Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
[2] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 292 f. (293): Aber Aristophanes 〈293〉 muthete seinen Zuhörern auch viel poetische Kunstbildung zu, sie mußten besonders die tragischen Meisterwerke fast wörtlich im Gedächtnisse bewahren, um seine Parodien zu verstehen. Und welche rege Geistesgegenwart gehörte dazu, die leiseste und verwickeltste Ironie[1], die unerwartetsten Einfälle, die fremdesten Anspielungen, die oft nur durch Umbiegung einer Sylbe angedeutet sind, im Vorübergehen zu erhaschen! Wir mögen dreist annehmen, daß trotz aller auf uns gekommenen Erklärungen, trotz aller angehäuften Gelehrsamkeit, noch die Hälfte vom Witz[4] des Aristophanes für uns verlohren geht.
[3] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 166, Nr. 120: Wer Göthe's Meister gehörig charakterisirte, der hätte damit wohl eigentlich gesagt, was es jetzt an der Zeit ist in der Poesie[1]. Er dürfte sich, was poetische Kritik[2] betrifft, immer zur Ruhe setzen. ➢ Volltext
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 678: Opitz gebraucht Bach Ein Mahl für Wasser, welche sonst ungewöhnliche Figur wohl nur eine poetische Freyheit[17] ist [...]..
[5] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 48: Die Reihe von Kunstwerken[2] einer Nation[1] sind [...] ihre reinste Geschichte[7] und unter diesen sind es wieder die Produkte der Poesie[1], welche sie am kräftigsten ausdrücken, weil sie es am individuellsten thun. – Wie herrlich und groß von dieser Seite das Sprachstudium erscheine, darf ich wohl nicht erst weitläuftig auseinandersetzen. Es ist vielmehr klar, daß ich durch eine Erlernung der Sprache[3], und durch ein Studium der poetischen Kunstwerke[2] einer jeden Nation[1], eigentlich zum Mitgliede dieser Nation[1] selbst werde. ➢ Volltext.
[6] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 64: Es erhellt [...] ganz deutlich, daß die Dichtersprache doch nur Organ[1], obgleich nothwendiges der Poesie[1], nicht sie selbst sei, daß die Sprache[4] daher allerdings einen sehr hohen Werth habe, aber immer eine Nebensache, und der poetischen Idee unterworfen sei. Wenn daher manche die Sprache[4] und deren Correktheit, das heißt in der Poesie[1], die Uebereinstimmung mit der sanctionirten Dichtersprache zur Hauptsache erhoben, und Licenzen als 〈65〉 Sprachfehler behandelt haben, so beruht dies auf einer unrichtigen Ansicht der Dichtkunst. ➢ Volltext.
[7] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 229: In der Erzählung findet der historische Styl, und zwar der der reinen Geschichte[7] statt. Allein dies ist nur die äusserliche Erscheinung, denn das Faktum und die Realität wird hier schon, als durch die Individualität des Redners gebrochen dargestellt, und in der That hat man hier eine rhetorisirte Geschichte[7]. Die Sprachdarstellung ist demnach sehr einfach und kalt, und sie bleibt es auch in dem über das Faktum angestellten Raisonnement. Dies ist die Region in welcher die Subordinationen und Coordinationen der Ideen geschehen, in welcher alle Operationen und Figuren des Verstandes vorkommen, nur daß da das Hauptstreben poetisch ist, und die philosophischen Ideen selbst in der Realität und der anschaulichen Sphäre liegen, die Poesie[22] dieselben verkleidet, den strengen Ernst derselben mildert, und daß ich es mit 〈230〉 einem Worte[2] ausdrücke, diese Region zu dem Punkte macht, in welchem die Figuren des Verstandes in die imaginativen übergehen, eine Sache, welche auch im philosophischen Gespräch vorkommt, obgleich seltener. Hier treten eine Reihe von rednerischen Verstandesfiguren auf, und zwar besonders solche, welche in der strengen Verstandesdarstellung kein großes Gewicht haben, als Analogie, Induction und Bewelse apagogischer Art, sodann alle Figuren der Modalität, die Ironie[1], der Zweifel, der Einwurf und andere. ➢ Volltext.
[8] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 396: Die Verknüpfung zweier Sprachsphären, welche gleichtönen, wobei aber eine bestimmte Betrachtung der Bedeutung beider vorkommt, heißt ein Wortspiel, und dieses ist die Fundamentalfigur aller übrigen musikalisch[3]-poetischen Sprachfiguren. Das Wortspiel ist der Witz[4] der Sprache[1], und an seiner Vortrefflichkeit kann nur der zweifeln, der überhaupt damit unbekannt ist, was der Witz[4] sei und bedeute, und vielleicht den ärmlichen Begriff[1] mit sich herumträgt: daß er nur ein Zeitvertreib, und die untergeordnete, unbedeutendere, heitere[5] Wahrheit sei. Allein weit entfernt diese geringe Gattung des Witzes[4] für sein Wesen zu halten; muß man vielmehr die Sache gradezu umkehren, und das Wesen der Wahrheit darin setzen, daß sie Witz[4] sey. ➢ Volltext.
[9] Börne, Brf. Paris I (1832), 77 f. (78): Victor Hugo's Hernani habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Es ist wahr, daß ich Werke solcher Art bei einem französischen Dichter nach ganz andern Grundsätzen beurtheile, als ich es bei einem deutschen Dichter thue. Das Ding an sich kümmert mich da gar nicht; sondern ich betrachte es blos in seiner Verbindung, das heißt bei roman〈78〉tischen[14] poetischen Werken, in seinem Gegensatze mit der französischen Nationalität. Also je toller, je besser; denn die romantische[14] Poesie[1] ist den Franzosen nicht wegen ihres schaffenden, sondern wegen ihres zerstörenden Prinzips heilsam. Es ist eine Freude, zu sehen, wie die emsigen Romantiker[3] alles anzünden und niederreißen und große Karren voll Regeln und klassischem[8] Schutte vom Brandplatze wegführen..
[10] Börne, Brf. Paris I (1832), 80: Was doch das Glück übermüthig macht! Diese jungen Leute jammern und verwünschen sich das Leben, weil einige poetische Absolutisten nicht haben wollen, daß sie romantisch[4] sind: Absolutisten, die doch keine andern Waffen haben als die Feder und den Spott, welchem man gleiche Waffen entgegensetzen kann – und wir unglückseligen Deutschen, Alt und Jung, sobald wir nur einen Augenblick aufhören romantisch[7] zu seyn und uns um die Wirklichkeit bekümmern wollen, werden gescholten wie Schulbuben, geprügelt wie Hunde und müssen schweigen[1] und dürfen uns nicht rühren! | – Der Bundestag, wie ich höre, will in Deutschland die Preßfreiheit beschränken. Wie sie das aber anfangen wollen, möchte ich wissen. Wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren..
[11] Brentano, Godwi I (1801), 5 f. (6): Du holde Dreieinigkeit stehst [...] nicht hier, meinem nachlässigen Buche einen schönen[6] Vorredner zu geben, auch steht mein Buch eben so wenig wie eine 〈6〉 üble Nachrede hinter deinem guten und lieben Namen, noch weniger soll mit den wenigen guten Gedanken darinn dir eine spärliche Ehre erwiesen werden. Nein, wie drei gute Feen stelle ich euch hierher an die Wiege meiner jüngsten Thorheiten (denn das Buch ist schon ein Jahr alt), damit ich in eurer Miene das Schicksal meines Buchs [...] ergründen möge. Am meisten aber verführte mich meine große Sehnsucht dazu, eine von euch dreien Du zu nennen, was ich öffentlich nur unter dem Verluste meiner ewigen Freiheit[5] erlangen könnte, und hier in meiner poetischen Freiheit[9] mit Recht nach Herzenslust darf..
[12] Ditters v. Dittersdorf [Spazier], Lebensbeschr. (1801), 10: Was den Dittersdorfschen Theaterstücken allenfalls hin und wieder an der höhern, innigern Wahrheit der Deklamation (dem eigentlich Poetischen) und mitunter in Absicht der korrekten Bearbeitung des Textes abgeht, wie sie die strengere Kritik[8] von jedem musikalischen[2] Gesangstücke, das auf Vollendung Anspruch machen will, unerläßlich fordert, das wird von der andern Seite wieder durch so manche Schönheit[3] des deklamatorisch-theatralischen Ausdrucks, durch den Glanz des Orchesterspiels, das eben nicht in Überladung verfällt, durch Gründlichkeit im Satze, der bisweilen vernachlässigter 〈11〉 scheint, als er ist, weil er nur etwas leer gehalten ist, und vor allen Dingen durch schönen fließenden Gesang ersetzt [...]..
[13] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 26: Es freut mich [...], daß Sie Victors poetische Erscheinung so hoch halten..
[14] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 226: Bey diesem alten[2] ehrwürdigen Paare, das uns bey Tisch bediente, hätten wir auf eine poetische 〈227〉 Weise vergessen mögen, daß wir Menschen[1] wären und auf den Gedanken kommen können, daß wir als Götter[4] von Philemon und Baucis bewirthet würden[.].
[15] Goethe, Symbolik (*1805), WA II, 11, 167: Durch Worte[1] sprechen wir weder die Gegenstände noch uns selbst völlig aus. | Durch die Sprache[1] entsteht gleichsam eine neue Welt, die aus Nothwendigem und Zufälligem besteht. | Verba valent sicut numi. Aber es ist ein Unterschied unter dem Gelde. Es gibt goldne, silberne, kupferne Münzen und auch Papiergeld. In den erstern ist mehr oder weniger Realität, in dem letzten nur Convention. | Im gemeinen Leben kommen wir mit der Sprache[1] nothdürftig fort, weil wir nur oberflächliche Verhältnisse bezeichnen. Sobald von tiefern Verhältnissen die Rede ist, tritt sogleich eine andre Sprache[3] ein, die poetische. | Indem wir von innern Verhältnissen der Natur[2] sprechen wollen, bedürfen wir gar mancherlei Bezeichnungsweisen. | Ich erwähne hier [...]: | Symbole, | 1. die mit dem Gegenstand physisch-real-identisch sind, [...] 〈168〉 [...] | 2. Die mit dem Gegenstande ästhetisch-ideal-identisch sind. Hieher gehören alle guten Gleichnisse, wobei man sich nur vor dem Witz[2] zu hüten hat, welcher nicht das Verwandte aufsucht; sondern das Unverwandte scheinbar annähert..
[16] Goethe, Not. u. Abhdlg. (1829), WA I, 7, 116: Diese Benennung und Eintheilung hat freilich Beifall und Platz gewonnen, weil höchst schätzenswerthe Bücher sie an der Stirne tragen, und schwer möchte man sich derselben sobald entwöhnen. Ein solches Verfahren kommt aber daher, weil man, bei Classification der Künste[10], den Künstler nicht zu Rathe zieht. Dem Literator kommen die poetischen Werke zuerst als Buchstaben[8] in die Hand, sie liegen als Bücher vor ihm, die er aufzustellen und zu ordnen berufen ist..
[17] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), IX: Zusammenziehung oder Trennung der einzelen Wörter[1]. Hiebei gilt hauptsächlich der Grundsatz: verbunden werden alle, auch deßhalb so genannte untrennbare, für sich keinen vollen Sinn[1] gebende Wörtchen, ferner, aus ähnlichem Grunde, alle Zusammensetzungen mit Vorwörtern, so wie die nicht durch Biegung des einen oder andern Wortes[1] vermittelten, sondern durch den Sinn[1] zu Einem Begriff[1] und Anschauung, folglich auch Wort[1] verschmelzenden, poetischen Zusammensetzungen; hingegen, wo die Zusammensetzung sich in eine Konstrukzion auflösen läßt, und wo das Vorwort mit vollerem Sinne[1] als Nebenwort steht, findet Trennung statt..
[18] Hegel, Solger (1828), W 11, 213 f. (214): Es ist vorhin des vortrefflichen Unsinns und der herrlichen Albernheit erwähnt worden, und wohl gibt es noch Verehrer Shakespeares, die aus dem ästhetischen Enthusiasmus für Korporal Nym und Leutnant Pistol nicht 〈214〉 herauskommen können. So machte sich denn von selbst in den eigenen Produktionen Gehalt und Inhalt nüchtern, dünn, ohne Ernst; er wurde absichtlich aufgeopfert, um ins Leere zu verschweben und mit Bewußtsein, ironischer[3]weise, die innere Wahrheitslosigkeit des Stoffes für das Beste auszugeben. Einerseits sahen wir die Theorie von der Poesie[11] der Poesie[11], andererseits den Kreis von Poeten sich bilden, die es darauf anlegten, sich gegenseitig und das Publikum[3] mit den morgenrötlichen Produkten der neuen poetischen Poesie[11], mit einer kometarischen Welt aus Duft und Klang ohne Kern zu mystifizieren. Für diese ironische[3] Sublimation zur Inhaltslosigkeit und Sehnsucht liegt die lyrische Form ganz nahe und macht sich gleichsam von selbst, denn das Spiel im wirklichkeitslosen Tönen des hohlen Geistes[19] ist für Vers und Reim nicht durch den Inhalt geniert. Im dramatischen Fache kann Wirklichkeit, Charakter[3] und Handlung[3] nicht entbehrt werden; die innere Nichtigkeit, welche von der Theorie der Ironie[3] gefordert wird, führt hier auf dasjenige, worauf die Mittelmäßigkeit von selbst gerät, – Charakterlosigkeit, Inkonsequenz und Zufälligkeit, aufgespreizte Nüchternheit; die Theorie fügt nur dies hinzu, daß die Mittelmäßigkeit auch mit der Maxime der Haltungslosigkeit und Halbheit produziert..
