[1]
Beethoven, an M. u. P. Bigot de Morogues (6. 3. 1807), B 1, 306
: Es ist vieleicht möglich, daß ich einigemal nicht fein genug mit Bigot gescherzt habe, ich habe ihnen ja selbst gesagt, daß ich zuweilen sehr ungezogen bin – ich bin mit allen meinen Freunden aüsserst natürlich und hasse allen Zwang[.]
[2]
Ehrmann, Amalie (1788), 166
: Madame M.... ist im Grunde genommen ein gutes Weibchen, die ihre Pflichten als Gattin und Mutter genau erfüllt; nur fehlt es ihr an guten Grundsäzzen, um aus Ueberlegung rechtschaffen zu handeln. – Rollen-Neid zeigt sie gar keinen, aber desto mehr andere kleine Bosheiten, wodurch sie die übrigen Schauspielerinnen ihre Direktrisen-Herrschaft fühlen läßt. Sie besizt vielen natürlichen Wiz[1] aber ohne Kultur[4] und Erziehung treibt sie ihn gar oft bis zur Unbescheidenheit.
[3]
Moritz, Dt. in Engld. (1783), 152
: Alle die Bauern, welche ich hier sahe, waren nicht, wie die unsrigen, in grobe Kittel, sondern gutes feines Tuch, auf eine geschmackvolle Art gekleidet, und unterschieden sich nur dadurch von den Stadtleuten, daß mir ihr Anzug und ihr ganzes Betragen weit natürlicher und edler zu seyn schien.
[4]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 180
: Das allgemeine Entzücken bey Erscheinung dieses Stücks [sc. Corneille, Cid], das ohne Einmischung irgend einer unedlen Triebfeder ganz auf den Widerstreit der reinsten Gefühle, der Ehre, Liebe und kindlichen Pflicht gebaut ist, zeugte von noch nicht ausgestorbnem romantischem[7] Sinn[5] unter den Zuschauern, die sich den natürlichen Eindrücken überließen.
[5]
Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 632
: Freylich kann eine falsche und spitzfündige Critik[2] den Künsten[2] selbst sehr schädlich werden, wie eine spitzfündige Moral einen sehr schlimmen Einfluß auf die Sitten haben kann. Es ist tausendmahl besser daß die Menschen von gutem sittlichen Gefühl nach ihren natürlichen und unverdorbenen Empfindungen, als nach Grundsätzen und Lehren einer Sophistischen Sittenlehre handeln. Und in diesem Falle sind auch Künstler von gutem natürlichen Genie[2] in Beziehung auf eine spitzfündige Critik[2]. Nur so lange als sie aus ächten Grundsätzen, ohne Zwang und Sophisterey natürliche[4] Folgen zieht, wird sie unfehlbar dem Genie[2] der Künstler nützlich werden.
[6]
Adelung, Gesch. Cultur (1782), 143
: Man sage, was man will, das Clima[1] hat auf die Cultur[4] und die Art derselben unläugbare Einflüsse. Unter einem Himmel, wo die siedende Hitze des Clima[1] und der Leidenschaften nur für die entgegen gesetzten Gränzen Thätigkeit hat, und keine Mittelstraße kennet, wo alles entweder Despot oder Sclave ist, wo das andere Geschlecht ganz von dem Umgange mit dem männlichen abgesondert, und bloß zur Befriedigung der gröbsten Sinnlichkeit hinab gewürdiget ist, wo die Fruchtbarkeit des Bodens die natürliche Trägheit begünstiget, wo die Stände im äußern noch so wenig abgesondert sind, daß auch der Herr sich nicht anders ausdruckt, als sein 〈144〉 Sclave, wo Leibesstärke das einige Verdienst ist; da muß man freylich keine feine Empfindungen des Schönen[1] erwarten, zumahl da der brennende Himmel hier wenig sanfte Schönheiten[3] zeuget. ➢ Volltext.
[7]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (
21798), 447
: Die natürliche Freyheit[4], welche ein Geschöpf in dem Stande der Natur[19] genießt..
