen Betrachtung der Dinge gehört. ➢ Volltext
[7] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 187 f.: In einer schönen Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft[1], Pflicht und Neigung harmo〈188〉nieren, und Grazie ist ihr Ausdruck in der Erscheinung. Nur im Dienst einer schönen Seele kann die Natur[12] zugleich Freyheit[13] besitzen und ihre Form bewahren, da sie erstere unter der Herrschaft eines strengen Gemüths, letztere unter der Anarchie der Sinnlichkeit einbüßt. Eine schöne Seele gießt auch über eine Bildung[10], der es an architektonischer Schönheit[1] mangelt, eine unwiderstehliche Grazie aus, und oft sieht man sie selbst über Gebrechen der Natur[12] triumphieren. Alle Bewegungen, die von ihr ausgehen, werden leicht, sanft und dennoch belebt seyn. Heiter[1] und frey wird das Auge strahlen, und Empfindung wird in demselben glänzen. ➢ Volltext
[8] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 218: [Z]u weit und unbestimmt [...] ist die so häufig wiederhohlte Definition: das Schöne sey Einheit in der Mannichfaltigkeit. Dieß scheint überhaupt nur die Beschreibung von einem Ganzen zu seyn, denn ein Ganzes besteht immer aus Theilen, die, in so fern sie von einander unterscheidbar seyn sollen, mannichfaltig seyn müssen. Unläugbar ist es daß dem zu Folge jede mathematische Figur schön seyn müßte, und noch in weit höherem Grade jede Organisation[1], sie möchte unserm Sinne[4] noch so häßlich[1] erscheinen. Ja jeder Begriff[1] wäre schon etwas schönes, weil er unstreitig mannichfaltige Merkmale in eins zusammenfaßt. Und in so fern in unserm Bewußtseyn durch die ganze Mannichfaltigkeit unsrer Vorstellungen die Einheit des Ichs stätig hindurch geht, müßte es selbst schön, und wir könnten dem Schönen eigentlich in keinem Augenblicke unsers Daseyns entgehen.
[9] Chr. F. D. Schubart, Ged. (1776), G, 203: Der Tauschhandel | Der Otaheite: Komm her, du fremder[1] kleiner Mann, | Nimm allen unsern Reichthum an, | Hier Goldsand, Perlen aus der Fluth, | Baumleinwand, Purpurschneckenblut! | Und unsre schönen Weiber hier, | Geschickt, dir liebzukosen. | Doch halt – was gibst du uns dafür? | Der Europäer: Kultur[4]! | Der Otaheite: Was ist das für ein Thier[7]? | Der Europäer: 's sind Pocken und F–
[10] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 363: So hätte ich wohl noch leicht in der schönen klassischen[7] Gegend bleiben können. Dort spielt ein Theil der Aeneide, und nach aller Topographie bezahlten daselbst Lausus und Euryalus ihre jugendliche Unbesonnenheit [...].
[11] Waagen, Kunstw. Erzgeb. (*1839; 1843), 1: Als ich nach einer durch zahlreiche und breitleibige Reisegefährten und unaufhörlichen, sehr dicken Tabacksqualm qualvollen Fahrt am 27ten früh endlich in Dresden aus der Schnellpost stieg, war mir ungefähr zu Muthe wie Schiller's Taucher, wenn er aus dem Meeresabgrunde hervorkommt, und ich empfand recht lebhaft die schönen Worte[2], „und er athmete hoch und er athmete tief und begrüßte das himmlische Licht.“
[12] Wackenroder, an L. Tieck (11.–14. 1. 1793), VL 2, 122: Die Minnesinger sind, so viel ich sie kenne, freil[ich] einförmig. – Die Beobachtungen für die alte[11] Sprache[3], u[nd] ihre Verwandtschaft mit der neuern[9], sind auch oft interressanter[1] als das poetische[4] Verdienst. Aber dies sucht man doch sehr oft nicht vergebl[ich]. Sehn wir uns, so kann ich Dir manches Schöne aus dem Heldenbuche mittheilen, das ich itzt gelesen habe.
[13] Wackenroder, an seine Eltern (1793), VL 2, 176: Berneck liegt am weißen Main, den man hier mehrmals passiren muß: er ist nur flach. Nun kommt man über Wiesen, u[nd] durch sehr schöne, romantische[3], arkadische Thäler, deren Anblick unser Auge nach den rauhen Gegenden vom Fichtelgebirge u[nd] von Berneck [...] sehr angenehm erquickte.
[14] Adelung, Gesch. Cultur (1782), 143 f. (144): Man sage, was man will, das Clima[1] hat auf die Cultur[4] und die Art derselben unläugbare Einflüsse. Unter einem Himmel, wo die siedende Hitze des Clima[1] und der Leidenschaften nur für die entgegen gesetzten Gränzen Thätigkeit hat, und keine Mittelstraße kennet, wo alles entweder Despot oder Sclave ist, wo das andere Geschlecht ganz von dem Umgange mit dem männlichen abgesondert, und bloß zur Befriedigung der gröbsten Sinnlichkeit hinab gewürdiget ist, wo die Fruchtbarkeit des Bodens die natürliche[2] Trägheit begünstiget, wo die Stände im äußern noch so wenig abgesondert sind, daß auch der Herr sich nicht anders ausdruckt, als sein 〈144〉 Sclave, wo Leibesstärke das einige Verdienst ist; da muß man freylich keine feine Empfindungen des Schönen erwarten, zumahl da der brennende Himmel hier wenig sanfte Schönheiten[3] zeuget. Was kann der Egyptier, der Araber, der Bewohner des mittlern Asiens, der Indianer, der Chineser für Begriffe[1] von menschlicher Schönheit[1] haben, er, der täglich keine andern als entweder plumpe Leibesstärke, oder von der Sonne verbrannte, von der Hitze ausgedörrte, und von träger Weichlichkeit entnervte menschliche Körper zu sehen gewohnt ist, und sie nie anders als mit den gierigen Augen des sinnlichsten Genusses betrachtet? Man darf es sich daher nicht befremden lassen, wenn man selbst in den Dichtungen dieser Zeit[3] den Geschmack so sehr vermisset. Ihre Schönheiten[1] rühren nicht von der Wahl und feinen Bearbeitung des Dichters, sondern von den Gegenständen selbst her, und da Homer ohne Unterschied schöne und häßliche[1], angenehme und widerwärtige Gegenstände schildert, so sind auch die erstern mehr ein Werk des Zufalles, als seiner Wahl. ➢ Volltext.
[15] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 613: Geschmack [...]. [...] Das Vermögen, und in engerer Bedeutung die Fertigkeit, das Gute und Schöne oder Häßliche[1] an einer Sache leicht zu entdecken und zu empfinden..
[16] Ahlefeld, Marie Müller (21814 [11799]), 27: Ein Himmel voll Fröhlichkeit stritt sich in ihm mit dem unaufhörlichen Toben unbefriedigter Wünsche, und gab seiner Bildung[10] jenes innig zusammen geschmolzene Gemisch von Wehmuth und Freude, das schöne Menschen doppelt verschönert..
[17] Ahlefeld, Marie Müller (21814 [11799]), 108: Sie waren beide schön, Josephine stolzer, Marie rührender in ihrer Bildung[10]..
[18] A. v. Arnim, Kronenwächt. II (*1812–17), RuE 1, 686: [S]ie hieß Mathilde von Amorbach, war ernst, schön und übergroß, fast einem Manne ähnlich an Bildung[10], aber ihre sanfte, bescheidene Stimme[3] machte sie bald als Weib[1] kenntlich..
[19] A. v. Arnim, Dolores (1810), RuE 1, 282: Arnika mußte bei ihrem Witze[3] und ihrer schönen Stimme[6] mit den Zuschauern reden; Divina, die sehr dumm war, und eine rauhe männliche Stimme[3] in ihrem weichen Munde verschloß, spielte die schöne Stumme [...]..
[20] B. v. Arnim, Briefw. Kind III (1835), 149: So war er, der schöne, blinde Herzog, so ist er noch jetzt in dem Zauberspiegel der Erinnerung, der alle Bilder meiner Kindheit gefesselt hält [...]; so war seine Gestalt oft niedergebeugt im Schmerz um die erblindete Jugend, dann stolz erstreckt, sich aufrichtend, heiter[5] verächtlich ironisch[3] lächelnd, wenn er die tief versunknen Augensterne gegen das Licht wendete..
[21] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 109 f. (110): Was Du thust, erhalte Deine Seele in reiner jugendlicher Liebe zum Großen und Schönen. Auch die Sinne[4] wollen die Befriedigung in der Schönheit[1], sie suchen es in sich und in dem was Einfluß auf sie übt. Du 〈110〉 fühlst Dein Ohr[3] beleidigt, durch eine klanglose raue Stimme[3] die keinen Geist[20] wiederhallt, so Dein Auge lenkt ab von dem was seinem Schönheitsreiz wiederspricht. Oder es forscht nach der tieferen Schönheit[1] des Geistesadel und der Güte, wenn es mit häßlichen[1] Zügen sich bekannt macht. ➢ Volltext.
[22] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 151: Darum hab ich Dich aufgefordert Gedanken, Geschichten[9], Begebenheiten, Fragen, Meinungen etc. nieder zu schreiben, damit Du mir ohne Anstrengung schreiben könnest und Dich nicht dazu erst zu stimmen brauchst [...]. Wie schön sind Deine lezten Briefe[1] 〈151〉 davon erfüllt, wie wahr und warm Deine Reminiscenzen aus den Kinderjahren, wie tief Dein Gedächtniß noch aus Deinem ersten und zweiten Lebensjahr. Liebste Bettine bedenk Dich doch, daß solche Eigenschaften von der Natur[2] als köstlichstes Lebensgeschenk in die Seele geprägt sind, daß es feinste Organisation[8] des Geisteslebens ist so schreiben zu können. ➢ Volltext.
[23] C. Böhmer, an Ch. Michaelis (28. 9. 1787), C 1, 164: [W]ir waren des Abends beym Berghauptmann wiederum in Gesellschaft des exécrablen Holländers. Lotte, Du hast viel gesehn, aber das nicht, solche Insolenz nicht [...]; [...] es ist ein Männlein, [...] ausgetrocknet durch Ausschweifung [...]; er reißt beynah immer mit seiner Frau[3], die griechisch[6?] schön à la Hollandoise ist. Sehr fett ist und pflegmatisch wie sich das versteht, aber sehr viel feine Welt hat [...]..
[24] C. Böhmer, an F. L. W. Meyer (27. 10. 1792), C 1, 275 f. (76): Der Mittelstand wünscht freilich das Joch abzuschütteln – dem Bürger ist nicht wohl, wenn ers nicht auf dem Nacken fühlt. Wie weit hat er noch bis zu dem Grad von Kentniß und Selbstgefühl des geringsten sansculotte draußen im Lager. Der Erwerb 〈276〉 stockt eine Weile, und das ist ihm alles – er regrettirt die sogenannten Herrschaften, so viel darunter sind, die in Concurs stehn und die Handwerker unbezahlt ließen. Aber nur eine Stimme[11] ist über den Priester [sc. Friedrich Karl Joseph von Erthal, Erzbischof von Mainz] – er sieht gewiß sein schönes Mainz nicht wieder, wenn es auch, wies wahrlich sehr zweifelhaft ist, seine Thore dem Nachfolger öffnete..
[25] C. Böhmer, an F. L. W. Meyer (10. 5. 1794), C 1, 337: Wenn Meiners und Du in einem Rath übereinkomt, muß er ja wohl richtig seyn – nur daß Er wohl die Schweiz zu schön, und Du zu schlecht für mich findest. Sey nur ruhig, ich will gewiß nicht hingehn. M– wolten mich nach Riga schicken – sie hatten Entwürfe, die recht sehr paßend scheinen – aber dort würde meine zarte Seele verfrieren. Ich bedarf sehr wenig zu meiner Zufriedenheit, aber ein erträgliches Clima[1] ist dazu und für meine Gesundheit nothwendig..
[26] Börne, Spr. u. Stil (1829), SS 1, 592: Die deutsche Sprache[3] hat – der Himmel sei dafür gepriesen – keinen Stil, sondern alle mögliche Freiheit[1], und dennoch gibt es so wenige deutsche Schriftsteller, die das schöne Recht, jede eigentümliche Denkart auch auf eigentümliche Weise darzustellen, zu ihrem Vorteile benutzten!.
[27] Börne, Brf. Paris II (1832), 140: Vor einigen Tagen wurde bei den Italienern eine neue[1] Oper, Fausto, aufgeführt nach Goethe's Faust bearbeitet. Der Componist ist eine Componistin, Demoiselle Bertin [sc. Louise-Angélique Bertin (1805–1877)], ein junges Frauenzimmer, Tochter des Redakteurs des Journal des Debats. [...] Die Musik[4] ist einigemale nicht langweilig, und wer noch nicht ganz todt ist, erholt sich da wieder. Die schönsten Gedanken kommen der Componistin erst am Schlusse der Oper, wahrscheinlich wegen der weiblichen[1] Postscripten-Natur. Die letzte Scene, Gretchen im Kerker, macht guten Eindruck. Aber es wollte mir nicht aus dem Kopfe, 〈141〉 daß ein Frauenzimmer diese Musik[4] gemacht, und wenn im Orchester Hörner und Pauken mächtig erschallten, mußte ich jedesmal lachen..
[28] Börne, Brf. Paris V (1834), 131: Das Handelsgericht [...] hat im Börsengebäude seinen Sitz [...]. Es ist eines der herrlichsten Gebäude der Welt; das Alterthum[3] kannte kaum ein schöneres [❏]; unter diesem Säulendache sollte Phidias Jupiter thronen und strahlen [...]! Aber drinnen 〈132〉 sitzt Merkur in einem gepolsterten Lehnstuhle, mit gekrümmtem Rücken, den Geldbeutel in der Hand und klingelt. Merkur der alte[8] Wucherer, der Phönizier, der Jude[2], der Mäkler, der Betrüger, der mit falschen Renten würfelt..
[29] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 326: Romantisch[7/4]. Da die meisten Romane[1] die Menschen[1] und Begebenheiten nicht so schildern, wie sie in der Natur[2] und in der wirklichen Welt erscheinen, sondern so, wie sie nach einem ästhetischen oder moralischen Ideale sein sollten, oder wie sie die oft überspannte Phantasie[3] des Dichters sich erträumt; so nennt man romantisch[7/4], im guten und schlimmen Sinne[1], alles, was entweder durch idealische[1] Vollkommenheit, oder durch abenteuerliche[3] Seltsamkeit und Verschrobenheit von dem Gewöhnlichen abweicht. So heißt ein Gesicht romantisch[7], wenn es bei dem sanften Ausdrucke von Unschuld, Zärtlichkeit, Offenheit ein reitzbares Gefühl für Freundschaft, Liebe[1], Menschlichkeit verräth – eine Gegend, eine Lage, wenn ihre erhabnen oder rührenden Schönheiten[1] nicht durch blinde Naturkraft zusammengestellt, sondern nach einem künstlichen Plane zu Erweckung sanfter oder erhabner Empfindungen absichtlich angelegt scheinen – ein Charakter[6], in dem Neigung zum Ungewöhnlichen, Freundschaft, Liebe[1], Patriotismus, hoher Glaube an die Tugend oder Erwartung eines seltsam glücklichen Ausgangs wohlgemeinter Unternehmungen u. s. w. oder auch schlichte Sitteneinfalt, Vernachlässigung des Herkommens, der Mode, der Formalitäten, der Hofsitte in den Handlungen des gemeinen Lebens, vornehmlich aber in der Wahl des Standes, des Gatten, der Freunde hervorstechend sind. Allerdings kann sowohl der Hang zu idealisiren, als die treue Anhänglichkeit an die Natur[2] auf Abwege verleiten, jener kann unter das gewöhnlich Gute herabsinken lassen, welches er zu überfliegen, diese von der Natur[2] entfernen, welcher er anzunähern strebt; allein die 〈327〉 Grundlage des Romantischen[7] ist edel und schön. In der wirklichen Welt, d. h. in der Welt der gemeinen Menschen[1], die durch Eigennutz, Gewohnheit – Vorurtheil regiert wird, verstößt freilich ein romantischer[7] Sinn[5/9] mit jedem Schritte. Flache seelenlose Weltleute, Schlendriansmänner, die da in der Meinung stehen, alles müsse so sein, wie es bisher war und noch ist, glauben daher, einen uneigennützigen Charakter[6], ein edles Streben, sich und die Menschheit[2] zu vervollkommnen, nicht leichter herabwürdigen zu können, als durch den Vorwurf des Romantischen[7]..
[30] Brockhaus, Conv.-Lex. V (1809), 171: Die Schweiz. – Schwerlich darf sich ein anderes Land rühmen, öfterer bereist und beschrieben worden zu sein, als dieses romantisch[3]-schöne Gebirgsland [...]..
[31] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 373: Im obern und westlichen Theil heben sich die Gebirge mit weniger Wildheit, und sind größten Theils mit Viehheerden bedeckt; wie denn überhaupt Viehzucht ihre Hauptnahrung ausmacht. Eben so verschieden sind auch die Bewohner selbst in Sitten und Sprache[4]; im Allgemeinen haben die Walliser Wohlwollen, Sanftheit der Sitten und die Einfalt des ersten Weltalters. In den neuern[3] kriegerischen Zeiten[3] wurde dieses schöne romantische[3/7] Land leider zum Schauplatz des auswärtigen 〈374〉 Bürgerkriegs, da die Einwohner sich in entgegengesetzte Meinungen theilten, und, von Parteigeist hingerissen, selbst den auswärtigen Kriegsheeren den Zugang öffneten..
[32] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 378: Einen herrlich romantischen[13/3] Anblick gewährt diese so interessante[1] Burg; und die schönste Aussicht wird aus Luthers Zelle dem Auge gewährt..
[33] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 411: Wien, diese schöne und berühmte Hauptstadt und seit Max I die Residenz der Beherrscher von Oestreich, in Niederöstreich auf einer kleinen Anhöhe am südlichen Ufer der Donau liegend, hat in ovaler Figur einen Umfang von vierthalb Meilen, in einer lachenden, üppigen, fast romantischen[3], von Flüssen und Bächen durchschnittenen und von herrlichen Bergen begrenzten, gesunden Gegend..
[34] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 374: Gaëta, diese in der neuesten[3] Zeitgeschichte so berühmt gewordene, zu Neapel gehörige Festung hat eine der schönsten Lagen [...]. Ihre Gründung ist früher noch, als die von Rom: nach dem Untergange des römischen Reichs hatte sie eine Zeitlang republikanische Verfassung, und wurde darauf von Herzogen regiert, die 〈374〉 den Papst als Lehnsherrn anerkannten. Sie ist eine der stärksten Festungen von Europa, wozu ihre isolirte Lage sehr viel beiträgt, welche nur von der Seite der schmalen Landenge einen Angriff zuläßt. Ihre Umgebungen sind höchst reizend, und die vielen zierlichen Landhäuser der Vorstadt – schon die Römer hatten deren an dieser fruchtbaren Küste eine große Menge – machen das Ganze äußerst romantisch[3]..
[35] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 431: Die billige und für das Schöne empfängliche Kritik[8] wird stets anerkennen, daß im ganzen Verlaufe der Thätigkeit T.[ieck]'s sich die eigenthümliche Richtung desselben, welche allerdings anfänglich einseitig schroff ausgebildet war, immer mehr zur reinsten, vorurtheilsfreien Poesie[4] herausgebildet hat, und in jener Schroffheit früherer Productionen nur die nothwendige Opposition gegen die Afterpoesie erkennen, während der Dichter in seinen spätern Werken, getragen durch das Gefühl, für ein durch ihn gebildetes Publicum[3] zu wirken, zu der Ruhe und Klarheit gelangt ist, welche seinen Werken den Stempel classischer[3/5] Vollendung aufdrücken..
[36] Bürger, Vorr. Ged. (1789), 34: [...] daß es die gelehrten, geist- und herzreichen, geschmackvollen, beredten Schriftsteller in Prosa[1] und Versen sind, welche dem Verstande Licht, dem Herzen Rechtschaffenheit und Adel[5], der ganzen Empfindsamkeit Stimmung zu den schönsten und edelsten Melodieen, den Sitten Glätte, Geschmeidigkeit und Anmuth, allen Leibes- und Geisteskünsten Vollkommenheit und Schönheit[1] verleihen..
[37] Eichendorff, Marmorbild (1818), 389: In einer großen Einsamkeit lag da altes[1] verfallenes Gemäuer umher, schöne, halb in die Erde versunkene Säulen und künstlich[1] gehauene Steine, alles von einer üppig blühenden Wildniß grünverschlungener Ranken, Hecken und hohen Unkrauts überdeckt..
[38] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 7: Wie glücklich bist Du zu preisen, [...] daß Dir vergönnt ist, [...] die Reise nach Italien nun wirklich anzutreten, die wir in den heitersten[5] Stunden in Heidelberg so oft mit einander besprachen. Das waren schöne Jugendträume!.
[39] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 84: Die Abendsonne warf unter der schwarzen Gewitterwolke einen dunkelrothen Glanz über die ganze Gegend, und in der scharfen Beleuchtung erschien droben plötzlich eine schöne, hohe Mädchengestalt zu Pferde, ein grünsammtenes Jagdkleid umschloß die schlanken Glieder, lange weiße Federn wogten vom Barett über ihre Schultern hinab. Während ihr Pferd ungeduldig den Boden scharrte, betrachtete sie mit großen dunklen Augen die Erstaunten, die unwillkührlich die Unbekannte ehrfurchtsvoll begrüßten. Sie nickte mit dem schwarzgelockten Köpfchen kaum einen flüchtigen Dank, wandte sich dann rasch und war bald in den Abendgluten wieder verschwunden. | Herrlich! riefen mehrere von der Gesellschaft aus. – Bei Gott[1], sagte Lothario die Reiterin mit durchdringenden Blicken verfolgend, die haben gewiß heut wieder einmal ihren romantischen[7] Tag!.
[40] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 99: Weiter zurück [...] standen die zur Musterung heraufbeschiedenen Schauspieler in ihren besten Feierkleidern [...]. Mit ehrerbietiger Neugier blickten sie zuweilen seitwärts durch die offene Thür in die prächtigen Gemächer hinein, aus denen der glatte Fußboden, hohe Spiegel und Statüen zwischen bronzenen Kandelabern geheimnißvoll glänzten. Manches junge Herz aber wünschte sich hundert Meilen von hier, denn unter der Terrasse pfiffen die Vögel lustig in der alten[6] Freiheit[5] und zwischen den Wipfeln blickte die Landschaft so heiter[1] herauf, als rief es: kommt nur wieder hinunter, da draußen ist's doch viel schöner!.
[41] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 146: Nun steckten alle die Nasen in das Heft, und ein jeder fing an, nach seiner Art daran zu mäkeln. Der Dialog war zu phantastisch[3], er sollte noch einmal überarbeitet, herabgestimmt und natürlicher[6] gemacht werden. Der Held dagegen erschien allen zu einfach, die Dame gar zu verliebt. – Da hielt sich Otto nicht länger, diese Mädchengestalt war ihm gerade die schönste, er hatte sich, wie es jungen Dichtern wohl begegnet, nach und nach im Schreiben selber in sie verliebt..
[42] Fichte, Red. Dt. Nat. (1808), 335: Nachdem dieser Punct [sc. goldenes Zeitalter] erreicht ist, kann das Volk[1] nicht mehr, denn entweder seine gelungensten Meisterstücke verändert wiederholen, also, dass sie aussähen, als ob sie etwas Neues[1] seyen, da sie doch nur das wohlbekannte Alte[1] sind; oder, wenn sie durchaus neu[1] seyn wollen, zum Unpassenden und Unschicklichen ihre Zuflucht nehmen, und ebenso in der Dichtkunst das Hässliche[1] mit dem Schönen zusammenmischen, und sich auf die Carricatur und das Humoristische legen, wie sie in der Prosa[2] genöthigt sind, die Begriffe[1] zu verwirren und Laster und Tugend mit einander zu vermengen, wenn sie in neuen[1] Weisen reden wollen..
[43] M. Forkel, Maria I (1784), 306: Es befanden sich ein kleiner Knabe und zwey Mädchen von sechs und acht Jahren im Zimmer. Das älteste[3] Mädchen war schön, aber schon ganz eines von den Gesichtern, die stets bemüht zu seyn scheinen, es selbst zu sagen. Das jüngste war von den Pocken verdorben worden, hatte aber doch eine gute offne Miene. Ich bemerkte dieses letzte gegen die Mutter. | 〈307〉 „Ach! sprach sie, was thue ich mit der offnen Miene, da das Mädchen so häßlich[1] ist wie eine Fratze? Sie glauben gar nicht, was ich für Aerger von ihr habe. Keinen Augenblick kann sie auf einer Stelle sitzen. Ruckst du schon wieder auf deinem Stuhl, du garstiges Thier[7]! Du möchtest wohl gern den ganzen Tag auf der Straße liegen, wie die Bauernkinder, und du hättest doch gewiß nicht nöthig, den Leuten dein Fratzengesicht zu zeigen. Ehe ich michs versehe, entwischt das alberne Mensch[3] vor die Straßenthür, und spricht mit den gemeinen Kindern. Habe ich dir es nicht so oft verboten, du solltest dich nicht mit dem schlechten gemeinen Volk[5] abgeben? [...]“.
[44] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 203 f. (204): Dem Schiffe gerade gegen über öfnete sich, zwischen den Bergen, ein enges wohlbebauetes Thal, das voller Wohnungen und auf beyden Seiten mit Waldbedeckten Hügeln eingefaßt war, die längst der ganzen weiten Strecke desselben in mannigfaltig[1] gebrochnen Linien hinauf liefen und sich in verschiednen 〈204〉 Farben und Entfernungen zeigten. Ueber diese und das Thal hinaus, ragten aus dem Innern des Landes, mancherley romantisch[3/4]-geformte, steile Berg-Gipfel hervor, davon besonders der eine auf eine mahlerisch[4]-schöne, aber fürchterliche Weise überhieng und gleichsam den Einsturz drohte. Der Himmel war heiter[1] und die Luft erquickend warm; kurz, alles flößte uns neues[2] Leben und neuen[2] Muth ein..
[45] G. Forster, Reise u. d. Welt II (1780), 66: Ohngefähr eine Meile weiter hin, bestand der gegen Osten liegende Berg, auf eine Höhe von wenigstens vierzig Fuß, aus einer senkrechten Felsen-Wand. Oberhalb dieser Felsen-Masse ward er wiederum abhängig, und war von da aus, bis weit hinauf, mit Gebüsch bewachsen. Eine schöne Cascade stürzte sich vom Gipfel, längst der Felsenwand in den Fluß herab, und belebte diese sonst schauervolle, finstere und romantisch[3]-wilde Aussicht..
[46] G. Forster, Reise u. d. Welt II (1780), 115: Auf diesem Spatziergange entdeckten wir unter andern ein recht romantisches[3] Thal; es war mit dicker Waldung umgeben, und ward von einem schönen Bach durchschlängelt, der sich von jener Seite, aus hohen Berggegenden her über gebrochne Felsen-Massen in stuffenförmigen Cascaden herabstürzte..
[47] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101: Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen, sich nährte von den Rhapsodien des Dichters[1] und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist[19] sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes[1] Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[48] C. de la Motte Fouqué, Fr. d. Falkenst. II (1810), 45: Mein Knab' war schön wie die Engel sind, er verstand die Sprache[2] der Thiere[1] und jeden Laut in der Natur[2]..
[49] Goethe, an Ch. v. Stein (4. 11. 1779), WA IV, 4, 126: Wir sahen einen schönen Wasserfall auf Staubbachsart, er war weder sehr hoch noch sehr reich, doch weil die Felsen um ihn, wie eine runde Niche bilden, in der er herab stürzt und weil die Kalchschichten an ihm, in sich selbst umgeschlagen, neue[1] und ungewohnte Formen bilden, sehr interessant[1]..
[50] Goethe, Egmont (1788), WA I, 8, 266: Freiheit[8]? Ein schönes Wort[1], wer's recht verstände. Was wollen sie für Freiheit[8]? Was ist des Freiesten Freiheit[8]? – Recht zu thun!.
[51] Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 130: So haben die Dichter[1] in Zeiten[3] gelebt, wo das Ehrwürdige mehr erkannt ward, rief Wilhelm aus, und so sollten sie immer leben. Genugsam in ihrem Innersten ausgestattet bedurften sie wenig von außen; die Gabe, schöne Empfindungen, herrliche Bilder den Menschen[1] in süßen, sich an jeden Gegenstand anschmiegenden Worten[2] und Melodien mitzutheilen, bezauberte von jeher die Welt, und war für den Begabten ein reichliches Erbtheil. An der Könige Höfen, an den Tischen der Reichen, vor den Thüren der Verliebten horchte man auf sie, indem sich das Ohr[3] und die Seele für alles andere verschloß, wie man sich selig preis't und entzückt stille steht, wenn aus den Gebüschen, durch die man wandelt, die Stimme[3] der Nachtigall gewaltig rührend hervordringt!.
[52] Goethe, an Schiller (17. 8. 1796), WA IV, 11, 163: Wenn es möglich ist daß die Deutschen begreifen, daß man ein guter tüchtiger Kerl seyn kann, ohne gerade ein Philister und ein Matz zu seyn, so müssen Ihre schönen Sprüche das gute Werk vollbringen, indem die große Verhältnisse der menschlichen Natur[1] mit so viel Adel[5], Freyheit[14] und Kühnheit dargestellt sind..
[53] Goethe, Gut. Weib. (1801), WA I, 18, 280: Phantasie[2] und Witz[2] finden mehr ihre Rechnung, sich mit dem Häßlichen[1] zu beschäftigen als mit dem Schönen. Aus dem Häßlichen[1] läßt sich viel machen, aus dem Schönen nichts..
[54] Goethe, Wahlverw. (1809), WA I, 20, 17: Wenn Luciane [...] durch Freiheit[13] des Betragens, Anmuth im Tanze, schickliche Bequemlichkeit des Gesprächs sich vor allen auszeichnet, [...]; wenn die Vorsteherin dieser Anstalt sie als eine kleine Gottheit ansieht [...]; wenn die ersten Seiten ihrer [...] Monatsberichte immer nur Hymnen sind über die Vortrefflichkeit eines solchen Kindes [...]: so ist dagegen, was sie schließlich von Ottilien erwähnt, nur immer Entschuldigung auf Entschuldigung, daß ein übrigens so schön heranwachsendes Mädchen sich nicht entwickeln, keine Fähigkeiten und keine Fertigkeiten zeigen wolle..
[55] Goethe, an H. K. A. Eichstädt (30. 9. 1827), WA IV, 43, 94: Sonst ist noch manches Gute zu Genuß und Besitz gekommen. Herr v. Reutern hat eine schöne kräftige Waldzeichnung zurückgelassen, ein merkwürdiges Bild von Carus drückt die ganze Romantik[2] dem bewundernden Blick aus; so wie jener Hercules und Telephus vollkommen das Classische[5]. Eine Durchzeichnung, 〈95〉 Telephus mit der Ziege, in wirklicher Größe, hat mir der freundliche, freundlich empfangene Zahn zurückgelassen. Auch diese einzelne Gruppe stellt das ganze Alterthum[3] dar..
[56] Görres, Tt. Volksb. (1807), 290 f. (291): Es war wohl allerdings eine herrliche Zeit[5], diese Griechische[2], gerade deswegen weil sie Alles hatte, was uns nach und nach hingeschwunden ist: Lebensmark, und Trotz und freie Besonnenheit im raschen Thun und Treiben: sie mußte Treffliches wohl bilden, und das Trefflichste im engsten Kreise concentrirt mußte classisch[3/5/6] werden. Diese Concentrirung war nicht in der neuen[5] Zeit[5], dagegen trat das Unendliche ein in sie, und mit dem Uebergang in's Geisterreich konnte nun physische Geschlossenheit nicht mehr bestehen; im Uebersinnlichen sind nicht begränzte, scharf geschnittne Crystalle, aber es ist unendliche Crystallisirbarkeit, ein schwebend[5] Formenreich, das nur mehr Magnet bedarf, um anzuschießen in die einzelne besondere Gestalt. So war die Aufgabe der neuen[5] Zeit[5] eine Unendliche, ihr könnt von einem endlichen Zeitraum nicht fodern, daß er das ganze Problem nett und rein auf einmal euch löse. Das Mittelalter hat kein rein classisches[3/5/6] Werk hervorgebracht, aber 〈291〉 es hat die Schulschranken der alten[10] sinnlichen Classicität durchbrochen, und eine Andere, Höhere begründet, an der alle Zeiten[5] zu bauen haben, weil in keiner einzeln die Quadratur des Zirkels gefunden werden kann. Den herrlichen Torso der Kunst[11] hat die alte[10] griechische[2] Zeit[5] gebildet; aber blind war wie die alte[10] Plastik die treffliche Gestalt, das tiefe, schwärmerisch versunkene Auge hat erst die Romantik[8] ihm gegeben, und die nordische Schaam hat freilich dafür den schönen Körper in die Drapperie des Gewands verhüllt, das symbolisch nur die Formen der Gliedmaßen anzudeuten hat..
[57] Grosse, Genius II (1792), 98 f. (99): Er hatte auf 〈99〉 großen und anhaltenden Reisen das Gute und Schöne fast aller Nationen[1] gesammelt, um es in sich zu vereinigen: er sprach viele ihrer Sprachen[3] vollkommen, und verstand das Angenehme und Allgemeine noch mehrerer ihrer Wissenschaften[2]. Ganz Beobachter, ganz Gelehrter, ganz Hofmann, konnte er verbergen und zeigen, was er nur wollte..
[58] Hegel, Wiss. d. Log. II (1816), 168: Wenn z. B. aus dem Medius Terminus: Grün, geschlossen werden sollte, daß ein Gemählde angenehm sey, weil das Grün dem Auge angenehm ist, oder ein Gedicht, ein Gebäude u. s. f. schön sey, weil es Regelmässigkeit besitze, so könnte das Gemählde, u. s. f. dessenungeachtet häßlich[1] seyn um anderer Bestimmungen willen, aus denen auf diß letztere Prädicat geschlossen werden könnte..
[59] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 160: Betrachten wir das Lebendige zunächst in seinem praktischen sich Hervorbringen und Erhalten, so ist das Erste, was in die Augen fällt, die willkürliche Bewegung. Diese als Bewegung überhaupt angesehen ist nichts als die ganz abstrakte Freiheit[3] der zeitlichen Ortsverändrung, in welcher sich das Thier[1] als durchaus willkürlich und seine Bewegung als zufällig erweist. Die Musik, der Tanz dagegen haben zwar auch Bewegung in sich; diese jedoch ist nicht nur zufällig und willkürlich, sondern in sich selbst gesetzmäßig, bestimmt, konkret und maaßvoll, wenn wir auch noch ganz von der Bedeutung, deren schöner Ausdruck sie ist, abstrahiren. Sehn wir die thierische Bewegung ferner als Realisirung eines innern Zwecks an, so ist auch dieser als ein erregter Trieb selber durchaus zufällig und ein ganz beschränkter Zweck. Schreiten wir aber weiter vor und 〈161〉 beurtheilen die Bewegung als zweckmäßiges Thun und Zusammenwirkung aller Theile, so geht solche Betrachtungsweise nur aus der Thätigkeit unsres Verstandes hervor. – Derselbe Fall tritt ein, wenn wir darauf reflektiren, wie das Thier[1] seine Bedürfnisse befriedigt, sich ernährt, wie es die Speise ergreift, verzehrt, verdaut und überhaupt alles vollbringt, was zu seiner Selbsterhaltung nothwendig ist. Denn auch hier haben wir entweder nur den äußeren Anblick einzelner Begierden und deren willkürlichen und zufälligen Befriedigungen, – wobei noch dazu die innere Thätigkeit des Organismus[3] nicht einmal zur Anschauung kommt; – oder alle diese Thätigkeiten, und ihre Aeußerungsweisen werden Gegenstand des Verstandes, der das Zweckmäßige darin, das Zusammenstimmen der thierischen inneren Zwecke und der dieselben realisirenden Organe[2] zu verstehen sich bemüht. ➢ Volltext.
[60] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 204: Selbst in der italienischen ernst religiösen Musik durchdringt diese Lust und Verklärung des Schmerzes den Ausdruck der Klage. Dieser Ausdruck ist im Romantischen[12] überhaupt das Lächeln durch Thränen. Die Thräne gehört dem Schmerz, das Lächeln der Heiterkeit[3], und so bezeichnet das Lächeln im Weinen dieß Beruhigtseyn in sich bei Qual und Leiden. Allerdings darf das Lächeln dann keine bloß sentimentale[1] Rührung, keine Eitelkeit des Subjekts und Schönthuerei mit sich über Miserabilitäten seyn und über seine kleinen subjektiven Empfindungen dabei, sondern muß als die Fassung und Freiheit[10] des Schönen allem Schmerze zum Trotz erscheinen, wie von der Ximene in den Romanzen vom Cid gesagt wird: wie war sie in Thränen schön. Die Haltungslosigkeit des Menschen dagegen ist entweder häßlich[1] und widrig oder lächerlich. ➢ Volltext.
[61] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 206: Die bildliche und äußerliche Seite nun, welche dem Ideal ebenso nothwendig ist als der in sich gediegene Inhalt, und die Art der Durchdringung beider führt uns auf das Verhältniß der idealen Darstellung der Kunst[10] zur Natur[20]. [...] In dieser Beziehung ist der alte[1] immerfort sich erneuernde Zwist, ob die Kunst[10] natürlich[6] im Sinne[1] des Vorhandenen Aeußeren darstellen, oder die Naturerscheinungen verherrlichen und verklären solle, noch nicht beigelegt. Recht der Natur[20] und Recht des Schönen, Ideal und Naturwahrheit – in solchen zunächst unbestimmten Wörtern[1] kann man ohne Aufhören gegeneinanderreden. Denn das Kunstwerk[2] soll allerdings natürlich[6] seyn, aber es giebt auch eine gemeine, häßliche[1] Natur[20], diese soll nun wiederum nicht nachgebildet werden, andrer Seits aber – und so geht es ohne Ende und festes Resultat fort. ➢ Volltext.
[62] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 11 f. (12): Durch das Auge sieht man 〈12〉 dem Menschen in die Seele, wie durch seine ganze Bildung[10] überhaupt sein geistiger Charakter[2] ausgedrückt wird. Wenn deshalb die Leiblichkeit dem Geist[19] als sein Daseyn zugehört, so ist auch der Geist[19] das dem Leibe angehörige Innere und keine der äußeren Gestalt fremdartige Innerlichkeit, so daß die Materialität nicht noch eine andere Bedeutung in sich hat oder darauf hindeutet. Zwar trägt die menschliche Gestalt viel von dem allgemeinen animalischen Typus an sich, aber der ganze Unterschied des menschlichen Körpers vom thierischen besteht nur darin, daß der menschliche sich seiner ganzen Bildung[10] nach als der Wohnsitz, und zwar als das einzig mögliche Naturdaseyn des Geistes[19] erweist. Deshalb ist auch der Geist[19] nur im Leibe für Andere unmittelbar vorhanden. – Die Nothwendigkeit dieses Zusammenhangs und das specielle Entsprechen von Seele und Leib anzugeben, ist hier jedoch nicht der Ort; wir müssen diese Nothwendigkeit hier voraussetzen. Nun giebt es allerdings Todtes, Häßliches[1], d. h. von anderen Einflüssen und Abhängigkeiten Bestimmtes an der menschlichen Gestalt; ist dieß der Fall, so ist es eben die Sache der Kunst[18], den Unterschied des bloß Natürlichen[8] und des Geistigen auszulöschen, und die äußere Leiblichkeit zur schönen, durch und durch gebildeten, beseelten und geistig-lebendigen Gestalt zu machen. ➢ Volltext.
[63] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 14: Die klassische[3/7] Kunst[10] und ihre schöne Religion[1] befriedigt [...] nicht die Tiefen des Geistes[19]; wie konkret sie auch in sich selber ist, bleibt sie doch für ihn noch abstrakt, weil sie, statt der Bewegung und aus der Entgegensetzung erworbenen Versöhnung jener unendlichen Subjektivität, nur die ungetrübte Harmonie 〈15〉 der bestimmten freien Individualität in ihrem adäquaten Daseyn, diese Ruhe in ihrer Realität, dieses Glück, diese Befriedigung und Größe in sich selbst, diese ewige Heiterkeit[3] und Seligkeit zu ihrem Elemente hat, die selbst im Unglück und Schmerz das sichere Beruhen auf sich nicht verliert. Die klassische[3/7] Kunst[10] hat in den Gegensatz, der im Absoluten begründet ist, nicht bis zur Tiefe hineingearbeitet und ihn ausgesöhnt. Dadurch kennt sie nun aber auch nicht die Seite, welche mit diesem Gegensatze in Beziehung steht, die Verhärtung des Subjekts in sich als abstrakte Persönlichkeit gegen das Sittliche und Absolute, die Sünde und das Böse, so wie das Verlaufen der subjektiven Innerlichkeit in sich, die Zerrissenheit, Haltlosigkeit, überhaupt den ganzen Kreis der Entzweiungen, welche innerhalb ihrer das Unschöne, Häßliche[1], Widrige nach der sinnlichen und geistigen Seite hin hereinbringen. Die klassische[3/7] Kunst[10] überschreitet den reinen Boden des ächten Ideals nicht. ➢ Volltext.
[64] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[65] Heine, Romant. Schule (1836), 302: Ich ließ mich aber nicht stören von solchen Neckereyen der Wasserfrauen, selbst wenn sie bey den schönsten Stellen in Uhlands Gedichten ironisch[1] 〈303〉 kicherten. ➢ Volltext.
[66] Herder, N. Dt. Litt. II (1767), 207: Ein Theil unsrer besten Gedichte ist halb Morgenländisch[2]: ihr Muster ist die schöne Natur[1] des Orients[1]: sie borgen den Morgenländern Sitten und Geschmack ab – und so werden sie Originale. Wenn nicht neue[1]; so liefern sie doch wenigstens fremde[4] Bilder, Gesinnungen und Erdichtungen..
[67] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 80 f.: [J]eder klassische[8] Schönden〈81〉ker, der die Policirung unsres Jahrhunderts fürs non plus ultra der Menschheit[1] hält, hat Gelegenheit, ganze Jahrhunderte auf Barbarei, elendes Staatsrecht, Aberglauben und Dummheit, Mangel der Sitten und Abgeschmacktheit [...] zu schmälen und über das Licht unsres Jahrhunderts, das ist, über seinen Leichtsinn und Ausgelassenheit, über seine Wärme in Ideen und Kälte in Handlungen[1], über seine scheinbare Stärke und Freyheit[14/10] und über seine würkliche Todesschwäche und Ermattung unter Unglauben, Despotismus und Üppigkeit zu lobjauchzen..
[68] Herder, Plastik (1778), 54: Im Gemählde ist keine einzelne Person Alles: sind sie nun alle gleich schön, so ist keine mehr schön. Es wird ein mattes Einerley langschenklichter, geradnäsiger, sogenannter Griechischen[4/6] Figuren, 〈55〉 die alle dastehn und paradiren, an der Handlung[3] so wenig Antheil nehmen als möglich, und uns in wenigen Tagen und Stunden so leer sind, daß man in Jahren keine Larven der Art sehen mag. [...] Und nun, wenn diese Lüge von Schönheit[1] sogleich der ganzen Vorstellung, der Geschichte[10], dem Charakter[4] der Handlung[3] Hohn spricht, und diese jene offenbar als Lüge zeihet? Da wird ein Mißton, ein Unleidliches vom Ganzen im Gemählde, das zwar der Antikennarr nicht gewahr wird, aber der Freund der Antike[4] um so weher fühlet. Und endlich wird uns ja ganz unsre Zeit[4], die fruchtbarsten Sujets der Geschichte[3], die lebendigsten Charaktere[5], alles Gefühl von einzelner Wahrheit und Bestimmtheit hinwegantikisiret..
[69] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 302: Die Nationen[1] blühen auf und ab; in eine abgeblühete Nation[1] kommt keine junge, geschweige eine schönere Blüthe wieder. Die Cultur[4] rückt fort, sie wird aber damit nicht vollkommener; am neuen[1] Ort werden neue[1] Fähigkeiten entwickelt; die alten[6] des alten[6] Orts gingen unwiederbringlich unter. Waren die Römer weiser und glücklicher, als es die Griechen waren? Und sind wirs mehr als beide?.
[70] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 321: Selbst unsre kurze Geschichte[7] beweiset es daher schon klar, daß mit der wachsenden wahren Aufklärung der Völker[1] die menschenfeindlichen, sinnlosen Zerstörungen derselben sich glücklich vermindert haben. Seit Roms Untergange ist in Europa kein cultiviertes Reich mehr entstanden, das seine ganze Einrichtung auf Kriege und Eroberungen gebauet hätte; denn die verheerenden Nationen[1] der mittleren Zeiten[3] waren rohe, wilde Völker[1]. Je mehr aber auch sie Cultur[4] empfingen und ihr Eigenthum liebgewinnen lernten, desto mehr drang sich ihnen unvermerkt, ja oft wider ihren Willen, der schönere, ruhige Geist[14] des Kunstfleißes, des Ackerbaues, des Handels und der Wissenschaft[1] auf. Man lernte nutzen ohne zu vernichten, weil das Vernichtete sich 〈322〉 nicht mehr nutzen läßt, und so ward mit der Zeit[1], gleichsam durch die Natur[1] der Sache selbst, ein friedliches Gleichgewicht zwischen den Völkern[1], weil nach Jahrhunderten wilder Befehdung es endlich alle einsehen lernten, daß der Zweck, den Jeder wünschte, sich nicht anders erreichen ließe, als daß sie gemeinschaftlich dazu beitrügen. .
[71] Herder, Bef. d. Hum. IV (1794), 75 f. (76): [A]ls in den mittleren Zeiten[3] die Poesie[1] wieder auflebte, erinnerte sie sich bald ihres ehemaligen wahren Geburtslandes unter Pflanzen[1] und Blumen. Die 〈76〉 Provenzal- und Romantischen[12] Dichter liebten dergleichen Beschreibungen; bei Spenser z. B. sind es noch immer anmuthige Stanzen, die uns schöne Wüsteneien samt ihren Gewächsen und Blumen schildern. .
[72] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 97: Schön und muthig, ja verwegen und tollkühn im Kampfe sind die Männer im Norden von Afrika noch, wie vor 500 Jahren; wie [...] die Araber oder Sarazenen es jemals gewesen; aber die Poesie[20] ist aus ihrem 〈98〉 Leben gewichen, seitdem sie dem edlen Weibe die Freiheit[6] genommen, die ritterliche Galanterie verschwunden, seitdem sie das idealere[2] Geschlecht sich untergeordnet haben..
[73] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237 f. (238): Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte[1] antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[11] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[11] der Neuen[5] zur modernen[1] oder romantischen[12] Kunst[11]. Die antike[2] Kunst[11] (eigentlich nur die griechische[2] zu nennen) ist leichter zu beurtheilen, als in ihrem Stile zu schaffen. Ideale Ruhe, göttlicher Adel[5] in der Form und kühne Einfachheit sind die Kennzeichen, das Wesen der Antike[4]. Woher aber jene himmlische Ruhe, jene unnachahmliche Grazie, jene Abgeschlossenheit (Plastik) in der Antike[4]? – Griechenland war von Poesie[14] durchdrungen, nämlich von einer Phantasie[3], die ihre Ideale im Leben selbst vorfand, und dieselben in Formen bringen konnte, die wirklich vorhanden waren; die Kunst[11] besteht aber nur in dieser Verschmelzung des Ideals mit der Wirklichkeit, diese Erhebung des Irdischen zum übersinnlichen Genusse. Und wenn ein poetischer[1] Mensch derjenige ist, welcher bei Beschauung irdischer Gegenstände diesen sogleich ihre himmlische Beziehung in schöner Form anweist, so waren die Griechen eine poetische[1] Nation[1], und die Kunst[4] lag ihnen nahe. Das Schöne setzten sie über Alles, weil sie selbst schön waren; sie vergötterten schöne Menschen nach dem Tode; ihre Lebensaufgabe war Genuß des Schönen..
[74] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 326: Von den fünf Hauptgattungen des Menschengeschlechts findet man in Asien vier: die kaukasische, die mogolische, malayische und äthiopische: die kaukasischen Völker[12] (zu welchen Tataren, Türken, Cirkassier, Kurden, Syrier, Juden[1], Armenier, Araber, Parsen, Perser etc. gehören) sind schön, haben edle Gesichtsbildung, schlanken Körperbau, kraftvolle Glieder, große, seelenvolle Augen, hohe Stirnen, schöne Braunen, edel gebogene Nasen, mittelmäßige Lippen, stolze Haltung..
[75] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 50: In jener schönern Zeit[3], wo noch die ganze Natur[2] dem Menschen[1] näher stand, wo jeder Baum, jede Blume lebte und selbst das zutraulichere Thier[1] den Menschen[1] mit sprechenden Augen ansah, in den Tagen, wo der Mensch[1] noch ein harmloses Kind war, und unbefangen mit den ihn umgebenden Gegenständen spielte, in jener Zeit[3] einer einfachen unschuldigen Sinnlichkeit entstand die Fabel. .
