[1]
Hauff, Mem. d. Sat. I (1826), SW 1, 472
: „Was ist das, Fouquésche Romane?“ fragte der Lord. | „Das sind lichtbraune, fromme Geschichten[8] [...]. Herr von Fouqué ist ein frommer Rittersmann, der, weil es nicht mehr an der Zeit[8] ist, mit Schwert und Lanze zu turnieren, mit der Feder in die Schranken reitet, und kämpft, wie der gewaltigen Währinger einer. Er hat das ein wenig rohe und gemeine Mittelalter modernisiert, oder vielmehr unsere heutige modische Welt in einigen frommen Mystizismus einbalsamiert, und um fünfhundert Jahre zurückgeschoben. Da schmeckt nun alles ganz süßlich und sieht recht anmutig, lichtdunkel aus; die Ritter [...] treten hier mit einer bezaubernden Courtoisie auf, sprechen in feinen Redensarten, sind hauptsächlich fromm und kreuzgläubig. | Die Damen sind moderne[7] Schwärmerinnen, nur keuscher, reiner, mit steifen Krägen angetan, und überhaupt etwas ritterlich aufgeputzt. [...]“
[2]
Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 144
: Einen [...] Feind hatte die Bildnerinn der Sitten, die Poesie[1], an den Sitten [...] im mittleren Zeitalter. Kriegerischen Völkern[1] ertönt nur die Tuba; unterjochte, Bäurische Völker[1] sangen rohe Volksgesänge; Kirchen und Klöster Hymnen. Wenn aus dieser Mischung ungleichartiger Dinge nach Jahrhunderten ein Klang hervorging; so wars ein dumpfer Klang, ein vielartiges Sausen. [...] Er heißt Abentheuer, Roman; ein Inbegriff des wunderbarsten, vermischtesten Stoffs, der ursprünglich nur ununterrichteten Ohren[4] gefallen sollte, und sich [...] von der Vorwelt her über Meer und Länder in wilder Riesengestalt erstreckte. Von den Arabern her bestimmten drei Ingre〈145〉dientien den Inhalt dieser Sagen, Liebe, Tapferkeit und Andacht [...].
[3]
Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 280, Nr. 234
: Romant[ik][1] etc. Märchen. Nessir und Zulima. Romantisirung der Aline. Novellen. Tausend und Eine Nacht. Dschinnistan. La Belle et la Bète. Musaeus Volksmärchen. Romantischer[2/8/10] Geist[12] der neuern[3] Romane. Meister. Werther. Griechische[2?] Volksmährchen. Indische Märchen. Neue[1] originelle Märchen. In einem ächten Märchen muß alles wunderbar – geheimnißvoll und unzusammenhängend seyn – alles belebt. Jedes auf eine andre Art. Die ganze Natur[2] muß auf eine wunderliche Art mit der ganzen Geisterwelt vermischt seyn.
[4]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 677
: Der Roman, da er seiner näheren Verwandtschaft mit dem Drama gemäß mehr auf Gegensätzen beruht als das Epos, muß diese vorzüglich zur Ironie[1/3] und zur pittoresken[2] Darstellung gebrauchen, wie das Tableau im Don Quixote, wo dieser und Cardenio im Walde gegeneinander über sitzend beide vernünftig aneinander theilnehmen, bis der Wahnsinn des einen den des anderen in Aufruhr setzt. Ueberhaupt also darf der Roman nach dem Pittoresken[2] streben, denn so kann man allgemein nennen, was eine Art von dramatischer, nur flüchtigerer, Erscheinung ist. Es versteht sich, daß es stets einen Gehalt, einen Bezug auf das Gemüth, auf Sitten, Völker, Begebenheiten habe. Was kann in dem angegebenen Sinn pittoresker[2] seyn, als im Don Quixote Marcellas Erscheinung auf der Spitze des Felsens, an dessen Fuß der Schäfer begraben wird, den die Liebe für sie getödtet hat? | Wo der Boden der Dichtung es nicht begünstigt, muß der Dichter es erschaffen, wie Goethe im Wilhelm Meister; Mignon, der Harfner, das Haus des Onkels sind einzig sein Werk. Alles, was die Sitten Romantisches[4] darbieten, muß herausgewendet und das Abenteuerliche[3] nicht verschmäht werden, sobald es auch wieder zur Symbolik dienen 〈678〉 kann. Die gemeine Wirklichkeit soll sich nur darstellen, um der Ironie[1/3] und irgend einem Gegensätze dienstbar zu seyn. ➢ Volltext
[5]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 12
: Romanisch[1], Romance, nannte man die neuen[3] aus der Vermischung des Lateinischen mit der Sprache[3] der Eroberer entstandnen Dialekte[1]; daher Romane, die darin geschriebnen Dichtungen, woher denn romantisch[1/12/4] abgeleitet ist, und ist der Charakter[1] dieser Poesie[11] Verschmelzung des altdeutschen mit dem späteren, d. h. christlich gewordnen Römischen, so werden auch ihre Elemente schon durch den Namen angedeutet.