[19] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 207 f. (208): Bei diesem Gegensatze des Ideals und der Natur[19] hat man nun also die eine Kunst[10] mehr als die andre im Sinne gehabt, hauptsächlich aber die Malerei, deren Sphäre gerade die anschauliche Besonderheit ist. Wir wollen deshalb die Frage in Betreff dieses Gegensatzes allgemeiner so stellen: soll die Kunst[10] Poesie[14] oder Prosa[4] seyn? Denn das ächt Poetische[1] in der Kunst[10] ist eben das, 〈208〉 was wir Ideal nannten. Kommt es auf den bloßen Namen Ideal an, so ließe sich derselbe leicht aufgeben. Dann entsteht aber die Frage, was ist denn Poesie[14] und was ist Prosa[4] in der Kunst[10]? Obschon auch das Festhalten des an sich selbst Poetischen[1/4] in Bezug auf bestimmte Künste[10] zu Abirrungen führen kann und bereits geführt hat, insofern was der Poesie[11] ausdrücklich und näher der lyrischen etwa angehört, auch durch die Malerei, weil solch ein Inhalt denn doch gewiß poetischer[1] Art sey, dargestellt worden ist. Die jetzige Kunstausstellung (1828) z. B. enthält mehrere Gemälde, alle aus ein und derselben (der sogenannten Düsseldorfer) Schule, welche sämmtlich Sujets aus der Poesie[11] und zwar aus der nur als Empfindung darstellbaren Seite der Poesie[11] entlehnt haben. Sieht man diese Gemälde öfter und genauer an, so erscheinen sie bald genug als süß und fade. ➢ Volltext.
[20] Herder, Krit. Wäld. II (1769), 195: Die Ekloge soll blos poetisches Exercitium, soll ganz ohne die geringste lebendige Anspielung, Corydon und Alexis sollen ganz romantische[1] Wesen seyn [...]..
[21] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 433: Die Neigung zu rhetorischer Ausbildung des poetischen Talentes ward noch vorherrschender während des siebenzehnten Jahrhunderts, dessen dichterische Erzeugnisse sich durch ein entschiedenes Streben nach Correktheit und Eleganz auszeichnen [...], und diese Richtung blieb auch, obwohl das eigentliche Wesen der Poesie[11] sehr darunter litt, in der folgenden Zeit vorherschend, wo es durch Alexander Pope [...], einen eigentlich mehr geistreich als originell zu nennenden Dichter, der aber unbedingt als der correkteste Autor zu betrachten ist, welchen England aufzuweisen hat, die höchste Stufe erreichte. Es war in Hinsicht auf die Form eine wahrhaft klassische[3] Zeit[3] für die englische 〈434〉 schöne Literatur [...]..
[22] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470: Romanticismus. Die Bildung[10] dieses Wortes[1] ist ein Fund der neuesten[3] Zeit[5], hervorgerufen durch die poetischen Erzeugnisse der neueren[3] Franzosen, als deren Chorführer Victor Hugo, Balzac, Eugen Sue, Jules Janin etc. zu nennen sind..
[23] W. v. Humboldt, Rez. Jacobi (1794), 819: Vertraut mit dem Wesen der poetischen Kunst[2], weiß er, auch was völlig subjectiv scheint, noch an die nothwendigen Bedingungen der menschlichen Natur[1] anzuknüpfen; mit kluger Vorsicht läßt er jede neue[1] Wendung des Charakters[7] so vollständig vorbereiten, und so lange verweilen, und mit meisterhaftem Talent versucht er durch eine schöne[1], an mehr als Einer Stelle hinreißende Sprache[4] den Leser so in sein Interesse zu verweben, daß sein Gefühl in die gleiche Stimmung übergeht..
[24] W. v. Humboldt, Schiller (1830), GS I, 6.2, 520: Jede grosse poetische Arbeit fordert eine Stimmung und Sammlung des Gemüths, die Schiller, als er nach Jena zurückkehrte, seit Jahren vermisste. Zum Theil lag die Schuld davon wohl in dem Plane zum Wallenstein, den er lange bei sich trug, ehe er wirklich Hand an die Arbeit legte. Dieser Stoff war in seinem Umfange zu gewaltig, und, seiner Beschaffenheit nach, zu spröde, um nicht der grössesten Zurüstungen vor seiner Ausführung zu bedürfen. Wer dies Gedicht richtig zu würdigen versteht, wird erkennen, dass es eine wahre poetische Riesenarbeit ist; selbst Schiller's formender Geist[20] vermochte diesen weit ausgreifenden Stoff doch nur in drei zusammenhängenden Studien zu bezwingen. Allein auch die Forderungen, welche Schiller an seine theatralischen Werke machte, hatten sich gesteigert, da das schöpferische Genie[2] augenblicklich feierte, trat desto geschäftiger die richtende Kritik[2], und nicht ohne Besorgnisse, an ihre Stelle..
[25] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 19: In Rücksicht der nachzuahmenden Form stehen die poetischen Materialisten im ewigen Widerspruch mit sich und der Kunst[8] und der Natur[2] [...]. Denn sie erlauben wirklich den Versfuß auch in größter und jeder Leidenschaft [...] – und im Sturme des Affekts höchsten Wohllaut und einigen starken Bilderglanz der Sprache[4] [...] 〈20〉 [...] – dann die Götter[5] und Wunder des Epos und der Oper [...] – im Homer die langen Mordpredigten der Helden vor dem Morde [...] – in Don Quixotte einen romantischen[7] Wahnsinn, der unmöglich ist – [...] in Thümmel und andern den Eintritt von Oden ins Gespräch und noch das übrige Zahllose..
[26] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 22: Denn wie das organische[3] Reich das mechanische aufgreift, umgestaltet und beherrschet und knüpft, so übt die poetische[4/1/3] Welt dieselbe Kraft an der wirklichen und das Geisterreich am Körperreich. Daher wundert uns in der Poesie[11/15/14] nicht ein Wunder, sondern es giebt da keines, ausgenommen die Gemeinheit. Daher ist – bey gleichgesetzter Vortrefflichkeit – die poetische[4/1/3] Stimmung auf derselben Höhe, ob sie ein ächtes Lustspiel oder ein ächtes Trauerspiel, sogar dieses mit romantischen[2/4] Wundern aufthut [...]..
[27] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 458: Für das Ohr[3] sammelte unsere Sprache[3] einen Schatz fast in allen Thierkehlen; aber unsere poetische Phantasie[19] wird schwer eine akustische, Auge und Ohr[3] stehen in abgekehrten Winkel-Richtungen in die Welt. Daher muß man musikalische[1] Metaphern[1], um mit 〈459〉 ihnen etwas auszurichten, vorher in optische verkörpern, wie denn schon die eigentlichen Ausdrücke hoher, tiefer Ton das Auge ansprechen. Sagt man z. B. die Erinnerung im Greise ist ein leises Tönen und Verklingen aus den vorigen Jahren: so stellet sich dieß bei weitem nicht so freiwillig dem Einbilden dar, als wenn man sagt: diese Erinnerung ist ein entfernter Ton, der aus dunkeln tiefliegenden Tälern herauf geht. Kurz, wir hören besser einen fernen als einen leisen Ton, einen nahen als einen starken, das Auge ist das Hörrohr der akustischen Phantasie[19]..
[28] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 85: In dem Maße, als der einzelne Redner nach der Fülle seines Gegenstandes strebt, wird auch seine Rede rythmischer, seine Prosa[1] nähert sich der Poesie[3], nicht etwa indem sie sich poetischer[4] Mittel, Bilder oder gar, wie es mitunter schlechte Prediger auf der Kanzel versucht haben, der Verse und des Reims bedient, sie wird nicht etwa zu dem ekelhaften Zwitter, den man poetische[6] Prosa[1] genannt hat und die mit den weibischen Männern zu vergleichen seyn möchte, sondern wie der recht männliche Mann im Umgang mit Frauen[1] durch das Gesetz der Schönheit[1], durch die Sitte gedämpft und veredelt wird, so wird der wahre Redner durch den Umgang mit der Poesie[3/4], durch das Leben in ihrem Elemente, durch Aufenthalt als Gast in jener göttlichen Region, die sie immerwährend bewohnt, kurz 〈86〉 durch den Einfluß des wahren Geschmacks, der im Gebiete der Poesie[3/4] einheimisch ist, auf gewisse Weise verklärt, beruhigt: seine Rede wird, obwohl auf ganz andre eigenthümliche, männliche Weise, rythmisch und vollendet..
[29] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 121: Wir haben die rhetorische Poesie[1], die wesentlich auf unser Gebiet gehört, mit herübergenommen; dafür geben wir der Poesie[1], was ihr gehört, die poetische Beredsamkeit, nämlich jene Meisterwerke zurück, welche durch eine äußere prosaische[1] Form unsre rhetorische Betrachtung herauszufordern scheinen wie Don Quixote und Wilhelm Meister, aber durch alle ihre inneren Eigenschaften, ihre Absichtlosigkeit, ihre Freiheit[11/14], ihre Ironie[3], ihren poetischen Bau, in jene Sphäre gehören [...]..
[30] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 164: [W]ie viele Ungerechtigkeit ist begangen worden, da man [...] von dem Ideal einer gewissen gleichförmigen klassischen[5] Schreibart ausgehend, die romantischen[4] Spiele der poetischen Feder nicht für wahre Kunst[2] der Rede und für Stil hat gelten lassen wollen; und andrerseits den Ernst des praktischen Lebens, wie er sich in den schriftlichen Verhandlungen der Bürger und der Völker[1] und der Wissenschaften ausdrückte, neben der poetischen Feder überhaupt für keine Feder anerkennen wollte..
[31] Novalis, Blüthenstaub (1798), 86, Nr. 56: Der wahre Brief[1] ist seiner Natur[1] nach poetisch. ➢ Volltext.
[32] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88, Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter[1] des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[12] mancher Kritiken[5] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon. Es gehört ein Kopf dazu, in dem sich poetischer Geist[14] und philosophischer Geist[14] in ihrer ganzen Fülle durchdrungen ha〈89〉ben. Die griechische[2] Mythologie ist zum Theil eine solche Übersetzung einer Nazionalreligion. Auch die moderne[1] Madonna ist ein solcher Mythus. ➢ Volltext.
[33] Novalis, Blüthenstaub (1798), 90, Nr. 70: Unsere Sprache[4] ist entweder mechanisch, atomistisch oder dynamisch. Die ächt poetische Sprache[4] soll aber organisch[6], lebendig seyn. Wie oft fühlt man die Armuth an Worten[1], um mehre Ideen mit Einem Schlage zu treffen.
[34] Schelling, Philos. d. Erf. (1798), SW I, 1, 471: Was nicht progressiv[3] ist, ist kein Objekt der Geschichte[4]. | Der Begriff[1] von progressiv[3] aber muß genauer bestimmt werden. Der Mechanismus z. B. ist, obgleich eine Folge von Handlungen in ihm stattfindet, nicht progressiv[3], weil diese Handlungen im Kreise gehen, wo dann jeder solcher Cyklus von Handlungen nur Einer (immer wiederholten) Handlung gleichgerechnet werden kann. – So gibt es aus demselben Grunde auch keine Geschichte[1] der Thiere[1], als nur im uneigentlichsten Sinn. Erstens keine Geschichte[1] des einzelnen Thiers[1] (als solchen). Denn es ist eingeschlossen in einem Cirkel von Handlungen, über den es nie hinaustritt; was es ist, ist es auf immer, was es seyn wird, ist ihm durch Gesetze eines höhern zwar, aber doch unverbrüchlichen, Mechanismus vorgezeichnet. Dem Menschen[1] aber ist seine Geschichte[1] nicht vorgezeichnet, er kann und soll seine Geschichte[1] sich selbst machen; denn das eben ist der Charakter[1] des Menschen[1], daß seine Geschichte[1], obgleich sie in praktischer Hinsicht planmäßig seyn soll, doch (eben deßwegen) in theoretischer Rücksicht es nicht seyn kann. – Analogisch nur spricht man von einer Geschichte[1] solcher Thiere[1], in denen 〈471〉 Kunsttrieb ist, z. B. von einer Geschichte[1] des Bibers, der Bienen u. s. w., weil man an ihrer produktiven Arbeitsamkeit ein Analogon von Freiheit[10] wahrzunehmen glaubt, obgleich auch das Täuschung ist, weil, wenn wir den innern Mechanismus der organischen[2] Kräfte eines solchen Thiers[1] einsehen könnten, alle Zufälligkeit jener Produkte verschwinden würde – (vom Gedicht, das auf ächt poetische Art entstanden ist, muß keine Geschichte[1] möglich seyn). .
[35] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 419: Wer unsere Behauptung von der griechischen[2] Mythologie als einem Werk der Natur[2] so verstehen wollte, als wäre sie es auf eine eben so blinde Weise, als es die Hervorbringungen des Kunsttriebs der Thiere[1] sind, würde sie freilich ganz roh verstehen. Aber nicht weniger würde derjenige von der Wahrheit abirren, der sie als ein Werk absolut-poetischer Freiheit[5] denken wollte. ➢ Volltext.
[36] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 443: Nur der Katholicismus lebte in einer mythologischen Welt. Daher die Heiterkeit[4] der poetischen Werke, die in dem Katholicismus selbst entsprungen sind, die Leichtigkeit und Freiheit[13] der Behandlung dieses – ihnen natürlichen[3] – Stoffes, fast wie die Griechen ihre Mythologie behandelt haben. Außer dem Katholicismus kann fast nur Unterordnung unter den Stoff, gezwungene Bewegung ohne Heiterkeit[4] und bloße Subjektivität des Gebrauchs erwartet werden. Ueberhaupt wenn eine Mythologie zum Gebrauch herabgesunken, z. B. der Gebrauch der alten[10] Mythologie in den Modernen[1], so ist dieser, eben weil bloß Gebrauch, bloße Formalität; sie muß nicht auf den Leib passen, wie 〈444〉 ein Kleid, sondern der Leib selbst seyn. Selbst die vollendete Dichtung im Sinn der rein-mystischen Poesie[11] würde eine Absonderung im Dichter, sowie in denen, für welche er dichtet, voraussetzen, sie wäre nie rein, nie aus dem Ganzen der Welt und des Gemüths gegossen. ➢ Volltext.
[37] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. II (1795), 31: So eine herrliche Schöpfung die Messiade in musikalisch[7] poetischer Rücksicht [...] ist, so vieles läßt sie in plastisch[3] poetischer noch zu wünschen übrig, wo man bestimmte und für die Anschauung bestimmte Formen erwartet..