[76] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 341: Gefühl (Aesthetik), ist die Fähigkeit der Seele (Gefühlsvermögen), die durch die äußeren Sinne[4] empfangenen Eindrücke sich als gut oder nicht gut, als schön oder nicht schön zu denken. 〈342〉 Ohne Denken findet kein Fühlen Statt; Gefühl lebt nur durch die Vernunft[6], d. i. durch das Erkenntnißvermögen. Das Thier[1] empfindet nur. So bewußtlos auch das Gefühl sich in uns anzukünden scheint, so unabhängig es vom Geiste[22] wirkt, so innig verbunden ist es doch mit dem höheren Denken (nicht mit dem Verstande[1], als dem niederen Erkenntnißvermögen), nämlich mit der Vernunft[1]. Das Gefühl ist die Sprache[2] der Seele, die Gesammtheit der inneren Sinne[4], die durch die äußeren in Thätigkeit versetzt werden, und durch welche der Wille angeregt wird..
[77] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VI (1836), 22: Nirgends lebt der Jude[1] in einem traurigern Zustande als im Lande seiner Väter, – in Palästina. Die eigenthümliche Physiognomie ist ihnen Allen geblieben. Sie ist charakteristisch[1] schön und hält die Mitte zwischen der kaukasischen und griechischen[6] Gesichtsbildung; durch die Beförderung früher Ehen erhält sich die seltene Reinheit ihres Stammes. Trotz ihrer Zersplitterung, trotz der Zerstreuung in alle Welt haben sie viele charakteristische[1] Züge ihrer frühern Nationalität behalten. Alle Verfolgungen vermochten nicht ihren Stolz, ihren Muth, ihre geistige Spannkraft zu vernichten..
[78] Hirschfeld, Gartenkunst I (1779), 125: Es kann Gärten geben, sagte Temple, die nichts von Regelmäßigkeit haben, und dennoch angenehmer und schöner ausfallen; dazu wird eine vortheilhafte Lage und sodann Kunst[8] und Fleiß erfordert, um das Unregelmäßige so zu bearbeiten, daß es eine Gestalt erhält, die immer sehr angenehm ist. Er verwarf dabey die nackten Mauern, womit eine alte[1] Gewohnheit die Gärten einsperrte; sie müßten, um die häßliche[1] Wirkung zu verlieren, bekleidet werden. ➢ Volltext.
[79] Hirschfeld, Gartenkunst I (1779), 173: Vornehmlich sind es die Geschlechter[7] der Thiere[1], womit die Natur[2] ihre schönen Landschaften belebt; der Gartenkünstler versäume nicht, ihr darin nachzufolgen. ➢ Volltext.
[80] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 109: Der Gang [...] ist längst dem Flusse aus dem Felsen gehauen. Diese Felsen stellen einen romantisch[3] schönen Anblick dar; die Klüfte sind mit hohen Eichen und andern Bäumen bewachsen, und drohen über den Kopf des Vorbeygehenden herabzufallen. Salvator Rosa kann die wilde Natur[2] nicht schöner malen. Der Fluß trägt viel zur Verschönerung dieses Auftrittes bey; er rauscht über Felsen und Steine weg, und vermehrt die Wildniß dieser Gegend. ➢ Volltext.
[81] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 110: Craighall, ein Landhaus, zwey Meilen nordwärts von Blairgowrie in Schottland, hat eine unbeschreibliche romantische[3] Lage. Es liegt mitten in einem tiefen Thale, das überall mit unabsehlichen traurigen Heiden umgeben ist, auf denen man noch eine Menge Grabhügel antrifft. Das Haus selbst steht auf dem Rande eines Abhanges, unter welchem der tiefe Fluß Erecht finster vorbey rauscht. Es hat gegen Norden etwa eine halbe Meile weit die schönste und zugleich die fürchterlichste Aussicht, die sich denken läßt. Etwa eine Meile davon wird der Fluß, der bis dahin zwischen allmälig abfallenden Ufern, die überall mit mannigfaltigen[1] Bäumen bedeckt sind, ruhig fortfloß, durch ungeheure Felsen, zwischen deren Spalten moosichte Eichen hervorwachsen, und ihre Zweige über den Fluß mit einander vereinigen, in einen engen Kanal eingeschränkt. Der Strom, der hier völlig unsichtbar ist, macht ein fürchterliches Geräusch, welches durch den Wiederhall der Höhlen auf beyden Seiten noch schrecklicher wird. Endlich wird der Fluß in seinem Laufe durch ein hohes Vorgebirge, Lady Lindsays Schloß, von einer Dame, die in einer Kluft darauf gewohnt haben soll, genannt, unterbrochen. Nach verschiedenen andern Krümmungen nimmt er seinen Lauf gerade auf Craighall zu [...]. ➢ Volltext.
[82] Hirschfeld, Gartenkunst V (1785), 276 f.: Landhaus in einer romantischen[3/4] Lage. || Das Landhaus von Menzies, das dem Ritter Robert Menzies gehört, liegt überaus romantisch[3/4] auf der mitternächtlichen Seite von Strathe-Tay in Schottland. Die Wälder, die sich so kühn aufthürmen, und die grauen Felsen, die zwischen ihnen hängen, machen einen sehr interessanten[1] Contrast gegen das reizende Thal, worinn sich der Fluß zwischen schönen Baumgruppen umherwindet. Auf einer Höhe erblickt man die Ueberbleibsel einer Einsiedeley, die auf zwey Seiten von Felsmassen und auf den beyden übrigen von Mauerwerk gebildet war, und vor einigen Jahrhunderten dem Haupt einer Familie, der aus Ekel die Welt und in ihr 〈277〉 seine Güter verließ, zum Aufenthalt diente. In dem Thal gränzen schöne Spaziergänge an tiefe und dicke Gehölze; und ihre Dunkelheit erheitert eine Menge lieblicher Wasserfälle, die von den nackten Felsen herabspielen. Indessen tobt zuweilen, neben einem friedfertigen in seinem heitern[1] Grün lächelnden Grasplatz, ein wilder Wassersturz in der Tiefe.
➢ Volltext ❏ .
[83] Hoffmann, Gold. Topf (1815), PW 1, 309: Veronika überließ sich ganz, wie junge Mädchen wohl pflegen, den süßen Träumen von einer heitern[5] Zukunft. Sie war Frau Hofrätin, bewohnte ein schönes Logis in der Schloßgasse oder auf dem Neumarkt oder auf der Moritzstraße – der moderne[7] Hut, der neue[7] türkische Shawl stand ihr vortrefflich – sie frühstückte im eleganten Negligé im Erker, der Köchin die nötigen Befehle für den Tag erteilend..
[84] Hoffmann, Autom. (1819), 189: In der herrlichsten jovialsten Gemüthsstimmung kamen wir nach D., wo wir der schönen Gegenden wegen einige Tage verweilen wollten..
[85] Hölderlin, Fragm. Hyp. (1793 [1794]), 213: So müssen, fuhr [...] der Tiniote fort, die Ahndungen der Kindheit dahin, um als Wahrheit wieder aufzustehen im Geiste[19] des Mannes. So verblühen die schönen jugendlichen Myrthen der Vorwelt, die Dichtungen Homers und seiner Zeiten[5], die Prophezeiungen und Offenbarungen, aber der Keim, der in ihnen lag, gehet als reife Frucht hervor im Herbste. Die Einfalt und Unschuld der er〈214〉sten Zeit[5] erstirbt, daß sie wiederkehre in der vollendeten Bildung[5], und der heilige Friede des Paradieses gehet unter, daß, was nur Gabe der Natur[13] war, wiederaufblühe, als errungnes Eigenthum der Menschheit[2]..
[86] Th. Huber, Holland (1811), 190 f. (191): Meiner bekannten Liebhaberei gemäß, suchte ich an einem andern Tage die wilden Thiere[1] auf, welche hier auf königliche Kosten, jetzt in der Nähe 〈191〉 des botanischen Gartens, gehalten werden. [...] Da sie eine hohe helle Gallerie bewohnten, und aus vielen hohen, großen sonnigen Fenstern die Aussicht auf den botanischen Garten hatten, flößten sie mir etwas weniger Wehmuth ein, wie ihre Jammergenossen, die man uns in dunkeln Käfigen vorzeigt. Uebrigens ist nicht viel Mannigfaltiges da. Eine schöne Frau Löwin, die erst vor einem Jahre Wittwe ward, und sehr friedlich mit einem Hunde mittlerer Größe in einem Bauer lebt – den rührenden Roman wie das feindselige Thier[1] zu diesem umgänglichen Humor[1] kam, erfuhr ich nicht. Denkt es euch so interessant[1] als ihr könnt. ➢ Volltext.
[87] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 144: Die Indianer wurden in Stämme von mehreren hundert Familien abgesondert, und erhielten Herren, die von Spanien aus [...] ernannt wurden. Viele und die schönsten Encomiendas erhielten die Mönche, und die Religion[7], die nach ihren Grundsätzen die Freiheit[6] begünstigen sollte, erniedrigte sich durch diese Benutzung der Volks-Sclaverei..
[88] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 167 f. (168): Keine von allen Städten des neuen[3] Continents, selbst die der vereinigten Staaten nicht ausgenommen, ist im Besitze so großer und fest gegründeter wissenschaftlicher Anstalten, als die Hauptstadt von Mexico. Ich nenne hier nur [...] die Maler und Bildhauer-Academie. [...] Die Regierung hat hier ein geräumiges Gebäude angewiesen, worin sich eine weit schönere[6] und vollständigere Sammlung von Gyps-Abgüßen befindet, als man sie irgendwo in Deutschland antrifft. Man erstaunt darüber, wie der Apoll von Bel〈168〉vedere, die Gruppe des Laocoon und andre noch colossalere Statuen über Gebirgswege, welche wenigstens so eng sind, als die von St. Gotthard, gebracht werden konnten, und ist nicht minder überrascht, die Meisterwerke des Alterthums[3] unter der heißen Zone [...] vereinigt zu sehn [...]. [...] In dem Academie-Gebäude, oder vielmehr in einem der dazu gehörigen Höfe sollte man die Reste mexicanischer Bildhauerei, die kollossalen Statuen von Basalt und Porphyr, welche mit aztekischen Hieroglyphen bedeckt sind, und manche Aehnlichkeit mit dem Styl der Egyptier und Hindu's haben, gesammelt aufstellen; denn es wäre gewiß merkwürdig, diese Denkmale der ersten Cultur[4] unsrer Gattung, diese Werke eines halbbarbarischen Volkes[1], das die mexicanischen Anden bewohnte, neben den schönen[1] Formen zu sehen, welche unter Griechenlands und Italiens Himmel gebohren wurden..
[89] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 279: 3., muss man am längsten nicht allein bei den Perioden verweilen, in welchen die Griechen am schönsten und gebildetsten waren, sondern auch gerade im Gegentheil ganz vorzüglich bei den ersten und frühesten. Denn in diesen liegen eigentlich die Keime des wahren Griechischen[2] Charakters[1]; und es ist leichter und interessanter[1] in der Folge zu sehen, wie er nach und nach sich verändert, und endlich ausartet. [...] Die Hülfsmittel zu diesem Studium und insbesondre in der hier entwikkelten Absicht sind vorzüglich folgende: [...] unmittelbare Bearbeitung der Quellen selbst durch Kritik[3] und Interpretation. Diese verdient natürlich[4] die erste Stelle. .
[90] W. v. Humboldt, Rez. Jacobi (1794), 819: Vertraut mit dem Wesen der poetischen[4] Kunst[2], weiß er [F. H. Jacobi], auch was völlig subjectiv scheint, noch an die nothwendigen Bedingungen der menschlichen Natur[1] anzuknüpfen; mit kluger Vorsicht läßt er jede neue[1] Wendung des Charakters[7] so vollständig vorbereiten, und so lange verweilen, und mit meisterhaftem Talent versucht er durch eine schöne, an mehr als Einer Stelle hinreißende Sprache[4] den Leser so in sein Interesse zu verweben, daß sein Gefühl in die gleiche Stimmung übergeht..
[91] W. v. Humboldt, Schiller (1830), GS I, 6.2, 497: Schiller sprach nicht eigentlich schön. Aber sein Geist[22] strebte immer in Schärfe und Bestimmtheit einem neuen[1] geistigen Gewinne zu, er beherrschte dies Streben, und schwebte[8] in vollkommener Freiheit[1] über seinem Gegenstande..
[92] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 174: Es giebt weder eine Wissenschaft des Schönen[1], sondern nur Critik[2], noch schöne[2] Wissenschaft, sondern nur schöne[2] Kunst[1]. Denn was die erstere betrifft, so würde in ihr wissenschaftlich, d. i. durch Beweisgründe ausgemacht werden sollen, ob etwas für schön[1] zu halten sey oder nicht; das Urtheil über Schönheit[1] würde also, wenn es zur Wissenschaft gehörte kein Geschmacksurtheil seyn. Was das zweyte anlangt, so ist eine Wissenschaft, die, als solche, schön[2] seyn soll, ein Unding. Denn, wenn 〈175〉 man in ihr als Wissenschaft nach Gründen und Beweisen früge, so würde man uns durch geschmackvolle Aussprüche (Bon Mots) abfertigen. – Was den gewöhnlichen Ausdruck, schöne[2] Wissenschaften veranlaßt hat, ist ohne Zweifel nichts anders, als daß man ganz richtig bemerkt hat, es werde zur schönen[2] Kunst[1] in ihrer ganzen Vollkommenheit viel Wissenschaft, als z. B. Kenntnis alter[10] Sprachen[3], Belesenheit der Autoren, die für Classiker gelten, Geschichte[6], Kenntnis der Alterthümer[5] u. s. w. erfordert und, um daher diese historische Wissenschaften weil sie zur schönen[2] Kunst[1] die nothwendige Vorbereitung und Grundlage ausmachen, zum Theil auch weil darunter selbst die Kenntnis der Producte der schönen[2] Kunst[1] (Beredsamkeit und Dichtkunst) begriffen worden, durch eine Wortverwechselung, selbst schöne[2] Wissenschaften genannt hat..
[93] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 187: Die schöne[2] Kunst[1] zeigt darin eben ihre Vorzüglichkeit, daß sie Dinge, die in der Natur[2] häslich[1] oder misfällig seyn würden, schön[1] beschreibt. Die Furien, Krankheiten, Verwüstungen des Krieges u. d. gl. können sehr schön[1] beschrieben, ja sogar im Gemälde vorgestellt werden; nur eine Art Häslichkeit kann nicht der Natur[2] gemäs vorgestellt werden, ohne alles ästhetische Wohlgefallen, mithin der Kunstschönheit zu Grunde zu richten: nämlich diejenige, welche Ekel erweckt..
[94] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 187 f. (188): Auch hat die Bildhauerkunst, weil an ihren Producten die Kunst[9] mit der Natur[10] beynahe verwechselt 〈188〉 wird, die unmittelbare Vorstellung häslicher[1] Gegenstände von ihren Bildungen[16] ausgeschlossen, und dafür z. B. den Tod (in einem schönen Genius), den Kriegsmuth (am Mars) durch eine Allegorie oder Attribute, die sich gefällig ausnehmen, [...] vorzustellen erlaubt..
[95] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 257: Die Eintheilung einer Critik[1] in Elementarlehre und Methodenlehre, welche vor der Wissenschaft vorhergeht, läßt sich auf die Geschmackscritik nicht anwenden; weil es keine Wissenschaft des Schönen[1] giebt noch geben kann, und das Urtheil des Geschmacks nicht durch Principien bestimmbar ist. Denn was das Wissenschaftliche in jeder Kunst[1] anlangt, welches auf Wahrheit in der Darstellung ihres Objects geht, so ist dieses zwar die unumgängliche Bedingung (conditio sine qua non) der schönen[2] Kunst[1], aber diese nicht selber. Es giebt also für die schöne[2] Kunst[1] nur eine Manier (modus), nicht Lehrart (methodus). Der Meister muß es vormachen, was und wie es der Schüler zu Stande bringen soll; und die allgemeinen Regeln, darunter er zuletzt sein Verfah〈258〉ren bringt, können eher dienen die Hauptmomente desselben gelegentlich in Erinnerung zu bringen, als sie ihm vorzuschreiben. Hiebey muß dennoch auf ein gewisses Ideal Rücksicht genommen werden, welches die Kunst[18/2] vor Augen haben muß, ob sie es gleich in ihrer Ausübung nie völlig erreicht..
[96] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 15: Angenehm heißt Jemandem das, was ihn vergnügt; schön, was ihm blos gefällt; gut, was geschätzt, gebilligt, d. i. worin von ihm ein objectiver Werth gesetzt wird. Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Thiere[1]; Schönheit[1] nur für Menschen[1] d. i. thierische, aber doch vernünftige Wesen, aber auch nicht blos als solche (z. B. Geister[1]) sondern zugleich als thierische; das Gute aber für jedes vernünftige Wesen überhaupt..
[97] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 140: Wenn jemand ein Gebäude, eine Aussicht, ein Gedicht nicht schön findet, so läßt er sich [...] den Beyfall nicht durch hundert Stimmen[11], die es alle hoch preisen, innerlich aufdringen. ➢ Volltext.
[98] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 216: Die Beredsamkeit, sofern darunter die Kunst[6] zu überreden, d. i. durch den schönen Schein zu hintergehen (als ars oratoria), und nicht bloße Wohlredenheit (Eloquenz und Stil) verstanden wird, ist eine Dialectik, die von der Dichtkunst nur so viel entlehnt, als nöthig ist, die Gemüther, vor der Beurtheilung, für den Redner zu dessen Vortheil zu gewinnen, und dieser die Freyheit[1] zu benehmen; kann also weder für die Gerichtsschranken, noch für die Kanzeln angeraten werden..
[99] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 416: Setzet einen Menschen in den Augenblicken der Stimmung seines Gemüths zur moralischen Empfindung. Wenn er sich, umgeben von einer schönen[1/4] Natur[2], in einem ruhigen heitern[5] Genusse seines Daseyns befindet, so fühlt er in sich ein Bedürfniß, irgend jemand dafür dankbar zu seyn. Oder er sehe sich einandermal in derselben Gemüthsverfassung im Gedränge von Pflichten, denen er nur durch freywillige Aufopferung Genüge leisten kann und will: so fühlt er in sich ein Bedürfniß, hiemit zugleich etwas Befohlnes ausgerichtet und einem Oberherren gehorcht zu haben. Oder er habe sich etwa unbedachtsamer Weise wider seine Pflicht vergangen, wodurch er doch eben nicht Menschen verantwortlich geworden ist: so werden die strengen Selbstverweise dennoch eine Sprache[12] in ihm führen, als ob sie die Stimme[3] eines Richters wären, dem er darüber Rechenschaft abzulegen hatte..
[100] Kellner, Töne (1787), 1185 f. (1186): Ein Ton[1] ist die zitternde Bewegung der Luft, die, von Körpern gewürkt, in den Organen[2] des Gehörs eine Veränderung hervorbringt. Die Töne[1] sind entweder articulirte, die von Menschen[1] hervorgebracht werden, um Andern ihre Gedanken mitzutheilen, (Gedankenzeichen) oder unarticulirte, die durch eine Würkung auf jede Art von Körper hervorgebracht werden, und keine bestimmte Gedankenzeichen sind. Die Tonkunst hat nur unarticulirte Töne[1] zum Hauptgegenstand und wesentlichem Bestandtheil. Da nun diese unarticulirten Töne[1] sowohl durch die menschliche Stimme[1] als durch Würkungen auf Körper erweckt werden, letztere aber bey weitem nicht alle Gegenstände der Tonkunst sind: so müssen wir einen allgemeinen Maaßstab annehmen, nachdem wir alle Töne[1] prüfen, ob sie musikalische[1] sind oder nicht. Dieser Maaßstab ist nach vielen Erfahrungen und Beobachtun〈1186〉gen die menschliche Stimme[1], die uns auch sogar lehrt, welchen Grad der Anmuth jeder Ton[1] hat, wenn nicht lebhafte berichtigte Einbildungskraft[1] und das feine tiefblickende Gefühl des Meisters in dieser Sache unsre Führer wären. Doch hat sie uns auf jenen unbezweifelt wahren Satz geleitet: daß die Töne[1], welche die menschliche Stimme[1] ungezwungen nachahmt, die schönsten; die aber, welche in aller Beziehung weit außer ihrem Gebiete liegen, viel weniger schön und angenehm sind, und jenen immer den Vorzug einräumen müssen..
[101] Klein, Rheinreise (1828), 113 f. (114): Die Hauptnahrungsquelle der Einwohner [sc. von Boppard], 3500 an der Zahl, besteht in 〈114〉 Weinbau, Weinhandel, Gewerben, namentlich in Wollen- und Baumwollenarbeiten, und Schifffahrt etc. [...] Eine Hauptstraße, erst vor kurzem mit großen Kosten erweitert, und bequemer gemacht, ziehet am Marienberge vorbei, zur Seite eines der schönsten romantischen[3] Bachthäler, das sich in der Tiefe schlängelt, bergan auf den Hundsrücken. Ein zweites, das Mühlenthal, nicht minder anmuthig[2], öffnet sich unterhalb Niedersburg, einem Dörfchen, beinahe an die Stadt anstoßend, und nur durch Gärten von ihr getrennt..
[102] Klein, Rheinreise (1828), 214: Die nahe Silberhütte, besonders wenn Silberlicht ist, d. h. wenn ausgeschmolzen wird, zieht viele Badegäste [aus Bad Ems] an, unter welchen die Schwächern sich der schön gesattelten Reitesel bedienen. Häufig fährt man flußabwärts an dem Eisenwerke Ahl vorbei durch eine wildromantische Gegend nach Niederlahnstein. Schroffe, waldbedeckte Berge, mit Weinreben bepflanzte Abhänge, Felsenwände in mannichfacher Abwechselung gewähren auf dieser Wasserfahrt treffliche Ansichten..
[103] Klein, Rheinreise (1828), 234 f. (235): Vom Friedrichsberg führt ein anmuthiger Baumweg bequem nach Kunostein Engers, einem Orte von achthundert fünfzig Einwohner, unterhalb des Sayn-Ausflusses. Erzbischof Kuno von Falkenstein hatte daselbst 1368 ein festes Schloß mit gewaltigem Thurme erbauen lassen, zum Schirme gegen die Angriffe der Westerwälder Gau〈235〉grafen, welche der Rheinschifffahrt äusserst beschwerlich fielen. Kurfürst Johann Philipp von Walderdorf ließ 1758 an dessen Stelle das jetzige großartig aufführen und geschmackvoll einrichten. Von dem hohen Balkon desselben genießt man einer herrlichen Aussicht über die gegenüberliegende, mit üppiger Vegetation prangenden Ebene, und den ganzen Bogenlauf des breiten majestätisch vorbeiwallenden Stroms, auf die schönen Wölbungen der Gebirge und in die romantischen[3] Thäler aufwärts und abwärts..
[104] S. v. Knorring, an A. W. Schlegel (13. 1. 1822), KJ 2, 387: Ich habe lange vergeblich auf die Freude gehofft eine Antwort von Ihnen zu erhalten, und ich muß mich also entschliessen Ihnen wieder zu schreiben, ohne die Sicherheit zu haben, ob ein Brief[1] von mir Ihnen willkommen ist. Ich beklage es oft daß die schöne Zeit[3] der Jugend für mich dahin ist, denn unter andern heerlichen Gaben dieser entflohenen Zeit[3], ist auch das kostbahre rücksichtslose Vertrauen, auf die grosmühtige Nachsicht der Freundschaft zugleich mit entschwunden. Vor zwanzig Jahren mein theurer Freund, würde ich Ihnen zehn Briefe[1] nacheinander geschrieben haben, ohne daß es mir ein einziges mahl eingefallen wäre, diese Briefe[1] könten Ihnen unwilkommen oder beschwerlich sein, und hätten Sie endlich zu lange geschwiegen[1], so würde ich sehr böse geworden sein, und sehr gescholten haben, und es würde mir wieder nicht eingefallen sein, daß dies Bösewerden, und dies Schelten Ihnen noch beschwerlich[er] als die Briefe[1] hätte sein können, sondern ich würde im Gegentheil gehofft haben, Sie würden nun in sich gehen, und einsehen, wie grosses Unrecht Sie gegen mich hätten. ➢ Volltext.
[105] H. Chr. Kolbe, Paris. Gem. (1803), 143: Guerin in Vergleich mit David bleibt weit unter diesem Künstler, dieser fühlt das Schöne, ist nie häßlich[1], ahmt vortreflich die Antike[4] nach. Guerin nicht davon begeistert, behandelt nur oberflächlich die Formen. ➢ Volltext.
[106] Krünitz, Oecon. Encycl. XVI (1779; 21787), 199: Bewege durch den Garten stark die Einbildungskraft[1] und die Empfindung, stärker, als eine bloß natürlich[1] schöne Gegend bewegen kann. Rufe daher natürliche[1] Schönheit[1] der Landschaft herbey: rufe aber auch die Kunst[13], damit sie jene durch ihre Mitwirkung mehr erhöhe..
[107] Krünitz, Oecon. Encycl. XXIII (1781; 21790), 309 f. (310): So bald sich ein Bauermädchen seiner Mannbarkeit zu nähern anfängt, findet es sich [...] von einer Anzahl Liebhaber umgeben, die so lange mit gleicher Geschäfftigkeit um seine Neigung buhlen, als sie nicht merken, daß einer unter ihnen der Glücklichere ist. Alsdenn verschwinden alle übrige plötzlich, und der 〈310〉 Liebling hat die Erlaubniß, seine Schöne des Nachts zu besuchen. Er würde aber den romantischen[5] Wohlstand schlecht beobachten, wenn er den Weg geradezu durch die Hausthür nehmen wollte. Die Dorf-Etiquette verlangt schlechterdings, daß er seine nächtlichen Besuche durch das Dachfenster bewerkstellige. Wie unsere ritterbürtige Ahnen erst dann ihre Romane[2] glücklich gespielt zu haben glaubten, wenn sie bey ihren verliebten Zusammenkünften unersteigliche Felsen hinan zu klettern und ungeheure Mauern herab zu springen gehabt, oder sich sonst den Weg mit tausend Wunden hatten erkämpfen müssen: eben so ist der Bauerkerl nur dann mit dem Fortgange seines Liebesverständnisses zufrieden, wenn er bey jedem seiner nächtlichen Besuche alle Wahrscheinlichkeit für sich hat, den Hals zu brechen, oder wenn seine Göttinn, unterdessen daß er zwischen Himmel und Erde in größter Lebensgefahr da hängt, ihm aus ihrem Dachfenster die bittersten Neckereyen zuruft. Noch in seinen grauen Haaren erzählt er mit aller Begeisterung[2] diese Abenteuer seinen erstaunten Enkeln, die kaum ihre Mannheit erwarten können, um auf eine eben so heldenmüthige Art zu lieben[3]..
[108] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 427: Indessen kann in einer schönen Landschaft ein schrecklicher und fürchterlicher Gegenstand erscheinen, ohne daß ihre angenehme Wirkung dadurch gestört wird; ja, sie kann selbst durch den Einfluß des Contrastes gewinnen. Dieses beweisen manche Ketten von lieblichen Thälern in der Schweiz, über welche benachbarte mit Eis und Schnee belastete Alpen herabdrohen; dieses beweiset der rauchende Vulcan auf der romantischen[3] Insel Sicilien..
[109] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 477: Der Stil in der Landschaft-Mahlerey ist viererley: 1. der erhabene; 2. der schöne oder reizende; 3. der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]], und 4. der gemeine Stil. | Der heroische oder erhabene Stil ist Vorstellung großer Geschichten[[[[BedeutungsVerweis ID='449' Anzeige='9' Formatierung='1']]]], prächtiger Schauspiele und Gebäude, so daß die Landschaft nur eine Neben-Sache zu seyn scheint. Alles, bis auf die kleinsten Gegenstände muß hier edel und groß, nichts darf verzerrt, possierlich oder kleinlich seyn. Der schöne oder reizende Stil ist Vorstellung angenehmer Gegenden, wo ein jeder Gegenstand schön[[[[BedeutungsVerweis ID='433' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] und reizend ist. Hierzu gehört: arkadisches Schäfer-Leben, niedliche Gebäude, zahme niedliche Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], Sonnen- oder Mond-Schein, reine Luft, schöne Aussichten, ruhige Flüsse, worin die Sonne oder der Mond sich spiegelt, einzelne schöne Bäume und angenehme Haine und Wälder. Der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Stil ist Vorstellung rauher und fürchterlicher Gegenden. Hierher gehören: Ruinen, 〈478〉 gänzlich verfallene oder einstürzende Gebäude, zerrissene Felsen, große Gebirge, Klüfte, Abgründe, reissende Ströhme, schäumende Wasser, Fälle, wilde reissende Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], Nacht, Sturm, Blitz, u. d. gl. Der gemeine oder niedrige Stil ist Vorstellung der ländlichen Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] wie sie ist. Hierher gehören: Vieh- und Hirten-Stücke aus unsern Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]], Bettler, Bauern-Güter, Stroh-Dächer, verfallene schlechte Gebäude, Brückchen, Stege, Bauern-Schenken und Acker-Wirthschaft..
[110] Krünitz [Flörke], Oecon. Encycl. CXXII (1813), 182: Das Reisen auf Flüssen, Canälen und eingeschlossenen Seen ist größtentheils sehr angenehm, und gewährt oft die schönsten Aussichten, indem viele Flüsse durch die angenehmsten Thäler führen, manche Seen in höchst romantischen[3] Gegenden liegen, und die Canäle meistens in den am besten angebaueten Gegenden angelegt sind. [...] So erleichtern die ansehnlichen Flüsse, welche z. B. Deutschland durchströmen, die Wasserreisen in diesem Lande. Schwerlich ist in diesem Lande eine Gegend zu finden, die mehr Mannichfaltigkeit und Schönheit[1] der Landschaft, mehr Cultur[2] und Wohlstand verriethe, als die Rheingegenden. Wer daher aus dem südlichen[1] Deutschland nach Holland reisen will, würde thöricht und wieder sein eigenes Vergnügen handeln, wenn er nicht die angenehme und reizvolle Reise auf dem Rheine von Mannheim über Maynz, Koblenz, Kölln und Düsseldorf allen andern Gelegenheiten vorziehen wollte..
[111] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714 f.: Romantisch[3/4], ein mit romanhaft[1] aus einer Quelle entspringendes Wort[1], allein von verschiedener Bedeutung. Man gebraucht es sowohl in der Malerei[3], als auch in der Poesie[18] von Gegenden, die sich durch eine einnehmende, bezaubernde Schönheit[1] und abwechselnde Mannigfaltigkeit der Gegenstände auszeichnen. In der Malerei[3] ist ein romantischer[3/4] Styl die Vorstellung einer Gegend mit Ruinen oder mit andern erhabenen, die Phantasie[1] des Beschauers fesselnden, Gegenständen. Der Landschaftsmaler muß daher sein Augenmerk nur auf die sogenannte wilde Natur[2] richten; denn nur diese hat ihre romantische[3/4] Seite. Die Gegenstände, welche den romantischen[3/4] Charakter[1] im höchsten Grade an sich tragen und die der Land〈715〉schaftsmaler mit dem ihm eigenen Zauber auf der Leinwand etc. dazustellen versuchen muß, sind: graue Felsmassen, die sich in der Ferne aus einer üppigen unbeschornen Vegetation zu des Himmels Azur erheben; ein stürmischer See, der seine Wellen mit Ungestüm empor treibt und über dem gewitterschwangere Wolken sich ihres Feuerstoffs entladen; oder ein See, der sich ruhig zwischen grünen Schilfmassen und prächtigen Wiesen dahin schlänget und über den in der Entfernung Städte und Dörfer aus grüner Umgebung ihre Zinnen und Thürme im vergoldeten Morgen- und Abendglanz emporheben. Hierzu geselle sich nun ein Fischer mit seinem Netze am See, oder ein Schäfer mit seiner Heerde und seinem Hunde auf dem grünen Teppich der Wiese; auch eine alte[11] Ritterburg, einsam auf einer Höhe gelegen, wo durch des Fensters Trümmer, im Gegenscheine der untergehenden Sonne, sich des Vollmondes falbes Licht blicken läßt, und über welcher einige Vögel schwärmen etc. Freilich muß aber der Landschaftsmaler eine glühende Phantasie[1], ein dichterisches Gefühl besitzen, um den Beschauer, durch eine glückliche und harmonische Zusammenstellung des Ganzen, durch eine richtige Perspective, durch ein heiteres[1], frisches, überhaupt dem Gegenstande angemessenes, Kolorit, durch sanfte Verschmelzung der Tinten in einander, zu fesseln und sein Gemüth zu dem Schönen zu erheben. Hierin zeichneten sich vorzüglich aus Claude Lorrain, Poussin, Vernet, Hackert etc. etc..
[112] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 720 f. (721): Wir finden in jeder Poesie[11] romantische[2] Partien. So fehlt es dem griechischen[2], als auch dem nordischen Fabelkreise nicht an reizenden romantischen[2] Einzelnheiten; nur der [sic] eigentliche vorherrschende Charakter[5], der [sic] wahre Geist[12] des Romantischen[2] findet man in den provenzalischen 〈721〉 Dichtern[3], und in dem Mythenkreise der eigentlichen alten[11] Ritterromane, der dem Süden von Europa angehört, und sich von da erst weiter ausgebreitet hat. Diesen romantischen[2] Geist[12] finden wir zuerste in Spanien und Frankreich. In Spanien verschaffte der Kampf der Christen mit den Mohren, das allmählige Aufkommen christlicher Königreiche, der romantischen[2] Poesie[1], Zunder und Nahrung; denn die ritterlichen Spiele und Thaten; die großen Feste, die unter verschiedenen Gestalten, bald in den geräumigen hochgewölbten Sälen der Palläste, bald im grünen Walde, unter dem schützenden Laubdache majestätischer Bäume abgehalten wurden, und woran Könige und Herzöge Theil nahmen, und sich mit den Rittern, Damen und Dichtern[1] unter Spiel und Gesang belustigten, trugen einen eigenen Zauber. [...] Hierzu kamen nun noch die Kreuzzüge, die gerade in jenen Ländern die meiste Theilnahme fanden, und das romantischste[2] Gemälde in der ganzen Geschichte[3] abgeben, woraus sich dann in Frankreich die schönen Dichtungen von Carl dem Großen, seinen Pärs, seinen Kämpfen mit den Mauren etc. entfalteten. Von Frankreich und Spanien gelangte die Romantik[3] auch nach England und Deutschland. Im ersteren Reiche finden wir das echt Romantische[2] in dem Mythus vom fabelhaften König Uterpendragon, dem Erneurer des heiligen Graals, von Arthus etc. ausgebildet, und in Deutschland, im Süden desselben, geschah die Ausbildung des Romantischen[2], jedoch 〈722〉 nicht in dem Umfange, wie in Spanien, Frankreich und England, durch die Minnesänger..
[113] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXIX (1838), 12 f. (13): Nach Hufelands Untersuchung des Driburger Wassers steht dasselbe an Gehalt von Kohlensäure und Eisen, diesen beiden Hauptbestandtheilen ächter Gesundbrunnen, weder dem Pyrmonter, noch sonst einem andern bekannten Mineralwasser der ersten Klasse[1] nach, ja es soll das Erstere (Pyrmonter) zuweilen übertreffen, und sich für manche Naturen[12] noch mehr geeigneter und wohlthätiger zeigen, als jenes. [...] 〈13〉 [...] Was aber hauptsächlich mit zur Heilung bei dem Gebrauche dieses Wassers wirkt, ist die romantische[3/4] Gegend, wo eine reizende Wildniß mit einer sorgsamen Kultur[2] abwechselt. Die schön belaubten Berge mit ihren Ruinen, worunter auch die Ruine des von Karl dem Großen eroberten Schlosses Iburg [...] geben dem Ganzen auch ein geschichtliches Interesse; dann sind auch in der Nähe Eisenbergwerke, Glashütten und andere Anstalten der Industrie und Gewerbsamkeit..
[114] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520 f.: Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit[1] der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst[4], in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]. Nachdem nun Buonarotti sie eine Zeitlang in dem 〈521〉 Wahne, eine wirkliche Antike[3] vor sich zu haben, gelassen, auch viele ironische[1] Bemerkungen zwischen der Antike[4] und seiner Arbeit mit angehört hatte, so trat er endlich hervor, und erklärte die Bildsäule für sein Werk [...]. Man kann sich leicht die Entrüstung denken, in welche alle seine Gegner geriethen, als sie sich mit ihrem Kunsturtheile so in die Enge getrieben sahen; indessen zweifelte man dennoch an der Wahrheit, bis Buonarotti den Arm brachte [...], welches zugleich eine Lehre für diejenigen zur Folge hat, die nur für das Antike[2] eingenommen sind, ohne das Moderne[1] in der Kunst[2] erst näher zu untersuchen oder zu prüfen, indem sie dann finden werden, daß man bei der Wahl und Nachahmung des Schönen in der Natur[2], nur das erreichen kann, was die Alten[10] auch nur erreichen konnten, weil sie nichts anderes thaten, und dann, daß die Kunst[2] nicht abgeschlossen ist, sondern sich jeder bestreben muß, das Höchste darin zu erreichen. Wer die Antiken[3] zum Vorbilde hat, hat nur das voraus, daß er schon die Muster zum Studium, der Nachahmung würdig, aufgestellt findet, ohne sie erst aufsuchen zu müssen; oder daß sich nach diesen Mustern sein Geschmack bilde, seine Empfindung für das Schöne erregt werde, um dann selbst dasselbe aufzusuchen..
[115] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 34: [I]ch habe einen herrlichen schönen Gott[6], er ist mir überall, wo sich mir eine Schönheit[3], eine Thätigkeit, eine Bewegung offenbart, er rauscht in den Bäumen, in den Wellen, er sieht aus der feuchten Pflanze[1], wenn sie sich öffnet, [...] aber so lieb, und so klar und bezaubernd hat er noch nimmer zu mir gesprochen, als heute aus Deiner Schönheit[1]. Aus [...] der weißen Haut und der vollkommenen Form Deiner Schulter lacht er mir in die Augen wie der unverhüllte [...] Reiz der Griechen. Hier, wo das Kleid das widerspenstige, mich hindert, mehr als ein Stück Deines stolzen Oberarms zu sehen, hier beginnt die verschleiernde Romantik[8] [...]..
[116] Lichtenberg, Brf. aus Engl. III (1778), SuB 3, 358: Ihr Geburtsort ist das schöne, romantische[3] Bath, wo ihr Vater Apotheker war..
[117] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 28: Selbst das Zimmer, worin ich lebte, der erste Schauplatz meiner Erfahrungen und meiner Spiele, hat ein angenehmes Bild von Harmonie und Fröhlichkeit in mir zurückgelassen, und ich weiß noch ganz genau, welche Farben, welche Gemälde es zierten, welche Aussicht es gewährte. Mein Auge gewöhnte sich an heitre[5], liebliche Formen, und mein kindisches Herz war mit unsichtbarer Gewalt an das Schöne gebunden; ich unterließ das Schlechte, nicht weil es böse, sondern weil es häßlich[1] war..
[118] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 71 f.: Die Fähigkeit zu allen süßen, allen traurigen Empfindungen ruht in der Kindheit noch unentwickelt in dem kleinen Herzen, und es empfindet da bei der einfachsten Veranlassung noch ungetheilt, alles, was es jemals, vertheilt, bei den mannigfaltigsten Eindrücken zu fühlen vermag. Jedes Bild tritt neu[1] und ungetrübt vor die jugendliche Phantasie[1], und der lebendige Eindruck ergießt sich mit sanfter Gewalt durch alle Saiten des erwachenden Gefühls. Deshalb umfaßt es die kleine Welt, die es umgibt, mit einer Innigkeit, die sich nicht durch Worte[2] ausdrücken kann. Die liebliche Magie der Unerfahrenheit überwebt Ursprung und Ende jeder schönen Empfin〈72〉dung wie mit einer Wolke, daß sie auf einmal in ihrer ganzen Fülle dasteht, unbegreiflich und mächtig wie das Erscheinen einer Gottheit. Dies alles verschwindet, wenn der reifer gewordne Verstand[2], nun heller um sich schaut, und den leisen Gang der Eindrücke die das Saitenspiel des Herzens bewegen, zu verfolgen vermag. – Aber, Julie, giebt es keine Zeit[3] im Leben, wo diese jugendliche Begeisterung[1] in ihrer ganzen Stärke und Einheit, nur noch inniger, schöner, heiliger zurückkehrt? und welche Zeit[3] kann dies anders sein, als die, wo wir lieben?.
[119] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 128: Die Schönheit[1] der Gegend überraschte mich, denn die glückliche Stellung der Gebirge, die sich um das schöne Thal ziehen, bildete sehr romantische[3] Parthien und einen reizenden Grund [...]..
[120] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 183: [I]ch war glücklich! glücklich, wie es wol nie eine Sterbliche war, und werden wird! – Stunden hoher Begeisterung[1] und ruhiger Einfalt, der geistigsten, schönsten Poesie[20], und bescheidner, nüchterner Lebensfreuden, schlossen sich reizend an einander. Ja! es gab Momente, wo uns das Herz so groß ward, wo uns Phantasie[3], Liebe und Naturgenuß, ganz über alle gewöhnliche Verhältnisse hinweg, ins Gebiet der Ideale empor hob, wo wir alles andere verachteten, und zu sterben wünschten, weil nach solchen Augenblicken, kein irdisches Glück mehr unsrer Sehnsucht werth schien. Aber es gab auch Stunden, Tage, wo wir friedlich auf dem sanften Strom des gewöhnlichen Lebens hinabgleiteten, uns in den mannigfaltigen Beziehungen der Menschen, in geselligen 〈184〉 Verhältnissen glücklich fühlten, und mit freundlicher Ruhe einander ins Auge blickten. – Das war es eben, was uns so selig machte, daß wir uns allenthalben begegneten, auf den ewigen Höhen der Begeisterung[1], und in den flüchtigen Wellen des Augenblicks, allenthalben uns einander nahe fühlten..
[121] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 30: Bald führte mich das Ungefähr in eine Gegend, die mich unbeschreiblich anzog. Mitten im Walde, lag die schönste Ruine, die ich je gesehen habe. Die ganze Stelle hatte eine wunderbare Mischung, von süßer, weichlicher 〈31〉 Ländlichkeit, und reizender romantischer[3/4] Wildheit; nie hab’ ich etwas Lieblicheres gesehen. Ich stand vor den Ruinen, in der dunkelsten, angenehmsten Schwärmerei vertieft, und ward nur durch das Haus des Amtmanns, darinnen gestöhrt, das recht unschicklich in die edlen Trümmer hineingebaut war [...]..
[122] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 54: Ich habe mir seit Kurzem eine neue[1] Wohnung gemiethet, welche mir durch ihre äußerst schöne romantische[3] Lage schon längst gefiel, und es beschäftigt mich immer mehr, meine ganze Umgebung nach den Bildern zu gestalten, die ich schon lange im Sinne[10] trage, und bisher nie, ungestöhrt ausführen konnte..
[123] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 77 f.: [D]ieser Antonio ist mir sehr viel geworden! – Sein heitrer[4], umfassender Geist[18] zaubert eine schöne Gegenwart um mich her, seine feurige Phantasie[3] trägt mich auf ihren Schwingen in das himmlische Land der Dichtung, wo alles auf ewig in dem entzückenden Duft jugendlicher Begeisterung[2] getaucht ist! – Und dahin will ich mich flüchten, aus dem öden verworrnen Gewebe irrdischer Pläne und Verirrungen, dahin auf ewig mit reinem, liebenden Herzen! Ich fühle es, ich muß 〈78〉 ihm alle meine Zweifel, meine Schmerzen, mein ganzes Leben muß ich ihm anvertrauen. – An den heitern[4] Sinn[7] dieses Mannes, schmiegt sich mein Herz vertrauungsvoll an, und die Welt lächelt mir neu[2] in dem Wiederschein seines Geistes[18]. Durch Antonio werde ich mit den schönsten Erzeugnissen der Poesie[11/4] bekannt, die mir bis jetzt meist fremd[4] geblieben sind, und indem ich mich ganz dieser himmlischen, ewig in Morgenroth schimmernden Welt hingebe, und gar nicht mehr nach Deutlichkeit in der irrdischen strebe, geht eine neue[1] Wahrheit, ein neuer[1] Glanz in meiner Seele auf..
[124] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 113 f. (114): Nie vermag ich, ohne die innigste Rührung den Abendgesang der heiligen Jungfrau zu hören, welcher hier den müden Arbeiter zum ersehnten Feierabend ruft. [...] 〈114〉 [...] Und hört man in dieser Zusammensetzung, das sanfte Madre d'amore! so wähnt man auf Augenblicke, ganz in das schöne Alterthum[2] versetzt zu sein..
[125] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 140 f. (141): Was geschehen ist, fragst Du erstaunt? – Nichts! – Nichts und doch Alles; denn fühl' ich nicht, wie Alles um 〈141〉 mich her verändert ist, wie die Bäume und die Blumen wieder, wie ehedem vor meinem Blick in freudigen Tänzen sich bewegen, wie ich in dem Leben der Menschen, Geschichte[1] und Zusammenhang sehe, und überall mir wieder Licht und Ordnung erscheint! – | Ach! diese schöne Begeisterung[1] war so fern, so fern von mir versunken, und es schien mir ganz unmöglich, jemahls wieder diese Höhe des Gefühls zu erreichen! So vieles Irrdische, Todte, hielt mich lange, dicht umfangen; ich war oft ganz darinnen vergraben, und sahe nun überall keinen Ausweg, keinen Zweck, keinen Geist[12]! – Schon hatte ich alles aufgegeben, und nun! – steh' ich nicht mit einemmal wieder auf jenen heitern[4] Höhen der Begeisterung[1], und betrachte von da die Welt, die mir nun 〈142〉 lauter liebliche oder rührende Bilder zeigt, und woraus alles Harte, Verworrene, Gemeine verschwunden ist? Fühl' ich mich nicht empor gehoben wie eh'mals, über die Menge, die sich da unten um taube Nüsse zerquält; und haßt, und liebt nicht mein frömmer gewordnes Herz die Menschen inniger, je mehr ich sie übersehe? – Und wenn ich Dir alles erzähle, so wirst Du vielleicht lächeln, und wohl viele würden es. Auch kann ich mich recht gut in Deine Ansicht versetzen, aber dann bitte ich Dich, das einzige zu bedenken, was Dir alles ehrwürdig machen wird, nehmlich, daß alles, was ich empfinde, unwillkührliche, tief aus dem Herzen hervorquellende Wahrheit ist..
[126] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 152: Ich reis'te gestern Morgen von *** ab; der muntre Ton[11] des Posthorns bewegte wieder mein Herz wie sonst; ich sah das Leben wieder in dem schönen Gewand der Jugend, der Ahndung[2], der Liebe[1], 〈153〉 und meine Sinne[4] konnten die Sprache[12] der Natur[2] verstehen..
[127] Metzger, Heidelbg. Schloss (1829), 36: Ueber dem Eingänge bei der Brücke stehen zwei unförmlich gestaltete Schildknappen, zwischen diesen ist ein Bogen mit schönen frei[20] hervorstehenden Gothischen[2] Verzierungen, in welchem auf eine Steinplatte 2 Löwen halberhaben ausgehauen sind [...]..
[128] Metzger, Heidelbg. Schloss (1829), 108: Die Umgebung war meist mit großen Buchen und Eichbäumen bewachsen, die den Wolfsbrunnen dicht umschlossen und demselben ein romantisches[3/8] Aussehen gaben. Links an dem obersten Weiher stand noch vor 30 Jahren eine uralte Linde, die den Weiher majestätisch überzogen halte und den Ort beschattete. Aus Mangel an Interesse für den schönen Ort und aus Privatnutzen wurde diese schöne Linde umgehauen. Auch das alte[1] Fischerhaus mit dem schönen Röhrbrunnen wurde in neuerer[3] Zeit[3] geschmacklos modernisirt und in gegenwärtigen Zustand umgewandelt..
[129] Ch. Michaelis, an C. Böhmer (Nov. 1785), C 1, 134: Gestern den ganzen Morgen von 9 Uhr bis 12 Uhr bin ich mit Louisen bey der Paradis gewesen, die uns beiden sehr lieb hat und ein liebes Mädchen ist mit viel Geist[20] bey ihrer Blindheit, sie Singt nicht schön, aber mit ausdruck, den nur die haben können, denen sonst ein Sin[4] fehlt, Pfeffel hatte sie der Leßen empfohlen – die Leßen ist ganz bezaubert – Bürger ist außer sich gekommen, wie er das Tralirum larum leyer von ihr gehört hat, und hat gesagt, das wäre einen Kieselstein in Gold gefast..
[130] Moritz, Dt. in Engld. (1783), 175: Unter andern sahe ich [...] eine Beschreibung von Oxford mit Kupfern, in Folio, wo sich denn die Thürme und Kollegiengebäude freilich weit schöner auf dem Papier, als in der Natur[21] ausnahmen..