[6]
D. Schlegel, Gespr. Rom. Frz. (1803), 97
: [W]ie muß denn ein Roman seyn? – Er muß romantisch[7] seyn. – Wie? fragte Adelheid, ist Delphine nicht voll der zartesten Schwärmerei, voll von romantischen[7] Situationen? – [...] Nicht dergleichen meine ich [...], sondern den Geist[12] der Poesie[14], der die Schilderungen der Natur[2], der Charaktere[7] und Begebenheiten, in einem gewissen Sinne[1] beleben und durchwehen muß, um sie zu einem romantischen[7/1] Gedicht, oder Roman zu bilden; an Poesie[14] fehlt es der Delphine, deßhalb steht alles hart und einzeln da. – Aber [...] wenn nun einmal die Poesie[14] nicht die Absicht dieses Werks war, sondern vielmehr die Charakteristik gewisser Menschen, die Grundsätze ihrer Moralität und ihres Lebens, und ihre mannichfache Stimmungen auszumahlen? – Jede Absicht des Lebens [...] kann in einem Roman entwik〈98〉kelt werden, nur muß ein poetisches[1] Gemüth dieselben auffassen und darstellen, und nur dann kann diese Ansicht auch des gewöhnlichsten Lebens harmonisch werden [...]. [...] [E]in Roman muß ein Kunstwerk[2], muß Poesie[14] seyn; und hier ist von keiner andern als von der höhern Moralität die Rede, die auch die einzig wahre ist. Das andre ist conventionelle nothwendig gewordene Lebensregel, und findet nicht Statt in einem Kunstwerke[2]; die Poesie[14] ist an sich Moral, denn alle Gesetze der ewigen Güte sind Inspiration, Poesie[14].
[7]
A. W. Schlegel/C. Schlegel, Rez. Schulz (1797), 217
: Unter den zahlreichen Romanen, welche mit jeder Messe unsre Bücherverzeichnisse anschwellen, vollenden die meisten, ja fast alle, den Kreislauf ihres unbedeutenden Daseyns so schnell, um sich dann in die Vergessenheit und den Schmutz alter[1] Bücher in den Lesebibliotheken zurück zuziehen, daß der Kunstrichter ihnen ungesäumt auf der Ferse seyn muß, wenn er nicht den Verdruß haben will, sein Urtheil auf eine Schrift zu verwenden, die eigentlich gar nicht mehr existirt. [...] Der bloß sinnliche Romanenhunger muß gestillt werden, sey es durch welche Nahrung es wolle. Mit unüberwindlichem Abscheu gegen die zweyte Lesung auch des geistreichsten Buches verbindet sich eine Genügsamkeit, die sich selbst das Platte, Abgeschmackte und Abentheuerliche[5] gefallen läßt, wenn es nur neu[1] scheint; und bey der es bloß armseliger Umkleidungen bedarf, um dem Verbrauchtesten das Lob der Neuheit zu gewinnen. Seit sechs oder sieben Jahren stemmen sich alle Recensenten des heiligen 〈218〉 römischen Reichs, die in diesem Fache arbeiten, gegen die Ritterromane: aber die Menge der ritterlichen Lanzen und Schwerter dringt immer unaufhaltsamer auf sie ein. Vor den Fehmgerichten, den geheimen Bündnissen und den Geistern[1] ist vollends gar keine Rettung mehr.
[8]
J. Schopenhauer, Jugendlb. u. Wanderb. I (1839), 228 f. (229)
: In der ersten Hälfte der achtziger Jahre des letztvergangenen Jahrhunderts dämmerte noch keine Ahnung von der überschwenglichen Fluth romantischer[1] Dichtungen, die erst weit später Alles zu überschwemmen 〈229〉 begann, der deutschen Lesewelt auf. Nur wenig von dem wenigen Vorzüglichen, das damals in diesem Fache erschien, konnte bis zu uns gelangen. Klementine und ich sahen daher [...] uns genöthigt, wieder zu unsrer alten[1] Landbibliothek unsre Zuflucht zu nehmen, einer mehr als zwanzig Bände starken Sammlung aus dem Englischen übersetzter Romane, welche Klementinens Mutter besaß.
[9]
L. Tieck, an J. F. Cotta (Mai 1801), ZMF, 43
: Die Gartenwochen [⦿],ein dramatischer Roman[1] in 2 Theilen, Novellen, Märchen, Erzählungen und Gedichte, in eine sich darstellende Geschichte[10] verbunden.
[10]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. III (
21798), 1155
: Romántisch[3], [...] aus dem Franz. romantesque, welches [...] von Roman abstammet, aber nur in engerer Bedeutung von vorzüglich angenehmen und gleichsam bezaubernden Gegenden üblich ist, so wie sie in den Romanen und Ritterbüchern beschrieben werden..
[11]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 238
: Wir [...] merken nur an, daß wir die Prosa[5] des Romans mit dem Nahmen der romantischen[1] Prosa[5] [...] bezeichnen wollen. ➢ Volltext.
[12]
A. F. Bernhardi, Sprachlehre II (1803), 240
: Es ist aus dem obigen klar, daß die romantische[1] Prosa[1] von den Gattungen der prosaischen[1] Poesie[11] die Blüthe und Krone ist [...]. Denn diese ganze Gattung der Poesie[11] geht aus der Geschichte[7] hervor, und im Roman also, der eine historische Gattung ist, muß sie sich am 〈241〉 genauesten anschließen, und in ihrer höchsten Vollkommenheit darstellen können. ➢ Volltext.
[13]
A. F. Bernhardi, Anfangsgr. d. Sprw. (1805), 378
: 2) Der Roman soll sich seinem Inhalte nach von der Geschichte[7] unterscheiden, dies kann er aber nicht anders als dadurch, daß er ein Individuum als solches, zwar vollendet in künstlerischer Hinsicht, allein unbedeutend gegen den Zweck der Geschichte[1] aufstellt, der Roman ist Privatgeschichte und am nächsten kommt ihm unter den historischen Darstellungen die Biographie. | 3) Nur stellt freilich die letztere das Individuum in Beziehung auf den Staat und Weltbegebenheiten, seyen sie politischer, literarischer, oder religiöser Art auf, der Roman das Individuelle, das Leben an sich und die Poesie[14] in demselben. | 4) Dies alles drückt sich auch in der Sprache[4] aus. Sie muß [...] periodisch seyn, aber die epischen Perioden des Romans unterscheiden sich sehr von den lyrischen des Redners. Wenn diese unmittelbar auf den Affekt gehen: so geht die romantische[1] Periode auf das Historische 〈379〉 und schreitet mit der Milde und Ruhe des Geschichtsschreibers einher..