[38] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. II (1795), 436: Auch jetzt ist die Natur[19] noch die einzige Flamme, an der sich der Dichtergeist nähret, aus ihr allein schöpft er seine ganze Macht, zu ihr allein spricht er auch in dem künstlichen, in der Kultur[4] begriffenen Menschen. Jede andere Art zu wirken, ist dem poetischen Geiste[12] fremd[5]; daher, beiläufig zu sagen, alle sogenannten Werke des Witzes[2] ganz mit Unrecht poetisch heißen, ob wir sie gleich lange Zeit[6], durch das Ansehen der französischen Litteratur verleitet, damit vermenget haben. Die Natur[19], sage ich, ist es auch noch jetzt, in dem künstlichen Zustande der Kultur[4], wodurch der Dichtergeist mächtig ist, nur steht er jetzt in einem ganz andern Verhältniß zu derselben..
[39] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102: Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie[1] zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie[1] zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie[1] und poetische Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne[1] Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter[1] mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter[1], für sich allein betrachtet, das Ideal schöner[1] Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[40] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102: Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie und poetische[4] Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne[1] Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter[1] mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter[1], für sich allein betrachtet, das Ideal schöner[1] Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[41] Schiller, an Körner (1. 5. 1797), NA 29, 71: W[ieland] ist beredt und witzig aber unter die Poeten kann man ihn kaum mit mehr Recht zählen als Voltairen und Popen. Er gehört in die löbliche Zeit[3], wo man die Werke des Witzes[2] und des poetischen Genies[2] für Synonima hielt. .
[42] Schiller, an Goethe (19. 7. 1799), NA 30, 72 f. (73): Ich habe mir vor einigen Stunden durch Schlegels Lucinde den Kopf so taumelig gemacht, daß es mir noch nachgeht. Sie müssen dieses Product wundershalber doch ansehen. Es characterisiert seinen Mann, so wie alles Darstellende, beßer als alles was er sonst von sich gegeben, nur daß es ihn mehr ins frazenhafte 〈73〉 mahlt. Auch hier ist das ewig formlose und fragmentarische, und eine höchst seltsame Paarung des Nebulistischen mit dem Characteristischen[2], die Sie nie für möglich gehalten hätten. Da er fühlt, wie schlecht er im poetischen fortkommt, so hat er sich ein Ideal seiner selbst aus der Liebe und dem Witz[2] zusammengesetzt. Er bildet sich ein, eine heiße unendliche Liebesfähigkeit mit einem entsetzlichen Witz[2] zu vereinigen und nachdem er sich so constituiert hat, erlaubt er sich alles, und die Frechheit erklärt er selbst für seine Göttin. | Das Werk ist übrigens nicht ganz durchzulesen, weil einem das hohle Geschwätz gar zu übel macht. Nach den Rodomontaden von Griechheit, und nach der Zeit[6], die Schlegel auf das Studium derselben gewendet, hätte ich gehofft, doch ein klein wenig an die Simplicität und Naivetät der Alten[10] erinnert zu werden, aber diese Schrift ist der Gipfel moderner[1] Unform und Unnatur, man glaubt ein Gemengsel aus Woldemar, aus Sternbald, und aus einem frechen französischen Roman zu lesen..
[43] Schiller, Chor. Trag. (1803), VIII: Durch Einführung einer metrischen Sprache[4] ist man [...] der poetischen[1] Tragödie schon um einen grossen Schritt näher gekommen. Es sind einige lyrische Versuche auf der Schaubühne glücklich durchgegangen, und die Poesie[1] hat sich durch ihre eigene lebendige Kraft, im Einzelnen, manchen Sieg über das herrschende Vorurtheil errungen. Aber mit den einzelnen ist wenig gewonnen, wenn nicht der Irrthum im Ganzen fällt, und es ist nicht genug, daß man das nur als eine poetische[4] Freiheit[17] duldet, was doch das Wesen aller Poesie[1] ist..
[44] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 16: Die poetischen Vorzüge der Sprache[3] lassen sich einteilen 1. in allgemeine, dergleichen sind der Wohlklang, Lebendigkeit, Bildlichkeit, Klarheit, Kürze, Reichtum und Freiheit[1]. 2. in besondere, d. h. ausgezeichnete Anlagen zu einem bestimmten Gebrauche, Würde, Edelheit (Adel[5]), Stärke, Lieblichkeit, Leichtigkeit, Drolligkeit und alle eigentümliche Charaktere[2], insofern sie etwas Poetisches haben..
[45] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 31: Die größten Bequemlichkeiten für die Überwindung der metrischen Schwierigkeiten abgerechnet, die für die Freiheit[5] in einer Sprache[3] dadurch entspringt, erhebt es die Poesie[3], wenn sich ihr Ausdruck so viel als möglich von dem des gewöhnlichen Lebens entfernt [...]. In dieser Rücksicht sind die sogenannten poetischen[4] Freiheiten[17] keine Begünstigung, sondern nach Maßgabe der jeder Gattung erforderlichen Stile ein Gesetz. [...] Folgende sind die vorzüglichsten Arten der Vorrechte, die eine Sprache[3] zu einem freien und kühnen poetischen[5] Stile erheben können: 〈32〉 1. die Fähigkeit, das Materielle der Wörter zum Behufe des Wohlklanges und des Silbenmaßes allerhand Veränderung, Zusammenziehung, Verlängerung, Hineinsetzung (epenthesis) usw. unterwerfen zu können, ohne daß sie dadurch dunkel werden. Diese Biegsamkeit können in einem beträchtlichen Grade fast nur solche Sprachen[3] besitzen, deren Ableitung und Flexionen vielsilbig sind, so die griechische, lateinische italienische; 2. eigentümliche, der Poesie[3] ausschließend gewidmete Flexionen, Konstruktionen und Wörter; für diese pflegen die verschiedenen Dialekte[1] (Stammabsprachen) und das Veraltete in den Sprachen eine Hauptquelle zu sein, welche daher dem Dichter auch niemals verschlossen werden darf..
[46] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 419: Die Lateinische Sprache[3], wiewohl als ein Dialekt[1] des Griechischen zu betrachten, indem das Pelasgische, die Stammsprache des Griechischen ihre Wurzel gewesen zu seyn scheint, entbehrte doch verschiedne Vorzüge desselben, und andre hat sie sich nur durch die fleißigste Cultur[3] zu eigen machen können. Sie hatte keine verschiednen für die Poesie[1] gültigen Dialekte[1], auch keine alten Denkmäler, in welchen ihre poetische Wortformen aufbewahrt worden wären..
[47] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 461 f. (462): Weit reiner [findet sich die Scheidung der Dichtarten] in der antiken[2] Poesie[11], weswegen diese vorzugsweise als Kunst[9] 〈462〉 und classisch[5] erscheint. In der romantischen[12/4] Poesie[11] eine unauflösliche Mischung aller poetischen Elemente. Daher daß man sie verkennt. Die eigentlichen Originalwerke der Neueren[3] ganz übersehen, die schlechten Nachahmungen der Alten[10] als das Wichtigste gepriesen. Keinen Sinn[5] für das Chaos. 〈Auch das Universum bleibt der höhern Ansicht immer noch Chaos.〉 Das Streben nach dem Unendlichen ist in der Romantischen[12/4/11] Poesie[11] nicht bloß im einzelnen Kunstwerke[3] ausgedrückt, sondern im ganzen Gange der Kunst[3]. Gränzenlose Progressivität..
[48] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 709: Die neueren[3] Theoristen haben sich vielfältig mit dem Lehrgedicht herumgeschlagen: einige haben es viel zu wichtig genommen, andre [...] haben es mit Unrecht ganz verworfen und aus dem Gebiet der Poesie[11] verwiesen. Das versteht sich von selbst, daß, wenn man das höchste in ihr sucht, von technischen Lehrgedichten gar nicht die Rede seyn kann; auch leuchtet es sogleich ein, daß das Ganze solcher Werke nicht poetisch[1] ist, sondern nur logisch zusammengehalten wird; dieß verhindert aber nicht die Ächtheit der einzelnen poetischen[4] Elemente, die daran sehr schätzbar seyn können. Die Poesie[11] hat, wie jede andre Kunst[2], ihren Geist[12] und ihren Buchstaben[8]: sollte es nicht erlaubt und vortheilhaft seyn zuweilen auch den Buchstaben[8] isolirt, ohne den Geist[12], zu bearbeiten und auszubilden. Freylich muß es alsdann mit tüchtiger Gründlichkeit und Meisterschaft geschehen [...]..
[49] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 130: Unter den Quellen der romantischen[12] Poesie[11] und ihren früheren Naturproducten haben wir bis jetzt von allem demjenigen geredet, was zusammen die romantische[12] Mythologie ausmacht, und als Stoff einer höheren Ausbildung in andern Formen empfänglich war, wo also besonders Erfindung der Begebenheiten und Geist[12] der Composition im Ganzen in Betracht kam. Hierher gehörten die Rittergedichte, welche nachher zum Teil in Prosa[1] aufgelöst im Druck erschienen [...]. [...] Endlich die eigentliche Volkspoesie der vorigen Jahrhunderte, worunter besonders die Romanze, als reichhaltigen poetischen Stoff in der einfachsten Gestalt darbietend, hervorsticht [...]. Mit dieser kamen wir bis auf ziemlich moderne[8] Zeiten[3] herunter, die [...] schon ziemlich weit über die Epoche der romantischen[12] Kunstpoesie hinübergreifen. Wir müssen jetzt in der Zeit[1] beträchtlich wieder zurückgehn, um auf eine Classe[1] von Dichtern zu kommen, deren Hervorbringungen weniger durch den Inhalt, [...] als durch die Formen Vorbilder für die romantische[12] Kunst[3] geworden sind: ich meyne die Provenzalischen Troubadours..
[50] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 147: Heutiges Tages, wo den meisten Menschen[1] und Nationen[1] die Idee von der organischen[6] Bildung[10] und Construction eines poetischen oder überhaupt Kunstganzen durchaus abhanden gekommen, geht es dem Dante eben, wie andern großen romantischen[12] Dichtern[1] z. B. Shakspeare und Cervantes, denen man eine Auszeichnung zu erweisen glaubt, wenn man sie Stellenweise lobt..
[51] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 273: Die Einheit eines historischen Kunstwerks[2] ist nun unstreitig von derselben Art wie die poetische, nur daß in der Poesie[1] Stoff und Form der schaffenden Fantasie[2] anheim gestellt ist, da hingegen die historische Kunst[2] sich an ein gegebnes anzuschließen hat. Dieß ist es, was ich meynte, wenn ich die Geschichte[4] eine Poesie[1] der Wahrheit nannte, ein Ausdruck den man aus lächerlicher Kurzsichtigkeit und Unwissenheit so lächerlich gefunden hat..
[52] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 304: Nächst dem kommen in Betracht als poetische Figuren die Tropen, oder uneigentlichen Ausdrücke, unter welchen die Metapher[1] die wichtigste und von dem ausgedehntesten Gebrauche ist. Sie ist eine Gleichsetzung verschiedner Bildersphären, und gewährt als solche bedeutende Aufschlüsse über das Wesen der Poesie[8] und den ihr innewohnenden Idealismus..
[53] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
[54] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 346: Was die übrigen neulateinischen Sprachen[3] betrifft, so würde man ihren Charakter[1] in poetischer Hinsicht weit besser genetisch begreifen können, wenn die Denkmäler des Provenzalischen, als welches in so fern wie ihre gemeinschaftliche Mutter angesehen werden kann, erst mehr bekannt wären. Nächst diesem hat sich das Italiänische am frühesten in der Diction und den Formen ausgebildet, und [ist] also wiederum Quelle für die übrigen geworden. Alle haben eine Menge Vorzüge miteinander gemein, und wenn uns die Griechische[2] Sprache[3] das Muster einer vollkommnen Organisation[7] für den strengen und reinen Kunststyl 〈darbietet〉, so finden wir hier die gefälligsten Reize und die größte Lieblichkeit für alle Bezauberungen der romantischen[15/13/3/4] Poesie[11]..
[55] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 358: Überhaupt scheint die Dürftigkeit der Deutschen Gelehrten gegen die Wohlhabenheit der Holländischen, welche einen Theil ihres Vermögens auf literarische Hülfsmittel wenden konnten, und die Nothwendigkeit, ihre meiste Zeit[6] mit dem Unterricht zu verderben, ihren Unternehmungen hinderlich gewesen zu seyn. Indessen hat es in Deutschland von jeher viele gründliche Philologen gegeben. Nur in den neuesten Zeiten[3] sind Versuche gemacht worden, das Studium auf die falsche Bahn zu lenken. Es war Heyne besonders, welcher auf eine Reformation drang, wozu auch die bisherige nicht seltne Anhäufung eines pedantischen Wustes Vorwände genug darbot. Er verlangte, man solle bey Lesung der Classiker gleich auf dasjenige gehen, was zur Bildung[2] des Geistes[14] und Veredlung des Gemüths bey tragen könne. Dieß hatten die älteren Philologen unstreitig auch beabsichtet, allein sie hatten mit gutem Grunde gemeynt, es sey hinreichend den Schülern gründlich den Buchstaben[11] der alten Autoren zu eröffnen, so würde ihnen der Geist[30] schon von selbst aufgehen. Aus der Heyneschen Schule hingegen gingen nun Commentare hervor, worin die Leser unaufhörlich wie mit der Nase auf die poetischen Schönheiten hingestoßen werden, voll von Paraphrasen der Diction in Prosa[1], um zu zeigen durch welche Stufen der Dichter zu einem so gelehrten und künstlichen Schmucke gelangt sey, gleichsam als wenn ein Gedicht wie ein phraseologisches Exercitium nach einem prosaischen[1] Schema ausgearbeitet würde..
[56] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 69: Es fehlt noch an einem Werke, welches die gesamte poetische, künstlerische, wissenschaftliche und gesellige Bildung[5] der Griechen, als ein großes harmonisches Ganzes, als ein wahres Kunstwerk[2] der Natur[2], worin ein wunderwürdiges Ebenmaaß der Theile herrscht, in demselben Geiste[14] schilderte, und ihre zusammenhängende Entwickelung verfolgte, wie Winckelmann es an Einer Seite davon geleistet 〈70〉 hat. Ein Versuch ist zwar gemacht worden in einem populären Buche, das in Aller Händen ist, ich meine die Reise des jungen Anacharsis [sc. Jean-Jacques Barthélémy, Voyage du Jeune Anacharsis en Grèce (Paris 1788).]. Dieß Buch ist von Seiten der Gelehrsamkeit schätzbar und kann sehr nützlich seyn, um Kenntniß der Alterthümer[5] zu verbreiten; aber, ohne noch das Verfehlte der Einkleidung zu rügen, es beweiset mehr guten Willen, den Griechen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, als Fähigkeit in ihren Geist[26] tief einzudringen. In dieser Hinsicht ist vieles nur von der Oberfläche geschöpft, ja nach modernen[1] Ansichten umgekleidet. Es ist nicht die Reise eines jungen Scythen, sondern eines alten[2] Parisers. ➢ Volltext.