[131] Moritz, Dt. in Engld. (1783), 183 f. (184): Wir besahen Schakespears Haus, das unter allen Häusern in Stratford, eines der schlechtesten, niedrigsten und unansehnlichsten ist [...]. [...] | Schakespears Stuhl, worauf er vor der Thür gesessen, war schon so zerschnitten, daß er fast keinem Stuhle mehr ähnlich sah; denn jeder Durchreisende schneidet sich zum Andenken einen Span davon ab, welchen er als ein Heiligthum aufbewahrt. Ich schnitt mir auch einen ab, weil er aber zu klein war, habe ich ihn verloren, und Sie werden ihn also bei meiner Wiederkunft nicht zu sehen bekommen. | Als wir weiter fuhren, betrachtete ich jeden Fleck mit Aufmerksamkeit, wo wir vorbeikamen, wenn ich dachte: das ist nun die Gegend, wo ein solcher Geist[20], wie Schakespears, seine erste Bildung[3] durch die ihn umgebende Natur[2] erhielt! Denn die ersten Eindrücke der Kindheit bleiben doch immer äusserst wichtig, und sind ge〈184〉wissermaßen die Grundlage aller folgenden. Obgleich die Gegend hier zwar nicht vorzüglich schön ist, so hat sie doch ganz etwas Eignes, Romantisches[3]..
[132] Moritz, Bild. Nachahm. (1788), 7: [W]eil [...] der edle Mensch[1], um edel zu seyn, der körperlichen Schönheit[1] nicht bedarf, so scheiden sich hier [...] die Begriffe[1] von Schön und Edel, indem durch das letztre die innre Seelenschönheit, im Gegensatz gegen die Schönheit[1] auf der Oberfläche, bezeichnet wird. In so fern nun aber die äussre Schönheit[1] zugleich mit ein Abdruck der innern Seelenschönheit ist, faßt sie auch das Edle in sich, und sollte es, ihrer Natur[1] nach, eigentlich stets in sich fassen. Hiedurch hebt sich aber demohngeachtet der Unterschied zwischen schön und edel nicht wieder auf. Denn unter einer edlen Stellung denken wir uns z. B. eine solche, die zugleich eine gewisse innere Seelenwürde bezeichnet: irgend eine leidenschaftliche Stellung aber kann demohngeachtet immer noch eine schöne Stellung seyn, wenn gleich nicht eine solche innere Seelenwür〈8〉de ausdrücklich dadurch bezeichnet wird; nur darf sie einem gewissen Grade von innerer Würde nie geradezu widersprechen; sie darf nie unedel seyn..
[133] W. A. Mozart, an seinen Vater (15. 12. 1781), S 2, 142: bevor ich ihnen von meinem gewäsche frey mache, muß ich ihnen doch noch näher mit dem karackter[2] meiner liebsten konstanze bekannt machen. – sie ist nicht hässlich[1], aber auch nichts weniger als schön. – ihre ganze schönheit[1] besteht, in zwey kleinen schwarzen augen, und in einem schönen Wachsthum. sie hat keinen Witz[3], aber gesunden Menschenverstand genug, um ihre Pflichten als eine frau und Muter erfüllen zu können..
[134] Musäus, Volksmärchen (1782–86), 425: Der Ausdruck ihres Kummers war so unnachahmlich schön, daß ihn keine unsrer romantischen[7] Dulderinnen würde nachzukünsteln wissen..
[135] Musäus, Volksmärchen (1782–86), 427: [K]einem fiel es ein [...], das schönste Verhältnis des weiblichen Körpers zwischen acht und neun Kopfslängen zu setzen, oder das ein griechisches[6] Profil zu nennen, wo die Nasenwurzel mit der Stirn in gerader Linie fortläuft..
[136] Naubert, Volksmährch. IV (1792), 76 f. (77): Der Stallmeister war besonders in Verlegenheit, woher er ein passendes Pferd für die Braut nehmen sollte, indem diese des Reitens nicht sehr kundig war und eines so sanften und lenksamen Thieres[3] bedurfte, wie er keines auftreiben zu können glaubte. [...] | 〈77〉 „Ich kenne,“ sagte er zu sich selbst, [...] „ich kenne kein schöneres und geduldigeres Thier[3], als des blanken Ritters silbergraues Roß; darauf sollte Fräulein Emma trefflich paradiren [...].“.
[137] Novalis, Begeist. (*?1790), NS 2, 23: Alles dies [...] gilt nur hauptsächlich von dem Morgenlande[2], dem eigentlichen Vaterlande der Menschheit[2], Sprache[1], Dichtkunst [...], von woher eigentlich wie vom Urstamme sich alles in die übrigen Erdgegenden und Zonen nur fortgepflanzt hat und eingepfropft worden ist. Das ganze Klima[1] desselben war für die Kindheit des menschlichen Geschlechts und der Künste[2] und Wissenschaften[1] wie seine Gegenden ganz vorzüglich geschickt; die Menschen[1] und Künste[2] erhielten hier die Kraft, die sie in den kältesten Wüsten und Regionen noch immer nach vielen Jahrhunderten erhält und ihnen feste Wurzeln fassen läßt: die schönen Gegenden, die Wärme und Heiterkeit[1/2] des selten bewölkten Himmels bildeten sie, nährten sie, und die Fruchtbarkeit des Bodens ließ ihnen Ruhe, sich allmählich auszubilden und zu reifen; das ihnen in einem weniger milden Boden durch die Einflüsse des Klima[1], stumpfere Organisation[6] und ängstliche Mühe und Suchen nach Lebensunterhalt und nach den notwendigsten Bedürfnissen wäre verwehrt worden..
[138] Novalis, Tageb. (*1793), NS 4, 17 f.: Das Schloß, das auf einem hohen und steilen Berg liegt, wird durch die Aussichten aus seinen Zimmern, die heitere[2] Luft, welche daselbst herrscht und den es zum Theil umgebenden Lustwald ein anmuthiger[2] Wohnort; denn um dieser Schönheiten[1] willen kann man wohl die Unbequemlichkeiten des Herauf- und Herunterfahrens oder Gehens und die Rauhheit der Luft vergessen. Man mag sich stellen an welches Fenster man will, die in den Hof abgerechnet, so findet man fast immer eine reitzende und romantische[3/4] Aussicht vor sich. Auf der einen Seite breitet sich das friedliche Wernigerode am Fuß des Schloßbergs aus, und hinter demselben laufen aufwärts nach dem Gebirge einige sich bald verengende, bald erweiternde Thäler hin, in deren Mitte die Renne, wie ein nachlässig auf einen Tisch gelegter Silberfaden sich daher schlängelt. Im schönsten[6] Grün zerstreute Ortschaften wechseln mit dunkelm Schwarzholz und frischen Saatfeldern in diesen schönen[1] Thälern, an deren Seiten sich anfangs ein fruchtbares Land fernhin erstreckt, bis sie sich endlich in waldichten Hügeln verlieren, hinter denen sich immer höher und in immer schwächerem, erbleichtem Blau das Harzgebirge erhebt. Auf einer andern Seite sieht man tief unter sich in den Kessel eines unregelmäßigen Thales, das dennoch durch das sanfteste Grün, welches seinen Boden überzieht und durch einen mit Laubholz aller Art bewachsenen Berg, dessen Seiten sich bald senkrecht an dem Abgrund erheben, bald in allmäh〈18〉lichem Abhang sich in das Thal verlieren, einen anmuthigen[2] Anblick gewährt. Zwischen schroffen Felswänden drängt sich auf einer andern Seite ein anderes, mit einem Grund von wollüstigen Kräutern, auf denen üppiges Gesträuch in die Höhe wuchert, sich in schön[1] gerundeten Krümmungen durch angenehm belaubte Hügel daher windet. Immer rauher und immer wilder werden hinter dieser Scene die Vorgebirge des Harzes, welche finstrer Kiefernwald deckt; bis endlich eine sich amphitheatralisch erhebende Bergkette den Schauplatz umschließt und in ihrer Mitte aus ferner Bläue der Brocken sein weißes Haupt kolossalisch gen Himmel streckt. Nächst diesen schönen[1] Aussichten müssen die artig geordneten, geschmackvoll meublirten und mit Landschafts-Zeichnungen und Kupfern ausgehängten Zimmer und eine Bibliothek von etwa 40000 Bänden den Aufenthalt auf diesem alten[1], unregelmäßig gebauten Schloß, das sich in der Ferne wie eine rauhe aufgethürmte Fels-Masse präsentirt, sehr angenehm machen..
[139] Novalis, Glaub. u. Lieb. (1798), 272: Ein wahrhaftes Königspaar ist für den ganzen Menschen[1], was eine Constitution für den bloßen Verstand[9] ist. Man kann sich für eine Constitution nur, wie für einen Buchstaben[9] interessiren. Ist das Zeichen nicht ein schönes[2] Bild, oder ein Gesang, so ist Anhänglichkeit an Zeichen, die verkehrteste aller Neigungen. – Was ist ein Gesetz, wenn es nicht Ausdruck des Willens einer geliebten, achtungswehrten Person ist? Bedarf der mystische Souverain nicht, wie jede Idee, eines Symbols, und welches Symbol ist würdiger und passender, als ein liebenswürdiger treflicher Mensch[1]? Die Kürze des Ausdrucks ist doch wohl etwas werth, und ist nicht ein Mensch[1] ein kürzerer, schönerer[1] Ausdruck eines Geistes[30] als ein Collegium?.
[140] Novalis, Glaub. u. Lieb. (1798), 273: Meinethalben mag jetzt der Buchstabe[8/9] an der Zeit[7] seyn. Es ist kein großes Lob für die Zeit[9], daß sie so weit von der Natur[19] entfernt, so sinnlos für Familienleben, so abgeneigt der schönsten poetischen[1] Gesellschaftsform ist. Wie würden unsre Kosmopoliten erstaunen, wenn ihnen die Zeit[3] des ewigen Friedens erschiene und sie die höchste gebildetste Menschheit[3] in monarchischer Form erblickten? Zerstäubt wird dann der papierne Kitt seyn, der jetzt die Menschen[1] zusammenkleistert, und der Geist[12/30] wird die Gespenster, die statt seiner in Buchstaben[8/9] erschienen und von Federn und Pressen zerstückelt ausgingen, verscheuchen, und alle Menschen[1] wie ein paar Liebende zusammen schmelzen..
[141] Novalis, Lehrlinge (*1798), NS 1, 100: Man beschuldigt die Dichter der Übertreibung, und hält ihnen ihre bildliche uneigentliche Sprache[4] gleichsam nur zu gute, ja man begnügt sich ohne tiefere Untersuchung, ihrer Fantasie[2] jene wunderliche Natur[1] zuzuschreiben, die manches sieht und hört, was andere nicht hören und sehen, und die in einem lieblichen Wahnsinn mit der wirklichen Welt nach ihrem Belieben schaltet und waltet; aber mir scheinen die Dichter noch bei weitem nicht genug zu übertreiben, nur dunkel den Zauber jener Sprache[4] zu ahnden[3] und mit der Fantasie[2] nur so zu spielen, wie ein Kind mit dem Zauberstabe seines Vaters spielt. Sie wissen nicht, welche Kräfte ihnen unterthan sind, welche Welten ihnen gehorchen müssen. Ist es denn nicht wahr, daß Steine und Wälder der Musik gehorchen und, von ihr gezähmt, sich jedem Willen wie Hausthiere fügen? – Blühen nicht wirklich die schönsten Blumen um die Geliebte und freuen sich sie zu schmücken? Wird für sie der Himmel nicht heiter[1] und das Meer nicht eben? – Drückt nicht die ganze Natur[2] so gut, wie das Gesicht, und die Geberden, der Puls und die Farben, den Zustand eines jeden der höheren, wunderbaren Wesen aus, die wir Menschen nennen? Wird nicht der Fels ein eigenthümliches Du, eben wenn ich ihn anrede? Und was bin ich anders, als der Strom, wenn ich wehmüthig in seine Wellen hinabschaue, und die Gedanken in seinem Gleiten verliere? Nur ein ruhiges, 〈101〉 genußvolles Gemüth wird die Pflanzenwelt, nur ein lustiges Kind oder ein Wilder die Thiere[1] verstehn..
[142] Novalis, Fragm. u. Stud. (*1800), NS 3, 670, Nr. 611: Im Shakespeare wechselt durchaus Poesie[14] mit Antipoësie – Harmonie mit Disharmonie ab – das Gemeine, Niedrige Häßliche[1], mit dem Romantischen[7], Höhern, Schönen – das Wirckliche mit dem Erdichteten. [Randbemerkung: Dies ist gerade mit dem griechischen[2] Trauersp[iel] der entgegengesezte Fall.].
[143] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 115 f. (116): Auf einer Anhöhe erblickten sie ein romantisches[3/4] Land, das mit Städten und Burgen, mit Tempeln und Begräbnissen übersäet war, und 〈116〉 alle Anmuth bewohnter Ebenen mit den furchtbaren Reizen der Einöde und schroffer Felsengegenden vereinigte. Die schönsten Farben waren in den glücklichsten Mischungen. Die Bergspitzen glänzten wie Lustfeuer in ihren Eis- und Schneehüllen. Die Ebene lachte im frischesten Grün. Die Ferne schmückte sich mit allen Veränderungen von Blau, und aus der Dunkelheit des Meeres wehten unzählige bunte[1] Wimpel von zahlreichen Flotten..
[144] Pückler-Muskau, Brf. Verstorb. I (1830), 193 f. (194): Die das Thal 〈194〉 umgebenden Berge sind sehr hoch und steil, und steigen überall, glatt und ohne Absatz, von der wie planirt erscheinenden Fläche empor. Links sind es nackte Felsen, von imponirender Gestalt, nur hie und da mit rother und gelber Erica bewachsen, die andern drei Seiten aber mit dichten und mannichfaltigen Pflanzungen bedeckt, deren Laub bis in den See hinabhängt. Wo der erwähnte Bergstrom sich, auf glänzend grünem Grasgrunde, in den See ergießt, bildet er einen breiten Wasserfall. Es ist wohl ein schöner Fleck Erde – einsam und abgeschlossen, der Wald voll Wild, der See voll Fische, und die Natur[2] voll Poesie[15]..
[145] Pückler-Muskau, Brf. Verstorb. II (1830), 306: Als ich in Canterbury ankam, flaggten alle Thürme zum Neujahrstage, ich aber feierte ihn noch herrlicher in der stolzesten und schönsten aller englischen 〈307〉 Cathedralen. Dieser romantische[4/13] Bau, der von den Sachsen angefangen, von den Normannen fortgesetzt, und neuerlich mit Verstand[3] restaurirt worden ist, bildet eigentlich drei ganz verschiedene, aber zusammenhängende Kirchen, mit vielen unregelmäßigen Seitenkapellen und Treppen, auf und niedersteigendem schwarz und weiß gegatterten Steinboden, und einem Wald von Pfeilern darauf, in harmonischer Verwirrung..
[146] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 45: Wo wirklich alte[11] (nicht bloss im alten[12] Styl neu[9] aufgebaute) Schlösser, als langer Familienbesitz vorhanden sind, bin ich der Meinung, dass man sie nur wohnlicher, ansehnlicher mache, aber sonst in dem alten[11] Charakter[4] möglichst erhalte, wenn auch ein weit schönerer an sich denkbar wäre..
[147] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 170 ff. (173): Weiterhin gegen Süden, am Ende des Städtchens, wird der Abhang schroffer, und beschreibt einen Halbkreis, wo er mit hohen Buchen, Eichen und einzelnem Schwarzholz bedeckt ist, und viele romantische[3] Schluchten bildet. Hier liegt ein Alaunbergwerk mit ansehnlichen Gebäuden, Gradir- und andern Werken. [...] | 〈173〉 Auf dem höchsten Puncte der [...] Hügelkette geniesst man eine sehr schöne und weite Aussicht. Den Vordergrund bildet das Neissthal mit dem Städtchen, dessen aufsteigende Terrassengärten sich mit den Strohhütten des Dorfes Berg, die hier fast unmittelbar über die Stadt herab zu hängen scheinen, malerisch[4] vereinigen. Südlich in den Schluchten rauchen Tag und Nacht die Alaunhütten und Töpferöfen, deren Feuersäulen mit eintretender Dämmerung allnächtlich die ganze Gegend erleuchten; weiter hin aber verliert sich das Auge, dem Laufe des Flusses folgend, in einer mit alten[2] Eichen und andrem Laubholz reich besetzten Feldflur, bis der umschliessende Wald von neuem[2] alles verschlingt, und nur den blauen Häuptern der Landskrone, Tafelfichte und Schneekoppe aus dem dunkelgrünen Meere hervorzutauchen erlaubt..
[148] Ramdohr, Landsch. Friedr. (1809), 109: [I]ch, der ich [...] um funfzig Jahre zu spät geboren [...] [bin], um statt der Bildung[5], die ich durch die klassischen[3] Werke der Alten[10] und Neuen[5] erhalten habe, durch die Werke aus der ersten Kindheit der Kunst[4] zum Gefühl des Schönen angezogen zu seyn [...]. ➢ Volltext.
[149] Reichardt, Liedersp. (1804), XVI: Für den [...] Geschmack des Berliner Publikums[4] und für meine eigene Liebe zu mehreren der schönsten Götheschen Liedern hab' ich kürzlich das dritte Stück dieser Art gemacht, welches einigermassen auf eine interessante[1] Scene, die ich in der höchst romantischen[3] Gegend der Schweiz, in welcher das Stück spielt, auf meiner frühern Schweizerreise erlebte, gebaut ist..
[150] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 42: Was für ein Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='131' Anzeige='9' Formatierung='1']]]] spricht dich an in den ungeheuren Bücher- und Zeitungsmaßen, die da von Jahr zu Jahr an den Tag gefördert werden? [...] Das wirklich Vortreffliche und Achtungswürdige ist [...] da noch immer als Ausnahme zu betrachten, und du findest es nur zu häufig geschmäht, verfolgt und auf die niedrigste Weise verdächtig gemacht. Was die Meisten da wollen und betreiben, ist [...] eine trockne Verstandesbildung, eine Empirie, die sich für Wissenschaft hält, eine einseitige klaßische[[[[BedeutungsVerweis ID='36' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Gelehrsamkeit, welche das Schöne der romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='3' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]] Bildung[[[[BedeutungsVerweis ID='123' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] absichtlich mißkennt, eine Poësie[[[[BedeutungsVerweis ID='67' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], deren Tendenz mehr äußerlich, verstandesmäßig und rhetorisch, und eine Moral, die, aller Religion[[[[BedeutungsVerweis ID='395' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] beraubt, gemein, unheilig und gemüthlos ist..
[151] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 383: Der Wahrheit entspricht die Nothwendigkeit, der Güte die Freiheit[10]. Unsere Erklärung der Schönheit[1], sie sey die Ineinsbildung des Realen und Idealen, sofern sie im Gegenbild dargestellt ist, schließt also auch die in sich: Schönheit[1] ist Indifferenz der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit, in einem Realen angeschaut. Wir nennen z. B. schön eine Gestalt, in deren Entwurf die Natur[2] mit der größten Freiheit[10] und der erhabensten Besonnenheit, jedoch immer in den Formen, den Grenzen der strengsten Nothwendigkeit und Gesetzmäßigkeit gespielt zu haben scheint. Schön ist ein Gedicht, in welchem die höchste Freiheit[10] sich selbst wieder in der Nothwendigkeit faßt. Kunst[10] demnach eine absolute Synthese oder Wechseldurchdringung der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit. ➢ Volltext.
[152] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 398: Was die Bildung[10] des Vulcan betrifft, so zeigt uns diese die große Identität zwischen den Bildungen[16/10] der Phantasie[1] und der organisch[4] schaffenden Natur[2]. Wie die Natur[2] durch die vorzügliche Ausbildung eines Organs[2] oder Triebs in einer Gattung von Geschöpfen sich genöthigt sieht, es dagegen in einem andern zu verkürzen, so hat hier die Phantasie[1] das, was sie den mächtigen Armen des Hephästos gab, seinen Füßen entziehen müssen, welche hinkend sind. Aber allgemein gilt in Ansehung der häßlichen[1] Bildungen[10] der griechischen[2] Götterwelt, daß diese sämmtlichen Bildungen[10] in ihrer Art wieder Ideale, nur die umgekehrten Ideale sind, und daß sie dadurch wieder in den Kreis des Schönen aufgenommen werden. ➢ Volltext.
[153] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 429: Die ewige Nothwendigkeit offenbart sich in der Zeit[3] der Identität mit ihr als Natur[13]. [...] Mit dem Abfall von ihr offenbart sie sich als Schicksal in herben und gewaltigen Schlägen. Um sich dem Schicksal zu entziehen, ist nur Ein Mittel, sich in die Arme der Vorsehung zu werfen. Dieß war das Gefühl der Welt in jener Periode der tiefsten Umwandlung, als das Schicksal an allem Schönen und Herrlichen des Alterthums[3] seine letzte Tücke übte. Da verloren die alten[10] Götter[4] ihre Kraft, die Orakel schwiegen[1], die Feste verstummten und ein bodenloser Abgrund voll wilder Vermischung aller Elemente der gewesenen Welt schien sich vor dem menschlichen Geschlecht[7] zu öffnen. ➢ Volltext; vgl. [172].
[154] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 552: Die höchste Regel ist [...], wie in aller Kunst[2], so auch hier, die Schönheit[1], und daß das rein Gräßliche, Abscheuliche und Widrige vermieden werde. Die wüthende Nothwendigkeit, wie sie Horatius nennt, die Wuth des Krieges bei Virgilius oder die Teufeleien des Milton würden in der Malerei nur mit schlechtem Erfolg ausgeführt werden können. So ist in der St. Peterskirche zu Rom ein allegorisches Gemälde, das die Ketzerei zu den Füßen der Heiligen in der häßlichsten[1] Gestalt vorstellt, als ob sie in einer schönen weiblichen Figur vorgestellt in dieser Unterwerfung und Beugung nicht eine viel bessere Wirkung machte. ➢ Volltext.
[155] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 671: Die schönste Gestalt des Dichters [sc. Ariosto], durchaus romantisch[2/7] und zart gedacht, ist Bradamante, die Waffen anlegt und auf Abenteuer ausgeht für den Geliebten [...]. ➢ Volltext.
[156] Schiller, Schaubühne (1785), NA 20, 90: Unsre Natur[1], gleich unfähig, länger im Zustand des Thiers[10] fortzudauren, als die feinern Arbeiten des Verstands[2] fortzusezen, verlangte einen mittleren Zustand, der beide widersprechenden Enden vereinigte, die harte Spannung zu sanfter Harmonie herabstimmte, und den wechselsweisen Uebergang eines Zustands in den andern erleichterte. Diesen Nuzen leistet überhaupt nun der ästhetische Sinn[5], oder das Gefühl für das Schöne..
[157] Schiller, an C. G. Körner (28.–31. 7. 1787), NA 24, 117: Auf dem Spaziergang mit Wieland im Stern hatte ich durch Wieland einige Weimarische Menschen[1] kennen lernen, die an uns vorbei passierten. Ein Spaß begegnete mir. Wir stießen auf drei Frauenzimmer, worunter die mittlere und größte sehr hübsch war. Eine andre junge und eine alte[2] waren dabei, die sich sehr vertraut mit Wieland unterhielt. Ich blieb in einiger Entfernung gleichgültig zurück, unterließ aber nicht meine Augen an der schönen zu weiden. Als sie weg waren, frug ich Wieland ziemlich hastig, wer diese Schöne gewesen. „Ein Fräulein von – –“ (ich weiß den Namen nicht mehr) war die Antwort. – Und die anderen? – „Meine Frau[3] und Tochter.“ Ich wurde roth biß über die Ohren[1], weil ich erstaunlich gleichgültig nach den leztern gefragt hatte, denn Wieland hatte mich seiner Familie noch nicht vorgestellt gehabt und also kannte ich sie nicht. Er half mir aber aus dieser Verlegenheit, indem er sich selbst über die Schönheit[1] der andern verbreitete..
[158] Schiller, Abfall Niederl. (1788), NA 17, 288: Margaretha besaß Geschicklichkeit und Geist[20], eine gelernte Staatskunst auf einen regelmäßigen Fall mit Feinheit anzuwenden, aber ihr fehlte der schöpferische Sinn[6], für einen neuen[1] und außerordentlichen Fall eine neue[1] Maxime zu erfinden, oder eine alte[1] mit Weisheit zu übertreten. In einem Lande, wo die feinste Staatskunst Redlichkeit war, hatte sie den unglücklichen Einfall, ihre hinterlistige italienische Politik zu üben, und säete dadurch ein verderbliches Mißtrauen in die Gemüther. Die Nachgiebigkeit, die man ihr so freigebig zum Verdienste anrechnet, hatte der herzhafte Widerstand der Nazion[1] ihrer Schwäche und Zaghaftigkeit abgepreßt; nie hat sie sich aus selbstgebohrnem Endschlusse über den Buchstaben[11] der königlichen Befehle erhoben, nie den barbarischen Sinn[2] ihres Auftrags aus eigner schöner Menschlichkeit misverstanden. Selbst die wenigen Bewilligungen, wozu die Noth sie zwang, gab sie mit unsichrer zurückgezogner Hand, als hätte sie gefürchtet, zuviel zu geben, und sie verlor die Frucht ihrer Wohlthaten, weil sie mit filziger Genauigkeit daran stümmelte. Was sie zu wenig war in ihrem ganzen übrigen Leben, war sie zuviel auf dem Throne – eine Frau[1]. Es stand bei ihr, nach Granvella's Vertreibung, die Wohlthäterin des niederländischen Volks[1] zu werden, und sie ist es nicht geworden. Ihr höchstes Gut war das Wohlgefallen ihres Königs, ihr höchstes Unglück seine Misbilligung; bei allen Vorzügen ihres Geistes[22] bleibt sie ein gemeines 〈289〉 Geschöpf, weil ihrem Herzen der Adel[5] fehlte..
[159] Schiller, an C. v. Beulwitz / Ch. v. Lengefeld (26. 1. 1789), NA 25, 190: Mein Geisterseher hat mich dieser Tage etlichemal sehr angenehm beschäftigt [...]. Jezt bin ich eben bey der schönen Griechinn; und um mir ein Ideal zu hohlen, werde ich die nächste Redoute nicht versäumen. Ich möchte gern ein recht romantisches[3] Ideal von einer liebenswürdigen Schönheit[7] schildern, aber dieß muß zugleich so beschaffen seyn, daß es – eine eingelernte Rolle ist, denn meine liebenswürdige Griechinn ist eine abgefeimte Betrügerinn..
[160] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 121: Könnten [...] die Locken an einem schönen Haupte sich mit Anmuth bewegen, so wäre kein Grund mehr vorhanden, warum nicht auch die Aeste eines Baumes, die Wellen eines Stroms, die Saaten eines Kornfeldes, die Gliedmaaßen der Thiere[1], sich mit Anmuth bewegen sollten. Aber die Göttinn von Gnidus repräsentiert nur die menschliche Gattung, und da, wo der Mensch weiter nichts als ein Naturding und Sinnenwesen ist, da hört sie auf, für ihn Bedeutung zu haben. ➢ Volltext.
[161] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 133: Die Schönheit[3] ist daher als die Bürgerin zwoer Welten anzusehen, deren einer sie durch Geburt, der andern durch Adoption angehört; sie empfängt ihre Existenz in der sinnlichen Natur[11], und erlangt in der Vernunftwelt das Bürgerrecht. Hieraus erklärt sich auch, wie es zugeht, daß der Geschmack, als ein Beurtheilungsvermögen des Schönen, zwischen Geist[22] und Sinnlichkeit in die Mitte tritt, und diese beyden, einander verschmähenden Naturen[11], zu einer glücklichen Eintracht verbindet – wie er dem Materiellen die Achtung der Vernunft[1], wie er dem Rationalen die Zuneigung der Sinne[3] erwirbt – wie er Anschauungen zu Ideen adelt, und selbst die Sinnenwelt gewißermaaßen in ein Reich der Freyheit[10] verwandelt. ➢ Volltext.
[162] Schiller, Ästh. Erzieh. (1795), NA 20, 309: Sie wollen mir also vergönnen, Ihnen die Resultate meiner Untersuchungen über das Schöne und die Kunst[2] in einer Reihe von Briefen[3] vorzulegen. Lebhaft empfinde ich das Gewicht, aber auch den Reiz und die Würde dieser Unternehmung. Ich werde von einem Gegenstande sprechen, der mit dem beßten Theil unsrer Glückseligkeit in einer unmittelbaren, und mit dem moralischen Adel[5] der menschlichen Natur[1] in keiner sehr entfernten Verbindung steht..
[163] Schiller, Ästh. Erzieh. (1795), NA 20, 321: Die Griechen beschämen uns nicht bloß durch eine Simplicität, die unserm Zeitalter fremd[5] ist; sie sind zugleich unsre Nebenbuhler, ja oft unsre Muster in den nehmlichen Vorzügen, mit denen wir uns über die Naturwidrigkeit unsrer Sitten zu trösten pflegen. Zugleich voll Form und voll Fülle, zugleich philosophirend und bildend, zugleich zart und energisch sehen wir sie die Jugend der Phantasie[1] mit der Männlichkeit der Vernunft[1] in einer herrlichen Menschheit[3] vereinigen. | Damals bey jenem schönen Erwachen der Geisteskräfte hatten die Sinne[3] und der Geist[22] noch kein strenge geschiedenes Eigenthum; denn noch hatte kein Zwiespalt sie gereizt, mit einander feindselig abzutheilen, und ihre Markung zu bestimmen. Die Poesie[1] hatte noch nicht mit dem Witze[2] gebuhlt, und die Spekulation sich noch nicht durch Spitzfindigkeit geschändet. .
[164] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102 f.: Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie[1] zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie[1] zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie[1] und poetische[4] Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter[1] mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter[1], für sich allein betrachtet, das Ideal schöner Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[165] Schiller, Geisters. (31798), NA 16, 132: Ich sahe sie den langen Kirchgang hinuntergehen. Die schöne Gestalt ist aufgerichtet – Welche liebliche Majestät! Welcher Adel[5] im Gange!.
[166] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 141: Darstellung heißt, eine innere Vorstellung bis zur Anschaulichkeit vor Andere bringen. Diese Vorstellung braucht sich auf kein äußeres Vorbild zu beziehen, im Begriffe[1] der Darstellung liegt die Unabhängigkeit von einer bestimmten Wirklichkeit, wobei die Phantasie[1] selbsttätig wirkt ohne äußeres Vorbild (das Poetische[2] in den Künsten[2]); hingegen bei der Nachahmung findet Abhängigkeit von bestimmter Wirklichkeit statt; das Dargestellte wird immer durch andere Mittel zur Anschaulichkeit gebracht als wodurch es in der Wirklichkeit erscheint; hingegen das Nachgeahmte bedient sich derselben Mittel. Eine zweite Einteilung bezieht sich auf das Nachahmen selbst; man stellt entweder bessere Menschen als sie wirklich sind, oder ebensolche, oder schlechtere. Die Ausdrücke: bessere und schlechtere beziehen sich nicht auf moralische Eigenschaften, sondern auf die gesamte Erscheinung des Menschen, insofern sie edel oder unedel, schön oder häßlich[1] sind. So unterscheidet man die Tragödie von der Komödie dadurch, daß erstere die Menschen ins Schöne idealisiert, und die Komödie ins Häßliche[1] und Lächerliche. .
[167] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 153: [B]ei den Naturgegenständen ist die Natur[2] zweckmäßig, wo sie unsern Sinnen[4] gerade entgegen ist; so bei den häßlichsten[1] Tieren[1], und viele Völker[1] wußten nichts davon, mit dem Nützlichen das Schöne zu verbinden, z. B. in der Baukunst..
[168] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 158 f. (159): Schön〈159〉heit[1] des Gehalts ist von der Schönheit[1] der Objekte zu unterscheiden; häßliche[1] Dinge können schön gedacht werden und umgekehrt..
[169] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 162: Er [sc. Sulzer] macht das Schöne[1] nicht zum obersten, nicht zum einzigen Zweck der Künste[2] und das Häßliche[1] hätte ebenso gegründeten Anteil an der Kunst[2], das oft Schrecken und Furcht errege usw. Hier verwechselt er das Dargestellte mit der Darstellung (die den Gesetzen der schönen[2] Kunst[1], die ein schönes[1] Ganze fordert, angemessen sein muß)..
[170] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 193: Die Kunstgeschichte soll keine Elegie auf verlohrne und unwiederbringliche goldne Zeitalter seyn. Eine solche vollendete Harmonie des Lebens und der Kunst[2] wie in der Griechischen[2] Welt statt fand und die von einer Seite unendlich über unserm jetzigen Zustande ist, wird man in derselben Art nie wiederkommen sehen. Allein jene schöne Periode fiel in die Jugend, ja zum Theil in die Kindheit der Welt, wo sich die Menschheit[1] noch nicht recht auf sich besonnen hatte. Aber wenn einmal ein solches Zusammentreffen auf andre Weise, weit mehr mit Absicht und Bewußtseyn wieder erlangt wird, so kann man zuverläßig voraus sagen, daß es etwas weit größeres und daurenderes seyn wird als die Hellenische Blüthezeit. Wie sehr uns auch die Barbarey und Unpoesie mancher Zeitalter, und vielleicht unsers eignen, abstoßen mag: wer kann wissen, ob nicht der Genius alle diese abweichenden tausendfachen Formen und Gestaltungen der Menschheit[1] selbst, zu einem großen Kunstwerke[2] verarbeitet und ordnet, worin auch die Dissonanzen ihre Stelle finden müssen? Wie in allem der unendliche Fortschritt gefodert wird, so steht sogar zu erwarten, daß er in dieser allgemeinen Metempsychose in immer höhere und mehr geläuterte Organisationen[7] übergehen und zuletzt sich in aetherischer Verklärung darstellen wird..
[171] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 228: Da B.[urke] die Empfänglichkeit für das Schöne und Erhabne bloß aus thierischen Trieben [...] und körperlichen Affectionen herleitet, so hat er vergessen zu erklären, warum den Thieren[1] diese Gefühle abgehn [...]..
[172] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 455: Es giebt kein andres Mittel sich der Gewalt des Schicksals zu entziehen, als sich in die Arme der Vorsehung zu werfen. Dieß that denn auch die Welt, als das Schicksal eben an allem Großen und Herrlichen des Alterthums[3] seine letzten Tücken übte; als die schöne Kunstwelt Griechenlands nach Gesetzen der organischen[6] Auflösung in sich zerfallen war, und die prachtvolle Weltherrschaft Roms durch die Last ihrer eignen Größe erdrückt ward, und die Nemesis des Römischen Übermuthes in barbarischen Horden hereinbrach. Da verlohren die alten[10] Götter[4] ihre Kraft, die laute Freude der Feste schwieg[4], die Orakel verstummten, und der Mensch[1], gleichsam aus seinem 〈geliebten〉 irdischen Wohnsitze ohne Rückhalt vertrieben, mußte eine höhere geistige Heimath suchen. ➢ vgl. [153].
[173] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 49: Ich möchte ihn [sc. Fleming] unter unsern Dichtern vorzugsweise den südlichen[3] nennen, aber er wurde darum seinem Vaterlande nicht fremd[4]: er hatte ein Deutsches Herz und eine Orientalische[2] Fantasie[2]; und wie sich das äußre Leben oft mit dem innern harmonisch gestaltet, so mußte sich auch für ihn durch die holsteinische Gesandtschaft nach Persien die damals unerhört seltne Gelegenheit darbieten, durch Rußland und die tatarischen Steppen bis in die schönsten Gegenden des Orients[1] hinzugelangen, eine Reise, die er mit romantischem[4] Sinne[5] aufgefaßt und herrlich dargestellt hat..
[174] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 74: [W]elch ein ausgearteter Haufe waren diese aus Römischer und einheimischer Abkunft gemischten Provinzialen! Das ist der natürliche[4] Lauf der Dinge: der Schwache und Feige ist ein gebohrner Knecht, dem Tapfern gehört die Welt. Dafür, daß sie arbeiten, und ihre Herren von dem Ertrag reichlich erhalten mußten, wurden sie beschützt, und waren von Kriegsdiensten beynah ganz frey. Es wurden so zwar auch Knechte gestellt, aber es kam wenig auf sie an, alles ward durch die Schwergerüsteten entschieden, deren Bewaffnung jenes schwache Geschlecht gar nicht zu führen im Stande war. Dieß ist nun auch die ursprünglich auf Realität gegründete Entstehung der Begriffe vom Adel[2]. Die Eroberer waren nicht bloß an Rang und politischen Vorrechten über die Unterjochten willkührlich erhoben: sie waren ihnen in Wahrheit durch Muth, wackre Gesinnungen, Stärke, ja selbst an edler schöner Gestalt und an Leibesgröße unendlich überlegen. .
[175] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 173: Der Chor [...] war Repräsentant einer harmonisch frey[13] versammelten Menge d. i. eines Volksfestes. Dieß war er immer, wenn er auch, wie in den Tragödien eine ernste ja traurige Handlung[3] feyerte. Es war immer Feyer, ein wirkliches Volksfest konnte sich ja auch auf dergleichen beziehen, denn wir müssen hier ganz unsern rohen Begriff[1] entfernen, die Volksfeste waren die künstlerisch organisirte[7] öffentliche Geselligkeit überhaupt, der schönste Selbstgenuß der Staaten. – So war in der Ode aus der ihr eignen contemplativen Concentration die heiterste[5] Geselligkeit wiederhergestellt. Daher die Neigung zur Fröhlichkeit auch in der höheren Lyrik der Alten[10], die auf uns gekommnen Gesänge des Pindar athmen in der That festliche Freude an einer festlichen Freude. | Bey den Neueren[3] geht nun die Richtung im allgemeinen mehr auf das Subjektive und Ideale, und es findet sich kein solches Gegengewicht, welches den lyrischen Sänger in die äußere Welt zurückriefe. Daher ist der Charakter[1] der eigenthümlich romantischen[12/9] Ode, der Canzone, statt der geselligen Heiterkeit[4] des Chores, vielmehr einsiedlerisch schwermüthig, und es ist ein vorwaltender Hang zur beschaulichen Vertiefung in sich selbst, in die Abgründe des eignen Gemüths, sichtbar..
[176] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 337: Das Lateinische war keinesweges eine sanfte Sprache[3]: sonor allerdings, jedoch nicht milde, und den Griechen fiel sehr vieles darin als unerträgliche Härte auf. Die Altgermanischen Dialekte[1] der einwandernden Eroberer waren vollends in jener Zeit[3] rauh und ungeschlacht. Und dennoch sind aus der Verschmelzung dieser beyden Bestandtheile die sanftesten und anmuthigsten[1] Sprachen[3] des neueren[3] Europa hervorgegangen. [...] Ich glaube [...], daß Mischung und Verschmelzung mehrerer Idiome ein besonders günstiger Umstand für die Sprachbildung ist. Es erfolgt nämlich, ehe sie sich amalgamiren, ein Zeitraum der Anarchie und Verwirrung, wo der große Haufe, beyder Sprachen[3] nicht recht mächtig, spricht, wie er will und kann. Ist nun Anlage und Sinn[5] für das Schöne da, so kann eben diese Unsicherheit und Unbestimmtheit Anlaß werden, daß das Angenehmere gewählt, Härten weggeschliffen, die Aussprache überhaupt gemildert werde u. s. w.: und so ist eben Barbarey und Idiotismus im Sprechen Quelle einer ganz 〈338〉 neuen[1] Vollkommenheit..
[177] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 111 f. (112): Andre haben sich begnügt zu sagen, was uns zu tragischen Darstellungen hinzieht, sey das Bedürfnis heftiger Erschütterungen, um uns aus der Dumpfheit des alltäglichen Lebens zu reißen. Dieß Bedürfniß ist vorhanden, ich habe es anerkannt, als ich vom Reiz des Schauspiels überhaupt redete; es hat den Thiergefechten, bey den Römern sogar den Fechterspielen ihren Ursprung gegeben. Aber sollten wir, weniger verhärtet, und zu zarteren Rührungen geneigt, Halbgötter und Helden in die blutige Arena der tragischen Bühne herabsteigen zu sehen verlangen, wie verworfene Gladiatoren, nur um unsre Nerven durch den Anblick ihrer Leiden zu erschüttern? Nein, es ist nicht der Anblick des Leidens, was den Reiz 〈112〉 eines Trauerspiels ausmacht, oder der Spiele des Circus, oder selbst der Thiergefechte. In diesen sieht man Gewandtheit, Stärke und Muth sich entwickeln, lauter Eigenschaften, die geistigen und sittlichen Fertigkeiten des Menschen verwandt sind. Was in einem schönen Trauerspiel aus unsrer Theilnahme an den dargestellten gewaltsamen Lagen und zerreißenden Leiden eine gewisse Befriedigung hevorgehen läßt, ist entweder das Gefühl der Würde der menschlichen Natur[1], durch große Vorbilder geweckt, oder die Spur einer höheren Ordnung der Dinge, dem scheinbar unregelmäßigen Gange der Begebenheiten eingedrückt, und geheimnißvoll darin offenbart, oder beydes zusammen. ➢ Volltext.
[178] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 304: Es bleibt nichts übrig, als die aus den verschiedenen Gemeinschaften entspringenden Verwirrungen vorzuführen, besonders aus der Gemeinschaft der Frauen[1], und der verordneten Gleichheit der Rechte in der Liebe für die alten[2] und häßlichen[1], wie für die jungen und schönen. ➢ Volltext.
[179] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 7: Der dichterische Geist[20] bedarf allerdings einer Umgränzung, um sich innerhalb derselben mit schöner Freyheit[1] zu bewegen, wie es alle Völker[1] schon bey der ersten Erfindung des Sylbenmaßes gefühlt haben; er muß nach Gesetzen, die aus seinem eig〈8〉nen Wesen herfließen, wirken, wenn seine Kraft nicht ins Leere hinaus verdunsten soll. ➢ Volltext.
[180] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 13 f. (14): Die antike[2] Kunst[11] und Poesie[11] geht auf strenge Sonderung des Ungleichartigen, die romantische[12] gefällt sich in 〈14〉 unauflöslichen Mischungen; alle Entgegengesetzten: Natur[19] und Kunst[13], Poesie[3] und Prosa[1], Ernst und Scherz, Erinnerung und Ahndung[1], Geistigkeit und Sinnlichkeit, das Irdische und Göttliche, Leben und Tod, verschmelzt sie auf das innigste mit einander. [...] [D]ie gesamte alte[10] Poesie[11] und Kunst[11] [ist] gleichsam ein rhythmischer Nomos, eine harmonische Verkündigung der auf immer festgestellten Gesetzgebung einer schön geordneten und die ewigen Urbilder der Dinge in sich abspiegelnden Welt. Die romantische[12/4] hingegen ist der Ausdruck des geheimen Zuges zu dem immerfort nach neuen[1] und wundervollen Geburten ringenden Chaos, welches unter der geordneten Schöpfung, ja in ihrem Schooße sich verbirgt: der beseelende Geist[12/1] der ursprünglichen Liebe schwebt[1] hier von neuem[2] über den Wassern. Jene ist einfacher, klarer, und der Natur[2] in der selbständigen Vollendung ihrer einzelnen Werke ähnlicher; diese, ungeachtet ihres fragmenta〈15〉rischen Ansehens, ist dem Geheimniß des Weltalls näher. Denn der Begriff[5] kann nur jedes für sich umschreiben, was doch der Wahrheit nach niemals für sich ist; das Gefühl wird alles in allem zugleich gewahr. ➢ Volltext.
[181] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 137: Romeo und Julia ist ein Gemählde der Liebe und ihrer beklagenswerthen Schicksale in einer Welt, deren Atmosphäre zu rauh für diese zarteste Blüthe des menschlichen Daseyns ist. Zwey für einander geschaffne Wesen werden sich beym ersten Erblicken alles; jede Rücksicht verschwindet vor dem unwiderstehlichen Triebe eins im andern zu leben; sie verbinden sich insgeheim unter widerstrebenden Verhältnissen, bloß auf den Schutz der unsichtbaren Mächte vertrauend; durch Schlag auf Schlag erfolgende feindselige Vorfälle wird ihre heldenmüthige Treue in wenigen Tagen auf die Probe gestellt, bis sie, gewaltsam getrennt, durch einen freywilligen Tod sich im Grabe und jenseit des Grabes wieder vereinigen. Alles dieß findet sich schon in der schönen Geschichte[9], die Shakspeare nicht ersonnen hat, und die, auf das einfachste erzählt, immer eine zärtliche Theilnahme erregen wird. Aber Shakspeare'n war es vorbehalten, Reinheit des Herzens und Glut der Einbildungskraft, Anmuth und Adel[5] der Sitten und 〈138〉 leidenschaftlichen Ungestüm in einem idealischen[1] Gemählde zu verbinden. ➢ Volltext.
[182] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (21817), 3 f.: Die allgemeine philosophische Theorie der Poesie[1] und der übrigen schönen[2] Künste[1] stellt die Grundgesetze des Schönen[1] auf, die allen mit einander gemein sind. Jede Kunst[2] hat ferner ihre besondere Theorie, welche darauf abzweckt, die Gränzen, die Schwierigkeiten und die Mittel dieser Kunst[2] kennen zu lehren. Hiezu werden wissenschaftliche Erörterungen erfo〈4〉dert, welche dem Künstler nützlich, aber wenig anziehend für solche Freunde der Kunst[2] sind, die nur die Hervorbringungen ausgezeichneter Geister[32] genießen wollen. Die allgemeine Theorie hingegen zergliedert eine der menschlichen Natur[1] wesentliche Eigenschaft: die Fähigkeit das Schöne[1] zu empfinden, woraus das Bedürfniß der schönen[2] Künste[1] und das Wohlgefallen daran entsteht; sie zeigt das Verhältniß zwischen dieser Fähigkeit und allen übrigen sittlichen und erkennenden Fähigkeiten des Menschen. Sie ist also sehr wichtig für den Denker, aber an sich allein reicht sie nicht hin, um zur Führerin bey Ausübung der Kunst[2] zu dienen. | Die Geschichte[4] der schönen[2] Künste[1] lehrt uns, was geleistet worden, die Theorie, was geleistet werden soll. Ohne ein verbindendes Mittelglied würden beyde abgesondert und unzulänglich bleiben. Die Kritik[2] ist es, welche die Geschichte[4] der Künste[2] aufklärt, und ihre Theorie fruchtbar macht. Die Vergleichung und Beurtheilung der vorhandenen Hervorbringungen des menschlichen Geistes[11] muß uns die Bedingungen an die Hand geben, die zur Bildung[1] eigenthümlicher und gehaltvoller Kunstwerke[2] erforderlich sind..
[183] C. Schlegel, an S. Bernhardi (4. 1. 1802), C 2, 251: [Über die Uraufführung von A. W. Schlegels Ion:] Es fehlte gar nichts, als daß sie [sc. die Hauptdarstellerin Karoline Jagemann; ❏] die Hymne nicht singen konnte, weil die Musik[10] erst am Tage zuvor kam. Sie hat dafür desto schöner gesprochen, mehr musikalisch[3] wie deklamatorisch, wie es, dünkt mich, recht war. Das Metrum trat ganz hervor und wurde durch einzelne Takte auf dem fortepiano ackompagnirt, die man aus der eben erhaltnen Musik[10] genommen hatte, indeß sie auf der Leyer zu spielen schien. Das Stück wird heut noch ohne die Composition wiederholt, die 〈252〉 aber der dritten Aufführung einen neuen[1] Reiz geben soll. Sie soll sehr gut gerathen seyn..
[184] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 166, Nr. 119: Gäbe es aber auch noch eine Natur[12] so konsequent schön und klassisch[3], daß sie sich nackt zeigen dürfte, wie Phryne vor allen Griechen: so giebts doch kein Olympisches Publikum[4] mehr für ein solches Schauspiel. ➢ Volltext.
[185] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 180: Es giebt eine gewisse Art der Ungenügsamkeit, welche ein sichres Kennzeichen der Barbarey ist. So diejenigen, welche nicht zufrieden damit, daß die Griechische[2] Poesie[11] schön sey, ihr einen ganz fremdartigen Maßstab der Würdigung aufdringen, in ihren verworrnen Prätensionen alles Objektive und Subjektive durch einander mischen, und fordern, daß sie interessanter[1] seyn sollte. Allerdings könnte auch das Interessanteste[1] noch interessanter[1] seyn, und die Griechische[2] Poesie[11] macht von diesem allgemeinen Naturgesetz keine Ausnahme. Alle Quanta sind unendlich progressiv[3], und es wäre wunderbar, wenn unsere Poesie[11] durch die Fortschritte aller vorigen Zeitalter bereichert an Gehalt die Griechische[2] nicht überträfe. ➢ Volltext.
[186] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 14, Nr. 51: Naiv[2] ist, was bis zur Ironie[3], oder bis zum steten Wechsel von Selbstschöpfung und Selbstvernichtung natürlich[2], individuell oder klassisch[5] ist, oder scheint. [...] Das schöne, poetische[1], idealische[1] Naive[2] muß zugleich Absicht, und Instinkt seyn. ➢ Volltext.
[187] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 129, Nr. 418: [D]er Sternbald vereinigt den Ernst und den Schwung des Lovell mit der künstlerischen Religiosität des Klosterbruders und mit allem was in den poetischen[4] Arabesken, die er aus alten[1] Mährchen gebildet, im Ganzen genommen das Schönste ist: die fantastische[2] Fülle und Leichtigkeit, der Sinn[5] für Ironie[3], und besonders die absichtliche Verschiedenheit und Einheit des Kolorits. Auch hier ist alles klar und transparent, und der romantische[4/12/1/9] Geist[11/12?] scheint angenehm über sich selbst zu fantasiren. ➢ Volltext.