[8]
Aurbacher, Volksbüchl. I (1827), 196
: Hebel [...] trifft immer und sicher den rechten Ton, der in dieser und jener Erzählung vorherrschend sein sollte, und weiß hier liebliche Heiterkeit[4] zu verbreiten, dort zarte Empfindung fürs Schöne und Gute. Er scherzet überaus gern, und die neckischen Einfälle mengen sich überall in die Unterhaltung [...]. Nur wo es Noth thut, lehrt er, und dann allzeit kurz und gut. Sein Witz[1] ist natürlich, seine Laune fröhlich, seine Satyre gutmüthig, und seine Empfindung wahr. Bei aller Mannichfaltigkeit der Materien tritt ein stehender Charakter[7] hervor – der zum gemeinen Manne sich freundlich herablassende, mit dessen ganzer Denkweise vertraute, bei Scherz und Ernst sich gleichbleibende, achtungswerthe Hausfreund. Und so denn auch die Sprache[4]..
[9]
C. Böhmer, an F. L. W. Meyer (1. 3. 1789), C 1, 176
: Ja, meine Schwester und ich haben uns mehr wie einmal mit der abentheuerlichen[6] Idee getragen – abentheuerlich[6] nenne ich sie, weil vieles was natürlich ist so genannt wird – ohne alle Veranlaßung, ein Sendschreiben an Sie ergehen zu laßen, daß Ihnen mein leztes Wort[2] wiederhohlt hätte: Sie würden uns nie fremd[4] werden..
[10]
Börne, Schild. Paris XV (1823), SS 2, 72
: Da war nicht die schwüle Stille, die man in andern Kaffeehäusern findet; da wurde geschwatzt, geschrien, da knallten die Stöpsel der Bierflaschen, da schlugen die Billardkugeln, da klapperten die Domino- und Damensteine. Da [...] gibt es [...] tüchtiges Volk[7], ehrliche Leute, aufrichtiges Lumpengesindel, Zahnärzte, Spieler, Kaufleute, Kreolen, Amerikaner, Holländer und jüdische Lieferanten [...]. Die Kellerjungen – o die glücklichen Südländer, sie sind unreinlich und natürlich wie ihre Natur[1/14?]! – die Kellerjungen räumten die Pfeifenköpfe mit denselben Korkziehern aus, mit welchen sie die Flaschen öffneten, und es war keiner, den das verdroß. Doch glaube man ja nicht, daß alles nordisch und deutsch gewesen; durch den Schleier der Rauchwolken entdeckte man französische Zierlichkeit genug; der Essig deutscher Romantik[6] war mit dem Öle französischer Klassizität im gehörigen Maße vermischt. Es waren glänzende Zimmer mit seidenen Vorhängen, mit Standuhren, mit Vasen [...] und hohe Spiegel ringsumher an den Wänden [...]..
[11]
Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 29
: Daß auch in dem Physischen der Thiere[1] gewisse Eigenthümlichkeiten als Racenunterschiede sich charakterisiren, das haben schon zahllose Beobachtungen dem Naturforscher gelehrt; und doch ist die genaue Bestimmung der unter den Thiergeschöpfen existirenden Racen[1] noch immer eine der schwersten Aufgaben der Zoologie. [...] Je mehr [...] die Naturgeschichte nur in Beschreibungen der natürlichen Körper besteht, und je mehr sie dabei Arten und Classen[2] annimmt, welche bloß auf Aehnlichkeiten in den Formen beruhen; desto weniger läßt sich eine bestimmte Angabe der unter den niedrigern Thieren[1] vorhandenen Racen[1] erwarten. Diese wird der Naturforscher nur dann mit Gewißheit angeben können, wenn ihm die durch Gesetze begründeten Thierstämme, so wie die allmählichen Abartungen ihrer Urgestalten nicht mehr fremd[4] sein werden..
