[1]
A. v. Arnim, Isabella (1812), 147 f.
: Schon war in dem Hause des Herrn von Cornelius die größte Verwirrung ausgebrochen; sein Toben unter dem Ofen, nachdem er den ärgsten Rausch ausgeschlafen hatte, rief alle Bewohner in den aben〈148〉theuerlichsten Nachtkleidern zusammen.
[2]
A. v. Arnim, Rez. Arndt Pr. Volk (1813), 4
: Der Westphälische Moniteur wird künftig in der Geschichte[1] eins der abentheuerlichsten Denkmahle seyn. ➢ Volltext
[3]
Brockhaus, Conv.-Lex. II (1809), 123
: Johann Christoph Gottsched [...] hatte unstreitig große Verdienste um die Verbesserung der Deutschen Sprache[3], welche durch die zahllose Menge fremder[1] Wörter[1], womit man sie [...] zu bereichern glaubte, ein höchst abenteuerliches und buntscheckiges Ansehen erhielt.
[4]
Brockhaus, Conv.-Lex. IV (1809), 326
: Romantisch[7/4]. Da die meisten Romane[1] die Menschen[1] und Begebenheiten nicht so schildern, wie sie in der Natur[2] und in der wirklichen Welt erscheinen, sondern so, wie sie nach einem ästhetischen oder moralischen Ideale sein sollten, oder wie sie die oft überspannte Phantasie[3] des Dichters sich erträumt; so nennt man romantisch[7/4], im guten und schlimmen Sinne[1], alles, was entweder durch idealische[1] Vollkommenheit, oder durch abenteuerliche Seltsamkeit und Verschrobenheit von dem Gewöhnlichen abweicht.
[5]
Ditters v. Dittersdorf [Spazier], Lebensbeschr. (1801), 195
: Es sollte wohl nun eigentlich hier ein neues[1] Kapitel anfangen, denn es ist von einem wichtigen Schritte meines Lebens die Rede. Allein da weiter nichts Romantisches[4] und Abenteuerliches dabei vorkommt, sondern alles beinahe fein spießbürgerlich dabei abgeht, so wollen wir ungestört in unserm vorigen Gange bleiben.
[6]
Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 375
: Man läugnet am ehsten das, was noch so ziemlich glaublich ist, weil es uns zu natürlich[4] vorkommt; aber man baue den geläugneten Saz auf einen wunderbaren, und diesen auf einen noch wunderbarern, und vermehre Schritt vor Schritt das Abentheuerliche, und der Mensch[1] wird gleichsam schwindelnd; er kommt nicht mehr zur kalten Besinnung; er ermüdet, und seine Bekehrung ist gemacht.
[7]
G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 637
: Was ich sah, war eine übelgewählte, buntscheckige, und zum Theil wirklich abentheuerlich gekleidete Wachtparade [...].
[8]
Goethe, an J. D. Salzmann (E. Jun. 1771), WA IV, 1, 260
: Machen Sie sich auf ein abentheuerlich Ragout, Reflexionen, Empfindungen, die man unter dem allgemeinen Titel Grillen eigentlicher begreifen könnte, gefaßt.
[9]
Heine, Rabbi v. Bacherach (1840), 3
: Unterhalb des Rheingaus, wo die Ufer des Stromes ihre lachende Miene verlieren, Berg und Felsen, mit ihren abentheuerlichen[3; 5] Burgruinen, sich trotziger gebährden, und eine wildere, ernstere Herrlichkeit emporsteigt, dort liegt, wie eine schaurige Sage der Vorzeit, die finstre, uralte Stadt Bacherach.
[10]
Kolbe, Wortmeng. (1809), 4
: In unsrer Rede [...], die in eignem Boden wurzelte, aus eigentümlichen Keimen sich entwikkelte, können fremde[1] Wörter[1] von ganz widerartiger Natur[1] für buntschekkige Lappen nur gelten, die man einem einfarbigen Zeug aufzuheften den abenteuerlichen Gedanken gehabt.
[11]
v. d. Recke, Cagliostro (1787), 65
: Erwäge ich [...] die Kraft der Schwärmerey und des Enthusiasmus, dann befremdet mich es nicht, daß man sich in dieser Stimmung der Seele, wo sie durch Erwartungen so gespannt ist, zum Glauben der abenteuerlichsten Dinge geneigt fühlt.
[12]
Sulzer, Allg. Theor. I (1771), 3
: Seitdem Vernunft[1] und Geschmack [...] wieder empor gekommen, wird das Abentheuerliche von den Dichtern bloß zur Belustigung nachgeahmt. Erzählungen aus der abentheurlichen Welt hergenommen, sind oft sehr ergetzend und ein Labsal des Geistes[19] in den Stunden, da man von Nachdenken ermüdet, dem Verstand[2] eine gänzliche Ruhe geben muß. Gute Werke von dieser Art haben ihren Werth. Es scheinet, daß Hr. Wieland bey Bekanntmachung seines Idris die Absicht gehabt, Deutschland ein Werk dieser Gattung zu liefern, das in seiner Art claßisch[3/4] werden sollte, so wie es der Orlando furioso des Ariost in Italien ist. Es fehlt in der That diesem Werk nicht an glänzenden poetischen[3] Schönheiten[1]; doch scheint etwas mehr, als dieses erfoderlich zu seyn, um ein Buch bey einer ganzen Nation[1] claßisch[4] zu machen.