[57] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 28 f., Nr. 116: Die romantische[12/14/1/9/4/10/11] Poesie[11] [...] umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten wieder mehre Systeme 〈29〉 in sich enthaltenden Systeme der Kunst[12], bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang. [...] Nur sie kann gleich dem Epos ein Spiegel der ganzen umgebenden Welt, ein Bild des Zeitalters werden. Und doch kann auch sie am meisten zwischen dem Dargestellten und dem Darstellenden, frey[1] von allem realen und idealen Interesse auf den Flügeln der poetischen Reflexion in der Mitte schweben[5], diese Reflexion immer wieder potenziren und wie in einer endlosen Reihe von Spiegeln vervielfachen. ➢ Volltext.
[58] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 58, Nr. 220: Ist aller Witz[2/3/4] Prinzip und Organ[1] der Universalphilosophie, und alle Philosophie nichts andres als der Geist[12] der Universalität, die Wissenschaft aller sich ewig mischenden und wieder trennenden Wissenschaften, eine logische Chemie: so ist der Werth und die Würde jenes absoluten, enthusiastischen, durch und durch materialen Witzes[4], worin Baco und Leibniz, die Häupter der scholastischen Prosa[1], jener einer der ersten, dieser einer der größten Virtuosen war, unendlich. Die wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen sind bonmots der Gattung. Das sind sie durch die überraschende Zufälligkeit ihrer Entstehung, durch das Kombinatorische des Gedankens, und durch das Barokke des hingeworfenen Ausdrucks. Doch sind sie dem Gehalt nach freylich weit mehr als die sich in Nichts auflösende Erwartung des rein poetischen Witzes[4]. Die besten sind echappées de vue ins Unend〈59〉liche. Leibnizens gesammte Philosophie besteht aus wenigen in diesem Sinne witzigen Fragmenten und Projekten. ➢ Volltext.
[59] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 64 f. (65), Nr. 238: Es giebt eine Poesie[11], deren Eins und Alles das Verhältniß des Idealen und des Realen ist, und die also nach der Analogie der philosophischen Kunstsprache Transcendentalpoesie heißen müßte. Sie beginnt als Satire mit der absoluten Verschiedenheit des Idealen und Realen, schwebt[5] als Elegie in der Mitte, und endigt als Idylle mit der absoluten Identität beyder. So wie man aber wenig Werth auf eine Transcendentalphilosophie legen würde, die nicht kritisch[1] wäre, 〈65〉 nicht auch das Producirende mit dem Produkt darstellte, und im System der transcendentalen[2] Gedanken zugleich eine Charakteristik des transcendentalen[1] Denkens enthielte: so sollte wohl auch jene Poesie[11] die in modernen[1] Dichtern[3] nicht seltnen transcendentalen[1] Materialien und Vorübungen zu einer poetischen Theorie des Dichtungsvermögens mit der künstlerischen Reflexion und schönen[2] Selbstbespiegelung, die sich im Pindar, den lyrischen Fragmenten der Griechen, und der alten[10] Elegie, unter den Neuern[5] aber in Goethe findet, vereinigen, und in jeder ihrer Darstellungen sich selbst mit darstellen, und überall zugleich Poesie[11] und Poesie[18] der Poesie[11] seyn. ➢ Volltext.
[60] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 68, Nr. 247: Dante's prophetisches Gedicht ist das einzige System der transcendentalen[1/2] Poesie[11], immer noch das höchste seiner Art. Shakespeare's Universalität ist wie der Mittelpunkt der romantischen[12] Kunst[12]. Goethe's rein poetische Poesie[11] ist die vollständigste Poesie[18] der Poesie[11]. Das ist der große Dreyklang der modernen[1] Poesie[11], der innerste und allerheiligste Kreis unter allen engern und weitern Sphären der kritischen[3] Auswahl der Klassiker[4] der neuern[3] Dichtkunst. ➢ Volltext.
[61] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 129, Nr. 418: [D]er Sternbald vereinigt den Ernst und den Schwung des Lovell mit der künstlerischen Religiosität des Klosterbruders und mit allem was in den poetischen Arabesken, die er aus alten[1] Mährchen gebildet, im Ganzen genommen das Schönste[1] ist: die fantastische[2] Fülle und Leichtigkeit, der Sinn[5] für Ironie[3], und besonders die absichtliche Verschiedenheit und Einheit des Kolorits. Auch hier ist alles klar und transparent, und der romantische[4/12/1/9] Geist[11/12?] scheint angenehm über sich selbst zu fantasiren. ➢ Volltext.
[62] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 71: Sonach scheint es besonders zwei Hauptdialekte dieser ältesten romantischen[15] Sprache[3] gegeben zu haben, wenigstens für den poetischen Gebrauch; den provenzalischen und den catalonischen Dialekt.
[63] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 214: Dieses poetische Meisterstück hat Seyffert unter allen Tonkünstlern unstreitig am besten getroffen. Die goldene Schale der Kritik[2], die den Dichter[1] und Musiker abwägen wollte, würde gewiß hier im Gleichgewicht schweben[5]. Er verstand seinen Dichter[1] so ganz, als man ihn nur verstehen kann..
[64] Temme, Volkssag. Pomm. (1840), III: Die Sage lebt in und mit dem Volke[1]; sie gehört zu dem romantischen[7] Theile seines Lebens, den es mit einem eigenthümlichen poetischen Kleide umgeben hat..
[65] L. Tieck, an Wackenroder (28. 12. 1792), VL 2, 107: Vertiefe Dich übrigens ja nicht zu sehr in die Poesie[11] des Mittelalters, es ist so ein erstaunliches Feld von Schönheit[3] vor uns, ganz Europa und Asien und vorzüglich das alte[10] Griechenland und das neue[5] England, daß ich fast verzweifle, mich je an diese Nachklänge der Provencalen zu wagen. Vergiß ja über das angenehme das wahre schöne[1] nicht. Soviel ich die Minnesänger kenne, herrscht auch eine erstaunliche Einförmigkeit in allen ihren Ideen, es ist überhaupt schon gar keine Empfehlung für den poetischen Geist[20] dieses Zeitalters, daß es nur diese eine Art von Gedichten gab, nur diesen Zirkel von Empfindungen, in denen sich jeder wieder mit mehr oder weniger Glück herumdrehte..
[66] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. I (1837–42), 124: Gegen den Reiz dieser jüngeren Mädchen war ich genug befestigt [...]. Mein Sinn[10] war auf romantischen[7], poetischen[1/4] Austausch, auf geistig gesteigertes Verhältnis gewandt, und mein Herz wollte sich nicht entzünden lassen, außer mit Beihülfe literarischer Glut [...]..
[67] Wackenroder, an L. Tieck (11. 12. 1792), VL 2, 96 f. (97): Du hast vielleicht schon aus meiner neulichen Anführung aus einem altdeutschen Gedichte, ersehen, womit ich mich jetzt beschäftige. Ich höre beym Prediger Koch, der in der That ein äußerst gelehrter, kenntniß〈97〉reicher u[nd] eifrigthätiger Mann ist, ein Kolleg[ium] über die allg[e]m[eine] Litteratur-Geschichte, vornehml[ich] über die schönen[1] Wiss[enschaften] unter den Deutschen. Da hab' ich denn manche sehr interressante[1] Bekanntschaft mit altdeutschen Dichtern gemacht, u[nd] gesehn, daß dies Studium, mit einigem Geist[20] betrieben, sehr viel anziehendes hat. Ich habe mir auch einige Stücke abgeschrieben; u[nd] schmeichle mir jetzt öfters mit der (wenn auch kindischen, doch ergötzenden) Hoffnung, einmal in dem Winkel mancher Bibliothek, Entdeckungen in diesem Fach zu machen, oder wenigstens es durch kleine Aufklärungen zu erweitern. Schon Sprache[3], Etymologie, u[nd] Wortverwandtschaften, (besonders auch das Wohlklingende der alten[11] Ostfränk[ischen] Sprache[3]) machen das Lesen jener alten[11] Ueberbleibsel interressant[1]. Aber auch davon abstrahirt, findet man viel Genie[5] u[nd] poet[ischen] Geist[27] darin. .
[68] Wackenroder, an L. Tieck (11.–14. 1. 1793), VL 2, 122: Die Minnesinger sind, so viel ich sie kenne, freil[ich] einförmig. – Die Beobachtungen für die alte[11] Sprache[3], u[nd] ihre Verwandtschaft mit der neuern[9], sind auch oft interressanter[1] als das poetische Verdienst. Aber dies sucht man doch sehr oft nicht vergebl[ich]. Sehn wir uns, so kann ich Dir manches Schöne[1] aus dem Heldenbuche mittheilen, das ich itzt gelesen habe..
[69] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 184 f. (185): Goethe vergleicht [...] sehr richtig die französische Sprache[3] mit ausgeprägter Scheidemünze, die jeder in der Tasche bei sich trägt und der er sich auf das schnellste im Handel und Wandel bedienen kann, die deutsche aber mit einer Goldbarre, die sich ein jeder erst münzen und prägen muß; woher es auch ein gewöhnlicher Fall, daß der gemeinste Franzose rasch und fließend spricht, da er seine Wörter[1] ungezählt nur so ausgibt, der Deutsche aber, selbst der gebildete, sich nur selten so rund und voll auszudrücken vermag, als er wohl wünscht. Demselben Umstande hat die französische Prosa[1] ihre Vollkommenheit zu verdanken und sie, die Prosa[1], ist es vor allen Dingen, was den Ruhm und auch den Wert der französischen Literatur gegründet hat, obwohl darüber noch 〈185〉 manche im unklaren sind und die französische Poesie[3], die Trauerspiele eines Corneille, Racine, die gereimten Lustspiele eines Moliere, die Henriade eines Voltaire usw. für die einflußreichsten und am meisten klassischen[3] Produkte der französischen Literatur erachten. Ich weiß nicht, ob die Franzosen ein rein poetisches Produkt zustande gebracht haben, ich wüßte keins, wo nicht der Redner den Poeten überwöge oder wenigstens ihm den Rang abzulaufen versuchte; selbst in der neuesten[3/7] romantischen[14] Schule, an deren Spitze Viktor Hugo steht, und die ohne Zweifel an poetischem Gehalt die altfranzösisch klassische[4/8?] überflügelt, spielt die Rhetorik, die Floskelei, die Tiradensucht die Hauptrolle..
!
1803–04), KAV 3, 330: Als Kirchensprache erhielt es [Latein] eine eigne geistliche[
1]
Poesie[
11]
, von der ich darthun zu können glaube, daß sie etwas weit höheres leistete, als je die classische[
4/
5]
der Lateiner konnte, welche doch im Ganzen nur poetische
Schulübung war, statt daß hier die Begeisterung einer ursprünglichen Anschauung weht.[2] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 292 f. (293): Aber Aristophanes 〈293〉 muthete seinen Zuhörern auch viel poetische Kunstbildung zu, sie mußten besonders die tragischen Meisterwerke fast wörtlich im Gedächtnisse bewahren, um seine Parodien zu verstehen. Und welche rege Geistesgegenwart gehörte dazu, die leiseste und verwickeltste Ironie[1], die unerwartetsten Einfälle, die fremdesten Anspielungen, die oft nur durch Umbiegung einer Sylbe angedeutet sind, im Vorübergehen zu erhaschen! Wir mögen dreist annehmen, daß trotz aller auf uns gekommenen Erklärungen, trotz aller angehäuften Gelehrsamkeit, noch die Hälfte vom Witz[4] des Aristophanes für uns verlohren geht.
➢ Volltext
[3] F. Schlegel, Lyc.-Fragm. (1797), 166, Nr. 120: Wer Göthe's Meister gehörig charakterisirte, der hätte damit wohl eigentlich gesagt, was es jetzt an der Zeit ist in der Poesie[1]. Er dürfte sich, was poetische Kritik[2] betrifft, immer zur Ruhe setzen. ➢ Volltext
[4] Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (21793), 678: Opitz gebraucht Bach Ein Mahl für Wasser, welche sonst ungewöhnliche Figur wohl nur eine poetische Freyheit[17] ist [...]..
[5] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 48: Die Reihe von Kunstwerken[2] einer Nation[1] sind [...] ihre reinste Geschichte[7] und unter diesen sind es wieder die Produkte der Poesie[1], welche sie am kräftigsten ausdrücken, weil sie es am individuellsten thun. – Wie herrlich und groß von dieser Seite das Sprachstudium erscheine, darf ich wohl nicht erst weitläuftig auseinandersetzen. Es ist vielmehr klar, daß ich durch eine Erlernung der Sprache[3], und durch ein Studium der poetischen Kunstwerke[2] einer jeden Nation[1], eigentlich zum Mitgliede dieser Nation[1] selbst werde. ➢ Volltext.
[6] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 64: Es erhellt [...] ganz deutlich, daß die Dichtersprache doch nur Organ[1], obgleich nothwendiges der Poesie[1], nicht sie selbst sei, daß die Sprache[4] daher allerdings einen sehr hohen Werth habe, aber immer eine Nebensache, und der poetischen Idee unterworfen sei. Wenn daher manche die Sprache[4] und deren Correktheit, das heißt in der Poesie[1], die Uebereinstimmung mit der sanctionirten Dichtersprache zur Hauptsache erhoben, und Licenzen als 〈65〉 Sprachfehler behandelt haben, so beruht dies auf einer unrichtigen Ansicht der Dichtkunst. ➢ Volltext.