[12]
Fichte, Begr. d. WL (
2
1798), SW 1, 32 f. (33)
: Es kann nemlich über die Metaphysik, die nur nicht eine Lehre von den vorgeblichen Dingen an sich seyn muss, sondern eine genetische Ableitung dessen, was in unserem Bewusstseyn vorkommt, selbst wiederum philosophirt, – es können Untersuchungen angestellt werden über die Möglichkeit, die eigentliche Bedeutung, die Regeln einer solchen Wissenschaft; und es ist sehr vortheilhaft für die Bearbeitung der Wissenschaft selbst, dass dies geschehe. Ein System von dergleichen Untersuchungen heisst in philosophischer Hinsicht Kritik[1]; wenigstens sollte man nur das angegebene mit diesem Namen bezeichnen. Die Kritik[1] ist nicht selbst die Metaphysik, 〈33〉 sondern liegt über sie hinaus: sie verhält sich zur Metaphysik gerade so, wie diese sich verhält zur gewöhnlichen Ansicht des natürlichen Verstandes. Die Metaphysik erklärt diese Ansicht, und sie selbst wird erklärt in der Kritik[1]. Die eigentliche Kritik[1] kritisirt das philosophische Denken: soll die Philosophie selbst auch kritisch[1] heissen, so kann man von ihr nur sagen, dass sie das natürliche Denken kritisire. .
[13]
F. de la Motte Fouqué, Lebensgesch. (1840), 83
: Der heldenmüthige Widerstand der französischen Garde-du-Corps in Versailles zu Rettung der königlichen Familie, und zugleich dieser – man mag mit Recht sprechen – kindliche Gehorsam gegen den Monarchen bei'm Nichtgebrauch ihrer Waffen gegen die revoluzischen Schlächter, – gegenüber die viehische Herzfresserei der Furienweiber aus Paris, – die beleidigende Unsitte des triumphirenden Packs gegen die schöne Königin und den duldenden König, – das Alles gnügte, alle antike[3] Floskeln bei dem glühenden Knaben über den Haufen zu werfen, und die heiligen Rechte der Ehre und der Treue wiederum in ihre natürliche Herrlichkeit einzusetzen. Selbst von den auswandernden Prinzen und dem ihnen folgenden Adel[2] erwartete der Knabe fortan Großes, weil Ritterliches, und so stand er nun mit Leib und Seele dem revoluzischen Getriebe gegenüber, im Traum und Wachen kämpfend mit seinen innerlichsten Kräften für die bedrängte Thronesfamilie der Lilien..
[14]
Goethe, Ital. Reise III (1829), WA I, 32, 120
: [E]s ist wohl nichts angenehmer als eine Römerin [...], die sich in natürlichem Gespräch 〈121〉 heiter[5] gehen läßt, und ein lebhaftes, auf die reine Wirklichkeit gerichtetes Aufmerken, eine Theilnahme, mit anmuthigem Bezug auf sich selbst, in der wohlklingenden römischen Sprache[4] schnell, doch deutlich vorträgt; und zwar in einer edlen Mundart[1], die auch die mittlere Classe[2] über sich selbst erhebt, und dem Allernatürlichsten, ja dem Gemeinen einen gewissen Adel[5] verleiht..
[15]
Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 52
: Ist [...] von Hause aus ein frohes Naturell, Freiheit[14], Heiterkeit[4], Entschiedenheit, die das Leben und die Bande der Wirklichkeit leicht nehmen und es kurz damit abzumachen wissen, vom Künstler zu Grunde gelegt, so vergesellschaften sich damit auch mehr ein natürlicher Adel[5], Grazie, Frohheit, Freiheit[13] und Schönheit[1] der Form. ➢ Volltext.
[16]
Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 105
: In der freieren[11] Entfaltung [...] der italienischen Malerei haben wir [...] einen anderen Charakter[1] der Kunst[4] aufzusuchen. Außer dem religiösen Inhalt des alten[1] und neuen[3] Testaments und der Lebensgeschichten von Märtyrern und Heiligen entnimmt sie ihre Gegenstände größtentheils nur aus der griechischen[2] Mythologie, selten dagegen aus den Ereignissen der Nationalgeschichte, oder [...] aus der Gegenwart und Wirklichkeit des Lebens; gleich selten, spät und vereinzelt erst, aus der landschaftlichen Natur[2]. Was sie aber für die Auffassung und künstlerische Ausarbeitung des religiösen Kreises vornehmlich hinzubringt, ist die lebendige Wirklichkeit des geistigen und leiblichen Daseyns, zu welcher jetzt alle Gestalten sich versinnlichen und beseelen. Für diese Lebendigkeit bildet von Seiten des Geistes[19] jene natürliche Heiterkeit[4], von Seiten des Körpers jene entsprechende Schönheit[1] der sinnlichen Form das Grundprincip, welche für sich, als schöne[1] Form schon, die Unschuld, Frohheit, Jungfräulichkeit, natürliche Grazie des Gemüths, Adel[5], Phantasie[1] und eine liebevolle Seele ankündigt. ➢ Volltext.
