2.
›romanhaft oder -würdig‹ mit Betonung der semantischen Aspekte ›chevaleresk, ritterhaft, rittermäßig, ritterromanartig‹ [
1,
8,
9,
11,
12,
15,
19,
25,
26,
27,
38,
39,
42] sowie ›märchenartig, fabelhaft, wunderbar, zauberisch‹ [
2,
11,
17,
22,
23,
24,
37,
46], mit Tendenz zu gattungsterminologischer Verwendung für bestimmte literarische Stoffe [
3,
4,
5,
7,
18,
21]; übertragen von
1, offen zu
5,
7,
8 und
13.
—
Bdv.
:
♦
entsprechend:
fabelhaft [
11],
feenhaft [
34],
ritterlich [
1,
19,
38],
wunderbar [
13,
31,
34,
40],
zauberisch [
13]. ♦
kategorial übergeordnet:
reizend [
20],
schön1 [
20]. —
Ktx.
:
♦
Eigenschaftsträger:
Abenteuer [
10,
12],
Darstellung [
11],
Dichtung [
3],
Epos [
28],
Erzählung [
2,
17],
Gedicht [
31],
Geist14 [
19],
Geist12 [
23,
41],
Hain [
46],
Held [
29],
Kreuzzug [
15],
Liebesgeschichte [
42],
Morgenland2 [
24],
Oper [
7,
21],
Poesie1 [
20],
Poesie11 [
34,
37],
Reise [
30],
Ritter [
19],
Ritterfabel des Mittelalters [
33],
Rittergedicht [
34],
Rittergeist [
8],
Roman1 [
23],
Sage [
18],
Schauspiel [
4],
Schwung [
47],
Spiel [
9],
Wunder [
14],
Wundermärchen [
29],
Zeit14 [
22]. ♦
einen Eigenschaftsträger hervorbringend:
C. Gozzi [
37],
E. Spenser [
41],
L. Tieck [
3]. ♦
in einem Eigenschaftsträger dargestellt:
ritterliche Liebe und Ehre [
38]. ♦
für einen Eigenschaftsträger (ko-)konstitutiv:
Liebe [
26],
Ritterwesen [
34],
Tapferkeit [
26],
Zauberwesen [
34]. ♦
Eigenschaft eines Eigenschaftsträgers:
Anmut [
41], ¬
antik2 [
35],
unzusammenhängend [
23]. ♦
in einem Eigenschaftsträger räumlich/zeitlich/situativ verortet:
Poesie1 [
24]. —
Wbg.
:
♦
Substantiv:
Romantik3 [
20].
[1]
Frölich, Virginia I (1820), 63
: Wir trieben uns fleißig in der umliegenden Gegend umher, und spielten manches verwegene Spiel; ich, im romantischen Sinne[9] ritterlicher Vorzeit, er, nach wilder Knabenart. So schaukelten wir uns oft in einem Fischernachen auf der wilden Durance, und arbeiteten uns mit Stangen längs den Uferkrümmungen hin; Emil, um seine Kräfte zu messen, mit der Gewalt des Stromes, oder um ein Entennest auf zu suchen, im Schilfe; ich, weil ich in Gedanken Kolumbus begleitete, eine neue[1] Welt zu entdecken, und in 〈64〉 einer unbekannten Bucht zu landen.
[2]
Klein, Rheinreise (1828), 71
: Die Teufelsleiter oder Kedrich heißt ein steiler Fels [...], merkwürdig durch den kühnen Ritt eines Abentheurers, an dessen glücklichen Versuch sich mancherlei romantische Erzählungen knüpfen. [⦿]
[3]
Schiller, an Chr. G. Körner (3. 7. 1800), NA 30, 168
: Die spanische Litteratur wird Dir gewiß eine sehr anziehende Beschäftigung geben, wenn Du Dich mit der romantischen[12/2/15] Poesie[11] vertragen kannst. Sie ist freilich das Produkt eines andern Himmels und einer ganz andern Welt. Für unsre deutsche Poesie[[1] glaube ich nicht soviel Ausbeute darinn finden zu können als Du hoffst, weil wir einmal mehr philosophische Tiefe und mehr Wahrheit des Gefühls als Phantasiespiele lieben. Neuerdings hat Tiek in seinen romantischen[2] Dichtungen diese Gattung wieder angeregt und mit vielem Glück. Seine Genoveva ist wohl schon in Deinen Händen. Auch die Schlegels geben sich jezt viel mit der spanischen Litteratur ab, nach ihrer Art, aber durch ihre Einseitigkeit und Anmaßung verderben sie einem gleich die Lust.
[4]
A. W. Schlegel, an L. Tieck (11. 12. 1797), L, 23
: Ein romantisch-komisches Schauspiel [...] müßte Ihnen herrlich gelingen.
[5]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 426 f.
