Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Schiller, Ästh. Erzieh. (1795), NA 20, 391: Eine grenzenlose Dauer des Daseyns und Wohlseyns, bloß um des Daseyns und Wohlseyns willen, ist bloß ein Ideal der Begierde, mithin eine Foderung, die nur von einer ins Absolute strebenden Thierheit kann aufgeworfen werden. Ohne also durch eine Vernunftäußerung dieser Art etwas für seine Menschheit zu gewinnen, verliert er [sc. Mensch[1]] dadurch bloß die glückliche Beschränktheit des Thiers[1], vor welchem er nun bloß den unbeneidenswerthen Vorzug besitzt, über dem Streben in die Ferne den Besitz der Gegenwart zu verlieren, ohne doch in der ganzen grenzenlosen Ferne je etwas anders als die Gegenwart zu suchen.
[2] Ehrmann, Amalie (1788), 117: Der Mensch[1] ist ein Thier[2], dessen Willen der Vernunft[1] untergeordnet ist, er hat durch diesen Willen seine thierischen Triebe einzuschränken, zu verfeinern gelernt, aber aus dem Körper ganz vertilgt sind sie darum nicht, diese Triebe der schwachen Menschheit; – und eben darum verdienen die Menschen[1], die man zwingt den Keim der gährenden Menschheit zu unterdrükken, mein wahrhaftes Mitleid..
[3] Eichendorff, Ahn. u. Ggw. (1815), 229: Wir probieren so eben eine Komödie aus dem Stegreif, zu der ich die Lineamente unterwegs entworfen habe. Sie heißt: „Bürgerlicher Seelenadel und Menschheitsgröße, oder der tugendhafte Bösewicht, ein psychologisches Trauerspiel in fünf Verwirrungen der menschlichen Leidenschaften,“ und wird heute Abend in dem nächsten Städtchen gegeben werden, wo der gebildete Magistrat zum 〈230〉 Anfang durchaus ein schillerndes Stück verlangt hat..
[4] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 64: Kein Mensch[1] kann verbunden werden, ohne durch sich selbst: keinem Menschen[1] kann ein Gesez gegeben werden, ohne von ihm selbst. Läßt er durch einen fremden[3] Willen sich ein Gesez auflegen, so thut er auf seine Menschheit Verzicht und macht sich zum Thiere[11]; und das darf er nicht..
[5] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 104: So weit also hätte die Menschheit[2/1] ihrer selbst vergessen können, daß sie das einzige Vorrecht, welches ihre Thierheit vor anderen Thieren[2] aus〈105〉zeichnet, das Vorrecht der Vervollkommnung in's Unendliche, aufgegeben; daß sie unter dem eisernen Joche des Despoten für ewig sogar auf den Willen Verzicht gethan hätte, es zu zerbrechen?.
[6] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 166: Verehre die Menschheit in mir, sagst Du: Undankbarer, antwortet der Staat, wärest du denn ein Mensch[1], wenn ich dich nicht dazu gemacht hätte? Wendest du Ansprüche gegen mich, die ich selbst erst in dir geltend gemacht habe? O! hätte ich dich doch nie ahnden[3] lassen, daß du mehr seyest als ein Thier[11], so würde ich jezt nicht so viel Noth mit dir haben..
[7] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 80 f. (81): [J]eder klassische[8] Schönden〈81〉ker, der die Policirung unsres Jahrhunderts fürs non plus ultra der Menschheit hält, hat Gelegenheit, ganze Jahrhunderte auf Barbarei, elendes Staatsrecht, Aberglauben und Dummheit, Mangel der Sitten und Abgeschmacktheit [...] zu schmälen und über das Licht unsres Jahrhunderts, das ist, über seinen Leichtsinn und Ausgelassenheit, über seine Wärme in Ideen und Kälte in Handlungen[1], über seine scheinbare Stärke und Freyheit[14/10] und über seine würkliche Todesschwäche und Ermattung unter Unglauben, Despotismus und Üppigkeit zu lobjauchzen..
[8] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 96: Sammlete Jemand eine Geschichte[7] der Juden[1] aus allen Ländern, in die sie zerstreuet sind; so zeigte sich damit ein Schaustück der Menschheit [...]. Denn kein Volk[1] der Erde hat sich wie dieses verbreitet: kein Volk[1] der Erde hat sich wie dieses in allen Klimaten[2] so känntlich und rüstig erhalten. | Daß man hieraus aber ja keinen abergläubigen Schluß auf eine Revolution fasse, die durch dies Volk[1] dereinst noch für alle Erdvölker bewirkt werden müßte! Die bewirkt werden sollte, ist wahrscheinlich bewirkt, und zu einer andern zeigt sich weder im Volk[1] selbst noch in der Analogie der Geschichte[2] die mindeste Anlage. Die Erhaltung der Juden[1] erklärt sich eben so natürlich als die Erhaltung der Bramanen, Parsen und Zigeuner. | Uebrigens wird niemand einem Volk[1], das eine so wirksame Triebfeder in den Händen des Schicksals ward, seine großen Anlagen absprechen wollen, die in seiner ganzen Geschichte[3] sich deutlich zeigen. Sinnreich, verschlagen und arbeitsam wußte es sich jederzeit auch unter dem äußersten Druck andrer Völker[1] wie 〈97〉 in einer Wüste Arabiens mehr als vierzig Jahr zu erhalten. [...] Zwar ist in Kunstsachen die Jüdische Nation[1], ob sie gleich zwischen Aegyptern und Phöniciern wohnte, immer unerfahren geblieben [...]. Auch sind sie, ob sie gleich eine Zeitlang die Hafen des rothen Meers besassen und den Küsten der mittelländischen See so nahe wohnten [...], dennoch nie ein Seefahrendes Volk[1] worden. Wie die Aegypter, fürchteten sie das Meer und wohnten von jeher lieber unter andern Nationen[1] [...]. Kurz, es ist ein Volk[1], das in der Erziehung verdarb, weil es nie zur Reife einer politischen Cultur[4] auf eignem Boden, mithin auch nicht zum wahren Gefühl der Ehre und Freiheit[7] gelangte. In den Wissenschaften[1], die ihre vortreflichsten Köpfe trieben, hat sich jederzeit mehr eine gesetzliche Anhänglichkeit und 〈98〉 Ordnung, als eine fruchtbare Freiheit[1] des Geistes[22] gezeiget und der Tugenden eines Patrioten hat sie ihr Zustand fast von jeher beraubet. Das Volk[1] Gottes[1] [...] ist [...] fast seit seiner Entstehung eine parasitische Pflanze[1] auf den Stämmen andrer Nationen[1], ein Geschlecht[7] schlauer Unterhändler beinah auf der ganzen Erde, das trotz aller Unterdrückung nirgend sich nach eigner Ehre und Wohnung, nirgend nach einem Vaterlande sehnet..