[17]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. V (1835), 397
: Idiosynkrasie, die sonderbare Empfindlichkeit für gewisse Reize; der natürliche Widerwille gegen gewisse physische Einwirkungen, auffallende Töne[1], Gerüche, gewisse Thiere[1], Blumen, Pflanzen[1] etc. Viele Personen haben eine unwillkürliche und entschiedene Idiosynkrasie gegen Hunde, Katzen, Spinnen, Speisen, Medicamente, gegen das Kratzen an der Wand, gegen den schneidenden Ton[1] fester Körper auf Metall, Glas etc. Der Antipathie nahe verwandt ist sie vorzüglich den zarteren und reizbareren Naturen[17] des weiblichen Geschlechtes[2] eigen..
[18]
A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 136
: Da die Ureinwohner fast alle zur Classe[2] der Bauren und des niedrigen Volks[5] gehören, so ist es nicht leicht, über ihre Anlagen für Künste[6] der Lebensverschönerung zu urtheilen. Indessen kenn ich keine Menschenraçe, welche ärmer an Einbildungskraft[1] zu seyn schiene. Gelangt ein Indianer auf einen gewissen Grad von Cultur[4], so zeigt er eine große Leichtigkeit zu lernen, viel richtigen Verstand[4], natürliche Logik, und eine besondre Neigung zu subtilisieren, oder die feinsten Verschiedenheiten zwischen mehreren zu vergleichenden Gegenständen aufzufassen. Dabei räsonnirt er kalt, aber mit Ordnung, ohne jedoch jene Beweglichkeit der Einbildungskraft[1], jenes Colorit der Empfindung, jene Kunst[6] zu schaffen und hervorzubringen zu zeigen, welche die Völker[1] des südlichen Europa's und mehrere africanische Neger-Stämme characterisirt. Ich spreche diese Meinung indeß mit Vorbehalt aus; indem man äußerst vorsichtig im Urtheil über das seyn seyn soll, was man moralische oder intellectuelle Anlagen der Völker[1] zu nennen wagt, von denen wir durch so manche Scheidewand der Verschiedenheit der Sprachen[3], der Gewohnheiten und Sitten getrennt sind..
[19]
A. v. Humboldt, Königr. Neuspanien (1809), 172 f. (173)
: Der ausgezeichnetste Geometer, welchen Neu-Spanien seit Siguenza's Epoche gehabt hat, war Don Joacquin Velasquez Cardenas y Leon. Alle astronomischen und geode〈173〉tischen Operationen dieses unermüdlichen Gelehrten tragen den Character[1] der größten Genauigkeit. Er war den 21sten Juli 1732 im Innern des Landes, auf dem Maierhof Santiago Acebedocla, in der Nähe des indianischen Dorfs Tizicapan, geboren, und bildete sich, so zu sagen, ganz allein. In seinem vierten Jahr theilte[1 er seinem Vater die Pocken mit1], der daran starb, daher sein Oheim, welcher Pfarrer von Xaltocan war, seine Erziehung übernahm, und ihn durch einen Indianer, Namens Manuel Asentzio, einen Mann von viel natürlichem Verstand[4] und tiefen Kenntnissen in der mexicanischen Geschichte[3] und Mythologie, unterrichten ließ. Velasquez lernte in Xaltocan mehrere indianische Sprachen[3] nebst dem Gebrauch der aztekischen Hieroglyphenschrift, und es ist sehr zu bedauern, daß er nichts über diesen merkwürdigen Zweig des Alterthums[2] bekannt gemacht hat..
[20]
Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 202 f. (203)
: Hier begegnete ihm Leopold, der sich in großer Heiterkeit[4] über diesen Volkssturm hin und herbewegte: „Man sieht doch, daß sie Blut 〈203〉 in den Adern haben, das sind natürliche Urzustände, die Polizei hört auf, die Poesie[15] beginnt.“.