[14]
C. Böhmer, an Ch. Michaelis (Dez. 1787), C 1, 166
: Kniggens Roman [wohl Verirr. d. Philos.] ist, so viel ich meine, wohl das Beste was er geschrieben hat, und 〈167〉 er ist der Philo [sc. Knigge, Endl. Erkl.], wie uns Trebra, der es wohl von sichrer Hand hat, sagt. Böhmer glaubt es gleich, wie er die Entwicklung des Illuminaten Systems von Kniggen las, ich wiedersprach, weil ich in Philos Briefen[3] nicht Kniggens Ton[3] zu finden dachte, es ist aber gewiß..
[15]
Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 326
: Da die meisten Romane die Menschen[1] und Begebenheiten nicht so schildern, wie sie in der Natur[2] und in der wirklichen Welt erscheinen, sondern so, wie sie nach einem ästhetischen oder moralischen Ideale sein sollten, oder wie sie die oft überspannte Phantasie[3] des Dichters sich erträumt; so nennt man romantisch[7/4], im guten und schlimmen Sinne[1], alles, was entweder durch idealische[1] Vollkommenheit, oder durch abenteuerliche[3] Seltsamkeit und Verschrobenheit von dem Gewöhnlichen abweicht..
[16]
Ehrmann, Amalie (1788), 246
: So viel [...] kann ich Sie versichern, daß dieses mein Werkchen eine wahre Geschichte[8] und kein idealischer Roman ist. – Ich werde wohl nicht nöthig haben, für den Welt- und Menschenkenner diese Behauptung deutlicher zu erklären, wenn er den geraden, natürlichen[6] Gang meiner Geschichte[8] eingesehen hat, die so weit von den abentheuerlichen[3] Episoden, romanenhaften Windbeuteleien, u. s. w. entfernt ist, und blos bei der lieben Natur[21], bei wirklichen Auftritten aus dem menschlichen Leben stehen bleibt..
[17]
Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 437 f. (438)
: Das Publikum[3] ist es schon zu gewohnt, daß [...] seine Klage über [...] Dunkelheit [...] durch die Klage über die Flüchtigkeit und Zerstreuung der Leser erwiedert wird, 〈438〉 als daß der Verfasser [...] Lust haben könnte, das so oft wiederholte noch einmal zu wiederholen. [...] Er will den Leser [...] nicht erinnern, daß philosophische Untersuchungen, in denen man der Gründlichkeit sich wenigstens befleißigt, sich unmöglich so leicht weglesen können, als ein modischer Roman, Reisebeschreibungen oder selbst philosophische Untersuchungen, die auf das angewohnte Meinungssystem aufgebaut sind; er will ihm sogar gegen die ersparte Mühe, ein dickes Buch zu lesen, nicht die Mühe zumuthen, ein dünnes etlichemal zu lesen; er will weiter nichts sagen, als daß er sorgen werde, immer faßlicher zu schreiben, und daß der Leser sorgen möge, immer aufmerksamer zu lesen..
[18]
Goethe, Tageb. (1807), WA III, 256
: Zu Hause geblieben. Verschiedene romantische[1] Sujets überlegt. Verwandlung der Achilleis in einen Roman..
[19]
Goethe, Vorw. Gilblas (1822), V
: In diesem Sinne[1] kann man solche Bücher [sc. Autobiographien] wahrhaft erbaulich nennen, wie es der Roman, moralische Erzählung, Novelle und dergleichen nicht 〈VI〉 seyn sollen: denn von ihnen als sittlichen Kunsterscheinungen verlangt man mit Recht eine innere Consequenz, die, wir mögen durch noch so viel Labyrinthe durchgeführt werden, doch wieder hervortreten und das Ganze in sich selbst abschliessen soll. | Das Leben des Menschen[1] aber, treulich aufgezeichnet, stellt sich nie als ein Ganzes dar; den herrlichsten Anfängen folgen kühne Fortschritte, dann mischt sich der Unfall drein, der Mensch[1] erholt sich, er beginnt, vielleicht auf einer höheren Stufe, sein altes[6] Spiel, das ihm gemäß war, dann verschwindet er, entweder frühzeitig, oder schwindet nach und nach, ohne daß auf jeden geknüpften Knoten eine Auflösung erfolgte..
[20]
Görres, Tt. Volksb. (1807), 134
: Der Roman [...] gehört dem Kreise der romantischen[1/15] Dichtungen von Carl dem Großen [...] an..
[21]
v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), III f. (IV)
: Der bei weitem größte und bedeutendste Theil der Deutschen Literatur bis in das sechzehnte Jahrhundert, gehört der Poesie[3] an, und dieser ganze Zeitraum ist vorzugsweise der poetische[5]; denn die eigentliche Bildung[1] der Prosa[1] fällt erst in's funfzehnte und sechzehnte Jahrhundert, zugleich mit der Buchdruckerkunst: auf ähnliche Weise wie in Griechenland mit der Schreibkunst. Die gleichzeitige Reformazion war dabei gewiß auch nicht ohne Einfluß: so wie dagegen der Katholizismus der Poesie[3] so günstig gewesen war. Zwar ist die frühe Einwirkung eben dieser Religion und einer fremden[1] Sprache[3] 〈IV〉 und Schrift wieder störend für die eigenthümliche Entwickelung der Deutschen Nazionalpoesie gewesen, hat dieselbe frühe zu frommen oder bloß gelehrten Zwecken verarbeitet, und besonders durch Übersetzung religiöser und klassischer[7] Schriften, zugleich eine breite Prosa[1] neben ihr erzeugt: durch welches alles auch die die [sic] Deutsche Poesie[3] den Karakter[1] der romantischen[1] an sich trägt, und sich das eigenthümliche Streben dieser zum prosaischen[1] Roman kund giebt. Dennoch ist die Poesie[3] hauptsächlicher Ausdruck dieser ganzen Zeit[3], und zwar, wie es uns scheint, der eigenthümlichste für Deutschland, indem nicht nur die alte Volkspoesie sich trefflich ausbildete, sondern auch die fremden[1] Romane und religiösen Dichtungen kräftig angeeignet wurden, um so eher, da ihr Geist[12] ursprünglich von hier ausging oder doch verwandt war. So ist denn auch in dieser ganzen Periode eine vollständige poetische[5] Entwickelung sichtbar, und die in der älteren Zeit[3] häufigere Prosa[1], verliert sich in der eigentlichen Blüthezeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts immer mehr, und selbst die Bibel und Kroniken erscheinen in Reimen. ➢ Volltext.