[188] F. Schlegel, Goethe's Meister (1798), 157: [I]n Mignons und des Alten[2] romantischen[7] Gesängen offenbart sich die Poesie[3/4] [...] als die natürliche[4] Sprache[4] und Musik[2] schöner Seelen. ➢ Volltext.
[189] F. Schlegel, Goethe's Meister (1798), 175: Nathalie verbreitet ihre wohlthätigen Wirkungen durch ihr bloßes Daseyn in der Gesellschaft: Therese bildet eine ähnliche Welt um sich her, wie der Oheim. Es sind Beyspiele und Veranlassungen zu der Theorie der Weiblichkeit, die in jener großen Lebenskunstlehre nicht fehlen durfte. Sittliche Geselligkeit und häusliche Thätigkeit, beyde in romantisch[3/7] schöner Gestalt, sind die beyden Urbilder, oder die beyden Hälften eines Urbildes, welche hier für diesen Theil der Menschheit[2] aufgestellt werden. ➢ Volltext.
[190] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 79: Auf einem andern ganz neuen[1], aber nur einmal anwendbaren Wege gelang es dem Guarini, im Pastorfido, dem größten ja einzigen Kunstwerke[3] der Italiäner nach jenen Großen, den romantischen[12] Geist[12] und die classische[7] Bildung[10] zur schönsten Harmonie zu verschmelzen [...]. ➢ Volltext.
[191] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 101 ff. (103): Einen großen Vorzug hat die Mythologie. Was sonst das Bewußtseyn ewig flieht, ist hier dennoch sinnlich geistig zu schauen, und festgehalten, wie die Seele in dem umgebenden Leibe, durch den sie in unser Auge schimmert, zu unserm Ohre[4] spricht. | Das ist der eigentliche Punkt, daß wir uns wegen des Höchsten nicht so ganz allein auf unser Gemüth verlassen. Freylich, wem es da trocken ist, dem wird es nirgends quillen; und das ist eine bekannte Wahrheit, gegen die ich am wenigsten gesonnen bin mich aufzulehnen. Aber wir sollen uns überall an das Gebildete anschließen und auch das Höchste durch die Berührung des Gleichartigen, Aehnlichen, oder bey 〈102〉 gleicher Würde Feindlichen entwickeln, entzünden, nähren, mit einem Worte[1] bilden. [...] | Die Mythologie ist ein solches Kunstwerk[1] der Natur[2]. In ihrem Gewebe ist das Höchste wirklich gebildet; alles ist Beziehung und Verwandlung, angebildet und umgebildet, und dieses Anbilden und Umbilden eben ihr eigenthümliches Verfahren, ihr innres Leben, ihre Methode, wenn ich so sagen darf. | Da finde ich nun eine große Aehnlichkeit mit jenem großen Witz[2] der romantischen[12/4] Poesie[22], der nicht in einzelnen Einfällen, sondern in der Construction des Ganzen sich zeigt, und den unser Freund uns schon so oft an den Werken des Cervantes und des Shakspeare entwickelt hat. Ja diese künstlich geordnete Verwirrung, diese reizende Symmetrie von Widersprüchen, dieser wunderbare ewige Wechsel von Enthusiasmus und Ironie[1], der selbst in den kleinsten Gliedern des Ganzen lebt, scheinen mir schon selbst eine indirekte Mythologie zu seyn. Die Organisazion[8] ist dieselbe und gewiß ist die Arabeske die älteste[1] und ursprüngliche Form der menschlichen Fantasie[2]. Weder dieser Witz[2] noch eine Mythologie können bestehn ohne ein erstes Ursprüngliches und Unnachahmliches, was schlechthin unauflöslich ist, was nach allen Umbildungen noch die alte[5] Natur[1/19] und Kraft durchschimmern läßt, wo der naive[2] Tiefsinn den Schein des Verkehrten 〈103〉 und Verrückten, oder des Einfältigen und Dummen durchschimmern läßt. Denn das ist der Anfang aller Poesie[11], den Gang und die Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft[1] aufzuheben und uns wieder in die schöne Verwirrung der Fantasie[2], in das ursprüngliche Chaos der menschlichen Natur[1/19] zu versetzen, für das ich kein schöneres Symbol bis jetzt kenne, als das bunte[2] Gewimmel der alten[10] Götter[5]. ➢ Volltext.
[192] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 174 f. (175): Das Charakteristische[1] im Tasso ist der Geist[12] der Reflexion und der Harmonie; nämlich daß alles auf ein Ideal von harmonischem Leben und harmonischer Bildung[2] bezogen und selbst die Disharmonie in har〈175〉monischem Ton[12] gehalten wird. Die tiefe Weichlichkeit einer durchaus musikalischen[7] Natur[17] ist noch nie im Modernen[1] mit dieser sinnreichen Gründlichkeit dargestellt. Alles ist hier Antithese und Musik[7], und das zarteste Lächeln der feinsten Geselligkeit schwebt[5] über dem stillen Gemählde, das sich am Anfange und Ende in seiner eignen Schönheit[1] zu spiegeln scheint. Es mußten und sollten Unarten eines verzärtelten Virtuosen zum Vorschein kommen: aber sie zeigten sich im schönsten Blumenschmuck der Poesie[3] beynah liebenswürdig. Das Ganze schwebt[5] in der Atmosphäre künstlicher Verhältnisse und Misverhältnisse vornehmer Stände, und das Räthselhafte der Auflösung ist nur auf den Standpunkt berechnet, wo Verstand[1] und Willkühr allein herrschen, und das Gefühl beynah schweigt. ➢ Volltext.
[193] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 50: Eine gründliche Kenntniß jener schönen südlichen Poesie[11], die wir vorzugsweise die romantische[15/12] zu nennen gewohnt sind, ist [...] nothwendig [...]. ➢ Volltext.
[194] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 54: Die Anfänge der spanischen, oder für jene ältere[1] Zeit[3] besonders genauer zu reden, der castilianischen Poesie[11], sind sehr einfach. Lieder in der eigenthümlichen spanischen ganz musikalischen[5], äußerst zarten und wortspielenden Form, worin es wohl nicht leicht eine andre Sprache[3] dieser gleich thun wird; das ist die eigenthümlichste Blüthe dieses Bodens. Man könnte noch die Ritterbücher dazu rechnen, besonders den Amadis wegen des schönen Styls; auch weil sich, wenn gleich die erste Anlage dieses durchaus rein erfundnen Romans[1] den Nordfranzosen gehören sollte, wie so mancher andre romantische[1] Stoff, der aber erst durch die Deutschen, Italiäner und Spanier 〈55〉 Form erhielt, viele andre Ritterdichtungen doch erst in Spanien daran angeschlossen haben. ➢ Volltext.
[195] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 58: [Die portugiesische Sprache[3] ist] an sich schön [...] und [gehört] zur Vollständigkeit des ganzen Systems der aus dem verdorbenen Lateinischen mit allerlei Modificationen entstandenen provenzalischen oder romantischen[15] Sprachen[3] wesentlich mit [...]. ➢ Volltext.
[196] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 66: Man hat die Einmischung alter[10] Fabel in die christliche Denkart tadeln wollen. Aber warum wäre ein gänzliches Vergessen gleichsam der alten[10] Fabel ein absolutes Stillschweigen darüber in einem christlichen Gedichte nothwendig? In welcher Zeit des Christenthums hat jenes geforderte absolute Vergessen der alten[10] Fabel je Statt gefunden, oder auch nur Statt finden können? Camoens gebraucht sie als eine schöne Bildersprache für sinnreiche Allegorie, wie auch andre Dichter und Mahler der romantischen[12] Zeit[3] oft mit mancher willkührlichen Neuerung sie betrachteten und gebrauchten. ➢ Volltext.
[197] F. Schlegel, Reis. n. Frankr. (1803), 5: Der Augenblick stand mir noch oft lebhaft vor Augen, in welchem wir von dem Dome zu Meissen auf die Elbe und das romantische[3/7] Thal heruntersahen, das mir so theuer ist, weil ich hier zuerst die Natur[2] in schönerer Gestalt sahe, und mehr als einmal nach einem Zwischenraum von mehrern Jahren dieselbe geliebte Gegend voll von Erinnerung und doch mit dem frischen Reiz eines neuen Eindrucks wieder sahe. ➢ Volltext.
[198] F. Schlegel, Reis. n. Frankr. (1803), 7: Die Reise von da [sc. Weimar] bis Frankfurt führt durch größtentheils angenehme und mannichfaltige, ja sogar schöne Gegenden, aber keine derselben kommt dem Eindrucke gleich, welchen die Wartburg zu Eisenach mir gegeben hat. Schöneres hab' ich in Deutschland nichts gesehen, als diese Burg auf einem einzelnen, ehedem ganz waldum〈8〉kränzten Berge, rundum von Felsen und Thälern und Hügeln umschlossen. Der Anblick des Abends ward noch durch ein heraufsteigendes Gewitter verschönt, vielleicht auch durch den Ruhm des Namens und durch die Erinnerung an die Zeiten, da die Poesie[11] hier in voller Blüthe stand, und durch ganz Deutschland das allgemeine Element des Lebens, der Liebe und der Freude war. Nur der Rhein hat noch einen gleichen Eindruck auf mich machen können. [...] Ich kann nur von den Betrachtungen und von den Empfindungen reden, die sie in mir erregt haben. Wenn man solche Gegenstände sieht, so kann man nicht umhin, sich zu erinnern, was die Deutschen ehedem waren, da der Mann noch ein Vaterland hatte. Man fühlt es recht und glaubt es zu verstehen, beim Anblick solcher Felsenschlösser, wie die Wartburg, warum die Alten auf den Höhen des Landes in ihren Burgen lebten und welche Lebensfreude damit verbunden war. Seitdem nun die Menschen herabgezogen sind zu einander und sich alles um die Landstrassen versammelt hat, gierig nach fremden[1] Sitten wie nach fremden[1] Gelde, stehen die Höhen und Burgen verlassen und die Kunst[6] scheint verloren, dieses herrliche Land auf die edelste und angemessenste Art zu bewohnen und zu beherrschen. ➢ Volltext.
[199] F. Schlegel, Zur Poesie III (*1803), KFSA 16, 455, Nr. 19: Es giebt nur zwei Dialekte[1] 1) d.[er] harte a t h (o) 2) der weiche sh, b, i, u. / Das macht gleichsam zwei Tonarten (Moll und Dur), der Unterschied der häßlichen[1] und d[er] schönen productiven Sylben – noch zwei. .
[200] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 214: Daher finden wir diesen sogenannten orientalischen[2] Charakter[4] eben so wohl in vielen Dichtern des Mittelalters (auch in italiänischen und deutschen, nicht bloß in spanischen) als in den romantischen[1/4] Dichtungen der Perser und Araber, ohne daß wir desfalls zu dem Einfluß der Kreuzzüge unsre Zuflucht zu nehmen brauchten, da die gleichen Umstände in Europa wie in Asien dieselben Folgen hervorrufen mußten. Wie paßt nun aber diese Farbengluth zu der prosaischen[3] Trockenheit der Chinesischen Bücher, oder zu der schönen Einfalt des indischen Styls? Zwar in der Sokuntola des Kalidas fehlt es auch nicht an Blumenschmuck und Bilderfülle; doch auch hier ohne alle Ueberspannung. ➢ Volltext.
[201] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 483: So wie aber unter den protestantischen Ländern England in der Verfassung der geistlichen[2] Gewalt und in den äußern Gebräuchen und Einrichtungen noch am meisten von der alten[6] Kirche beybehielt, so blühte auch hier die Poesie[11] zuerst wieder in kunstreicher Gestalt und schöner Bildung[10] empor und zwar ganz sich anschließend an die romantische[7] Weise der südlichen katholischen Völker[1]. ➢ Volltext.
[202] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 126: Überhaupt würde man sehr irren, wenn man glaubte, der Liebe der alten[10] Poeten, die freylich nicht so um die Begriffe[2] der Ehre und die Bilder des Himmels tändelte oder anbetete, wie die romantische[12] habe irgend ein Reiz gefehlt, den die geistreichste Geselligkeit, die reizbarste Leidenschaftlichkeit bey gebildeter und schöner Sinnlichkeit und ein zartes Gemüth verleihen können. ➢ Volltext.
[203] J. Schopenhauer, Tante II (1823), 166: Ohne daß er etwas davon ahnete[2], ging die Geschichte[9] der schönen Rosabella gar bald wie ein Lauffeuer von Ohr[4] zu Ohr[4], die halbe Stadt wußte darum, bewunderte die seltne Frechheit des jungen Mannes und war auf den Ausgang begierig [...]..
[204] J. Schopenhauer, R. Wood II (1837), 195: Das schöne Thier[3], mit den netten zierlichen Füßen, wie tanzte es, wie brüstete es sich als es meine junge Gebieterin trug!.
[205] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 54: Die Welschen haben eigentlich nur drey Classen[1] von Sängern und Sängerinnen, nähmlich: Sopranisten, Altisten und Tenoristen; den Alt theilen sie ein in den hohen und Contraalt. Die herzerschütternde Baßstimme vernachlässigen sie aber aus Caprice, oder aus Mangel solcher Stimmen[15], und wenden sie nur in der Opera buffa an. Vielleicht gibt es auch in einem Lande, wo man nichts als Wein trinkt, wenige schöne Baßstimmen..
[206] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 230: Seine in zwey Bänden herausgegebenen Lieder [...] schimmern sonderlich auf den Clavierpulten des schönen Geschlechts[2]..
[207] R. Schumann, Tageb. I (*1829), 44: Ein Zug ist allen Frankfurter Mädchen gemein – der Charakter[5] einer deutschen, männlichen Wehmuth, den wir oft in anderen ehemaligen Reichsstädten finden – Charaktervoll sind fast alle Gesichter – geistreich viele, schön wenige – die Nasen sind meist griechisch[6] u. oft eingestülpt – der Dialect[1] gefällt mir nicht[.].
[208] R. Schumann, Tageb. I (*1829), 46: Burgunder im Wagen – die vollgepfropfte Equipage [...] – ein gewesener Student – eine schöne Maitresse eines r.[eichen] Kaufmann's aus Wiesbaden mit griechischem[6] Gesichtsschnitte[.].
[209] R. Schumann, Tageb. I (*1829), 50: Abends zu Rosen – [...] zu Hause schöne Fantasie[19] am Clavier[.].
[210] R. Schumann, Hummel (1834), 73: Ruhe, Grazie, Idealität, Objectivität, die Träger der antiken[2] Kunstwerke[2], sind die der Mozart'schen Schule. Wie der menschliche Grieche seinen donnernden Jupiter noch mit heiterm[4] Gesicht zeichnete, so hält Mozart seine Blitze. | [...] Sollte diese helle Art zu denken und zu dichten vielleicht einmal durch eine formlosere, mystische verdrängt werden, wie es die Zeit[9] will, die ihre Schatten auch auf die Kunst[2] wirft, so mögen dennoch jene schönen Kunstalter nicht vergessen werden, die Mozart regierte und die zuerst Beethoven schüttelte in den Fugen, daß es bebte, vielleicht nicht ohne Zustimmung seines Vorfürsten Wolfgang Amadeus. Später usurpirte Carl Maria von Weber und einige Ausländer den Königsthron. Als aber auch diese abgetreten, verwirrten sich die Völker[1] mehr und mehr und wenden und strecken sich nun in einem unbequemen classisch[5]-romantischen[8] Halbschlaf..
[211] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 11: Der Weg von Peterswalde nach Außig ist rauh, aber schön; von Außig, wo man wieder an die Elbe kommt, romantisch[3] wild, links und rechts an dem Fluße hohe Berge mit Schluchten, Felsenwänden und Spitzen..
[212] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 162: Eben habe ich Canova gesehen und unsere Freunde, Reinhart und Fernow. Es ist überall wohlthätig, wenn sich verwandte Menschen treffen; aber wenn sie sich auf so klassischem[3] Boden finden, gewinnt das Gefühl eine eigene Magie schöner Humanität..
[213] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 168: Die Gegend ist [...] eine der schönsten in Italien, und das romantische[4] Gemisch von Wildheit und Kultur[2], die hier zu kämpfen scheinen, macht, wenn man aus der Oede Roms kommt, einen sonderbaren wohlthätigen Eindruck..
[214] Seume, Sommer (1806), 231 f.: Kopenhagen liegt zwar nicht so schön[1] und romantisch[3], wie Stockholm, aber es hat eine Menge sehr angenehmer freundlicher Parthien: und wenn man an einem schönen[4] Abend in einem Boote auf der Rhede über die große Batterie hinaus fährt, hat 〈232〉 man rund umher einen Anblick, den man wahrscheinlich in der ganzen Ostsee nicht mehr hat. Auf einiger Höhe sieht man das schöne[1] Ufer von Seeland bis an den Sund, und die schwedische Küste bis fast hinauf nach Malmoe. Selbst Neapel hat nur den Vorzug der üppigern Natur[2] und der klassischen[7] Umgebungen: Kultur[4/2] des Landes und Humanität stehen hier im allgemeinen unstreitig höher..
[215] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 422: Die chinesischen Gärtner suchen, wie die europäischen Mahler, die angenehmsten Gegenstände einzeln in der Natur[2] auf, und bemühen sich dieselben so zu vereinigen, daß nicht nur jeder für sich gut angebracht sey, sondern aus ihrer Vereinigung zugleich ein schönes Ganzes entstehe. | Sie unterscheiden dreyerley Arten von Scenen, die sie lachende, fürchterliche und bezaubernde nennen. Die letzte Art ist die, die wir romantisch[3/4] nennen, und die Chineser wissen durch mancherley Kunstgriffe sie überraschend zu machen. Sie leiten 〈423〉 bisweilen einen rauschenden Bach unter der Erde weg, der das Ohr[2] derer, die an die Stellen, darunter sie wegströhmen, kommen, mit einem Geräusche rühret, dessen Ursprung man nicht erkennt. Andremal machen sie ein Gemäuer von Felsen, oder bringen sonst in Gebäuden und andern in den Garten angebrachten Gegenständen Oefnungen und Ritzen so an, daß die durchstreichende Luft fremde[4] und seltsame Töne[1] hervorbringt..
[216] L. Tieck, an Wackenroder (12. 6. 1792), VL 2, 51: Endlich stieg ich auf die Felsen, die schönste Gegend bei Giebichenstein, wie alles romantisch[3/4/7/13] vor mir lag, mir war, als lebt' ich in der fernsten Vergangenheit, die Ruinen des Ritterschlosses blickten so ernsthaft nach mir hin, die Felsen gegen über, die Felsen über mir, die wankenden Bäume, das Hundebellen, alles war so schauerlich, alles stimmte die Phantasie[1] so rein, so hoch..
[217] L. Tieck, an Wackenroder (28. 12. 1792), VL 2, 107: Vertiefe Dich übrigens ja nicht zu sehr in die Poesie[11] des Mittelalters, es ist so ein erstaunliches Feld von Schönheit[3] vor uns, ganz Europa und Asien und vorzüglich das alte[10] Griechenland und das neue[5] England, daß ich fast verzweifle, mich je an diese Nachklänge der Provencalen zu wagen. Vergiß ja über das angenehme das wahre schöne nicht. Soviel ich die Minnesänger kenne, herrscht auch eine erstaunliche Einförmigkeit in allen ihren Ideen, es ist überhaupt schon gar keine Empfehlung für den poetischen[4] Geist[20] dieses Zeitalters, daß es nur diese eine Art von Gedichten gab, nur diesen Zirkel von Empfindungen, in denen sich jeder wieder mit mehr oder weniger Glück herumdrehte..
[218] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 254: Wir ritten nun weiter, die Gegend und das Wetter wurden immer schöner[1/4], wir kamen durch mehrere sehr reizend liegende Dörfer, die Berge wurden nach und nach immer größer, die Gegend immer romantischer[3], bei Hirschberg liegt an einem gegenüberliegenden hohen Berge eine kleine Capelle äußerst schön[1] und einsam, 〈255〉 auf dem Rathsberge bei Erlangen kann ich sie immer ihrer Höhe wegen sehn und ich freue mich jedesmahl..
[219] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 271: Wir ritten itzt über eine schöne Ebene, ringsum von Bergen und Wäldern eingeschlossen, vor uns lag eine alte[1] Burg mit ihren Ruinen sehr ehrwürdig und romantisch[3] auf einem Berge..
[220] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Juli/Anf. Aug. 1793), VL 2, 273: Es war anfangs nebligt und ziemlich kalt, nur an einzelnen Stellen brachen die Sonnenstrahlen durch und malten helle Streifen schön und romantisch[3/7/8] in die finstre Landschaft..
[221] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 280: Wir gingen dann in einen Hain, der auf dem Berge nicht weit von der Vestung liegt, ich habe noch fast nichts so schönes gesehen, ein kleiner Wald mit Gängen, die alle äußerst romantisch[3] sind, und alle Augenblicke hat man dann eine göttliche Aussicht durch die Bäume. Besonders schön war es, als wir herumgingen und uns auf die Spitze eines Berges stellten, der die ganze Gegend übersieht, hier und bei Berneck und der Roßtrappe sind die schönsten Gegenden, die ich bis itzt kenne..
[222] L. Tieck, an S. Tieck (2. 5. 1793), VL 2, 246: Die Gegend war nun schon sehr reizend, Berge wechselten mit Ebenen und zuweilen ließen sich auch schon Felsen verspüren. Am Mittag kamen wir in Weissenfels an, nachdem wir Merseburg und mehrere Städte rechts hatten liegen sehn. Von hier wird die Gegend prächtig, die Saale schlägt sich in hundert Krümmungen durch grüne waldbewachsne Wiesen, eine Menge Mühlen rauschen im Thal und brausen in schäumenden Wasserfällen, am jenseitigen Ufer hohe Weinberge mit einer unendlichen Menge von niedlichen Winzerhäuschen, links Felsen die kühn auf einander gepackt sind und über die Stadt drohend hängen, die man selbst über die Strassen hängen sieht, wenn man durch die Stadt fährt, ein grosses Schloß, das prächtig über die ganze Gegend hinsieht. – Hinter Weissenfels wird die Gegend immer romantischer[3], sie ist dort fast so schön, wie ich manche im Harz gesehn habe, beständig Weinberge und grosse Felsen, wo man dicht neben tiefe Abgründe hinfährt. Die Saale ging immer mit uns, in der Ferne Ruinen, es war ein göttlicher Nachmittag [...]. [...] Vor Naumburg kömmt man an ein verfallnes Ritterschloß, es liegt göttlich unter lauter Felsen, die Gegend wird hier immer wilder, ich dachte unaufhörlich an Götz von Berlichingen und Göthe [...]..
[223] L. Tieck, W. Lovell I (1795), 42: London kömmt mir, ohngeachtet der vielen Menschen, sehr einsam vor, meine Zimmer sind mir ganz fremd[4] geworden, alles ist so eng und düster, man sieht kein Feld, keinen Baum, – wenn ich dagegen an den reizenden Wald denke, an den kleinen Wasserfall neben der Wiese, an den grünen Hügel, von wo man die romantische[3] Aussicht über den Fluß und die Felsenwände hat; – wie schön war es doch, wenn die Sonne hinter den Felsen untergieng und der krummgewordene Strom in einen rothen Glanz erglühte, – und dann jene Allee, wo die Nachtigall am Morgen im Lindenbaume sang, wo Lovell mir oft den Oßian vorlas, – ich war nur so kurze Zeit[6] von hier entfernt, aber ich habe mich schon ganz verwöhnt. ➢ Volltext.
[224] L. Tieck, W. Lovell I (1795), 85: Ich hasse die Menschen, die mit ihrer nachgemachten kleinen Sonne in jede trauliche Dämmerung hineinleuchten und die lieblichen Schattenphantome verjagen, die so sicher unter der gewölbten Laube wohnten. In unserm Zeitalter ist es vielleicht Tag geworden, aber das romantische[13/8] Mondlicht war schöner, als dieses graue Licht des wolkigen Himmels; den Durchbruch der Sonne und das reine Aetherblau müssen wir erst von der Zukunft erwarten. ➢ Volltext.
[225] L. Tieck, Sternbald II (1798), 80: Ich bin recht vergnügt, sagte Florestan, der heutige Tag ist einer meiner heitersten[5]; denn ich kenne nichts Schöneres, als so recht viel und mancherlei durch einander zu empfinden, und deutlich zu fühlen, wie durch Kopf und Herz gleichsam goldene Sterne ziehn, und den schweren Menschen wie mit einer lieben wohlthätigen Flamme durchschimmern. Wir sollten täglich recht viele Stimmungen und frische Anklänge zu erleben suchen, statt uns aus Trägheit in uns selbst und die alltägliche Gewöhnlichkeit zu verlieren..
[226] L. Tieck, an C. Brentano (E. 1801), ZMF, 44: Ihren 2tn Th. d. Godwi habe ich in diesen Tagen gelesen[1], und Sie müssen mir glauben, wenn ich Ihnen ganz offen bekenne, daß mir vieles, recht vieles darinn eine außerordentliche Freude gemacht hat, Sie haben einigemal den Ton[3] der alten Romanze gar schön ergriffen, [...] in dem Cyparissus und Phöbus sind sehr reizende Klänge, so wie an vielen Stellen [...]..
[227] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), 493 f. (494): Unter den Dichtern aber erreichte Racine in Sprach- und Verskunst eine harmonische Vol〈494〉lendung, wie sie nach meinem Gefühl weder Milton im Englischen, noch auch Virgil im Römischen haben, und die nachher in der französischen Sprache[3] nie wieder erreicht worden ist. Für das Ganze der Poesie[1] hätte man wohl wünschen mögen, daß für die Dichtersprache besonders, neben dieser kunstreichen Vollendung, auch etwas mehr Freyheit[9] übrig gelassen wäre; daß man die altfranzösische Poesie[11] der Ritterzeit, die doch so vieles Schöne und Liebliche, in Erfindung und Sprache[3] hervorgebracht, nicht so ganz unbedingt und ohne Ausnahme verworfen, verachtet und vergessen hätte. Man hätte immer, wie ja auch von den Italienern und andern Nationen[1] geschehen war, einen kunstreichern und ernstern Styl mit dem dichterischen Geist[12] der Ritterzeit verbinden können. Die französische Poesie[1] und die Sprache[3] würde dann etwas mehr von jenem romantischen[2/7] Schwunge und jener alten[6] Dichter-Freyheit[9] erhalten haben, die ihr Voltaire so oft zurück wünscht, und die er ihr auch obwohl zu spät und nur mit halbem Gelingen zum Theil wieder zu geben suchte. ➢ Volltext.
[228] L. Tieck, Phantasus I (1812), 3 f.: Dieses romantische[3] Gebirge, sagte Ernst, erinnert mich lebhaft an einen der schönsten[1/4] Tage meines Lebens. In der heitersten[2] Sommerszeit hatte ich die Fahrt über den Lago maggiore gemacht und die Borromäischen Inseln besucht; von einem kleinen Flecken am See ritt ich dann mit dem frühsten Morgen nach Belinzona, das mit seinen Zinnen und Thürmen auf Hügeln und im engen Thal ganz alterthümlich sich darstellt, und uns alte[11] Sagen und Geschichten[8] wunderlich vergegenwärtigt, und von dort reisete ich am Nachmittage ab, um am folgenden Tage den Weg über den Sankt Gotthard anzutreten. Am Fuße dieses Berges liegt äußerst anmuthig[2] Giarnito, und einige Stunden vorher führt dich der Weg durch das reizendste Thal, in welchem Weingebirge und Wald auf das mannigfaltigste wechselt, und von allen Bergen große und kleine Wasserfälle klingend und wie musizirend niedertanzen; immer enger rücken die Felsen zusammen, je mehr du dich dem Orte näherst, und endlich ziehn sich Weinlauben über dir hinweg von Berg zu Berg, und verdecken von Zeit[7] zu 〈4〉 Zeit[7] den Anblick des Himmels. Es wurde Abend, eh ich die Herberge erreichte, beim Sternenglanz, den mir die grünen Lauben oft verhüllten, rauschten näher und vertraulicher die Wasserfälle, die sich in mannigfachen Krümmungen Wege durch das frische Thal suchten; die Lichter des Ortes waren bald nahe, bald fern, bald wieder verschwunden, und das Echo, das unsere Reden und den Hufschlag der Pferde wiederholte, das Flüstern der Lauben, das Rauschen der Bäume, das Brausen und Tönen der Wasser, die wie in Freundschaft und Zorn abwechselnd näher und ferner schwazten und zankten, vom Bellen wachsamer Hunde aus verschiedenen Richtungen unterbrochen, machten diesen Abend, indem noch die grünenden Borromäischen Inseln in meiner Phantasie[1] schwammen, zu einem der wundervollsten meines Lebens, dessen Musik sich oft wachend und träumend in mir wiederholt. Und – wie ich sagte – dieses romantische[3] Gebirge hier erinnert mich lebhaft an den Genuß jener schönen[1/4] Tage..
[229] L. Tieck, Phantasus I (1812), 15: Ist diese Gegend nicht, durch welche wir wandeln, fing Theodor an, einem schönen romantischen[1/3/4] Gedichte zu vergleichen? Erst wand sich der Weg labyrinthisch auf und ab durch den dichten Buchenwald, der nur augenblickliche räthselhafte Aussicht in die Landschaft erlaubte: so ist die erste Einleitung des Gedichtes; dann geriethen wir an den blauen Fluß, der uns plötzlich überraschte und uns den Blick in das unvermuthete frisch grüne Thal gönnte: so ist die plötzliche Gegenwart einer innigen Liebe; dann die hohen Felsengruppen, die sich edel und majestätisch erhuben und höher bis zum Himmel wuchsen, je weiter wir gingen: so treten in die alten[1] Erzählungen erhabene Begebenheiten hinein, und lenken unsern Sinn[11] von den Blumen ab; dann hatten wir den großen Blick auf ein weit ausgebreitetes Thal, mit schwebenden[2] Dörfern und Thürmen auf schön geformten Bergen in der Ferne, wir sahen Wälder, weidende Heerden, Hütten der Bergleute, aus denen wir das Ge〈16〉töse herüber vernahmen: so öffnet sich ein großes Dichterwerk in die Mannigfaltigkeit der Welt und entfaltet den Reichthum der Charaktere[7]; nun traten wir in den Hain von verschiedenem duftenden Gehölz, in welchem die Nachtigall so lieblich klagte, die Sonne sich verbarg, ein Bach so leise schluchzend aus den Bergen quoll, und murmelnd jenen blauen Strom suchte, den wir plötzlich, um die Felsenecke biegend, in aller Herrlichkeit wieder fanden: so schmilzt Sehnsucht und Schmerz, und sucht die verwandte Brust des tröstenden Freundes, um sich ganz, ganz in dessen lieblich erquickende Fülle zu ergießen, und sich in triumphirende Woge zu verwandeln. Wie wird sich diese reizende Landschaft nun ferner noch entwickeln? Schon oft habe ich Lust gefühlt, einer romantischen[8] Musik[4] ein Gedicht unterzulegen, oder gewünscht, ein genialischer Tonkünstler möchte mir voraus arbeiten, um nachher den Text seiner Musik[4] zu suchen; aber wahrlich, ich fühle jetzt, daß sich aus solchem Wechsel einer anmuthigen Landschaft ebenfalls ein reizendes erzählendes Gedicht entwickeln ließe..
[230] L. Tieck, Phantasus I (1812), 22: O das ist ja eben das Himmlische der Freundschaft, sich im geliebten Gegenstande ganz zu verlieren, neben dem Verwandten so viel Fremdartiges, Geheimnißvolles ahnden[3], mit herzlichem Glauben und edler Zuversicht auch das Nichtverstandne achten, durch diese Liebe Seele zu gewinnen und Seele dem Geliebten zu schenken! Wie roh leben diejenigen, und verletzen ewig sich und den Freund, die so ganz und unbedingt sich verstehn, beurtheilen, abmessen, und dadurch nur scheinbar einander angehören wollen! das heißt Bäume fällen, Hügel abtragen und Bäche ableiten, um allenthalben flache Durchsicht, Mittheilung und Verknüpfung zu gewinnen, und einen schönen romantischen[3/4] Park deshalb verderben..
[231] L. Tieck, Phantasus I (1812), 64 f. (65): Es fehlt unsrer Zeit[5], sagte Friedrich, so sehr sie die Natur[19] sucht, eben der Sinn[5] für Natur[19], denn nicht allein diese regelmäßigen Gärten, die dem jetzigen Geschmacke zuwider sind, bekehrt man 〈65〉 zum Romantischen[3/4], sondern auch wahrhaft romantische[3/4] Wildnisse werden verfolgt, und zur Regel und Verfassung der neuen[7] Gartenkunst erzogen. So war ehemals nur die große wundervolle Heidelberger Ruine eine so grüne, frische, poetische[1/3?] und wilde Einsamkeit, die so schön mit den verfallenen Thürmen, den großen Höfen, und der herrlichen Natur[2] umher in Harmonie stand, daß sie auf das Gemüth eben so wie ein vollendetes Gedicht aus dem Mittelalter wirkte, ich war so entzückt über diesen einzigen Fleck unsrer deutschen Erde, daß das grünende Bild seit Jahren meiner Phantasie[1] vorschwebte, aber vor einiger Zeit[6] fand ich auch hier eine Art von Park wieder, der zwar dem Wandelnden manchen schönen Platz und manche schöne Aussicht gönnt, der auf bequemen Pfaden zu Stellen führt, die man vormals nur mit Gefahr erklettern konnte, der selbst erlaubt, Erfrischungen an anmuthigen Räumen ruhig und sicher zu genießen, doch wiegen alle diese Vortheile nicht die großartige und einzige Schönheit[1] auf, die hier aus der besten Absicht ist zerstört worden..
[232] L. Tieck, Phantasus I (1812), 97: Nichts alberneres, als zwei Menschen, die sich nicht leiden mögen, und die sich plötzlich in gezwungener Einsamkeit in einer dunkeln Grotte eng neben einander befinden, da brummt man was von schöner Natur[2] und rennt aus einander, als müßte man die nächste Schönheit[3] noch eilig ertappen, die sich sonst vielleicht auf flüchtigen Füßen davon machen möchte; und, siehe da, indem du dich bald nachher eine enge Felsentreppe hinauf quälst, kommt dir wieder die fatale Personage von oben herunter entgegen gestiegen, man muß sich sogar beim Vorbeidrängen körperlich berühren, eine nothgedrungene Freundlichkeit anlegen, und der lieben Humanität wegen recht entzückt sein über das herrlich romantische[3] Wesen, um nur der leidigen Versuchung auszuweichen, jenen in den zauber- aber nicht wasserreichen Wasserfall hinab zu stoßen..
[233] L. Tieck, Phantasus I (1812), 98 f.: In gebirgigen Gegenden [...] scheint mir ein Garten, wie dieser hier, nicht nur der angemessenste, sondern auch ohne Frage der schönste, denn nur in diesem kann man sich von den erhabenen Reizen und großen Eindrücken erholen, die die mächtigen Berge beim Durchwandeln in uns erregen. Jedes Bestreben hier etwas Romantisches[3] erschaffen, und Baum und Waldgegenden malen zu wollen, würde jenen Wäldern und Felsenschluften, den wundersamen Thälern, der majestätischen Einsamkeit gegenüber nur albern erscheinen. So aber liegt dieser Garten in stiller Demuth zu den Füßen jener Riesen, mit ihren Wäldern und Wasserbächen, und spielt mit seinen Blumen, Laubengängen und Brunnen wie ein Kind in einfältigen Phantasien[19]. Dagegen ist mir in einer der traurigsten Gegenden Deutschlands ein Garten 〈99〉 bekannt, der allen romantischen[3] Zauber auf die sinnigste Weise in sich vereinigt, weil er, nicht um Effekt zu machen, sondern um die innerlichen Bildungen[16] eines schönen Gemüthes in Pflanzen und Bäumen äußerlich zu erschaffen vollendet wurde; in jener Gegend, wo der edle Herausgeber der Arethusa nach alter[1] Weise im Kreise seiner liebenswürdigen Familie lebt [⦿]; dieser grüne, herrliche Raum schmückt wahrhaft die dortige Erde, von ihm umfangen vergißt man das unfreundliche Land, und wähnt in lieblichen Thälern und göttergeweihten Hainen des Alterthums[3] zu wandeln; in jedem Freunde der Natur[2], der diese liebliche Schatten besucht, müssen sich dieselben heitern[5] Gefühle erregen, mit denen der sinnvolle Pflanzer die anmuthigste Landschaft hier mit dem Schmuck der schönsten Bäume dichtete, die auf sanften Hügeln und in stillen Gründen mannichfaltig wechselt, und durch rührende Reize den Sinn[7] des Gebildeten beruhigt und befriedigt..
[234] L. Tieck, Phantasus II (1812), 457: Was da unten friedlich, niedlich, einsam und rührend die Hütten liegen und das Gärtchen daneben. Schöne romantische[7] Natur[2] ist doch etwas Trefliches, und darein die Häuser, der Rauch von den Schornsteinen, das ist so anlockend, weckt sehnsüchtige Gedanken, daß man dort seyn möchte, sich einwohnen, der Natur[19] leben..
[235] L. Tieck, V. Accoromb. (1840), W 4, 788: Nachdem sie das großartige Verona besucht hatten, begaben sie sich wieder in die Einsamkeit ihrer Berge und nach dem schönen[1], romantischen[3] See, den sie auf einer Barke, mit Musik[6] begleitet, überschifften, und sich an den alten[1] Romanzen ergötzten, die man in diesem Lande vernahm..
[236] S. Tieck, Mähr. (1797), 32: [I]ch weidete meine Augen an den schönen Blumen, der herrlichen Musik[6] die umher ertönte und an dem heitern[1] Himmel..
[237] Uhland, Romant. (H1807), 139: Die Griechen in einem schönen genußreichen Erdstriche wohnend, von Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] heiter[[[[BedeutungsVerweis ID='224' Anzeige='5' Formatierung='1']]]], umdrängt von einem glänzenden thatenvollen Leben, mehr äusserlich als innerlich lebend, überall nach Begrenzung und Befriedigung trachtend, kannten oder nährten nicht jene dämmernde Sehnsucht nach dem Unendlichen. Ihre Philosophen suchten es in lichten Systemen aufzufassen, ihre Dichter stellten jeder innern Regung des Höheren äusserlich eine helle, mit kräftigen Umrissen abgestochene, mit bezeichnenden Attributen ausgerüstete Göttergestalt entgegen. Ihr Olymp stand in lichter Sonne da, jeder Gott[[[[BedeutungsVerweis ID='189' Anzeige='4' Formatierung='1']]]], jede Göttin ließ sich klar darauf erblicken. | Einzelne Erscheinungen in der griechischen[[[[BedeutungsVerweis ID='119' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] sind vielleicht mehr für uns romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]], als sie es für die Griechen selbst waren. .
[238] Vulpius, Rinald. III (1799), 133: Die Aussicht aus seinen Zimmern in's Freie war romantisch[3] schön . Er trat an ein Fenster, sie zu genießen, und ein Fernrohr gewährte ihm dieses Entzücken doppelt..
[239] Wackenroder, an L. Tieck (11. 12. 1792), VL 2, 96 f. (97): Du hast vielleicht schon aus meiner neulichen Anführung aus einem altdeutschen Gedichte, ersehen, womit ich mich jetzt beschäftige. Ich höre beym Prediger Koch, der in der That ein äußerst gelehrter, kenntniß〈97〉reicher u[nd] eifrigthätiger Mann ist, ein Kolleg[ium] über die allg[e]m[eine] Litteratur-Geschichte, vornehml[ich] über die schönen Wiss[enschaften] unter den Deutschen..
[240] Wackenroder, an seine Eltern (24. 8. 1793), VL 2, 224: Wie Sie sehen, sind beyde Arten von Gefässen, von einer schönen Form, die ganz die Simplicität, und die schön gekrümmten Linien antiker[2] Gefäße hat..
[241] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133: Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion[1] kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist[19] von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte[1] vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[242] Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 155 ff. (156): Es scheinen uns diese Gefühle, die in unserm Herzen aufsteigen, manchmal so herrlich und groß, daß wir sie wie Reliquien in kostbare Monstranzen einschließen, freudig davor niederknieen, und im Taumel nicht wissen, ob wir unser eignes menschliches Herz, oder ob wir den Schöpfer, von dem alles Große und Herrliche herabkommt, verehren. | Zu dieser Aufbewahrung der Gefühle sind nun verschiedene schöne[1] Erfindungen gemacht worden, und so sind alle schönen[2] 〈156〉 Künste[1] entstanden. Die Musik[1] aber halte ich für die wunderbarste dieser Erfindungen, weil sie menschliche Gefühle auf eine übermenschliche Art schildert, weil sie uns alle Bewegungen unsers Gemüths unkörperlich, in goldne Wolken luftiger Harmonien eingekleidet, über unserm Haupte zeigt, – weil sie eine Sprache[2] redet, die wir im ordentlichen Leben nicht kennen, die wir gelernt haben, wir wissen nicht wo? und wie? und die man allein für die Sprache[2] der Engel halten möchte. | Sie ist die einzige Kunst[2], welche die mannigfaltigsten und widersprechendsten Bewegungen unsers Gemüths auf dieselben schönen[1] Harmonien zurückführt, die mit Freud' und Leid, mit Verzweiflung und Verehrung in gleichen harmonischen Tönen spielt. Daher ist sie es auch, die uns die ächte Heiterkeit[3] der Seele einflößt, welche das 〈157〉 schönste[1] Kleinod ist, das der Mensch erlangen kann; – jene Heiterkeit[3] meyn' ich, da alles in der Welt uns natürlich[2], wahr und gut erscheint, da wir im wildesten Gewühle der Menschen einen schönen[1] Zusammenhang finden, da wir mit reinem Herzen alle Wesen uns verwandt und nahe fühlen, und, gleich den Kindern, die Welt wie durch die Dämmerung eines lieblichen Traumes erblicken. ➢ Volltext.
[243] Wieland, Gold. Spiegel (1772 [hier: 1795]), 61: Das Ohr[3] ist, nach dem Auge, der vollkommenste unsrer Sinne[4]. Gewöhnet es an kunstlose, aber seelenvolle Melodien, aus welchen schöne Gefühle atmen, die das Herz in sanfte Bebungen setzen, oder die einschlummernde Seele in süße Träume wiegen. Freude, Liebe, und Unschuld stimmen den Menschen[1] in Harmonie mit sich selbst, mit allen guten Menschen[1], mit der ganzen Natur[2]. So lang euch diese beseelen, wird jede eurer Bewegungen, der gewöhnliche Ton[5] eurer Stimme[3], eure Sprache[11] selbst wird Musik[5] sein..
[244] Wieland, Aristipp. II (1800–01), SW 23, 96: Was ich von Licht und Schatten, Farben und Linien als den Elementen des sichtbaren Schönen gesagt habe, gilt in seiner Art auch von den verschiedenen Schwingungen der Luft, wodurch der Schall in unserm Ohr[2] und vermittelst dieses Organs[2] in unserm innern Sinne[4] gewisse angenehme Gefühle erregt; von dem majestätischen Rollen des Donners bis zum leisen Geflüster der Pappel und Birke; vom klappernden Tosen eines entfernten Wasserfalls, bis zum einschläfernden Murmeln einer über glatte Kiesel hin rieselnden Quelle; vom fröhlichen Geschwirr der Lerche bis zum eintönigen Klingklang der Cicade. Alle diese einfachern Schälle und Töne[1], durch welche die Natur[2] unser Ohr[2] als ein zu ihr stimmendes lebendiges Saiteninstrument anspricht, betrachte ich als die Elemente des hörbaren Schönen, welches, gleich dem sichtbaren, in der Mitte zwischen zwei Aeußersten schwebt[5], und also eben demselben Gesetz unterworfen ist, wodurch die dem Auge gefälligen Töne[13] des Lichts und der Farben, und die dem Gefühle schmeichelnden Formen der Körper bestimmt werden, dem Gesetze der Harmonie der sinnlichen Eindrücke von außen mit der Einrichtung der ihnen entsprechenden Organe[2]..
[245] Wienbarg, Holland I (1833), 79: Goethe ist gestorben, ach wär' er jetzt erst geboren. Goethe, ein Kind unserer Zeit, welche eiserne Hand würde er aus der Wiege strecken. | Ausgeleuchtet hat die Sonne seines Jahrhunderts, das schöne griechische[[[[BedeutungsVerweis ID='118' Anzeige='4' Formatierung='1']]]] Kunst- und Südlicht, das Winckelmann am deutschen Himmel heraufführte; es ist verflogen, wie sein Widerspiel, das kalte Fouqueische Nordlicht und wie der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='103' Anzeige='14' Formatierung='1']]]] Mondschein der Schlegelianer und Tieckianer, der, Gott weiß, in welcher alten[[[[BedeutungsVerweis ID='437' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] deutschen Burg- und Klosterruine steckt und verwittert..
[246] Zelter/Goethe, Haydn. Schöpf. (1826), WA I, 41.2, 384: [H]ierdurch werde ich erinnert, an den Vorwurf zu denken, den man Haydn machen wollen: seine Musik[4] ermangele der Leidenschaft. Hierauf nun erwidere ich Folgendes: Das Leidenschaftliche in der Musik[1] wie in allen Künsten[2] ist leichter als man denkt, schon weil es leichter nachempfunden wird; es ist nicht ursprünglich, die Gelegenheit bringt es hervor, und nach dem Begriffe[1] der Alten[10] verdeckt es die reine Natur[19] und entstellt das Schöne. [...] | Unser Haydn [...] wirkt ohne Hitze, was er wirkt; wer will denn auch erhitzt sein? Temperament, Sinn[6], Geist[20], Humor[3], Fluß, Süße, Kraft und endlich die echten Zeichen des Genies[4]: Naivetät und Ironie[3] müssen ihm durchaus zugestanden werden. Sind nun die hier genannten Elementartheile, welche ohne Wärmestoff nicht denkbar sind, Haydn'sche Eigenheiten, so begrüßen wir seine Kunst[10] als antik[4] im besten Sinne[1], und daß sie modern[4/7] sei, ist unsres Wissens nicht bestritten worden, was auch schwer gelingen möchte, da alle moderne[9] Musik[1] auf ihm ruht..
[2] Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 135: [D]as gebirgige Schottland ist trockner und kälter, Irland dagegen feuchter als England, welches, die nördliche und westliche Seite ausgenommen, eben und romantisch[3] schön ist.
[3] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 16: Geschmack ist das Beurteilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen, oder Mißfallen, ohne alles Interesse. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt schön.
[4] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 145: Wir kamen an eine Stelle, 〈145〉 die romantisch[3] schön war. Eine Grotte, aus deren Tiefe ein Quell mit kühlendem, klaren Wasser hervor sprudelte. Der grüne, unbeschreiblich frische Rand des Ufers, und die röthliche Felswand der Grotte, welche mit überhangendem, grünen Gesträuch bewachsen war, spiegelten sich in der klaren Fluth, und bildeten einen reizenden malerischen[4] Anblick. Hohe Pinien, die mit ihren schlanken, königlichen Wuchs und dunkelgrünen, schön geründeten Kronen, jedem Ort, wo sie stehen, ein romantisches[3], feierliches Ansehen geben, verschlossen die Aussicht, bis auf eine kleine Oeffnung, durch welche der Blick auf weite, helle Gegenden fiel, wo dichte Wälder von Fruchtbäumen, mit Saatfeldern vermischt, sich zeigten, wo das hohe Korn im Schatten der Bäume schwankte, und die Weinranken wie Kränze, 〈146〉 von einem Baum zum andern voll Trauben hiengen, und eine immer fortgehende Laube bildeten.
[5] Nicolai, Seb. Nothanker (41799), 330: Indem er so mit großem Eifer seine Seltenheiten herausstrich, erblickte er von ungefähr an des Sebaldus Finger dessen Petschierring, worin ein Anker gegraben war. [...] | „Ei“, rief er aus, „was für eine schöne Antike[3] haben Sie da?“ | Sebaldus versicherte ihn, daß der Ring sehr modern[1] sei und von einem Petschierstecher in einer kleinen Stadt in Thüringen sei gegraben worden.