[13]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. I (
21793), 27
: Abenteuerlich, [...] adj. [...] Wunderbar ohne alle Wahrscheinlichkeit, seltsam, thöricht. Eine abenteuerliche, (unglaubliche, fabelhafte) Geschichte[8]. Ein abenteuerlicher Mensch[1], Einfall, Gedanke u. s. f..
[14]
Arndt, Erinn. (1840), 35
: Vorn am Eingange [...] hatte [...] in einem Kämmerchen ein kleines zierliches Knechtchen meines Vaters seinen Sitz, welches wegen seiner abenteuerlichen und bajazzischen Streiche, Schnurren und Einfälle Jahre lang auf dem Hofe gehegt und etwas verhätschelt war..
[15]
Arndt, Erinn. (1840), 313 f.
: Doch war ein Glück bei diesem Unglück, [...] daß mit manchen wertvollen Papieren auch dicke Stöße von abenteuerlichen[3] 〈314〉 Schnurrigkeiten verloren gingen, die ich mir zur Ergötzung gesammelt und aufgehoben hatte von jenen obenerwähnten Entwürfen, Ratschlägen und Vorschlägen von Vaterlandsrettern, welche bei dem Minister vom Stein einzulaufen und dann oft in meine Hände zu gelangen pflegten. Wären diese erhalten worden, sie hätten bei den später erfolgenden Untersuchungen mich in manche schwere Not stellen und um noch manche gute Stunde bringen können. Denn [...] das tollste und abenteuerlichste[3/2] Zeug hatte ich aufbewahrt, und da hätte es allerdings den Schein geben können [...] – als sei ich mit düstersten Abenteurern und Tollhäuslern jeweilig verbunden gewesen..
[16]
S. Boisserée, Denkm. Baukunst (1833), 15
: Diese Sitte, Löwen an dem Eingange der Kirchen aufzustellen, scheint in Folge der Kreuzzüge in der ersten Hälfte des 12ten Jahrhunderts entstanden zu seyn. [...] Zu gleicher Zeit kam der Gebrauch auf, allerlei abentheuerliche Bilder, seltsam verschlungene Thiere[8], Ungeheuer, zum Theil aus Menschen- und Thier-Gestalten zusammengesetzt und Aehnliches [...] zur Verzierung der Kapitäle, Gesimse, Chorstühle u. s. w. in Kirchengebäuden anzuwenden..
[17]
Bürger, Vorr. Ged. (1789), 16
: In diesem Sinne[1] habe ich es gemeint, was ich schon in der Vorrede zur ersten Ausgabe [...] behauptet, nur aber ein wenig abenteuerlich ausgedrückt habe..
[18]
Ehrmann, Amalie (1788), 246
: So viel [...] kann ich Sie versichern, daß dieses mein Werkchen eine wahre Geschichte[8] und kein idealischer Roman[1] ist. – Ich werde wohl nicht nöthig haben, für den Welt- und Menschenkenner diese Behauptung deutlicher zu erklären, wenn er den geraden, natürlichen[6] Gang meiner Geschichte[8] eingesehen hat, die so weit von den abentheuerlichen Episoden, romanenhaften Windbeuteleien, u. s. w. entfernt ist, und blos bei der lieben Natur[21], bei wirklichen Auftritten aus dem menschlichen Leben stehen bleibt..
[19]
Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 304 f. (305)
: Der mächtigste Vasall hätte seinen Feinden nicht Widerstand thun können, wenn er bloß seine edlen Lehnsmänner in das Feld geführt hätte; wie viel weniger denn der Besitzer eines geringen Dorfs, der doch auch seine Kriege hatte. Leibeigene Bauren thaten jezt Kriegsdienste. Die mächtigern Vasallen rechneten die in den Waffen geübtern Nachkommen ihrer Lehnsmänner, denen sie kein Lehn ertheilen konnten, als Anführer jener Leibeignen in ihren Fehden gebrauchen zu können, und ertheilten ihnen war〈305〉scheinlich um dieser Nuzbarkeit willen an ihren Höfen und vor ihren Gerichten die Vorrechte ihrer wahren Lehnsmänner. Dies ward zur Gewohnheit; und jezt maaßten auch diejenigen, denen Niemand sie ausdrüklich ertheilt hatte, diese Vorrechte, als etwas, das sich von selbst verstünde, sich selbst an [...], und so entstand die abentheuerliche Meinung, daß man unmittelbar durch die Geburt Vorrechte vor andern Menschen[1] und auf andere Menschen[1] erhalten könne..