[9] Kant, Metaph. d. Sitt. II (1797), 23 f.: Das Vermögen sich überhaupt irgend einen Zweck zu setzen, ist das Characteristische[1] der Menschheit (zum Unterschiede von der Thierheit). Mit dem Zwecke der Menschheit in unserer eigenen Person ist also auch 〈24〉 der Vernunftwille, mithin die Pflicht verbunden, sich um die Menschheit durch Cultur[3] überhaupt verdient zu machen, sich das Vermögen zu Ausführung allerley möglichen Zwecke, so fern dieses in dem Menschen[1] selbst anzutreffen ist, zu verschaffen oder es zu fördern, d. i. eine Pflicht zur Cultur[3] der rohen Anlagen seiner Natur1, als wodurch das Thier[11] sich allererst zum Menschen[1] erhebt: mithin Pflicht an sich selbst..
[10] Klingemann, Poesie (1800), 55: Die Poesie[19] geht durch die ganze Kunst[2]; sie ist das Innerliche in ihr, und der geheime wunderliche Geist[12], der später erst durch sie zur Erscheinung kommt. Die Kunst[2] selbst ist nur Organ[1] der Poesie[19], sie aber ist die Seele des Ganzen, und das heilige Feuer, das unsichtbar sich entzündet. So ist die Dichtkunst allein nicht ihre einzige Heimath; sondern sie herrscht unumschränkt auch in der Skulptur und Mahlerei[2], und redet zart und geistig aus der Musik[4] uns an. Sie ist es eben, wodurch die Kunst[2] sich ausbreitet, und allgemein wird; denn Poesie[19] ist die Grundanlage der Menschheit überhaupt, und sie zeichnet sich nur, dem Grade nach, stärker oder schwächer in den Einzelnen aus. | Die Poesie[19] ist das eigentlich Absichtslose, oder die Natur[19] in der Kunst[2]; Niemand vermag sie zu erringen, oder durch Kunst[2] sich anzueignen; sie ist vielmehr eine freie[5] Gunst der Götter[4], und wird dem Menschen[1] schon bei seiner Geburt zu Theile..
[11] Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 391, Nr. 656: Die Indirecte – von selbst eintretende Folge – der vollendeten Philosophie – oder des herrschenden Philosophism – also ihr indirecter Zweck – ist das höchste Gut, wozu auch höchste Schönheit[6] etc. gehört. Im vollendeten Körper oder Organ[2] wird die hohe Gestalt und Bewegung – die schöne[2] Seele der Menschheit von selbst erscheinen..
[12] Raimund, Zauberkr. (1837), SW, 488: Ewald. Lassen Sie sich doch belehren. Sie rauben ja der Menschheit[1] ihren Adel[5]. | Simplizius. Ist denn die Menschheit[2] von Adel[1]? den Stammbaum möcht ich sehn..
[13] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 21: Es haben Andere vor uns den formellen Unterschied der antiken[2] und romantischen[13] Bildung[5] auf unwidersprechliche Art gezeigt [...], wie in der alterthümlichen Welt der ewig-Eine Geist[12] der Menschheit real, im äußern Organismus[8] des Lebens hervortrat, während er im Mittelalter ideal, in dem Stre〈22〉ben des öffentlichen Lebens nach dem Geistigen, als der Wesenheit des Christenthums, sich aussprach [...], [...] das Leben der damaligen Staaten von Europa beseelte, und sie alle in einem einzigen, höheren vereinigte, der als ein Wundergebilde in der modernen[1] Geschichte[1] dasteht, welchem die ganze nachfolgende Zeit[3] bis auf unsere Tage nichts Aehnliches an die Seite stellen kann..
[14] Schiller, an F. Chr. v. Augustenburg (13. 7. 1793), NA 26, 263: Wenn die Kultur[8] ausartet, so geht sie in eine weit bösartigere Verderbniß über, als die Barbarey je erfahren kann. Der sinnliche Mensch[1] kann nicht tiefer als zum Thier[10] herabstürzen; fällt aber der aufgeklärte, so fällt er bis zum Teuflischen herab, und treibt ein ruchloses Spiel mit dem heiligsten der Menschheit.
[15] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 159: Bey der Gestalt des Menschen[1] begnügen wir uns [...] nicht damit, daß sie uns bloß den allgemeinen Begriff[1] der Menschheit, oder was etwa die Natur[2] zu Erfüllung desselben an diesem Individium wirkte, vor Augen stelle, denn das würde er mit jeder technischen Bildung[10] gemein haben. Wir erwarten noch von seiner Gestalt, daß sie uns zugleich offenbare, inwieweit er in seiner Freyheit[10] dem Naturzweck entgegenkam, d. i. daß sie Karakter[2] zeige. ➢ Volltext.
[16] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 174 f. (175): Der [...] Geist[19] läßt die von ihm abhängende Natur[12], sowohl da, wo sie im Dienst seines Willens handelt, als da, wo sie seinem Willen vorgreifen will, erfahren, daß er ihr Herr ist. Unter seiner strengen Zucht wird also die Sinnlichkeit unterdrückt erscheinen, und der innere Widerstand wird sich von außen durch Zwang verraten. Eine solche Verfassung des Gemüths kann [...] der Schönheit[1] nicht günstig seyn, welche die Natur[12] nicht anders als in ihrer Freyheit[1] hervorbringt, und es wird daher auch nicht Grazie seyn können, wodurch die mit dem Stoffe kämpfende moralische Freyheit[10] sich kenntlich macht. | Wenn hingegen der Mensch[1], unterjocht vom Bedürfniß, den Naturtrieb ungebunden über sich herrschen läßt, so verschwindet mit seiner innern Selbständigkeit auch jede Spur derselben in seiner Gestalt. [...] Nachgelassen hat aller 〈175〉 Widerstand der moralischen Kraft, und die Natur[13] in ihm ist in volle Freyheit[1] gesetzt. Aber eben dieser gänzliche Nachlaß der Selbstthätigkeit, der im Moment des sinnlichen Verlangens und noch mehr im Genuß zu erfolgen pflegt, setzt augenblicklich auch die rohe Materie in Freyheit[1], die durch das Gleichgewicht der thätigen und leidenden Kräfte bisher gebunden war. Die todten Naturkräfte fangen an, über die lebendigen der Organisation[3] die Oberhand zu bekommen, die Form von der Masse, die Menschheit[1] von gemeiner Natur[13] unterdrückt zu werden..
