[1]
Brentano, Friedenspuppe (1815), 30
: Dumoulin wußte nichts von dem Gebrauch, den ich mit der Leiche des Kindes vorhatte; er that, was ums Geld bedungen war; auch meinen Namen hat er nicht gewußt, so wie ich ganz ohne Kenntniß des Kindermordes bin, den er zu diesem Zwecke begangen. Alles dieses erkläre ich Ihnen frey, und in der Hoffnung auf das Erbarmen Gottes, und bitte Sie, meinen letzten Willen zu empfangen. ➢ Volltext
[2]
Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 233
: Freie Ausübung edler Thaten, die kein Gebot heischt, ehrt noch mehr; [...] wende er jezt seine Kraft dazu an, dem ungerechten Mächtigen kühn ins Angesicht zu widerstehen, auf seinen Schultern der Menschheit[4] aus dem Abgrunde des Elends heraufzuhelfen, und unsere Verehrung wird ihm war〈234〉lich nicht entgehen.
[3]
C. Schlegel, an A. W. Schlegel (8. 3. 1802), C 2, 314
: Schelling sitzt dort und ließt in einem freyen Augenblick Dein erstes Gespräch im ersten Athenäum [sc. A. W. Schlegel, Sprachen (1798); ➢ Volltext]. Er rühmt, daß so viel Scharfsinn darin sey, und nimmt sich vor es recht zu studiren.
[4]
Adelung, Gramm.-krit. Wb. IV (
21801), 579
: In engerer und gewöhnlicher Bedeutung führen nur die unvernünftigen Thiere[1], oder mit bloßer Sinnlichkeit und freyen Bewegung versehenen Körper den Nahmen der Thiere[1]. Und da hat man zahme und wilde Thiere[1], lasttragende Thiere[1], vierfüßige, gefiederte, kriechende, schwimmende Thiere[1], wovon die mehresten Arten wieder eigene Geschlechtsnahmen haben..
[5]
Goethe, an A. O. Blumenthal (28. 5. 1819), WA IV, 31, 158
: Denn wie sich die lateinische Sprache[3] durch zufälliges, dann vorsätzliches Pfaffenverderbniß in die romanische[1] verlor und die südwestlichen Völker[1] mit einer solchen Verkindischung sich begnügen mußten; so war nichts natürlicher[4], als daß begabte, freiere Geister[32] von der ausgearteten absurden Tochter wieder zur hohen Mutter zurückkehrten..
[6]
Grosse, Genius I (1791), 3
: Das Gewebe, an dem meine Schicksale fortgleiten mußten, kann vielleicht itzt zerrissen seyn; aber auch nur vielleicht. – Indem ich es ahnde[4]: ich sey nun frey, nahet sich vielleicht dem verlohrenen Ende ein anderes wieder, um sich mit ihm sanft zu vereinigen..
[7]
Hegel [Hotho], Aesth. I (1835), 158 f. (159)
: Die unbelebten Körper der unorganischen Natur[2] haben ihre feste Räum〈159〉lichkeit, sie sind eins mit ihrem Ort und an ihn gebunden, oder von außen her bewegt. | Denn ihre Bewegung geht nicht von ihnen selbst aus, und wenn sie deshalb an ihnen hervortritt, erscheint sie als eine ihnen fremde[5] Einwirkung, welche aufzuheben sie das reagirende Streben haben. Und wenn auch die Bewegung der Planeten u. s. f. nicht als äußerer Anstoß und als den Körpern fremdartig erscheint, so ist sie doch an ein festes Gesetz und dessen abstrakte Nothwendigkeit gebunden. Das lebendige Thier[1] aber in seiner freien Selbstbewegung negirt das Gebundenseyn an den bestimmten Ort aus sich selbst, und ist die fortgesetzte Befreiung von dem sinnlichen Einsseyn mit solcher Bestimmtheit. ➢ Volltext.