[20]
Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 373
: Je abentheuerlicher, ungereimter, der gesunden Vernunft[3] widersprechender die Lehren einer Kirche sind, desto fester kann sie von der Ergebenheit solcher Mitglieder überzeugt seyn, welche das alles ernsthaft anhören, ohne eine Miene dabei zu verziehen [...]. Je härter die Versagungen und Selbstverläugnungen, je grausamer die Büßungen sind, die sie fordert, desto fester kann sie an die Treue solcher Mitglieder glauben, welche sich diesem allen unterziehen, um nur mit ihr vereinigt zu bleiben; welche auf alle irdischen Genüsse Verzicht thun, um nur ihrer himmlischen Güter theilhaftig zu werden. Je mehr man aufgeopfert hat, desto stärker muß unsere Anhänglichkeit an dasjenige seyn, um dessen willen man das alles aufgeopfert hat..
[21]
Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 377
: Wenn sie ihren Glauben dadurch zu behaupten suchen, daß sie etwa die abentheuerlichsten Sätze aufgeben, und ihn der Vernunft[3] näher zu bringen suchen, so ergreifen sie ein Mittel, das geradezu gegen ihren Zwek läuft. Sie erregen durch dieses Nachgeben den Gedanken, daß doch auch wohl im Beibehaltenen Dinge seyn könnten, die mit der Zeit[1] auch würden aufgegeben werden..
[22]
G. Forster, Cook (*1787; 1789), W 2, 167
: Der Überfluß, der ihrer in O-Taheiti und den benachbarten Inseln wartete, [...] verbreiteten [...] einen Grad von Fröhlichkeit, der in abentheuerliche Tänze und ausgelassene Possenspiele ausbrach..
[23]
G. Forster, Ansichten II (1791), W 2, 731
: Wäre diese Dirne einem Reisenden in Ost- oder Westindien begegnet, so hätte er ihren barbarischen Kopfputz einer Abbildung werth geachtet und über das Ungeheure und Abentheuerliche im Geschmack der ungebildeten Völker[1] lang und breit disserirt [...]..
[24]
C. de la Motte Fouqué, Resign. I (1829), 211
: Ein wandernder Schauspielertrupp, vertheilten wir uns, auf abentheuerliche, ausstaffirte Karren und Wagen, versteckten uns hinter Larven und tollen Putz, und nahmen so den Weg nach Ulmenstein. Bis dahin ging alles gut. Wir lebten in der Posse, Witz[4], Humor[2], die schellenkappige Thorheit mit ihrem buntscheckigen Mantel, waren unsere Reisegefährten..
[25]
Goethe, an Ch. v. Stein (18. 5. 1780), WA IV, 4, 223
: Es wäre sehr abenteuerlich wenn Sie eine von denen zwey weisen sizzenden Figuren, vorgestern Abend auf der Esplanade gewesen wären, denen ich ausgewichen bin..
[26]
Goethe, an Hzg. Carl August (E. Febr. 1782), WA IV, 5, 271
: Diese Feyerlichkeit [...] ist glücklich abgelaufen, hat gute Würckung gethan und Freude gemacht, und wird iedem der Zuschauer als eine abenteuerliche und angenehme, vorübergegangene Erscheinung zeitlebens vor Augen schweben[5]..
[27]
Goethe, an J. H. Merck (8. 4. 1785), WA IV, 7, 40
: Ich danke dir für das überschikte Kupfer. So sieht freylich das Thier[1] um ein gutes Theil leichter und feiner aus. Ich wünschte es einmal in Natur[21] zu sehen, es ist ein höchst wunderbares Geschöpf, im Grunde so einfach gestaltet und so abenteuerlich wegen seiner Größe..
[28]
Grosse, Genius II (1792), 224
: Seine Seele war einfach, groß und offen. Er haßte alles Abentheuerliche, alles Romanhafte[3], Geheimnißvolle und Verwickelte..
[29]
Hirschfeld, Gartenkunst I (1779), 193
: In romantischen[3/4] Gegenden sind Felsen von einer vorzüglichen Wirkung, und diese hängt von ihrer Lage und ihren Gestalten ab. Je abwechselnder, kühner, verwickelter, seltsamer und abentheuerlicher ihre Gestalten und ihre Zusammensetzungen sind, je auffallender sie gegen die benachbarten Theile abstechen, desto treffender sind sie zu jener Wirkung. Selbst Formen, die sonst bey einer Anhöhe, bey einem Hügel beleidigen, die gegen allen Begriff[1] von Schönheit[6] anspringen, sind für die Bewirkung des Romantischen[3/4] von der glücklichsten Kraft. Das Gespitzte, Abspringende, Höckerige, Verzogene, Verkettete in der Bildung[10] der Felsen; alles, was von der Regelmäßigkeit der Linien, von der gewöhnlichen Beschaffenheit der Formen abweicht; alles, was die Einbildungskraft[1] aus ihrer alltäglichen Sphäre heraus in eine Reihe neuer[1] Bilder versetzt, sie in die Feenwelt, in die Zeiten[14] der seltsamsten Bezauberung hinüberschweifen läßt, – das ist hier an seinem Platze. ⦿ ➢ Volltext.