[17] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186: Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen[1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen[1] eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter[1] ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit[1] ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen[1] zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[18] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 94: Alles Würdige, Edle und Große der menschlichen Natur[1] läßt nur eine ernsthafte Darstellung zu; der komische Dichter muß es also von der seinigen ausschließen und die Menschheit ins Entgegengesetzte, wie die Tragödie, nämlich ins Häßliche[1] und Schlechte idealisieren. Diese Idealität besteht aber nicht in der Quantität, in einer die Willkürlichkeit übersteigenden Anhäufung von sittlichen Gebrechen und Ausartungen, sondern in der Qualität, in der Abhängigkeit von dem tierischen Teile, dem Mangel an Freiheit[10] und Selbständigkeit, dem Unzusammenhange und den Widersprüchen des inneren Daseins, woraus Torheit und Narrheit hervorgehen. [...] Das Häßliche[1] muß furchtbar oder lächerlich geschildert werden. Der Komiker muß über die Natur[13] hinausgehen, er muß sie ins Häßliche[1] idealisieren, wie schon Aristoteles bemerkt hat. ➢ vgl. [21].
[19] A. W. Schlegel, Entw. Krit. Inst. (*1800), SW 8, 51 ff. (52): Ebenso soll die Allgemeinheit, die wir suchen, nur darin be〈52〉stehen, daß wir dasjenige umfassen, was wirklich einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, also was den Menschen als Menschen interessiert und einen integrierenden Theil der gesamten höheren Geistesbildung ausmacht. Hiedurch sind also ausgeschlossen alle Bücher, die bloß empirische Data oder positive Sätze ohne Beziehung auf ein System oder Herleitung aus Principien zusammentragen, ingleichen alle bloß technischen Kenntnisse, die lediglich durch ihre Verwendung zu einem bedingten Zwecke einen Werth erhalten. | Unsre Gegenstände würden also folgende sein: | 1) Philosophie in ihrem weitesten Umfange. | 2) Naturwißenschaft. Da alle Naturbeobachtung, die den Namen verdienen kann, zu allgemeinen Naturgesetzen hinstrebt und die Spekulation über die Natur[2] ihre Sätze bis in die speciellste Erfahrung hinein bewährt wißen will, so würde sich die Kritik[7] sowohl über empirische als spekulative Physik verbreiten müßen, und es könnte nicht leicht zu viel in diesem Fache geschehen, da das Interesse des Zeitalters vorzüglich darauf gerichtet ist. [...] | 3) Von der Geschichte[4] dasjenige, was durch seinen Inhalt oder durch seine Form unmittelbaren Werth und Interesse hat und diese nicht erst durch äußerliche Brauchbarkeit erhält: also alles zur Geschichte[4] der Menschheit Gehörige, dann historische Kunstwerke[4]. | 4) Von der Philologie: philosophische Grammatik und Beurtheilung der einzelnen Sprachen[3] nach Principien derselben, philologische Kritik[1] und Auslegungskunst. | Das Studium des klassischen[7] Alterthums[2] fällt unter die beiden vorhergehenden Rubriken, deren Bestimmung ausweist, was davon hier behandelt werden soll. Nur insofern sein Inhalt einen Theil der Kulturgeschichte ausmacht, gehört es in das historische Fach; seine Methode, Hülfsmittel u. s. w. in das philologische oder grammatische. | 5) Schöne[2] Kunst[9] und Theorie derselben. | Poesie[11] in ihrem weitesten Umfange, Beredsamkeit nach ihrer 〈53〉 richtigeren Bestimmung, als schöne[2] Komposition in Prosa[1], und überhaupt was zur schönen[2] Litteratur gerechnet wird, würde den Hauptartikel in dieser Rubrik ausmachen. .
[20] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 193: Die Kunstgeschichte soll keine Elegie auf verlohrne und unwiederbringliche goldne Zeitalter seyn. Eine solche vollendete Harmonie des Lebens und der Kunst[2] wie in der Griechischen[2] Welt statt fand und die von einer Seite unendlich über unserm jetzigen Zustande ist, wird man in derselben Art nie wiederkommen sehen. Allein jene schöne[1] Periode fiel in die Jugend, ja zum Theil in die Kindheit der Welt, wo sich die Menschheit noch nicht recht auf sich besonnen hatte. Aber wenn einmal ein solches Zusammentreffen auf andre Weise, weit mehr mit Absicht und Bewußtseyn wieder erlangt wird, so kann man zuverläßig voraus sagen, daß es etwas weit größeres und daurenderes seyn wird als die Hellenische Blüthezeit. Wie sehr uns auch die Barbarey und Unpoesie mancher Zeitalter, und vielleicht unsers eignen, abstoßen mag: wer kann wissen, ob nicht der Genius alle diese abweichenden tausendfachen Formen und Gestaltungen der Menschheit selbst, zu einem großen Kunstwerke[2] verarbeitet und ordnet, worin auch die Dissonanzen ihre Stelle finden müssen? Wie in allem der unendliche Fortschritt gefodert wird, so steht sogar zu erwarten, daß er in dieser allgemeinen Metempsychose in immer höhere und mehr geläuterte Organisationen[7] übergehen und zuletzt sich in aetherischer Verklärung darstellen wird..
