1.
›national deutsch, zur deutschen Nation gehörig‹. Die Kriterien für die Zugehörigkeit zur
d. Nation1 bzw. dem
d. Volk1 anzusehen ist, sind divergent; analog zu den Kriterien für die Zugehörigkeit zu einer
Nation1 bzw. einem
Volk1 überhaupt lassen sich fünf idealtypische Kriterien angeben, die teils unabhängig voneinander oder sogar gegen einander, teils auch in unterschiedlichen Kombinationen zum Tragen kommen:
- politisch gesehen die Staatsbürger- bzw. Untertanenschaft in einem zum Heiligen Römischen Reich gehörenden Staatsgebiet [],
- territorial gesehen das Gebiet des Heiligen Römischen Reichs [8] bzw. des Deutschen Bundes [].
- sprachlich gesehen die muttersprachliche Zugehörigkeit zu einer Varietät des Deutschen (vgl. 2) [],
- genetisch und seit der antinapoleonischen Opposition zunehmend rassistisch die Zugehörigkeit zu einer angenommenen ,Abstammungsgemeinschaft‘ []
—
Bdv.
:
♦
entsprechend:
Sprache3 [
7]. ♦
komplementär:
französisch [
7],
lateinisch [
7]. ♦
Gattung:
Nation1 [
3]. —
Ktx.
:
♦
Eigenschaftsträger:
Autor [
2],
Künstler1 [
5],
Mode [
9],
Oper [
4],
Reich [
8]. ♦
Eigenschaft der adjektivisch ausgedrückten Größe:
Geist12 [
1].
[1]
C. de la Motte Fouqué, Dt. Geselligk. (1814), 30 f.
: Wir sollen nicht länger zwischen eigenthümlicher und fremder[5] Bildung[5] schwanken, es steht uns wohl an Deutsch zu seyn. Ist die französische Sprache[3] dem gesellig verkehrenden Europa unentbehrlich geworden, so gelte sie wie eine Scheide- und Ausglei〈31〉chungsmünze, so lange sie in Cours bleiben kann, Jedweder lerne sie als solche kennen, sie bleibe ihm Mittel, nichts weiter. Was hülfe es auch, sie zum Zweck machen zu wollen? Ihre klassischen[4] Sprichwörter und Phrasen liegen doch nur wie veralteter bestäubter Modeprunk auf der lebendigen Nationalbildung, der deutsche Geist[12] ist aus dem alten[6] Kleide herausgewachsen, beide passen nicht zu einander..
[2]
Goethe, Litt. Sanscül. (1795), 50 f.
: Der Verfasser bedauert die Armseligkeit der Deutschen an vortrefflich classisch[3] prosaischen[1] Werken und hebt alsdann seinen Fuß hoch auf, 〈51〉 um mit einem Riesenschritte über beinahe ein Dutzend unserer besten Autoren hinwegzuschreiten, die er nicht nennt und mit mäßigem Lob und mit strengem Tadel so charakterisiret, daß man sie wohl schwerlich aus seinen Karrikaturen herausfinden möchte. | Wir sind überzeugt, daß kein deutscher Autor sich selbst für classisch[3] hält und daß die Forderungen eines jeden an sich selbst strenger sind als die verworrnen Prätensionen eines Thersiten, der gegen eine ehrwürdige Gesellschaft aufsteht, die keineswegs verlangt, daß man ihre Bemühungen unbedingt bewundere, die aber erwarten kann, daß man sie zu schätzen wisse. ➢ Volltext.
[3]
Goethe, Litt. Sanscül. (1795), 52 f.
: Man halte diese Bedingungen, unter denen allein ein classischer[3] Schriftsteller, besonders ein prosaischer[1] möglich wird, gegen die Umstände, unter denen die besten Deutschen dieses Jahrhunderts gearbeitet haben, so wird, wer klar sieht und billig denkt, dasjenige, was ihnen gelungen ist, mit Ehrfurcht bewundern und das was ihnen mißlang anständig bedauern. | Eine bedeutende Schrift ist, wie eine bedeutende Rede, nur Folge des Lebens; der Schriftsteller so wenig als der handelnde Mensch[1] bildet die Umstände, unter denen er gebohren wird und unter denen er wirkt. Jeder, auch das größte Genie[4], leidet von seinem Jahrhundert in einigen Stücken, wie er von andern Vortheil zieht, und einen vortrefflichen Nationalschriftsteller kann man nur von der Nation[1] fordern. | 〈53〉 Aber auch der deutschen Nation[1] darf es nicht zum Vorwurfe gereichen, daß ihre geographische Lage sie eng zusammen hält, indem ihre politische sie zerstückelt. Wir wollen die Umwälzungen nicht wünschen, die in Deutschland classische[3] Werke vorbereiten könnten. ➢ Volltext.