[6] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 385 f. (386): Es folgt [...] von selbst, daß [...] 〈386〉 [...] die Urbilder aller Dinge, wie sie absolut wahr, auch absolut schön sind, das Verkehrte, Häßliche[1] daher, ebenso wie der Irrthum oder das Falsche, in einer bloßen Privation besteht und nur zur zeitlichen Betrachtung der Dinge gehört. ➢ Volltext
[7] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 187 f.: In einer schönen Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft[1], Pflicht und Neigung harmo〈188〉nieren, und Grazie ist ihr Ausdruck in der Erscheinung. Nur im Dienst einer schönen Seele kann die Natur[12] zugleich Freyheit[13] besitzen und ihre Form bewahren, da sie erstere unter der Herrschaft eines strengen Gemüths, letztere unter der Anarchie der Sinnlichkeit einbüßt. Eine schöne Seele gießt auch über eine Bildung[10], der es an architektonischer Schönheit[1] mangelt, eine unwiderstehliche Grazie aus, und oft sieht man sie selbst über Gebrechen der Natur[12] triumphieren. Alle Bewegungen, die von ihr ausgehen, werden leicht, sanft und dennoch belebt seyn. Heiter[1] und frey wird das Auge strahlen, und Empfindung wird in demselben glänzen. ➢ Volltext
[8] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 218: [Z]u weit und unbestimmt [...] ist die so häufig wiederhohlte Definition: das Schöne sey Einheit in der Mannichfaltigkeit. Dieß scheint überhaupt nur die Beschreibung von einem Ganzen zu seyn, denn ein Ganzes besteht immer aus Theilen, die, in so fern sie von einander unterscheidbar seyn sollen, mannichfaltig seyn müssen. Unläugbar ist es daß dem zu Folge jede mathematische Figur schön seyn müßte, und noch in weit höherem Grade jede Organisation[1], sie möchte unserm Sinne[4] noch so häßlich[1] erscheinen. Ja jeder Begriff[1] wäre schon etwas schönes, weil er unstreitig mannichfaltige Merkmale in eins zusammenfaßt. Und in so fern in unserm Bewußtseyn durch die ganze Mannichfaltigkeit unsrer Vorstellungen die Einheit des Ichs stätig hindurch geht, müßte es selbst schön, und wir könnten dem Schönen eigentlich in keinem Augenblicke unsers Daseyns entgehen.
[9] Chr. F. D. Schubart, Ged. (1776), G, 203: Der Tauschhandel | Der Otaheite: Komm her, du fremder[1] kleiner Mann, | Nimm allen unsern Reichthum an, | Hier Goldsand, Perlen aus der Fluth, | Baumleinwand, Purpurschneckenblut! | Und unsre schönen Weiber hier, | Geschickt, dir liebzukosen. | Doch halt – was gibst du uns dafür? | Der Europäer: Kultur[4]! | Der Otaheite: Was ist das für ein Thier[7]? | Der Europäer: 's sind Pocken und F–
[10] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 363: So hätte ich wohl noch leicht in der schönen klassischen[7] Gegend bleiben können. Dort spielt ein Theil der Aeneide, und nach aller Topographie bezahlten daselbst Lausus und Euryalus ihre jugendliche Unbesonnenheit [...].
[11] Waagen, Kunstw. Erzgeb. (*1839; 1843), 1: Als ich nach einer durch zahlreiche und breitleibige Reisegefährten und unaufhörlichen, sehr dicken Tabacksqualm qualvollen Fahrt am 27ten früh endlich in Dresden aus der Schnellpost stieg, war mir ungefähr zu Muthe wie Schiller's Taucher, wenn er aus dem Meeresabgrunde hervorkommt, und ich empfand recht lebhaft die schönen Worte[2], „und er athmete hoch und er athmete tief und begrüßte das himmlische Licht.“
[12] Wackenroder, an L. Tieck (11.–14. 1. 1793), VL 2, 122: Die Minnesinger sind, so viel ich sie kenne, freil[ich] einförmig. – Die Beobachtungen für die alte[11] Sprache[3], u[nd] ihre Verwandtschaft mit der neuern[9], sind auch oft interressanter[1] als das poetische[4] Verdienst. Aber dies sucht man doch sehr oft nicht vergebl[ich]. Sehn wir uns, so kann ich Dir manches Schöne aus dem Heldenbuche mittheilen, das ich itzt gelesen habe.
[13] Wackenroder, an seine Eltern (1793), VL 2, 176: Berneck liegt am weißen Main, den man hier mehrmals passiren muß: er ist nur flach. Nun kommt man über Wiesen, u[nd] durch sehr schöne, romantische[3], arkadische Thäler, deren Anblick unser Auge nach den rauhen Gegenden vom Fichtelgebirge u[nd] von Berneck [...] sehr angenehm erquickte.
[14] Adelung, Gesch. Cultur (1782), 143 f. (144): Man sage, was man will, das Clima[1] hat auf die Cultur[4] und die Art derselben unläugbare Einflüsse. Unter einem Himmel, wo die siedende Hitze des Clima[1] und der Leidenschaften nur für die entgegen gesetzten Gränzen Thätigkeit hat, und keine Mittelstraße kennet, wo alles entweder Despot oder Sclave ist, wo das andere Geschlecht ganz von dem Umgange mit dem männlichen abgesondert, und bloß zur Befriedigung der gröbsten Sinnlichkeit hinab gewürdiget ist, wo die Fruchtbarkeit des Bodens die natürliche[2] Trägheit begünstiget, wo die Stände im äußern noch so wenig abgesondert sind, daß auch der Herr sich nicht anders ausdruckt, als sein 〈144〉 Sclave, wo Leibesstärke das einige Verdienst ist; da muß man freylich keine feine Empfindungen des Schönen erwarten, zumahl da der brennende Himmel hier wenig sanfte Schönheiten[3] zeuget. Was kann der Egyptier, der Araber, der Bewohner des mittlern Asiens, der Indianer, der Chineser für Begriffe[1] von menschlicher Schönheit[1] haben, er, der täglich keine andern als entweder plumpe Leibesstärke, oder von der Sonne verbrannte, von der Hitze ausgedörrte, und von träger Weichlichkeit entnervte menschliche Körper zu sehen gewohnt ist, und sie nie anders als mit den gierigen Augen des sinnlichsten Genusses betrachtet? Man darf es sich daher nicht befremden lassen, wenn man selbst in den Dichtungen dieser Zeit[3] den Geschmack so sehr vermisset. Ihre Schönheiten[1] rühren nicht von der Wahl und feinen Bearbeitung des Dichters, sondern von den Gegenständen selbst her, und da Homer ohne Unterschied schöne und häßliche[1], angenehme und widerwärtige Gegenstände schildert, so sind auch die erstern mehr ein Werk des Zufalles, als seiner Wahl. ➢ Volltext.
[15] Adelung, Gramm.-krit. Wb. II (21796), 613: Geschmack [...]. [...] Das Vermögen, und in engerer Bedeutung die Fertigkeit, das Gute und Schöne oder Häßliche[1] an einer Sache leicht zu entdecken und zu empfinden..
[16] Ahlefeld, Marie Müller (21814 [11799]), 27: Ein Himmel voll Fröhlichkeit stritt sich in ihm mit dem unaufhörlichen Toben unbefriedigter Wünsche, und gab seiner Bildung[10] jenes innig zusammen geschmolzene Gemisch von Wehmuth und Freude, das schöne Menschen doppelt verschönert..
[17] Ahlefeld, Marie Müller (21814 [11799]), 108: Sie waren beide schön, Josephine stolzer, Marie rührender in ihrer Bildung[10]..
[18] A. v. Arnim, Kronenwächt. II (*1812–17), RuE 1, 686: [S]ie hieß Mathilde von Amorbach, war ernst, schön und übergroß, fast einem Manne ähnlich an Bildung[10], aber ihre sanfte, bescheidene Stimme[3] machte sie bald als Weib[1] kenntlich..
[19] A. v. Arnim, Dolores (1810), RuE 1, 282: Arnika mußte bei ihrem Witze[3] und ihrer schönen Stimme[6] mit den Zuschauern reden; Divina, die sehr dumm war, und eine rauhe männliche Stimme[3] in ihrem weichen Munde verschloß, spielte die schöne Stumme [...]..
[20] B. v. Arnim, Briefw. Kind III (1835), 149: So war er, der schöne, blinde Herzog, so ist er noch jetzt in dem Zauberspiegel der Erinnerung, der alle Bilder meiner Kindheit gefesselt hält [...]; so war seine Gestalt oft niedergebeugt im Schmerz um die erblindete Jugend, dann stolz erstreckt, sich aufrichtend, heiter[5] verächtlich ironisch[3] lächelnd, wenn er die tief versunknen Augensterne gegen das Licht wendete..
[21] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 109 f. (110): Was Du thust, erhalte Deine Seele in reiner jugendlicher Liebe zum Großen und Schönen. Auch die Sinne[4] wollen die Befriedigung in der Schönheit[1], sie suchen es in sich und in dem was Einfluß auf sie übt. Du 〈110〉 fühlst Dein Ohr[3] beleidigt, durch eine klanglose raue Stimme[3] die keinen Geist[20] wiederhallt, so Dein Auge lenkt ab von dem was seinem Schönheitsreiz wiederspricht. Oder es forscht nach der tieferen Schönheit[1] des Geistesadel und der Güte, wenn es mit häßlichen[1] Zügen sich bekannt macht. ➢ Volltext.
[22] B. v. Arnim, Frühlingskr. (*1800–04; 1844), 151: Darum hab ich Dich aufgefordert Gedanken, Geschichten[9], Begebenheiten, Fragen, Meinungen etc. nieder zu schreiben, damit Du mir ohne Anstrengung schreiben könnest und Dich nicht dazu erst zu stimmen brauchst [...]. Wie schön sind Deine lezten Briefe[1] 〈151〉 davon erfüllt, wie wahr und warm Deine Reminiscenzen aus den Kinderjahren, wie tief Dein Gedächtniß noch aus Deinem ersten und zweiten Lebensjahr. Liebste Bettine bedenk Dich doch, daß solche Eigenschaften von der Natur[2] als köstlichstes Lebensgeschenk in die Seele geprägt sind, daß es feinste Organisation[8] des Geisteslebens ist so schreiben zu können. ➢ Volltext.
[23] C. Böhmer, an Ch. Michaelis (28. 9. 1787), C 1, 164: [W]ir waren des Abends beym Berghauptmann wiederum in Gesellschaft des exécrablen Holländers. Lotte, Du hast viel gesehn, aber das nicht, solche Insolenz nicht [...]; [...] es ist ein Männlein, [...] ausgetrocknet durch Ausschweifung [...]; er reißt beynah immer mit seiner Frau[3], die griechisch[6?] schön à la Hollandoise ist. Sehr fett ist und pflegmatisch wie sich das versteht, aber sehr viel feine Welt hat [...]..
[24] C. Böhmer, an F. L. W. Meyer (27. 10. 1792), C 1, 275 f. (76): Der Mittelstand wünscht freilich das Joch abzuschütteln – dem Bürger ist nicht wohl, wenn ers nicht auf dem Nacken fühlt. Wie weit hat er noch bis zu dem Grad von Kentniß und Selbstgefühl des geringsten sansculotte draußen im Lager. Der Erwerb 〈276〉 stockt eine Weile, und das ist ihm alles – er regrettirt die sogenannten Herrschaften, so viel darunter sind, die in Concurs stehn und die Handwerker unbezahlt ließen. Aber nur eine Stimme[11] ist über den Priester [sc. Friedrich Karl Joseph von Erthal, Erzbischof von Mainz] – er sieht gewiß sein schönes Mainz nicht wieder, wenn es auch, wies wahrlich sehr zweifelhaft ist, seine Thore dem Nachfolger öffnete..
[25] C. Böhmer, an F. L. W. Meyer (10. 5. 1794), C 1, 337: Wenn Meiners und Du in einem Rath übereinkomt, muß er ja wohl richtig seyn – nur daß Er wohl die Schweiz zu schön, und Du zu schlecht für mich findest. Sey nur ruhig, ich will gewiß nicht hingehn. M– wolten mich nach Riga schicken – sie hatten Entwürfe, die recht sehr paßend scheinen – aber dort würde meine zarte Seele verfrieren. Ich bedarf sehr wenig zu meiner Zufriedenheit, aber ein erträgliches Clima[1] ist dazu und für meine Gesundheit nothwendig..
[26] Börne, Spr. u. Stil (1829), SS 1, 592: Die deutsche Sprache[3] hat – der Himmel sei dafür gepriesen – keinen Stil, sondern alle mögliche Freiheit[1], und dennoch gibt es so wenige deutsche Schriftsteller, die das schöne Recht, jede eigentümliche Denkart auch auf eigentümliche Weise darzustellen, zu ihrem Vorteile benutzten!.
[27] Börne, Brf. Paris II (1832), 140: Vor einigen Tagen wurde bei den Italienern eine neue[1] Oper, Fausto, aufgeführt nach Goethe's Faust bearbeitet. Der Componist ist eine Componistin, Demoiselle Bertin [sc. Louise-Angélique Bertin (1805–1877)], ein junges Frauenzimmer, Tochter des Redakteurs des Journal des Debats. [...] Die Musik[4] ist einigemale nicht langweilig, und wer noch nicht ganz todt ist, erholt sich da wieder. Die schönsten Gedanken kommen der Componistin erst am Schlusse der Oper, wahrscheinlich wegen der weiblichen[1] Postscripten-Natur. Die letzte Scene, Gretchen im Kerker, macht guten Eindruck. Aber es wollte mir nicht aus dem Kopfe, 〈141〉 daß ein Frauenzimmer diese Musik[4] gemacht, und wenn im Orchester Hörner und Pauken mächtig erschallten, mußte ich jedesmal lachen..
[28] Börne, Brf. Paris V (1834), 131: Das Handelsgericht [...] hat im Börsengebäude seinen Sitz [...]. Es ist eines der herrlichsten Gebäude der Welt; das Alterthum[3] kannte kaum ein schöneres [❏]; unter diesem Säulendache sollte Phidias Jupiter thronen und strahlen [...]! Aber drinnen 〈132〉 sitzt Merkur in einem gepolsterten Lehnstuhle, mit gekrümmtem Rücken, den Geldbeutel in der Hand und klingelt. Merkur der alte[8] Wucherer, der Phönizier, der Jude[2], der Mäkler, der Betrüger, der mit falschen Renten würfelt..
[29] Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 326: Romantisch[7/4]. Da die meisten Romane[1] die Menschen[1] und Begebenheiten nicht so schildern, wie sie in der Natur[2] und in der wirklichen Welt erscheinen, sondern so, wie sie nach einem ästhetischen oder moralischen Ideale sein sollten, oder wie sie die oft überspannte Phantasie[3] des Dichters sich erträumt; so nennt man romantisch[7/4], im guten und schlimmen Sinne[1], alles, was entweder durch idealische[1] Vollkommenheit, oder durch abenteuerliche[3] Seltsamkeit und Verschrobenheit von dem Gewöhnlichen abweicht. So heißt ein Gesicht romantisch[7], wenn es bei dem sanften Ausdrucke von Unschuld, Zärtlichkeit, Offenheit ein reitzbares Gefühl für Freundschaft, Liebe[1], Menschlichkeit verräth – eine Gegend, eine Lage, wenn ihre erhabnen oder rührenden Schönheiten[1] nicht durch blinde Naturkraft zusammengestellt, sondern nach einem künstlichen Plane zu Erweckung sanfter oder erhabner Empfindungen absichtlich angelegt scheinen – ein Charakter[6], in dem Neigung zum Ungewöhnlichen, Freundschaft, Liebe[1], Patriotismus, hoher Glaube an die Tugend oder Erwartung eines seltsam glücklichen Ausgangs wohlgemeinter Unternehmungen u. s. w. oder auch schlichte Sitteneinfalt, Vernachlässigung des Herkommens, der Mode, der Formalitäten, der Hofsitte in den Handlungen des gemeinen Lebens, vornehmlich aber in der Wahl des Standes, des Gatten, der Freunde hervorstechend sind. Allerdings kann sowohl der Hang zu idealisiren, als die treue Anhänglichkeit an die Natur[2] auf Abwege verleiten, jener kann unter das gewöhnlich Gute herabsinken lassen, welches er zu überfliegen, diese von der Natur[2] entfernen, welcher er anzunähern strebt; allein die 〈327〉 Grundlage des Romantischen[7] ist edel und schön. In der wirklichen Welt, d. h. in der Welt der gemeinen Menschen[1], die durch Eigennutz, Gewohnheit – Vorurtheil regiert wird, verstößt freilich ein romantischer[7] Sinn[5/9] mit jedem Schritte. Flache seelenlose Weltleute, Schlendriansmänner, die da in der Meinung stehen, alles müsse so sein, wie es bisher war und noch ist, glauben daher, einen uneigennützigen Charakter[6], ein edles Streben, sich und die Menschheit[2] zu vervollkommnen, nicht leichter herabwürdigen zu können, als durch den Vorwurf des Romantischen[7]..
[30] Brockhaus, Conv.-Lex. V (1809), 171: Die Schweiz. – Schwerlich darf sich ein anderes Land rühmen, öfterer bereist und beschrieben worden zu sein, als dieses romantisch[3]-schöne Gebirgsland [...]..
[31] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 373: Im obern und westlichen Theil heben sich die Gebirge mit weniger Wildheit, und sind größten Theils mit Viehheerden bedeckt; wie denn überhaupt Viehzucht ihre Hauptnahrung ausmacht. Eben so verschieden sind auch die Bewohner selbst in Sitten und Sprache[4]; im Allgemeinen haben die Walliser Wohlwollen, Sanftheit der Sitten und die Einfalt des ersten Weltalters. In den neuern[3] kriegerischen Zeiten[3] wurde dieses schöne romantische[3/7] Land leider zum Schauplatz des auswärtigen 〈374〉 Bürgerkriegs, da die Einwohner sich in entgegengesetzte Meinungen theilten, und, von Parteigeist hingerissen, selbst den auswärtigen Kriegsheeren den Zugang öffneten..
[32] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 378: Einen herrlich romantischen[13/3] Anblick gewährt diese so interessante[1] Burg; und die schönste Aussicht wird aus Luthers Zelle dem Auge gewährt..
[33] Brockhaus, Conv.-Lex. VI (1809), 411: Wien, diese schöne und berühmte Hauptstadt und seit Max I die Residenz der Beherrscher von Oestreich, in Niederöstreich auf einer kleinen Anhöhe am südlichen Ufer der Donau liegend, hat in ovaler Figur einen Umfang von vierthalb Meilen, in einer lachenden, üppigen, fast romantischen[3], von Flüssen und Bächen durchschnittenen und von herrlichen Bergen begrenzten, gesunden Gegend..
[34] Brockhaus, Conv.-Lex. VII (1809), 374: Gaëta, diese in der neuesten[3] Zeitgeschichte so berühmt gewordene, zu Neapel gehörige Festung hat eine der schönsten Lagen [...]. Ihre Gründung ist früher noch, als die von Rom: nach dem Untergange des römischen Reichs hatte sie eine Zeitlang republikanische Verfassung, und wurde darauf von Herzogen regiert, die 〈374〉 den Papst als Lehnsherrn anerkannten. Sie ist eine der stärksten Festungen von Europa, wozu ihre isolirte Lage sehr viel beiträgt, welche nur von der Seite der schmalen Landenge einen Angriff zuläßt. Ihre Umgebungen sind höchst reizend, und die vielen zierlichen Landhäuser der Vorstadt – schon die Römer hatten deren an dieser fruchtbaren Küste eine große Menge – machen das Ganze äußerst romantisch[3]..
[35] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. IV (1841), 431: Die billige und für das Schöne empfängliche Kritik[8] wird stets anerkennen, daß im ganzen Verlaufe der Thätigkeit T.[ieck]'s sich die eigenthümliche Richtung desselben, welche allerdings anfänglich einseitig schroff ausgebildet war, immer mehr zur reinsten, vorurtheilsfreien Poesie[4] herausgebildet hat, und in jener Schroffheit früherer Productionen nur die nothwendige Opposition gegen die Afterpoesie erkennen, während der Dichter in seinen spätern Werken, getragen durch das Gefühl, für ein durch ihn gebildetes Publicum[3] zu wirken, zu der Ruhe und Klarheit gelangt ist, welche seinen Werken den Stempel classischer[3/5] Vollendung aufdrücken..
[36] Bürger, Vorr. Ged. (1789), 34: [...] daß es die gelehrten, geist- und herzreichen, geschmackvollen, beredten Schriftsteller in Prosa[1] und Versen sind, welche dem Verstande Licht, dem Herzen Rechtschaffenheit und Adel[5], der ganzen Empfindsamkeit Stimmung zu den schönsten und edelsten Melodieen, den Sitten Glätte, Geschmeidigkeit und Anmuth, allen Leibes- und Geisteskünsten Vollkommenheit und Schönheit[1] verleihen..
[37] Eichendorff, Marmorbild (1818), 389: In einer großen Einsamkeit lag da altes[1] verfallenes Gemäuer umher, schöne, halb in die Erde versunkene Säulen und künstlich[1] gehauene Steine, alles von einer üppig blühenden Wildniß grünverschlungener Ranken, Hecken und hohen Unkrauts überdeckt..
[38] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 7: Wie glücklich bist Du zu preisen, [...] daß Dir vergönnt ist, [...] die Reise nach Italien nun wirklich anzutreten, die wir in den heitersten[5] Stunden in Heidelberg so oft mit einander besprachen. Das waren schöne Jugendträume!.
[39] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 84: Die Abendsonne warf unter der schwarzen Gewitterwolke einen dunkelrothen Glanz über die ganze Gegend, und in der scharfen Beleuchtung erschien droben plötzlich eine schöne, hohe Mädchengestalt zu Pferde, ein grünsammtenes Jagdkleid umschloß die schlanken Glieder, lange weiße Federn wogten vom Barett über ihre Schultern hinab. Während ihr Pferd ungeduldig den Boden scharrte, betrachtete sie mit großen dunklen Augen die Erstaunten, die unwillkührlich die Unbekannte ehrfurchtsvoll begrüßten. Sie nickte mit dem schwarzgelockten Köpfchen kaum einen flüchtigen Dank, wandte sich dann rasch und war bald in den Abendgluten wieder verschwunden. | Herrlich! riefen mehrere von der Gesellschaft aus. – Bei Gott[1], sagte Lothario die Reiterin mit durchdringenden Blicken verfolgend, die haben gewiß heut wieder einmal ihren romantischen[7] Tag!.
[40] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 99: Weiter zurück [...] standen die zur Musterung heraufbeschiedenen Schauspieler in ihren besten Feierkleidern [...]. Mit ehrerbietiger Neugier blickten sie zuweilen seitwärts durch die offene Thür in die prächtigen Gemächer hinein, aus denen der glatte Fußboden, hohe Spiegel und Statüen zwischen bronzenen Kandelabern geheimnißvoll glänzten. Manches junge Herz aber wünschte sich hundert Meilen von hier, denn unter der Terrasse pfiffen die Vögel lustig in der alten[6] Freiheit[5] und zwischen den Wipfeln blickte die Landschaft so heiter[1] herauf, als rief es: kommt nur wieder hinunter, da draußen ist's doch viel schöner!.
[41] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 146: Nun steckten alle die Nasen in das Heft, und ein jeder fing an, nach seiner Art daran zu mäkeln. Der Dialog war zu phantastisch[3], er sollte noch einmal überarbeitet, herabgestimmt und natürlicher[6] gemacht werden. Der Held dagegen erschien allen zu einfach, die Dame gar zu verliebt. – Da hielt sich Otto nicht länger, diese Mädchengestalt war ihm gerade die schönste, er hatte sich, wie es jungen Dichtern wohl begegnet, nach und nach im Schreiben selber in sie verliebt..
[42] Fichte, Red. Dt. Nat. (1808), 335: Nachdem dieser Punct [sc. goldenes Zeitalter] erreicht ist, kann das Volk[1] nicht mehr, denn entweder seine gelungensten Meisterstücke verändert wiederholen, also, dass sie aussähen, als ob sie etwas Neues[1] seyen, da sie doch nur das wohlbekannte Alte[1] sind; oder, wenn sie durchaus neu[1] seyn wollen, zum Unpassenden und Unschicklichen ihre Zuflucht nehmen, und ebenso in der Dichtkunst das Hässliche[1] mit dem Schönen zusammenmischen, und sich auf die Carricatur und das Humoristische legen, wie sie in der Prosa[2] genöthigt sind, die Begriffe[1] zu verwirren und Laster und Tugend mit einander zu vermengen, wenn sie in neuen[1] Weisen reden wollen..
[43] M. Forkel, Maria I (1784), 306: Es befanden sich ein kleiner Knabe und zwey Mädchen von sechs und acht Jahren im Zimmer. Das älteste[3] Mädchen war schön, aber schon ganz eines von den Gesichtern, die stets bemüht zu seyn scheinen, es selbst zu sagen. Das jüngste war von den Pocken verdorben worden, hatte aber doch eine gute offne Miene. Ich bemerkte dieses letzte gegen die Mutter. | 〈307〉 „Ach! sprach sie, was thue ich mit der offnen Miene, da das Mädchen so häßlich[1] ist wie eine Fratze? Sie glauben gar nicht, was ich für Aerger von ihr habe. Keinen Augenblick kann sie auf einer Stelle sitzen. Ruckst du schon wieder auf deinem Stuhl, du garstiges Thier[7]! Du möchtest wohl gern den ganzen Tag auf der Straße liegen, wie die Bauernkinder, und du hättest doch gewiß nicht nöthig, den Leuten dein Fratzengesicht zu zeigen. Ehe ich michs versehe, entwischt das alberne Mensch[3] vor die Straßenthür, und spricht mit den gemeinen Kindern. Habe ich dir es nicht so oft verboten, du solltest dich nicht mit dem schlechten gemeinen Volk[5] abgeben? [...]“.
[44] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 203 f. (204): Dem Schiffe gerade gegen über öfnete sich, zwischen den Bergen, ein enges wohlbebauetes Thal, das voller Wohnungen und auf beyden Seiten mit Waldbedeckten Hügeln eingefaßt war, die längst der ganzen weiten Strecke desselben in mannigfaltig[1] gebrochnen Linien hinauf liefen und sich in verschiednen 〈204〉 Farben und Entfernungen zeigten. Ueber diese und das Thal hinaus, ragten aus dem Innern des Landes, mancherley romantisch[3/4]-geformte, steile Berg-Gipfel hervor, davon besonders der eine auf eine mahlerisch[4]-schöne, aber fürchterliche Weise überhieng und gleichsam den Einsturz drohte. Der Himmel war heiter[1] und die Luft erquickend warm; kurz, alles flößte uns neues[2] Leben und neuen[2] Muth ein..
[45] G. Forster, Reise u. d. Welt II (1780), 66: Ohngefähr eine Meile weiter hin, bestand der gegen Osten liegende Berg, auf eine Höhe von wenigstens vierzig Fuß, aus einer senkrechten Felsen-Wand. Oberhalb dieser Felsen-Masse ward er wiederum abhängig, und war von da aus, bis weit hinauf, mit Gebüsch bewachsen. Eine schöne Cascade stürzte sich vom Gipfel, längst der Felsenwand in den Fluß herab, und belebte diese sonst schauervolle, finstere und romantisch[3]-wilde Aussicht..
[46] G. Forster, Reise u. d. Welt II (1780), 115: Auf diesem Spatziergange entdeckten wir unter andern ein recht romantisches[3] Thal; es war mit dicker Waldung umgeben, und ward von einem schönen Bach durchschlängelt, der sich von jener Seite, aus hohen Berggegenden her über gebrochne Felsen-Massen in stuffenförmigen Cascaden herabstürzte..
[47] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101: Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen, sich nährte von den Rhapsodien des Dichters[1] und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist[19] sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes[1] Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[48] C. de la Motte Fouqué, Fr. d. Falkenst. II (1810), 45: Mein Knab' war schön wie die Engel sind, er verstand die Sprache[2] der Thiere[1] und jeden Laut in der Natur[2]..
[49] Goethe, an Ch. v. Stein (4. 11. 1779), WA IV, 4, 126: Wir sahen einen schönen Wasserfall auf Staubbachsart, er war weder sehr hoch noch sehr reich, doch weil die Felsen um ihn, wie eine runde Niche bilden, in der er herab stürzt und weil die Kalchschichten an ihm, in sich selbst umgeschlagen, neue[1] und ungewohnte Formen bilden, sehr interessant[1]..
[50] Goethe, Egmont (1788), WA I, 8, 266: Freiheit[8]? Ein schönes Wort[1], wer's recht verstände. Was wollen sie für Freiheit[8]? Was ist des Freiesten Freiheit[8]? – Recht zu thun!.
[51] Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 130: So haben die Dichter[1] in Zeiten[3] gelebt, wo das Ehrwürdige mehr erkannt ward, rief Wilhelm aus, und so sollten sie immer leben. Genugsam in ihrem Innersten ausgestattet bedurften sie wenig von außen; die Gabe, schöne Empfindungen, herrliche Bilder den Menschen[1] in süßen, sich an jeden Gegenstand anschmiegenden Worten[2] und Melodien mitzutheilen, bezauberte von jeher die Welt, und war für den Begabten ein reichliches Erbtheil. An der Könige Höfen, an den Tischen der Reichen, vor den Thüren der Verliebten horchte man auf sie, indem sich das Ohr[3] und die Seele für alles andere verschloß, wie man sich selig preis't und entzückt stille steht, wenn aus den Gebüschen, durch die man wandelt, die Stimme[3] der Nachtigall gewaltig rührend hervordringt!.
[52] Goethe, an Schiller (17. 8. 1796), WA IV, 11, 163: Wenn es möglich ist daß die Deutschen begreifen, daß man ein guter tüchtiger Kerl seyn kann, ohne gerade ein Philister und ein Matz zu seyn, so müssen Ihre schönen Sprüche das gute Werk vollbringen, indem die große Verhältnisse der menschlichen Natur[1] mit so viel Adel[5], Freyheit[14] und Kühnheit dargestellt sind..
[53] Goethe, Gut. Weib. (1801), WA I, 18, 280: Phantasie[2] und Witz[2] finden mehr ihre Rechnung, sich mit dem Häßlichen[1] zu beschäftigen als mit dem Schönen. Aus dem Häßlichen[1] läßt sich viel machen, aus dem Schönen nichts..
[54] Goethe, Wahlverw. (1809), WA I, 20, 17: Wenn Luciane [...] durch Freiheit[13] des Betragens, Anmuth im Tanze, schickliche Bequemlichkeit des Gesprächs sich vor allen auszeichnet, [...]; wenn die Vorsteherin dieser Anstalt sie als eine kleine Gottheit ansieht [...]; wenn die ersten Seiten ihrer [...] Monatsberichte immer nur Hymnen sind über die Vortrefflichkeit eines solchen Kindes [...]: so ist dagegen, was sie schließlich von Ottilien erwähnt, nur immer Entschuldigung auf Entschuldigung, daß ein übrigens so schön heranwachsendes Mädchen sich nicht entwickeln, keine Fähigkeiten und keine Fertigkeiten zeigen wolle..
[55] Goethe, an H. K. A. Eichstädt (30. 9. 1827), WA IV, 43, 94: Sonst ist noch manches Gute zu Genuß und Besitz gekommen. Herr v. Reutern hat eine schöne kräftige Waldzeichnung zurückgelassen, ein merkwürdiges Bild von Carus drückt die ganze Romantik[2] dem bewundernden Blick aus; so wie jener Hercules und Telephus vollkommen das Classische[5]. Eine Durchzeichnung, 〈95〉 Telephus mit der Ziege, in wirklicher Größe, hat mir der freundliche, freundlich empfangene Zahn zurückgelassen. Auch diese einzelne Gruppe stellt das ganze Alterthum[3] dar..
[56] Görres, Tt. Volksb. (1807), 290 f. (291): Es war wohl allerdings eine herrliche Zeit[5], diese Griechische[2], gerade deswegen weil sie Alles hatte, was uns nach und nach hingeschwunden ist: Lebensmark, und Trotz und freie Besonnenheit im raschen Thun und Treiben: sie mußte Treffliches wohl bilden, und das Trefflichste im engsten Kreise concentrirt mußte classisch[3/5/6] werden. Diese Concentrirung war nicht in der neuen[5] Zeit[5], dagegen trat das Unendliche ein in sie, und mit dem Uebergang in's Geisterreich konnte nun physische Geschlossenheit nicht mehr bestehen; im Uebersinnlichen sind nicht begränzte, scharf geschnittne Crystalle, aber es ist unendliche Crystallisirbarkeit, ein schwebend[5] Formenreich, das nur mehr Magnet bedarf, um anzuschießen in die einzelne besondere Gestalt. So war die Aufgabe der neuen[5] Zeit[5] eine Unendliche, ihr könnt von einem endlichen Zeitraum nicht fodern, daß er das ganze Problem nett und rein auf einmal euch löse. Das Mittelalter hat kein rein classisches[3/5/6] Werk hervorgebracht, aber 〈291〉 es hat die Schulschranken der alten[10] sinnlichen Classicität durchbrochen, und eine Andere, Höhere begründet, an der alle Zeiten[5] zu bauen haben, weil in keiner einzeln die Quadratur des Zirkels gefunden werden kann. Den herrlichen Torso der Kunst[11] hat die alte[10] griechische[2] Zeit[5] gebildet; aber blind war wie die alte[10] Plastik die treffliche Gestalt, das tiefe, schwärmerisch versunkene Auge hat erst die Romantik[8] ihm gegeben, und die nordische Schaam hat freilich dafür den schönen Körper in die Drapperie des Gewands verhüllt, das symbolisch nur die Formen der Gliedmaßen anzudeuten hat..
[57] Grosse, Genius II (1792), 98 f. (99): Er hatte auf 〈99〉 großen und anhaltenden Reisen das Gute und Schöne fast aller Nationen[1] gesammelt, um es in sich zu vereinigen: er sprach viele ihrer Sprachen[3] vollkommen, und verstand das Angenehme und Allgemeine noch mehrerer ihrer Wissenschaften[2]. Ganz Beobachter, ganz Gelehrter, ganz Hofmann, konnte er verbergen und zeigen, was er nur wollte..
[58] Hegel, Wiss. d. Log. II (1816), 168: Wenn z. B. aus dem Medius Terminus: Grün, geschlossen werden sollte, daß ein Gemählde angenehm sey, weil das Grün dem Auge angenehm ist, oder ein Gedicht, ein Gebäude u. s. f. schön sey, weil es Regelmässigkeit besitze, so könnte das Gemählde, u. s. f. dessenungeachtet häßlich[1] seyn um anderer Bestimmungen willen, aus denen auf diß letztere Prädicat geschlossen werden könnte..
[59] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 160: Betrachten wir das Lebendige zunächst in seinem praktischen sich Hervorbringen und Erhalten, so ist das Erste, was in die Augen fällt, die willkürliche Bewegung. Diese als Bewegung überhaupt angesehen ist nichts als die ganz abstrakte Freiheit[3] der zeitlichen Ortsverändrung, in welcher sich das Thier[1] als durchaus willkürlich und seine Bewegung als zufällig erweist. Die Musik, der Tanz dagegen haben zwar auch Bewegung in sich; diese jedoch ist nicht nur zufällig und willkürlich, sondern in sich selbst gesetzmäßig, bestimmt, konkret und maaßvoll, wenn wir auch noch ganz von der Bedeutung, deren schöner Ausdruck sie ist, abstrahiren. Sehn wir die thierische Bewegung ferner als Realisirung eines innern Zwecks an, so ist auch dieser als ein erregter Trieb selber durchaus zufällig und ein ganz beschränkter Zweck. Schreiten wir aber weiter vor und 〈161〉 beurtheilen die Bewegung als zweckmäßiges Thun und Zusammenwirkung aller Theile, so geht solche Betrachtungsweise nur aus der Thätigkeit unsres Verstandes hervor. – Derselbe Fall tritt ein, wenn wir darauf reflektiren, wie das Thier[1] seine Bedürfnisse befriedigt, sich ernährt, wie es die Speise ergreift, verzehrt, verdaut und überhaupt alles vollbringt, was zu seiner Selbsterhaltung nothwendig ist. Denn auch hier haben wir entweder nur den äußeren Anblick einzelner Begierden und deren willkürlichen und zufälligen Befriedigungen, – wobei noch dazu die innere Thätigkeit des Organismus[3] nicht einmal zur Anschauung kommt; – oder alle diese Thätigkeiten, und ihre Aeußerungsweisen werden Gegenstand des Verstandes, der das Zweckmäßige darin, das Zusammenstimmen der thierischen inneren Zwecke und der dieselben realisirenden Organe[2] zu verstehen sich bemüht. ➢ Volltext.
[60] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 204: Selbst in der italienischen ernst religiösen Musik durchdringt diese Lust und Verklärung des Schmerzes den Ausdruck der Klage. Dieser Ausdruck ist im Romantischen[12] überhaupt das Lächeln durch Thränen. Die Thräne gehört dem Schmerz, das Lächeln der Heiterkeit[3], und so bezeichnet das Lächeln im Weinen dieß Beruhigtseyn in sich bei Qual und Leiden. Allerdings darf das Lächeln dann keine bloß sentimentale[1] Rührung, keine Eitelkeit des Subjekts und Schönthuerei mit sich über Miserabilitäten seyn und über seine kleinen subjektiven Empfindungen dabei, sondern muß als die Fassung und Freiheit[10] des Schönen allem Schmerze zum Trotz erscheinen, wie von der Ximene in den Romanzen vom Cid gesagt wird: wie war sie in Thränen schön. Die Haltungslosigkeit des Menschen dagegen ist entweder häßlich[1] und widrig oder lächerlich. ➢ Volltext.
[61] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 206: Die bildliche und äußerliche Seite nun, welche dem Ideal ebenso nothwendig ist als der in sich gediegene Inhalt, und die Art der Durchdringung beider führt uns auf das Verhältniß der idealen Darstellung der Kunst[10] zur Natur[20]. [...] In dieser Beziehung ist der alte[1] immerfort sich erneuernde Zwist, ob die Kunst[10] natürlich[6] im Sinne[1] des Vorhandenen Aeußeren darstellen, oder die Naturerscheinungen verherrlichen und verklären solle, noch nicht beigelegt. Recht der Natur[20] und Recht des Schönen, Ideal und Naturwahrheit – in solchen zunächst unbestimmten Wörtern[1] kann man ohne Aufhören gegeneinanderreden. Denn das Kunstwerk[2] soll allerdings natürlich[6] seyn, aber es giebt auch eine gemeine, häßliche[1] Natur[20], diese soll nun wiederum nicht nachgebildet werden, andrer Seits aber – und so geht es ohne Ende und festes Resultat fort. ➢ Volltext.
[62] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 11 f. (12): Durch das Auge sieht man 〈12〉 dem Menschen in die Seele, wie durch seine ganze Bildung[10] überhaupt sein geistiger Charakter[2] ausgedrückt wird. Wenn deshalb die Leiblichkeit dem Geist[19] als sein Daseyn zugehört, so ist auch der Geist[19] das dem Leibe angehörige Innere und keine der äußeren Gestalt fremdartige Innerlichkeit, so daß die Materialität nicht noch eine andere Bedeutung in sich hat oder darauf hindeutet. Zwar trägt die menschliche Gestalt viel von dem allgemeinen animalischen Typus an sich, aber der ganze Unterschied des menschlichen Körpers vom thierischen besteht nur darin, daß der menschliche sich seiner ganzen Bildung[10] nach als der Wohnsitz, und zwar als das einzig mögliche Naturdaseyn des Geistes[19] erweist. Deshalb ist auch der Geist[19] nur im Leibe für Andere unmittelbar vorhanden. – Die Nothwendigkeit dieses Zusammenhangs und das specielle Entsprechen von Seele und Leib anzugeben, ist hier jedoch nicht der Ort; wir müssen diese Nothwendigkeit hier voraussetzen. Nun giebt es allerdings Todtes, Häßliches[1], d. h. von anderen Einflüssen und Abhängigkeiten Bestimmtes an der menschlichen Gestalt; ist dieß der Fall, so ist es eben die Sache der Kunst[18], den Unterschied des bloß Natürlichen[8] und des Geistigen auszulöschen, und die äußere Leiblichkeit zur schönen, durch und durch gebildeten, beseelten und geistig-lebendigen Gestalt zu machen. ➢ Volltext.
[63] Hegel [Hotho], Aesth. II (1837), 14: Die klassische[3/7] Kunst[10] und ihre schöne Religion[1] befriedigt [...] nicht die Tiefen des Geistes[19]; wie konkret sie auch in sich selber ist, bleibt sie doch für ihn noch abstrakt, weil sie, statt der Bewegung und aus der Entgegensetzung erworbenen Versöhnung jener unendlichen Subjektivität, nur die ungetrübte Harmonie 〈15〉 der bestimmten freien Individualität in ihrem adäquaten Daseyn, diese Ruhe in ihrer Realität, dieses Glück, diese Befriedigung und Größe in sich selbst, diese ewige Heiterkeit[3] und Seligkeit zu ihrem Elemente hat, die selbst im Unglück und Schmerz das sichere Beruhen auf sich nicht verliert. Die klassische[3/7] Kunst[10] hat in den Gegensatz, der im Absoluten begründet ist, nicht bis zur Tiefe hineingearbeitet und ihn ausgesöhnt. Dadurch kennt sie nun aber auch nicht die Seite, welche mit diesem Gegensatze in Beziehung steht, die Verhärtung des Subjekts in sich als abstrakte Persönlichkeit gegen das Sittliche und Absolute, die Sünde und das Böse, so wie das Verlaufen der subjektiven Innerlichkeit in sich, die Zerrissenheit, Haltlosigkeit, überhaupt den ganzen Kreis der Entzweiungen, welche innerhalb ihrer das Unschöne, Häßliche[1], Widrige nach der sinnlichen und geistigen Seite hin hereinbringen. Die klassische[3/7] Kunst[10] überschreitet den reinen Boden des ächten Ideals nicht. ➢ Volltext.
[64] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche[2] Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche[2] Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[65] Heine, Romant. Schule (1836), 302: Ich ließ mich aber nicht stören von solchen Neckereyen der Wasserfrauen, selbst wenn sie bey den schönsten Stellen in Uhlands Gedichten ironisch[1] 〈303〉 kicherten. ➢ Volltext.
[66] Herder, N. Dt. Litt. II (1767), 207: Ein Theil unsrer besten Gedichte ist halb Morgenländisch[2]: ihr Muster ist die schöne Natur[1] des Orients[1]: sie borgen den Morgenländern Sitten und Geschmack ab – und so werden sie Originale. Wenn nicht neue[1]; so liefern sie doch wenigstens fremde[4] Bilder, Gesinnungen und Erdichtungen..
[67] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 80 f.: [J]eder klassische[8] Schönden〈81〉ker, der die Policirung unsres Jahrhunderts fürs non plus ultra der Menschheit[1] hält, hat Gelegenheit, ganze Jahrhunderte auf Barbarei, elendes Staatsrecht, Aberglauben und Dummheit, Mangel der Sitten und Abgeschmacktheit [...] zu schmälen und über das Licht unsres Jahrhunderts, das ist, über seinen Leichtsinn und Ausgelassenheit, über seine Wärme in Ideen und Kälte in Handlungen[1], über seine scheinbare Stärke und Freyheit[14/10] und über seine würkliche Todesschwäche und Ermattung unter Unglauben, Despotismus und Üppigkeit zu lobjauchzen..
[68] Herder, Plastik (1778), 54: Im Gemählde ist keine einzelne Person Alles: sind sie nun alle gleich schön, so ist keine mehr schön. Es wird ein mattes Einerley langschenklichter, geradnäsiger, sogenannter Griechischen[4/6] Figuren, 〈55〉 die alle dastehn und paradiren, an der Handlung[3] so wenig Antheil nehmen als möglich, und uns in wenigen Tagen und Stunden so leer sind, daß man in Jahren keine Larven der Art sehen mag. [...] Und nun, wenn diese Lüge von Schönheit[1] sogleich der ganzen Vorstellung, der Geschichte[10], dem Charakter[4] der Handlung[3] Hohn spricht, und diese jene offenbar als Lüge zeihet? Da wird ein Mißton, ein Unleidliches vom Ganzen im Gemählde, das zwar der Antikennarr nicht gewahr wird, aber der Freund der Antike[4] um so weher fühlet. Und endlich wird uns ja ganz unsre Zeit[4], die fruchtbarsten Sujets der Geschichte[3], die lebendigsten Charaktere[5], alles Gefühl von einzelner Wahrheit und Bestimmtheit hinwegantikisiret..
[69] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 302: Die Nationen[1] blühen auf und ab; in eine abgeblühete Nation[1] kommt keine junge, geschweige eine schönere Blüthe wieder. Die Cultur[4] rückt fort, sie wird aber damit nicht vollkommener; am neuen[1] Ort werden neue[1] Fähigkeiten entwickelt; die alten[6] des alten[6] Orts gingen unwiederbringlich unter. Waren die Römer weiser und glücklicher, als es die Griechen waren? Und sind wirs mehr als beide?.
[70] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 321: Selbst unsre kurze Geschichte[7] beweiset es daher schon klar, daß mit der wachsenden wahren Aufklärung der Völker[1] die menschenfeindlichen, sinnlosen Zerstörungen derselben sich glücklich vermindert haben. Seit Roms Untergange ist in Europa kein cultiviertes Reich mehr entstanden, das seine ganze Einrichtung auf Kriege und Eroberungen gebauet hätte; denn die verheerenden Nationen[1] der mittleren Zeiten[3] waren rohe, wilde Völker[1]. Je mehr aber auch sie Cultur[4] empfingen und ihr Eigenthum liebgewinnen lernten, desto mehr drang sich ihnen unvermerkt, ja oft wider ihren Willen, der schönere, ruhige Geist[14] des Kunstfleißes, des Ackerbaues, des Handels und der Wissenschaft[1] auf. Man lernte nutzen ohne zu vernichten, weil das Vernichtete sich 〈322〉 nicht mehr nutzen läßt, und so ward mit der Zeit[1], gleichsam durch die Natur[1] der Sache selbst, ein friedliches Gleichgewicht zwischen den Völkern[1], weil nach Jahrhunderten wilder Befehdung es endlich alle einsehen lernten, daß der Zweck, den Jeder wünschte, sich nicht anders erreichen ließe, als daß sie gemeinschaftlich dazu beitrügen. .
[71] Herder, Bef. d. Hum. IV (1794), 75 f. (76): [A]ls in den mittleren Zeiten[3] die Poesie[1] wieder auflebte, erinnerte sie sich bald ihres ehemaligen wahren Geburtslandes unter Pflanzen[1] und Blumen. Die 〈76〉 Provenzal- und Romantischen[12] Dichter liebten dergleichen Beschreibungen; bei Spenser z. B. sind es noch immer anmuthige Stanzen, die uns schöne Wüsteneien samt ihren Gewächsen und Blumen schildern. .
[72] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 97: Schön und muthig, ja verwegen und tollkühn im Kampfe sind die Männer im Norden von Afrika noch, wie vor 500 Jahren; wie [...] die Araber oder Sarazenen es jemals gewesen; aber die Poesie[20] ist aus ihrem 〈98〉 Leben gewichen, seitdem sie dem edlen Weibe die Freiheit[6] genommen, die ritterliche Galanterie verschwunden, seitdem sie das idealere[2] Geschlecht sich untergeordnet haben..
[73] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 237 f. (238): Antike[4], Antiken[3], (vom lateinischen Worte[1] antiquus, längst verflossen, alt[1]) die Kunst[11] der Alten[10], Alterthümer[5]; im scharfen 〈238〉 Gegensatze zur Kunst[11] der Neuen[5] zur modernen[1] oder romantischen[12] Kunst[11]. Die antike[2] Kunst[11] (eigentlich nur die griechische[2] zu nennen) ist leichter zu beurtheilen, als in ihrem Stile zu schaffen. Ideale Ruhe, göttlicher Adel[5] in der Form und kühne Einfachheit sind die Kennzeichen, das Wesen der Antike[4]. Woher aber jene himmlische Ruhe, jene unnachahmliche Grazie, jene Abgeschlossenheit (Plastik) in der Antike[4]? – Griechenland war von Poesie[14] durchdrungen, nämlich von einer Phantasie[3], die ihre Ideale im Leben selbst vorfand, und dieselben in Formen bringen konnte, die wirklich vorhanden waren; die Kunst[11] besteht aber nur in dieser Verschmelzung des Ideals mit der Wirklichkeit, diese Erhebung des Irdischen zum übersinnlichen Genusse. Und wenn ein poetischer[1] Mensch derjenige ist, welcher bei Beschauung irdischer Gegenstände diesen sogleich ihre himmlische Beziehung in schöner Form anweist, so waren die Griechen eine poetische[1] Nation[1], und die Kunst[4] lag ihnen nahe. Das Schöne setzten sie über Alles, weil sie selbst schön waren; sie vergötterten schöne Menschen nach dem Tode; ihre Lebensaufgabe war Genuß des Schönen..
[74] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. I (1834), 326: Von den fünf Hauptgattungen des Menschengeschlechts findet man in Asien vier: die kaukasische, die mogolische, malayische und äthiopische: die kaukasischen Völker[12] (zu welchen Tataren, Türken, Cirkassier, Kurden, Syrier, Juden[1], Armenier, Araber, Parsen, Perser etc. gehören) sind schön, haben edle Gesichtsbildung, schlanken Körperbau, kraftvolle Glieder, große, seelenvolle Augen, hohe Stirnen, schöne Braunen, edel gebogene Nasen, mittelmäßige Lippen, stolze Haltung..
[75] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 50: In jener schönern Zeit[3], wo noch die ganze Natur[2] dem Menschen[1] näher stand, wo jeder Baum, jede Blume lebte und selbst das zutraulichere Thier[1] den Menschen[1] mit sprechenden Augen ansah, in den Tagen, wo der Mensch[1] noch ein harmloses Kind war, und unbefangen mit den ihn umgebenden Gegenständen spielte, in jener Zeit[3] einer einfachen unschuldigen Sinnlichkeit entstand die Fabel. .