[21] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 275: Alles würdige, edle und große der menschlichen Natur[1] läßt nur eine ernsthafte Darstellung zu: denn der Darstellende fühlt es gegen sich im Verhältnisse der Ueberlegenheit, es wird also bindend für ihn. Der komische Dichter muß es folglich von der seinigen ausschließen, sich darüber hinwegsetzen, ja es gänzlich läugnen, und die Menschheit im entgegengesetzten Sinne[1] wie der Tragiker, nämlich ins häßliche[1] und schlechte, idealisiren. ➢ Volltext; ➢ vgl. [18].
[22] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 70 f. (71): Niemand hat so wie er [sc. Shakspeare] den leisen Selbstbetrug geschildert, die halb selbstbewußte Heucheley gegen sich, womit auch edle Gemüther die in der menschlichen Natur[1] fast unvermeidliche Eindrängung selbstischer Triebfedern verkleiden. Diese geheime Ironie[1] der Charakteristik ist bewundernswürdig als ein Abgrund von Scharfsinn, aber dem Enthusiasmus thut sie wehe. Dahin kommt man also, wenn 〈71〉 man das Unglück gehabt hat, die Menschheit zu durchschauen, und außer der traurigen Wahrheit, daß keine Tugend und Größe ganz rein und ächt sey, und dem gefährlichen Irrthum als stände das Höchste zu erreichen, bleibt uns keine Wahl übrig. Hier spüre ich, während er die innigsten Rührungen erregt, in dem Dichter selbst eine gewisse Kälte, aber die eines überlegenen Geistes[32], der den Kreis des menschlichen Daseyns durchlaufen, und das Gefühl überlebt hat. ➢ Volltext.
[23] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 14: Die Religion[1/3] ist nicht bloß ein Theil der Bildung[5], ein Glied der Menschheit, sondern das Centrum aller übrigen, überall das Erste und Höchste, das schlechthin Ursprüngliche. ➢ Volltext.
[24] F. Schlegel, Philos. Lehrj. V (*1800/01), KFSA 18, 377, Nr. 688: Die Theorie ist in der φσ [Philosophie] bei weitem das herrschende. Das ganze System[1] von π [Poesie][1], φσ [Philosophie] und φλ [Philologie] ist eigentl[ich] d[ie] Theorie d[er] Menschheit, die theoret.[ische] Kraft, das theoret.[ische] Organ[1]..
[25] Schleiermacher, Monologen (1800), 39: In unbestimmter Mitte schwebend[5] erhalten sich die Meisten, und stellen wirklich nur im rohen Element die Menschheit[1] dar, bloß weil sie den Gedanken des eignen höhern Daseins nicht gefaßt..
[26] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 452 f. (453): Dem bei weitem größten Theil der Menschen[1] aber sind die rein intellektuellen Genüsse nicht zugänglich; der Freude, die im reinen Erkennen liegt, sind sie fast ganz unfähig: sie sind gänzlich auf das Wollen verwiesen: wenn daher irgend etwas ihren Antheil abgewinnen, ihnen interessant[1] seyn soll, so muß es (dies liegt auch schon in der Wortbedeutung) irgendwie ihren Willen anregen, sei es auch nur durch eine ferne und nur in der Möglichkeit liegende Beziehung auf ihn: er darf aber nie ganz aus dem Spiele bleiben, weil ihr Daseyn bei Weitem mehr im Wollen als im Erkennen liegt: Aktion und Reaktion ist ihr einziges Element. Die naiven[1] Aeußerungen dieser Beschaffenheit kann man aus Kleinigkeiten und all〈453〉täglichen Erscheinungen abnehmen: so z. B. schreiben sie an sehenswerthen Orten, die sie besuchen, ihre Namen hin, um so zu reagiren, um auf den Ort zu wirken, da er nicht auf sie wirkte: ferner können sie nicht leicht ein fremdes[4], seltenes Thier[1] bloß betrachten, sondern müssen es reizen, necken, mit ihm spielen, um nur Aktion und Reaktion zu empfinden; ganz besonders aber zeigt jenes Bedürfniß der Willensanregung sich an der Erfindung und Erhaltung des Kartenspieles, welches recht eigentlich der Ausdruck der kläglichen Seite der Menschheit ist. ➢ Volltext.
[27] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 193: Vielerlei sind der Sprachen[9], Zungen und Charaktere[9] auf der Welt, die einander nicht verstehen; die Poesie[11] aber ist die heilige Flammenzunge, die aus aller Herzen zu aller Herzen spricht und jeden Menschen[1] mit süßem Verständnis bewegt. Die Poesie[11] ist die Natur[19], die ursprüngliche Menschheit[1], die sich mit jeder besonderen Erscheinung der Menschheit[1] auf dem Felde der Geschichte[1] gattet und daher, so allgemein menschlich sie in ihrer Quelle ist, doch jedesmal einer besonderen Menschheit[3], einem gewissen Zeitalter eigentümlich angehört. Man kann daher mit Recht von einer katholischen und griechischen[2] Poesie[11] sprechen, von einer romantischen[13] und klassischen[7], nur wird man sich hüten, den Gegensatz unmittelbar in das Wesen der Poesie[11] selbst zu setzen, die Poesie[11] ist nur die eine bei allen Völkern[1], Zeiten[5] und Zuständen, aber der Strahl dieser einen Sonne bricht sich tausendfach in der geistigen Atmosphäre und verursacht dadurch ein buntes[2] Farbenspiel von Weltpoesien, deren Verständnis, nach Rückerts Ausdruck, allein zur Weltversöhnung führt..
[2] Ehrmann, Amalie (1788), 117: Der Mensch[1] ist ein Thier[2], dessen Willen der Vernunft[1] untergeordnet ist, er hat durch diesen Willen seine thierischen Triebe einzuschränken, zu verfeinern gelernt, aber aus dem Körper ganz vertilgt sind sie darum nicht, diese Triebe der schwachen Menschheit; – und eben darum verdienen die Menschen[1], die man zwingt den Keim der gährenden Menschheit zu unterdrükken, mein wahrhaftes Mitleid..
[3] Eichendorff, Ahn. u. Ggw. (1815), 229: Wir probieren so eben eine Komödie aus dem Stegreif, zu der ich die Lineamente unterwegs entworfen habe. Sie heißt: „Bürgerlicher Seelenadel und Menschheitsgröße, oder der tugendhafte Bösewicht, ein psychologisches Trauerspiel in fünf Verwirrungen der menschlichen Leidenschaften,“ und wird heute Abend in dem nächsten Städtchen gegeben werden, wo der gebildete Magistrat zum 〈230〉 Anfang durchaus ein schillerndes Stück verlangt hat..
