Wortliste
Adel
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Brief
Buchstabe
Dialekt
Freiheit
Ironie
ironisch
klassisch
Kritik
Ohr
progressiv
romantisch
Tier
Witz
Struktur
Semantik
Belege
[1]
Börne, Brf. Paris I (1832), 120: Sonntag habe ich einem Conzerte im Conservatoire beigewohnt. Ein junger Componist, Namens Berlioz, [...] ließ von seinen Compositionen aufführen; das ist ein Romantiker[3]. [...] Mir hat alles sehr gefallen. Eine merkwürdige Symphonie, eine dramatische in fünf Acten, natürlich blos Instrumental-Musik; aber daß man sie verstehe, ließ er wie zu einer Oper einen die Handlung[3] erklärenden Text drucken. Es ist die ausschweifendste Ironie[1], wie sie noch kein Dichter in Worten[2] ausgedrückt, und alles gottlos. Der Componist erzählt darin seine eigene Jugendgeschichte. Er vergiftet sich mit Opium und da träumt ihm, er hätte die Geliebte ermordert, und würde zum Tode verurtheilt. Er wohnt seiner eigenen Hinrichtung bei. Da hört man einen unvergleichlichen Marsch, wie ich noch nie einen gehört. Im letzten Theile stellt er den Blocksberg vor, ganz wie im Faust, und es ist alles mit Händen zu greifen. Seine Geliebte, die sich seiner unwürdig zeigte, erscheinet auch in der Walpurgisnacht; aber nicht wie Gretchen in Faust, sondern frech, Hexenmäßig ..... In der Kunst[2] und Literatur wie in der Politik, gehet die Frechheit der Freiheit[13/6] vor〈121〉aus. Das muß man zu würdigen wissen, um die jetzigen französischen Romantiker[3] nicht ungerecht zu verurtheilen. Sie sind oft rein toll, und schreiben Sachen, wie man sie im romantischen[7] Deutschland niemals lies't..
[2] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101: Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen[1], sich nährte von den Rhapsodien des Dichters und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne[1] Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist[19] sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes[1] Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[3] Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 130: So haben die Dichter in Zeiten[3] gelebt, wo das Ehrwürdige mehr erkannt ward, rief Wilhelm aus, und so sollten sie immer leben. Genugsam in ihrem Innersten ausgestattet bedurften sie wenig von außen; die Gabe, schöne[1] Empfindungen, herrliche Bilder den Menschen[1] in süßen, sich an jeden Gegenstand anschmiegenden Worten[2] und Melodien mitzutheilen, bezauberte von jeher die Welt, und war für den Begabten ein reichliches Erbtheil. An der Könige Höfen, an den Tischen der Reichen, vor den Thüren der Verliebten horchte man auf sie, indem sich das Ohr[3] und die Seele für alles andere verschloß, wie man sich selig preis't und entzückt stille steht, wenn aus den Gebüschen, durch die man wandelt, die Stimme[3] der Nachtigall gewaltig rührend hervordringt!.
[4] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 101 f. (102): Romantico! den Italiänern ein seltsames Wort[1], in Neapel und dem glücklichen Campanien noch unbekannt, in Rom unter deutschen[1] Künstlern[1] allenfalls üblich, macht in der Lombardie, besonders in Mayland, seit einiger Zeit[6] großes Aufsehen. Das Publicum[2] theilt sich in zwey Partheyen, sie stehen schlagfertig gegen einander und, wenn wir Deutschen[1] uns ganz geruhig des Adjectivum romantisch[14] bey Gelegenheit bedienen, so werden 〈102〉 dort durch die Ausdrücke Romanticismus und Kriticismus zwey unversöhnliche Secten bezeichnet. Da bey uns der Streit, wenn es irgend einer ist, mehr praktisch als theoretisch geführt wird, da unsere romantischen[14] Dichter und Schriftsteller die Mitwelt für sich haben und es ihnen weder an Verlegern noch Lesern fehlt, da wir über die ersten Schwankungen des Gegensatzes längst hinaus sind und beyde Theile sich schon zu verständigen anfangen; so können wir mit Beruhigung zusehen, wenn das Feuer, das wir entzündet, nun über den Alpen zu lodern anfängt..