[7] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 229: In der Erzählung findet der historische Styl, und zwar der der reinen Geschichte[7] statt. Allein dies ist nur die äusserliche Erscheinung, denn das Faktum und die Realität wird hier schon, als durch die Individualität des Redners gebrochen dargestellt, und in der That hat man hier eine rhetorisirte Geschichte[7]. Die Sprachdarstellung ist demnach sehr einfach und kalt, und sie bleibt es auch in dem über das Faktum angestellten Raisonnement. Dies ist die Region in welcher die Subordinationen und Coordinationen der Ideen geschehen, in welcher alle Operationen und Figuren des Verstandes vorkommen, nur daß da das Hauptstreben poetisch ist, und die philosophischen Ideen selbst in der Realität und der anschaulichen Sphäre liegen, die Poesie[22] dieselben verkleidet, den strengen Ernst derselben mildert, und daß ich es mit 〈230〉 einem Worte[2] ausdrücke, diese Region zu dem Punkte macht, in welchem die Figuren des Verstandes in die imaginativen übergehen, eine Sache, welche auch im philosophischen Gespräch vorkommt, obgleich seltener. Hier treten eine Reihe von rednerischen Verstandesfiguren auf, und zwar besonders solche, welche in der strengen Verstandesdarstellung kein großes Gewicht haben, als Analogie, Induction und Bewelse apagogischer Art, sodann alle Figuren der Modalität, die Ironie[1], der Zweifel, der Einwurf und andere. ➢ Volltext.
[8] A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 396: Die Verknüpfung zweier Sprachsphären, welche gleichtönen, wobei aber eine bestimmte Betrachtung der Bedeutung beider vorkommt, heißt ein Wortspiel, und dieses ist die Fundamentalfigur aller übrigen musikalisch[3]-poetischen Sprachfiguren. Das Wortspiel ist der Witz[4] der Sprache[1], und an seiner Vortrefflichkeit kann nur der zweifeln, der überhaupt damit unbekannt ist, was der Witz[4] sei und bedeute, und vielleicht den ärmlichen Begriff[1] mit sich herumträgt: daß er nur ein Zeitvertreib, und die untergeordnete, unbedeutendere, heitere[5] Wahrheit sei. Allein weit entfernt diese geringe Gattung des Witzes[4] für sein Wesen zu halten; muß man vielmehr die Sache gradezu umkehren, und das Wesen der Wahrheit darin setzen, daß sie Witz[4] sey. ➢ Volltext.
[9] Börne, Brf. Paris I (1832), 77 f. (78): Victor Hugo's Hernani habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Es ist wahr, daß ich Werke solcher Art bei einem französischen Dichter nach ganz andern Grundsätzen beurtheile, als ich es bei einem deutschen Dichter thue. Das Ding an sich kümmert mich da gar nicht; sondern ich betrachte es blos in seiner Verbindung, das heißt bei roman〈78〉tischen[14] poetischen Werken, in seinem Gegensatze mit der französischen Nationalität. Also je toller, je besser; denn die romantische[14] Poesie[1] ist den Franzosen nicht wegen ihres schaffenden, sondern wegen ihres zerstörenden Prinzips heilsam. Es ist eine Freude, zu sehen, wie die emsigen Romantiker[3] alles anzünden und niederreißen und große Karren voll Regeln und klassischem[8] Schutte vom Brandplatze wegführen..
[10] Börne, Brf. Paris I (1832), 80: Was doch das Glück übermüthig macht! Diese jungen Leute jammern und verwünschen sich das Leben, weil einige poetische Absolutisten nicht haben wollen, daß sie romantisch[4] sind: Absolutisten, die doch keine andern Waffen haben als die Feder und den Spott, welchem man gleiche Waffen entgegensetzen kann – und wir unglückseligen Deutschen, Alt und Jung, sobald wir nur einen Augenblick aufhören romantisch[7] zu seyn und uns um die Wirklichkeit bekümmern wollen, werden gescholten wie Schulbuben, geprügelt wie Hunde und müssen schweigen[1] und dürfen uns nicht rühren! | – Der Bundestag, wie ich höre, will in Deutschland die Preßfreiheit beschränken. Wie sie das aber anfangen wollen, möchte ich wissen. Wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren..
[11] Brentano, Godwi I (1801), 5 f. (6): Du holde Dreieinigkeit stehst [...] nicht hier, meinem nachlässigen Buche einen schönen[6] Vorredner zu geben, auch steht mein Buch eben so wenig wie eine 〈6〉 üble Nachrede hinter deinem guten und lieben Namen, noch weniger soll mit den wenigen guten Gedanken darinn dir eine spärliche Ehre erwiesen werden. Nein, wie drei gute Feen stelle ich euch hierher an die Wiege meiner jüngsten Thorheiten (denn das Buch ist schon ein Jahr alt), damit ich in eurer Miene das Schicksal meines Buchs [...] ergründen möge. Am meisten aber verführte mich meine große Sehnsucht dazu, eine von euch dreien Du zu nennen, was ich öffentlich nur unter dem Verluste meiner ewigen Freiheit[5] erlangen könnte, und hier in meiner poetischen Freiheit[9] mit Recht nach Herzenslust darf..
[12] Ditters v. Dittersdorf [Spazier], Lebensbeschr. (1801), 10: Was den Dittersdorfschen Theaterstücken allenfalls hin und wieder an der höhern, innigern Wahrheit der Deklamation (dem eigentlich Poetischen) und mitunter in Absicht der korrekten Bearbeitung des Textes abgeht, wie sie die strengere Kritik[8] von jedem musikalischen[2] Gesangstücke, das auf Vollendung Anspruch machen will, unerläßlich fordert, das wird von der andern Seite wieder durch so manche Schönheit[3] des deklamatorisch-theatralischen Ausdrucks, durch den Glanz des Orchesterspiels, das eben nicht in Überladung verfällt, durch Gründlichkeit im Satze, der bisweilen vernachlässigter 〈11〉 scheint, als er ist, weil er nur etwas leer gehalten ist, und vor allen Dingen durch schönen fließenden Gesang ersetzt [...]..
[13] Eichendorff, Dicht. u. Ges. (1834), 26: Es freut mich [...], daß Sie Victors poetische Erscheinung so hoch halten..
[14] G. Forster, Reise u. d. Welt I (1778), 226: Bey diesem alten[2] ehrwürdigen Paare, das uns bey Tisch bediente, hätten wir auf eine poetische 〈227〉 Weise vergessen mögen, daß wir Menschen[1] wären und auf den Gedanken kommen können, daß wir als Götter[4] von Philemon und Baucis bewirthet würden[.].
[15] Goethe, Symbolik (*1805), WA II, 11, 167: Durch Worte[1] sprechen wir weder die Gegenstände noch uns selbst völlig aus. | Durch die Sprache[1] entsteht gleichsam eine neue Welt, die aus Nothwendigem und Zufälligem besteht. | Verba valent sicut numi. Aber es ist ein Unterschied unter dem Gelde. Es gibt goldne, silberne, kupferne Münzen und auch Papiergeld. In den erstern ist mehr oder weniger Realität, in dem letzten nur Convention. | Im gemeinen Leben kommen wir mit der Sprache[1] nothdürftig fort, weil wir nur oberflächliche Verhältnisse bezeichnen. Sobald von tiefern Verhältnissen die Rede ist, tritt sogleich eine andre Sprache[3] ein, die poetische. | Indem wir von innern Verhältnissen der Natur[2] sprechen wollen, bedürfen wir gar mancherlei Bezeichnungsweisen. | Ich erwähne hier [...]: | Symbole, | 1. die mit dem Gegenstand physisch-real-identisch sind, [...] 〈168〉 [...] | 2. Die mit dem Gegenstande ästhetisch-ideal-identisch sind. Hieher gehören alle guten Gleichnisse, wobei man sich nur vor dem Witz[2] zu hüten hat, welcher nicht das Verwandte aufsucht; sondern das Unverwandte scheinbar annähert..
[16] Goethe, Not. u. Abhdlg. (1829), WA I, 7, 116: Diese Benennung und Eintheilung hat freilich Beifall und Platz gewonnen, weil höchst schätzenswerthe Bücher sie an der Stirne tragen, und schwer möchte man sich derselben sobald entwöhnen. Ein solches Verfahren kommt aber daher, weil man, bei Classification der Künste[10], den Künstler nicht zu Rathe zieht. Dem Literator kommen die poetischen Werke zuerst als Buchstaben[8] in die Hand, sie liegen als Bücher vor ihm, die er aufzustellen und zu ordnen berufen ist..
[17] v. d. Hagen, Vorr. Nibel. (1810), IX: Zusammenziehung oder Trennung der einzelen Wörter[1]. Hiebei gilt hauptsächlich der Grundsatz: verbunden werden alle, auch deßhalb so genannte untrennbare, für sich keinen vollen Sinn[1] gebende Wörtchen, ferner, aus ähnlichem Grunde, alle Zusammensetzungen mit Vorwörtern, so wie die nicht durch Biegung des einen oder andern Wortes[1] vermittelten, sondern durch den Sinn[1] zu Einem Begriff[1] und Anschauung, folglich auch Wort[1] verschmelzenden, poetischen Zusammensetzungen; hingegen, wo die Zusammensetzung sich in eine Konstrukzion auflösen läßt, und wo das Vorwort mit vollerem Sinne[1] als Nebenwort steht, findet Trennung statt..
[18] Hegel, Solger (1828), W 11, 213 f. (214): Es ist vorhin des vortrefflichen Unsinns und der herrlichen Albernheit erwähnt worden, und wohl gibt es noch Verehrer Shakespeares, die aus dem ästhetischen Enthusiasmus für Korporal Nym und Leutnant Pistol nicht 〈214〉 herauskommen können. So machte sich denn von selbst in den eigenen Produktionen Gehalt und Inhalt nüchtern, dünn, ohne Ernst; er wurde absichtlich aufgeopfert, um ins Leere zu verschweben und mit Bewußtsein, ironischer[3]weise, die innere Wahrheitslosigkeit des Stoffes für das Beste auszugeben. Einerseits sahen wir die Theorie von der Poesie[11] der Poesie[11], andererseits den Kreis von Poeten sich bilden, die es darauf anlegten, sich gegenseitig und das Publikum[3] mit den morgenrötlichen Produkten der neuen poetischen Poesie[11], mit einer kometarischen Welt aus Duft und Klang ohne Kern zu mystifizieren. Für diese ironische[3] Sublimation zur Inhaltslosigkeit und Sehnsucht liegt die lyrische Form ganz nahe und macht sich gleichsam von selbst, denn das Spiel im wirklichkeitslosen Tönen des hohlen Geistes[19] ist für Vers und Reim nicht durch den Inhalt geniert. Im dramatischen Fache kann Wirklichkeit, Charakter[3] und Handlung[3] nicht entbehrt werden; die innere Nichtigkeit, welche von der Theorie der Ironie[3] gefordert wird, führt hier auf dasjenige, worauf die Mittelmäßigkeit von selbst gerät, – Charakterlosigkeit, Inkonsequenz und Zufälligkeit, aufgespreizte Nüchternheit; die Theorie fügt nur dies hinzu, daß die Mittelmäßigkeit auch mit der Maxime der Haltungslosigkeit und Halbheit produziert..
[19] Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 207 f. (208): Bei diesem Gegensatze des Ideals und der Natur[19] hat man nun also die eine Kunst[10] mehr als die andre im Sinne gehabt, hauptsächlich aber die Malerei, deren Sphäre gerade die anschauliche Besonderheit ist. Wir wollen deshalb die Frage in Betreff dieses Gegensatzes allgemeiner so stellen: soll die Kunst[10] Poesie[14] oder Prosa[4] seyn? Denn das ächt Poetische[1] in der Kunst[10] ist eben das, 〈208〉 was wir Ideal nannten. Kommt es auf den bloßen Namen Ideal an, so ließe sich derselbe leicht aufgeben. Dann entsteht aber die Frage, was ist denn Poesie[14] und was ist Prosa[4] in der Kunst[10]? Obschon auch das Festhalten des an sich selbst Poetischen[1/4] in Bezug auf bestimmte Künste[10] zu Abirrungen führen kann und bereits geführt hat, insofern was der Poesie[11] ausdrücklich und näher der lyrischen etwa angehört, auch durch die Malerei, weil solch ein Inhalt denn doch gewiß poetischer[1] Art sey, dargestellt worden ist. Die jetzige Kunstausstellung (1828) z. B. enthält mehrere Gemälde, alle aus ein und derselben (der sogenannten Düsseldorfer) Schule, welche sämmtlich Sujets aus der Poesie[11] und zwar aus der nur als Empfindung darstellbaren Seite der Poesie[11] entlehnt haben. Sieht man diese Gemälde öfter und genauer an, so erscheinen sie bald genug als süß und fade. ➢ Volltext.
[20] Herder, Krit. Wäld. II (1769), 195: Die Ekloge soll blos poetisches Exercitium, soll ganz ohne die geringste lebendige Anspielung, Corydon und Alexis sollen ganz romantische[1] Wesen seyn [...]..
[21] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. III (1835), 433: Die Neigung zu rhetorischer Ausbildung des poetischen Talentes ward noch vorherrschender während des siebenzehnten Jahrhunderts, dessen dichterische Erzeugnisse sich durch ein entschiedenes Streben nach Correktheit und Eleganz auszeichnen [...], und diese Richtung blieb auch, obwohl das eigentliche Wesen der Poesie[11] sehr darunter litt, in der folgenden Zeit vorherschend, wo es durch Alexander Pope [...], einen eigentlich mehr geistreich als originell zu nennenden Dichter, der aber unbedingt als der correkteste Autor zu betrachten ist, welchen England aufzuweisen hat, die höchste Stufe erreichte. Es war in Hinsicht auf die Form eine wahrhaft klassische[3] Zeit[3] für die englische 〈434〉 schöne Literatur [...]..
[22] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470: Romanticismus. Die Bildung[10] dieses Wortes[1] ist ein Fund der neuesten[3] Zeit[5], hervorgerufen durch die poetischen Erzeugnisse der neueren[3] Franzosen, als deren Chorführer Victor Hugo, Balzac, Eugen Sue, Jules Janin etc. zu nennen sind..
[23] W. v. Humboldt, Rez. Jacobi (1794), 819: Vertraut mit dem Wesen der poetischen Kunst[2], weiß er, auch was völlig subjectiv scheint, noch an die nothwendigen Bedingungen der menschlichen Natur[1] anzuknüpfen; mit kluger Vorsicht läßt er jede neue[1] Wendung des Charakters[7] so vollständig vorbereiten, und so lange verweilen, und mit meisterhaftem Talent versucht er durch eine schöne[1], an mehr als Einer Stelle hinreißende Sprache[4] den Leser so in sein Interesse zu verweben, daß sein Gefühl in die gleiche Stimmung übergeht..