[4] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 64: Kein Mensch[1] kann verbunden werden, ohne durch sich selbst: keinem Menschen[1] kann ein Gesez gegeben werden, ohne von ihm selbst. Läßt er durch einen fremden[3] Willen sich ein Gesez auflegen, so thut er auf seine Menschheit Verzicht und macht sich zum Thiere[11]; und das darf er nicht..
[5] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 104: So weit also hätte die Menschheit[2/1] ihrer selbst vergessen können, daß sie das einzige Vorrecht, welches ihre Thierheit vor anderen Thieren[2] aus〈105〉zeichnet, das Vorrecht der Vervollkommnung in's Unendliche, aufgegeben; daß sie unter dem eisernen Joche des Despoten für ewig sogar auf den Willen Verzicht gethan hätte, es zu zerbrechen?.
[6] Fichte, Urth. d. Publ. (1793), 166: Verehre die Menschheit in mir, sagst Du: Undankbarer, antwortet der Staat, wärest du denn ein Mensch[1], wenn ich dich nicht dazu gemacht hätte? Wendest du Ansprüche gegen mich, die ich selbst erst in dir geltend gemacht habe? O! hätte ich dich doch nie ahnden[3] lassen, daß du mehr seyest als ein Thier[11], so würde ich jezt nicht so viel Noth mit dir haben..
[7] Herder, Philos. Gesch. Bild. (1774), 80 f. (81): [J]eder klassische[8] Schönden〈81〉ker, der die Policirung unsres Jahrhunderts fürs non plus ultra der Menschheit hält, hat Gelegenheit, ganze Jahrhunderte auf Barbarei, elendes Staatsrecht, Aberglauben und Dummheit, Mangel der Sitten und Abgeschmacktheit [...] zu schmälen und über das Licht unsres Jahrhunderts, das ist, über seinen Leichtsinn und Ausgelassenheit, über seine Wärme in Ideen und Kälte in Handlungen[1], über seine scheinbare Stärke und Freyheit[14/10] und über seine würkliche Todesschwäche und Ermattung unter Unglauben, Despotismus und Üppigkeit zu lobjauchzen..
[8] Herder, Gesch. d. Menschh. III (1787), 96: Sammlete Jemand eine Geschichte[7] der Juden[1] aus allen Ländern, in die sie zerstreuet sind; so zeigte sich damit ein Schaustück der Menschheit [...]. Denn kein Volk[1] der Erde hat sich wie dieses verbreitet: kein Volk[1] der Erde hat sich wie dieses in allen Klimaten[2] so känntlich und rüstig erhalten. | Daß man hieraus aber ja keinen abergläubigen Schluß auf eine Revolution fasse, die durch dies Volk[1] dereinst noch für alle Erdvölker bewirkt werden müßte! Die bewirkt werden sollte, ist wahrscheinlich bewirkt, und zu einer andern zeigt sich weder im Volk[1] selbst noch in der Analogie der Geschichte[2] die mindeste Anlage. Die Erhaltung der Juden[1] erklärt sich eben so natürlich als die Erhaltung der Bramanen, Parsen und Zigeuner. | Uebrigens wird niemand einem Volk[1], das eine so wirksame Triebfeder in den Händen des Schicksals ward, seine großen Anlagen absprechen wollen, die in seiner ganzen Geschichte[3] sich deutlich zeigen. Sinnreich, verschlagen und arbeitsam wußte es sich jederzeit auch unter dem äußersten Druck andrer Völker[1] wie 〈97〉 in einer Wüste Arabiens mehr als vierzig Jahr zu erhalten. [...] Zwar ist in Kunstsachen die Jüdische Nation[1], ob sie gleich zwischen Aegyptern und Phöniciern wohnte, immer unerfahren geblieben [...]. Auch sind sie, ob sie gleich eine Zeitlang die Hafen des rothen Meers besassen und den Küsten der mittelländischen See so nahe wohnten [...], dennoch nie ein Seefahrendes Volk[1] worden. Wie die Aegypter, fürchteten sie das Meer und wohnten von jeher lieber unter andern Nationen[1] [...]. Kurz, es ist ein Volk[1], das in der Erziehung verdarb, weil es nie zur Reife einer politischen Cultur[4] auf eignem Boden, mithin auch nicht zum wahren Gefühl der Ehre und Freiheit[7] gelangte. In den Wissenschaften[1], die ihre vortreflichsten Köpfe trieben, hat sich jederzeit mehr eine gesetzliche Anhänglichkeit und 〈98〉 Ordnung, als eine fruchtbare Freiheit[1] des Geistes[22] gezeiget und der Tugenden eines Patrioten hat sie ihr Zustand fast von jeher beraubet. Das Volk[1] Gottes[1] [...] ist [...] fast seit seiner Entstehung eine parasitische Pflanze[1] auf den Stämmen andrer Nationen[1], ein Geschlecht[7] schlauer Unterhändler beinah auf der ganzen Erde, das trotz aller Unterdrückung nirgend sich nach eigner Ehre und Wohnung, nirgend nach einem Vaterlande sehnet..
[9] Kant, Metaph. d. Sitt. II (1797), 23 f.: Das Vermögen sich überhaupt irgend einen Zweck zu setzen, ist das Characteristische[1] der Menschheit (zum Unterschiede von der Thierheit). Mit dem Zwecke der Menschheit in unserer eigenen Person ist also auch 〈24〉 der Vernunftwille, mithin die Pflicht verbunden, sich um die Menschheit durch Cultur[3] überhaupt verdient zu machen, sich das Vermögen zu Ausführung allerley möglichen Zwecke, so fern dieses in dem Menschen[1] selbst anzutreffen ist, zu verschaffen oder es zu fördern, d. i. eine Pflicht zur Cultur[3] der rohen Anlagen seiner Natur1, als wodurch das Thier[11] sich allererst zum Menschen[1] erhebt: mithin Pflicht an sich selbst..