[8]
Herder, Gesch. d. Menschh. II (1785), 184
: Noch eines größern Ruhmes ist die sanfte Duldung, die unverdrossene Geschäftigkeit werth, in der sich ohne den Mißbrauch der Cultur[4], das zarte Geschlecht[2] überall auf der Erde auszeichnet. Mit Gelaßenheit trägt es das Joch, das ihm die rohe Uebermacht der Männer, ihre Liebe zum Müßiggange und zur Trägheit, endlich auch die Ausschweifungen seiner Vorfahren 〈185〉 selbst als eine geerbte Sitte auflegten und bei den armseligsten Völkern[1] finden sich hierinn oft die größesten Muster. Es ist nicht Verstellung, wenn in vielen Gegenden die mannbare Tochter zur beschwerlichen Ehe[1] gezwungen werden muß: sie entläuft der Hütte, sie fliehet in die Wüste: mit Thränen nimmt sie ihren Brautkranz, denn es ist die letzte Blüthe ihrer vertändelten, freieren Jugend. [...] Zärtlich nimmt sie Abschied von allem, was ihrer Jugend so lieb war: als eine Verstorbene verläßt sie das Haus ihrer Eltern, verlieret ihren vorigen Namen und wird das Eigenthum eines Fremden[4], der vielleicht ihr Tyrann ist. Das unschätzbarste, was ein Mensch[1] hat, muß sie ihm aufopfern, Besitz ihrer Person, Freiheit[5], Willen, ja vielleicht Gesundheit und Leben; und das Alles um Reize, die die keusche Jungfrau noch nicht kennet und die ihr vielleicht bald in einem Meer von Ungemächlichkeit verschwinden. Glücklich, daß die Natur[2] das weibliche[1] Herz mit einem unnennbar-zarten und starken Gefühl für den persönlichen Werth des 〈186〉 Mannes ausgerüstet und geschmückt hat. Durch dies Gefühl erträgt sie auch seine Härtigkeiten: sie schwingt sich in einer süßen Begeisterung[3] so gern zu allem auf, was ihr an ihm edel, groß, tapfer, ungewöhnlich dünket: mit erhebender Theilnehmung hört sie männliche Thaten, die ihr, wenn der Abend kommt, die Last des beschwerlichen Tages versüßen und es zum Stolz ihr machen, daß sie, da sie doch einmal zugehören muß, einem solchen Mann gehöre. Die Liebe des Romantischen[7] im weiblichen[1] Charakter[1] ist also eine wohlthätige Gabe der Natur[2], Balsam für sie und belohnende Aufmunterung des Mannes: denn der schönste[6] Kranz des Jünglings war immer die Liebe der Jungfrau..
[9]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470 f. (471)
: Romanticismus. Die Bildung[10] dieses Wortes[1] ist ein Fund der neuesten[3] Zeit[5], hervorgerufen durch die poetischen[4] Erzeugnisse der neueren[3] Franzosen, als deren Chorführer Victor Hugo, Balzac, Eugen Sue, Jules Janin etc. zu nennen sind. Schon vor dem Ausbruch der Julirevolution begannen die franz. Dramatiker an den Fesseln den [sic] Klassicität zu rütteln, die seit Racine und Corneille den Gedanken in seinem eigenen Schaffen niedergedrückt hatten. Deutschland und England, die sich längst befreit und die alten[1] Formen zerschlagen hatten, um das Leben der neueren[3] Zeit[5] auch neu[1] bilden zu können in künstlerischer Darstellung, gaben keinen geringen Anstoß. Vornehmlich aber war es Shakespeare, dessen Riesengebilde die Phantasie[1] der jugendlichen franz. Dichter[1] entzündete. Sie wollten ihm nachahmen, raubten ihm aber nur das Bizarre, die äußere Schale, ohne des Kernes habhaft zu werden. Ihre Schöpfungen verloren sich an das Unschöne, worin man das Romantische[4], Kühne, Geniale suchte, und weil die Anhänger der klassischen[8] Schule sich diesem Verfahren widersetzen wollten, gaben sie den jungen Stürmern den Namen der Romantiker[3]. Die Romantik[13] war, wenigstens im Sinn[1] der Deutschen, etwas Fertiges und Abgeschlossenes. Die Schöpfungen der Franzosen ließen sich mit diesen Gebilden des Wundersam-Phantastischen[2] nicht vergleichen, sondern wühlten sich vielmehr ein in alle Abscheulichkeiten der Materie. Statt des Wunderbaren regierte das Laster in frivoler Aufgedecktheit; nicht die Gerechtigkeit des Weltgerichtes siegte, sondern die Laune, der Zufall, der böse, rachsüchtige Gedanke. Was 〈471〉 man daher nicht Romantik[13] nennen konnte, dem gab man den Namen des R[omanticismus]. Der R.[omanticismus] aber ist, obwohl ein Auswuchs der Romantik[13], dennoch ein nothwendiges Ergebniß aus den Verirrungen des Tages und seiner Geschichte[1]. Er schwärmt durch alle Länder, und wird, ist er zur Besonnenheit gekommen, sich verwandeln in das wahrhaft Moderne[8], das der Romantik[13] gegenüber stehen wird, wie diese der Klassik[5], und ein freigeborenes Kind sein einer schönen[2], freien[5/11] Zeit[5]..