[24] W. v. Humboldt, Schiller (1830), GS I, 6.2, 520: Jede grosse poetische Arbeit fordert eine Stimmung und Sammlung des Gemüths, die Schiller, als er nach Jena zurückkehrte, seit Jahren vermisste. Zum Theil lag die Schuld davon wohl in dem Plane zum Wallenstein, den er lange bei sich trug, ehe er wirklich Hand an die Arbeit legte. Dieser Stoff war in seinem Umfange zu gewaltig, und, seiner Beschaffenheit nach, zu spröde, um nicht der grössesten Zurüstungen vor seiner Ausführung zu bedürfen. Wer dies Gedicht richtig zu würdigen versteht, wird erkennen, dass es eine wahre poetische Riesenarbeit ist; selbst Schiller's formender Geist[20] vermochte diesen weit ausgreifenden Stoff doch nur in drei zusammenhängenden Studien zu bezwingen. Allein auch die Forderungen, welche Schiller an seine theatralischen Werke machte, hatten sich gesteigert, da das schöpferische Genie[2] augenblicklich feierte, trat desto geschäftiger die richtende Kritik[2], und nicht ohne Besorgnisse, an ihre Stelle..
[25] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 19: In Rücksicht der nachzuahmenden Form stehen die poetischen Materialisten im ewigen Widerspruch mit sich und der Kunst[8] und der Natur[2] [...]. Denn sie erlauben wirklich den Versfuß auch in größter und jeder Leidenschaft [...] – und im Sturme des Affekts höchsten Wohllaut und einigen starken Bilderglanz der Sprache[4] [...] 〈20〉 [...] – dann die Götter[5] und Wunder des Epos und der Oper [...] – im Homer die langen Mordpredigten der Helden vor dem Morde [...] – in Don Quixotte einen romantischen[7] Wahnsinn, der unmöglich ist – [...] in Thümmel und andern den Eintritt von Oden ins Gespräch und noch das übrige Zahllose..
[26] Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 22: Denn wie das organische[3] Reich das mechanische aufgreift, umgestaltet und beherrschet und knüpft, so übt die poetische[4/1/3] Welt dieselbe Kraft an der wirklichen und das Geisterreich am Körperreich. Daher wundert uns in der Poesie[11/15/14] nicht ein Wunder, sondern es giebt da keines, ausgenommen die Gemeinheit. Daher ist – bey gleichgesetzter Vortrefflichkeit – die poetische[4/1/3] Stimmung auf derselben Höhe, ob sie ein ächtes Lustspiel oder ein ächtes Trauerspiel, sogar dieses mit romantischen[2/4] Wundern aufthut [...]..
[27] Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (1804), 458: Für das Ohr[3] sammelte unsere Sprache[3] einen Schatz fast in allen Thierkehlen; aber unsere poetische Phantasie[19] wird schwer eine akustische, Auge und Ohr[3] stehen in abgekehrten Winkel-Richtungen in die Welt. Daher muß man musikalische[1] Metaphern[1], um mit 〈459〉 ihnen etwas auszurichten, vorher in optische verkörpern, wie denn schon die eigentlichen Ausdrücke hoher, tiefer Ton das Auge ansprechen. Sagt man z. B. die Erinnerung im Greise ist ein leises Tönen und Verklingen aus den vorigen Jahren: so stellet sich dieß bei weitem nicht so freiwillig dem Einbilden dar, als wenn man sagt: diese Erinnerung ist ein entfernter Ton, der aus dunkeln tiefliegenden Tälern herauf geht. Kurz, wir hören besser einen fernen als einen leisen Ton, einen nahen als einen starken, das Auge ist das Hörrohr der akustischen Phantasie[19]..
[28] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 85: In dem Maße, als der einzelne Redner nach der Fülle seines Gegenstandes strebt, wird auch seine Rede rythmischer, seine Prosa[1] nähert sich der Poesie[3], nicht etwa indem sie sich poetischer[4] Mittel, Bilder oder gar, wie es mitunter schlechte Prediger auf der Kanzel versucht haben, der Verse und des Reims bedient, sie wird nicht etwa zu dem ekelhaften Zwitter, den man poetische[6] Prosa[1] genannt hat und die mit den weibischen Männern zu vergleichen seyn möchte, sondern wie der recht männliche Mann im Umgang mit Frauen[1] durch das Gesetz der Schönheit[1], durch die Sitte gedämpft und veredelt wird, so wird der wahre Redner durch den Umgang mit der Poesie[3/4], durch das Leben in ihrem Elemente, durch Aufenthalt als Gast in jener göttlichen Region, die sie immerwährend bewohnt, kurz 〈86〉 durch den Einfluß des wahren Geschmacks, der im Gebiete der Poesie[3/4] einheimisch ist, auf gewisse Weise verklärt, beruhigt: seine Rede wird, obwohl auf ganz andre eigenthümliche, männliche Weise, rythmisch und vollendet..
[29] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 121: Wir haben die rhetorische Poesie[1], die wesentlich auf unser Gebiet gehört, mit herübergenommen; dafür geben wir der Poesie[1], was ihr gehört, die poetische Beredsamkeit, nämlich jene Meisterwerke zurück, welche durch eine äußere prosaische[1] Form unsre rhetorische Betrachtung herauszufordern scheinen wie Don Quixote und Wilhelm Meister, aber durch alle ihre inneren Eigenschaften, ihre Absichtlosigkeit, ihre Freiheit[11/14], ihre Ironie[3], ihren poetischen Bau, in jene Sphäre gehören [...]..
[30] A. Müller, Beredsamk. (!1812; 1816), 164: [W]ie viele Ungerechtigkeit ist begangen worden, da man [...] von dem Ideal einer gewissen gleichförmigen klassischen[5] Schreibart ausgehend, die romantischen[4] Spiele der poetischen Feder nicht für wahre Kunst[2] der Rede und für Stil hat gelten lassen wollen; und andrerseits den Ernst des praktischen Lebens, wie er sich in den schriftlichen Verhandlungen der Bürger und der Völker[1] und der Wissenschaften ausdrückte, neben der poetischen Feder überhaupt für keine Feder anerkennen wollte..
[31] Novalis, Blüthenstaub (1798), 86, Nr. 56: Der wahre Brief[1] ist seiner Natur[1] nach poetisch. ➢ Volltext.
[32] Novalis, Blüthenstaub (1798), 88, Nr. 68: Eine Übersetzung ist entweder grammatisch, oder verändernd, oder mythisch. Mythische Übersetzungen sind Übersetzungen im höchsten Styl. Sie stellen den reinen, vollendeten Karakter[1] des individuellen Kunstwerks dar. Sie geben uns nicht das wirkliche Kunstwerk, sondern das Ideal desselben. Noch existirt wie ich glaube, kein ganzes Muster derselben. Im Geist[12] mancher Kritiken[5] und Beschreibungen von Kunstwerken trifft man aber helle Spuren davon. Es gehört ein Kopf dazu, in dem sich poetischer Geist[14] und philosophischer Geist[14] in ihrer ganzen Fülle durchdrungen ha〈89〉ben. Die griechische[2] Mythologie ist zum Theil eine solche Übersetzung einer Nazionalreligion. Auch die moderne[1] Madonna ist ein solcher Mythus. ➢ Volltext.
[33] Novalis, Blüthenstaub (1798), 90, Nr. 70: Unsere Sprache[4] ist entweder mechanisch, atomistisch oder dynamisch. Die ächt poetische Sprache[4] soll aber organisch[6], lebendig seyn. Wie oft fühlt man die Armuth an Worten[1], um mehre Ideen mit Einem Schlage zu treffen.
➢ Volltext
.[34] Schelling, Philos. d. Erf. (1798), SW I, 1, 471: Was nicht progressiv[3] ist, ist kein Objekt der Geschichte[4]. | Der Begriff[1] von progressiv[3] aber muß genauer bestimmt werden. Der Mechanismus z. B. ist, obgleich eine Folge von Handlungen in ihm stattfindet, nicht progressiv[3], weil diese Handlungen im Kreise gehen, wo dann jeder solcher Cyklus von Handlungen nur Einer (immer wiederholten) Handlung gleichgerechnet werden kann. – So gibt es aus demselben Grunde auch keine Geschichte[1] der Thiere[1], als nur im uneigentlichsten Sinn. Erstens keine Geschichte[1] des einzelnen Thiers[1] (als solchen). Denn es ist eingeschlossen in einem Cirkel von Handlungen, über den es nie hinaustritt; was es ist, ist es auf immer, was es seyn wird, ist ihm durch Gesetze eines höhern zwar, aber doch unverbrüchlichen, Mechanismus vorgezeichnet. Dem Menschen[1] aber ist seine Geschichte[1] nicht vorgezeichnet, er kann und soll seine Geschichte[1] sich selbst machen; denn das eben ist der Charakter[1] des Menschen[1], daß seine Geschichte[1], obgleich sie in praktischer Hinsicht planmäßig seyn soll, doch (eben deßwegen) in theoretischer Rücksicht es nicht seyn kann. – Analogisch nur spricht man von einer Geschichte[1] solcher Thiere[1], in denen 〈471〉 Kunsttrieb ist, z. B. von einer Geschichte[1] des Bibers, der Bienen u. s. w., weil man an ihrer produktiven Arbeitsamkeit ein Analogon von Freiheit[10] wahrzunehmen glaubt, obgleich auch das Täuschung ist, weil, wenn wir den innern Mechanismus der organischen[2] Kräfte eines solchen Thiers[1] einsehen könnten, alle Zufälligkeit jener Produkte verschwinden würde – (vom Gedicht, das auf ächt poetische Art entstanden ist, muß keine Geschichte[1] möglich seyn). .
[35] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 419: Wer unsere Behauptung von der griechischen[2] Mythologie als einem Werk der Natur[2] so verstehen wollte, als wäre sie es auf eine eben so blinde Weise, als es die Hervorbringungen des Kunsttriebs der Thiere[1] sind, würde sie freilich ganz roh verstehen. Aber nicht weniger würde derjenige von der Wahrheit abirren, der sie als ein Werk absolut-poetischer Freiheit[5] denken wollte. ➢ Volltext.
[36] Schelling, Philos. d. Kunst (!1803–04), SW I, 5, 443: Nur der Katholicismus lebte in einer mythologischen Welt. Daher die Heiterkeit[4] der poetischen Werke, die in dem Katholicismus selbst entsprungen sind, die Leichtigkeit und Freiheit[13] der Behandlung dieses – ihnen natürlichen[3] – Stoffes, fast wie die Griechen ihre Mythologie behandelt haben. Außer dem Katholicismus kann fast nur Unterordnung unter den Stoff, gezwungene Bewegung ohne Heiterkeit[4] und bloße Subjektivität des Gebrauchs erwartet werden. Ueberhaupt wenn eine Mythologie zum Gebrauch herabgesunken, z. B. der Gebrauch der alten[10] Mythologie in den Modernen[1], so ist dieser, eben weil bloß Gebrauch, bloße Formalität; sie muß nicht auf den Leib passen, wie 〈444〉 ein Kleid, sondern der Leib selbst seyn. Selbst die vollendete Dichtung im Sinn der rein-mystischen Poesie[11] würde eine Absonderung im Dichter, sowie in denen, für welche er dichtet, voraussetzen, sie wäre nie rein, nie aus dem Ganzen der Welt und des Gemüths gegossen. ➢ Volltext.
[37] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. II (1795), 31: So eine herrliche Schöpfung die Messiade in musikalisch[7] poetischer Rücksicht [...] ist, so vieles läßt sie in plastisch[3] poetischer noch zu wünschen übrig, wo man bestimmte und für die Anschauung bestimmte Formen erwartet..
[38] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. II (1795), 436: Auch jetzt ist die Natur[19] noch die einzige Flamme, an der sich der Dichtergeist nähret, aus ihr allein schöpft er seine ganze Macht, zu ihr allein spricht er auch in dem künstlichen, in der Kultur[4] begriffenen Menschen. Jede andere Art zu wirken, ist dem poetischen Geiste[12] fremd[5]; daher, beiläufig zu sagen, alle sogenannten Werke des Witzes[2] ganz mit Unrecht poetisch heißen, ob wir sie gleich lange Zeit[6], durch das Ansehen der französischen Litteratur verleitet, damit vermenget haben. Die Natur[19], sage ich, ist es auch noch jetzt, in dem künstlichen Zustande der Kultur[4], wodurch der Dichtergeist mächtig ist, nur steht er jetzt in einem ganz andern Verhältniß zu derselben..
[39] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102: Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie[1] zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie[1] zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie[1] und poetische Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne[1] Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter[1] mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter[1], für sich allein betrachtet, das Ideal schöner[1] Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[40] Schiller, Naiv. u. sent. Dicht. III (1796), 102: Da es also weder dem arbeitenden Theile der Menschen überlassen werden darf, den Begriff[1] der Erholung nach seinem Bedürfniß, noch dem contemplativen Theile, den Begriff[1] der Veredlung nach seinen Speculationen zu bestimmen, wenn jener Begriff[1] nicht zu physisch und der Poesie zu unwürdig, dieser nicht zu hyperphysisch und der Poesie zu überschwenglich ausfallen soll – diese beyden Begriffe[1] aber, wie die Erfahrung lehrt, das allgemeine Urtheil über Poesie und poetische[4] Werke regieren, so müssen wir uns, um sie auslegen zu lassen, nach einer Klasse[2] von Menschen umsehen, welche ohne zu arbeiten thätig ist, und idealisiren kann, ohne zu schwärmen; welche alle Realitäten des Lebens mit den wenigstmöglichen Schranken desselben in sich vereiniget, und vom Strome der Begebenheiten getragen wird, ohne der Raub desselben zu werden. Nur eine solche Klasse[2] kann das schöne[1] Ganze menschlicher Natur[1], welches durch jede Arbeit augenblicklich, und durch ein arbeitendes Leben anhaltend zerstört wird, aufbewahren, und in allem, was rein menschlich ist, durch ihre Gefühle dem allgemeinen Urtheil Gesetze geben. Ob eine solche Klasse[2] wirklich existiere, oder vielmehr ob diejenige, welche unter ähnlichen äußern Verhältnissen wirklich existiert, diesem Begriffe[1] 〈103〉 auch im innern entspreche, ist eine andre Frage, mit der ich hier nichts zu schaffen habe. Entspricht sie demselben nicht, so hat sie bloß sich selbst anzuklagen, da die entgegengesetzte arbeitende Klasse[2] wenigstens die Genugthuung hat, sich als ein Opfer ihres Berufs zu betrachten. In einer solchen Volksklasse (die ich aber hier bloß als Idee aufstelle, und keineswegs als ein Faktum bezeichnet haben will) würde sich der naive[1] Charakter[1] mit dem sentimentalischen[1] also vereinigen, daß jeder den andern vor seinem Extreme bewahrte, und indem der erste das Gemüth vor Ueberspannung schützte, der andere es vor Erschlaffung sicher stellte. Denn endlich müssen wir es doch gestehen, daß weder der naive[1] noch der sentimentalische[1] Charakter[1], für sich allein betrachtet, das Ideal schöner[1] Menschlichkeit ganz erschöpfen, das nur aus der innigen Verbindung beyder hervorgehen kann..