[10] Klingemann, Poesie (1800), 55: Die Poesie[19] geht durch die ganze Kunst[2]; sie ist das Innerliche in ihr, und der geheime wunderliche Geist[12], der später erst durch sie zur Erscheinung kommt. Die Kunst[2] selbst ist nur Organ[1] der Poesie[19], sie aber ist die Seele des Ganzen, und das heilige Feuer, das unsichtbar sich entzündet. So ist die Dichtkunst allein nicht ihre einzige Heimath; sondern sie herrscht unumschränkt auch in der Skulptur und Mahlerei[2], und redet zart und geistig aus der Musik[4] uns an. Sie ist es eben, wodurch die Kunst[2] sich ausbreitet, und allgemein wird; denn Poesie[19] ist die Grundanlage der Menschheit überhaupt, und sie zeichnet sich nur, dem Grade nach, stärker oder schwächer in den Einzelnen aus. | Die Poesie[19] ist das eigentlich Absichtslose, oder die Natur[19] in der Kunst[2]; Niemand vermag sie zu erringen, oder durch Kunst[2] sich anzueignen; sie ist vielmehr eine freie[5] Gunst der Götter[4], und wird dem Menschen[1] schon bei seiner Geburt zu Theile..
[11] Novalis, Allg. Brouill. (*1798), NS 3, 391, Nr. 656: Die Indirecte – von selbst eintretende Folge – der vollendeten Philosophie – oder des herrschenden Philosophism – also ihr indirecter Zweck – ist das höchste Gut, wozu auch höchste Schönheit[6] etc. gehört. Im vollendeten Körper oder Organ[2] wird die hohe Gestalt und Bewegung – die schöne[2] Seele der Menschheit von selbst erscheinen..
[12] Raimund, Zauberkr. (1837), SW, 488: Ewald. Lassen Sie sich doch belehren. Sie rauben ja der Menschheit[1] ihren Adel[5]. | Simplizius. Ist denn die Menschheit[2] von Adel[1]? den Stammbaum möcht ich sehn..
[13] Rottmanner, Krit. Jacobi (1808), 21: Es haben Andere vor uns den formellen Unterschied der antiken[2] und romantischen[13] Bildung[5] auf unwidersprechliche Art gezeigt [...], wie in der alterthümlichen Welt der ewig-Eine Geist[12] der Menschheit real, im äußern Organismus[8] des Lebens hervortrat, während er im Mittelalter ideal, in dem Stre〈22〉ben des öffentlichen Lebens nach dem Geistigen, als der Wesenheit des Christenthums, sich aussprach [...], [...] das Leben der damaligen Staaten von Europa beseelte, und sie alle in einem einzigen, höheren vereinigte, der als ein Wundergebilde in der modernen[1] Geschichte[1] dasteht, welchem die ganze nachfolgende Zeit[3] bis auf unsere Tage nichts Aehnliches an die Seite stellen kann..
[14] Schiller, an F. Chr. v. Augustenburg (13. 7. 1793), NA 26, 263: Wenn die Kultur[8] ausartet, so geht sie in eine weit bösartigere Verderbniß über, als die Barbarey je erfahren kann. Der sinnliche Mensch[1] kann nicht tiefer als zum Thier[10] herabstürzen; fällt aber der aufgeklärte, so fällt er bis zum Teuflischen herab, und treibt ein ruchloses Spiel mit dem heiligsten der Menschheit.
[15] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 159: Bey der Gestalt des Menschen[1] begnügen wir uns [...] nicht damit, daß sie uns bloß den allgemeinen Begriff[1] der Menschheit, oder was etwa die Natur[2] zu Erfüllung desselben an diesem Individium wirkte, vor Augen stelle, denn das würde er mit jeder technischen Bildung[10] gemein haben. Wir erwarten noch von seiner Gestalt, daß sie uns zugleich offenbare, inwieweit er in seiner Freyheit[10] dem Naturzweck entgegenkam, d. i. daß sie Karakter[2] zeige. ➢ Volltext.
[16] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 174 f. (175): Der [...] Geist[19] läßt die von ihm abhängende Natur[12], sowohl da, wo sie im Dienst seines Willens handelt, als da, wo sie seinem Willen vorgreifen will, erfahren, daß er ihr Herr ist. Unter seiner strengen Zucht wird also die Sinnlichkeit unterdrückt erscheinen, und der innere Widerstand wird sich von außen durch Zwang verraten. Eine solche Verfassung des Gemüths kann [...] der Schönheit[1] nicht günstig seyn, welche die Natur[12] nicht anders als in ihrer Freyheit[1] hervorbringt, und es wird daher auch nicht Grazie seyn können, wodurch die mit dem Stoffe kämpfende moralische Freyheit[10] sich kenntlich macht. | Wenn hingegen der Mensch[1], unterjocht vom Bedürfniß, den Naturtrieb ungebunden über sich herrschen läßt, so verschwindet mit seiner innern Selbständigkeit auch jede Spur derselben in seiner Gestalt. [...] Nachgelassen hat aller 〈175〉 Widerstand der moralischen Kraft, und die Natur[13] in ihm ist in volle Freyheit[1] gesetzt. Aber eben dieser gänzliche Nachlaß der Selbstthätigkeit, der im Moment des sinnlichen Verlangens und noch mehr im Genuß zu erfolgen pflegt, setzt augenblicklich auch die rohe Materie in Freyheit[1], die durch das Gleichgewicht der thätigen und leidenden Kräfte bisher gebunden war. Die todten Naturkräfte fangen an, über die lebendigen der Organisation[3] die Oberhand zu bekommen, die Form von der Masse, die Menschheit[1] von gemeiner Natur[13] unterdrückt zu werden..