[21]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 90
: Wir haben neulich beschrieben, welchen leisen, aber gewaltigen Einfluß der Zuhörer über den Redner durch Geberden, Rührungen, ja durch die bloßen Stufen seiner Aufmerksamkeit und seines Schweigens[1] ausübt: wahrlich, diese Gewalt kommt ihm, weil er wirklich auf jene ruhige, leidenschaftslose, selige Höhe des Dichters über die Partheien erhoben wird. Ebenso ist das Verhältniß der Frauen[1] zu den männlichen Geschäften, immer klar ihr Urtheil, natürlich wie ihre Briefe[1] und Erzählung, oft, und grade in den verwickeltsten Lagen des männlichen Lebens, oft orakelhaft und unbegreiflich weise; warum? weil sie mit Rücksicht auf die männlichen prosaischen[3] Geschäfte in der höheren, leidenschaftslosen, poetischen[1] Region stehn, weil sie überhaupt, wie jeder dritte bei einem Gespräch, wie jeder theilnehmende Zuhörer, nothwendig dahin treten müssen, wo die Gerechtigkeit ein Zustand ist..
[22]
A. Müller, Beredsamk. (
!1812; 1816), 269
: [S]chon ein gewisser natürlicher 〈270〉 Sinn[5] für den Adel[5] und die Gediegenheit der Form, schon der bloße Geschmack empört sich gegen diese Barbarei aller Barbareien [...]..
[23]
Scheibe, Musik. Compos. (1773), 342
: Man ist mit diesen Zwischentönen oder Stufen [...] erst mit der Zeit[1] und vielleicht sehr spät bekannt geworden. Die diatonischen Töne und Stufen selbst, sind, nicht eher als lange, nachdem man schon gesungen und gespielet hatte, bekannt geworden; denn die Natur[2] führet uns zuerst durch leichtere und beqvemere Wege, ehe wir durch die Kunst[2] oder durch unsern Witz[1] diese natürlichen Wege ausschmücken und verschönern lernen. Sie überläßt dieses unserm Genie[2] und unserer uns durch sie angebohrnen Erfindungskraft, wozu sie uns durch jenes gleichsam mit der Hand leitet..
[24]
Scheibe, Musik. Compos. (1773), 343 f.
: Die Empfindung des Natürlichen äußert sich von sich selbst und fast ohne Mühe. So ist es auch mit den Tönen beschaffen gewesen; denn so bald man den Trieb zum Singen empfand, so bald ward auch diese diatonische Octavengattung, diese natürliche Tonleiter, die gleichsam ein musikalisches[8] ganz unentbehrliches Bedürfniß war, hervorgebracht, und zwar bloß durch den innerlichen Trieb der Natur[2], 〈344〉 und ohne solches zu verlangen, oder zu erkennen. Das Wissen oder die Kenntniß dieses Triebes, dieser Würkung der Natur[2], ist erst lange hernach erfolgt, nachdem man vielleicht manche Jahrhunderte gesungen und gespielet hatte; so lange wußte man auch von keiner Kunst[2], von keinem System, und auch nichts von der Verschiedenheit der Klanggeschlechte..
[25]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 118
: Verbannung und Flucht haben in den Ardennen eine seltsame Gesellschaft versammelt: einen durch seinen Bruder entthronten Herzog, der mit seinen treuen Unglücksgefährten in der wilden Gegend von der Jagd lebt: zwey verkleidete einander schwesterlich liebende Prinzessinnen; einen witzigen Hofnarren; endlich die einheimischen Bewohner des Waldes, idealische[1] und natürliche Schäfer und Schäferinnen. Diese leicht hingezeichneten Figuren ziehn in buntem Wechsel vorüber, und immer sieht man die schattige dunkelgrüne Landschaft im Hintergrunde, und glaubt frische Waldluft zu athmen. Keine Uhr, keine geregelte Tagesordnung mißt hier die Stunden: sie verfließen ungezählt in den Beschäftigungen oder dem fantastischen[3] Müßiggange, dem sich jeder nach seiner Laune oder Gemüthsart ergiebt, und diese unbegränzte Freyheit[5] entschädigt alle für die eingebüßten Bequemlichkeiten des Lebens. ➢ Volltext.