: Was die Menge in unsern halb rührenden, halb drolligen Dramen am meisten anzieht, die uns bald nach Peru, bald nach Kamtschatka, bald in die Ritterzeit versetzen, während die Gesinnungen modern[4] und empfindsam bleiben, ist immer eine Fratze des Romantischen, die man auch in den abgeschmacktesten Zauber-Opern noch wieder kennt. [...] 〈427〉 [...] Auf hundert Komödienzetteln wird der Name romantisch an rohe und verfehlte Erzeugnisse verschwendet und entweiht; es sey uns erlaubt, ihn durch Kritik[2] und Geschichte[4] wieder zu seiner wahren Bedeutung zu adeln. ➢ Volltext
[6]
L. Tieck, an A. W. Schlegel (12. 12. 1797), L, 21
: Ich bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie sich die Mühe geben wollen, meinetwegen mit Göschen zu sprechen, wenn es möglich wäre, wünschte ich, daß auf Ostern 2 Theile von den fortgesezten Volksmärchen erscheinen, aber unter einem andern Titel, etwa: Romantische Darstellungen.
[7]
Beethoven, an A. v. Kotzebue (28. 1. 1812), B 2, 238
: Indem ich für die Ungarn ihr vor und Nachspiel mit Musik begleitete, konnte ich mich des lebhaften Wunsches nicht enthalten, eine oper von ihrem einzig dramatischen Genie[5] zu besizen, möge sie romantisch, ganz ernsthaft, heroisch komisch, sentimental [seyn,] kurzum, wie es ihnen gefalle, werde ich sie mit Vergnügen annehmen, freylich würde mir am liebsten ein Großer Gegenstand aus der Geschichte seyn, und besonders aus den Dunkleren Zeiten z. B. des Attila etc doch werde ich mit dank annehmen, wie der Gegenstand auch immer sey [...]..
[8]
G. Forster, Leitfad. Gesch. d. Menschh. (1789), 282
: Nur solche Völker[1], die in ihrer früheren Periode der Wollust glücklich entgangen, und in den Armen der Freiheit[6] zu männlicher Stärke herangewachsen sind, können und müssen zulezt den höchsten Gipfel der Bildung[5] ersteigen, wo die ganze Energie unseres Wesens sich in den feineren Werkzeugen der Empfindung und des Verstandes[2] am thätigsten erweiset. Nur dreimal, nur in Europa, und jedesmal in anderer Gestalt erblickte die Welt das Schauspiel dieser lezten Ausbildungsstufe. Einzig und unerreichbar erhob Athen zuerst ihr stolzes Haupt, da blühende Fantasie[1] und reiner Schönheitssinn in ihr die Erstlinge der Kunst[2] und Wissenschaft[1] erzeugten. Rom war nicht mehr frei[6], und die Beute der halben Welt hatte daselbst bereits das zügelloseste Sittenverderbniß angezündet, als es die Trümmer attischer Kultur[4] in seinem Schooß aufnahm, und glänzender durch Ueppigkeit als durch hohen Schwung des Genies[2], für seine künftigen Ueberwinder sie aufbewahrte. Schon war der sanfte Frühlingszauber von Duft und Blüte dahin, und die Periode römischer Aufklärung glich einem schwülen Sommertage, den am Abend ein Donnerwetter beschließt. Uns endlich, der Nachkommenschaft eines glücklichorganisirten Barbarenstammes, bei dem hernach das romantische[2/7] Feuer des Rittergeistes so schön[6] aufloderte, uns bleibt der Herbst mit seinen reifen Früchten noch übrig; wir ernten und keltern und füllen unsere 〈283〉 Scheuren, der Himmel weis, für welchen bevorstehenden Winter!.
[9]
Frölich, Virginia I (1820), 169
: Sie machen mich stolz mein Fräulein! sagte der Jüngling, und drückte meine Hand an seine heißen Lippen; [...] vergönnen sie ihrem Ritter, ihre Farbe zu tragen. Ich erstaunte bei dem Ernst, womit er diese Worte[2] aussprach. Lächelnd streifte ich das blaue Band aus meinen Haaren, und reichte es ihm; er küßte es mit Begeisterung[2], und schlang es um seinen Hals. Dieses kleine romantische Spiel hatte einige heitere[1] Lichtstrahlen über die düstre Abschiedsscene geworfen, und wehrte das Vorgefühl ab, welches sonst mein Herz zersprengt haben würde..
[10]
Gerstenberg, Merkw. Litt. I (1766), 20
: Dem Trissino folgte Tasso, und nahm in seinem Gierusaleme liberata die Alten[10] zu Wegweisern; dabey aber blieb ihm das Nationalvorurtheil für idealische[3] Wesen und für romantische[2/4] Abenteuer noch allzuwichtig, als daß er sie gänzlich hätte verbannen oder verabsäumen sollen. Er hatte die classischen[7] Schönheiten[3] studirt, er hatte sie sich zu eigen gemacht [...]. Dennoch behielt er seine erste und Lieblingsbekanntschaft, die alten[11] provenzalischen Dichter[3], zum Augenmerk..