[4]
Goethe, Dt. Sprache (1817), 48
: [V]on jener Zeit[3] an läßt sich die Geschichte[7] der deutschen Oper in ununterbrochener Reihe durchführen.➢ Volltext.
[5]
Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 101
: Romantico! den Italiänern ein seltsames Wort[1], in Neapel und dem glücklichen Campanien noch unbekannt, in Rom unter deutschen Künstlern[1] allenfalls üblich, macht in der Lombardie, besonders in Mayland, seit einiger Zeit[6] großes Aufsehen. Das Publicum[2] theilt sich in zwey Partheyen, sie stehen schlagfertig gegen einander und, wenn wir Deutschen uns ganz geruhig des Adjectivum romantisch[14] bey Gelegenheit bedienen, so werden 〈102〉 dort durch die Ausdrücke Romanticismus und Kriticismus zwey unversöhnliche Secten bezeichnet. Da bey uns der Streit, wenn es irgend einer ist, mehr praktisch als theoretisch geführt wird, da unsere romantischen[14] Dichter[1] und Schriftsteller die Mitwelt für sich haben und es ihnen weder an Verlegern noch Lesern fehlt, da wir über die ersten Schwankungen des Gegensatzes längst hinaus sind und beyde Theile sich schon zu verständigen anfangen; so können wir mit Beruhigung zusehen, wenn das Feuer, das wir entzündet, nun über den Alpen zu lodern anfängt..
[6]
Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 105
: Bey uns Deutschen war die Wendung ins Romantische[14] aus einer, erst den Alten[10], dann den Franzosen abgewonnenen Bildung[5], durch christlich-religiose Gesinnungen eingeleitet, durch trübe, nordische Heldensagen begünstigt und bestärkt; worauf sich denn diese Denkweise festsetzen und verbreiten konnte, so daß jetzt kaum ein Dichter[1], Maler[1], Bildhauer übrig geblieben, der sich nicht religiosen Gefühlen hingäbe und analogen Gegenständen widmete. | Einen solchen Verlauf nimmt die Dicht- und Kunstgeschichte nun auch in Italien. Als 〈106〉 praktische Romantiker[3] werden gerühmt Johann Torti und dessen poetische[5] Darstellung der Leidensgeschichte Christi; ferner seine Terzinen über die Poesie[1]. Alexander Manzoni, sodann, Verfasser eines noch ungedruckten Trauerspiels, der Carmagnol, hat sich durch Heilige Hymnen guten Ruf erworben..
[7]
Görres, Tt. Volksb. (1807), 128
: Was [...] die Sprache[3] jenes Gedichtes betrifft, so wird, da die französische oder romantische[15] Sprache[3] vor der Hälfte des zwölften Jahrhunderts nicht in die Poesie[1] eingedrungen ist, allein die Lateinische oder die Teutsche übrig bleiben, in denen, vorzüglich in der ersten, die Poesie[1] um diese Zeit[7] am häufigsten sich offenbarte..
[8]
Jahn, Dt. Volksth. (1810), XIV
: So ahnete[1] ich in und durch Preußen eine zeitgemäße Verjüngung des alten[1] ehrwürdigen Deutschen Reichs, und in dem Reiche ein Großvolk, das zur Unsterblichkeit in der Weltgeschichte, menschlich die hehre Bahn wandeln würde..
[9]
H. Sander, Beschr. Reis. I (1783), 15
: Bemerkungen über Strasburg. | Das Aeusserliche der Stadt wird durch beständiges Bauen sehr verschönert. | Aber alle reiche Leute halten sich immer in Paris auf. | Der Ton[16] der Stadt ist ein widriges Gemisch von alten[6] Reichsstädtischen, Teutschen, und Französischen Moden [...]..