[30]
Hirschfeld, Gartenkunst IV (1782), 112
: Die Gebäude in romantischen[3/2/4] Gegenden oder Gärten heischen die meiste Ueberlegung und Vorsichtigkeit. Ein feines Lusthaus, ein zierlicher Tempel sind für diesen Charakter[4] gar nicht anpassend, so gewöhnlich man sie auch sieht. In Revieren mit Felsen und Klüften sind Höhlen oder Grotten [...] sehr zustimmende Werke. Allein man kann ihnen noch einen Anstrich des Wunderbaren mehr geben, indem man sie Zauberern, Hexen, Riesen, Gespenstern, Feen und andern Geschöpfen der Phantasie[1] widmet, abentheuerliche Begebenheiten von ihnen verbreitet und in Inschriften erzählt. Die Sage des Volks[5] geht hier als Beyspiel voran; sie bewahrt noch in so vielen Ländern die Annalen des Aberglaubens. [...] Die Einbildungskraft[1], die schon durch den Eindruck der Gegend empört ist, schweift gern in schwärmerischen Bildern zügellos umher, entflammt sich aus der Erinnerung von hundert Märchen, die einst die Amme oder der Küster erzählte, verjüngt alte[1] Erscheinungen, wandelt und bildet neue[1] Gestalten, und leihet den Scenen einen Schauer, den die Natur[2] und die Vernunft[3] nicht kennen, und den gleichwohl jene zu veranlassen, und diese nicht zu verwerfen scheint. Außer den Inschriften können die Zauberhöhlen mit phantastischen[1] Bildern ausgeziert werden; das Ausschweifende und Abentheuerliche, das an jedem andern Orte verwerflich wäre, kann hier wahres Eigenthum werden. Man kann selbst Feenpaläste errichten, sie dieser oder jener Feengottheit widmen, sie mit allem Wunderbaren der Zeit[3], woraus sie entlehnt sind, füllen, hier den Orlando des Ariost, oder Wielands weit mehr zauberische Werke, Idris, Amadis, und Oberon, ausstellen, die Wände mit Gemälden von Kämpfen der irrenden Ritterschaft mit Riesen und Ungeheuern, von bezauberten Schlössern, von entführten Prinzessinnen und andern seltsamen Begebenheiten schmücken. Alles aber sey sorglos, wild und kühn hingeworfen; nichts verrathe ängstliches Bestreben nach Kunst[13] und Zierlichkeit. Die Bauart muß seltsam, regellos, abweichend von dem gewöhnlichen Gepräge und den angenehmen Verhältnissen der griechischen[4] Architectur seyn; etwa wie in diesem 〈113〉 Gebäude [...].
➢ Volltext.
[31]
A. v. Humboldt, Gasarten (1799), 114
: Wenn man an stillen Sommerabenden aufs freye[1] Feld geht, so kommt man durch einzelne, oft kaum 3 bis 5 Fuß breite Luftschichten, in denen man von einem plötzlichen Gefühl der Wärme auf eine wunderbare Weise afficirt wird. Diese Erscheinung ist sehr gemein und hat zu manchen abentheuerlichen Volksglauben Anlaß gegeben..
[32]
W. v. Humboldt, Lat. u. Hell. (*
?1806), GS I, 3, 156
: Merkwürdig ist es [...], dass [...] so viele Geburten des Aberglaubens von Hexenkünsten, Gespenstern und bösen Geistern[1], von denen man [sc. im antiken Griechenland] doch auch vielfältige Spuren antrift, schlechterdings keinen Theil der Kunst[10] durch abentheuerliche, oder gar fratzenhafte Behandlung entstellten..
[33]
Jerusalem, Dt. Spr. u. Litt. (1781), 10 f. (11)
: [U]ngeachtet der Entfernung, worinn die Verfasser durch alle Provinzen von Deutschland zerstreuet wohnen, ist doch in keiner dieser Schriften die Provinz mehr zu kennen, sondern sie sind für ganz Deutschland klaßisch[4], als Schriften von einer einzigen Akademie; und würden nun selbst schon hinreichend seyn, den Geschmack der Nation[1] ferner auszubilden; wie denn auch mit jedem Jahre unsre Litteratur mit ähnlichen Schriften noch mehr bereichert wird. Bey die〈11〉sen Meisterstücken wird sie freylich mit jedem Jahre auch mit einer Menge von pedantischen, abentheuerlichen, wahnsinnigen Misgeburten überhäuft; aber dergleichen muß die ausgebildeteste Nation[1] unter sich leiden, und wie vielmehr unser armes Vaterland, wo jährlich wenigstens Fünftausend neue Bücher, (eine schreckliche Manufaktur!) herauskommen..