[76] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 341: Gefühl (Aesthetik), ist die Fähigkeit der Seele (Gefühlsvermögen), die durch die äußeren Sinne[4] empfangenen Eindrücke sich als gut oder nicht gut, als schön oder nicht schön zu denken. 〈342〉 Ohne Denken findet kein Fühlen Statt; Gefühl lebt nur durch die Vernunft[6], d. i. durch das Erkenntnißvermögen. Das Thier[1] empfindet nur. So bewußtlos auch das Gefühl sich in uns anzukünden scheint, so unabhängig es vom Geiste[22] wirkt, so innig verbunden ist es doch mit dem höheren Denken (nicht mit dem Verstande[1], als dem niederen Erkenntnißvermögen), nämlich mit der Vernunft[1]. Das Gefühl ist die Sprache[2] der Seele, die Gesammtheit der inneren Sinne[4], die durch die äußeren in Thätigkeit versetzt werden, und durch welche der Wille angeregt wird..
[77] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VI (1836), 22: Nirgends lebt der Jude[1] in einem traurigern Zustande als im Lande seiner Väter, – in Palästina. Die eigenthümliche Physiognomie ist ihnen Allen geblieben. Sie ist charakteristisch[1] schön und hält die Mitte zwischen der kaukasischen und griechischen[6] Gesichtsbildung; durch die Beförderung früher Ehen erhält sich die seltene Reinheit ihres Stammes. Trotz ihrer Zersplitterung, trotz der Zerstreuung in alle Welt haben sie viele charakteristische[1] Züge ihrer frühern Nationalität behalten. Alle Verfolgungen vermochten nicht ihren Stolz, ihren Muth, ihre geistige Spannkraft zu vernichten..
[78] Hirschfeld, Gartenkunst I (1779), 125: Es kann Gärten geben, sagte Temple, die nichts von Regelmäßigkeit haben, und dennoch angenehmer und schöner ausfallen; dazu wird eine vortheilhafte Lage und sodann Kunst[8] und Fleiß erfordert, um das Unregelmäßige so zu bearbeiten, daß es eine Gestalt erhält, die immer sehr angenehm ist. Er verwarf dabey die nackten Mauern, womit eine alte[1] Gewohnheit die Gärten einsperrte; sie müßten, um die häßliche[1] Wirkung zu verlieren, bekleidet werden. ➢ Volltext.
[79] Hirschfeld, Gartenkunst I (1779), 173: Vornehmlich sind es die Geschlechter[7] der Thiere[1], womit die Natur[2] ihre schönen Landschaften belebt; der Gartenkünstler versäume nicht, ihr darin nachzufolgen. ➢ Volltext.
[80] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 109: Der Gang [...] ist längst dem Flusse aus dem Felsen gehauen. Diese Felsen stellen einen romantisch[3] schönen Anblick dar; die Klüfte sind mit hohen Eichen und andern Bäumen bewachsen, und drohen über den Kopf des Vorbeygehenden herabzufallen. Salvator Rosa kann die wilde Natur[2] nicht schöner malen. Der Fluß trägt viel zur Verschönerung dieses Auftrittes bey; er rauscht über Felsen und Steine weg, und vermehrt die Wildniß dieser Gegend. ➢ Volltext.
[81] Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 110: Craighall, ein Landhaus, zwey Meilen nordwärts von Blairgowrie in Schottland, hat eine unbeschreibliche romantische[3] Lage. Es liegt mitten in einem tiefen Thale, das überall mit unabsehlichen traurigen Heiden umgeben ist, auf denen man noch eine Menge Grabhügel antrifft. Das Haus selbst steht auf dem Rande eines Abhanges, unter welchem der tiefe Fluß Erecht finster vorbey rauscht. Es hat gegen Norden etwa eine halbe Meile weit die schönste und zugleich die fürchterlichste Aussicht, die sich denken läßt. Etwa eine Meile davon wird der Fluß, der bis dahin zwischen allmälig abfallenden Ufern, die überall mit mannigfaltigen[1] Bäumen bedeckt sind, ruhig fortfloß, durch ungeheure Felsen, zwischen deren Spalten moosichte Eichen hervorwachsen, und ihre Zweige über den Fluß mit einander vereinigen, in einen engen Kanal eingeschränkt. Der Strom, der hier völlig unsichtbar ist, macht ein fürchterliches Geräusch, welches durch den Wiederhall der Höhlen auf beyden Seiten noch schrecklicher wird. Endlich wird der Fluß in seinem Laufe durch ein hohes Vorgebirge, Lady Lindsays Schloß, von einer Dame, die in einer Kluft darauf gewohnt haben soll, genannt, unterbrochen. Nach verschiedenen andern Krümmungen nimmt er seinen Lauf gerade auf Craighall zu [...]. ➢ Volltext.
[82] Hirschfeld, Gartenkunst V (1785), 276 f.: Landhaus in einer romantischen[3/4] Lage. || Das Landhaus von Menzies, das dem Ritter Robert Menzies gehört, liegt überaus romantisch[3/4] auf der mitternächtlichen Seite von Strathe-Tay in Schottland. Die Wälder, die sich so kühn aufthürmen, und die grauen Felsen, die zwischen ihnen hängen, machen einen sehr interessanten[1] Contrast gegen das reizende Thal, worinn sich der Fluß zwischen schönen Baumgruppen umherwindet. Auf einer Höhe erblickt man die Ueberbleibsel einer Einsiedeley, die auf zwey Seiten von Felsmassen und auf den beyden übrigen von Mauerwerk gebildet war, und vor einigen Jahrhunderten dem Haupt einer Familie, der aus Ekel die Welt und in ihr 〈277〉 seine Güter verließ, zum Aufenthalt diente. In dem Thal gränzen schöne Spaziergänge an tiefe und dicke Gehölze; und ihre Dunkelheit erheitert eine Menge lieblicher Wasserfälle, die von den nackten Felsen herabspielen. Indessen tobt zuweilen, neben einem friedfertigen in seinem heitern[1] Grün lächelnden Grasplatz, ein wilder Wassersturz in der Tiefe.
➢ Volltext ❏
[83] Hoffmann, Gold. Topf (1815), PW 1, 309: Veronika überließ sich ganz, wie junge Mädchen wohl pflegen, den süßen Träumen von einer heitern[5] Zukunft. Sie war Frau Hofrätin, bewohnte ein schönes Logis in der Schloßgasse oder auf dem Neumarkt oder auf der Moritzstraße – der moderne[7] Hut, der neue[7] türkische Shawl stand ihr vortrefflich – sie frühstückte im eleganten Negligé im Erker, der Köchin die nötigen Befehle für den Tag erteilend..
[84] Hoffmann, Autom. (1819), 189: In der herrlichsten jovialsten Gemüthsstimmung kamen wir nach D., wo wir der schönen Gegenden wegen einige Tage verweilen wollten..
[85] Hölderlin, Fragm. Hyp. (1793 [1794]), 213: So müssen, fuhr [...] der Tiniote fort, die Ahndungen der Kindheit dahin, um als Wahrheit wieder aufzustehen im Geiste[19] des Mannes. So verblühen die schönen jugendlichen Myrthen der Vorwelt, die Dichtungen Homers und seiner Zeiten[5], die Prophezeiungen und Offenbarungen, aber der Keim, der in ihnen lag, gehet als reife Frucht hervor im Herbste. Die Einfalt und Unschuld der er〈214〉sten Zeit[5] erstirbt, daß sie wiederkehre in der vollendeten Bildung[5], und der heilige Friede des Paradieses gehet unter, daß, was nur Gabe der Natur[13] war, wiederaufblühe, als errungnes Eigenthum der Menschheit[2]..
[86] Th. Huber, Holland (1811), 190 f. (191): Meiner bekannten Liebhaberei gemäß, suchte ich an einem andern Tage die wilden Thiere[1] auf, welche hier auf königliche Kosten, jetzt in der Nähe 〈191〉 des botanischen Gartens, gehalten werden. [...] Da sie eine hohe helle Gallerie bewohnten, und aus vielen hohen, großen sonnigen Fenstern die Aussicht auf den botanischen Garten hatten, flößten sie mir etwas weniger Wehmuth ein, wie ihre Jammergenossen, die man uns in dunkeln Käfigen vorzeigt. Uebrigens ist nicht viel Mannigfaltiges da. Eine schöne Frau Löwin, die erst vor einem Jahre Wittwe ward, und sehr friedlich mit einem Hunde mittlerer Größe in einem Bauer lebt – den rührenden Roman wie das feindselige Thier[1] zu diesem umgänglichen Humor[1] kam, erfuhr ich nicht. Denkt es euch so interessant[1] als ihr könnt. ➢ Volltext.
[87] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 144: Die Indianer wurden in Stämme von mehreren hundert Familien abgesondert, und erhielten Herren, die von Spanien aus [...] ernannt wurden. Viele und die schönsten Encomiendas erhielten die Mönche, und die Religion[7], die nach ihren Grundsätzen die Freiheit[6] begünstigen sollte, erniedrigte sich durch diese Benutzung der Volks-Sclaverei..
[88] A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 167 f. (168): Keine von allen Städten des neuen[3] Continents, selbst die der vereinigten Staaten nicht ausgenommen, ist im Besitze so großer und fest gegründeter wissenschaftlicher Anstalten, als die Hauptstadt von Mexico. Ich nenne hier nur [...] die Maler und Bildhauer-Academie. [...] Die Regierung hat hier ein geräumiges Gebäude angewiesen, worin sich eine weit schönere[6] und vollständigere Sammlung von Gyps-Abgüßen befindet, als man sie irgendwo in Deutschland antrifft. Man erstaunt darüber, wie der Apoll von Bel〈168〉vedere, die Gruppe des Laocoon und andre noch colossalere Statuen über Gebirgswege, welche wenigstens so eng sind, als die von St. Gotthard, gebracht werden konnten, und ist nicht minder überrascht, die Meisterwerke des Alterthums[3] unter der heißen Zone [...] vereinigt zu sehn [...]. [...] In dem Academie-Gebäude, oder vielmehr in einem der dazu gehörigen Höfe sollte man die Reste mexicanischer Bildhauerei, die kollossalen Statuen von Basalt und Porphyr, welche mit aztekischen Hieroglyphen bedeckt sind, und manche Aehnlichkeit mit dem Styl der Egyptier und Hindu's haben, gesammelt aufstellen; denn es wäre gewiß merkwürdig, diese Denkmale der ersten Cultur[4] unsrer Gattung, diese Werke eines halbbarbarischen Volkes[1], das die mexicanischen Anden bewohnte, neben den schönen[1] Formen zu sehen, welche unter Griechenlands und Italiens Himmel gebohren wurden..
[89] W. v. Humboldt, Stud. Alterth. (*1793), GS I, 1, 279: 3., muss man am längsten nicht allein bei den Perioden verweilen, in welchen die Griechen am schönsten und gebildetsten waren, sondern auch gerade im Gegentheil ganz vorzüglich bei den ersten und frühesten. Denn in diesen liegen eigentlich die Keime des wahren Griechischen[2] Charakters[1]; und es ist leichter und interessanter[1] in der Folge zu sehen, wie er nach und nach sich verändert, und endlich ausartet. [...] Die Hülfsmittel zu diesem Studium und insbesondre in der hier entwikkelten Absicht sind vorzüglich folgende: [...] unmittelbare Bearbeitung der Quellen selbst durch Kritik[3] und Interpretation. Diese verdient natürlich[4] die erste Stelle. .
[90] W. v. Humboldt, Rez. Jacobi (1794), 819: Vertraut mit dem Wesen der poetischen[4] Kunst[2], weiß er [F. H. Jacobi], auch was völlig subjectiv scheint, noch an die nothwendigen Bedingungen der menschlichen Natur[1] anzuknüpfen; mit kluger Vorsicht läßt er jede neue[1] Wendung des Charakters[7] so vollständig vorbereiten, und so lange verweilen, und mit meisterhaftem Talent versucht er durch eine schöne, an mehr als Einer Stelle hinreißende Sprache[4] den Leser so in sein Interesse zu verweben, daß sein Gefühl in die gleiche Stimmung übergeht..
[91] W. v. Humboldt, Schiller (1830), GS I, 6.2, 497: Schiller sprach nicht eigentlich schön. Aber sein Geist[22] strebte immer in Schärfe und Bestimmtheit einem neuen[1] geistigen Gewinne zu, er beherrschte dies Streben, und schwebte[8] in vollkommener Freiheit[1] über seinem Gegenstande..
[92] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 174: Es giebt weder eine Wissenschaft des Schönen[1], sondern nur Critik[2], noch schöne[2] Wissenschaft, sondern nur schöne[2] Kunst[1]. Denn was die erstere betrifft, so würde in ihr wissenschaftlich, d. i. durch Beweisgründe ausgemacht werden sollen, ob etwas für schön[1] zu halten sey oder nicht; das Urtheil über Schönheit[1] würde also, wenn es zur Wissenschaft gehörte kein Geschmacksurtheil seyn. Was das zweyte anlangt, so ist eine Wissenschaft, die, als solche, schön[2] seyn soll, ein Unding. Denn, wenn 〈175〉 man in ihr als Wissenschaft nach Gründen und Beweisen früge, so würde man uns durch geschmackvolle Aussprüche (Bon Mots) abfertigen. – Was den gewöhnlichen Ausdruck, schöne[2] Wissenschaften veranlaßt hat, ist ohne Zweifel nichts anders, als daß man ganz richtig bemerkt hat, es werde zur schönen[2] Kunst[1] in ihrer ganzen Vollkommenheit viel Wissenschaft, als z. B. Kenntnis alter[10] Sprachen[3], Belesenheit der Autoren, die für Classiker gelten, Geschichte[6], Kenntnis der Alterthümer[5] u. s. w. erfordert und, um daher diese historische Wissenschaften weil sie zur schönen[2] Kunst[1] die nothwendige Vorbereitung und Grundlage ausmachen, zum Theil auch weil darunter selbst die Kenntnis der Producte der schönen[2] Kunst[1] (Beredsamkeit und Dichtkunst) begriffen worden, durch eine Wortverwechselung, selbst schöne[2] Wissenschaften genannt hat..
[93] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 187: Die schöne[2] Kunst[1] zeigt darin eben ihre Vorzüglichkeit, daß sie Dinge, die in der Natur[2] häslich[1] oder misfällig seyn würden, schön[1] beschreibt. Die Furien, Krankheiten, Verwüstungen des Krieges u. d. gl. können sehr schön[1] beschrieben, ja sogar im Gemälde vorgestellt werden; nur eine Art Häslichkeit kann nicht der Natur[2] gemäs vorgestellt werden, ohne alles ästhetische Wohlgefallen, mithin der Kunstschönheit zu Grunde zu richten: nämlich diejenige, welche Ekel erweckt..
[94] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 187 f. (188): Auch hat die Bildhauerkunst, weil an ihren Producten die Kunst[9] mit der Natur[10] beynahe verwechselt 〈188〉 wird, die unmittelbare Vorstellung häslicher[1] Gegenstände von ihren Bildungen[16] ausgeschlossen, und dafür z. B. den Tod (in einem schönen Genius), den Kriegsmuth (am Mars) durch eine Allegorie oder Attribute, die sich gefällig ausnehmen, [...] vorzustellen erlaubt..
[95] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (1790), 257: Die Eintheilung einer Critik[1] in Elementarlehre und Methodenlehre, welche vor der Wissenschaft vorhergeht, läßt sich auf die Geschmackscritik nicht anwenden; weil es keine Wissenschaft des Schönen[1] giebt noch geben kann, und das Urtheil des Geschmacks nicht durch Principien bestimmbar ist. Denn was das Wissenschaftliche in jeder Kunst[1] anlangt, welches auf Wahrheit in der Darstellung ihres Objects geht, so ist dieses zwar die unumgängliche Bedingung (conditio sine qua non) der schönen[2] Kunst[1], aber diese nicht selber. Es giebt also für die schöne[2] Kunst[1] nur eine Manier (modus), nicht Lehrart (methodus). Der Meister muß es vormachen, was und wie es der Schüler zu Stande bringen soll; und die allgemeinen Regeln, darunter er zuletzt sein Verfah〈258〉ren bringt, können eher dienen die Hauptmomente desselben gelegentlich in Erinnerung zu bringen, als sie ihm vorzuschreiben. Hiebey muß dennoch auf ein gewisses Ideal Rücksicht genommen werden, welches die Kunst[18/2] vor Augen haben muß, ob sie es gleich in ihrer Ausübung nie völlig erreicht..
[96] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 15: Angenehm heißt Jemandem das, was ihn vergnügt; schön, was ihm blos gefällt; gut, was geschätzt, gebilligt, d. i. worin von ihm ein objectiver Werth gesetzt wird. Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Thiere[1]; Schönheit[1] nur für Menschen[1] d. i. thierische, aber doch vernünftige Wesen, aber auch nicht blos als solche (z. B. Geister[1]) sondern zugleich als thierische; das Gute aber für jedes vernünftige Wesen überhaupt..
[97] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 140: Wenn jemand ein Gebäude, eine Aussicht, ein Gedicht nicht schön findet, so läßt er sich [...] den Beyfall nicht durch hundert Stimmen[11], die es alle hoch preisen, innerlich aufdringen. ➢ Volltext.
[98] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 216: Die Beredsamkeit, sofern darunter die Kunst[6] zu überreden, d. i. durch den schönen Schein zu hintergehen (als ars oratoria), und nicht bloße Wohlredenheit (Eloquenz und Stil) verstanden wird, ist eine Dialectik, die von der Dichtkunst nur so viel entlehnt, als nöthig ist, die Gemüther, vor der Beurtheilung, für den Redner zu dessen Vortheil zu gewinnen, und dieser die Freyheit[1] zu benehmen; kann also weder für die Gerichtsschranken, noch für die Kanzeln angeraten werden..
[99] Kant, Crit. d. Urtheilskr. (21793), 416: Setzet einen Menschen in den Augenblicken der Stimmung seines Gemüths zur moralischen Empfindung. Wenn er sich, umgeben von einer schönen[1/4] Natur[2], in einem ruhigen heitern[5] Genusse seines Daseyns befindet, so fühlt er in sich ein Bedürfniß, irgend jemand dafür dankbar zu seyn. Oder er sehe sich einandermal in derselben Gemüthsverfassung im Gedränge von Pflichten, denen er nur durch freywillige Aufopferung Genüge leisten kann und will: so fühlt er in sich ein Bedürfniß, hiemit zugleich etwas Befohlnes ausgerichtet und einem Oberherren gehorcht zu haben. Oder er habe sich etwa unbedachtsamer Weise wider seine Pflicht vergangen, wodurch er doch eben nicht Menschen verantwortlich geworden ist: so werden die strengen Selbstverweise dennoch eine Sprache[12] in ihm führen, als ob sie die Stimme[3] eines Richters wären, dem er darüber Rechenschaft abzulegen hatte..
[100] Kellner, Töne (1787), 1185 f. (1186): Ein Ton[1] ist die zitternde Bewegung der Luft, die, von Körpern gewürkt, in den Organen[2] des Gehörs eine Veränderung hervorbringt. Die Töne[1] sind entweder articulirte, die von Menschen[1] hervorgebracht werden, um Andern ihre Gedanken mitzutheilen, (Gedankenzeichen) oder unarticulirte, die durch eine Würkung auf jede Art von Körper hervorgebracht werden, und keine bestimmte Gedankenzeichen sind. Die Tonkunst hat nur unarticulirte Töne[1] zum Hauptgegenstand und wesentlichem Bestandtheil. Da nun diese unarticulirten Töne[1] sowohl durch die menschliche Stimme[1] als durch Würkungen auf Körper erweckt werden, letztere aber bey weitem nicht alle Gegenstände der Tonkunst sind: so müssen wir einen allgemeinen Maaßstab annehmen, nachdem wir alle Töne[1] prüfen, ob sie musikalische[1] sind oder nicht. Dieser Maaßstab ist nach vielen Erfahrungen und Beobachtun〈1186〉gen die menschliche Stimme[1], die uns auch sogar lehrt, welchen Grad der Anmuth jeder Ton[1] hat, wenn nicht lebhafte berichtigte Einbildungskraft[1] und das feine tiefblickende Gefühl des Meisters in dieser Sache unsre Führer wären. Doch hat sie uns auf jenen unbezweifelt wahren Satz geleitet: daß die Töne[1], welche die menschliche Stimme[1] ungezwungen nachahmt, die schönsten; die aber, welche in aller Beziehung weit außer ihrem Gebiete liegen, viel weniger schön und angenehm sind, und jenen immer den Vorzug einräumen müssen..
[101] Klein, Rheinreise (1828), 113 f. (114): Die Hauptnahrungsquelle der Einwohner [sc. von Boppard], 3500 an der Zahl, besteht in 〈114〉 Weinbau, Weinhandel, Gewerben, namentlich in Wollen- und Baumwollenarbeiten, und Schifffahrt etc. [...] Eine Hauptstraße, erst vor kurzem mit großen Kosten erweitert, und bequemer gemacht, ziehet am Marienberge vorbei, zur Seite eines der schönsten romantischen[3] Bachthäler, das sich in der Tiefe schlängelt, bergan auf den Hundsrücken. Ein zweites, das Mühlenthal, nicht minder anmuthig[2], öffnet sich unterhalb Niedersburg, einem Dörfchen, beinahe an die Stadt anstoßend, und nur durch Gärten von ihr getrennt..
[102] Klein, Rheinreise (1828), 214: Die nahe Silberhütte, besonders wenn Silberlicht ist, d. h. wenn ausgeschmolzen wird, zieht viele Badegäste [aus Bad Ems] an, unter welchen die Schwächern sich der schön gesattelten Reitesel bedienen. Häufig fährt man flußabwärts an dem Eisenwerke Ahl vorbei durch eine wildromantische Gegend nach Niederlahnstein. Schroffe, waldbedeckte Berge, mit Weinreben bepflanzte Abhänge, Felsenwände in mannichfacher Abwechselung gewähren auf dieser Wasserfahrt treffliche Ansichten..
[103] Klein, Rheinreise (1828), 234 f. (235): Vom Friedrichsberg führt ein anmuthiger Baumweg bequem nach Kunostein Engers, einem Orte von achthundert fünfzig Einwohner, unterhalb des Sayn-Ausflusses. Erzbischof Kuno von Falkenstein hatte daselbst 1368 ein festes Schloß mit gewaltigem Thurme erbauen lassen, zum Schirme gegen die Angriffe der Westerwälder Gau〈235〉grafen, welche der Rheinschifffahrt äusserst beschwerlich fielen. Kurfürst Johann Philipp von Walderdorf ließ 1758 an dessen Stelle das jetzige großartig aufführen und geschmackvoll einrichten. Von dem hohen Balkon desselben genießt man einer herrlichen Aussicht über die gegenüberliegende, mit üppiger Vegetation prangenden Ebene, und den ganzen Bogenlauf des breiten majestätisch vorbeiwallenden Stroms, auf die schönen Wölbungen der Gebirge und in die romantischen[3] Thäler aufwärts und abwärts..
[104] S. v. Knorring, an A. W. Schlegel (13. 1. 1822), KJ 2, 387: Ich habe lange vergeblich auf die Freude gehofft eine Antwort von Ihnen zu erhalten, und ich muß mich also entschliessen Ihnen wieder zu schreiben, ohne die Sicherheit zu haben, ob ein Brief[1] von mir Ihnen willkommen ist. Ich beklage es oft daß die schöne Zeit[3] der Jugend für mich dahin ist, denn unter andern heerlichen Gaben dieser entflohenen Zeit[3], ist auch das kostbahre rücksichtslose Vertrauen, auf die grosmühtige Nachsicht der Freundschaft zugleich mit entschwunden. Vor zwanzig Jahren mein theurer Freund, würde ich Ihnen zehn Briefe[1] nacheinander geschrieben haben, ohne daß es mir ein einziges mahl eingefallen wäre, diese Briefe[1] könten Ihnen unwilkommen oder beschwerlich sein, und hätten Sie endlich zu lange geschwiegen[1], so würde ich sehr böse geworden sein, und sehr gescholten haben, und es würde mir wieder nicht eingefallen sein, daß dies Bösewerden, und dies Schelten Ihnen noch beschwerlich[er] als die Briefe[1] hätte sein können, sondern ich würde im Gegentheil gehofft haben, Sie würden nun in sich gehen, und einsehen, wie grosses Unrecht Sie gegen mich hätten. ➢ Volltext.
[105] H. Chr. Kolbe, Paris. Gem. (1803), 143: Guerin in Vergleich mit David bleibt weit unter diesem Künstler, dieser fühlt das Schöne, ist nie häßlich[1], ahmt vortreflich die Antike[4] nach. Guerin nicht davon begeistert, behandelt nur oberflächlich die Formen. ➢ Volltext.
[106] Krünitz, Oecon. Encycl. XVI (1779; 21787), 199: Bewege durch den Garten stark die Einbildungskraft[1] und die Empfindung, stärker, als eine bloß natürlich[1] schöne Gegend bewegen kann. Rufe daher natürliche[1] Schönheit[1] der Landschaft herbey: rufe aber auch die Kunst[13], damit sie jene durch ihre Mitwirkung mehr erhöhe..
[107] Krünitz, Oecon. Encycl. XXIII (1781; 21790), 309 f. (310): So bald sich ein Bauermädchen seiner Mannbarkeit zu nähern anfängt, findet es sich [...] von einer Anzahl Liebhaber umgeben, die so lange mit gleicher Geschäfftigkeit um seine Neigung buhlen, als sie nicht merken, daß einer unter ihnen der Glücklichere ist. Alsdenn verschwinden alle übrige plötzlich, und der 〈310〉 Liebling hat die Erlaubniß, seine Schöne des Nachts zu besuchen. Er würde aber den romantischen[5] Wohlstand schlecht beobachten, wenn er den Weg geradezu durch die Hausthür nehmen wollte. Die Dorf-Etiquette verlangt schlechterdings, daß er seine nächtlichen Besuche durch das Dachfenster bewerkstellige. Wie unsere ritterbürtige Ahnen erst dann ihre Romane[2] glücklich gespielt zu haben glaubten, wenn sie bey ihren verliebten Zusammenkünften unersteigliche Felsen hinan zu klettern und ungeheure Mauern herab zu springen gehabt, oder sich sonst den Weg mit tausend Wunden hatten erkämpfen müssen: eben so ist der Bauerkerl nur dann mit dem Fortgange seines Liebesverständnisses zufrieden, wenn er bey jedem seiner nächtlichen Besuche alle Wahrscheinlichkeit für sich hat, den Hals zu brechen, oder wenn seine Göttinn, unterdessen daß er zwischen Himmel und Erde in größter Lebensgefahr da hängt, ihm aus ihrem Dachfenster die bittersten Neckereyen zuruft. Noch in seinen grauen Haaren erzählt er mit aller Begeisterung[2] diese Abenteuer seinen erstaunten Enkeln, die kaum ihre Mannheit erwarten können, um auf eine eben so heldenmüthige Art zu lieben[3]..
[108] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 427: Indessen kann in einer schönen Landschaft ein schrecklicher und fürchterlicher Gegenstand erscheinen, ohne daß ihre angenehme Wirkung dadurch gestört wird; ja, sie kann selbst durch den Einfluß des Contrastes gewinnen. Dieses beweisen manche Ketten von lieblichen Thälern in der Schweiz, über welche benachbarte mit Eis und Schnee belastete Alpen herabdrohen; dieses beweiset der rauchende Vulcan auf der romantischen[3] Insel Sicilien..
[109] Krünitz, Oecon. Encycl. LXIV (1794; 21803), 477: Der Stil in der Landschaft-Mahlerey ist viererley: 1. der erhabene; 2. der schöne oder reizende; 3. der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]], und 4. der gemeine Stil. | Der heroische oder erhabene Stil ist Vorstellung großer Geschichten[[[[BedeutungsVerweis ID='449' Anzeige='9' Formatierung='1']]]], prächtiger Schauspiele und Gebäude, so daß die Landschaft nur eine Neben-Sache zu seyn scheint. Alles, bis auf die kleinsten Gegenstände muß hier edel und groß, nichts darf verzerrt, possierlich oder kleinlich seyn. Der schöne oder reizende Stil ist Vorstellung angenehmer Gegenden, wo ein jeder Gegenstand schön[[[[BedeutungsVerweis ID='433' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] und reizend ist. Hierzu gehört: arkadisches Schäfer-Leben, niedliche Gebäude, zahme niedliche Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], Sonnen- oder Mond-Schein, reine Luft, schöne Aussichten, ruhige Flüsse, worin die Sonne oder der Mond sich spiegelt, einzelne schöne Bäume und angenehme Haine und Wälder. Der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Stil ist Vorstellung rauher und fürchterlicher Gegenden. Hierher gehören: Ruinen, 〈478〉 gänzlich verfallene oder einstürzende Gebäude, zerrissene Felsen, große Gebirge, Klüfte, Abgründe, reissende Ströhme, schäumende Wasser, Fälle, wilde reissende Thiere[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], Nacht, Sturm, Blitz, u. d. gl. Der gemeine oder niedrige Stil ist Vorstellung der ländlichen Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] wie sie ist. Hierher gehören: Vieh- und Hirten-Stücke aus unsern Zeiten[[[[BedeutungsVerweis ID='231' Anzeige='3' Formatierung='1']]]], Bettler, Bauern-Güter, Stroh-Dächer, verfallene schlechte Gebäude, Brückchen, Stege, Bauern-Schenken und Acker-Wirthschaft..
[110] Krünitz [Flörke], Oecon. Encycl. CXXII (1813), 182: Das Reisen auf Flüssen, Canälen und eingeschlossenen Seen ist größtentheils sehr angenehm, und gewährt oft die schönsten Aussichten, indem viele Flüsse durch die angenehmsten Thäler führen, manche Seen in höchst romantischen[3] Gegenden liegen, und die Canäle meistens in den am besten angebaueten Gegenden angelegt sind. [...] So erleichtern die ansehnlichen Flüsse, welche z. B. Deutschland durchströmen, die Wasserreisen in diesem Lande. Schwerlich ist in diesem Lande eine Gegend zu finden, die mehr Mannichfaltigkeit und Schönheit[1] der Landschaft, mehr Cultur[2] und Wohlstand verriethe, als die Rheingegenden. Wer daher aus dem südlichen[1] Deutschland nach Holland reisen will, würde thöricht und wieder sein eigenes Vergnügen handeln, wenn er nicht die angenehme und reizvolle Reise auf dem Rheine von Mannheim über Maynz, Koblenz, Kölln und Düsseldorf allen andern Gelegenheiten vorziehen wollte..
[111] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 714 f.: Romantisch[3/4], ein mit romanhaft[1] aus einer Quelle entspringendes Wort[1], allein von verschiedener Bedeutung. Man gebraucht es sowohl in der Malerei[3], als auch in der Poesie[18] von Gegenden, die sich durch eine einnehmende, bezaubernde Schönheit[1] und abwechselnde Mannigfaltigkeit der Gegenstände auszeichnen. In der Malerei[3] ist ein romantischer[3/4] Styl die Vorstellung einer Gegend mit Ruinen oder mit andern erhabenen, die Phantasie[1] des Beschauers fesselnden, Gegenständen. Der Landschaftsmaler muß daher sein Augenmerk nur auf die sogenannte wilde Natur[2] richten; denn nur diese hat ihre romantische[3/4] Seite. Die Gegenstände, welche den romantischen[3/4] Charakter[1] im höchsten Grade an sich tragen und die der Land〈715〉schaftsmaler mit dem ihm eigenen Zauber auf der Leinwand etc. dazustellen versuchen muß, sind: graue Felsmassen, die sich in der Ferne aus einer üppigen unbeschornen Vegetation zu des Himmels Azur erheben; ein stürmischer See, der seine Wellen mit Ungestüm empor treibt und über dem gewitterschwangere Wolken sich ihres Feuerstoffs entladen; oder ein See, der sich ruhig zwischen grünen Schilfmassen und prächtigen Wiesen dahin schlänget und über den in der Entfernung Städte und Dörfer aus grüner Umgebung ihre Zinnen und Thürme im vergoldeten Morgen- und Abendglanz emporheben. Hierzu geselle sich nun ein Fischer mit seinem Netze am See, oder ein Schäfer mit seiner Heerde und seinem Hunde auf dem grünen Teppich der Wiese; auch eine alte[11] Ritterburg, einsam auf einer Höhe gelegen, wo durch des Fensters Trümmer, im Gegenscheine der untergehenden Sonne, sich des Vollmondes falbes Licht blicken läßt, und über welcher einige Vögel schwärmen etc. Freilich muß aber der Landschaftsmaler eine glühende Phantasie[1], ein dichterisches Gefühl besitzen, um den Beschauer, durch eine glückliche und harmonische Zusammenstellung des Ganzen, durch eine richtige Perspective, durch ein heiteres[1], frisches, überhaupt dem Gegenstande angemessenes, Kolorit, durch sanfte Verschmelzung der Tinten in einander, zu fesseln und sein Gemüth zu dem Schönen zu erheben. Hierin zeichneten sich vorzüglich aus Claude Lorrain, Poussin, Vernet, Hackert etc. etc..
[112] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 720 f. (721): Wir finden in jeder Poesie[11] romantische[2] Partien. So fehlt es dem griechischen[2], als auch dem nordischen Fabelkreise nicht an reizenden romantischen[2] Einzelnheiten; nur der [sic] eigentliche vorherrschende Charakter[5], der [sic] wahre Geist[12] des Romantischen[2] findet man in den provenzalischen 〈721〉 Dichtern[3], und in dem Mythenkreise der eigentlichen alten[11] Ritterromane, der dem Süden von Europa angehört, und sich von da erst weiter ausgebreitet hat. Diesen romantischen[2] Geist[12] finden wir zuerste in Spanien und Frankreich. In Spanien verschaffte der Kampf der Christen mit den Mohren, das allmählige Aufkommen christlicher Königreiche, der romantischen[2] Poesie[1], Zunder und Nahrung; denn die ritterlichen Spiele und Thaten; die großen Feste, die unter verschiedenen Gestalten, bald in den geräumigen hochgewölbten Sälen der Palläste, bald im grünen Walde, unter dem schützenden Laubdache majestätischer Bäume abgehalten wurden, und woran Könige und Herzöge Theil nahmen, und sich mit den Rittern, Damen und Dichtern[1] unter Spiel und Gesang belustigten, trugen einen eigenen Zauber. [...] Hierzu kamen nun noch die Kreuzzüge, die gerade in jenen Ländern die meiste Theilnahme fanden, und das romantischste[2] Gemälde in der ganzen Geschichte[3] abgeben, woraus sich dann in Frankreich die schönen Dichtungen von Carl dem Großen, seinen Pärs, seinen Kämpfen mit den Mauren etc. entfalteten. Von Frankreich und Spanien gelangte die Romantik[3] auch nach England und Deutschland. Im ersteren Reiche finden wir das echt Romantische[2] in dem Mythus vom fabelhaften König Uterpendragon, dem Erneurer des heiligen Graals, von Arthus etc. ausgebildet, und in Deutschland, im Süden desselben, geschah die Ausbildung des Romantischen[2], jedoch 〈722〉 nicht in dem Umfange, wie in Spanien, Frankreich und England, durch die Minnesänger..
[113] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXIX (1838), 12 f. (13): Nach Hufelands Untersuchung des Driburger Wassers steht dasselbe an Gehalt von Kohlensäure und Eisen, diesen beiden Hauptbestandtheilen ächter Gesundbrunnen, weder dem Pyrmonter, noch sonst einem andern bekannten Mineralwasser der ersten Klasse[1] nach, ja es soll das Erstere (Pyrmonter) zuweilen übertreffen, und sich für manche Naturen[12] noch mehr geeigneter und wohlthätiger zeigen, als jenes. [...] 〈13〉 [...] Was aber hauptsächlich mit zur Heilung bei dem Gebrauche dieses Wassers wirkt, ist die romantische[3/4] Gegend, wo eine reizende Wildniß mit einer sorgsamen Kultur[2] abwechselt. Die schön belaubten Berge mit ihren Ruinen, worunter auch die Ruine des von Karl dem Großen eroberten Schlosses Iburg [...] geben dem Ganzen auch ein geschichtliches Interesse; dann sind auch in der Nähe Eisenbergwerke, Glashütten und andere Anstalten der Industrie und Gewerbsamkeit..
[114] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CLXX (1839), 520 f.: Buonarotti [...] zeigte, daß er für die antike[2] Bildhauerkunst die größte Hochachtung hege, sie studiere, aber mit Nutzen, ohne die Natur[12] zu vernachlässigen, wodurch selbst die Alten[10] ein Muster geworden, und ohne Vernachlässigung der Zeit[3], in welcher man selbst lebt. Da er nun seine Arbeit so sehr unter die Bildhauerey der Alten[10] herabgesetzt fand, so entschloß er sich, seine Landsleute [...] von ihrem Irrthume zu überzeugen. Er verfertigte also eine Statüe des Morpheus, oder Gottes[4] des Schlafs aus Marmor, und schlug, nach der Vollendung desselben, davon einen Arm fort, und verbarg denselben in seiner Wohnung. Die Statüe überzog er mit einer Art Rost, um derselben ein antikes[2] Ansehen zu geben, und ließ sie an einem Orte, wo er wußte, daß man nach Alterthümern[5] stets zu suchen pflegte, unter Trümmern und Schutt heimlich eingraben. Nach einiger Zeit[6] wurde daselbst wieder, wie es schon früher geschehen war, der Antiken[3] wegen, nachgegraben, und so fand man denn auch die Bildsäule von Buonarotti. Die größten Kenner Roms bewunderten sie sogleich als einen aufgefundenen antiken[2] Schatz, ja als eines der schönsten Stücke des Alterthums[3]. Man ließ sich in Lobeserhebungen über die Schönheit[1] der Arbeit, aus, und sagte ganz offen, daß man hiernach die Arbeiten des Michael Angelo beurtheilen könne, wie weit diese hinter den Antiken[3] zurückständen. Man ließ ihm zwar dabei eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren, indem man sagte: daß er, als ein Neuerer[5] in der Kunst[4], in der That ein geschickter Mann sey; allein hieran könne man doch erkennen, wie viel er noch zu thun habe, um diese Antike[3] zu erreichen [...]. Nachdem nun Buonarotti sie eine Zeitlang in dem 〈521〉 Wahne, eine wirkliche Antike[3] vor sich zu haben, gelassen, auch viele ironische[1] Bemerkungen zwischen der Antike[4] und seiner Arbeit mit angehört hatte, so trat er endlich hervor, und erklärte die Bildsäule für sein Werk [...]. Man kann sich leicht die Entrüstung denken, in welche alle seine Gegner geriethen, als sie sich mit ihrem Kunsturtheile so in die Enge getrieben sahen; indessen zweifelte man dennoch an der Wahrheit, bis Buonarotti den Arm brachte [...], welches zugleich eine Lehre für diejenigen zur Folge hat, die nur für das Antike[2] eingenommen sind, ohne das Moderne[1] in der Kunst[2] erst näher zu untersuchen oder zu prüfen, indem sie dann finden werden, daß man bei der Wahl und Nachahmung des Schönen in der Natur[2], nur das erreichen kann, was die Alten[10] auch nur erreichen konnten, weil sie nichts anderes thaten, und dann, daß die Kunst[2] nicht abgeschlossen ist, sondern sich jeder bestreben muß, das Höchste darin zu erreichen. Wer die Antiken[3] zum Vorbilde hat, hat nur das voraus, daß er schon die Muster zum Studium, der Nachahmung würdig, aufgestellt findet, ohne sie erst aufsuchen zu müssen; oder daß sich nach diesen Mustern sein Geschmack bilde, seine Empfindung für das Schöne erregt werde, um dann selbst dasselbe aufzusuchen..
[115] Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 34: [I]ch habe einen herrlichen schönen Gott[6], er ist mir überall, wo sich mir eine Schönheit[3], eine Thätigkeit, eine Bewegung offenbart, er rauscht in den Bäumen, in den Wellen, er sieht aus der feuchten Pflanze[1], wenn sie sich öffnet, [...] aber so lieb, und so klar und bezaubernd hat er noch nimmer zu mir gesprochen, als heute aus Deiner Schönheit[1]. Aus [...] der weißen Haut und der vollkommenen Form Deiner Schulter lacht er mir in die Augen wie der unverhüllte [...] Reiz der Griechen. Hier, wo das Kleid das widerspenstige, mich hindert, mehr als ein Stück Deines stolzen Oberarms zu sehen, hier beginnt die verschleiernde Romantik[8] [...]..
[116] Lichtenberg, Brf. aus Engl. III (1778), SuB 3, 358: Ihr Geburtsort ist das schöne, romantische[3] Bath, wo ihr Vater Apotheker war..
[117] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 28: Selbst das Zimmer, worin ich lebte, der erste Schauplatz meiner Erfahrungen und meiner Spiele, hat ein angenehmes Bild von Harmonie und Fröhlichkeit in mir zurückgelassen, und ich weiß noch ganz genau, welche Farben, welche Gemälde es zierten, welche Aussicht es gewährte. Mein Auge gewöhnte sich an heitre[5], liebliche Formen, und mein kindisches Herz war mit unsichtbarer Gewalt an das Schöne gebunden; ich unterließ das Schlechte, nicht weil es böse, sondern weil es häßlich[1] war..
[118] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 71 f.: Die Fähigkeit zu allen süßen, allen traurigen Empfindungen ruht in der Kindheit noch unentwickelt in dem kleinen Herzen, und es empfindet da bei der einfachsten Veranlassung noch ungetheilt, alles, was es jemals, vertheilt, bei den mannigfaltigsten Eindrücken zu fühlen vermag. Jedes Bild tritt neu[1] und ungetrübt vor die jugendliche Phantasie[1], und der lebendige Eindruck ergießt sich mit sanfter Gewalt durch alle Saiten des erwachenden Gefühls. Deshalb umfaßt es die kleine Welt, die es umgibt, mit einer Innigkeit, die sich nicht durch Worte[2] ausdrücken kann. Die liebliche Magie der Unerfahrenheit überwebt Ursprung und Ende jeder schönen Empfin〈72〉dung wie mit einer Wolke, daß sie auf einmal in ihrer ganzen Fülle dasteht, unbegreiflich und mächtig wie das Erscheinen einer Gottheit. Dies alles verschwindet, wenn der reifer gewordne Verstand[2], nun heller um sich schaut, und den leisen Gang der Eindrücke die das Saitenspiel des Herzens bewegen, zu verfolgen vermag. – Aber, Julie, giebt es keine Zeit[3] im Leben, wo diese jugendliche Begeisterung[1] in ihrer ganzen Stärke und Einheit, nur noch inniger, schöner, heiliger zurückkehrt? und welche Zeit[3] kann dies anders sein, als die, wo wir lieben?.
[119] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 128: Die Schönheit[1] der Gegend überraschte mich, denn die glückliche Stellung der Gebirge, die sich um das schöne Thal ziehen, bildete sehr romantische[3] Parthien und einen reizenden Grund [...]..
[120] Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 183: [I]ch war glücklich! glücklich, wie es wol nie eine Sterbliche war, und werden wird! – Stunden hoher Begeisterung[1] und ruhiger Einfalt, der geistigsten, schönsten Poesie[20], und bescheidner, nüchterner Lebensfreuden, schlossen sich reizend an einander. Ja! es gab Momente, wo uns das Herz so groß ward, wo uns Phantasie[3], Liebe und Naturgenuß, ganz über alle gewöhnliche Verhältnisse hinweg, ins Gebiet der Ideale empor hob, wo wir alles andere verachteten, und zu sterben wünschten, weil nach solchen Augenblicken, kein irdisches Glück mehr unsrer Sehnsucht werth schien. Aber es gab auch Stunden, Tage, wo wir friedlich auf dem sanften Strom des gewöhnlichen Lebens hinabgleiteten, uns in den mannigfaltigen Beziehungen der Menschen, in geselligen 〈184〉 Verhältnissen glücklich fühlten, und mit freundlicher Ruhe einander ins Auge blickten. – Das war es eben, was uns so selig machte, daß wir uns allenthalben begegneten, auf den ewigen Höhen der Begeisterung[1], und in den flüchtigen Wellen des Augenblicks, allenthalben uns einander nahe fühlten..
[121] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 30: Bald führte mich das Ungefähr in eine Gegend, die mich unbeschreiblich anzog. Mitten im Walde, lag die schönste Ruine, die ich je gesehen habe. Die ganze Stelle hatte eine wunderbare Mischung, von süßer, weichlicher 〈31〉 Ländlichkeit, und reizender romantischer[3/4] Wildheit; nie hab’ ich etwas Lieblicheres gesehen. Ich stand vor den Ruinen, in der dunkelsten, angenehmsten Schwärmerei vertieft, und ward nur durch das Haus des Amtmanns, darinnen gestöhrt, das recht unschicklich in die edlen Trümmer hineingebaut war [...]..
[122] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 54: Ich habe mir seit Kurzem eine neue[1] Wohnung gemiethet, welche mir durch ihre äußerst schöne romantische[3] Lage schon längst gefiel, und es beschäftigt mich immer mehr, meine ganze Umgebung nach den Bildern zu gestalten, die ich schon lange im Sinne[10] trage, und bisher nie, ungestöhrt ausführen konnte..
[123] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 77 f.: [D]ieser Antonio ist mir sehr viel geworden! – Sein heitrer[4], umfassender Geist[18] zaubert eine schöne Gegenwart um mich her, seine feurige Phantasie[3] trägt mich auf ihren Schwingen in das himmlische Land der Dichtung, wo alles auf ewig in dem entzückenden Duft jugendlicher Begeisterung[2] getaucht ist! – Und dahin will ich mich flüchten, aus dem öden verworrnen Gewebe irrdischer Pläne und Verirrungen, dahin auf ewig mit reinem, liebenden Herzen! Ich fühle es, ich muß 〈78〉 ihm alle meine Zweifel, meine Schmerzen, mein ganzes Leben muß ich ihm anvertrauen. – An den heitern[4] Sinn[7] dieses Mannes, schmiegt sich mein Herz vertrauungsvoll an, und die Welt lächelt mir neu[2] in dem Wiederschein seines Geistes[18]. Durch Antonio werde ich mit den schönsten Erzeugnissen der Poesie[11/4] bekannt, die mir bis jetzt meist fremd[4] geblieben sind, und indem ich mich ganz dieser himmlischen, ewig in Morgenroth schimmernden Welt hingebe, und gar nicht mehr nach Deutlichkeit in der irrdischen strebe, geht eine neue[1] Wahrheit, ein neuer[1] Glanz in meiner Seele auf..
[124] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 113 f. (114): Nie vermag ich, ohne die innigste Rührung den Abendgesang der heiligen Jungfrau zu hören, welcher hier den müden Arbeiter zum ersehnten Feierabend ruft. [...] 〈114〉 [...] Und hört man in dieser Zusammensetzung, das sanfte Madre d'amore! so wähnt man auf Augenblicke, ganz in das schöne Alterthum[2] versetzt zu sein..
[125] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 140 f. (141): Was geschehen ist, fragst Du erstaunt? – Nichts! – Nichts und doch Alles; denn fühl' ich nicht, wie Alles um 〈141〉 mich her verändert ist, wie die Bäume und die Blumen wieder, wie ehedem vor meinem Blick in freudigen Tänzen sich bewegen, wie ich in dem Leben der Menschen, Geschichte[1] und Zusammenhang sehe, und überall mir wieder Licht und Ordnung erscheint! – | Ach! diese schöne Begeisterung[1] war so fern, so fern von mir versunken, und es schien mir ganz unmöglich, jemahls wieder diese Höhe des Gefühls zu erreichen! So vieles Irrdische, Todte, hielt mich lange, dicht umfangen; ich war oft ganz darinnen vergraben, und sahe nun überall keinen Ausweg, keinen Zweck, keinen Geist[12]! – Schon hatte ich alles aufgegeben, und nun! – steh' ich nicht mit einemmal wieder auf jenen heitern[4] Höhen der Begeisterung[1], und betrachte von da die Welt, die mir nun 〈142〉 lauter liebliche oder rührende Bilder zeigt, und woraus alles Harte, Verworrene, Gemeine verschwunden ist? Fühl' ich mich nicht empor gehoben wie eh'mals, über die Menge, die sich da unten um taube Nüsse zerquält; und haßt, und liebt nicht mein frömmer gewordnes Herz die Menschen inniger, je mehr ich sie übersehe? – Und wenn ich Dir alles erzähle, so wirst Du vielleicht lächeln, und wohl viele würden es. Auch kann ich mich recht gut in Deine Ansicht versetzen, aber dann bitte ich Dich, das einzige zu bedenken, was Dir alles ehrwürdig machen wird, nehmlich, daß alles, was ich empfinde, unwillkührliche, tief aus dem Herzen hervorquellende Wahrheit ist..
[126] Mereau, Amd. u. Ed. II (1803), 152: Ich reis'te gestern Morgen von *** ab; der muntre Ton[11] des Posthorns bewegte wieder mein Herz wie sonst; ich sah das Leben wieder in dem schönen Gewand der Jugend, der Ahndung[2], der Liebe[1], 〈153〉 und meine Sinne[4] konnten die Sprache[12] der Natur[2] verstehen..
[127] Metzger, Heidelbg. Schloss (1829), 36: Ueber dem Eingänge bei der Brücke stehen zwei unförmlich gestaltete Schildknappen, zwischen diesen ist ein Bogen mit schönen frei[20] hervorstehenden Gothischen[2] Verzierungen, in welchem auf eine Steinplatte 2 Löwen halberhaben ausgehauen sind [...]..