[10]
Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. X (1838), 115 f. (116)
: Hier einige allgemeine Bemerkungen über die Thiere[2]. Das Hauptmerkmal derselben ist eine mit Empfindung verbundene Bewegung, entweder nur einzelner Theile, wie bei den Polypen, oder des ganzen Körpers; sodann eine Oeffnung am Haupte oder am vordern Ende des Körpers, die zu einem Schlauche führt, in welchen sie mittelst willkührlicher 〈116〉 Bewegung ihre Nahrungsmittel bringen. Mit den Pflanzen[1] gemein haben sie den kunstvollen, innern Zusammenhang von Gefäßen, Schläuchen und andern Organen[2] oder Werkzeugen, durch welche ihre Ernährung, ihr Wachsthum und ihre Fortpflanzung bewirkt wird, – den Organismus[3]. Jedes ihrer Organe[2] aber hat ein Leben oder eine ursprüngliche Lebenskraft für sich. Die verschiedenen thierischen Thätigkeiten oder Funktionen, welche im Innern des thierischen Körpers durch die zusammenwirkende Kraft der Organe[2] entstehen, sind die Verdauungs-, Athmungs-, Empfindungs- und Fortpflanzungsthätigkeit. Der Charakter[1] des Thieres[2] ist vorzüglich in seiner freien Bewegung ausgedrückt, welche durch Muskelfasern, Bänder etc. und Nerven vermittelt wird..
[11]
Jean Paul, Vorsch. Ästh. II (
21813), 543
: Jeder Roman[1] muß einen allgemeinen Geist[12] beherbergen, der das historische Ganze ohne Abbruch der freien Bewegung, wie ein Gott[4] die freie Menschheit[2], heimlich zu Einem Ziele verknüpfe und ziehe [...]; ein bloß geschichtlicher Roman[1] ist nur eine Erzählung. [...] 〈544〉 Derselbe romantische[1] Geist[12] findet nun drei sehr verschiedene Körperschaften zu beseelen vor; daher eine dreifache Eintheilung der Romane[1], nach ihrer Materie nöthig ist..
[12]
Kleist, Zweikampf (1811), 165 f. (166)
: Jacob der Rothbart verschmerzte, in obwaltenden kluger Erwägung der Umstände, das Unrecht, das ihm sein Bruder zugefügt hatte; zum mindesten enthielt er sich aller und jeder Schritte, den letzten Willen des Herzogs umzustoßen, und wünschte seinem jungen Neffen zu dem Thron, den er erlangt hatte, von Herzen Glück. Er beschrieb den Abgeordneten, die er sehr heiter[5] und freundlich an seine Tafel zog, wie er seit 〈166〉 dem Tode seiner Gemahlin, die ihm ein königliches Vermögen hinterlassen, frei und unabhängig auf seiner Burg lebe; wie er die Weiber[2] der angrenzenden Edelleute, seinen eignen Wein, und, in Gesellschaft munterer Freunde, die Jagd liebe, und wie ein Kreuzzug nach Palästina, auf welchem er die Sünden einer raschen Jugend, auch leider, wie er zugab, im Alter noch wachsend, abzubüßen dachte, die ganze Unternehmung sei, auf die er noch, am Schluß seines Lebens, hinaussehe..
[13]
Klingemann, Poesie (1800), 55
: Die Poesie[19] geht durch die ganze Kunst[2]; sie ist das Innerliche in ihr, und der geheime wunderliche Geist[12], der später erst durch sie zur Erscheinung kommt. Die Kunst[2] selbst ist nur Organ[1] der Poesie[19], sie aber ist die Seele des Ganzen, und das heilige Feuer, das unsichtbar sich entzündet. So ist die Dichtkunst allein nicht ihre einzige Heimath; sondern sie herrscht unumschränkt auch in der Skulptur und Mahlerei[2], und redet zart und geistig aus der Musik[4] uns an. Sie ist es eben, wodurch die Kunst[2] sich ausbreitet, und allgemein wird; denn Poesie[19] ist die Grundanlage der Menschheit[1] überhaupt, und sie zeichnet sich nur, dem Grade nach, stärker oder schwächer in den Einzelnen aus. | Die Poesie[19] ist das eigentlich Absichtslose, oder die Natur[19] in der Kunst[2]; Niemand vermag sie zu erringen, oder durch Kunst[2] sich anzueignen; sie ist vielmehr eine freie Gunst der Götter[4], und wird dem Menschen[1] schon bei seiner Geburt zu Theile..