[34]
Klein, Rheinreise (1828), 272
: Hier ist die wahre Heimath aller schauerigen Rheinsagen, Geister- und Gespenstergeschichten. Flußweibchen bewohnen die Tiefe und ziehen den Schiffer herab, Feen und bezauberte Ritter hausen in Klüften und Holzungen, dem Reisenden manchen übeln Streich spielend. Immer noch tanzen Hexen in den Mainächten auf den Bergflächen. Man könnte einen Folioband mit abentheuerlichen Erzählungen füllen, unter denen wahrhaft romantische[2] sind..
[35]
S. v. Knorring, Evremont III (1836), 3
: Es vereinigte sich [...] um diese Zeit[7] im weiten Umkreise von Hohenthal keine Gesellschaft, die nicht diesen Gegenstand verhandelt hätte, und da Jedermann die Sache etwas anders erzählte, als er sie vernommen hatte, so war sie endlich in dem Munde der Letzten so seltsam und abentheuerlich geworden, daß die, von 〈4〉 welchen die ersten Nachrichten ausgegangen waren, die lebhafteste Freude über die neuen[1] Aufklärungen dessen, was ihnen in der Sache dunkel geblieben war, empfanden..
[36]
J. G. Müller, S. v. Lindenb. (1779), 63
: Denke dir [...] einen Mann von mittelmäßiger Größe, oder etwas drüber, mit einer Physiognomie die aus Neger, Pudel, und Mops zusammengesetzt ist [...]. Die Negernase vor allen, machte, wenn man sie zum erstenmal sah, einen unbeschreiblich unangenehmen Eindruck. [...] Wie er nach Jahren so vornehm wurde, daß er in weissen seidnen Strümpfen und einer Beutelperüke stolzierte, fiel zwar das Abentheuerliche des Antlitzes nicht mehr so heftig auf, aber das Unförmliche der Beine desto sichtlicher ins Auge. So war der äussere Mensch[7] des Ludimagisters beschaffen, der ... Potz tausend! da geht er schon hin, fix und fertig, und ich male noch! Wir müssen ihm wohl folgen, ohne jezt von seinem innern Menschen[7] noch ein und anders, wie wir Willen waren, zu sagen. Mag 〈64〉 der Leser doch selbst aus seinem Betragen schliessen, daß er im Grunde ein tückisches, boshaftes, und ich darf wohl hinzusetzen: schadenfrohes Thier[7] war, wie zwar die Narren von Metier mehrentheils zu seyn pflegen..
[37]
Novalis, an K. L. Reinhold (5. 10. 1791), NS 4, 92
: Ich sehe in einem Moment der glücklichsten Vergeistigung das bunte[2] Jahrmarktsgewühl meines bisherigen Lebens vor mir [...]: Ich sehe mich in allen den lächerlichen, sonderbaren, abenteuerlichen und unnatürlichen Masken, mit welchen mich eine herrenlose Fantasie[2] und die Grille des Augenblicks bekleidete [...]..
[38]
v. d. Recke, Cagliostro (1787), 153
: Ach! wenn ich noch in den damaligen Zustand meiner Seele zurük schaue; so seh' ich, daß nichts schwerer ist als die Nebel zu zertheilen, die Irrglauben mit Aberglauben verbunden uns verbreiten. Durch sie verleitet, weiß man die abenteuerlichsten Lehren in das ehrwürdige Gewand der Religion[1] zu hüllen; und selbst bey den größten Trieben zur Tugend, können wir uns nicht mehr aus den Labyrinthen des finstersten Aberglaubens hinaus finden, so bald uns erst gewisse Dinge, gegen die Stimme[14] der Vernunft[3], durch Vorspiegelung der Erlangung höherer Kräfte und höchster Glückseligkeit, aufgedrungen worden sind..
[39]
v. d. Recke, Cagliostro (1787), 157
: Von Cagliostros Aufenthalt in Petersburg weiß ich nichts zuverläßiges zu sagen. Nur so viel ist gewiß, daß, ob er zwar dort auch verschiedene Personen durch allerley abenteuerliche Aussichten einige Zeit[6] hingehalten, er seinen Hauptzwek dennoch ganz verfehlt hat..
[40]
Schelling, Darst. Syst. (1801), 118 ff. (120)
: Die sogenannte unorganische Natur[2] ist [...] wirklich organisirt[4], und zwar für die Organisation[2], (gleichsam als das allgemeine Samenkorn, aus welchem diese hervorgeht). [...] 〈120〉 [...] Die Schwierigkeiten, die man bis daher gefunden hat, sich einen ersten Ursprung der Organisationen[1] aus dem Innern jedes Weltkörpers zu denken, hatten ihren Grund vorzüglich darin, daß man weder einen deutlichen Begriff von Metamorphose noch von dem ursprünglichen und schon dynamisch organisirten[4] Zustand jedes Weltkörpers [...] gehabt hat; daher selbst Kant noch die Idee, daß alle Organisationen[1], der Erde z. B., aus ihrem eigenen Schooß gebohren, als eine abentheuerliche, ja fast furchtbare Vorstellung betrachtet. ➢ Volltext.
