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Semantik 
Belege 
[1] Börne, Brf. Paris II (1832), 140: Vor einigen Tagen wurde bei den Italienern eine neue[1] Oper, Fausto, aufgeführt nach Goethe's Faust bearbeitet. Der Componist ist eine Componistin, Demoiselle Bertin [sc. Louise-Angélique Bertin (1805–1877)], ein junges Frauenzimmer, Tochter des Redakteurs des Journal des Debats. [...] Die Musik[4] ist einigemale nicht langweilig, und wer noch nicht ganz todt ist, erholt sich da wieder. Die schönsten[1] Gedanken kommen der Componistin erst am Schlusse der Oper, wahrscheinlich wegen der weiblichen Postscripten-Natur. Die letzte Scene, Gretchen im Kerker, macht guten Eindruck. Aber es wollte mir nicht aus dem Kopfe, ⟨141⟩ daß ein Frauenzimmer diese Musik[4] gemacht, und wenn im Orchester Hörner und Pauken mächtig erschallten, mußte ich jedesmal lachen.

[2] Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 184 ff. (185 f.): Noch eines größern Ruhmes ist die sanfte Duldung, die unverdrossene Geschäftigkeit werth, in der sich ohne den Mißbrauch der Cultur[4], das zarte Geschlecht[2] überall auf der Erde auszeichnet. Mit Gelaßenheit trägt es das Joch, das ihm die rohe Uebermacht der Männer, ihre Liebe zum Müßiggange und zur Trägheit, endlich auch die Ausschweifungen seiner Vorfahren ⟨185⟩ selbst als eine geerbte Sitte auflegten und bei den armseligsten Völkern[1] finden sich hierinn oft die größesten Muster. Es ist nicht Verstellung, wenn in vielen Gegenden die mannbare Tochter zur beschwerlichen Ehe[1] gezwungen werden muß: sie entläuft der Hütte, sie fliehet in die Wüste: mit Thränen nimmt sie ihren Brautkranz, denn es ist die letzte Blüthe ihrer vertändelten, freieren[5] Jugend. [...] Zärtlich nimmt sie Abschied von allem, was ihrer Jugend so lieb war: als eine Verstorbene verläßt sie das Haus ihrer Eltern, verlieret ihren vorigen Namen und wird das Eigenthum eines Fremden[4], der vielleicht ihr Tyrann ist. Das unschätzbarste, was ein Mensch[1] hat, muß sie ihm aufopfern, Besitz ihrer Person, Freiheit[5], Willen, ja vielleicht Gesundheit und Leben; und das Alles um Reize, die die keusche Jungfrau noch nicht kennet und die ihr vielleicht bald in einem Meer von Ungemächlichkeit verschwinden. Glücklich, daß die Natur[2] das weibliche Herz mit einem unnennbar-zarten und starken Gefühl für den persönlichen Werth des ⟨186⟩ Mannes ausgerüstet und geschmückt hat. Durch dies Gefühl erträgt sie auch seine Härtigkeiten: sie schwingt sich in einer süßen Begeisterung[3] so gern zu allem auf, was ihr an ihm edel, groß, tapfer, ungewöhnlich dünket: mit erhebender Theilnehmung hört sie männliche Thaten, die ihr, wenn der Abend kommt, die Last des beschwerlichen Tages versüßen und es zum Stolz ihr machen, daß sie, da sie doch einmal zugehören muß, einem solchen Mann gehöre. Die Liebe des Romantischen[7] im weiblichen Charakter[1] ist also eine wohlthätige Gabe der Natur[2], Balsam für sie und belohnende Aufmunterung des Mannes: denn der schönste[6] Kranz des Jünglings war immer die Liebe der Jungfrau.

[3] Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (21801), 1442.

[4] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 78 f. (79).

[5] F. Schlegel, Lucinde (1799), 7 f. (8).














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