[41] Schiller, an Körner (1. 5. 1797), NA 29, 71: W[ieland] ist beredt und witzig aber unter die Poeten kann man ihn kaum mit mehr Recht zählen als Voltairen und Popen. Er gehört in die löbliche Zeit[3], wo man die Werke des Witzes[2] und des poetischen Genies[2] für Synonima hielt. .
[42] Schiller, an Goethe (19. 7. 1799), NA 30, 72 f. (73): Ich habe mir vor einigen Stunden durch Schlegels Lucinde den Kopf so taumelig gemacht, daß es mir noch nachgeht. Sie müssen dieses Product wundershalber doch ansehen. Es characterisiert seinen Mann, so wie alles Darstellende, beßer als alles was er sonst von sich gegeben, nur daß es ihn mehr ins frazenhafte 〈73〉 mahlt. Auch hier ist das ewig formlose und fragmentarische, und eine höchst seltsame Paarung des Nebulistischen mit dem Characteristischen[2], die Sie nie für möglich gehalten hätten. Da er fühlt, wie schlecht er im poetischen fortkommt, so hat er sich ein Ideal seiner selbst aus der Liebe und dem Witz[2] zusammengesetzt. Er bildet sich ein, eine heiße unendliche Liebesfähigkeit mit einem entsetzlichen Witz[2] zu vereinigen und nachdem er sich so constituiert hat, erlaubt er sich alles, und die Frechheit erklärt er selbst für seine Göttin. | Das Werk ist übrigens nicht ganz durchzulesen, weil einem das hohle Geschwätz gar zu übel macht. Nach den Rodomontaden von Griechheit, und nach der Zeit[6], die Schlegel auf das Studium derselben gewendet, hätte ich gehofft, doch ein klein wenig an die Simplicität und Naivetät der Alten[10] erinnert zu werden, aber diese Schrift ist der Gipfel moderner[1] Unform und Unnatur, man glaubt ein Gemengsel aus Woldemar, aus Sternbald, und aus einem frechen französischen Roman zu lesen..
[43] Schiller, Chor. Trag. (1803), VIII: Durch Einführung einer metrischen Sprache[4] ist man [...] der poetischen[1] Tragödie schon um einen grossen Schritt näher gekommen. Es sind einige lyrische Versuche auf der Schaubühne glücklich durchgegangen, und die Poesie[1] hat sich durch ihre eigene lebendige Kraft, im Einzelnen, manchen Sieg über das herrschende Vorurtheil errungen. Aber mit den einzelnen ist wenig gewonnen, wenn nicht der Irrthum im Ganzen fällt, und es ist nicht genug, daß man das nur als eine poetische[4] Freiheit[17] duldet, was doch das Wesen aller Poesie[1] ist..
[44] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 16: Die poetischen Vorzüge der Sprache[3] lassen sich einteilen 1. in allgemeine, dergleichen sind der Wohlklang, Lebendigkeit, Bildlichkeit, Klarheit, Kürze, Reichtum und Freiheit[1]. 2. in besondere, d. h. ausgezeichnete Anlagen zu einem bestimmten Gebrauche, Würde, Edelheit (Adel[5]), Stärke, Lieblichkeit, Leichtigkeit, Drolligkeit und alle eigentümliche Charaktere[2], insofern sie etwas Poetisches haben..
[45] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 31: Die größten Bequemlichkeiten für die Überwindung der metrischen Schwierigkeiten abgerechnet, die für die Freiheit[5] in einer Sprache[3] dadurch entspringt, erhebt es die Poesie[3], wenn sich ihr Ausdruck so viel als möglich von dem des gewöhnlichen Lebens entfernt [...]. In dieser Rücksicht sind die sogenannten poetischen[4] Freiheiten[17] keine Begünstigung, sondern nach Maßgabe der jeder Gattung erforderlichen Stile ein Gesetz. [...] Folgende sind die vorzüglichsten Arten der Vorrechte, die eine Sprache[3] zu einem freien und kühnen poetischen[5] Stile erheben können: 〈32〉 1. die Fähigkeit, das Materielle der Wörter zum Behufe des Wohlklanges und des Silbenmaßes allerhand Veränderung, Zusammenziehung, Verlängerung, Hineinsetzung (epenthesis) usw. unterwerfen zu können, ohne daß sie dadurch dunkel werden. Diese Biegsamkeit können in einem beträchtlichen Grade fast nur solche Sprachen[3] besitzen, deren Ableitung und Flexionen vielsilbig sind, so die griechische, lateinische italienische; 2. eigentümliche, der Poesie[3] ausschließend gewidmete Flexionen, Konstruktionen und Wörter; für diese pflegen die verschiedenen Dialekte[1] (Stammabsprachen) und das Veraltete in den Sprachen eine Hauptquelle zu sein, welche daher dem Dichter auch niemals verschlossen werden darf..
[46] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 419: Die Lateinische Sprache[3], wiewohl als ein Dialekt[1] des Griechischen zu betrachten, indem das Pelasgische, die Stammsprache des Griechischen ihre Wurzel gewesen zu seyn scheint, entbehrte doch verschiedne Vorzüge desselben, und andre hat sie sich nur durch die fleißigste Cultur[3] zu eigen machen können. Sie hatte keine verschiednen für die Poesie[1] gültigen Dialekte[1], auch keine alten Denkmäler, in welchen ihre poetische Wortformen aufbewahrt worden wären..
[47] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 461 f. (462): Weit reiner [findet sich die Scheidung der Dichtarten] in der antiken[2] Poesie[11], weswegen diese vorzugsweise als Kunst[9] 〈462〉 und classisch[5] erscheint. In der romantischen[12/4] Poesie[11] eine unauflösliche Mischung aller poetischen Elemente. Daher daß man sie verkennt. Die eigentlichen Originalwerke der Neueren[3] ganz übersehen, die schlechten Nachahmungen der Alten[10] als das Wichtigste gepriesen. Keinen Sinn[5] für das Chaos. 〈Auch das Universum bleibt der höhern Ansicht immer noch Chaos.〉 Das Streben nach dem Unendlichen ist in der Romantischen[12/4/11] Poesie[11] nicht bloß im einzelnen Kunstwerke[3] ausgedrückt, sondern im ganzen Gange der Kunst[3]. Gränzenlose Progressivität..
[48] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (!1802–03), KAV 1, 709: Die neueren[3] Theoristen haben sich vielfältig mit dem Lehrgedicht herumgeschlagen: einige haben es viel zu wichtig genommen, andre [...] haben es mit Unrecht ganz verworfen und aus dem Gebiet der Poesie[11] verwiesen. Das versteht sich von selbst, daß, wenn man das höchste in ihr sucht, von technischen Lehrgedichten gar nicht die Rede seyn kann; auch leuchtet es sogleich ein, daß das Ganze solcher Werke nicht poetisch[1] ist, sondern nur logisch zusammengehalten wird; dieß verhindert aber nicht die Ächtheit der einzelnen poetischen[4] Elemente, die daran sehr schätzbar seyn können. Die Poesie[11] hat, wie jede andre Kunst[2], ihren Geist[12] und ihren Buchstaben[8]: sollte es nicht erlaubt und vortheilhaft seyn zuweilen auch den Buchstaben[8] isolirt, ohne den Geist[12], zu bearbeiten und auszubilden. Freylich muß es alsdann mit tüchtiger Gründlichkeit und Meisterschaft geschehen [...]..
[49] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 130: Unter den Quellen der romantischen[12] Poesie[11] und ihren früheren Naturproducten haben wir bis jetzt von allem demjenigen geredet, was zusammen die romantische[12] Mythologie ausmacht, und als Stoff einer höheren Ausbildung in andern Formen empfänglich war, wo also besonders Erfindung der Begebenheiten und Geist[12] der Composition im Ganzen in Betracht kam. Hierher gehörten die Rittergedichte, welche nachher zum Teil in Prosa[1] aufgelöst im Druck erschienen [...]. [...] Endlich die eigentliche Volkspoesie der vorigen Jahrhunderte, worunter besonders die Romanze, als reichhaltigen poetischen Stoff in der einfachsten Gestalt darbietend, hervorsticht [...]. Mit dieser kamen wir bis auf ziemlich moderne[8] Zeiten[3] herunter, die [...] schon ziemlich weit über die Epoche der romantischen[12] Kunstpoesie hinübergreifen. Wir müssen jetzt in der Zeit[1] beträchtlich wieder zurückgehn, um auf eine Classe[1] von Dichtern zu kommen, deren Hervorbringungen weniger durch den Inhalt, [...] als durch die Formen Vorbilder für die romantische[12] Kunst[3] geworden sind: ich meyne die Provenzalischen Troubadours..
[50] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 147: Heutiges Tages, wo den meisten Menschen[1] und Nationen[1] die Idee von der organischen[6] Bildung[10] und Construction eines poetischen oder überhaupt Kunstganzen durchaus abhanden gekommen, geht es dem Dante eben, wie andern großen romantischen[12] Dichtern[1] z. B. Shakspeare und Cervantes, denen man eine Auszeichnung zu erweisen glaubt, wenn man sie Stellenweise lobt..
[51] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 273: Die Einheit eines historischen Kunstwerks[2] ist nun unstreitig von derselben Art wie die poetische, nur daß in der Poesie[1] Stoff und Form der schaffenden Fantasie[2] anheim gestellt ist, da hingegen die historische Kunst[2] sich an ein gegebnes anzuschließen hat. Dieß ist es, was ich meynte, wenn ich die Geschichte[4] eine Poesie[1] der Wahrheit nannte, ein Ausdruck den man aus lächerlicher Kurzsichtigkeit und Unwissenheit so lächerlich gefunden hat..
[52] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 304: Nächst dem kommen in Betracht als poetische Figuren die Tropen, oder uneigentlichen Ausdrücke, unter welchen die Metapher[1] die wichtigste und von dem ausgedehntesten Gebrauche ist. Sie ist eine Gleichsetzung verschiedner Bildersphären, und gewährt als solche bedeutende Aufschlüsse über das Wesen der Poesie[8] und den ihr innewohnenden Idealismus..
[53] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 331: Wir können uns hiebey nicht über alle Sprachen[3] Germanischen Stammes im Einzelnen verbreiten. Was aber die unsrige charakterisirt, gilt entweder von jenen mit, oder es leidet Einschränkungen. Nur dieß will ich hier im allgemeinen bemerken, daß sich der Deutsche Stamm in zwey Hauptzweige theilt: das Ober- und Niederdeutsche. Zu dem letzten gehören das Friesische, Holländische und Englische. Ob man noch einen dritten Hauptstamm anzunehmen habe, den Scandinavischen, zu welchem dann das Schwedische und Dänische gehören würde, dieß lasse ich dahin gestellt seyn. Auf jeden Fall sind die eben genannten Dialekte[1] dem Niederdeutschen verwandter als dem Oberdeutschen. Zwischen diesen beyden Dialekten[1] muß man wie mich dünkt, ohne Frage für das letzte entscheiden. Es hat weit mehr Bestimmtheit, Charakter und grammatische Construction; statt daß die niederdeutschen Dialekte[1] erscheinen wie Sprachen[3], welche dieß alles gehabt, aber aus weichlichem Phlegma weggeschliffen und verschmolzen hätten. Das ist nicht zu leugnen, daß das Oberdeutsche in seiner ungemilderten Gestalt eine gewisse Unbeholfenheit und rauhe Bergaccente an sich hat; in der fließenden Leichtigkeit des Niederdeutschen erkennt man den klimatischen Einfluß der mildernden Seeluft und der an der See gelegnen Ebnen. Dazu kommt, daß sich der Deutsche Volks〈331〉stamm im Norden reiner erhalten hat, vielleicht sind manche Dialekte[1] im Süden von Deutschland dadurch härter geworden, daß die große Masse der Einwohner Slavisch war, und das Deutsche erst als eine fremde Sprache[3] erlernt werden mußte, wie es ja noch jetzt innerhalb der Gränzen Deutschlands keineswegs allgemein verbreitet ist. Allein bey allem dem verräth der so oft widerhohlte Wunsch, das Niederdeutsche möchte doch statt des Hochdeutschen die poetische und Büchersprache geworden seyn, eine große philologische und historische Unkunde. Der Versuch ist ja angestellt mit dem Englischen und Holländischen, und man hat genugsam gesehen, was daraus geworden. Dasjenige wodurch ein solches Provinzial-Patois gefällt, eine gewisse naive Grazie, ein scherzhafter Anstrich, geht bey der Ausbildung durch Schrift unausbleiblich verlohren. Es ist eine beschränkte Individualität, die keine allgemeine Gültigkeit haben kann. Das sogenannte Plattdeutsch schreibt sich zum Theil von flamändischen Colonien her, in neueren Zeiten ist es aber so sehr durch eingemischtes Hochdeutsch verfälscht worden, daß es als eine Bestandsprache keinen höheren Rang verdient, als Dialekt[1] des gemeinen Volks[5] in einer Provinz zu seyn..[54] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 346: Was die übrigen neulateinischen Sprachen[3] betrifft, so würde man ihren Charakter[1] in poetischer Hinsicht weit besser genetisch begreifen können, wenn die Denkmäler des Provenzalischen, als welches in so fern wie ihre gemeinschaftliche Mutter angesehen werden kann, erst mehr bekannt wären. Nächst diesem hat sich das Italiänische am frühesten in der Diction und den Formen ausgebildet, und [ist] also wiederum Quelle für die übrigen geworden. Alle haben eine Menge Vorzüge miteinander gemein, und wenn uns die Griechische[2] Sprache[3] das Muster einer vollkommnen Organisation[7] für den strengen und reinen Kunststyl 〈darbietet〉, so finden wir hier die gefälligsten Reize und die größte Lieblichkeit für alle Bezauberungen der romantischen[15/13/3/4] Poesie[11]..
