[1]
L. Tieck, Phant. ü. d. Kunst (1799), 93
: Wie wundervoll und schön[6] ist es, sich oft mit allen Gedanken in der nächsten Gegenwart zu verlieren, und das Treiben des geheimnißvollen Lebens so recht eigentlich zu merken und zu spüren! Wir werden uns dann selbst zurückgegeben, und treffen süße Gefühle und Ahndungen wieder an, die uns vielleicht schon seit der Kindheit verließen. | So geht es uns zu mancher Zeit[7], wenn wir die unmündige Menschheit betrachten, wenn wir unsern Blick einmal recht eigentlich auf diese verschlossenen Knospen heften, in deren unbefangenem Lächeln, in ihren süßen heitern[1] Augen, die jammervolle Zukunft schläft; die sich so innig genießen, und 〈94〉 nichts weiter zu wissen streben. ➢ Volltext
[2]
A. v. Arnim, Ged. I (1808), SW 22, 71
: Und erscheint als Gott[6] dir Goethe | Auf der Menschheit höherm Thron, | O so glaub der Abendröthe, | Werd' nicht roth vor ihm, mein Sohn; | Rüstig dann mit tücht'gen Händen, | Wirst du frisch zum eignen Werk, | Was vollendet, kann nicht enden, | Zum Vollenden fühl' die Stärk'..
[3]
Novalis, Glaub. u. Lieb. (1798), 273
: Meinethalben mag jetzt der Buchstabe[8/9] an der Zeit[7] seyn. Es ist kein großes Lob für die Zeit[9], daß sie so weit von der Natur[19] entfernt, so sinnlos für Familienleben, so abgeneigt der schönsten[1] poetischen[1] Gesellschaftsform ist. Wie würden unsre Kosmopoliten erstaunen, wenn ihnen die Zeit[3] des ewigen Friedens erschiene und sie die höchste gebildetste Menschheit in monarchischer Form erblickten? Zerstäubt wird dann der papierne Kitt seyn, der jetzt die Menschen[1] zusammenkleistert, und der Geist[12/30] wird die Gespenster, die statt seiner in Buchstaben[8/9] erschienen und von Federn und Pressen zerstückelt ausgingen, verscheuchen, und alle Menschen[1] wie ein paar Liebende zusammen schmelzen..
[4]
Schiller, Ästh. Erzieh. (1795), NA 20, 321
: Die Griechen beschämen uns nicht bloß durch eine Simplicität, die unserm Zeitalter fremd[5] ist; sie sind zugleich unsre Nebenbuhler, ja oft unsre Muster in den nehmlichen Vorzügen, mit denen wir uns über die Naturwidrigkeit unsrer Sitten zu trösten pflegen. Zugleich voll Form und voll Fülle, zugleich philosophirend und bildend, zugleich zart und energisch sehen wir sie die Jugend der Phantasie[1] mit der Männlichkeit der Vernunft[1] in einer herrlichen Menschheit vereinigen. | Damals bey jenem schönen[1] Erwachen der Geisteskräfte hatten die Sinne[3] und der Geist[22] noch kein strenge geschiedenes Eigenthum; denn noch hatte kein Zwiespalt sie gereizt, mit einander feindselig abzutheilen, und ihre Markung zu bestimmen. Die Poesie[1] hatte noch nicht mit dem Witze[2] gebuhlt, und die Spekulation sich noch nicht durch Spitzfindigkeit geschändet. .
[5]
F. Schlegel, Ideen (1800), 5, Nr. 7
: Laßt die Religion[1/3] frey, und es wird eine neue[1] Menschheit beginnen. ➢ Volltext.
[6]
Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 193
: Vielerlei sind der Sprachen[9], Zungen und Charaktere[9] auf der Welt, die einander nicht verstehen; die Poesie[11] aber ist die heilige Flammenzunge, die aus aller Herzen zu aller Herzen spricht und jeden Menschen[1] mit süßem Verständnis bewegt. Die Poesie[11] ist die Natur[19], die ursprüngliche Menschheit[1], die sich mit jeder besonderen Erscheinung der Menschheit[1] auf dem Felde der Geschichte[1] gattet und daher, so allgemein menschlich sie in ihrer Quelle ist, doch jedesmal einer besonderen Menschheit[3], einem gewissen Zeitalter eigentümlich angehört. Man kann daher mit Recht von einer katholischen und griechischen[2] Poesie[11] sprechen, von einer romantischen[13] und klassischen[7], nur wird man sich hüten, den Gegensatz unmittelbar in das Wesen der Poesie[11] selbst zu setzen, die Poesie[11] ist nur die eine bei allen Völkern[1], Zeiten[5] und Zuständen, aber der Strahl dieser einen Sonne bricht sich tausendfach in der geistigen Atmosphäre und verursacht dadurch ein buntes[2] Farbenspiel von Weltpoesien, deren Verständnis, nach Rückerts Ausdruck, allein zur Weltversöhnung führt..