[22]
v. d. Hagen, Vorr. Lit. Grdriß (1812), V
: So wie wir [...] die Prosa[1] ausschließen, sogar solche Romane, von denen keine alte[9] poetische[5] Darstellung vorhanden oder bekannt ist, z. B. den Oktavian, die Melusina, Magelona: so haben wir auch die poetischen[5] Kroniken und historischen Gedichte und Lieder übergangen [...]. Doch haben wir solche Gedichte dieser Art, welche durch eine fabelhafte oder romantische[2] Darstellung sich den älteren[9] Heldenmythen anreihen, mit aufgeführt [...]. ➢ Volltext.
[23]
Herder, Bef. d. Hum. VII (1796), 15 f. (16)
: Zuerst giebt ihr Fragment es selbst zu, daß auch vor der sogenannten Erwekkung der Alten[10] in jedem Fach große Männer, Denker und Dichter gelebt haben; und eben so wenig wird bezweifelt werden können, daß seit dieser Entdeckung große Männer gelebt und geschrieben haben, die von den Alten[10] wenig oder nichts wußten. Ich darf von den ersten nur Dante, von 〈16〉 den letzten nur Shakespeare anführen; wie viel andre möchten zu nennen seyn! Die größten Erfindungen sind in den Zeiten[3] gemacht, die wir barbarische, rohe Zeiten[3] nennen; vielleicht haben in ihnen auch die größesten Männer gelebet. Damals standen die Köpfe noch nicht so dicht an einander; jeder hatte zum eignen Denken freien[1] Raum; um sie war Dämmerung; desto munterer aber wirkten sie, und dorften in der Mittagssonne der Alten[10] eben noch nicht erblinden. Wie Ein Roger Baco vor hundert Commentatoren des Aristoteles gilt: so giebt es romantische[1] Gedichte der mittleren, selbst der neueren[9] Zeit[3], bei denen man den Geschmack der Alten[10] gern vergißt und in ihnen wie im Feenreich lustwandelt. Ich erinnere Sie an so manche Romane, die uns der Graf Treßan und seine Gehülfen gegeben, ja 〈17〉 seit Wiederauflebung der Wissenschaften an die größesten Lichter aller cultivirten Nationen[1]. Woher nahmen Ariost und die ihm vorgingen, woher Spenser, Shakespeare und zwar in seinen rührendsten Stücken Form und Inhalt? Nicht aus den Alten[10], sondern aus der Denkart des Volks[5] und seinem Geschmack in ihren und den mittleren Zeiten[3]..
[24]
Hoche, Lesesucht (1794), 41
: Junge Leute [...] meinen [...] im Stande zu seyn über Dinge abzusprechen, wovon sie kaum den Namen kennen. Romane und Abentheuer[2] haben schon manchen Kopf verrückt. Warum liefert man ihnen solche Bücher[2], die mit Erdichtungen angefüllt sind, in die Hände? sie verdrengen so manches andere nützliche Buch[2]. Was kann ihre Moralität dabei gewinnen? wozu doch eigentlich das Studium der Geschichte[3], als letztem Zweck, führen soll, und wirklich führt, wenn sie pragmatisch behandelt wird. Sie erwärmt das Herz für das Gute, Edle und Große, und füllt es mit Abscheu gegen das Böse. Dies sind, oder sollen doch die Hauptmotive des Willens seyn..
[25]
Hoche, Lesesucht (1794), 43
: Von dem zwölften Jahrhundert an waren die Romane, in Frankreich, Erzählungen jeder Geschichte[9] in der Landessprache, welche die romanische[1] hieß. Weil diese romanische[2] Geschichte[8] eigentlich für den ungelehrten Theil der Nation[1] bestimmt war, der nur Krieg und Waffen kannte, und eben aus dieser Ursache das Wunderbare liebte: so erforderte sie auch eine eigene Behandlung. Daher es denn kam daß sie die Gestalt der Heldengedichte erhielt. Als aber bei den wieder auflebenden Wissenschaften[1] [...] die Geschichte[7] in der Landessprache [...] und die epischen Gedichte gleichfalls [...] geschrieben wurden: so machten die romanischen[6] Heldengedichte eine eigene Gattung aus, die nach gerade die gegenwärtige Gestalt erhalten haben. – Kann man unsere jetzigen Leser[1] und Leserinnen der dialogisirten oder romanischen[6] Geschichte[8], die jetzt wieder aufleben will, mit Recht in jene rohen Zeiten[3] zurück setzen? das sey ferne..
[26]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (
21813), 543 f. (544)
: Jeder Roman muß einen allgemeinen Geist[12] beherbergen, der das historische Ganze ohne Abbruch der freien[5] Bewegung, wie ein Gott[4] die freie[5] Menschheit[2], heimlich zu Einem Ziele verknüpfe und ziehe [...]; ein bloß geschichtlicher Roman ist nur eine Erzählung. [...] 〈544〉 Derselbe romantische[1] Geist[12] findet nun drei sehr verschiedene Körperschaften zu beseelen vor; daher eine dreifache Eintheilung der Romane, nach ihrer Materie nöthig ist..