[55] A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (!1803–04), KAV 3, 358: Überhaupt scheint die Dürftigkeit der Deutschen Gelehrten gegen die Wohlhabenheit der Holländischen, welche einen Theil ihres Vermögens auf literarische Hülfsmittel wenden konnten, und die Nothwendigkeit, ihre meiste Zeit[6] mit dem Unterricht zu verderben, ihren Unternehmungen hinderlich gewesen zu seyn. Indessen hat es in Deutschland von jeher viele gründliche Philologen gegeben. Nur in den neuesten Zeiten[3] sind Versuche gemacht worden, das Studium auf die falsche Bahn zu lenken. Es war Heyne besonders, welcher auf eine Reformation drang, wozu auch die bisherige nicht seltne Anhäufung eines pedantischen Wustes Vorwände genug darbot. Er verlangte, man solle bey Lesung der Classiker gleich auf dasjenige gehen, was zur Bildung[2] des Geistes[14] und Veredlung des Gemüths bey tragen könne. Dieß hatten die älteren Philologen unstreitig auch beabsichtet, allein sie hatten mit gutem Grunde gemeynt, es sey hinreichend den Schülern gründlich den Buchstaben[11] der alten Autoren zu eröffnen, so würde ihnen der Geist[30] schon von selbst aufgehen. Aus der Heyneschen Schule hingegen gingen nun Commentare hervor, worin die Leser unaufhörlich wie mit der Nase auf die poetischen Schönheiten hingestoßen werden, voll von Paraphrasen der Diction in Prosa[1], um zu zeigen durch welche Stufen der Dichter zu einem so gelehrten und künstlichen Schmucke gelangt sey, gleichsam als wenn ein Gedicht wie ein phraseologisches Exercitium nach einem prosaischen[1] Schema ausgearbeitet würde..
[56] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 69: Es fehlt noch an einem Werke, welches die gesamte poetische, künstlerische, wissenschaftliche und gesellige Bildung[5] der Griechen, als ein großes harmonisches Ganzes, als ein wahres Kunstwerk[2] der Natur[2], worin ein wunderwürdiges Ebenmaaß der Theile herrscht, in demselben Geiste[14] schilderte, und ihre zusammenhängende Entwickelung verfolgte, wie Winckelmann es an Einer Seite davon geleistet 〈70〉 hat. Ein Versuch ist zwar gemacht worden in einem populären Buche, das in Aller Händen ist, ich meine die Reise des jungen Anacharsis [sc. Jean-Jacques Barthélémy, Voyage du Jeune Anacharsis en Grèce (Paris 1788).]. Dieß Buch ist von Seiten der Gelehrsamkeit schätzbar und kann sehr nützlich seyn, um Kenntniß der Alterthümer[5] zu verbreiten; aber, ohne noch das Verfehlte der Einkleidung zu rügen, es beweiset mehr guten Willen, den Griechen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, als Fähigkeit in ihren Geist[26] tief einzudringen. In dieser Hinsicht ist vieles nur von der Oberfläche geschöpft, ja nach modernen[1] Ansichten umgekleidet. Es ist nicht die Reise eines jungen Scythen, sondern eines alten[2] Parisers. ➢ Volltext.
[57] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 28 f., Nr. 116: Die romantische[12/14/1/9/4/10/11] Poesie[11] [...] umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten wieder mehre Systeme 〈29〉 in sich enthaltenden Systeme der Kunst[12], bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang. [...] Nur sie kann gleich dem Epos ein Spiegel der ganzen umgebenden Welt, ein Bild des Zeitalters werden. Und doch kann auch sie am meisten zwischen dem Dargestellten und dem Darstellenden, frey[1] von allem realen und idealen Interesse auf den Flügeln der poetischen Reflexion in der Mitte schweben[5], diese Reflexion immer wieder potenziren und wie in einer endlosen Reihe von Spiegeln vervielfachen. ➢ Volltext.
[58] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 58, Nr. 220: Ist aller Witz[2/3/4] Prinzip und Organ[1] der Universalphilosophie, und alle Philosophie nichts andres als der Geist[12] der Universalität, die Wissenschaft aller sich ewig mischenden und wieder trennenden Wissenschaften, eine logische Chemie: so ist der Werth und die Würde jenes absoluten, enthusiastischen, durch und durch materialen Witzes[4], worin Baco und Leibniz, die Häupter der scholastischen Prosa[1], jener einer der ersten, dieser einer der größten Virtuosen war, unendlich. Die wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen sind bonmots der Gattung. Das sind sie durch die überraschende Zufälligkeit ihrer Entstehung, durch das Kombinatorische des Gedankens, und durch das Barokke des hingeworfenen Ausdrucks. Doch sind sie dem Gehalt nach freylich weit mehr als die sich in Nichts auflösende Erwartung des rein poetischen Witzes[4]. Die besten sind echappées de vue ins Unend〈59〉liche. Leibnizens gesammte Philosophie besteht aus wenigen in diesem Sinne witzigen Fragmenten und Projekten. ➢ Volltext.
[59] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 64 f. (65), Nr. 238: Es giebt eine Poesie[11], deren Eins und Alles das Verhältniß des Idealen und des Realen ist, und die also nach der Analogie der philosophischen Kunstsprache Transcendentalpoesie heißen müßte. Sie beginnt als Satire mit der absoluten Verschiedenheit des Idealen und Realen, schwebt[5] als Elegie in der Mitte, und endigt als Idylle mit der absoluten Identität beyder. So wie man aber wenig Werth auf eine Transcendentalphilosophie legen würde, die nicht kritisch[1] wäre, 〈65〉 nicht auch das Producirende mit dem Produkt darstellte, und im System der transcendentalen[2] Gedanken zugleich eine Charakteristik des transcendentalen[1] Denkens enthielte: so sollte wohl auch jene Poesie[11] die in modernen[1] Dichtern[3] nicht seltnen transcendentalen[1] Materialien und Vorübungen zu einer poetischen Theorie des Dichtungsvermögens mit der künstlerischen Reflexion und schönen[2] Selbstbespiegelung, die sich im Pindar, den lyrischen Fragmenten der Griechen, und der alten[10] Elegie, unter den Neuern[5] aber in Goethe findet, vereinigen, und in jeder ihrer Darstellungen sich selbst mit darstellen, und überall zugleich Poesie[11] und Poesie[18] der Poesie[11] seyn. ➢ Volltext.
[60] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 68, Nr. 247: Dante's prophetisches Gedicht ist das einzige System der transcendentalen[1/2] Poesie[11], immer noch das höchste seiner Art. Shakespeare's Universalität ist wie der Mittelpunkt der romantischen[12] Kunst[12]. Goethe's rein poetische Poesie[11] ist die vollständigste Poesie[18] der Poesie[11]. Das ist der große Dreyklang der modernen[1] Poesie[11], der innerste und allerheiligste Kreis unter allen engern und weitern Sphären der kritischen[3] Auswahl der Klassiker[4] der neuern[3] Dichtkunst. ➢ Volltext.
[61] F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 129, Nr. 418: [D]er Sternbald vereinigt den Ernst und den Schwung des Lovell mit der künstlerischen Religiosität des Klosterbruders und mit allem was in den poetischen Arabesken, die er aus alten[1] Mährchen gebildet, im Ganzen genommen das Schönste[1] ist: die fantastische[2] Fülle und Leichtigkeit, der Sinn[5] für Ironie[3], und besonders die absichtliche Verschiedenheit und Einheit des Kolorits. Auch hier ist alles klar und transparent, und der romantische[4/12/1/9] Geist[11/12?] scheint angenehm über sich selbst zu fantasiren. ➢ Volltext.
[62] F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 71: Sonach scheint es besonders zwei Hauptdialekte dieser ältesten romantischen[15] Sprache[3] gegeben zu haben, wenigstens für den poetischen Gebrauch; den provenzalischen und den catalonischen Dialekt
[1]
➢ Volltext
.[63] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 214: Dieses poetische Meisterstück hat Seyffert unter allen Tonkünstlern unstreitig am besten getroffen. Die goldene Schale der Kritik[2], die den Dichter[1] und Musiker abwägen wollte, würde gewiß hier im Gleichgewicht schweben[5]. Er verstand seinen Dichter[1] so ganz, als man ihn nur verstehen kann..
[64] Temme, Volkssag. Pomm. (1840), III: Die Sage lebt in und mit dem Volke[1]; sie gehört zu dem romantischen[7] Theile seines Lebens, den es mit einem eigenthümlichen poetischen Kleide umgeben hat..
[65] L. Tieck, an Wackenroder (28. 12. 1792), VL 2, 107: Vertiefe Dich übrigens ja nicht zu sehr in die Poesie[11] des Mittelalters, es ist so ein erstaunliches Feld von Schönheit[3] vor uns, ganz Europa und Asien und vorzüglich das alte[10] Griechenland und das neue[5] England, daß ich fast verzweifle, mich je an diese Nachklänge der Provencalen zu wagen. Vergiß ja über das angenehme das wahre schöne[1] nicht. Soviel ich die Minnesänger kenne, herrscht auch eine erstaunliche Einförmigkeit in allen ihren Ideen, es ist überhaupt schon gar keine Empfehlung für den poetischen Geist[20] dieses Zeitalters, daß es nur diese eine Art von Gedichten gab, nur diesen Zirkel von Empfindungen, in denen sich jeder wieder mit mehr oder weniger Glück herumdrehte..
[66] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. I (1837–42), 124: Gegen den Reiz dieser jüngeren Mädchen war ich genug befestigt [...]. Mein Sinn[10] war auf romantischen[7], poetischen[1/4] Austausch, auf geistig gesteigertes Verhältnis gewandt, und mein Herz wollte sich nicht entzünden lassen, außer mit Beihülfe literarischer Glut [...]..
[67] Wackenroder, an L. Tieck (11. 12. 1792), VL 2, 96 f. (97): Du hast vielleicht schon aus meiner neulichen Anführung aus einem altdeutschen Gedichte, ersehen, womit ich mich jetzt beschäftige. Ich höre beym Prediger Koch, der in der That ein äußerst gelehrter, kenntniß〈97〉reicher u[nd] eifrigthätiger Mann ist, ein Kolleg[ium] über die allg[e]m[eine] Litteratur-Geschichte, vornehml[ich] über die schönen[1] Wiss[enschaften] unter den Deutschen. Da hab' ich denn manche sehr interressante[1] Bekanntschaft mit altdeutschen Dichtern gemacht, u[nd] gesehn, daß dies Studium, mit einigem Geist[20] betrieben, sehr viel anziehendes hat. Ich habe mir auch einige Stücke abgeschrieben; u[nd] schmeichle mir jetzt öfters mit der (wenn auch kindischen, doch ergötzenden) Hoffnung, einmal in dem Winkel mancher Bibliothek, Entdeckungen in diesem Fach zu machen, oder wenigstens es durch kleine Aufklärungen zu erweitern. Schon Sprache[3], Etymologie, u[nd] Wortverwandtschaften, (besonders auch das Wohlklingende der alten[11] Ostfränk[ischen] Sprache[3]) machen das Lesen jener alten[11] Ueberbleibsel interressant[1]. Aber auch davon abstrahirt, findet man viel Genie[5] u[nd] poet[ischen] Geist[27] darin. .
[68] Wackenroder, an L. Tieck (11.–14. 1. 1793), VL 2, 122: Die Minnesinger sind, so viel ich sie kenne, freil[ich] einförmig. – Die Beobachtungen für die alte[11] Sprache[3], u[nd] ihre Verwandtschaft mit der neuern[9], sind auch oft interressanter[1] als das poetische Verdienst. Aber dies sucht man doch sehr oft nicht vergebl[ich]. Sehn wir uns, so kann ich Dir manches Schöne[1] aus dem Heldenbuche mittheilen, das ich itzt gelesen habe..
[69] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 184 f. (185): Goethe vergleicht [...] sehr richtig die französische Sprache[3] mit ausgeprägter Scheidemünze, die jeder in der Tasche bei sich trägt und der er sich auf das schnellste im Handel und Wandel bedienen kann, die deutsche aber mit einer Goldbarre, die sich ein jeder erst münzen und prägen muß; woher es auch ein gewöhnlicher Fall, daß der gemeinste Franzose rasch und fließend spricht, da er seine Wörter[1] ungezählt nur so ausgibt, der Deutsche aber, selbst der gebildete, sich nur selten so rund und voll auszudrücken vermag, als er wohl wünscht. Demselben Umstande hat die französische Prosa[1] ihre Vollkommenheit zu verdanken und sie, die Prosa[1], ist es vor allen Dingen, was den Ruhm und auch den Wert der französischen Literatur gegründet hat, obwohl darüber noch 〈185〉 manche im unklaren sind und die französische Poesie[3], die Trauerspiele eines Corneille, Racine, die gereimten Lustspiele eines Moliere, die Henriade eines Voltaire usw. für die einflußreichsten und am meisten klassischen[3] Produkte der französischen Literatur erachten. Ich weiß nicht, ob die Franzosen ein rein poetisches Produkt zustande gebracht haben, ich wüßte keins, wo nicht der Redner den Poeten überwöge oder wenigstens ihm den Rang abzulaufen versuchte; selbst in der neuesten[3/7] romantischen[14] Schule, an deren Spitze Viktor Hugo steht, und die ohne Zweifel an poetischem Gehalt die altfranzösisch klassische[4/8?] überflügelt, spielt die Rhetorik, die Floskelei, die Tiradensucht die Hauptrolle..
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