[11]
v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), V
: So wie wir [...] die Prosa[1] ausschließen, sogar solche Romane[1], von denen keine alte[9] poetische[5] Darstellung vorhanden oder bekannt ist, z. B. den Oktavian, die Melusina, Magelona: so haben wir auch die poetischen[5] Kroniken und historischen Gedichte und Lieder übergangen [...]. Doch haben wir solche Gedichte dieser Art, welche durch eine fabelhafte oder romantische Darstellung sich den älteren[9] Heldenmythen anreihen, mit aufgeführt [...]. ➢ Volltext.
[12]
Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 78 ff. (80)
: Und ohne mich hier auf die 〈79〉 verschiednen Perioden des Geists[26] der mittlern Zeiten[3] einlassen zu können; wir wollens gothischen Geist[26], nordisches Ritterthum im weitsten Verstande[7] nennen [...]. | [...] Väterliche Neigungen, und heilige Verehrung des weiblichen[1] Geschlechts[2]: unauslöschliche Freyheitliebe und Despotismus: Religion[4] und kriegerischer Geist[14]: pünktliche Ordnung und Feyerlichkeit und sonderbarer Hang zur Aventure – das floß zusammen! [...] Der Geist[26] des Jahrhunderts durchwebte und band – die verschiedensten Eigenschaften – Tapferkeit, und Möncherey, 〈80〉 Abentheur und Galanterie, Tyranney und Edelmuth; bands zu dem Ganzen, das uns jetzt – zwischen Römern und uns – als Gespenst als romantisches Abentheuer dasteht, einst wars Natur[21], war – Wahrheit.
.
[13]
Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 112
: Die Gebäude in romantischen[3/2/4] Gegenden oder Gärten heischen die meiste Ueberlegung und Vorsichtigkeit. Ein feines Lusthaus, ein zierlicher Tempel sind für diesen Charakter[4] gar nicht anpassend, so gewöhnlich man sie auch sieht. In Revieren mit Felsen und Klüften sind Höhlen oder Grotten [...] sehr zustimmende Werke. Allein man kann ihnen noch einen Anstrich des Wunderbaren mehr geben, indem man sie Zauberern, Hexen, Riesen, Gespenstern, Feen und andern Geschöpfen der Phantasie[1] widmet, abentheuerliche[3] Begebenheiten von ihnen verbreitet und in Inschriften erzählt. Die Sage des Volks[5] geht hier als Beyspiel voran; sie bewahrt noch in so vielen Ländern die Annalen des Aberglaubens. [...] Die Einbildungskraft[1], die schon durch den Eindruck der Gegend empört ist, schweift gern in schwärmerischen Bildern zügellos umher, entflammt sich aus der Erinnerung von hundert Märchen, die einst die Amme oder der Küster erzählte, verjüngt alte[1] Erscheinungen, wandelt und bildet neue[1] Gestalten, und leihet den Scenen einen Schauer, den die Natur[2] und die Vernunft[3] nicht kennen, und den gleichwohl jene zu veranlassen, und diese nicht zu verwerfen scheint. Außer den Inschriften können die Zauberhöhlen mit phantastischen[1] Bildern ausgeziert werden; das Ausschweifende und Abentheuerliche[3], das an jedem andern Orte verwerflich wäre, kann hier wahres Eigenthum werden. Man kann selbst Feenpaläste errichten, sie dieser oder jener Feengottheit widmen, sie mit allem Wunderbaren der Zeit[3], woraus sie entlehnt sind, füllen, hier den Orlando des Ariost, oder Wielands weit mehr zauberische Werke, Idris, Amadis, und Oberon, ausstellen, die Wände mit Gemälden von Kämpfen der irrenden Ritterschaft mit Riesen und Ungeheuern, von bezauberten Schlössern, von entführten Prinzessinnen und andern seltsamen Begebenheiten schmücken. Alles aber sey sorglos, wild und kühn hingeworfen; nichts verrathe ängstliches Bestreben nach Kunst[13] und Zierlichkeit. Die Bauart muß seltsam, regellos, abweichend von dem gewöhnlichen Gepräge und den angenehmen Verhältnissen der griechischen[4] Architectur seyn; etwa wie in diesem 〈113〉 Gebäude [...]. ➢ Volltext.
[14]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. I (1804), 22
: Denn wie das organische[3] Reich das mechanische aufgreift, umgestaltet und beherrschet und knüpft, so übt die poetische[4/1/3] Welt dieselbe Kraft an der wirklichen und das Geisterreich am Körperreich. Daher wundert uns in der Poesie[11/15/14] nicht ein Wunder, sondern es giebt da keines, ausgenommen die Gemeinheit. Daher ist – bey gleichgesetzter Vortrefflichkeit – die poetische[4/1/3] Stimmung auf derselben Höhe, ob sie ein ächtes Lustspiel oder ein ächtes Trauerspiel, sogar dieses mit romantischen[2/4] Wundern aufthut [...]..
[15]
Klein, Rheinreise (1828), 35
: Dem Rochusberg gegenüber steigt man bei [...] Rüdesheim ans Land [...]. [...] Aufwärts fesselt den Blick des Landenden eine gothische Warte des Mittelalters mit kleinern Steinthürmchen am Dache, zwischen denen Epheu und grünes Gebüsch sich herausdrängt. Unwillkührlich sieht er sich in das Romantische der Kreuzzüge versetzt, kaum daß die freundliche Häuserreihe am Ufer und das geschäftige Leben in den Kähnen ihm die Gegenwart wieder näher bringen können..
