[1]
v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), VII f.
: Zwar erscheint der Raum vom zwölften bis sechzehnten Jahrhundert für eine solche Zusammenstellung gleichartiger Werke etwas groß: aber einmal umfaßt er wirklich eine Periode, ein gleichartiges organisches Ganzes, von seiner kräftigen Jugend bis zum Alter und Tode; sodann drängt sich die bei weitem größte Fülle ihrer Hervorbringungen in das zwölfte und dreizehnte, fast nur in 〈VIII〉 Ein Jahrhundert zusammen; und endlich läuft in mehren einzelen Abteilungen auch die historische Folge, gleichsam synchronistisch hin.
[2]
F. Schlegel, Philos. Lehrj. II (*1798), KFSA 18, 50, Nr. 315
: Im Spinosa ist das Verhältniß d[er] Theile nicht bloß abstract, sondern auch organisch, aber doch wohl nicht progreßiv[3].
[3]
G. Forster, Ganz. d. Nat. (*1781; 1794), 312
: Zwar erwacht zuweilen noch ein vielfassender Kopf, der, in mehreren Wissenschaften[2] gleich groß, nicht an ihrer Fläche dahinschwebt, sondern ihre Tiefen versucht und ergründet. Allein wie selten wird der Welt ein solches Göttergeschenk? Oft ist ausgebreitete Gelehrsamkeit dieser Art ein bloßes Gedächtnißwerk, welches die Urtheils- und Anschauungskräfte entnervt. [...] Statt des Verstandes[1] gilt noch öfter Witz[2], der nicht nach strengen und bewährten Regeln schließt, der Resultate ahnden[3] und errathen will, sich aber übereilt und die Wahrheit öfter verfehlen als treffen kann [...]. Nur wahres Genie[2] dringt in das finstre Chaos der Gelehrsamkeit, und schafft es zur organischen Gestalt um: es verdauet gleichsam das Ganze, und bereitet aus seiner heterogenen Mischung gesunden, gleichartigen Lebenssaft. Mit kühnen aber sichern Schritten nahet es sich der Wahrheit, als seinem Ruhepunkte, und verschwendet, um dahin zu gelangen, keine Kraft 〈313〉 umsonst: mit eigenthümlichem Scharfsinn verkettet es Erfahrungen, und ergreift die entferntesten Resultate eines geprüften Satzes, fast in dem Augenblicke des Anschauens; ja, es fühlt schon sympathetisch die neue Wahrheit am Ende einer Reihe von Schlüssen, ehe noch der Fleiß des alltäglichen Denkers ein Glied dieser Schlußfolge berichtigen kann..
[4]
Kugler, Gesch. dt. Kunst (1842), 282
: Die eigentliche Perle [...] ist die Kirche zu Offenbach am Glan. [...] Sie ist eins der allermerkwürdigsten frühgothischen Bauwerke in Deutschland, und sie bildet als solches ein ungemein interessantes[1] Seitenstück zu der im Jahr 1224 gegründeten Liebfrauenkirche zu Trier [...]. Aber während die letztere aus dem primitiven französisch-gothischen Säulenprincip hervorgegangen ist, läßt die Kirche von Offenbach ihren Ursprung aus dem nationell deutschen Princip des gegliederten romanischen[4] Pfeilers deutlichst erkennen; und gerade diese Erscheinung ist ein recht charakteristisches[4] Merkzeichen, wie die deutsche Kunst[4] von vornherein darauf ausgehen mußte, die Einseitigkeit der französischen Grundform (die allerdings zwar für die Entwickelung des gothischen Styles nothwendig war) zu einem mehr organischen Leben durchzubilden. [...] Uebrigens ist von ausschließlich romanischen[4] Elementen in der in Rede stehenden Kirche kaum etwas anderes zu bemerken, als die noch nicht beseitigten Rundbogenfriese im Aeußern und gewisse phantastische[2] Ornamente in den Capitellen; in allem Uebrigen herrscht bereits entschieden, ob auch noch sehr streng und noch gebunden, die gothische Gefühlsweise vor..
[5]
Novalis, Blüthenstaub (1798), 90, Nr. 70
: Unsere Sprache[4] ist entweder mechanisch, atomistisch oder dynamisch. Die ächt poetische[4] Sprache[4] soll aber organisch, lebendig seyn. Wie oft fühlt man die Armuth an Worten[1], um mehre Ideen mit Einem Schlage zu treffen. .
[6]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 357
: Der ist noch sehr weit zurück, dem die Kunst[10] nicht als ein geschlossenes, organisches und ebenso in allen seinen Theilen nothwendiges Ganzes erschienen ist, als es die Natur[2] ist. Fühlen wir uns unaufhaltsam gedrungen, das innere Wesen der Natur[2] zu schauen, und jenen fruchtbaren Quell zu ergründen, der so viele große Erscheinungen mit ewiger Gleichförmigkeit und Gesetzmäßigkeit aus sich herausschüttet, wie viel mehr muß es uns interessiren, den Organismus[8] der Kunst[10/2] zu durchdringen, in der aus der absoluten Freiheit[10] sich die höchste Einheit und Gesetzmäßigkeit herstellt, die uns die Wunder unseres eignen 〈358〉 Geistes[19] weit unmittelbarer als die Natur[2] erkennen läßt. ➢ Volltext.