[128] Metzger, Heidelbg. Schloss (1829), 108: Die Umgebung war meist mit großen Buchen und Eichbäumen bewachsen, die den Wolfsbrunnen dicht umschlossen und demselben ein romantisches[3/8] Aussehen gaben. Links an dem obersten Weiher stand noch vor 30 Jahren eine uralte Linde, die den Weiher majestätisch überzogen halte und den Ort beschattete. Aus Mangel an Interesse für den schönen Ort und aus Privatnutzen wurde diese schöne Linde umgehauen. Auch das alte[1] Fischerhaus mit dem schönen Röhrbrunnen wurde in neuerer[3] Zeit[3] geschmacklos modernisirt und in gegenwärtigen Zustand umgewandelt..
[129] Ch. Michaelis, an C. Böhmer (Nov. 1785), C 1, 134: Gestern den ganzen Morgen von 9 Uhr bis 12 Uhr bin ich mit Louisen bey der Paradis gewesen, die uns beiden sehr lieb hat und ein liebes Mädchen ist mit viel Geist[20] bey ihrer Blindheit, sie Singt nicht schön, aber mit ausdruck, den nur die haben können, denen sonst ein Sin[4] fehlt, Pfeffel hatte sie der Leßen empfohlen – die Leßen ist ganz bezaubert – Bürger ist außer sich gekommen, wie er das Tralirum larum leyer von ihr gehört hat, und hat gesagt, das wäre einen Kieselstein in Gold gefast..
[130] Moritz, Dt. in Engld. (1783), 175: Unter andern sahe ich [...] eine Beschreibung von Oxford mit Kupfern, in Folio, wo sich denn die Thürme und Kollegiengebäude freilich weit schöner auf dem Papier, als in der Natur[21] ausnahmen..
[131] Moritz, Dt. in Engld. (1783), 183 f. (184): Wir besahen Schakespears Haus, das unter allen Häusern in Stratford, eines der schlechtesten, niedrigsten und unansehnlichsten ist [...]. [...] | Schakespears Stuhl, worauf er vor der Thür gesessen, war schon so zerschnitten, daß er fast keinem Stuhle mehr ähnlich sah; denn jeder Durchreisende schneidet sich zum Andenken einen Span davon ab, welchen er als ein Heiligthum aufbewahrt. Ich schnitt mir auch einen ab, weil er aber zu klein war, habe ich ihn verloren, und Sie werden ihn also bei meiner Wiederkunft nicht zu sehen bekommen. | Als wir weiter fuhren, betrachtete ich jeden Fleck mit Aufmerksamkeit, wo wir vorbeikamen, wenn ich dachte: das ist nun die Gegend, wo ein solcher Geist[20], wie Schakespears, seine erste Bildung[3] durch die ihn umgebende Natur[2] erhielt! Denn die ersten Eindrücke der Kindheit bleiben doch immer äusserst wichtig, und sind ge〈184〉wissermaßen die Grundlage aller folgenden. Obgleich die Gegend hier zwar nicht vorzüglich schön ist, so hat sie doch ganz etwas Eignes, Romantisches[3]..
[132] Moritz, Bild. Nachahm. (1788), 7: [W]eil [...] der edle Mensch[1], um edel zu seyn, der körperlichen Schönheit[1] nicht bedarf, so scheiden sich hier [...] die Begriffe[1] von Schön und Edel, indem durch das letztre die innre Seelenschönheit, im Gegensatz gegen die Schönheit[1] auf der Oberfläche, bezeichnet wird. In so fern nun aber die äussre Schönheit[1] zugleich mit ein Abdruck der innern Seelenschönheit ist, faßt sie auch das Edle in sich, und sollte es, ihrer Natur[1] nach, eigentlich stets in sich fassen. Hiedurch hebt sich aber demohngeachtet der Unterschied zwischen schön und edel nicht wieder auf. Denn unter einer edlen Stellung denken wir uns z. B. eine solche, die zugleich eine gewisse innere Seelenwürde bezeichnet: irgend eine leidenschaftliche Stellung aber kann demohngeachtet immer noch eine schöne Stellung seyn, wenn gleich nicht eine solche innere Seelenwür〈8〉de ausdrücklich dadurch bezeichnet wird; nur darf sie einem gewissen Grade von innerer Würde nie geradezu widersprechen; sie darf nie unedel seyn..
[133] W. A. Mozart, an seinen Vater (15. 12. 1781), S 2, 142: bevor ich ihnen von meinem gewäsche frey mache, muß ich ihnen doch noch näher mit dem karackter[2] meiner liebsten konstanze bekannt machen. – sie ist nicht hässlich[1], aber auch nichts weniger als schön. – ihre ganze schönheit[1] besteht, in zwey kleinen schwarzen augen, und in einem schönen Wachsthum. sie hat keinen Witz[3], aber gesunden Menschenverstand genug, um ihre Pflichten als eine frau und Muter erfüllen zu können..
[134] Musäus, Volksmärchen (1782–86), 425: Der Ausdruck ihres Kummers war so unnachahmlich schön, daß ihn keine unsrer romantischen[7] Dulderinnen würde nachzukünsteln wissen..
[135] Musäus, Volksmärchen (1782–86), 427: [K]einem fiel es ein [...], das schönste Verhältnis des weiblichen Körpers zwischen acht und neun Kopfslängen zu setzen, oder das ein griechisches[6] Profil zu nennen, wo die Nasenwurzel mit der Stirn in gerader Linie fortläuft..
[136] Naubert, Volksmährch. IV (1792), 76 f. (77): Der Stallmeister war besonders in Verlegenheit, woher er ein passendes Pferd für die Braut nehmen sollte, indem diese des Reitens nicht sehr kundig war und eines so sanften und lenksamen Thieres[3] bedurfte, wie er keines auftreiben zu können glaubte. [...] | 〈77〉 „Ich kenne,“ sagte er zu sich selbst, [...] „ich kenne kein schöneres und geduldigeres Thier[3], als des blanken Ritters silbergraues Roß; darauf sollte Fräulein Emma trefflich paradiren [...].“.
[137] Novalis, Begeist. (*?1790), NS 2, 23: Alles dies [...] gilt nur hauptsächlich von dem Morgenlande[2], dem eigentlichen Vaterlande der Menschheit[2], Sprache[1], Dichtkunst [...], von woher eigentlich wie vom Urstamme sich alles in die übrigen Erdgegenden und Zonen nur fortgepflanzt hat und eingepfropft worden ist. Das ganze Klima[1] desselben war für die Kindheit des menschlichen Geschlechts und der Künste[2] und Wissenschaften[1] wie seine Gegenden ganz vorzüglich geschickt; die Menschen[1] und Künste[2] erhielten hier die Kraft, die sie in den kältesten Wüsten und Regionen noch immer nach vielen Jahrhunderten erhält und ihnen feste Wurzeln fassen läßt: die schönen Gegenden, die Wärme und Heiterkeit[1/2] des selten bewölkten Himmels bildeten sie, nährten sie, und die Fruchtbarkeit des Bodens ließ ihnen Ruhe, sich allmählich auszubilden und zu reifen; das ihnen in einem weniger milden Boden durch die Einflüsse des Klima[1], stumpfere Organisation[6] und ängstliche Mühe und Suchen nach Lebensunterhalt und nach den notwendigsten Bedürfnissen wäre verwehrt worden..
[138] Novalis, Tageb. (*1793), NS 4, 17 f.: Das Schloß, das auf einem hohen und steilen Berg liegt, wird durch die Aussichten aus seinen Zimmern, die heitere[2] Luft, welche daselbst herrscht und den es zum Theil umgebenden Lustwald ein anmuthiger[2] Wohnort; denn um dieser Schönheiten[1] willen kann man wohl die Unbequemlichkeiten des Herauf- und Herunterfahrens oder Gehens und die Rauhheit der Luft vergessen. Man mag sich stellen an welches Fenster man will, die in den Hof abgerechnet, so findet man fast immer eine reitzende und romantische[3/4] Aussicht vor sich. Auf der einen Seite breitet sich das friedliche Wernigerode am Fuß des Schloßbergs aus, und hinter demselben laufen aufwärts nach dem Gebirge einige sich bald verengende, bald erweiternde Thäler hin, in deren Mitte die Renne, wie ein nachlässig auf einen Tisch gelegter Silberfaden sich daher schlängelt. Im schönsten[6] Grün zerstreute Ortschaften wechseln mit dunkelm Schwarzholz und frischen Saatfeldern in diesen schönen[1] Thälern, an deren Seiten sich anfangs ein fruchtbares Land fernhin erstreckt, bis sie sich endlich in waldichten Hügeln verlieren, hinter denen sich immer höher und in immer schwächerem, erbleichtem Blau das Harzgebirge erhebt. Auf einer andern Seite sieht man tief unter sich in den Kessel eines unregelmäßigen Thales, das dennoch durch das sanfteste Grün, welches seinen Boden überzieht und durch einen mit Laubholz aller Art bewachsenen Berg, dessen Seiten sich bald senkrecht an dem Abgrund erheben, bald in allmäh〈18〉lichem Abhang sich in das Thal verlieren, einen anmuthigen[2] Anblick gewährt. Zwischen schroffen Felswänden drängt sich auf einer andern Seite ein anderes, mit einem Grund von wollüstigen Kräutern, auf denen üppiges Gesträuch in die Höhe wuchert, sich in schön[1] gerundeten Krümmungen durch angenehm belaubte Hügel daher windet. Immer rauher und immer wilder werden hinter dieser Scene die Vorgebirge des Harzes, welche finstrer Kiefernwald deckt; bis endlich eine sich amphitheatralisch erhebende Bergkette den Schauplatz umschließt und in ihrer Mitte aus ferner Bläue der Brocken sein weißes Haupt kolossalisch gen Himmel streckt. Nächst diesen schönen[1] Aussichten müssen die artig geordneten, geschmackvoll meublirten und mit Landschafts-Zeichnungen und Kupfern ausgehängten Zimmer und eine Bibliothek von etwa 40000 Bänden den Aufenthalt auf diesem alten[1], unregelmäßig gebauten Schloß, das sich in der Ferne wie eine rauhe aufgethürmte Fels-Masse präsentirt, sehr angenehm machen..
[139] Novalis, Glaub. u. Lieb. (1798), 272: Ein wahrhaftes Königspaar ist für den ganzen Menschen[1], was eine Constitution für den bloßen Verstand[9] ist. Man kann sich für eine Constitution nur, wie für einen Buchstaben[9] interessiren. Ist das Zeichen nicht ein schönes[2] Bild, oder ein Gesang, so ist Anhänglichkeit an Zeichen, die verkehrteste aller Neigungen. – Was ist ein Gesetz, wenn es nicht Ausdruck des Willens einer geliebten, achtungswehrten Person ist? Bedarf der mystische Souverain nicht, wie jede Idee, eines Symbols, und welches Symbol ist würdiger und passender, als ein liebenswürdiger treflicher Mensch[1]? Die Kürze des Ausdrucks ist doch wohl etwas werth, und ist nicht ein Mensch[1] ein kürzerer, schönerer[1] Ausdruck eines Geistes[30] als ein Collegium?.
[140] Novalis, Glaub. u. Lieb. (1798), 273: Meinethalben mag jetzt der Buchstabe[8/9] an der Zeit[7] seyn. Es ist kein großes Lob für die Zeit[9], daß sie so weit von der Natur[19] entfernt, so sinnlos für Familienleben, so abgeneigt der schönsten poetischen[1] Gesellschaftsform ist. Wie würden unsre Kosmopoliten erstaunen, wenn ihnen die Zeit[3] des ewigen Friedens erschiene und sie die höchste gebildetste Menschheit[3] in monarchischer Form erblickten? Zerstäubt wird dann der papierne Kitt seyn, der jetzt die Menschen[1] zusammenkleistert, und der Geist[12/30] wird die Gespenster, die statt seiner in Buchstaben[8/9] erschienen und von Federn und Pressen zerstückelt ausgingen, verscheuchen, und alle Menschen[1] wie ein paar Liebende zusammen schmelzen..
[141] Novalis, Lehrlinge (*1798), NS 1, 100: Man beschuldigt die Dichter der Übertreibung, und hält ihnen ihre bildliche uneigentliche Sprache[4] gleichsam nur zu gute, ja man begnügt sich ohne tiefere Untersuchung, ihrer Fantasie[2] jene wunderliche Natur[1] zuzuschreiben, die manches sieht und hört, was andere nicht hören und sehen, und die in einem lieblichen Wahnsinn mit der wirklichen Welt nach ihrem Belieben schaltet und waltet; aber mir scheinen die Dichter noch bei weitem nicht genug zu übertreiben, nur dunkel den Zauber jener Sprache[4] zu ahnden[3] und mit der Fantasie[2] nur so zu spielen, wie ein Kind mit dem Zauberstabe seines Vaters spielt. Sie wissen nicht, welche Kräfte ihnen unterthan sind, welche Welten ihnen gehorchen müssen. Ist es denn nicht wahr, daß Steine und Wälder der Musik gehorchen und, von ihr gezähmt, sich jedem Willen wie Hausthiere fügen? – Blühen nicht wirklich die schönsten Blumen um die Geliebte und freuen sich sie zu schmücken? Wird für sie der Himmel nicht heiter[1] und das Meer nicht eben? – Drückt nicht die ganze Natur[2] so gut, wie das Gesicht, und die Geberden, der Puls und die Farben, den Zustand eines jeden der höheren, wunderbaren Wesen aus, die wir Menschen nennen? Wird nicht der Fels ein eigenthümliches Du, eben wenn ich ihn anrede? Und was bin ich anders, als der Strom, wenn ich wehmüthig in seine Wellen hinabschaue, und die Gedanken in seinem Gleiten verliere? Nur ein ruhiges, 〈101〉 genußvolles Gemüth wird die Pflanzenwelt, nur ein lustiges Kind oder ein Wilder die Thiere[1] verstehn..
[142] Novalis, Fragm. u. Stud. (*1800), NS 3, 670, Nr. 611: Im Shakespeare wechselt durchaus Poesie[14] mit Antipoësie – Harmonie mit Disharmonie ab – das Gemeine, Niedrige Häßliche[1], mit dem Romantischen[7], Höhern, Schönen – das Wirckliche mit dem Erdichteten. [Randbemerkung: Dies ist gerade mit dem griechischen[2] Trauersp[iel] der entgegengesezte Fall.].
[143] Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 115 f. (116): Auf einer Anhöhe erblickten sie ein romantisches[3/4] Land, das mit Städten und Burgen, mit Tempeln und Begräbnissen übersäet war, und 〈116〉 alle Anmuth bewohnter Ebenen mit den furchtbaren Reizen der Einöde und schroffer Felsengegenden vereinigte. Die schönsten Farben waren in den glücklichsten Mischungen. Die Bergspitzen glänzten wie Lustfeuer in ihren Eis- und Schneehüllen. Die Ebene lachte im frischesten Grün. Die Ferne schmückte sich mit allen Veränderungen von Blau, und aus der Dunkelheit des Meeres wehten unzählige bunte[1] Wimpel von zahlreichen Flotten..
[144] Pückler-Muskau, Brf. Verstorb. I (1830), 193 f. (194): Die das Thal 〈194〉 umgebenden Berge sind sehr hoch und steil, und steigen überall, glatt und ohne Absatz, von der wie planirt erscheinenden Fläche empor. Links sind es nackte Felsen, von imponirender Gestalt, nur hie und da mit rother und gelber Erica bewachsen, die andern drei Seiten aber mit dichten und mannichfaltigen Pflanzungen bedeckt, deren Laub bis in den See hinabhängt. Wo der erwähnte Bergstrom sich, auf glänzend grünem Grasgrunde, in den See ergießt, bildet er einen breiten Wasserfall. Es ist wohl ein schöner Fleck Erde – einsam und abgeschlossen, der Wald voll Wild, der See voll Fische, und die Natur[2] voll Poesie[15]..
[145] Pückler-Muskau, Brf. Verstorb. II (1830), 306: Als ich in Canterbury ankam, flaggten alle Thürme zum Neujahrstage, ich aber feierte ihn noch herrlicher in der stolzesten und schönsten aller englischen 〈307〉 Cathedralen. Dieser romantische[4/13] Bau, der von den Sachsen angefangen, von den Normannen fortgesetzt, und neuerlich mit Verstand[3] restaurirt worden ist, bildet eigentlich drei ganz verschiedene, aber zusammenhängende Kirchen, mit vielen unregelmäßigen Seitenkapellen und Treppen, auf und niedersteigendem schwarz und weiß gegatterten Steinboden, und einem Wald von Pfeilern darauf, in harmonischer Verwirrung..
[146] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 45: Wo wirklich alte[11] (nicht bloss im alten[12] Styl neu[9] aufgebaute) Schlösser, als langer Familienbesitz vorhanden sind, bin ich der Meinung, dass man sie nur wohnlicher, ansehnlicher mache, aber sonst in dem alten[11] Charakter[4] möglichst erhalte, wenn auch ein weit schönerer an sich denkbar wäre..
[147] Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 170 ff. (173): Weiterhin gegen Süden, am Ende des Städtchens, wird der Abhang schroffer, und beschreibt einen Halbkreis, wo er mit hohen Buchen, Eichen und einzelnem Schwarzholz bedeckt ist, und viele romantische[3] Schluchten bildet. Hier liegt ein Alaunbergwerk mit ansehnlichen Gebäuden, Gradir- und andern Werken. [...] | 〈173〉 Auf dem höchsten Puncte der [...] Hügelkette geniesst man eine sehr schöne und weite Aussicht. Den Vordergrund bildet das Neissthal mit dem Städtchen, dessen aufsteigende Terrassengärten sich mit den Strohhütten des Dorfes Berg, die hier fast unmittelbar über die Stadt herab zu hängen scheinen, malerisch[4] vereinigen. Südlich in den Schluchten rauchen Tag und Nacht die Alaunhütten und Töpferöfen, deren Feuersäulen mit eintretender Dämmerung allnächtlich die ganze Gegend erleuchten; weiter hin aber verliert sich das Auge, dem Laufe des Flusses folgend, in einer mit alten[2] Eichen und andrem Laubholz reich besetzten Feldflur, bis der umschliessende Wald von neuem[2] alles verschlingt, und nur den blauen Häuptern der Landskrone, Tafelfichte und Schneekoppe aus dem dunkelgrünen Meere hervorzutauchen erlaubt..
[148] Ramdohr, Landsch. Friedr. (1809), 109: [I]ch, der ich [...] um funfzig Jahre zu spät geboren [...] [bin], um statt der Bildung[5], die ich durch die klassischen[3] Werke der Alten[10] und Neuen[5] erhalten habe, durch die Werke aus der ersten Kindheit der Kunst[4] zum Gefühl des Schönen angezogen zu seyn [...]. ➢ Volltext.
[149] Reichardt, Liedersp. (1804), XVI: Für den [...] Geschmack des Berliner Publikums[4] und für meine eigene Liebe zu mehreren der schönsten Götheschen Liedern hab' ich kürzlich das dritte Stück dieser Art gemacht, welches einigermassen auf eine interessante[1] Scene, die ich in der höchst romantischen[3] Gegend der Schweiz, in welcher das Stück spielt, auf meiner frühern Schweizerreise erlebte, gebaut ist..
[150] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 42: Was für ein Sinn[[[[BedeutungsVerweis ID='131' Anzeige='9' Formatierung='1']]]] spricht dich an in den ungeheuren Bücher- und Zeitungsmaßen, die da von Jahr zu Jahr an den Tag gefördert werden? [...] Das wirklich Vortreffliche und Achtungswürdige ist [...] da noch immer als Ausnahme zu betrachten, und du findest es nur zu häufig geschmäht, verfolgt und auf die niedrigste Weise verdächtig gemacht. Was die Meisten da wollen und betreiben, ist [...] eine trockne Verstandesbildung, eine Empirie, die sich für Wissenschaft hält, eine einseitige klaßische[[[[BedeutungsVerweis ID='36' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Gelehrsamkeit, welche das Schöne der romantischen[[[[BedeutungsVerweis ID='33' Anzeige='3' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='41' Anzeige='13' Formatierung='1']]]] Bildung[[[[BedeutungsVerweis ID='123' Anzeige='5' Formatierung='1']]]] absichtlich mißkennt, eine Poësie[[[[BedeutungsVerweis ID='67' Anzeige='1' Formatierung='1']]]], deren Tendenz mehr äußerlich, verstandesmäßig und rhetorisch, und eine Moral, die, aller Religion[[[[BedeutungsVerweis ID='395' Anzeige='3' Formatierung='1']]]] beraubt, gemein, unheilig und gemüthlos ist..
[151] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 383: Der Wahrheit entspricht die Nothwendigkeit, der Güte die Freiheit[10]. Unsere Erklärung der Schönheit[1], sie sey die Ineinsbildung des Realen und Idealen, sofern sie im Gegenbild dargestellt ist, schließt also auch die in sich: Schönheit[1] ist Indifferenz der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit, in einem Realen angeschaut. Wir nennen z. B. schön eine Gestalt, in deren Entwurf die Natur[2] mit der größten Freiheit[10] und der erhabensten Besonnenheit, jedoch immer in den Formen, den Grenzen der strengsten Nothwendigkeit und Gesetzmäßigkeit gespielt zu haben scheint. Schön ist ein Gedicht, in welchem die höchste Freiheit[10] sich selbst wieder in der Nothwendigkeit faßt. Kunst[10] demnach eine absolute Synthese oder Wechseldurchdringung der Freiheit[10] und der Nothwendigkeit. ➢ Volltext.
[152] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 398: Was die Bildung[10] des Vulcan betrifft, so zeigt uns diese die große Identität zwischen den Bildungen[16/10] der Phantasie[1] und der organisch[4] schaffenden Natur[2]. Wie die Natur[2] durch die vorzügliche Ausbildung eines Organs[2] oder Triebs in einer Gattung von Geschöpfen sich genöthigt sieht, es dagegen in einem andern zu verkürzen, so hat hier die Phantasie[1] das, was sie den mächtigen Armen des Hephästos gab, seinen Füßen entziehen müssen, welche hinkend sind. Aber allgemein gilt in Ansehung der häßlichen[1] Bildungen[10] der griechischen[2] Götterwelt, daß diese sämmtlichen Bildungen[10] in ihrer Art wieder Ideale, nur die umgekehrten Ideale sind, und daß sie dadurch wieder in den Kreis des Schönen aufgenommen werden. ➢ Volltext.
[153] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 429: Die ewige Nothwendigkeit offenbart sich in der Zeit[3] der Identität mit ihr als Natur[13]. [...] Mit dem Abfall von ihr offenbart sie sich als Schicksal in herben und gewaltigen Schlägen. Um sich dem Schicksal zu entziehen, ist nur Ein Mittel, sich in die Arme der Vorsehung zu werfen. Dieß war das Gefühl der Welt in jener Periode der tiefsten Umwandlung, als das Schicksal an allem Schönen und Herrlichen des Alterthums[3] seine letzte Tücke übte. Da verloren die alten[10] Götter[4] ihre Kraft, die Orakel schwiegen[1], die Feste verstummten und ein bodenloser Abgrund voll wilder Vermischung aller Elemente der gewesenen Welt schien sich vor dem menschlichen Geschlecht[7] zu öffnen. ➢ Volltext; vgl. [172].
[154] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 552: Die höchste Regel ist [...], wie in aller Kunst[2], so auch hier, die Schönheit[1], und daß das rein Gräßliche, Abscheuliche und Widrige vermieden werde. Die wüthende Nothwendigkeit, wie sie Horatius nennt, die Wuth des Krieges bei Virgilius oder die Teufeleien des Milton würden in der Malerei nur mit schlechtem Erfolg ausgeführt werden können. So ist in der St. Peterskirche zu Rom ein allegorisches Gemälde, das die Ketzerei zu den Füßen der Heiligen in der häßlichsten[1] Gestalt vorstellt, als ob sie in einer schönen weiblichen Figur vorgestellt in dieser Unterwerfung und Beugung nicht eine viel bessere Wirkung machte. ➢ Volltext.
[155] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 671: Die schönste Gestalt des Dichters [sc. Ariosto], durchaus romantisch[2/7] und zart gedacht, ist Bradamante, die Waffen anlegt und auf Abenteuer ausgeht für den Geliebten [...]. ➢ Volltext.
[156] Schiller, Schaubühne (1785), NA 20, 90: Unsre Natur[1], gleich unfähig, länger im Zustand des Thiers[10] fortzudauren, als die feinern Arbeiten des Verstands[2] fortzusezen, verlangte einen mittleren Zustand, der beide widersprechenden Enden vereinigte, die harte Spannung zu sanfter Harmonie herabstimmte, und den wechselsweisen Uebergang eines Zustands in den andern erleichterte. Diesen Nuzen leistet überhaupt nun der ästhetische Sinn[5], oder das Gefühl für das Schöne..
[157] Schiller, an C. G. Körner (28.–31. 7. 1787), NA 24, 117: Auf dem Spaziergang mit Wieland im Stern hatte ich durch Wieland einige Weimarische Menschen[1] kennen lernen, die an uns vorbei passierten. Ein Spaß begegnete mir. Wir stießen auf drei Frauenzimmer, worunter die mittlere und größte sehr hübsch war. Eine andre junge und eine alte[2] waren dabei, die sich sehr vertraut mit Wieland unterhielt. Ich blieb in einiger Entfernung gleichgültig zurück, unterließ aber nicht meine Augen an der schönen zu weiden. Als sie weg waren, frug ich Wieland ziemlich hastig, wer diese Schöne gewesen. „Ein Fräulein von – –“ (ich weiß den Namen nicht mehr) war die Antwort. – Und die anderen? – „Meine Frau[3] und Tochter.“ Ich wurde roth biß über die Ohren[1], weil ich erstaunlich gleichgültig nach den leztern gefragt hatte, denn Wieland hatte mich seiner Familie noch nicht vorgestellt gehabt und also kannte ich sie nicht. Er half mir aber aus dieser Verlegenheit, indem er sich selbst über die Schönheit[1] der andern verbreitete..
[158] Schiller, Abfall Niederl. (1788), NA 17, 288: Margaretha besaß Geschicklichkeit und Geist[20], eine gelernte Staatskunst auf einen regelmäßigen Fall mit Feinheit anzuwenden, aber ihr fehlte der schöpferische Sinn[6], für einen neuen[1] und außerordentlichen Fall eine neue[1] Maxime zu erfinden, oder eine alte[1] mit Weisheit zu übertreten. In einem Lande, wo die feinste Staatskunst Redlichkeit war, hatte sie den unglücklichen Einfall, ihre hinterlistige italienische Politik zu üben, und säete dadurch ein verderbliches Mißtrauen in die Gemüther. Die Nachgiebigkeit, die man ihr so freigebig zum Verdienste anrechnet, hatte der herzhafte Widerstand der Nazion[1] ihrer Schwäche und Zaghaftigkeit abgepreßt; nie hat sie sich aus selbstgebohrnem Endschlusse über den Buchstaben[11] der königlichen Befehle erhoben, nie den barbarischen Sinn[2] ihres Auftrags aus eigner schöner Menschlichkeit misverstanden. Selbst die wenigen Bewilligungen, wozu die Noth sie zwang, gab sie mit unsichrer zurückgezogner Hand, als hätte sie gefürchtet, zuviel zu geben, und sie verlor die Frucht ihrer Wohlthaten, weil sie mit filziger Genauigkeit daran stümmelte. Was sie zu wenig war in ihrem ganzen übrigen Leben, war sie zuviel auf dem Throne – eine Frau[1]. Es stand bei ihr, nach Granvella's Vertreibung, die Wohlthäterin des niederländischen Volks[1] zu werden, und sie ist es nicht geworden. Ihr höchstes Gut war das Wohlgefallen ihres Königs, ihr höchstes Unglück seine Misbilligung; bei allen Vorzügen ihres Geistes[22] bleibt sie ein gemeines 〈289〉 Geschöpf, weil ihrem Herzen der Adel[5] fehlte..
[159] Schiller, an C. v. Beulwitz / Ch. v. Lengefeld (26. 1. 1789), NA 25, 190: Mein Geisterseher hat mich dieser Tage etlichemal sehr angenehm beschäftigt [...]. Jezt bin ich eben bey der schönen Griechinn; und um mir ein Ideal zu hohlen, werde ich die nächste Redoute nicht versäumen. Ich möchte gern ein recht romantisches[3] Ideal von einer liebenswürdigen Schönheit[7] schildern, aber dieß muß zugleich so beschaffen seyn, daß es – eine eingelernte Rolle ist, denn meine liebenswürdige Griechinn ist eine abgefeimte Betrügerinn..
[160] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 121: Könnten [...] die Locken an einem schönen Haupte sich mit Anmuth bewegen, so wäre kein Grund mehr vorhanden, warum nicht auch die Aeste eines Baumes, die Wellen eines Stroms, die Saaten eines Kornfeldes, die Gliedmaaßen der Thiere[1], sich mit Anmuth bewegen sollten. Aber die Göttinn von Gnidus repräsentiert nur die menschliche Gattung, und da, wo der Mensch weiter nichts als ein Naturding und Sinnenwesen ist, da hört sie auf, für ihn Bedeutung zu haben. ➢ Volltext.
[161] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 133: Die Schönheit[3] ist daher als die Bürgerin zwoer Welten anzusehen, deren einer sie durch Geburt, der andern durch Adoption angehört; sie empfängt ihre Existenz in der sinnlichen Natur[11], und erlangt in der Vernunftwelt das Bürgerrecht. Hieraus erklärt sich auch, wie es zugeht, daß der Geschmack, als ein Beurtheilungsvermögen des Schönen, zwischen Geist[22] und Sinnlichkeit in die Mitte tritt, und diese beyden, einander verschmähenden Naturen[11], zu einer glücklichen Eintracht verbindet – wie er dem Materiellen die Achtung der Vernunft[1], wie er dem Rationalen die Zuneigung der Sinne[3] erwirbt – wie er Anschauungen zu Ideen adelt, und selbst die Sinnenwelt gewißermaaßen in ein Reich der Freyheit[10] verwandelt. ➢ Volltext.
[162] Schiller, Ästh. Erzieh. (1795), NA 20, 309: Sie wollen mir also vergönnen, Ihnen die Resultate meiner Untersuchungen über das Schöne und die Kunst[2] in einer Reihe von Briefen[3] vorzulegen. Lebhaft empfinde ich das Gewicht, aber auch den Reiz und die Würde dieser Unternehmung. Ich werde von einem Gegenstande sprechen, der mit dem beßten Theil unsrer Glückseligkeit in einer unmittelbaren, und mit dem moralischen Adel[5] der menschlichen Natur[1] in keiner sehr entfernten Verbindung steht..
[163] Schiller, Ästh. Erzieh. (1795), NA 20, 321: Die Griechen beschämen uns nicht bloß durch eine Simplicität, die unserm Zeitalter fremd[5] ist; sie sind zugleich unsre Nebenbuhler, ja oft unsre Muster in den nehmlichen Vorzügen, mit denen wir uns über die Naturwidrigkeit unsrer Sitten zu trösten pflegen. Zugleich voll Form und voll Fülle, zugleich philosophirend und bildend, zugleich zart und energisch sehen wir sie die Jugend der Phantasie[1] mit der Männlichkeit der Vernunft[1] in einer herrlichen Menschheit[3] vereinigen. | Damals bey jenem schönen Erwachen der Geisteskräfte hatten die Sinne[3] und der Geist[22] noch kein strenge geschiedenes Eigenthum; denn noch hatte kein Zwiespalt sie gereizt, mit einander feindselig abzutheilen, und ihre Markung zu bestimmen. Die Poesie[1] hatte noch nicht mit dem Witze[2] gebuhlt, und die Spekulation sich noch nicht durch Spitzfindigkeit geschändet. .
[164] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102 f.: Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie[1] zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie[1] zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie[1] und poetische[4] Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter[1] mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter[1], für sich allein betrachtet, das Ideal schöner Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[165] Schiller, Geisters. (31798), NA 16, 132: Ich sahe sie den langen Kirchgang hinuntergehen. Die schöne Gestalt ist aufgerichtet – Welche liebliche Majestät! Welcher Adel[5] im Gange!.
[166] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 141: Darstellung heißt, eine innere Vorstellung bis zur Anschaulichkeit vor Andere bringen. Diese Vorstellung braucht sich auf kein äußeres Vorbild zu beziehen, im Begriffe[1] der Darstellung liegt die Unabhängigkeit von einer bestimmten Wirklichkeit, wobei die Phantasie[1] selbsttätig wirkt ohne äußeres Vorbild (das Poetische[2] in den Künsten[2]); hingegen bei der Nachahmung findet Abhängigkeit von bestimmter Wirklichkeit statt; das Dargestellte wird immer durch andere Mittel zur Anschaulichkeit gebracht als wodurch es in der Wirklichkeit erscheint; hingegen das Nachgeahmte bedient sich derselben Mittel. Eine zweite Einteilung bezieht sich auf das Nachahmen selbst; man stellt entweder bessere Menschen als sie wirklich sind, oder ebensolche, oder schlechtere. Die Ausdrücke: bessere und schlechtere beziehen sich nicht auf moralische Eigenschaften, sondern auf die gesamte Erscheinung des Menschen, insofern sie edel oder unedel, schön oder häßlich[1] sind. So unterscheidet man die Tragödie von der Komödie dadurch, daß erstere die Menschen ins Schöne idealisiert, und die Komödie ins Häßliche[1] und Lächerliche. .
[167] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 153: [B]ei den Naturgegenständen ist die Natur[2] zweckmäßig, wo sie unsern Sinnen[4] gerade entgegen ist; so bei den häßlichsten[1] Tieren[1], und viele Völker[1] wußten nichts davon, mit dem Nützlichen das Schöne zu verbinden, z. B. in der Baukunst..
[168] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 158 f. (159): Schön〈159〉heit[1] des Gehalts ist von der Schönheit[1] der Objekte zu unterscheiden; häßliche[1] Dinge können schön gedacht werden und umgekehrt..
[169] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 162: Er [sc. Sulzer] macht das Schöne[1] nicht zum obersten, nicht zum einzigen Zweck der Künste[2] und das Häßliche[1] hätte ebenso gegründeten Anteil an der Kunst[2], das oft Schrecken und Furcht errege usw. Hier verwechselt er das Dargestellte mit der Darstellung (die den Gesetzen der schönen[2] Kunst[1], die ein schönes[1] Ganze fordert, angemessen sein muß)..
[170] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 193: Die Kunstgeschichte soll keine Elegie auf verlohrne und unwiederbringliche goldne Zeitalter seyn. Eine solche vollendete Harmonie des Lebens und der Kunst[2] wie in der Griechischen[2] Welt statt fand und die von einer Seite unendlich über unserm jetzigen Zustande ist, wird man in derselben Art nie wiederkommen sehen. Allein jene schöne Periode fiel in die Jugend, ja zum Theil in die Kindheit der Welt, wo sich die Menschheit[1] noch nicht recht auf sich besonnen hatte. Aber wenn einmal ein solches Zusammentreffen auf andre Weise, weit mehr mit Absicht und Bewußtseyn wieder erlangt wird, so kann man zuverläßig voraus sagen, daß es etwas weit größeres und daurenderes seyn wird als die Hellenische Blüthezeit. Wie sehr uns auch die Barbarey und Unpoesie mancher Zeitalter, und vielleicht unsers eignen, abstoßen mag: wer kann wissen, ob nicht der Genius alle diese abweichenden tausendfachen Formen und Gestaltungen der Menschheit[1] selbst, zu einem großen Kunstwerke[2] verarbeitet und ordnet, worin auch die Dissonanzen ihre Stelle finden müssen? Wie in allem der unendliche Fortschritt gefodert wird, so steht sogar zu erwarten, daß er in dieser allgemeinen Metempsychose in immer höhere und mehr geläuterte Organisationen[7] übergehen und zuletzt sich in aetherischer Verklärung darstellen wird..
[171] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 228: Da B.[urke] die Empfänglichkeit für das Schöne und Erhabne bloß aus thierischen Trieben [...] und körperlichen Affectionen herleitet, so hat er vergessen zu erklären, warum den Thieren[1] diese Gefühle abgehn [...]..
[172] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 455: Es giebt kein andres Mittel sich der Gewalt des Schicksals zu entziehen, als sich in die Arme der Vorsehung zu werfen. Dieß that denn auch die Welt, als das Schicksal eben an allem Großen und Herrlichen des Alterthums[3] seine letzten Tücken übte; als die schöne Kunstwelt Griechenlands nach Gesetzen der organischen[6] Auflösung in sich zerfallen war, und die prachtvolle Weltherrschaft Roms durch die Last ihrer eignen Größe erdrückt ward, und die Nemesis des Römischen Übermuthes in barbarischen Horden hereinbrach. Da verlohren die alten[10] Götter[4] ihre Kraft, die laute Freude der Feste schwieg[4], die Orakel verstummten, und der Mensch[1], gleichsam aus seinem 〈geliebten〉 irdischen Wohnsitze ohne Rückhalt vertrieben, mußte eine höhere geistige Heimath suchen. ➢ vgl. [153].
[173] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 49: Ich möchte ihn [sc. Fleming] unter unsern Dichtern vorzugsweise den südlichen[3] nennen, aber er wurde darum seinem Vaterlande nicht fremd[4]: er hatte ein Deutsches Herz und eine Orientalische[2] Fantasie[2]; und wie sich das äußre Leben oft mit dem innern harmonisch gestaltet, so mußte sich auch für ihn durch die holsteinische Gesandtschaft nach Persien die damals unerhört seltne Gelegenheit darbieten, durch Rußland und die tatarischen Steppen bis in die schönsten Gegenden des Orients[1] hinzugelangen, eine Reise, die er mit romantischem[4] Sinne[5] aufgefaßt und herrlich dargestellt hat..
[174] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 74: [W]elch ein ausgearteter Haufe waren diese aus Römischer und einheimischer Abkunft gemischten Provinzialen! Das ist der natürliche[4] Lauf der Dinge: der Schwache und Feige ist ein gebohrner Knecht, dem Tapfern gehört die Welt. Dafür, daß sie arbeiten, und ihre Herren von dem Ertrag reichlich erhalten mußten, wurden sie beschützt, und waren von Kriegsdiensten beynah ganz frey. Es wurden so zwar auch Knechte gestellt, aber es kam wenig auf sie an, alles ward durch die Schwergerüsteten entschieden, deren Bewaffnung jenes schwache Geschlecht gar nicht zu führen im Stande war. Dieß ist nun auch die ursprünglich auf Realität gegründete Entstehung der Begriffe vom Adel[2]. Die Eroberer waren nicht bloß an Rang und politischen Vorrechten über die Unterjochten willkührlich erhoben: sie waren ihnen in Wahrheit durch Muth, wackre Gesinnungen, Stärke, ja selbst an edler schöner Gestalt und an Leibesgröße unendlich überlegen. .
[175] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 173: Der Chor [...] war Repräsentant einer harmonisch frey[13] versammelten Menge d. i. eines Volksfestes. Dieß war er immer, wenn er auch, wie in den Tragödien eine ernste ja traurige Handlung[3] feyerte. Es war immer Feyer, ein wirkliches Volksfest konnte sich ja auch auf dergleichen beziehen, denn wir müssen hier ganz unsern rohen Begriff[1] entfernen, die Volksfeste waren die künstlerisch organisirte[7] öffentliche Geselligkeit überhaupt, der schönste Selbstgenuß der Staaten. – So war in der Ode aus der ihr eignen contemplativen Concentration die heiterste[5] Geselligkeit wiederhergestellt. Daher die Neigung zur Fröhlichkeit auch in der höheren Lyrik der Alten[10], die auf uns gekommnen Gesänge des Pindar athmen in der That festliche Freude an einer festlichen Freude. | Bey den Neueren[3] geht nun die Richtung im allgemeinen mehr auf das Subjektive und Ideale, und es findet sich kein solches Gegengewicht, welches den lyrischen Sänger in die äußere Welt zurückriefe. Daher ist der Charakter[1] der eigenthümlich romantischen[12/9] Ode, der Canzone, statt der geselligen Heiterkeit[4] des Chores, vielmehr einsiedlerisch schwermüthig, und es ist ein vorwaltender Hang zur beschaulichen Vertiefung in sich selbst, in die Abgründe des eignen Gemüths, sichtbar..
[176] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 337: Das Lateinische war keinesweges eine sanfte Sprache[3]: sonor allerdings, jedoch nicht milde, und den Griechen fiel sehr vieles darin als unerträgliche Härte auf. Die Altgermanischen Dialekte[1] der einwandernden Eroberer waren vollends in jener Zeit[3] rauh und ungeschlacht. Und dennoch sind aus der Verschmelzung dieser beyden Bestandtheile die sanftesten und anmuthigsten[1] Sprachen[3] des neueren[3] Europa hervorgegangen. [...] Ich glaube [...], daß Mischung und Verschmelzung mehrerer Idiome ein besonders günstiger Umstand für die Sprachbildung ist. Es erfolgt nämlich, ehe sie sich amalgamiren, ein Zeitraum der Anarchie und Verwirrung, wo der große Haufe, beyder Sprachen[3] nicht recht mächtig, spricht, wie er will und kann. Ist nun Anlage und Sinn[5] für das Schöne da, so kann eben diese Unsicherheit und Unbestimmtheit Anlaß werden, daß das Angenehmere gewählt, Härten weggeschliffen, die Aussprache überhaupt gemildert werde u. s. w.: und so ist eben Barbarey und Idiotismus im Sprechen Quelle einer ganz 〈338〉 neuen[1] Vollkommenheit..
[177] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 111 f. (112): Andre haben sich begnügt zu sagen, was uns zu tragischen Darstellungen hinzieht, sey das Bedürfnis heftiger Erschütterungen, um uns aus der Dumpfheit des alltäglichen Lebens zu reißen. Dieß Bedürfniß ist vorhanden, ich habe es anerkannt, als ich vom Reiz des Schauspiels überhaupt redete; es hat den Thiergefechten, bey den Römern sogar den Fechterspielen ihren Ursprung gegeben. Aber sollten wir, weniger verhärtet, und zu zarteren Rührungen geneigt, Halbgötter und Helden in die blutige Arena der tragischen Bühne herabsteigen zu sehen verlangen, wie verworfene Gladiatoren, nur um unsre Nerven durch den Anblick ihrer Leiden zu erschüttern? Nein, es ist nicht der Anblick des Leidens, was den Reiz 〈112〉 eines Trauerspiels ausmacht, oder der Spiele des Circus, oder selbst der Thiergefechte. In diesen sieht man Gewandtheit, Stärke und Muth sich entwickeln, lauter Eigenschaften, die geistigen und sittlichen Fertigkeiten des Menschen verwandt sind. Was in einem schönen Trauerspiel aus unsrer Theilnahme an den dargestellten gewaltsamen Lagen und zerreißenden Leiden eine gewisse Befriedigung hevorgehen läßt, ist entweder das Gefühl der Würde der menschlichen Natur[1], durch große Vorbilder geweckt, oder die Spur einer höheren Ordnung der Dinge, dem scheinbar unregelmäßigen Gange der Begebenheiten eingedrückt, und geheimnißvoll darin offenbart, oder beydes zusammen. ➢ Volltext.
[178] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 304: Es bleibt nichts übrig, als die aus den verschiedenen Gemeinschaften entspringenden Verwirrungen vorzuführen, besonders aus der Gemeinschaft der Frauen[1], und der verordneten Gleichheit der Rechte in der Liebe für die alten[2] und häßlichen[1], wie für die jungen und schönen. ➢ Volltext.
[179] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 7: Der dichterische Geist[20] bedarf allerdings einer Umgränzung, um sich innerhalb derselben mit schöner Freyheit[1] zu bewegen, wie es alle Völker[1] schon bey der ersten Erfindung des Sylbenmaßes gefühlt haben; er muß nach Gesetzen, die aus seinem eig〈8〉nen Wesen herfließen, wirken, wenn seine Kraft nicht ins Leere hinaus verdunsten soll. ➢ Volltext.
[180] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 13 f. (14): Die antike[2] Kunst[11] und Poesie[11] geht auf strenge Sonderung des Ungleichartigen, die romantische[12] gefällt sich in 〈14〉 unauflöslichen Mischungen; alle Entgegengesetzten: Natur[19] und Kunst[13], Poesie[3] und Prosa[1], Ernst und Scherz, Erinnerung und Ahndung[1], Geistigkeit und Sinnlichkeit, das Irdische und Göttliche, Leben und Tod, verschmelzt sie auf das innigste mit einander. [...] [D]ie gesamte alte[10] Poesie[11] und Kunst[11] [ist] gleichsam ein rhythmischer Nomos, eine harmonische Verkündigung der auf immer festgestellten Gesetzgebung einer schön geordneten und die ewigen Urbilder der Dinge in sich abspiegelnden Welt. Die romantische[12/4] hingegen ist der Ausdruck des geheimen Zuges zu dem immerfort nach neuen[1] und wundervollen Geburten ringenden Chaos, welches unter der geordneten Schöpfung, ja in ihrem Schooße sich verbirgt: der beseelende Geist[12/1] der ursprünglichen Liebe schwebt[1] hier von neuem[2] über den Wassern. Jene ist einfacher, klarer, und der Natur[2] in der selbständigen Vollendung ihrer einzelnen Werke ähnlicher; diese, ungeachtet ihres fragmenta〈15〉rischen Ansehens, ist dem Geheimniß des Weltalls näher. Denn der Begriff[5] kann nur jedes für sich umschreiben, was doch der Wahrheit nach niemals für sich ist; das Gefühl wird alles in allem zugleich gewahr. ➢ Volltext.
[181] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 137: Romeo und Julia ist ein Gemählde der Liebe und ihrer beklagenswerthen Schicksale in einer Welt, deren Atmosphäre zu rauh für diese zarteste Blüthe des menschlichen Daseyns ist. Zwey für einander geschaffne Wesen werden sich beym ersten Erblicken alles; jede Rücksicht verschwindet vor dem unwiderstehlichen Triebe eins im andern zu leben; sie verbinden sich insgeheim unter widerstrebenden Verhältnissen, bloß auf den Schutz der unsichtbaren Mächte vertrauend; durch Schlag auf Schlag erfolgende feindselige Vorfälle wird ihre heldenmüthige Treue in wenigen Tagen auf die Probe gestellt, bis sie, gewaltsam getrennt, durch einen freywilligen Tod sich im Grabe und jenseit des Grabes wieder vereinigen. Alles dieß findet sich schon in der schönen Geschichte[9], die Shakspeare nicht ersonnen hat, und die, auf das einfachste erzählt, immer eine zärtliche Theilnahme erregen wird. Aber Shakspeare'n war es vorbehalten, Reinheit des Herzens und Glut der Einbildungskraft, Anmuth und Adel[5] der Sitten und 〈138〉 leidenschaftlichen Ungestüm in einem idealischen[1] Gemählde zu verbinden. ➢ Volltext.
[182] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (21817), 3 f.: Die allgemeine philosophische Theorie der Poesie[1] und der übrigen schönen[2] Künste[1] stellt die Grundgesetze des Schönen[1] auf, die allen mit einander gemein sind. Jede Kunst[2] hat ferner ihre besondere Theorie, welche darauf abzweckt, die Gränzen, die Schwierigkeiten und die Mittel dieser Kunst[2] kennen zu lehren. Hiezu werden wissenschaftliche Erörterungen erfo〈4〉dert, welche dem Künstler nützlich, aber wenig anziehend für solche Freunde der Kunst[2] sind, die nur die Hervorbringungen ausgezeichneter Geister[32] genießen wollen. Die allgemeine Theorie hingegen zergliedert eine der menschlichen Natur[1] wesentliche Eigenschaft: die Fähigkeit das Schöne[1] zu empfinden, woraus das Bedürfniß der schönen[2] Künste[1] und das Wohlgefallen daran entsteht; sie zeigt das Verhältniß zwischen dieser Fähigkeit und allen übrigen sittlichen und erkennenden Fähigkeiten des Menschen. Sie ist also sehr wichtig für den Denker, aber an sich allein reicht sie nicht hin, um zur Führerin bey Ausübung der Kunst[2] zu dienen. | Die Geschichte[4] der schönen[2] Künste[1] lehrt uns, was geleistet worden, die Theorie, was geleistet werden soll. Ohne ein verbindendes Mittelglied würden beyde abgesondert und unzulänglich bleiben. Die Kritik[2] ist es, welche die Geschichte[4] der Künste[2] aufklärt, und ihre Theorie fruchtbar macht. Die Vergleichung und Beurtheilung der vorhandenen Hervorbringungen des menschlichen Geistes[11] muß uns die Bedingungen an die Hand geben, die zur Bildung[1] eigenthümlicher und gehaltvoller Kunstwerke[2] erforderlich sind..
[183] C. Schlegel, an S. Bernhardi (4. 1. 1802), C 2, 251: [Über die Uraufführung von A. W. Schlegels Ion:] Es fehlte gar nichts, als daß sie [sc. die Hauptdarstellerin Karoline Jagemann; ❏] die Hymne nicht singen konnte, weil die Musik[10] erst am Tage zuvor kam. Sie hat dafür desto schöner gesprochen, mehr musikalisch[3] wie deklamatorisch, wie es, dünkt mich, recht war. Das Metrum trat ganz hervor und wurde durch einzelne Takte auf dem fortepiano ackompagnirt, die man aus der eben erhaltnen Musik[10] genommen hatte, indeß sie auf der Leyer zu spielen schien. Das Stück wird heut noch ohne die Composition wiederholt, die 〈252〉 aber der dritten Aufführung einen neuen[1] Reiz geben soll. Sie soll sehr gut gerathen seyn..