[16]
Klein, Rheinreise (1828), 56
: Bingen bis St. Goar. | Erwartungsvoll zögert der Wanderer vor dem schauerlichen Eingange des Felsenthals, in welches wildrauschend der eingeengte Strom mit stürmischem Gebrause sich stürzt. Das Idyllische hört auf und das Romantisch3/2/4/13]-Epische beginnt. Er betritt das eigentliche Gebiet der Vorzeit, wo der unruhige, aber kräftige Ritter mit seinen Knappen haußte. Schon sieht er die alten[11] Wartthürme emporsteigen, er glaubt das Horn des Lugeners zu vernehmen; der ernste Geist[12] vergangener Jahrhunderte, über Heldengräbern wehend, haucht ihn an. [...] 〈57〉 [...] Jetzt treten gewaltige Steinwände zu beiden Seiten vor..
[17]
Klein, Rheinreise (1828), 272
: Hier ist die wahre Heimath aller schauerigen Rheinsagen, Geister- und Gespenstergeschichten. Flußweibchen bewohnen die Tiefe und ziehen den Schiffer herab, Feen und bezauberte Ritter hausen in Klüften und Holzungen, dem Reisenden manchen übeln Streich spielend. Immer noch tanzen Hexen in den Mainächten auf den Bergflächen. Man könnte einen Folioband mit abentheuerlichen[3] Erzählungen füllen, unter denen wahrhaft romantische sind..
[18]
Klein, Rheinreise (1828), 336
: Nicht lange nach Entstehung ihres Ordens kamen die Väter der Gesellschaft Jesu nach Köln. Sie erbauten hier um 1636 die prachtvolle Maria-Himmelfahrtskirche. [...] Sehr früh erwähnen Urkunden einer St. Pantaleonskirche und zwar schon um 670. Die romantische Sage setzt eines der vier Haimonskinder, den h. Reinhold, Verwandten Carls des Großen, als Mönch hierher. .
[19]
Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXV (1818), 153
: Es war noch ein Ueberbleisel des Geistes[14] der Galanterie und der ritterlichen Tapferkeit, der in diesem Zeitpunkte ganz Europa und besonders Spanien, unter der Herrschaft der Araber, belebte. Der Ritter Quinnones war von diesem romantischen Geiste[14] beseelt und vertheidigte unterstützt von neuen Helden, gleich ihm, im Jahre 1434 den Paß bei Obriga..
[20]
Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 720 f.
: Wir finden in jeder Poesie[11] romantische Partien. So fehlt es dem griechischen[2], als auch dem nordischen Fabelkreise nicht an reizenden romantischen Einzelnheiten; nur der [sic] eigentliche vorherrschende Charakter[5], der [sic] wahre Geist[12] des Romantischen findet man in den provenzalischen 〈721〉 Dichtern[3], und in dem Mythenkreise der eigentlichen alten[11] Ritterromane, der dem Süden von Europa angehört, und sich von da erst weiter ausgebreitet hat. Diesen romantischen Geist[12] finden wir zuerste in Spanien und Frankreich. In Spanien verschaffte der Kampf der Christen mit den Mohren, das allmählige Aufkommen christlicher Königreiche, der romantischen Poesie[1], Zunder und Nahrung; denn die ritterlichen Spiele und Thaten; die großen Feste, die unter verschiedenen Gestalten, bald in den geräumigen hochgewölbten Sälen der Palläste, bald im grünen Walde, unter dem schützenden Laubdache majestätischer Bäume abgehalten wurden, und woran Könige und Herzöge Theil nahmen, und sich mit den Rittern, Damen und Dichtern[1] unter Spiel und Gesang belustigten, trugen einen eigenen Zauber. [...] Hierzu kamen nun noch die Kreuzzüge, die gerade in jenen Ländern die meiste Theilnahme fanden, und das romantischste Gemälde in der ganzen Geschichte[3] abgeben, woraus sich dann in Frankreich die schönen[1] Dichtungen von Carl dem Großen, seinen Pärs, seinen Kämpfen mit den Mauren etc. entfalteten. Von Frankreich und Spanien gelangte die Romantik[3] auch nach England und Deutschland. Im ersteren Reiche finden wir das echt Romantische in dem Mythus vom fabelhaften König Uterpendragon, dem Erneurer des heiligen Graals, von Arthus etc. ausgebildet, und in Deutschland, im Süden desselben, geschah die Ausbildung des Romantischen, jedoch 〈722〉 nicht in dem Umfange, wie in Spanien, Frankreich und England, durch die Minnesänger..
[21]
Nissen, Mozart (1828), 502
: Figaro machte erst wenig Glück. Besonders sagte man: Die Musik[2] ist für eine komische Oper zu schwer und zu weit ausgesponnen. Eben so sey es mit Don Juan. Die Musik[2] ist für eine romantische Oper zu 〈503〉 gelehrt, zu vollgestopft von künstlich gearbeiteter Harmonie..