[7]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 645
: Der Geist[12] der modernen[1] Zeit[3], der im Allgemeinen schon früher dargestellt worden ist, bringt die Beschränkung der modernen[1] Lyrik in Ansehung der Gegenstände mit sich. Bild und Begleitung eines öffentlichen und allgemeinen Lebens – eines Lebens in einem organischen Ganzen – konnte die Lyrik in den modernen[1] Staaten nicht mehr werden. Es blieben für sie keine andern Gegenstände als entweder die ganz subjektiven, einzelne momentane Empfindungen, worein sich die lyrische Poesie[11] auch in den schönsten Ergüssen der spätern Welt verloren hat, und aus denen nur sehr mittelbar ein ganzes Leben hervorleuchtet, oder dauernde auf Gegenstände sich beziehende Gefühle, wie in den Gedichten des Petrarca, wo das Ganze wieder eine Art von romantischer[1] oder dramatischer Einheit wird. ➢ Volltext.
[8]
Schelling, Philolog.-hist. Klass. (*1818), SW I, 8, 468
: Die Sprache[1] an sich ist ein vollendetes Ganzes und bis in jeden Theil organisch gebildet. Denkt man aber Philologie als Erklärung, Beurtheilung und Auslegung alterthümlicher Denkmäler, es sey der redenden oder bildenden Kunst, so hat sie hier den Vortheil eines schon an sich abgeschlossenen Gegenstandes. Aber auch als Alterthumswissenschaft, es sey, daß sie das öffentliche Leben, oder Staats-Verfassungen, Gesetze, Sitten, oder religiöse Formen der alten[9] und besonders der classisch[3/5] gebildeten Völker[1] untersuche, schließt sich ihr alles in einzelne Kreise ab, in denen sie sich der Vollständigkeit – nicht des Wissens, aber doch des Gebrauchs der vorhandenen Mittel vollkommen versichern kann..
[9]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 455
: Es giebt kein andres Mittel sich der Gewalt des Schicksals zu entziehen, als sich in die Arme der Vorsehung zu werfen. Dieß that denn auch die Welt, als das Schicksal eben an allem Großen und Herrlichen des Alterthums[3] seine letzten Tücken übte; als die schöne[1] Kunstwelt Griechenlands nach Gesetzen der organischen Auflösung in sich zerfallen war, und die prachtvolle Weltherrschaft Roms durch die Last ihrer eignen Größe erdrückt ward, und die Nemesis des Römischen Übermuthes in barbarischen Horden hereinbrach. Da verlohren die alten[10] Götter[4] ihre Kraft, die laute Freude der Feste schwieg[4], die Orakel verstummten, und der Mensch[1], gleichsam aus seinem 〈geliebten〉 irdischen Wohnsitze ohne Rückhalt vertrieben, mußte eine höhere geistige Heimath suchen..
[10]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 147
: Heutiges Tages, wo den meisten Menschen[1] und Nationen[1] die Idee von der organischen Bildung[10] und Construction eines poetischen[4] oder überhaupt Kunstganzen durchaus abhanden gekommen, geht es dem Dante eben, wie andern großen romantischen[12] Dichtern[1] z. B. Shakspeare und Cervantes, denen man eine Auszeichnung zu erweisen glaubt, wenn man sie Stellenweise lobt..
[11]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!
1803–04), KAV 3, 57
: Es dürften aber auch alle einzelnen Classiker in den verschiednen Fächern übertrefflich seyn, so könnte dennoch das gesamte classische Alterthum unübertrefflich bleiben: denn es ist ein Ganzes, und zwar nicht als bloßes Aggregat gleichartiger Theile, sondern dem eine innere Einheit und Harmonie beywohnt. Eben diese vermissen wir bey unsrer modernen, aus sehr ungleichartigen Bestandtheilen zusammengeschlossenen, oft in sich widersprechenden und unverhältnißmäßigen Bildung, die, wie es scheint, immer noch zu sehr im Werden begriffen ist, als daß wir 〈
mit Sicherheit〉
über sie urtheilen könnten. In diesem Chaos zum Theil großer Bestrebungen, worin wir uns noch befinden, ist das classische Alterthum mit seiner einfachen Vollendung gleichsam [...] ein Typus gesetzmäßiger organischer
Geistesbildung; das Vorbild der Alten dient den neuen Erweiterern auf dem noch unbekannten Ocean, welchen sie befahren, als Leitstern und Compaß..
[12]
F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 158 f. (159)
: Die ganze Masse der modernen Poesie[11] ist ein unvollendeter Anfang, dessen Zusammenhang nur in Gedanken zur Vollständigkeit ergänzt werden kann. Die Einheit dieses theils wahrgenommenen, theils gedachten Ganzen ist der künstliche Mechanismus eines durch menschlichen Fleiß hervorgebrachten Produkts. Die 〈159〉 gleichartige Masse der Griechischen[2] Poesie[11] hingegen ist ein selbstständiges, in sich vollendetes, vollkommnes Ganzes, und die einfache Verknüpfung ihres durchgängigen Zusammenhanges ist die Einheit einer schönen Organisation[7], wo auch der kleinste Theil durch die Gesetze und den Zweck des Ganzen nothwendig bestimmt, und doch für sich bestehend und frey ist. – Die sichtbare Regelmäßigkeit ihrer progressiven[2] [⦿] Entwicklung verräth mehr als Zufall. Der größte wie der kleinste Fortschritt entwickelt sich wie von selbst aus der vorhergehenden, und enthält den vollständigen Keim der folgenden Stufe. ➢ Volltext.
[13]
F. Schlegel, Philos. Lehrj. III (*1798), KFSA 18, 123, Nr. 6
: Das Verhältniß zwischen φυ [Physik], Hist[orie], μυθ [Mythologie] ist nicht bloß mechanisch und abstract, sondern genetisch, organisch, progreßiv[2]..
[14]
F. Schlegel, Ideen (1800), 21/265, Nr. 95
: Alle classischen[
3]
Gedichte der Alten hängen zusammen, unzertrennlich, bilden ein organisches
Ganzes, sind richtig angesehen nur Ein Gedicht, das einzige in welchem die Dichtkunst selbst vollkommen erscheint. .