[14]
Mereau, Amd. u. Ed. I (1803), 40
: Schönheit[[[[BedeutungsVerweis ID='431' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] gleicht dem Genie[[[[BedeutungsVerweis ID='343' Anzeige='2' Formatierung='1']]]]; sie ist freie Gabe der Götter[[[[BedeutungsVerweis ID='189' Anzeige='4' Formatierung='1']]]], und als solche hat der Wille der Menschen[[[[BedeutungsVerweis ID='686' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] keinen Theil daran. Was selbst erworbner Reiz des Betragens langsam hervorbringt, ist bei ihr das Werk eines Augenblicks: die angenehme Rührung, welche mein Herz bewegte, goß einen höhern Reiz über die ganze Natur[[[[BedeutungsVerweis ID='40' Anzeige='2' Formatierung='1']]]] um mich her. Der Glanz der Abendsonne schien mit überirdischer Klarheit auf den Baumwipfeln zu ruhen – der Rheinstrom und die romantische[[[[BedeutungsVerweis ID='276' Anzeige='8' Formatierung='1']]]] Ferne, 〈41〉 die einsamen Höhen und der frische duftige Wiesengrund mit dem lebendigen Gewühl von Menschen[[[[BedeutungsVerweis ID='686' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] und Thieren[[[[BedeutungsVerweis ID='474' Anzeige='1' Formatierung='1']]]] – das zarte Laub, das, kaum entfaltet, freudig im Abendwind flüsterte. – Alles schien verklärt, harmonisch, ahnungsvoll..
[15]
Schiller, Ged. I (1799), NA 1, 432
: Freiheit[3] liebt das Thier[1] der Wüste, | Frei[5] im Aether herrscht der Gott[4], | Ihrer Brust gewaltge Lüste | Zähmet das Naturgebot, | Doch der Mensch[1], in ihrer Mitte, | Soll sich an den Menschen[1] reihn, | Und allein durch seine Sitte | Kann er frei[10] und mächtig seyn..
[16]
A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (
!1801–02), KAV 1, 281
: Das Symbolische der aufrechten Stellung [...] ist schon erwähnt worden. Es deutet auf die nähere freyere Beziehung, worin der Mensch[1] zur Sonne und dadurch zum ganzen übrigen Universum steht, da die Thiere[1] an die Scholle gefesselt, gleichsam Leibeigne der Erde sind..
[17]
A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 71 f. (72)
: Die Ironie[3] bezieht sich [...] beym Shakspeare nicht bloß auf die einzelnen Charakter[7], sondern häufig auf das Ganze der Handlung[3]. Die meisten Dichter[1], welche menschliche Begebenheiten erzählend oder dramatisch schildern, nehmen Partey, und verlangen von den Lesern blinden Glauben für ihre Bemühungen zu erheben oder herabzusetzen. Je eifriger diese Rhetorik ist, desto leichter verfehlt sie ihren Zweck. Auf jeden Fall werden wir gewahr, daß wir die Sache nicht unmittelbar, sondern durch das Medium einer fremden[5] Denkart erblicken. Wenn hingegen der Dichter[1] zuweilen durch eine geschickte Wendung die weniger glänzende Kehrseite der Münze 〈72〉 nach vorne dreht, so setzt er sich mit dem auserlesenen Kreis der Einsichtsvollen unter seinen Lesern oder Zuschauern in ein verstohlnes Einverständniß; er zeigt ihnen, daß er ihre Einwendungen vorhergesehen und im voraus zugegeben habe; daß er nicht selbst in dem dargestellten Gegenstande befangen sey, sondern frey über ihm schwebe[8], und daß er den schönen[2], unwiderstehlich anziehenden Schein, den er selbst hervorgezaubert, wenn er anders wollte, unerbittlich vernichten könnte. ➢ Volltext.
[18]
F. Schlegel, Ath.-Fragm. (1798), 29 f. (30), Nr. 116
: Die romantische[12/14/1/9/4/10/11] Dichtart ist noch im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur werden, nie vollendet seyn kann. Sie kann durch keine Theo〈30〉rie erschöpft werden, und nur eine divinatorische Kritik[2] dürfte es wagen, ihr Ideal charakterisiren zu wollen. Sie allein ist unendlich, wie sie allein frey ist, und das als ihr erstes Gesetz anerkennt, daß die Willkühr des Dichters kein Gesetz über sich leide. Die romantische[12/14/1/9/4/10/11] Dichtart ist die einzige, die mehr als Art, und gleichsam die Dichtkunst selbst ist: denn in einem gewissen Sinn[1] ist oder soll alle Poesie[11] romantisch[1/11] seyn. ➢ Volltext.