[17] Schiller, Anm. u. Würd. (1793), 186: Es erweckt mir kein gutes Vorurtheil für einen Menschen[1], wenn er der Stimme[14] des Triebes so wenig trauen darf, daß er gezwungen ist, ihn jedesmal erst vor dem Grundsatze der Moral abzuhören; vielmehr achtet man ihn hoch, wenn er sich demselben ohne Gefahr, durch ihn mißgeleitet zu werden, mit einer gewissen Sicherheit vertraut. Denn das beweist, daß beide Principien in ihm sich schon in derjenigen Uebereinstimmung befinden, welche das Siegel der vollendeten Menschheit[1] und dasjenige ist, was man unter einer schönen[2] Seele verstehet. | Eine schöne[2] Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen[1] endlich bis zu dem Grad versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bey einer schönen[2] Seele die einzelnen Handlungen[1] eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter[1] ist es. Man kann ihr auch keine einzige darunter zum Ver〈187〉dienst anrechnen, weil eine Befriedigung des Triebes nie verdienstlich heißen kann. Die schöne[2] Seele hat kein andres Verdienst, als daß sie ist. Mit einer Leichtigkeit, als wenn bloß der Instinkt aus ihr handelte, übt sie der Menschheit[4] peinlichste Pflichten aus, und das heldenmüthigste Opfer, das sie dem Naturtriebe abgewinnt, fällt wie eine freywillige Wirkung eben dieses Triebs, in die Augen. Daher weiß sie selbst auch niemals um die Schönheit[1] ihres Handelns, und es fällt ihr nicht mehr ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel [...] jeden Augenblick bereit seyn wird, vom Verhältniß seiner Handlungen[1] zum Gesetz die strengste Rechnung abzulegen. Das Leben des Letztern wird einer Zeichnung gleichen, worin man die Regel durch harte Striche angedeutet sieht und an der allenfalls ein Lehrling die Prinzipien der Kunst[4] lernen könnte. Aber in einem schönen[2] Leben sind, wie in einem Titianischen Gemälde, alle jene schneidenden Grenzlinien verschwunden, und doch tritt die ganze Gestalt nur desto wahrer, lebendiger, harmonischer hervor. ➢ Volltext.
[18] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 94: Alles Würdige, Edle und Große der menschlichen Natur[1] läßt nur eine ernsthafte Darstellung zu; der komische Dichter muß es also von der seinigen ausschließen und die Menschheit ins Entgegengesetzte, wie die Tragödie, nämlich ins Häßliche[1] und Schlechte idealisieren. Diese Idealität besteht aber nicht in der Quantität, in einer die Willkürlichkeit übersteigenden Anhäufung von sittlichen Gebrechen und Ausartungen, sondern in der Qualität, in der Abhängigkeit von dem tierischen Teile, dem Mangel an Freiheit[10] und Selbständigkeit, dem Unzusammenhange und den Widersprüchen des inneren Daseins, woraus Torheit und Narrheit hervorgehen. [...] Das Häßliche[1] muß furchtbar oder lächerlich geschildert werden. Der Komiker muß über die Natur[13] hinausgehen, er muß sie ins Häßliche[1] idealisieren, wie schon Aristoteles bemerkt hat. ➢ vgl. [21].
[19] A. W. Schlegel, Entw. Krit. Inst. (*1800), SW 8, 51 ff. (52): Ebenso soll die Allgemeinheit, die wir suchen, nur darin be〈52〉stehen, daß wir dasjenige umfassen, was wirklich einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, also was den Menschen als Menschen interessiert und einen integrierenden Theil der gesamten höheren Geistesbildung ausmacht. Hiedurch sind also ausgeschlossen alle Bücher, die bloß empirische Data oder positive Sätze ohne Beziehung auf ein System oder Herleitung aus Principien zusammentragen, ingleichen alle bloß technischen Kenntnisse, die lediglich durch ihre Verwendung zu einem bedingten Zwecke einen Werth erhalten. | Unsre Gegenstände würden also folgende sein: | 1) Philosophie in ihrem weitesten Umfange. | 2) Naturwißenschaft. Da alle Naturbeobachtung, die den Namen verdienen kann, zu allgemeinen Naturgesetzen hinstrebt und die Spekulation über die Natur[2] ihre Sätze bis in die speciellste Erfahrung hinein bewährt wißen will, so würde sich die Kritik[7] sowohl über empirische als spekulative Physik verbreiten müßen, und es könnte nicht leicht zu viel in diesem Fache geschehen, da das Interesse des Zeitalters vorzüglich darauf gerichtet ist. [...] | 3) Von der Geschichte[4] dasjenige, was durch seinen Inhalt oder durch seine Form unmittelbaren Werth und Interesse hat und diese nicht erst durch äußerliche Brauchbarkeit erhält: also alles zur Geschichte[4] der Menschheit Gehörige, dann historische Kunstwerke[4]. | 4) Von der Philologie: philosophische Grammatik und Beurtheilung der einzelnen Sprachen[3] nach Principien derselben, philologische Kritik[1] und Auslegungskunst. | Das Studium des klassischen[7] Alterthums[2] fällt unter die beiden vorhergehenden Rubriken, deren Bestimmung ausweist, was davon hier behandelt werden soll. Nur insofern sein Inhalt einen Theil der Kulturgeschichte ausmacht, gehört es in das historische Fach; seine Methode, Hülfsmittel u. s. w. in das philologische oder grammatische. | 5) Schöne[2] Kunst[9] und Theorie derselben. | Poesie[11] in ihrem weitesten Umfange, Beredsamkeit nach ihrer 〈53〉 richtigeren Bestimmung, als schöne[2] Komposition in Prosa[1], und überhaupt was zur schönen[2] Litteratur gerechnet wird, würde den Hauptartikel in dieser Rubrik ausmachen. .
[20] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. I (!1801–02), KAV 1, 193: Die Kunstgeschichte soll keine Elegie auf verlohrne und unwiederbringliche goldne Zeitalter seyn. Eine solche vollendete Harmonie des Lebens und der Kunst[2] wie in der Griechischen[2] Welt statt fand und die von einer Seite unendlich über unserm jetzigen Zustande ist, wird man in derselben Art nie wiederkommen sehen. Allein jene schöne[1] Periode fiel in die Jugend, ja zum Theil in die Kindheit der Welt, wo sich die Menschheit noch nicht recht auf sich besonnen hatte. Aber wenn einmal ein solches Zusammentreffen auf andre Weise, weit mehr mit Absicht und Bewußtseyn wieder erlangt wird, so kann man zuverläßig voraus sagen, daß es etwas weit größeres und daurenderes seyn wird als die Hellenische Blüthezeit. Wie sehr uns auch die Barbarey und Unpoesie mancher Zeitalter, und vielleicht unsers eignen, abstoßen mag: wer kann wissen, ob nicht der Genius alle diese abweichenden tausendfachen Formen und Gestaltungen der Menschheit selbst, zu einem großen Kunstwerke[2] verarbeitet und ordnet, worin auch die Dissonanzen ihre Stelle finden müssen? Wie in allem der unendliche Fortschritt gefodert wird, so steht sogar zu erwarten, daß er in dieser allgemeinen Metempsychose in immer höhere und mehr geläuterte Organisationen[7] übergehen und zuletzt sich in aetherischer Verklärung darstellen wird..