[22]
Novalis, an Chr. G. Wolf (
?1789), NS 4, 66
: Du lehrtest mir wandeln mit Ariost | Und Tasso durch wahre Labyrinthe | Von Fabeln und durch ein mäeandrisches Gewinde | Von Heldenthaten und Zaubereyn | Verwandlungen, Reisen und Feeereyn, | Und kurz von dem was pflegt in romantischen Zeiten[14] zu seyn..
[23]
Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 280, Nr. 234
: Romant[ik][1] etc. Märchen. Nessir und Zulima. Romantisirung der Aline. Novellen. Tausend und Eine Nacht. Dschinnistan. La Belle et la Bète. Musaeus Volksmärchen. Romantischer[2/8/10] Geist[12] der neuern[3] Romane[1]. Meister. Werther. Griechische[2?] Volksmährchen. Indische Märchen. Neue[1] originelle Märchen. In einem ächten Märchen muß alles wunderbar – geheimnißvoll und unzusammenhängend seyn – alles belebt. Jedes auf eine andre Art. Die ganze Natur[2] muß auf eine wunderliche Art mit der ganzen Geisterwelt vermischt seyn..
[24]
Novalis, Aftdg I (*1799–1800; 1802), 99
: Das Land der Poesie[14/11/1?], das romantische[2/7/8/1?] Morgenland[2], hat euch mit seiner süßen Wehmuth begrüßt [...]..
[25]
Pückler-Muskau, Andeut. Landsch. (1834), 179
: Die sogenannte innere Burg [...] mit dem einzelnen hohen Wartthurm [...] soll zu einer herrschaftlichen Wohnung und der Thurm zur Feuerwacht benutzt werden, die bei den häufigen Waldbränden in unserer Gegend nur zu nöthig ist. Uebrigens könnte immer noch, fände man dies analoger und romantischer, auch ein moderner[9] Seni sich daneben in ungestörter Einsamkeit mit der Astrologie beschäftigen, oder etwa ein Goldmacher, die keineswegs ausgestorben sind, sein Wesen treiben – ja selbst das bei allem Ritterthume so obligate Rüdengebell würde nicht fehlen, da der Zwinger für die Jagdhunde dorthin verlegt wird..
[26]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 669
: Ariosto hat eine sehr bekannte mythologische Welt, in der er sich bewegt. Der Hof Karls des Großen ist der Olymp des Jupiter der Ritterzeit. Die Sagen von den zwölf Paladinen sind und waren nach allen Seiten verbreitet und gehörten allen gebildeteren Nationen[1], den Spaniern, Italienern, Franzosen, Deutschen, Engländern gemeinschaftlich an. Das Wunderbare hatte sich vom Christenthum aus verbreitet und in der Berührung mit der Tapferkeit der späteren Zeit[3] sich zu einer romantischen Welt entzündet. Auf diesem glücklicheren Boden nun konnte der Dichter nach Willkür schalten, neu erfinden, schmücken. Alle Mittel standen ihm zu Gebot, er hatte Tapferkeit, Liebe, Zauberei, er hatte zu dem allem noch den Gegensatz des Morgen-[2] und Abendlandes[2] und der verschiedenen Religionen. ➢ Volltext.
[27]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 671
: Die schönste[1] Gestalt des Dichters [sc. Ariosto], durchaus romantisch[2/7] und zart gedacht, ist Bradamante, die Waffen anlegt und auf Abenteuer ausgeht für den Geliebten [...]. ➢ Volltext.
[28]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 672
: Die [...] Charaktere[7] des romantischen[12/2] Epos oder des Rittergedichts sind hinreichend, seine Verschiedenheit und Entgegensetzung mit dem antiken[2] Epos zu zeigen. Wir können das Wesen desselben so aussprechen: es ist durch den Stoff episch, d. h. der Stoff ist mehr oder weniger universell, durch die Form aber ist es subjektiv, indem die Individualität des Dichters dabei weit mehr in Anschlag kommt, nicht nur darin, daß er die Begebenheit, welche er erzählt, beständig mit der Reflexion begleitet, sondern auch in der Anordnung des Ganzen, die nicht aus dem Gegenstand selbst sich entwickelt, und [...] überhaupt keine andere Schönheit[1] als die Schönheit[1] der Willkür bewundern läßt. An und für sich schon gleicht der romantisch[12/1/2/4]-epische Stoff einem wild verwachsenen Wald voll eigenthümlicher Gestalten, einem Labyrinth, in dem es keinen andern Leitfaden gibt als den Muthwillen und die Laune des Dichters. ➢ Volltext.