[184] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 166, Nr. 119: Gäbe es aber auch noch eine Natur[12] so konsequent schön und klassisch[3], daß sie sich nackt zeigen dürfte, wie Phryne vor allen Griechen: so giebts doch kein Olympisches Publikum[4] mehr für ein solches Schauspiel. ➢ Volltext.
[185] F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 180: Es giebt eine gewisse Art der Ungenügsamkeit, welche ein sichres Kennzeichen der Barbarey ist. So diejenigen, welche nicht zufrieden damit, daß die Griechische[2] Poesie[11] schön sey, ihr einen ganz fremdartigen Maßstab der Würdigung aufdringen, in ihren verworrnen Prätensionen alles Objektive und Subjektive durch einander mischen, und fordern, daß sie interessanter[1] seyn sollte. Allerdings könnte auch das Interessanteste[1] noch interessanter[1] seyn, und die Griechische[2] Poesie[11] macht von diesem allgemeinen Naturgesetz keine Ausnahme. Alle Quanta sind unendlich progressiv[3], und es wäre wunderbar, wenn unsere Poesie[11] durch die Fortschritte aller vorigen Zeitalter bereichert an Gehalt die Griechische[2] nicht überträfe. ➢ Volltext.
[186] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 14, Nr. 51: Naiv[2] ist, was bis zur Ironie[3], oder bis zum steten Wechsel von Selbstschöpfung und Selbstvernichtung natürlich[2], individuell oder klassisch[5] ist, oder scheint. [...] Das schöne, poetische[1], idealische[1] Naive[2] muß zugleich Absicht, und Instinkt seyn. ➢ Volltext.
[187] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 129, Nr. 418: [D]er Sternbald vereinigt den Ernst und den Schwung des Lovell mit der künstlerischen Religiosität des Klosterbruders und mit allem was in den poetischen[4] Arabesken, die er aus alten[1] Mährchen gebildet, im Ganzen genommen das Schönste ist: die fantastische[2] Fülle und Leichtigkeit, der Sinn[5] für Ironie[3], und besonders die absichtliche Verschiedenheit und Einheit des Kolorits. Auch hier ist alles klar und transparent, und der romantische[4/12/1/9] Geist[11/12?] scheint angenehm über sich selbst zu fantasiren. ➢ Volltext.
[188] F. Schlegel, Goethe's Meister (1798), 157: [I]n Mignons und des Alten[2] romantischen[7] Gesängen offenbart sich die Poesie[3/4] [...] als die natürliche[4] Sprache[4] und Musik[2] schöner Seelen. ➢ Volltext.
[189] F. Schlegel, Goethe's Meister (1798), 175: Nathalie verbreitet ihre wohlthätigen Wirkungen durch ihr bloßes Daseyn in der Gesellschaft: Therese bildet eine ähnliche Welt um sich her, wie der Oheim. Es sind Beyspiele und Veranlassungen zu der Theorie der Weiblichkeit, die in jener großen Lebenskunstlehre nicht fehlen durfte. Sittliche Geselligkeit und häusliche Thätigkeit, beyde in romantisch[3/7] schöner Gestalt, sind die beyden Urbilder, oder die beyden Hälften eines Urbildes, welche hier für diesen Theil der Menschheit[2] aufgestellt werden. ➢ Volltext.
[190] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 79: Auf einem andern ganz neuen[1], aber nur einmal anwendbaren Wege gelang es dem Guarini, im Pastorfido, dem größten ja einzigen Kunstwerke[3] der Italiäner nach jenen Großen, den romantischen[12] Geist[12] und die classische[7] Bildung[10] zur schönsten Harmonie zu verschmelzen [...]. ➢ Volltext.
[191] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 101 ff. (103): Einen großen Vorzug hat die Mythologie. Was sonst das Bewußtseyn ewig flieht, ist hier dennoch sinnlich geistig zu schauen, und festgehalten, wie die Seele in dem umgebenden Leibe, durch den sie in unser Auge schimmert, zu unserm Ohre[4] spricht. | Das ist der eigentliche Punkt, daß wir uns wegen des Höchsten nicht so ganz allein auf unser Gemüth verlassen. Freylich, wem es da trocken ist, dem wird es nirgends quillen; und das ist eine bekannte Wahrheit, gegen die ich am wenigsten gesonnen bin mich aufzulehnen. Aber wir sollen uns überall an das Gebildete anschließen und auch das Höchste durch die Berührung des Gleichartigen, Aehnlichen, oder bey 〈102〉 gleicher Würde Feindlichen entwickeln, entzünden, nähren, mit einem Worte[1] bilden. [...] | Die Mythologie ist ein solches Kunstwerk[1] der Natur[2]. In ihrem Gewebe ist das Höchste wirklich gebildet; alles ist Beziehung und Verwandlung, angebildet und umgebildet, und dieses Anbilden und Umbilden eben ihr eigenthümliches Verfahren, ihr innres Leben, ihre Methode, wenn ich so sagen darf. | Da finde ich nun eine große Aehnlichkeit mit jenem großen Witz[2] der romantischen[12/4] Poesie[22], der nicht in einzelnen Einfällen, sondern in der Construction des Ganzen sich zeigt, und den unser Freund uns schon so oft an den Werken des Cervantes und des Shakspeare entwickelt hat. Ja diese künstlich geordnete Verwirrung, diese reizende Symmetrie von Widersprüchen, dieser wunderbare ewige Wechsel von Enthusiasmus und Ironie[1], der selbst in den kleinsten Gliedern des Ganzen lebt, scheinen mir schon selbst eine indirekte Mythologie zu seyn. Die Organisazion[8] ist dieselbe und gewiß ist die Arabeske die älteste[1] und ursprüngliche Form der menschlichen Fantasie[2]. Weder dieser Witz[2] noch eine Mythologie können bestehn ohne ein erstes Ursprüngliches und Unnachahmliches, was schlechthin unauflöslich ist, was nach allen Umbildungen noch die alte[5] Natur[1/19] und Kraft durchschimmern läßt, wo der naive[2] Tiefsinn den Schein des Verkehrten 〈103〉 und Verrückten, oder des Einfältigen und Dummen durchschimmern läßt. Denn das ist der Anfang aller Poesie[11], den Gang und die Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft[1] aufzuheben und uns wieder in die schöne Verwirrung der Fantasie[2], in das ursprüngliche Chaos der menschlichen Natur[1/19] zu versetzen, für das ich kein schöneres Symbol bis jetzt kenne, als das bunte[2] Gewimmel der alten[10] Götter[5]. ➢ Volltext.
[192] F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 174 f. (175): Das Charakteristische[1] im Tasso ist der Geist[12] der Reflexion und der Harmonie; nämlich daß alles auf ein Ideal von harmonischem Leben und harmonischer Bildung[2] bezogen und selbst die Disharmonie in har〈175〉monischem Ton[12] gehalten wird. Die tiefe Weichlichkeit einer durchaus musikalischen[7] Natur[17] ist noch nie im Modernen[1] mit dieser sinnreichen Gründlichkeit dargestellt. Alles ist hier Antithese und Musik[7], und das zarteste Lächeln der feinsten Geselligkeit schwebt[5] über dem stillen Gemählde, das sich am Anfange und Ende in seiner eignen Schönheit[1] zu spiegeln scheint. Es mußten und sollten Unarten eines verzärtelten Virtuosen zum Vorschein kommen: aber sie zeigten sich im schönsten Blumenschmuck der Poesie[3] beynah liebenswürdig. Das Ganze schwebt[5] in der Atmosphäre künstlicher Verhältnisse und Misverhältnisse vornehmer Stände, und das Räthselhafte der Auflösung ist nur auf den Standpunkt berechnet, wo Verstand[1] und Willkühr allein herrschen, und das Gefühl beynah schweigt. ➢ Volltext.
[193] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 50: Eine gründliche Kenntniß jener schönen südlichen Poesie[11], die wir vorzugsweise die romantische[15/12] zu nennen gewohnt sind, ist [...] nothwendig [...]. ➢ Volltext.
[194] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 54: Die Anfänge der spanischen, oder für jene ältere[1] Zeit[3] besonders genauer zu reden, der castilianischen Poesie[11], sind sehr einfach. Lieder in der eigenthümlichen spanischen ganz musikalischen[5], äußerst zarten und wortspielenden Form, worin es wohl nicht leicht eine andre Sprache[3] dieser gleich thun wird; das ist die eigenthümlichste Blüthe dieses Bodens. Man könnte noch die Ritterbücher dazu rechnen, besonders den Amadis wegen des schönen Styls; auch weil sich, wenn gleich die erste Anlage dieses durchaus rein erfundnen Romans[1] den Nordfranzosen gehören sollte, wie so mancher andre romantische[1] Stoff, der aber erst durch die Deutschen, Italiäner und Spanier 〈55〉 Form erhielt, viele andre Ritterdichtungen doch erst in Spanien daran angeschlossen haben. ➢ Volltext.
[195] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 58: [Die portugiesische Sprache[3] ist] an sich schön [...] und [gehört] zur Vollständigkeit des ganzen Systems der aus dem verdorbenen Lateinischen mit allerlei Modificationen entstandenen provenzalischen oder romantischen[15] Sprachen[3] wesentlich mit [...]. ➢ Volltext.
[196] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 66: Man hat die Einmischung alter[10] Fabel in die christliche Denkart tadeln wollen. Aber warum wäre ein gänzliches Vergessen gleichsam der alten[10] Fabel ein absolutes Stillschweigen darüber in einem christlichen Gedichte nothwendig? In welcher Zeit des Christenthums hat jenes geforderte absolute Vergessen der alten[10] Fabel je Statt gefunden, oder auch nur Statt finden können? Camoens gebraucht sie als eine schöne Bildersprache für sinnreiche Allegorie, wie auch andre Dichter und Mahler der romantischen[12] Zeit[3] oft mit mancher willkührlichen Neuerung sie betrachteten und gebrauchten. ➢ Volltext.
[197] F. Schlegel, Reis. n. Frankr. (1803), 5: Der Augenblick stand mir noch oft lebhaft vor Augen, in welchem wir von dem Dome zu Meissen auf die Elbe und das romantische[3/7] Thal heruntersahen, das mir so theuer ist, weil ich hier zuerst die Natur[2] in schönerer Gestalt sahe, und mehr als einmal nach einem Zwischenraum von mehrern Jahren dieselbe geliebte Gegend voll von Erinnerung und doch mit dem frischen Reiz eines neuen Eindrucks wieder sahe. ➢ Volltext.
[198] F. Schlegel, Reis. n. Frankr. (1803), 7: Die Reise von da [sc. Weimar] bis Frankfurt führt durch größtentheils angenehme und mannichfaltige, ja sogar schöne Gegenden, aber keine derselben kommt dem Eindrucke gleich, welchen die Wartburg zu Eisenach mir gegeben hat. Schöneres hab' ich in Deutschland nichts gesehen, als diese Burg auf einem einzelnen, ehedem ganz waldum〈8〉kränzten Berge, rundum von Felsen und Thälern und Hügeln umschlossen. Der Anblick des Abends ward noch durch ein heraufsteigendes Gewitter verschönt, vielleicht auch durch den Ruhm des Namens und durch die Erinnerung an die Zeiten, da die Poesie[11] hier in voller Blüthe stand, und durch ganz Deutschland das allgemeine Element des Lebens, der Liebe und der Freude war. Nur der Rhein hat noch einen gleichen Eindruck auf mich machen können. [...] Ich kann nur von den Betrachtungen und von den Empfindungen reden, die sie in mir erregt haben. Wenn man solche Gegenstände sieht, so kann man nicht umhin, sich zu erinnern, was die Deutschen ehedem waren, da der Mann noch ein Vaterland hatte. Man fühlt es recht und glaubt es zu verstehen, beim Anblick solcher Felsenschlösser, wie die Wartburg, warum die Alten auf den Höhen des Landes in ihren Burgen lebten und welche Lebensfreude damit verbunden war. Seitdem nun die Menschen herabgezogen sind zu einander und sich alles um die Landstrassen versammelt hat, gierig nach fremden[1] Sitten wie nach fremden[1] Gelde, stehen die Höhen und Burgen verlassen und die Kunst[6] scheint verloren, dieses herrliche Land auf die edelste und angemessenste Art zu bewohnen und zu beherrschen. ➢ Volltext.
[199] F. Schlegel, Zur Poesie III (*1803), KFSA 16, 455, Nr. 19: Es giebt nur zwei Dialekte[1] 1) d.[er] harte a t h (o) 2) der weiche sh, b, i, u. / Das macht gleichsam zwei Tonarten (Moll und Dur), der Unterschied der häßlichen[1] und d[er] schönen productiven Sylben – noch zwei. .
[200] F. Schlegel, Spr. u. Weish. d. Ind. (1808), 214: Daher finden wir diesen sogenannten orientalischen[2] Charakter[4] eben so wohl in vielen Dichtern des Mittelalters (auch in italiänischen und deutschen, nicht bloß in spanischen) als in den romantischen[1/4] Dichtungen der Perser und Araber, ohne daß wir desfalls zu dem Einfluß der Kreuzzüge unsre Zuflucht zu nehmen brauchten, da die gleichen Umstände in Europa wie in Asien dieselben Folgen hervorrufen mußten. Wie paßt nun aber diese Farbengluth zu der prosaischen[3] Trockenheit der Chinesischen Bücher, oder zu der schönen Einfalt des indischen Styls? Zwar in der Sokuntola des Kalidas fehlt es auch nicht an Blumenschmuck und Bilderfülle; doch auch hier ohne alle Ueberspannung. ➢ Volltext.
[201] F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 483: So wie aber unter den protestantischen Ländern England in der Verfassung der geistlichen[2] Gewalt und in den äußern Gebräuchen und Einrichtungen noch am meisten von der alten[6] Kirche beybehielt, so blühte auch hier die Poesie[11] zuerst wieder in kunstreicher Gestalt und schöner Bildung[10] empor und zwar ganz sich anschließend an die romantische[7] Weise der südlichen katholischen Völker[1]. ➢ Volltext.
[202] A. W. Schlegel/F. Schlegel, Eleg. (1798), 126: Überhaupt würde man sehr irren, wenn man glaubte, der Liebe der alten[10] Poeten, die freylich nicht so um die Begriffe[2] der Ehre und die Bilder des Himmels tändelte oder anbetete, wie die romantische[12] habe irgend ein Reiz gefehlt, den die geistreichste Geselligkeit, die reizbarste Leidenschaftlichkeit bey gebildeter und schöner Sinnlichkeit und ein zartes Gemüth verleihen können. ➢ Volltext.
[203] J. Schopenhauer, Tante II (1823), 166: Ohne daß er etwas davon ahnete[2], ging die Geschichte[9] der schönen Rosabella gar bald wie ein Lauffeuer von Ohr[4] zu Ohr[4], die halbe Stadt wußte darum, bewunderte die seltne Frechheit des jungen Mannes und war auf den Ausgang begierig [...]..
[204] J. Schopenhauer, R. Wood II (1837), 195: Das schöne Thier[3], mit den netten zierlichen Füßen, wie tanzte es, wie brüstete es sich als es meine junge Gebieterin trug!.
[205] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 54: Die Welschen haben eigentlich nur drey Classen[1] von Sängern und Sängerinnen, nähmlich: Sopranisten, Altisten und Tenoristen; den Alt theilen sie ein in den hohen und Contraalt. Die herzerschütternde Baßstimme vernachlässigen sie aber aus Caprice, oder aus Mangel solcher Stimmen[15], und wenden sie nur in der Opera buffa an. Vielleicht gibt es auch in einem Lande, wo man nichts als Wein trinkt, wenige schöne Baßstimmen..
[206] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 230: Seine in zwey Bänden herausgegebenen Lieder [...] schimmern sonderlich auf den Clavierpulten des schönen Geschlechts[2]..
[207] R. Schumann, Tageb. I (*1829), 44: Ein Zug ist allen Frankfurter Mädchen gemein – der Charakter[5] einer deutschen, männlichen Wehmuth, den wir oft in anderen ehemaligen Reichsstädten finden – Charaktervoll sind fast alle Gesichter – geistreich viele, schön wenige – die Nasen sind meist griechisch[6] u. oft eingestülpt – der Dialect[1] gefällt mir nicht[.].
[208] R. Schumann, Tageb. I (*1829), 46: Burgunder im Wagen – die vollgepfropfte Equipage [...] – ein gewesener Student – eine schöne Maitresse eines r.[eichen] Kaufmann's aus Wiesbaden mit griechischem[6] Gesichtsschnitte[.].
[209] R. Schumann, Tageb. I (*1829), 50: Abends zu Rosen – [...] zu Hause schöne Fantasie[19] am Clavier[.].
[210] R. Schumann, Hummel (1834), 73: Ruhe, Grazie, Idealität, Objectivität, die Träger der antiken[2] Kunstwerke[2], sind die der Mozart'schen Schule. Wie der menschliche Grieche seinen donnernden Jupiter noch mit heiterm[4] Gesicht zeichnete, so hält Mozart seine Blitze. | [...] Sollte diese helle Art zu denken und zu dichten vielleicht einmal durch eine formlosere, mystische verdrängt werden, wie es die Zeit[9] will, die ihre Schatten auch auf die Kunst[2] wirft, so mögen dennoch jene schönen Kunstalter nicht vergessen werden, die Mozart regierte und die zuerst Beethoven schüttelte in den Fugen, daß es bebte, vielleicht nicht ohne Zustimmung seines Vorfürsten Wolfgang Amadeus. Später usurpirte Carl Maria von Weber und einige Ausländer den Königsthron. Als aber auch diese abgetreten, verwirrten sich die Völker[1] mehr und mehr und wenden und strecken sich nun in einem unbequemen classisch[5]-romantischen[8] Halbschlaf..
[211] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 11: Der Weg von Peterswalde nach Außig ist rauh, aber schön; von Außig, wo man wieder an die Elbe kommt, romantisch[3] wild, links und rechts an dem Fluße hohe Berge mit Schluchten, Felsenwänden und Spitzen..
[212] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 162: Eben habe ich Canova gesehen und unsere Freunde, Reinhart und Fernow. Es ist überall wohlthätig, wenn sich verwandte Menschen treffen; aber wenn sie sich auf so klassischem[3] Boden finden, gewinnt das Gefühl eine eigene Magie schöner Humanität..
[213] Seume, Spaz. n. Syrakus (1803), 168: Die Gegend ist [...] eine der schönsten in Italien, und das romantische[4] Gemisch von Wildheit und Kultur[2], die hier zu kämpfen scheinen, macht, wenn man aus der Oede Roms kommt, einen sonderbaren wohlthätigen Eindruck..
[214] Seume, Sommer (1806), 231 f.: Kopenhagen liegt zwar nicht so schön[1] und romantisch[3], wie Stockholm, aber es hat eine Menge sehr angenehmer freundlicher Parthien: und wenn man an einem schönen[4] Abend in einem Boote auf der Rhede über die große Batterie hinaus fährt, hat 〈232〉 man rund umher einen Anblick, den man wahrscheinlich in der ganzen Ostsee nicht mehr hat. Auf einiger Höhe sieht man das schöne[1] Ufer von Seeland bis an den Sund, und die schwedische Küste bis fast hinauf nach Malmoe. Selbst Neapel hat nur den Vorzug der üppigern Natur[2] und der klassischen[7] Umgebungen: Kultur[4/2] des Landes und Humanität stehen hier im allgemeinen unstreitig höher..
[215] Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 422: Die chinesischen Gärtner suchen, wie die europäischen Mahler, die angenehmsten Gegenstände einzeln in der Natur[2] auf, und bemühen sich dieselben so zu vereinigen, daß nicht nur jeder für sich gut angebracht sey, sondern aus ihrer Vereinigung zugleich ein schönes Ganzes entstehe. | Sie unterscheiden dreyerley Arten von Scenen, die sie lachende, fürchterliche und bezaubernde nennen. Die letzte Art ist die, die wir romantisch[3/4] nennen, und die Chineser wissen durch mancherley Kunstgriffe sie überraschend zu machen. Sie leiten 〈423〉 bisweilen einen rauschenden Bach unter der Erde weg, der das Ohr[2] derer, die an die Stellen, darunter sie wegströhmen, kommen, mit einem Geräusche rühret, dessen Ursprung man nicht erkennt. Andremal machen sie ein Gemäuer von Felsen, oder bringen sonst in Gebäuden und andern in den Garten angebrachten Gegenständen Oefnungen und Ritzen so an, daß die durchstreichende Luft fremde[4] und seltsame Töne[1] hervorbringt..
[216] L. Tieck, an Wackenroder (12. 6. 1792), VL 2, 51: Endlich stieg ich auf die Felsen, die schönste Gegend bei Giebichenstein, wie alles romantisch[3/4/7/13] vor mir lag, mir war, als lebt' ich in der fernsten Vergangenheit, die Ruinen des Ritterschlosses blickten so ernsthaft nach mir hin, die Felsen gegen über, die Felsen über mir, die wankenden Bäume, das Hundebellen, alles war so schauerlich, alles stimmte die Phantasie[1] so rein, so hoch..
[217] L. Tieck, an Wackenroder (28. 12. 1792), VL 2, 107: Vertiefe Dich übrigens ja nicht zu sehr in die Poesie[11] des Mittelalters, es ist so ein erstaunliches Feld von Schönheit[3] vor uns, ganz Europa und Asien und vorzüglich das alte[10] Griechenland und das neue[5] England, daß ich fast verzweifle, mich je an diese Nachklänge der Provencalen zu wagen. Vergiß ja über das angenehme das wahre schöne nicht. Soviel ich die Minnesänger kenne, herrscht auch eine erstaunliche Einförmigkeit in allen ihren Ideen, es ist überhaupt schon gar keine Empfehlung für den poetischen[4] Geist[20] dieses Zeitalters, daß es nur diese eine Art von Gedichten gab, nur diesen Zirkel von Empfindungen, in denen sich jeder wieder mit mehr oder weniger Glück herumdrehte..
[218] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 254: Wir ritten nun weiter, die Gegend und das Wetter wurden immer schöner[1/4], wir kamen durch mehrere sehr reizend liegende Dörfer, die Berge wurden nach und nach immer größer, die Gegend immer romantischer[3], bei Hirschberg liegt an einem gegenüberliegenden hohen Berge eine kleine Capelle äußerst schön[1] und einsam, 〈255〉 auf dem Rathsberge bei Erlangen kann ich sie immer ihrer Höhe wegen sehn und ich freue mich jedesmahl..
[219] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 271: Wir ritten itzt über eine schöne Ebene, ringsum von Bergen und Wäldern eingeschlossen, vor uns lag eine alte[1] Burg mit ihren Ruinen sehr ehrwürdig und romantisch[3] auf einem Berge..
[220] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Juli/Anf. Aug. 1793), VL 2, 273: Es war anfangs nebligt und ziemlich kalt, nur an einzelnen Stellen brachen die Sonnenstrahlen durch und malten helle Streifen schön und romantisch[3/7/8] in die finstre Landschaft..
[221] L. Tieck, an A. F. Bernhardi (Ende Jul./Anf. Aug. 1793), VL 2, 280: Wir gingen dann in einen Hain, der auf dem Berge nicht weit von der Vestung liegt, ich habe noch fast nichts so schönes gesehen, ein kleiner Wald mit Gängen, die alle äußerst romantisch[3] sind, und alle Augenblicke hat man dann eine göttliche Aussicht durch die Bäume. Besonders schön war es, als wir herumgingen und uns auf die Spitze eines Berges stellten, der die ganze Gegend übersieht, hier und bei Berneck und der Roßtrappe sind die schönsten Gegenden, die ich bis itzt kenne..
[222] L. Tieck, an S. Tieck (2. 5. 1793), VL 2, 246: Die Gegend war nun schon sehr reizend, Berge wechselten mit Ebenen und zuweilen ließen sich auch schon Felsen verspüren. Am Mittag kamen wir in Weissenfels an, nachdem wir Merseburg und mehrere Städte rechts hatten liegen sehn. Von hier wird die Gegend prächtig, die Saale schlägt sich in hundert Krümmungen durch grüne waldbewachsne Wiesen, eine Menge Mühlen rauschen im Thal und brausen in schäumenden Wasserfällen, am jenseitigen Ufer hohe Weinberge mit einer unendlichen Menge von niedlichen Winzerhäuschen, links Felsen die kühn auf einander gepackt sind und über die Stadt drohend hängen, die man selbst über die Strassen hängen sieht, wenn man durch die Stadt fährt, ein grosses Schloß, das prächtig über die ganze Gegend hinsieht. – Hinter Weissenfels wird die Gegend immer romantischer[3], sie ist dort fast so schön, wie ich manche im Harz gesehn habe, beständig Weinberge und grosse Felsen, wo man dicht neben tiefe Abgründe hinfährt. Die Saale ging immer mit uns, in der Ferne Ruinen, es war ein göttlicher Nachmittag [...]. [...] Vor Naumburg kömmt man an ein verfallnes Ritterschloß, es liegt göttlich unter lauter Felsen, die Gegend wird hier immer wilder, ich dachte unaufhörlich an Götz von Berlichingen und Göthe [...]..
[223] L. Tieck, W. Lovell I (1795), 42: London kömmt mir, ohngeachtet der vielen Menschen, sehr einsam vor, meine Zimmer sind mir ganz fremd[4] geworden, alles ist so eng und düster, man sieht kein Feld, keinen Baum, – wenn ich dagegen an den reizenden Wald denke, an den kleinen Wasserfall neben der Wiese, an den grünen Hügel, von wo man die romantische[3] Aussicht über den Fluß und die Felsenwände hat; – wie schön war es doch, wenn die Sonne hinter den Felsen untergieng und der krummgewordene Strom in einen rothen Glanz erglühte, – und dann jene Allee, wo die Nachtigall am Morgen im Lindenbaume sang, wo Lovell mir oft den Oßian vorlas, – ich war nur so kurze Zeit[6] von hier entfernt, aber ich habe mich schon ganz verwöhnt. ➢ Volltext.
[224] L. Tieck, W. Lovell I (1795), 85: Ich hasse die Menschen, die mit ihrer nachgemachten kleinen Sonne in jede trauliche Dämmerung hineinleuchten und die lieblichen Schattenphantome verjagen, die so sicher unter der gewölbten Laube wohnten. In unserm Zeitalter ist es vielleicht Tag geworden, aber das romantische[13/8] Mondlicht war schöner, als dieses graue Licht des wolkigen Himmels; den Durchbruch der Sonne und das reine Aetherblau müssen wir erst von der Zukunft erwarten. ➢ Volltext.
[225] L. Tieck, Sternbald II (1798), 80: Ich bin recht vergnügt, sagte Florestan, der heutige Tag ist einer meiner heitersten[5]; denn ich kenne nichts Schöneres, als so recht viel und mancherlei durch einander zu empfinden, und deutlich zu fühlen, wie durch Kopf und Herz gleichsam goldene Sterne ziehn, und den schweren Menschen wie mit einer lieben wohlthätigen Flamme durchschimmern. Wir sollten täglich recht viele Stimmungen und frische Anklänge zu erleben suchen, statt uns aus Trägheit in uns selbst und die alltägliche Gewöhnlichkeit zu verlieren..
[226] L. Tieck, an C. Brentano (E. 1801), ZMF, 44: Ihren 2tn Th. d. Godwi habe ich in diesen Tagen gelesen[1], und Sie müssen mir glauben, wenn ich Ihnen ganz offen bekenne, daß mir vieles, recht vieles darinn eine außerordentliche Freude gemacht hat, Sie haben einigemal den Ton[3] der alten Romanze gar schön ergriffen, [...] in dem Cyparissus und Phöbus sind sehr reizende Klänge, so wie an vielen Stellen [...]..
[227] L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), 493 f. (494): Unter den Dichtern aber erreichte Racine in Sprach- und Verskunst eine harmonische Vol〈494〉lendung, wie sie nach meinem Gefühl weder Milton im Englischen, noch auch Virgil im Römischen haben, und die nachher in der französischen Sprache[3] nie wieder erreicht worden ist. Für das Ganze der Poesie[1] hätte man wohl wünschen mögen, daß für die Dichtersprache besonders, neben dieser kunstreichen Vollendung, auch etwas mehr Freyheit[9] übrig gelassen wäre; daß man die altfranzösische Poesie[11] der Ritterzeit, die doch so vieles Schöne und Liebliche, in Erfindung und Sprache[3] hervorgebracht, nicht so ganz unbedingt und ohne Ausnahme verworfen, verachtet und vergessen hätte. Man hätte immer, wie ja auch von den Italienern und andern Nationen[1] geschehen war, einen kunstreichern und ernstern Styl mit dem dichterischen Geist[12] der Ritterzeit verbinden können. Die französische Poesie[1] und die Sprache[3] würde dann etwas mehr von jenem romantischen[2/7] Schwunge und jener alten[6] Dichter-Freyheit[9] erhalten haben, die ihr Voltaire so oft zurück wünscht, und die er ihr auch obwohl zu spät und nur mit halbem Gelingen zum Theil wieder zu geben suchte. ➢ Volltext.
[228] L. Tieck, Phantasus I (1812), 3 f.: Dieses romantische[3] Gebirge, sagte Ernst, erinnert mich lebhaft an einen der schönsten[1/4] Tage meines Lebens. In der heitersten[2] Sommerszeit hatte ich die Fahrt über den Lago maggiore gemacht und die Borromäischen Inseln besucht; von einem kleinen Flecken am See ritt ich dann mit dem frühsten Morgen nach Belinzona, das mit seinen Zinnen und Thürmen auf Hügeln und im engen Thal ganz alterthümlich sich darstellt, und uns alte[11] Sagen und Geschichten[8] wunderlich vergegenwärtigt, und von dort reisete ich am Nachmittage ab, um am folgenden Tage den Weg über den Sankt Gotthard anzutreten. Am Fuße dieses Berges liegt äußerst anmuthig[2] Giarnito, und einige Stunden vorher führt dich der Weg durch das reizendste Thal, in welchem Weingebirge und Wald auf das mannigfaltigste wechselt, und von allen Bergen große und kleine Wasserfälle klingend und wie musizirend niedertanzen; immer enger rücken die Felsen zusammen, je mehr du dich dem Orte näherst, und endlich ziehn sich Weinlauben über dir hinweg von Berg zu Berg, und verdecken von Zeit[7] zu 〈4〉 Zeit[7] den Anblick des Himmels. Es wurde Abend, eh ich die Herberge erreichte, beim Sternenglanz, den mir die grünen Lauben oft verhüllten, rauschten näher und vertraulicher die Wasserfälle, die sich in mannigfachen Krümmungen Wege durch das frische Thal suchten; die Lichter des Ortes waren bald nahe, bald fern, bald wieder verschwunden, und das Echo, das unsere Reden und den Hufschlag der Pferde wiederholte, das Flüstern der Lauben, das Rauschen der Bäume, das Brausen und Tönen der Wasser, die wie in Freundschaft und Zorn abwechselnd näher und ferner schwazten und zankten, vom Bellen wachsamer Hunde aus verschiedenen Richtungen unterbrochen, machten diesen Abend, indem noch die grünenden Borromäischen Inseln in meiner Phantasie[1] schwammen, zu einem der wundervollsten meines Lebens, dessen Musik sich oft wachend und träumend in mir wiederholt. Und – wie ich sagte – dieses romantische[3] Gebirge hier erinnert mich lebhaft an den Genuß jener schönen[1/4] Tage..
[229] L. Tieck, Phantasus I (1812), 15: Ist diese Gegend nicht, durch welche wir wandeln, fing Theodor an, einem schönen romantischen[1/3/4] Gedichte zu vergleichen? Erst wand sich der Weg labyrinthisch auf und ab durch den dichten Buchenwald, der nur augenblickliche räthselhafte Aussicht in die Landschaft erlaubte: so ist die erste Einleitung des Gedichtes; dann geriethen wir an den blauen Fluß, der uns plötzlich überraschte und uns den Blick in das unvermuthete frisch grüne Thal gönnte: so ist die plötzliche Gegenwart einer innigen Liebe; dann die hohen Felsengruppen, die sich edel und majestätisch erhuben und höher bis zum Himmel wuchsen, je weiter wir gingen: so treten in die alten[1] Erzählungen erhabene Begebenheiten hinein, und lenken unsern Sinn[11] von den Blumen ab; dann hatten wir den großen Blick auf ein weit ausgebreitetes Thal, mit schwebenden[2] Dörfern und Thürmen auf schön geformten Bergen in der Ferne, wir sahen Wälder, weidende Heerden, Hütten der Bergleute, aus denen wir das Ge〈16〉töse herüber vernahmen: so öffnet sich ein großes Dichterwerk in die Mannigfaltigkeit der Welt und entfaltet den Reichthum der Charaktere[7]; nun traten wir in den Hain von verschiedenem duftenden Gehölz, in welchem die Nachtigall so lieblich klagte, die Sonne sich verbarg, ein Bach so leise schluchzend aus den Bergen quoll, und murmelnd jenen blauen Strom suchte, den wir plötzlich, um die Felsenecke biegend, in aller Herrlichkeit wieder fanden: so schmilzt Sehnsucht und Schmerz, und sucht die verwandte Brust des tröstenden Freundes, um sich ganz, ganz in dessen lieblich erquickende Fülle zu ergießen, und sich in triumphirende Woge zu verwandeln. Wie wird sich diese reizende Landschaft nun ferner noch entwickeln? Schon oft habe ich Lust gefühlt, einer romantischen[8] Musik[4] ein Gedicht unterzulegen, oder gewünscht, ein genialischer Tonkünstler möchte mir voraus arbeiten, um nachher den Text seiner Musik[4] zu suchen; aber wahrlich, ich fühle jetzt, daß sich aus solchem Wechsel einer anmuthigen Landschaft ebenfalls ein reizendes erzählendes Gedicht entwickeln ließe..
[230] L. Tieck, Phantasus I (1812), 22: O das ist ja eben das Himmlische der Freundschaft, sich im geliebten Gegenstande ganz zu verlieren, neben dem Verwandten so viel Fremdartiges, Geheimnißvolles ahnden[3], mit herzlichem Glauben und edler Zuversicht auch das Nichtverstandne achten, durch diese Liebe Seele zu gewinnen und Seele dem Geliebten zu schenken! Wie roh leben diejenigen, und verletzen ewig sich und den Freund, die so ganz und unbedingt sich verstehn, beurtheilen, abmessen, und dadurch nur scheinbar einander angehören wollen! das heißt Bäume fällen, Hügel abtragen und Bäche ableiten, um allenthalben flache Durchsicht, Mittheilung und Verknüpfung zu gewinnen, und einen schönen romantischen[3/4] Park deshalb verderben..
[231] L. Tieck, Phantasus I (1812), 64 f. (65): Es fehlt unsrer Zeit[5], sagte Friedrich, so sehr sie die Natur[19] sucht, eben der Sinn[5] für Natur[19], denn nicht allein diese regelmäßigen Gärten, die dem jetzigen Geschmacke zuwider sind, bekehrt man 〈65〉 zum Romantischen[3/4], sondern auch wahrhaft romantische[3/4] Wildnisse werden verfolgt, und zur Regel und Verfassung der neuen[7] Gartenkunst erzogen. So war ehemals nur die große wundervolle Heidelberger Ruine eine so grüne, frische, poetische[1/3?] und wilde Einsamkeit, die so schön mit den verfallenen Thürmen, den großen Höfen, und der herrlichen Natur[2] umher in Harmonie stand, daß sie auf das Gemüth eben so wie ein vollendetes Gedicht aus dem Mittelalter wirkte, ich war so entzückt über diesen einzigen Fleck unsrer deutschen Erde, daß das grünende Bild seit Jahren meiner Phantasie[1] vorschwebte, aber vor einiger Zeit[6] fand ich auch hier eine Art von Park wieder, der zwar dem Wandelnden manchen schönen Platz und manche schöne Aussicht gönnt, der auf bequemen Pfaden zu Stellen führt, die man vormals nur mit Gefahr erklettern konnte, der selbst erlaubt, Erfrischungen an anmuthigen Räumen ruhig und sicher zu genießen, doch wiegen alle diese Vortheile nicht die großartige und einzige Schönheit[1] auf, die hier aus der besten Absicht ist zerstört worden..
[232] L. Tieck, Phantasus I (1812), 97: Nichts alberneres, als zwei Menschen, die sich nicht leiden mögen, und die sich plötzlich in gezwungener Einsamkeit in einer dunkeln Grotte eng neben einander befinden, da brummt man was von schöner Natur[2] und rennt aus einander, als müßte man die nächste Schönheit[3] noch eilig ertappen, die sich sonst vielleicht auf flüchtigen Füßen davon machen möchte; und, siehe da, indem du dich bald nachher eine enge Felsentreppe hinauf quälst, kommt dir wieder die fatale Personage von oben herunter entgegen gestiegen, man muß sich sogar beim Vorbeidrängen körperlich berühren, eine nothgedrungene Freundlichkeit anlegen, und der lieben Humanität wegen recht entzückt sein über das herrlich romantische[3] Wesen, um nur der leidigen Versuchung auszuweichen, jenen in den zauber- aber nicht wasserreichen Wasserfall hinab zu stoßen..
[233] L. Tieck, Phantasus I (1812), 98 f.: In gebirgigen Gegenden [...] scheint mir ein Garten, wie dieser hier, nicht nur der angemessenste, sondern auch ohne Frage der schönste, denn nur in diesem kann man sich von den erhabenen Reizen und großen Eindrücken erholen, die die mächtigen Berge beim Durchwandeln in uns erregen. Jedes Bestreben hier etwas Romantisches[3] erschaffen, und Baum und Waldgegenden malen zu wollen, würde jenen Wäldern und Felsenschluften, den wundersamen Thälern, der majestätischen Einsamkeit gegenüber nur albern erscheinen. So aber liegt dieser Garten in stiller Demuth zu den Füßen jener Riesen, mit ihren Wäldern und Wasserbächen, und spielt mit seinen Blumen, Laubengängen und Brunnen wie ein Kind in einfältigen Phantasien[19]. Dagegen ist mir in einer der traurigsten Gegenden Deutschlands ein Garten 〈99〉 bekannt, der allen romantischen[3] Zauber auf die sinnigste Weise in sich vereinigt, weil er, nicht um Effekt zu machen, sondern um die innerlichen Bildungen[16] eines schönen Gemüthes in Pflanzen und Bäumen äußerlich zu erschaffen vollendet wurde; in jener Gegend, wo der edle Herausgeber der Arethusa nach alter[1] Weise im Kreise seiner liebenswürdigen Familie lebt [⦿]; dieser grüne, herrliche Raum schmückt wahrhaft die dortige Erde, von ihm umfangen vergißt man das unfreundliche Land, und wähnt in lieblichen Thälern und göttergeweihten Hainen des Alterthums[3] zu wandeln; in jedem Freunde der Natur[2], der diese liebliche Schatten besucht, müssen sich dieselben heitern[5] Gefühle erregen, mit denen der sinnvolle Pflanzer die anmuthigste Landschaft hier mit dem Schmuck der schönsten Bäume dichtete, die auf sanften Hügeln und in stillen Gründen mannichfaltig wechselt, und durch rührende Reize den Sinn[7] des Gebildeten beruhigt und befriedigt..
[234] L. Tieck, Phantasus II (1812), 457: Was da unten friedlich, niedlich, einsam und rührend die Hütten liegen und das Gärtchen daneben. Schöne romantische[7] Natur[2] ist doch etwas Trefliches, und darein die Häuser, der Rauch von den Schornsteinen, das ist so anlockend, weckt sehnsüchtige Gedanken, daß man dort seyn möchte, sich einwohnen, der Natur[19] leben..
[235] L. Tieck, V. Accoromb. (1840), W 4, 788: Nachdem sie das großartige Verona besucht hatten, begaben sie sich wieder in die Einsamkeit ihrer Berge und nach dem schönen[1], romantischen[3] See, den sie auf einer Barke, mit Musik[6] begleitet, überschifften, und sich an den alten[1] Romanzen ergötzten, die man in diesem Lande vernahm..
[236] S. Tieck, Mähr. (1797), 32: [I]ch weidete meine Augen an den schönen Blumen, der herrlichen Musik[6] die umher ertönte und an dem heitern[1] Himmel..
[237] Uhland, Romant. (H1807), 139: Die Griechen in einem schönen genußreichen Erdstriche wohnend, von Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] heiter[[[[BedeutungsVerweis ID='224' Anzeige='5' Formatierung='1']]]], umdrängt von einem glänzenden thatenvollen Leben, mehr äusserlich als innerlich lebend, überall nach Begrenzung und Befriedigung trachtend, kannten oder nährten nicht jene dämmernde Sehnsucht nach dem Unendlichen. Ihre Philosophen suchten es in lichten Systemen aufzufassen, ihre Dichter stellten jeder innern Regung des Höheren äusserlich eine helle, mit kräftigen Umrissen abgestochene, mit bezeichnenden Attributen ausgerüstete Göttergestalt entgegen. Ihr Olymp stand in lichter Sonne da, jeder Gott[[[[BedeutungsVerweis ID='189' Anzeige='4' Formatierung='1']]]], jede Göttin ließ sich klar darauf erblicken. | Einzelne Erscheinungen in der griechischen[[[[BedeutungsVerweis ID='119' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] Poesie[[[[BedeutungsVerweis ID='80' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] sind vielleicht mehr für uns romantisch[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]], als sie es für die Griechen selbst waren. .
[238] Vulpius, Rinald. III (1799), 133: Die Aussicht aus seinen Zimmern in's Freie war romantisch[3] schön . Er trat an ein Fenster, sie zu genießen, und ein Fernrohr gewährte ihm dieses Entzücken doppelt..
[239] Wackenroder, an L. Tieck (11. 12. 1792), VL 2, 96 f. (97): Du hast vielleicht schon aus meiner neulichen Anführung aus einem altdeutschen Gedichte, ersehen, womit ich mich jetzt beschäftige. Ich höre beym Prediger Koch, der in der That ein äußerst gelehrter, kenntniß〈97〉reicher u[nd] eifrigthätiger Mann ist, ein Kolleg[ium] über die allg[e]m[eine] Litteratur-Geschichte, vornehml[ich] über die schönen Wiss[enschaften] unter den Deutschen..
[240] Wackenroder, an seine Eltern (24. 8. 1793), VL 2, 224: Wie Sie sehen, sind beyde Arten von Gefässen, von einer schönen Form, die ganz die Simplicität, und die schön gekrümmten Linien antiker[2] Gefäße hat..
[241] Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133: Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion[1] kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes Thal, von abentheuerlichen[3] Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist[19] von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte[1] vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[242] Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 155 ff. (156): Es scheinen uns diese Gefühle, die in unserm Herzen aufsteigen, manchmal so herrlich und groß, daß wir sie wie Reliquien in kostbare Monstranzen einschließen, freudig davor niederknieen, und im Taumel nicht wissen, ob wir unser eignes menschliches Herz, oder ob wir den Schöpfer, von dem alles Große und Herrliche herabkommt, verehren. | Zu dieser Aufbewahrung der Gefühle sind nun verschiedene schöne[1] Erfindungen gemacht worden, und so sind alle schönen[2] 〈156〉 Künste[1] entstanden. Die Musik[1] aber halte ich für die wunderbarste dieser Erfindungen, weil sie menschliche Gefühle auf eine übermenschliche Art schildert, weil sie uns alle Bewegungen unsers Gemüths unkörperlich, in goldne Wolken luftiger Harmonien eingekleidet, über unserm Haupte zeigt, – weil sie eine Sprache[2] redet, die wir im ordentlichen Leben nicht kennen, die wir gelernt haben, wir wissen nicht wo? und wie? und die man allein für die Sprache[2] der Engel halten möchte. | Sie ist die einzige Kunst[2], welche die mannigfaltigsten und widersprechendsten Bewegungen unsers Gemüths auf dieselben schönen[1] Harmonien zurückführt, die mit Freud' und Leid, mit Verzweiflung und Verehrung in gleichen harmonischen Tönen spielt. Daher ist sie es auch, die uns die ächte Heiterkeit[3] der Seele einflößt, welche das 〈157〉 schönste[1] Kleinod ist, das der Mensch erlangen kann; – jene Heiterkeit[3] meyn' ich, da alles in der Welt uns natürlich[2], wahr und gut erscheint, da wir im wildesten Gewühle der Menschen einen schönen[1] Zusammenhang finden, da wir mit reinem Herzen alle Wesen uns verwandt und nahe fühlen, und, gleich den Kindern, die Welt wie durch die Dämmerung eines lieblichen Traumes erblicken. ➢ Volltext.
[243] Wieland, Gold. Spiegel (1772 [hier: 1795]), 61: Das Ohr[3] ist, nach dem Auge, der vollkommenste unsrer Sinne[4]. Gewöhnet es an kunstlose, aber seelenvolle Melodien, aus welchen schöne Gefühle atmen, die das Herz in sanfte Bebungen setzen, oder die einschlummernde Seele in süße Träume wiegen. Freude, Liebe, und Unschuld stimmen den Menschen[1] in Harmonie mit sich selbst, mit allen guten Menschen[1], mit der ganzen Natur[2]. So lang euch diese beseelen, wird jede eurer Bewegungen, der gewöhnliche Ton[5] eurer Stimme[3], eure Sprache[11] selbst wird Musik[5] sein..
[244] Wieland, Aristipp. II (1800–01), SW 23, 96: Was ich von Licht und Schatten, Farben und Linien als den Elementen des sichtbaren Schönen gesagt habe, gilt in seiner Art auch von den verschiedenen Schwingungen der Luft, wodurch der Schall in unserm Ohr[2] und vermittelst dieses Organs[2] in unserm innern Sinne[4] gewisse angenehme Gefühle erregt; von dem majestätischen Rollen des Donners bis zum leisen Geflüster der Pappel und Birke; vom klappernden Tosen eines entfernten Wasserfalls, bis zum einschläfernden Murmeln einer über glatte Kiesel hin rieselnden Quelle; vom fröhlichen Geschwirr der Lerche bis zum eintönigen Klingklang der Cicade. Alle diese einfachern Schälle und Töne[1], durch welche die Natur[2] unser Ohr[2] als ein zu ihr stimmendes lebendiges Saiteninstrument anspricht, betrachte ich als die Elemente des hörbaren Schönen, welches, gleich dem sichtbaren, in der Mitte zwischen zwei Aeußersten schwebt[5], und also eben demselben Gesetz unterworfen ist, wodurch die dem Auge gefälligen Töne[13] des Lichts und der Farben, und die dem Gefühle schmeichelnden Formen der Körper bestimmt werden, dem Gesetze der Harmonie der sinnlichen Eindrücke von außen mit der Einrichtung der ihnen entsprechenden Organe[2]..
[245] Wienbarg, Holland I (1833), 79: Goethe ist gestorben, ach wär' er jetzt erst geboren. Goethe, ein Kind unserer Zeit, welche eiserne Hand würde er aus der Wiege strecken. | Ausgeleuchtet hat die Sonne seines Jahrhunderts, das schöne griechische[[[[BedeutungsVerweis ID='118' Anzeige='4' Formatierung='1']]]] Kunst- und Südlicht, das Winckelmann am deutschen Himmel heraufführte; es ist verflogen, wie sein Widerspiel, das kalte Fouqueische Nordlicht und wie der romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]/[[[BedeutungsVerweis ID='103' Anzeige='14' Formatierung='1']]]] Mondschein der Schlegelianer und Tieckianer, der, Gott weiß, in welcher alten[[[[BedeutungsVerweis ID='437' Anzeige='11' Formatierung='1']]]] deutschen Burg- und Klosterruine steckt und verwittert..
[246] Zelter/Goethe, Haydn. Schöpf. (1826), WA I, 41.2, 384: [H]ierdurch werde ich erinnert, an den Vorwurf zu denken, den man Haydn machen wollen: seine Musik[4] ermangele der Leidenschaft. Hierauf nun erwidere ich Folgendes: Das Leidenschaftliche in der Musik[1] wie in allen Künsten[2] ist leichter als man denkt, schon weil es leichter nachempfunden wird; es ist nicht ursprünglich, die Gelegenheit bringt es hervor, und nach dem Begriffe[1] der Alten[10] verdeckt es die reine Natur[19] und entstellt das Schöne. [...] | Unser Haydn [...] wirkt ohne Hitze, was er wirkt; wer will denn auch erhitzt sein? Temperament, Sinn[6], Geist[20], Humor[3], Fluß, Süße, Kraft und endlich die echten Zeichen des Genies[4]: Naivetät und Ironie[3] müssen ihm durchaus zugestanden werden. Sind nun die hier genannten Elementartheile, welche ohne Wärmestoff nicht denkbar sind, Haydn'sche Eigenheiten, so begrüßen wir seine Kunst[10] als antik[4] im besten Sinne[1], und daß sie modern[4/7] sei, ist unsres Wissens nicht bestritten worden, was auch schwer gelingen möchte, da alle moderne[9] Musik[1] auf ihm ruht..
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