[21] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. I (1809), 275: Alles würdige, edle und große der menschlichen Natur[1] läßt nur eine ernsthafte Darstellung zu: denn der Darstellende fühlt es gegen sich im Verhältnisse der Ueberlegenheit, es wird also bindend für ihn. Der komische Dichter muß es folglich von der seinigen ausschließen, sich darüber hinwegsetzen, ja es gänzlich läugnen, und die Menschheit im entgegengesetzten Sinne[1] wie der Tragiker, nämlich ins häßliche[1] und schlechte, idealisiren. ➢ Volltext; ➢ vgl. [18].
[22] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 70 f. (71): Niemand hat so wie er [sc. Shakspeare] den leisen Selbstbetrug geschildert, die halb selbstbewußte Heucheley gegen sich, womit auch edle Gemüther die in der menschlichen Natur[1] fast unvermeidliche Eindrängung selbstischer Triebfedern verkleiden. Diese geheime Ironie[1] der Charakteristik ist bewundernswürdig als ein Abgrund von Scharfsinn, aber dem Enthusiasmus thut sie wehe. Dahin kommt man also, wenn 〈71〉 man das Unglück gehabt hat, die Menschheit zu durchschauen, und außer der traurigen Wahrheit, daß keine Tugend und Größe ganz rein und ächt sey, und dem gefährlichen Irrthum als stände das Höchste zu erreichen, bleibt uns keine Wahl übrig. Hier spüre ich, während er die innigsten Rührungen erregt, in dem Dichter selbst eine gewisse Kälte, aber die eines überlegenen Geistes[32], der den Kreis des menschlichen Daseyns durchlaufen, und das Gefühl überlebt hat. ➢ Volltext.
[23] F. Schlegel, Ideen (1800), 6, Nr. 14: Die Religion[1/3] ist nicht bloß ein Theil der Bildung[5], ein Glied der Menschheit, sondern das Centrum aller übrigen, überall das Erste und Höchste, das schlechthin Ursprüngliche. ➢ Volltext.
[24] F. Schlegel, Philos. Lehrj. V (*1800/01), KFSA 18, 377, Nr. 688: Die Theorie ist in der φσ [Philosophie] bei weitem das herrschende. Das ganze System[1] von π [Poesie][1], φσ [Philosophie] und φλ [Philologie] ist eigentl[ich] d[ie] Theorie d[er] Menschheit, die theoret.[ische] Kraft, das theoret.[ische] Organ[1]..
[25] Schleiermacher, Monologen (1800), 39: In unbestimmter Mitte schwebend[5] erhalten sich die Meisten, und stellen wirklich nur im rohen Element die Menschheit[1] dar, bloß weil sie den Gedanken des eignen höhern Daseins nicht gefaßt..
[26] A. Schopenhauer, Wille u. Vorst. (1819 [1818]), 452 f. (453): Dem bei weitem größten Theil der Menschen[1] aber sind die rein intellektuellen Genüsse nicht zugänglich; der Freude, die im reinen Erkennen liegt, sind sie fast ganz unfähig: sie sind gänzlich auf das Wollen verwiesen: wenn daher irgend etwas ihren Antheil abgewinnen, ihnen interessant[1] seyn soll, so muß es (dies liegt auch schon in der Wortbedeutung) irgendwie ihren Willen anregen, sei es auch nur durch eine ferne und nur in der Möglichkeit liegende Beziehung auf ihn: er darf aber nie ganz aus dem Spiele bleiben, weil ihr Daseyn bei Weitem mehr im Wollen als im Erkennen liegt: Aktion und Reaktion ist ihr einziges Element. Die naiven[1] Aeußerungen dieser Beschaffenheit kann man aus Kleinigkeiten und all〈453〉täglichen Erscheinungen abnehmen: so z. B. schreiben sie an sehenswerthen Orten, die sie besuchen, ihre Namen hin, um so zu reagiren, um auf den Ort zu wirken, da er nicht auf sie wirkte: ferner können sie nicht leicht ein fremdes[4], seltenes Thier[1] bloß betrachten, sondern müssen es reizen, necken, mit ihm spielen, um nur Aktion und Reaktion zu empfinden; ganz besonders aber zeigt jenes Bedürfniß der Willensanregung sich an der Erfindung und Erhaltung des Kartenspieles, welches recht eigentlich der Ausdruck der kläglichen Seite der Menschheit ist. ➢ Volltext.
[27] Wienbarg, Aesth. Feldzg. (1834), 193: Vielerlei sind der Sprachen[9], Zungen und Charaktere[9] auf der Welt, die einander nicht verstehen; die Poesie[11] aber ist die heilige Flammenzunge, die aus aller Herzen zu aller Herzen spricht und jeden Menschen[1] mit süßem Verständnis bewegt. Die Poesie[11] ist die Natur[19], die ursprüngliche Menschheit[1], die sich mit jeder besonderen Erscheinung der Menschheit[1] auf dem Felde der Geschichte[1] gattet und daher, so allgemein menschlich sie in ihrer Quelle ist, doch jedesmal einer besonderen Menschheit[3], einem gewissen Zeitalter eigentümlich angehört. Man kann daher mit Recht von einer katholischen und griechischen[2] Poesie[11] sprechen, von einer romantischen[13] und klassischen[7], nur wird man sich hüten, den Gegensatz unmittelbar in das Wesen der Poesie[11] selbst zu setzen, die Poesie[11] ist nur die eine bei allen Völkern[1], Zeiten[5] und Zuständen, aber der Strahl dieser einen Sonne bricht sich tausendfach in der geistigen Atmosphäre und verursacht dadurch ein buntes[2] Farbenspiel von Weltpoesien, deren Verständnis, nach Rückerts Ausdruck, allein zur Weltversöhnung führt..
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