[29]
Schiller, Prob. teut. Aen. (1781), NA 22, 179
: Zuvörderst erlaube er mir zu sagen, daß es kein geringes Wagstück ist, das Abenteuer mit dem delikaten Lateiner zu bestehen, der, wie Hr. Übersetzer selbst in der Vorrede gesteht, sich besonders durch Harmonie und Eleganz ausnimmt. (Ich möchte sagen, der wohl seine ganze Größe in dem Ausdruck Homerischer Schildereien hat.) In einer Übersetzung fällt dies alles weg – Hier finden wir den erst angebeteten Meister als einen gewöhnlichen Kopf, der die kühnen freien Naturgemälde des Griechen mit nicht seltener ängstlicher Kunst kopiert oder gar durch unrechte Stellungen herabgewürdigt und aus dem unerschöpflichen Magazin seines Vorgängers romantische Helden und Wundermärchen zusammengestoppelt hat, ohne genug philosophischen Zusammenhang, ohne jene große erhabene Einfalt des Iliumsängers, die auf Geist und Herz so gewaltig würkt – Nacket und unbeschützt liegen jetzt seine Mängel vor unsern kritischen[3] Augen, die sich vorhin in das 〈180〉 reizende Kleid des Ausdrucks versteckt hatten – Da steht der große Virgil wie ein federloser Pfau – gegen den Mann Homer ein unbärtiger Knabe..
[30]
Schiller, an Chr. G. Körner (7. 5. 1785), NA 24, 5
: Glük zu also, glük zu, dem lieben Wanderer, der mich auf meiner romantischen[2/4] Reise zur Wahrheit, zum Ruhme, zur Glükseligkeit so brüderlich und treulich begleiten will..
[31]
Schiller, an Goethe (26. 6. 1797), NA 29, 88 f. (89)
: Wenn ich Sie neulich recht verstanden habe, so haben Sie die Idee, Ihr neues[3] episches Gedicht, die Jagd, in Reimen und Strophen zu behandeln. Ich vergaß neulich, ein Wort[2] darüber zu sagen, aber diese Idee leuchtet mir ein, und ich glaube sogar, daß dieß die Bedingung 〈88〉 seyn wird, unter welcher allein dieses neue[3] Gedicht neben Ihrem Hermann bestehen kann. Ausserdem, daß selbst der Gedanke des Gedichts zur modernen[1] Dichtkunst geeignet ist und also auch die beliebte Strophenform begünstigt, so schließt die neue[5] metrische Form schon die Concurrenz und Vergleichung aus, sie giebt dem Leser eben sowohl als dem Dichte[r] eine ganz andere Stimmung, es ist ein Concert auf einem ganz andern Instrument[3]. Zugleich participiert es alsdann von gewißen Rechten des romantischen[12/2/4] Gedichts, ohne daß es eigentlich eines wäre, es darf sich wo nicht des wunderbaren doch des Seltsamen und überraschenden mehr bedienen, und die Löwen und Tieger-Geschichte[8], die mir immer außerordentlich vorkam, erweckt dann gar kein Befremden mehr. Auch ist von den Fürstlichen Personen und Jägern nur ein leichter Schritt zu den Ritterfiguren, und überhaupt knüpft sich der vornehme Stand, mit dem Sie es in diesem Gedicht zu thun haben, an etwas Nordisches und Feudalisches an; die griechische[2] Welt, an die der Hexameter unausbleiblich erinnert, nimmt diesen Stoff daher weniger an, und die mittlere und neue[9] Welt, also auch die moderne[1] Poesie[22], kann ihn mit Recht reclamieren..
[32]
Schiller, an Goethe (24. [23.] 7. 1799), NA 30, 74
: Tiek aus Berlin hat Sie besucht, ich bin begierig wie Sie mit ihm zufrieden sind, da Sie ihn länger gesprochen haben. Mir hat er gar nicht übel gefallen, sein Ausdruck ob er gleich keine große Kraft zeigt ist fein, verständig und bedeutend, auch hat er nichts kokettes noch unbescheidenes. Ich hab ihm, da er sich einmal mit dem Don Quixote eingelassen, die spanische Litteratur sehr empfohlen, die ihm einen geistreichen Stoff zuführen wird, und ihm, bei seiner eigenen Neigung zum Phantastischen[2] und Romantischen, zuzusagen scheint. So mußte dieses angenehme Talent fruchtbar und gefällig wirken, und in seiner Sphäre seyn..
[33]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 58
: Vom Volksaberglauben, der sich zum ursprünglichen Mythus ungefähr so verhält, wie die Volkspoesie nach der entstandenen Prosa[1] zur Naturpoesie vor derselben, muß noch unterschieden werden, wenn der poetische[2] Geist[12] der Sitten und Verfassung eines Volkes[1], oder selbst eines einzelnen Standes nach Erlöschung der mythischen Nationalreligion wieder jenen Partialmythus hervorbringt, z. B. die romantische[12/2] Ritterfabel des Mittelalters. Diese neumythischen Dichtungen können füglich, wenn sie vom Volke[5] gedichtet sind, nicht so feinen Geist[12] und reinen Geschmack haben, als wenn fühlende Dichter[1] sie schaffen. Diese müßten also jenen ohne Not verfeinern und ausbilden..