[41]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 468
: Das Erhabene[3], inwiefern es nicht schön[2], wird aus diesem Grunde auch nicht erhaben[3], sondern nur ungeheuer oder abenteuerlich seyn. Ebenso muß die absolute Schönheit[1] mehr oder weniger immer zugleich auch die furchtbare 〈469〉 Schönheit[1] seyn. ➢ Volltext.
[42]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 677
: Der Roman[1], da er seiner näheren Verwandtschaft mit dem Drama gemäß mehr auf Gegensätzen beruht als das Epos, muß diese vorzüglich zur Ironie[1/3] und zur pittoresken[2] Darstellung gebrauchen, wie das Tableau im Don Quixote, wo dieser und Cardenio im Walde gegeneinander über sitzend beide vernünftig aneinander theilnehmen, bis der Wahnsinn des einen den des anderen in Aufruhr setzt. Ueberhaupt also darf der Roman[1] nach dem Pittoresken[2] streben, denn so kann man allgemein nennen, was eine Art von dramatischer, nur flüchtigerer, Erscheinung ist. Es versteht sich, daß es stets einen Gehalt, einen Bezug auf das Gemüth, auf Sitten, Völker, Begebenheiten habe. Was kann in dem angegebenen Sinn pittoresker[2] seyn, als im Don Quixote Marcellas Erscheinung auf der Spitze des Felsens, an dessen Fuß der Schäfer begraben wird, den die Liebe für sie getödtet hat? | Wo der Boden der Dichtung es nicht begünstigt, muß der Dichter es erschaffen, wie Goethe im Wilhelm Meister; Mignon, der Harfner, das Haus des Onkels sind einzig sein Werk. Alles, was die Sitten Romantisches[4] darbieten, muß herausgewendet und das Abenteuerliche nicht verschmäht werden, sobald es auch wieder zur Symbolik dienen 〈678〉 kann. Die gemeine Wirklichkeit soll sich nur darstellen, um der Ironie[1/3] und irgend einem Gegensätze dienstbar zu seyn. ➢ Volltext.
[43]
Schelling, Philos. d. Kunst (
!1803–04), SW I, 5, 718 f. (719)
: Das Tragische und Komische könnte entweder im Zustand der Vollkommenheit, nicht aufgehobenen Indifferenz dargestellt seyn, dann aber müßte die Poesie[11] weder als tragisch noch als komisch erscheinen; es wäre eine ganz andere Gattung, es wäre die epische Poesie[11]. In der epischen Poesie[11] sind die beiden Elemente, die sich in dem Drama streitend entzweien, – nicht vereinigt, sondern überhaupt noch nicht getrennt. Die Mischung beider Elemente auf solche Art, daß sie überhaupt nicht getrennt erschienen, kann also nicht die Eigentümlichkeit der modernen[1] Tragödie seyn. Es ist vielmehr eine Mischung, worin beide bestimmt unterschieden werden, und so daß der Dichter in beiden sich gleich als Meister zeigt, wie Shakespeare, der die dramatische Stärke nach beiden Polen hin concentrirt, und der erschütternde Shakespeare ist im Fallstaff und im Macbeth. | Indeß können wir doch diese Mischung entgegengesetzter Elemente als ein Zurückstreben des modernen[1] Drama zum Epos, ohne deßwegen 〈719〉 Epos zu werden, betrachten; sowie dieselbe Poesie[11] dagegen im Epos durch den Roman[1] zum Dramatischen strebt, und also von beiden Seiten die reine Begrenzung der höheren Kunst[12] aufhebt. | Es ist zu dieser Mischung nothwendig, daß dem Dichter das Tragische und Komische nicht nur massenweise, sondern auch in seinen Nuancen zu Gebot stehe, wie dem Shakespeare, der im Komischen zart, abenteuerlich und witzig zugleich, wie im Hamlet, und derbe (wie in den Fallstaffschen Stücken) ist, ohne jemals niedrig zu werden; sowie er dagegen im Tragischen zerreißend (wie im Lear), strafend (wie im Macbeth), schmelzend, rührend und beruhigend, wie in Romeo und Julie und mehreren gemischten Stücken ist. ➢ Volltext.
[44]
A. W. Schlegel, Beytr. (1798), 151
: Wer Romane[1] fertigen kann, ohne Gespenster zu citiren und die Riesengestalten einer chimärischen Vorzeit aufzurufen, wer sich ohne Geheimnisse mit simpeln Leidenschaften behilft, der hält schon etwas auf sich und sein Publikum[3]. Macht er sich denn auch mit Karakteren[7] nicht viel zu schaffen, wenn ihm nur jene in einer gewissen Fülle zu Gebote stehn, so kann er gewiß seyn, den mittleren Durchschnitt der Lesewelt für sich zu gewinnen, der für das grobe Abentheuerliche schon zu gesittet, für die heitern[4] ruhigen Ansichten ächter Kunst[12] noch nicht empfänglich, starke Bedürfnisse der Sentimentalität hat. ➢ Volltext.