[5] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 105: Bey uns Deutschen[1] war die Wendung ins Romantische[14] aus einer, erst den Alten[10], dann den Franzosen abgewonnenen Bildung[5], durch christlich-religiose Gesinnungen eingeleitet, durch trübe, nordische Heldensagen begünstigt und bestärkt; worauf sich denn diese Denkweise festsetzen und verbreiten konnte, so daß jetzt kaum ein Dichter, Maler[1], Bildhauer übrig geblieben, der sich nicht religiosen Gefühlen hingäbe und analogen Gegenständen widmete. | Einen solchen Verlauf nimmt die Dicht- und Kunstgeschichte nun auch in Italien. Als 〈106〉 praktische Romantiker[3] werden gerühmt Johann Torti und dessen poetische[5] Darstellung der Leidensgeschichte Christi; ferner seine Terzinen über die Poesie[1]. Alexander Manzoni, sodann, Verfasser eines noch ungedruckten Trauerspiels, der Carmagnol, hat sich durch Heilige Hymnen guten Ruf erworben..
[6] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 370: Bei Homer [...] schweben[5] die Götter[5] in einem magischen Lichte zwischen Dichtung und Wirklichkeit; sie sind der Vorstellung nicht so weit nahe gebracht, daß uns ihre Erscheinung in alltäglicher Vollständigkeit entgegentreten könnte, und doch wieder ebensowenig so unbestimmt gelassen, daß sie keine lebendige Realität für unsere Anschauung haben sollten. Was sie thun ließe sich gleich gut aus dem Innern der handelnden Menschen[1] erklären, und weshalb sie uns einen Glauben an sie aufdringen, das ist das Substantielle, der Gehalt, der ihnen zu Grunde liegt. Nach dieser Seite ist es auch dem Dichter Ernst mit ihnen, ihre Gestalt aber und äußere Wirklichkeit behandelt er selber ironisch[1]. ➢ Volltext.
[7] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470: Vornehmlich [...] war es Shakespeare, dessen Riesengebilde die Phantasie[1] der jugendlichen franz. Dichter entzündete..
[8] Herwegh, Lit. u. Volk (1839), W 2, 46: Wo einst ein Sänger und Dichter von Millionen begriffen wurde, da werden jetzt oft zehn Dichter nicht von tausend Menschen[1] begriffen. Deren, die schreiben, sind beinahe mehr, als deren, die lesen. Es gibt in der modernen[9] Welt mehr einzelne über die Masse sich erhebende Talente, dafür aber bei weitem weniger durchschnittliche Bildung[6]. .
[9] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 16: Denn so unbegreiflich auch das Verfahren des Künstlers[3] ist, so gewiß darin immer Etwas – und gerade das Wesentliche – übrigbleibt, das der Dichter selbst nicht zu verstehen und der Kritiker nie auszusprechen vermag; so ist indeß doch immer so viel gewiß, daß der Künstler[3] zuerst von nichts anderm ausgeht, als nur etwas Wirkliches in ein Bild zu verwandeln [...]..
[10] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 149: Um gewiß zu seyn, daß wir unserem Dichter[1] [sc. J. W. Goethe] nicht etwas Fremdes[5] unterschieben, seine rein antike[3] Dichtung nicht bloß mit modernem[1] Sinne[5] betrachten, wollen wir, zur Bestätigung unsrer Behauptung, noch ein Paar einzelne Stellen aus dem Ganzen herausheben..