[34]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 68
: Tasso, Gierusalemme liberata, dichtete nach dem Ariosto, der ein äußerst glänzendes romantisches[12/2/7/8] Rittergedicht geschrieben hatte; nach dem Muster Homers und Virgilius' wollte er schreiben, aber die romantische[12/2/7/8] Poesie[11] hatte zu großen Einfluß auf sein Gedicht. Das Ritterwesen, wobei sich das Feenhafte, Wunderbare mit einmischte (Zauberwesen), bekommt hier, da ihm eine große Keuschheit und Heiligkeit verliehen ist, einen großen Zauber, und zweitens das Katholische gab seinem Gedichte große Eigentümlichkeiten [...]..
[35]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. II (
!1802–03), KAV 1, 546
: Andre Hervorbringungen können nur im Zusammenhange einer gewissen Nationalbildung verstanden werden; so vornämlich das Theater. So kann man die Französische Tragödie, 〈wiewohl sie ganz und gar nicht romantisch[2/4/8]〉, nicht als Nachbildung, oder wie die Franzosen selbst meynen als Vervollkommnung der antiken[2] Tragödie betrachten [...]..
[36]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 59
: Von dieser Zeit[7] an, gegen die Mitte des 18ten Jahrhunderts, wird nun von vielen das goldne Zeitalter der Deutschen Literatur gerechnet. Es traten damals ungefähr zugleich auf [...] Uz, Gleim, Kleist, Ramler, Geßner, dann Lessing, und Wieland der eben so früh, zum Theil unter Bodmers Leitung aufgetreten war, gelangte erst eine Anzahl Jahre später zu seiner eigenthümlichen und noch fortdauernden Celebrität. [...] Die ganze Periode gründlich zu charakterisiren und zu würdigen, das würde sich nicht so in der Kürze thun lassen, und unserm Zwecke fremd[5] seyn, indem die meisten dieser Dichter[1] anerkanntermaßen gar nicht darauf ausgegangen sind, romantisch[14/2/4/8] zu seyn..
[37]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 194
: Der letzte Schluß der romantischen[12/2] Poesie[11]. Gozzi knüpft sich an nichts an. Hätte ohne den Calderon zu kennen nicht so viel geleistet..
[38]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 137 f. (138)
: Corneille war auf dem besten Wege von der Welt, als er den Cid, eine Geschichte[9] aus dem Mittelalter, bey einem verwandten Volke[1] vorgefallen, eine Geschichte[9], worin durchaus ritterliche Liebe und Ehre herrscht, deren 〈138〉 Hauptpersonen nicht einmal von fürstlichem Range sind, auf die Bühne brachte. Eine Menge Vorurtheile über das tragische Ceremoniell wären von selbst weggefallen, wenn man diesem Beyspiele gefolgt wäre; durch größere Wahrheit, durch verständliche, aus der noch geltenden Sinnesart entlehnte Motive, wäre das Trauerspiel dem Herzen befreundeter geworden; die Beschaffenheit der Gegenstände würde von selbst von der steifen Beobachtung misverstandener Regeln der Alten[10] abgelenkt haben, wie sich denn Corneille auch nirgends weiter davon entfernt hat, als gerade in diesem Stück, freylich in Nachfolge seines spanischen Vorbildes; mit Einem Wort[2], das französische Trauerspiel hätte national und wahrhaft romantisch[14/2] werden können..
[39]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.1 (1809), 180 f. (181)
: Die Gelehrten [...] rügten, in ihrer Unfähigkeit, sich historisch in ein andres Zeitalter zu versetzen, [an Corneilles Cid] [...] vermeynte Unwahr〈181〉scheinlichkeiten und Unschicklichkeiten *).
*) Scuderi spricht sogar von der Chimene als einem Ungeheuer, und nennt das Ganze kurzweg: „Ce mechant combat de l'amour et de l'honneur.“ Allerliebst! Der Mann verstand sich aufs Romantische[14/2]. ➢ Volltext.
[40]
F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 90, Nr. 65
: Als Vorübung zur Rom[antischen][1] π [Poesie][1] außer der Sat[irischen], auch Idyll[ische] und die μιμ [mimische] vorzügl[ich]. – Die Satire ist sehr empfänglich für Aeußerung der sittlich[en], wissenschaftl[ichen], gesellschaftl[ichen], bürgerl.[ichen] Bildung[5]. – Das arabische, romantische[2/7], absolut Wunderbare auch eine Vorübung zum Roman[1]. 〈Alle 〈91〉 Dichtart[en], die drei alten[10] classisch[en][5] ausgenommen. Diese Bestandtheile dann zu einer progressiven[3] Einheit verknüpft.〉.
[41]
F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 83
: Liebe, Freundschaft und edle Gesellschaft wirkten [...] eine schöne[2] Revoluzion in seinem [Shakspeare's] Geiste[19]; die Bekanntschaft mit den zärtlichen Gedichten des bey den Vornehmen beliebten Spenser gab seinem neuen[1] romantischen[2/4] Schwunge Nahrung, und dieser mochte ihn zur Lektüre der Novellen führen, die er [...] fantastisch[2] reizend dramatisirte. Diese Ausbildung floß nun auch auf die historischen Stücke zurück, gab ihnen mehr Fülle, Anmuth und Witz[1] und hauchte allen seinen Dramen den romantischen[2/4] Geist[12] ein, der sie in Verbindung mit der tiefen Gründlichkeit am eigensten charakterisirt, und sie zu einer romantischen[2/4] Grundlage des modernen[1] Drama constituirt, die dauerhaft genug ist für ewige Zeiten[2]. ➢ Volltext.
