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[1] Börne, Brf. Paris I (1832), 77 f. (78): Victor Hugo's Hernani habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Es ist wahr, daß ich Werke solcher Art bei einem französischen Dichter nach ganz andern Grundsätzen beurtheile, als ich es bei einem deutschen Dichter thue. Das Ding an sich kümmert mich da gar nicht; sondern ich betrachte es blos in seiner Verbindung, das heißt bei roman⟨78⟩tischen[14] poetischen[4] Werken, in seinem Gegensatze mit der französischen Nationalität. Also je toller, je besser; denn die romantische[14] Poesie[1] ist den Franzosen nicht wegen ihres schaffenden, sondern wegen ihres zerstörenden Prinzips heilsam. Es ist eine Freude, zu sehen, wie die emsigen Romantiker alles anzünden und niederreißen und große Karren voll Regeln und klassischem[8] Schutte vom Brandplatze wegführen.

[2] Börne, Brf. Paris I (1832), 120 f.: Sonntag habe ich einem Conzerte im Conservatoire beigewohnt. Ein junger Componist, Namens Berlioz, [...] ließ von seinen Compositionen aufführen; das ist ein Romantiker. [...] Mir hat alles sehr gefallen. Eine merkwürdige Symphonie, eine dramatische in fünf Acten, natürlich blos Instrumental-Musik; aber daß man sie verstehe, ließ er wie zu einer Oper einen die Handlung[3] erklärenden Text drucken. Es ist die ausschweifendste Ironie[1], wie sie noch kein Dichter[1] in Worten[2] ausgedrückt, und alles gottlos. Der Componist erzählt darin seine eigene Jugendgeschichte. Er vergiftet sich mit Opium und da träumt ihm, er hätte die Geliebte ermordert, und würde zum Tode verurtheilt. Er wohnt seiner eigenen Hinrichtung bei. Da hört man einen unvergleichlichen Marsch, wie ich noch nie einen gehört. Im letzten Theile stellt er den Blocksberg vor, ganz wie im Faust, und es ist alles mit Händen zu greifen. Seine Geliebte, die sich seiner unwürdig zeigte, erscheinet auch in der Walpurgisnacht; aber nicht wie Gretchen in Faust, sondern frech, Hexenmäßig ..... In der Kunst[2] und Literatur wie in der Politik, gehet die Frechheit der Freiheit[13/6] vor⟨121⟩aus. Das muß man zu würdigen wissen, um die jetzigen französischen Romantiker nicht ungerecht zu verurtheilen. Sie sind oft rein toll, und schreiben Sachen, wie man sie im romantischen[7] Deutschland niemals lies't.

[3] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 105 f. (106): Bey uns Deutschen[1] war die Wendung ins Romantische[14] aus einer, erst den Alten[10], dann den Franzosen abgewonnenen Bildung[5], durch christlich-religiose Gesinnungen eingeleitet, durch trübe, nordische Heldensagen begünstigt und bestärkt; worauf sich denn diese Denkweise festsetzen und verbreiten konnte, so daß jetzt kaum ein Dichter[1], Maler[1], Bildhauer übrig geblieben, der sich nicht religiosen Gefühlen hingäbe und analogen Gegenständen widmete. | Einen solchen Verlauf nimmt die Dicht- und Kunstgeschichte nun auch in Italien. Als ⟨106⟩ praktische Romantiker werden gerühmt Johann Torti und dessen poetische[5] Darstellung der Leidensgeschichte Christi; ferner seine Terzinen über die Poesie[1]. Alexander Manzoni, sodann, Verfasser eines noch ungedruckten Trauerspiels, der Carmagnol, hat sich durch Heilige Hymnen guten Ruf erworben.

[4] Goethe, Tageb. (*1826), WA III, 10, 152: Concepte revidirt. [...] Den Streit der Klassiker[3] und Romantiker überdacht. Nach 11 Uhr geschröpft.

[5] Heine, Romant. Schule (1836), 164 f. (165): Mit den ernsten Disciplinen hatte sich Herr Tieck nie sonderlich befaßt. Er studirte moderne[1] Sprachen[3] und die älteren[1] Urkunden unserer vaterländischen Poesie[1]. Den klassischen[7] Studien soll ⟨165⟩ er immer fremd[4] geblieben seyn, als ein ächter Romantiker. Volltext

[6] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VII (1836), 455: Die höheren Studien verfolgte [Friedrich von] H.[ardenberg] auf den Universitäten Jena, Leipzig und Wittenberg. [...] reifte unter Thränen. [...] Im Sommer 1799 ward er als Assessor dem Directorium der Salinen beigesellt, und in die Zeit[3] dieses Aufenthalts fällt sein lebhafterer Verkehr mit denjenigen Literaten, welche man oft kurzweg die Romantiker nennt, mit den Gebrüdern Schlegel, Ludwig Tieck etc., die damals in Jena waren, und mit Hochstellung und größter Verehrung Göthe's, eine neue[1] Dichterschule zu gründen versuchten, die von der Schiller'schen in vieler Art verschieden war. Daß Göthe später den Ultraismus dieser Richtung, welcher sich besonders in Spielerei mit dem Katholicismus ausdrückte, hart und ganz verläugnete und angriff, ließ die Schule zu keiner eigentlichen Reife kommen, sie bleibt aber stets ein sehr wichtiger literarischer Moment ⟨456⟩ unserer Geschichte[2], und es muß ihr immer ein tiefer und bedeutender Einfluß zugestanden werden.

[7] K. A. Varnhagen von Ense, Denkw. I (1837–42), 286: Hier hat sich noch ein Poet eingefunden, mit dem ich bei Cotta einen Abend zugebracht habe. Es ist der Däne Jens Baggesen, der mir auf das Wort[3] von Voß, Erhard und andern bisher viel galt und der mir nun auf sein eignes wenig gilt. Er kommt von Paris, hat gegen Napoleon einen politischen „Faust“ gedichtet, den er natürlich nicht kann drucken lassen, macht Spottgedichte gegen die deutschen Romantiker, will sogar von Goethe wenig wissen und meint, man sei ein Dichter, wenn man sich selbstgefällig über alles erhebt und von Voß die Schmiedearbeit deutscher Hexameter gelernt hat!

[8] Börne, Brf. Paris I (1832), 78.

[9] Börne, Brf. Paris I (1832), 113.

[10] Börne, Brf. Paris III (1833), 86.

[11] Börne, Brf. Paris V (1834), 134.

[12] Brockhaus, Bild.-Conv.-Lex. III (1839), 734.

[13] Goethe, Tageb. (*1818), WA III, 6, 252.

[14] Goethe, an C. J. L. Iken (27. 9. 1827), WA IV, 43, 81.

[15] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 201 f. (202).

[16] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. IV (1835), 207.

[17] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470.

[18] Laube, Jg. Eur. I.2 (1833), 105 f. (106).

[19] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 19 f..














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