[26]
F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 14, Nr. 51
: Naiv[2] ist, was bis zur Ironie[3], oder bis zum steten Wechsel von Selbstschöpfung und Selbstvernichtung natürlich, individuell oder klassisch[5] ist, oder scheint. [...] Das schöne[1], poetische[1], idealische[1] Naive[2] muß zugleich Absicht, und Instinkt seyn. ➢ Volltext.
[27]
A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 126
: Was [...] im Raum und für die sinnliche Erkenntniß das Auge ist, das ist gewissermaaßen in der Zeit[1] und für die innere Erkenntniß die Vernunft[1]. Wie aber die Sichtbarkeit der Gegenstände ihren Werth und Bedeutung doch nur dadurch hat, daß sie die Fühlbarkeit derselben verkündigt, so liegt der ganze Werth der abstrakten Erkenntniß immer in ihrer Beziehung auf die anschauliche. Daher auch legt der natürliche Mensch[1] immer viel mehr Werth auf das unmittelbar und anschaulich Erkannte, als auf die abstrakten Begriffe[1], das bloß Gedachte: er zieht die empirische und metaphysische Erkenntniß der logischen vor: umgekehrt aber sind diejenigen gesinnt, welche mehr in Worten[2], als Thaten leben, mehr in Papier und Bücher, als in die wirkliche Welt gesehn haben, und die in ihrer größten Ausartung zu Pedanten und Buchstabenmenschen werden. ➢ Volltext.
[28]
Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 612
: In dem Menschen[1], dessen Geist[22] und Herz so unaufhörlich von allen Arten des Vollkommenen gereizt und gerührt werden, entsteht nothwendig eine Entwiklung und allmählige Verfeinerung aller Seelenkräfte. Die Dummheit und Unempfindlichkeit des rohen natürlichen Menschen[1] verschwindet nach und nach; und aus einem Thier[11], das vielleicht eben so wild war, als irgend ein anderes [Thier1], wird ein Mensch[1] gebildet, dessen Geist[19] reich an Annehmlichkeiten und dessen Gemüthsart liebenswürdig ist..
[29]
Waagen, Kunstw. Erzgeb. (*1839; 1843), 31
: Der deutsche Humor[3] spricht sich hier in seiner natürlichen Derbheit aus, welche nichts weniger als galant ist..
[30]
Wackenroder, Phant. ü. d. Kunst (1799), 155 ff. (157)
: Es scheinen uns diese Gefühle, die in unserm Herzen aufsteigen, manchmal so herrlich und groß, daß wir sie wie Reliquien in kostbare Monstranzen einschließen, freudig davor niederknieen, und im Taumel nicht wissen, ob wir unser eignes menschliches Herz, oder ob wir den Schöpfer, von dem alles Große und Herrliche herabkommt, verehren. | Zu dieser Aufbewahrung der Gefühle sind nun verschiedene schöne[1] Erfindungen gemacht worden, und so sind alle schönen[2] 〈156〉 Künste[1] entstanden. Die Musik[1] aber halte ich für die wunderbarste dieser Erfindungen, weil sie menschliche Gefühle auf eine übermenschliche Art schildert, weil sie uns alle Bewegungen unsers Gemüths unkörperlich, in goldne Wolken luftiger Harmonien eingekleidet, über unserm Haupte zeigt, – weil sie eine Sprache[2] redet, die wir im ordentlichen Leben nicht kennen, die wir gelernt haben, wir wissen nicht wo? und wie? und die man allein für die Sprache[2] der Engel halten möchte. | Sie ist die einzige Kunst[2], welche die mannigfaltigsten und widersprechendsten Bewegungen unsers Gemüths auf dieselben schönen[1] Harmonien zurückführt, die mit Freud' und Leid, mit Verzweiflung und Verehrung in gleichen harmonischen Tönen spielt. Daher ist sie es auch, die uns die ächte Heiterkeit[3] der Seele einflößt, welche das 〈157〉 schönste[1] Kleinod ist, das der Mensch erlangen kann; – jene Heiterkeit[3] meyn' ich, da alles in der Welt uns natürlich, wahr und gut erscheint, da wir im wildesten Gewühle der Menschen einen schönen[1] Zusammenhang finden, da wir mit reinem Herzen alle Wesen uns verwandt und nahe fühlen, und, gleich den Kindern, die Welt wie durch die Dämmerung eines lieblichen Traumes erblicken. ➢ Volltext.