[27]
Jung-Stilling, Jüngl.-Jahre (1778), 123
: Ueber alles [...] schien ihm der Plan dieses Romans ein Meisterstück der Erdichtung zu seyn, und der Verfasser desselben war in seinen Augen der größte Poet, den jemals Teutschland hervorgebracht hatte. [...] 〈124〉 [...] Er vergoß milde Thränen, und lase mit eben der Wärme auch den zweyten Theil durch. Dieser gefiel ihm noch besser; der Plan ist verwickelter, und im Ganzen mehr romantisch[1]..
[28]
Laube, Jg. Eur. II.2 (1837), 157
: Die Krankheit [...] ist unser Dichtungsmotiv, das bilden wir aus nach allen Seiten, wir betrachten, wir dehnen es rechts, wir dehnen es links, und je mehr Jahre darüber hingehn, desto reifer wird das Kunstprodukt – ein schlechter Arzt, der nicht einige Scott'sche Romane unter seinen Kuren aufzuweisen hat. [...] Epische Recepte stammen gewöhnlich aus den Kolonieen, aus den Aequatorgegenden, wo die Sonne brünstig auf der Erde ruht, und die fabelhaften Gewächse gedeihen, die den besten nordischen Magen in zehn Minuten außer Vernunft[11] setzen können. [...] 〈158〉 [...] Nun [...] läßt der Arzt dem Stoffe seinen Lauf, er ist bereits unentbehrlich geworden, wie der Romanschreiber in der Mitte des zweiten Theils, es kommen einige Ausfüllrecepte, sanft lyrische Akkorde, welche den allzuschnellen, wilden Verlauf ein wenig mäßigen, und man nährt sich langsam dem Schlusse. Hier kommt es nun wie beim Romantiker[1] darauf an, ob sich die zu Anfang und bei der Hauptschürzung gebrauchten Stoffe und Motive nicht gegen einander gestellt haben, ob eine Versöhnung möglich ist. In diesem Falle schließt das Ganze mit gelinden Stärkungen, [...] die sich am Ende in medicinische Diätsregeln auflösen..
[29]
Moritz, Dt. in Engld. (1783), 39 f. (40)
: Wie [...] unsre deutsche Litteratur [...] in England geschätzt wird, habe ich unter andern aus dem vorgedruckten Avertissement von einem Buche gesehen, das unter dem Titel the Entertaining Museum oder Complete Circulating Library, sowohl eine Reihe aller klassischen[4] Englischen 〈40〉 Schriftsteller, als auch Uebersetzungen von den berühmtesten französischen, spanischen, italienischen und selbst deutschen (even german) Romanen enthalten soll..
[30]
Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 308, Nr. 373
: Briefe[1] sollen Erholungen seyn und ich sollte sie auch, als solche, für mich bearbeiten. Abends Briefe[1] – leicht, frey[17], romantisch[4/1], mannichfaltig[1] – Vorarbeit zum Roman..
[31]
Novalis, an F. Schlegel (31. 1. 1800), NS 4, 318
: Das Neueste[3] von mir ist ein bald fertiger Roman – || Heinrich von Afterdingen. || Wenn nicht alles entgegen ist, so kommt er schon Ostern. Sobald ich fertig bin, erhältst Du ihn im M[anu]sc[ri]pte. Ich habe jezt nichts im Kopfe, als Romane, und Lustspiele. Der Lehrling zu Saïs [sic] kommt nach der Vollendung des obigen R[omans] sogleich in die Arbeit. Lieder füllen einzelne Nebenstunden aus, und die Reden sind für den Sommer zur Unterbrechung des Romantischen[1] bestimmt..
[32]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 680
: Der Roman des Cervantes ruht also auf einem sehr unvollkommenen, ja verrückten Helden, der aber zugleich so edler Natur[1] ist [...], daß ihn keine Schmach, die ihm widerfährt, eigentlich herabwürdiget. An diese Mischung (in Don Quixote) ließ sich eben das wunderbarste und reichste Gewebe knüpfen, das im ersten Moment so anziehend wie im letzten stets den gleichen Genuß gewährt und die Seele zur heitersten[4] Besonnenheit stimmt. Für den Geist[19] ist die nothwendige Begleitung des Helden, Sancho Pansa, gleichsam ein unaufhörlicher Festtag; eine unversiegbare Quelle der Ironie[1] ist geöffnet und ergießt sich in kühnen Spielen. Der Boden, auf dem das Ganze geschieht, versammelte in jener Zeit[3] alle romantischen[3] Principien, die es noch in Europa gab, verbunden mit der Pracht des geselligen Lebens. Hierin war der Spanier tausendfältig vor dem deutschen Dichter begünstigt. Er hatte die Hirten, die auf freiem Felde lebten, einen ritterlichen Adel[2], das Volk[1] der Mauren, die nahe Küste von Afrika, den Hintergrund der Begebenheiten der Zeit[3] und der Feldzüge gegen die Seeräuber, endlich eine Nation[1], unter welcher die Poesie[11] populär ist – selbst malerische[4] Trachten, für den gewöhnlichen Gebrauch die Maulthiertreiber und den Baccalaureus von Salar. ➢ Volltext.
[33]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 682
: Außer dem Roman in der vollkommensten Gestalt [...] muß man [...] 〈683〉 [...] noch überhaupt romantische[12/1/4] Bücher gelten lassen. Ich verweise dahin – nicht die Novellen und Mährchen [...], sondern anderes gemischtes Vortreffliches, wie den Persiles des Cervantes, die Fiammetta des Boccaccio, allenfalls auch den Werther [...]. ➢ Volltext.