[45]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 110
: Die nordischen Ankömmlinge waren grausame Barbaren, aber es lebte in ihnen doch ein starker männlicher Geist[14]. [...] Sie hatten ein sittliches Gefühl für das weibliche Geschlecht[2], es zu ehren und ihm vorzüglich zu huldigen hielten sie für Pflicht. In der Liebe verbarg sich das Sinnliche ganz; sie hatte einen heiligen Anstrich, war metaphysisch und ähnlich der Liebe zu Gott[1]. Dies brachte bei ihnen Spiele, Gesang hervor. Hierzu kam der Geist[14] der Tapferkeit, der phantastisch[2] und exzentrisch war, Abenteuer zu bestehen; es entstand [...] ein ritterlicher Mythus, welcher, wie der Geist[14] der Ritter, abenteuerlich und phantastisch[2] war. [...] [D]ie ersten Erscheinungen mußten so wunderbar und phantastisch[2] hervortreten..
[46]
A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (
!1798–99), KAV 1, 118
: Die dänische und nordische Romanze hat mit der englischen und schottischen Ähnlichkeit, es geht jedoch bei den ersteren das Wunderbare und Abenteuerliche ins Kolossale..
[47]
F. Schlegel, Stud. Grch. Poes. (*1795; 1797), 32 ff. (34)
: Schon in den frühesten Zeitaltern der Europäischen Bildung[5] finden sich unverkennbare Spuren des künstlichen Ursprungs der 〈33〉 modernen[1] Poesie[11]. Die Kraft, der Stoff war zwar durch Natur[13] gegeben: das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2] war aber nicht der Trieb, sondern gewisse dirigirende Begriffe[1] [...]. Selbst der individuelle Charakter[1] dieser Begriffe[1] war durch Umstände veranlaßt, und durch die äußre Lage nothwendig bestimmt. Daß aber der Mensch[1] nach diesen Begriffen[1] sich selbst bestimmte, den gegebnen Stoff ordnete, und die Richtung seiner Kraft determi〈34〉nierte; das war ein freyer[10] Aktus des Gemüths. Dieser Aktus ist aber eben der ursprüngliche Quell, der erste bestimmende Anstoß der künstlichen Bildung[2], welcher also mit vollem Recht der Freyheit[10] zugeschrieben wird. Die Phantasterey der Romantischen[12] Poesie[11], hat nicht etwa wie Orientalischer[1] Bombast eine abweichende Naturanlage zum Grunde. Es sind vielmehr abenteuerliche Begriffe[1], durch welche eine an sich glückliche, dem Schönen[2] nicht ungünstige Phantasie[1] eine verkehrte Richtung genommen hatte. Sie stand also unter der Herrschaft von Begriffen[1]; und so dürftig und dunkel diese auch seyn mochten, so war doch der Verstand[2] das lenkende Prinzip der aesthetischen Bildung[2]..
[48]
Schleiermacher, Religion (1799), 52 f. (53)
: Spekulazion und Praxis haben zu wollen ohne Religion[3], ist verwegener Übermuth, es ist freche Feindschaft gegen die Götter[4/6], es ist der unheilige Sinn[10] des Prometheus, der feigherzig stahl, was er in ruhiger Sicherheit hätte fordern und erwarten können. Geraubt nur hat der Mensch[1] das Gefühl seiner Unendlichkeit und Gottähnlichkeit, und es kann ihm als unrechtes Gut nicht gedeihen, wenn er nicht auch seiner Beschränktheit sich bewußt wird, der Zufälligkeit seiner ganzen Form, des geräuschlosen Verschwindens seines ganzen Daseins im Unermeßlichen. Auch haben die Götter[4/6] von je an diesen Frevel gestraft. Pra〈53〉xis ist Kunst[2], Spekulazion ist Wissenschaft[1], Religion[3] ist Sinn[5] und Geschmak fürs Unendliche. Ohne diese, wie kann sich die erste über den gemeinen Kreis abenteuerlicher und hergebrachter Formen erheben? wie kann die andere etwas beßeres werden als ein steifes und mageres Skelet?.
[49]
Wackenroder, an seine Eltern (22. 6. 1793), VL 2, 180
: In Nürnb[erg] bin ich im rothen Roß abgetreten. Von dem Äußern dieser großen, labyrinthischen Stadt können sie sich wirklich durch Ihre in Kupfer gestochenen u[nd] illuminirten kleinen Prospekte, den beßten Begriff[1] machen. Ich finde mit Vergnügen viele mir längst bekannte Gegenden der Stadt hier in der Natur[2], u[nd] erkenne sie bald. Die Stadt hat wegen der vielen, schwarzen, mit Gothischem Prunk an Bildern u[nd] Zierrathen reich überladenen Kirchen, wegen der alten[1], ganz v[on] Quadern gebauten, festen Häuser, die häufig mit Figuren v[on] Menschen[1] u[nd] Thieren[1] bemahlt, u[nd] auch mit sehr alten[1] Basreliefs in Stein geziert sind, ein antikes[6], abentheuerliches Ansehen. Aber sowohl aus- als inwendig, scheinen mir doch fast alle Häuser keine Spur v[on] modernem[7] Geschmack zu haben. Keine einzige neumodische Façade. Die Hausthür ist [...] fast immer verschlossen; man klingelt, sie springt auf; man geht durch dunkle Winkel eine schlechte Treppe hinauf, u[nd] findet selbst Männer wie H[errn] v[on] Murr u[nd] H[errn] Schaffer Panzer, in Zimmern, die nur durch eine Bibliothek angenehm werden, an Fenstem mit kleinen runden Scheiben, nach dem Hofe oder einem Gäßchen zu, sitzen. Freilich will ich nicht auf alle übrigen Häuser v[on] diesen schließen. Allein v[on] außen wenigstens sind sie alle antik[6]. .