[42]
F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 51
: Es ist natürlich[4] genug, die Teseide mit dem Filostrato zusammen zu stellen; beides erzählende Gedichte in Ottave Rime, beides romantische[2/12] Liebesgeschichten in die griechische[2] Heldenzeit verlegt, und beides Werke der frühesten Epoche des Dichters. ➢ Volltext.
[43]
F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 55
: [S]päterhin beschränkten sich die Italiäner auf ihre eigne Nationalität, begnügten sich nur mit dem, was ihre ersten Dichter von den Provenzalen genommen hatten, oder wagten Versuche, den Dichtern des römischen Alterthums[3] nachzueifern. | Nicht so in der spanischen Poesie[11]; sie eignete sich von allen Seiten her ausländische Formen und Reize an, die verschiedensten romantischen[2/4/5/6/7/8] Elemente treffen hier zusammen, um endlich die vollkommenste und farbigste Blüthe der Phantasie[1] hervorzubringen und zum höchsten Glanz zu vollenden. ➢ Volltext.
[44]
F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 55
: [S]päterhin beschränkten sich die Italiäner auf ihre eigne Nationalität, begnügten sich nur mit dem, was ihre ersten Dichter von den Provenzalen genommen hatten, oder wagten Versuche, den Dichtern des römischen Alterthums[3] nachzueifern. | Nicht so in der spanischen Poesie[11]; sie eignete sich von allen Seiten her ausländische Formen und Reize an, die verschiedensten romantischen[3/3/4/5/6/7] Elemente treffen hier zusammen, um endlich die vollkommenste und farbigste Blüthe der Phantasie[1] hervorzubringen und zum höchsten Glanz zu vollenden. ➢ Volltext.
[45]
F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 468
: So wie die spanische Monarchie bis um die Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts die größte und glänzendste in Europa, der spanische Nationalgeist der entwickeltste war, so stand auch die Bühne zu Madrid, der lebendige Spiegel dieses Nationallebens, am frühesten in reichem Flor. Diesen Reichthum und die Fülle der Empfindung hat das übrige Europa immer anerkannt, weniger die eigenthümliche Form und Bedeutung, den eigentlichen Sinn[2] und Geist[12] dieses spanischen Schauspiels. Hätte es auch nur den Vorzug, daß es durchaus romantisch ist, so würde es schon dadurch sehr merkwürdig, es würde lehrreich seyn, an diesem Beyspiel zu sehen, welche Art von dramatischer Dichtkunst denn aus der Ritterpoesie, überhaupt aus der dem neueren[3] Europa und dem Mittelalter eigenthümlichen Richtung der Fantasie[1] hervorgehen könne. ➢ Volltext.
[46]
L. Tieck, W. Lovell I (1795), 147
: Ich erinnere mich lebhaft aus den wenigen goldenen Tagen meines Lebens, wie meine ganze Seele nur ein einziges Gefühl der Liebe[2] ward, wie jeder andre Gedanke, jede andre Empfindung für mich in der Welt abgestorben war; in die finstern Gewölbe eines romantischen[2/8] Haines war ich so tief verirrt, daß nur noch Dämmrung mich umschwebte, daß kein Ton[1] der übrigen Welt an mein Ohr[2] gelangte. ➢ Volltext.
[47]
L. Tieck, Vorr. Minnelied. (1803), 493 f. (494)
: Unter den Dichtern aber erreichte Racine in Sprach- und Verskunst eine harmonische Vol〈494〉lendung, wie sie nach meinem Gefühl weder Milton im Englischen, noch auch Virgil im Römischen haben, und die nachher in der französischen Sprache[3] nie wieder erreicht worden ist. Für das Ganze der Poesie[1] hätte man wohl wünschen mögen, daß für die Dichtersprache besonders, neben dieser kunstreichen Vollendung, auch etwas mehr Freyheit[9] übrig gelassen wäre; daß man die altfranzösische Poesie[11] der Ritterzeit, die doch so vieles Schöne[1] und Liebliche, in Erfindung und Sprache[3] hervorgebracht, nicht so ganz unbedingt und ohne Ausnahme verworfen, verachtet und vergessen hätte. Man hätte immer, wie ja auch von den Italienern und andern Nationen[1] geschehen war, einen kunstreichern und ernstern Styl mit dem dichterischen Geist[12] der Ritterzeit verbinden können. Die französische Poesie[1] und die Sprache[3] würde dann etwas mehr von jenem romantischen[2/7] Schwunge und jener alten[6] Dichter-Freyheit[9] erhalten haben, die ihr Voltaire so oft zurück wünscht, und die er ihr auch obwohl zu spät und nur mit halbem Gelingen zum Theil wieder zu geben suchte. ➢ Volltext.