[34]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 718 f. (719)
: Das Tragische und Komische könnte entweder im Zustand der Vollkommenheit, nicht aufgehobenen Indifferenz dargestellt seyn, dann aber müßte die Poesie[11] weder als tragisch noch als komisch erscheinen; es wäre eine ganz andere Gattung, es wäre die epische Poesie[11]. In der epischen Poesie[11] sind die beiden Elemente, die sich in dem Drama streitend entzweien, – nicht vereinigt, sondern überhaupt noch nicht getrennt. Die Mischung beider Elemente auf solche Art, daß sie überhaupt nicht getrennt erschienen, kann also nicht die Eigentümlichkeit der modernen[1] Tragödie seyn. Es ist vielmehr eine Mischung, worin beide bestimmt unterschieden werden, und so daß der Dichter in beiden sich gleich als Meister zeigt, wie Shakespeare, der die dramatische Stärke nach beiden Polen hin concentrirt, und der erschütternde Shakespeare ist im Fallstaff und im Macbeth. | Indeß können wir doch diese Mischung entgegengesetzter Elemente als ein Zurückstreben des modernen[1] Drama zum Epos, ohne deßwegen 〈719〉 Epos zu werden, betrachten; sowie dieselbe Poesie[11] dagegen im Epos durch den Roman zum Dramatischen strebt, und also von beiden Seiten die reine Begrenzung der höheren Kunst[12] aufhebt. | Es ist zu dieser Mischung nothwendig, daß dem Dichter das Tragische und Komische nicht nur massenweise, sondern auch in seinen Nuancen zu Gebot stehe, wie dem Shakespeare, der im Komischen zart, abenteuerlich[3] und witzig zugleich, wie im Hamlet, und derbe (wie in den Fallstaffschen Stücken) ist, ohne jemals niedrig zu werden; sowie er dagegen im Tragischen zerreißend (wie im Lear), strafend (wie im Macbeth), schmelzend, rührend und beruhigend, wie in Romeo und Julie und mehreren gemischten Stücken ist. ➢ Volltext.
[35]
Schiller, an Goethe (28. 6. 1796), NA 28, 232 f. (233)
: [Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre:] Das Merkwürdigste an dem TotalEindruck scheint mir dieses zu seyn, daß Ernst und Schmerz durchaus wie ein Schattenspiel 〈233〉 versinken und der leichte Humor[1] vollkommen darüber Meister wird. Zum Theil ist mir dieses aus der leisen und leichten Behandlung erklärlich; ich glaube aber noch einen andern Grund davon in der theatralischen und romantischen[1] Herbeyführung und Stellung der Begebenheiten zu entdecken. Das Pathetische erinnert an den Roman, alles übrige an die Wahrheit des Lebens..
[36]
Schiller, Geisters. (
31798), NA 16, 141
: Die geheimnisvolle Unbekannte des Prinzen erinnerte den Marchese Civitella an eine romantische[4] Erscheinung, die ihm selbst vor einiger Zeit[6] vorgekommen war, und um den Prinzen zu zerstreuen, ließ er sich bereit finden, sie uns mitzuteilen. [...] 〈142〉 [...] „Meine Neugier wird rege. Ganz gewiß ein Rendezvous und ein liebendes Paar – aber an diesem Ort und zu einer so ganz ungewöhnlichen Stunde! – denn kaum war es drei Uhr, und alles lag noch in trübe Dämmerung verschleiert. Der Einfall schien mir neu[1] und zu einem Roman die Anlage gemacht. [...]“.
[37]
A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 151
: Wer Romane fertigen kann, ohne Gespenster zu citiren und die Riesengestalten einer chimärischen Vorzeit aufzurufen, wer sich ohne Geheimnisse mit simpeln Leidenschaften behilft, der hält schon etwas auf sich und sein Publikum[3]. Macht er sich denn auch mit Karakteren[7] nicht viel zu schaffen, wenn ihm nur jene in einer gewissen Fülle zu Gebote stehn, so kann er gewiß seyn, den mittleren Durchschnitt der Lesewelt für sich zu gewinnen, der für das grobe Abentheuerliche[3] schon zu gesittet, für die heitern[4] ruhigen Ansichten ächter Kunst[12] noch nicht empfänglich, starke Bedürfnisse der Sentimentalität hat. ➢ Volltext.
[38]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (
!1803–04), KAV 2.1, 189
: Allein das ist ausgemacht, daß viele der modernen[7] und unromantischen Romane sich gerade dasselbe zum Ziel gesetzt, was die Novelle: nämlich Erfahrungen über den Weltlauf mitzutheilen, und etwas als wirklich geschehen zu erzählen. Daher die vielen Überschriften: kein Roman, wahre Geschichte[8] u. s. w. Wie wenige dieß leisten, liegt wieder am Tage. Denn erstens enthalten sie keine Wahrheit, sondern Fratzen, und zweytens geschieht auch nichts darin. Im besten Falle aber, wenn beydes geleistet wird, wofern das Detail keine Heiterkeit[4], keinen fantastischen[2] Farbenzauber, mit einem Worte keinen poetischen[3] Werth an sich hat, so muß doch der Gehalt eines solchen Romans auf das eigentlich Factische reducirt werden, d. h. dasjenige was sich darin zur Novelle qualifizirt..
[39]
A. W. Schlegel, Vorles. üb. Enz. (
!1803–04), KAV 3, 348
: Sowohl die Italiäner als Spanier besitzen romantische[1] Darstellungen in einer [...] wahrhaft poetisirten Prosa[5]. [...] Boccaz muß wohl als der Stifter der romantischen[1] Prosa[5] angesehen werden, wiewohl er die Französischen Ritterromane und Fabliaux vor Augen haben mochte. – Bey den Spaniern ist sie zuerst in den Ritterromanen aufgeblüht, [...] dann wurde sie besonders in den Schäferromanen und einigen andern sehr anmuthig bearbeitet, und endlich von Cervantes auf den letzten Gipfel erhoben, der nicht weiter hat übertroffen werden können. – Es ist keine Frage, daß die Deutsche Sprache[3] sich hierin sehr gut an diese südlichen Muster anschließen kann; sie hat in frühern Zeiten[3] schon mehr das dazu gehörige besessen, und jetzt ist durch Goethes W. Meister zuerst der Sinn[5] für romantische[1] ruhig darstellende Prosa[5] wieder geweckt worden..