[50]
Wackenroder, an seine Eltern (24. 8. 1793), VL 2, 221
: Die [Nürnberger] Lorenzkirche ist inwendig die ehrwürdigste, antikeste[6] u[nd] abentheuerlichste Kirche die ich kenne. Das mittlere Schiff ist eng u[nd] hoch, u hat, wie alle alte[11] Kirchen, gar keine Chöre..
[51]
Wackenroder, Herz. (1797 [1796]), 133
: Seit meiner frühen Jugend her, da ich den Gott[1] der Menschen[1] zuerst aus den uralten heiligen Büchern unserer Religion[1] kennen lernte, war mir die Natur[2] immer das gründlichste und deutlichste Erklärungsbuch über sein Wesen und seine Eigenschaften. Das Säuseln in den Wipfeln des Waldes, und das Rollen des Donners, haben mir geheimnißvolle Dinge von ihm erzählet, die ich in Worten[2] nicht aufsetzen kann. Ein schönes[1] Thal, von abentheuerlichen Felsengestalten umschlossen, oder ein glatter Fluß, worin gebeugte Bäume sich spiegeln, oder eine 〈134〉 heitere[1/5] grüne Wiese von dem blauen Himmel beschienen, – ach diese Dinge haben in meinem inneren Gemüthe mehr wunderbare Regungen zuwege gebracht, haben meinen Geist[19] von der Allmacht und Allgüte Gottes[1] inniger erfüllt, und meine ganze Seele weit mehr gereinigt und erhoben, als es je die Sprache[2] der Worte[1] vermag. Sie ist, dünkt mich, ein allzu irdisches und grobes Werkzeug, um das Unkörperliche, wie das Körperliche, damit zu handhaben. ➢ Volltext.
[52]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f. (20)
: Man hat die Kunst[4] und Poesie[11] des Mittelalters mit dem Namen der romantischen[13], die Kunst[4] und Poesie[11] der Alten[10] mit dem Namen der klassischen[7] getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den beiden Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse[1] zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spaltungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Romantikern[3] schlugen, und im Gegensatze zu den Nachahmern des altklassischen Stils sich mehr der britischen und deutschen Phantasiefülle und Regellosigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das Wesen der Romantik[13] erblickten. Überhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und der andern Art bestehe. Vielleicht drückt man sich darüber am richtigsten aus, wenn man sagt, die Kunst[2] der Alten[10], das ist die Klassik[5], habe darin bestanden, daß sie jede Idee, die sie darstellen wollten, sei's mit dem Meißel, am Stoff des Marmors, sei's mit dem Griffel, am Stoff der Sprache[1], daß sie jede darzustellende Idee, so vollkommen an diesem Stoffe ausdrückten, daß nichts 〈20〉 mehr und nichts weniger als eben die Idee selbst sinnlich vor Augen trat; dagegen die Kunst[2] der Romantiker[2] darin bestand und besteht, daß sie die Idee im sinnlichen Stoff keineswegs vollkommen erschöpften, sondern nur symbolisch an ihm darstellten, so daß man bei ihren Gebilden immer etwas mehr hinzuzudenken habe, als man vor Augen sähe. Die Ursache war denn die, daß die alten[10] griechischen[1] Künstler, nach ihren Begriffen[1] von sinnlicher Form und Schönheit[1], alle diejenigen Ideen zur Darstellung verschmähten und von sich wiesen, welche sie nicht in feste Form vollkommen einfassen konnten, die Künstler und Dichter des Mittelalters aber sich kein Bedenken daraus machten, das Höchste und Tiefste, was nur die Menschenbrust fassen, aber kaum ein sterblicher Mund aussprechen konnte, symbolisch in Formen und Gestalten wenigstens anzudeuten. Daß uns eine solche Kunst[2] der Bedeutsamkeit, eine solche Symbolik der Religion[1] und der Liebe aus den Denkmälern des Mittelalters überall anweht, uns bald heimlich, bald großartig, bald abenteuerlich ergreift und etwas Unendliches, Ahnungsvolles, Sehnsüchtiges in uns anregt, wird jeder gestehen, dem das Mittelalter bekannter geworden ist wie aus Büchern der neuern[9] Zeit[3] über dasselbe..