[40]
F. Schlegel, Fragm. Litt. u. Poes. (*1797), KFSA 16, 90, Nr. 65
: Als Vorübung zur Rom[antischen][1] π [Poesie][1] außer der Sat[irischen], auch Idyll[ische] und die μιμ [mimische] vorzügl[ich]. – Die Satire ist sehr empfänglich für Aeußerung der sittlich[en], wissenschaftl[ichen], gesellschaftl[ichen], bürgerl.[ichen] Bildung[5]. – Das arabische, romantische[2/7], absolut Wunderbare auch eine Vorübung zum Roman. 〈Alle 〈91〉 Dichtart[en], die drei alten[10] classisch[en][5] ausgenommen. Diese Bestandtheile dann zu einer progressiven[3] Einheit verknüpft.〉.
[41]
F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 113
: Sie behaupteten, Friedrich Richters Romane seyen keine Romane, sondern ein buntes[2] Allerley von kränklichem Witz[4]. [...] 〈114〉 [...] Das bunte[2] Allerley von kränklichem Witz[4] gebe ich zu, aber ich nehme es in Schutz und behaupte dreist, daß solche Grotesken und Bekenntnisse noch die einzigen romantischen[1/4] Erzeugnisse unsers unromantischen Zeitalters sind. ➢ Volltext.
[42]
F. Schlegel, Gespr. Poes. (1800), 122 ff.
: Wie unsre Dichtkunst[2] mit dem Roman, so fing 〈123〉 die der Griechen mit dem Epos an und löste sich wieder darin auf. | Nur mit dem Unterschiede, daß das Romantische[1/4/7/9] nicht sowohl eine Gattung ist als ein Element der Poesie[11], das mehr oder minder herrschen und zurücktreten, aber nie ganz fehlen darf. Es muß Ihnen nach meiner Ansicht einleuchtend seyn, daß und warum ich fodre, alle Poesie[11] solle romantisch[1/4/7/9] seyn; den Roman aber, in sofern er eine besondre Gattung seyn will, verabscheue. [...] Ein Roman ist ein romantisches[1/4/7/9] Buch. – Sie werden das für eine nichtssagende Tautologie ausgeben. [...] Das Schauspiel soll auch romantisch[1/4/7/9] seyn, wie alle Dichtkunst[2]; aber ein Roman ists nur unter gewissen Einschränkungen, ein angewandter Roman. Der dramatische Zusammenhang der Geschichte[10] macht den Roman im Gegentheil noch keineswegs zum Ganzen, zum 〈124〉 Werk, wenn er es nicht durch die Beziehung der ganzen Composition auf eine höhere Einheit, als jene Einheit des Buchstabens[8], über die er sich oft wegsetzt und wegsetzen darf, durch das Band der Ideen, durch einen geistigen Centralpunkt wird. [...] Sie behaupteten zwar, der Roman habe am meisten Verwandtschaft mit der erzählenden ja mit der epischen Gattung. Dagegen erinnre ich nun erstlich, daß ein Lied ebenso gut romantisch[1/4/7/9] seyn kann als eine Geschichte[8]. Ja ich kann mir einen Roman kaum anders denken, als gemischt aus Erzählung, Gesang und andern Formen. [...] Es ist dem epischen Styl nichts entgegengesetzter als wenn die Einflüsse der eignen Stimmung im geringsten sichtbar werden; geschweige denn, daß er sich seinem Humor[1] so überlassen, so mit ihm spielen dürfte, wie es in den vortrefflichsten Romanen geschieht. ➢ Volltext.
[43]
F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 52
: Alle diese verschiednen Formen werden sich als nützlich und ächt, ja als wesentlich bewähren, wenn sich erst der Roman selbst in seiner ganzen Fülle bei uns weiter wird entfaltet haben, und die Mannichfaltigkeit der alten[1] romantischen[12/1/4] Geschichten[9] in eben so mannichfaltigen[1] Formen neu[1] dargestellt und eigen gebildet, uns den ehemaligen Frühling des romantischen[12/1/4] Lebens und Dichtens, in seiner ganzen Schönheit[1] wieder bringen wird. ➢ Volltext.
[44]
F. Schlegel, Beitr. mod. Poesie (1803), 54
: Die Anfänge der spanischen, oder für jene ältere[1] Zeit besonders genauer zu reden, der castilianischen Poesie[11], sind sehr einfach. Lieder in der eigenthümlichen spanischen ganz musikalischen[5], äußerst zarten und wortspielenden Form, worin es wohl nicht leicht eine andre Sprache[3] dieser gleich thun wird; das ist die eigenthümlichste Blüthe dieses Bodens. Man könnte noch die Ritterbücher dazu rechnen, besonders den Amadis wegen des schönen[1] Styls; auch weil sich, wenn gleich die erste Anlage dieses durchaus rein erfundnen Romans den Nordfranzosen gehören sollte, wie so mancher andre romantische[1] Stoff, der aber erst durch die Deutschen, Italiäner und Spanier 〈55〉 Form erhielt, viele andre Ritterdichtungen doch erst in Spanien daran angeschlossen haben. ➢ Volltext.
[45]
F. Schlegel, Philos. Lehrj. VII (*1803), KFSA 18, 494, Nr. 222
: Eine der wichtigsten Buchformen ist der Brief[3]. [...] Der Brief[3] ist äusserst romantisch[1]; ja der Roman selbst eine Art von Brief[3]..
[46]
F. Schlegel, Gesch. d. Lit. (1812), Dt. Mus. 1, 461 ff. (462 f.)
: Das Genie[2] des Cervantes abgerechnet, dem wohl einiges frey stand, was einem andern zur Nachfolge nicht zu rathen wäre; so waren auch die Verhältnisse, unter denen er in Prosa[1] darstellte und dichtete, ungleich günstiger, als die seiner Nachfolger. Das 〈462〉 wirkliche Leben in Spanien war damals noch mehr ritterlich[1] und romantisch[3/4], als in sonst irgend einem Lande von Europa. Selbst der Mangel an einer allzustreng vervollkommneten bürgerlichen Ordnung, das freyere[17] und wildere Leben in den Provinzen konnte für die Poesie[15] günstiger seyn. | In allen diesen Versuchen, die prosaische[3] Wirklichkeit durch Witz[4] und Abentheuer, oder durch Geist[27] und Gefühlserregung zu einer Gattung der Dichtkunst zu erheben, sehen wir die Verfasser immer auf irgend eine Weise eine poetische[3] Ferne suchen; sey es nun in dem Künstlerleben des südlichen[3] Italiens, wie oft in den deutschen Romanen; oder in den amerikanischen Wäldern und Wildnissen, was vielfältig bey den Ausländern versucht worden. Ja, wenn auch die Begebenheit ganz im Lande und in der Sphäre des einheimischen bürgerlichen Lebens spielt, immer strebt die Darstellung, so lange sie noch Darstellung bleibt, und nicht bloß in ein Gedankenspiel der Laune, des Witzes[2] und des Gefühls sich auflöst, auf irgend eine Weise aus der beengenden Wirklichkeit sich heraus zu arbeiten, und irgend eine Oeffnung, einen Eingang zu gewinnen in ein Gebiet, wo die Fantasie[1] sich freyer[1] bewegen kann; wären es auch nur Reiseabentheuer, Zweykämpfe, Entführungen, eine Räuberbande oder die Ereignisse und Verhältnisse einer fahrenden Schauspielergesellschaft. | Der Begriff[1] des Romantischen[3/4/1] in diesen Romanen, selbst in vielen der bessern und berühmtesten, fällt meistens ganz zusammen mit dem Polizeywidrigen. Ich 〈463〉 erinnere mich hiebey der Aeußerung eines berühmten Denkers, welcher der Meynung war, daß bey einer durchaus vollkommenen Polizey [...] ein Roman schlechtweg unmöglich seyn würde, weil alsdann gar nichts im wirklichen Leben vorkommen könnte, was dazu irgend Veranlassung, oder einen wahrscheinlichen Stoff darbieten würde. ➢ Volltext.
[47]
R. Schumann, Tageb. I (*1828), 96
: Die Schubertschen Variationen sind das vollendetste romantische[1] Gemälde, ein vollkomner Tonroman – Töne[11] sind höhere Worte[2]. [...] Die Schubertschen Variationen verhalten sich zum Wilhelm Meister, wie überhaupt zum Ton[11] zum Wort[2]; beyde sind aber das Non plus ultra der Romantik[1]. Ton[11] ist überhaupt componirtes Wort[2]. Die Schubertschen Variationen sind überhaupt ein componirter Roman Göthe's, den er noch schreiben wollte..
[48]
L. Tieck, Phantasus I (1812), 396
: Häufig [...], wenn wir vom Dramatischen sprechen, verwechseln wir dieses mit dem Theatralischen, und wiederum ein mögliches besseres Theater mit unserm gegenwärtigen und seiner ungeschickten Form; und in dieser Verwirrung verwerfen wir viele Gegenstände und Gedichte als unschicklich, weil sie sich freilich auf unsrer Bühne nicht ausnehmen würden. Sehn wir also ein, daß ein neues[1] Element erst das dramatische Werk als ein solches beurkundet, so ist wohl ohne Zweifel eine Art der Poesie[11] erlaubt, welche auch das beste Theater nicht brauchen kann, sondern in der Phantasie[1] eine Bühne für die Phantasie[2] erbaut, und Compositionen versucht, die vielleicht zugleich lyrisch, episch und dramatisch sind, die einen Umfang gewinnen, welcher gewissermaßen dem Roman untersagt ist, und sich Kühnheiten aneignen, die keinem andern dramatischen Gedichte ziemen. Diese Bühne der Phantasie[2] eröffnet der romantischen[1/4] Dichtkunst[1] ein großes Feld, und auf ihr dürfte diese Magelone und manche alte[1/11] anmuthige Tradition sich wohl zu zeigen wagen..
[49]
Waiblinger, Brit. in Rom (1829–30), WuB 2, 485
: Wie viel hätt' ich in frühern Jahren dafür gegeben, wenn das Schicksal mich in ein so originelles Abenteuer verwickelt hätte! Nun, da es sich ereignet, da ich in der berühmtesten Stadt der Welt, da ich unter den Trümmern der römischen Weltherrschaft mit der reizendsten Dame verwickelt bin, welche Italien nur hervorbringen kann, da sich Alles vereint, meine Liebe mit dem Stempel des Ungewöhnlichen, des Interessanten[1] zu bezeichnen, da kein Augenblick mehr verstreicht, ohne daß mir etwas Romantisches[4] widerführe, da ich die Aussicht habe, eine Verbindung, die sonst so prosaisch[3] und langweilig ist, unter den seltsamsten Verhältnissen und äußersten Gefahren bei Nacht während dem Donner der Girandola an der Totenpyramide des Cestius, an den Gräbern von Shelley und anderer stravaganten englischen Geister[32] zu schließen; jetzt, da sich gar ein Zitronenhändler auf geheimnisvolle Art in die Verwicklung einschleicht und meine Liebesgeschichte zu einem Roman[2/1] verzaubert, wie Walter Scott, Cooper und Washington Irving keinen geschrieben und Lord Byron keinen erlebt hat, jetzt sollte ich unzufrieden sein, und nicht vielmehr dem Verhängnis danken, daß es meine Person für wichtig genug hält, um sie mit seinen barocksten Launen zu quälen?.