[11] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 720 f. (721): Wir finden in jeder Poesie[11] romantische[2] Partien. So fehlt es dem griechischen[2], als auch dem nordischen Fabelkreise nicht an reizenden romantischen[2] Einzelnheiten; nur der [sic] eigentliche vorherrschende Charakter[5], der [sic] wahre Geist[12] des Romantischen[2] findet man in den provenzalischen 〈721〉 Dichtern[3], und in dem Mythenkreise der eigentlichen alten[11] Ritterromane, der dem Süden von Europa angehört, und sich von da erst weiter ausgebreitet hat. Diesen romantischen[2] Geist[12] finden wir zuerste in Spanien und Frankreich. In Spanien verschaffte der Kampf der Christen mit den Mohren, das allmählige Aufkommen christlicher Königreiche, der romantischen[2] Poesie[1], Zunder und Nahrung; denn die ritterlichen Spiele und Thaten; die großen Feste, die unter verschiedenen Gestalten, bald in den geräumigen hochgewölbten Sälen der Palläste, bald im grünen Walde, unter dem schützenden Laubdache majestätischer Bäume abgehalten wurden, und woran Könige und Herzöge Theil nahmen, und sich mit den Rittern, Damen und Dichtern[1] unter Spiel und Gesang belustigten, trugen einen eigenen Zauber. [...] Hierzu kamen nun noch die Kreuzzüge, die gerade in jenen Ländern die meiste Theilnahme fanden, und das romantischste[2] Gemälde in der ganzen Geschichte[3] abgeben, woraus sich dann in Frankreich die schönen[1] Dichtungen von Carl dem Großen, seinen Pärs, seinen Kämpfen mit den Mauren etc. entfalteten. Von Frankreich und Spanien gelangte die Romantik[3] auch nach England und Deutschland. Im ersteren Reiche finden wir das echt Romantische[2] in dem Mythus vom fabelhaften König Uterpendragon, dem Erneurer des heiligen Graals, von Arthus etc. ausgebildet, und in Deutschland, im Süden desselben, geschah die Ausbildung des Romantischen[2], jedoch 〈722〉 nicht in dem Umfange, wie in Spanien, Frankreich und England, durch die Minnesänger..
[12] Lachmann, Nibel. (1816), 28: Damit aber die Kritik[9] ja nicht übermüthig werde, soll hier [...] eine andere Stelle angeführt werden [...], in der sie sich bei reiflicher Überlegung [...] doch bescheiden muß, zweifelhaft zu lassen, ob der darin enthaltene Widerspruch bloß auf Rechnung des Dichters komme, der ein anderes Lied nicht kannte, oder hingegen die ganze Stelle als ein später eingefügtes Stück anzusehen sei [...]. ➢ Volltext.
[13] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 58: Vom Volksaberglauben, der sich zum ursprünglichen Mythus ungefähr so verhält, wie die Volkspoesie nach der entstandenen Prosa[1] zur Naturpoesie vor derselben, muß noch unterschieden werden, wenn der poetische[2] Geist[12] der Sitten und Verfassung eines Volkes[1], oder selbst eines einzelnen Standes nach Erlöschung der mythischen Nationalreligion wieder jenen Partialmythus hervorbringt, z. B. die romantische[12/2] Ritterfabel des Mittelalters. Diese neumythischen Dichtungen können füglich, wenn sie vom Volke[5] gedichtet sind, nicht so feinen Geist[12] und reinen Geschmack haben, als wenn fühlende Dichter sie schaffen. Diese müßten also jenen ohne Not verfeinern und ausbilden..
[14] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 96: Den Ausdruck behandelt der [komische] Dichter mit eben der absoluten Willkür, wie alles übrige. Ihm stehen nicht nur alle Reichtümer der Sprache[3] von der erhabenen Diktion des lyrischen und tragischen Dichters bis zu den gemeinsten Redensarten des Pöbels, ja bis zu unvollkommenen Sprecharten einzelner Orte und Stimmen[12] zu Gebote, sondern er prägt auch mit der größten Kühnheit ganz neue[1] Wörter[1] und Wendungen. [...] Im Aristophanes kommt jede Art des Ausdrucks vor; so dithyrambische Gesänge, freilich in Parodien. Der herrschende Ton[3] in ihm ist die attische Feinheit, die sich selbst bis auf die geringeren Stände erstreckte. Er führt auch Dialekte[1] ein; den lakonischen, den megarensischen [...]. Er hat eine Menge von neuen[1] Wörtern[1], die alle komisch sind [...]..
[15] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 59: Von dieser Zeit[7] an, gegen die Mitte des 18ten Jahrhunderts, wird nun von vielen das goldne Zeitalter der Deutschen Literatur gerechnet. Es traten damals ungefähr zugleich auf [...] Uz, Gleim, Kleist, Ramler, Geßner, dann Lessing, und Wieland der eben so früh, zum Theil unter Bodmers Leitung aufgetreten war, gelangte erst eine Anzahl Jahre später zu seiner eigenthümlichen und noch fortdauernden Celebrität. [...] Die ganze Periode gründlich zu charakterisiren und zu würdigen, das würde sich nicht so in der Kürze thun lassen, und unserm Zwecke fremd[5] seyn, indem die meisten dieser Dichter anerkanntermaßen gar nicht darauf ausgegangen sind, romantisch[14/2/4/8] zu seyn..
[16] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 147: Heutiges Tages, wo den meisten Menschen[1] und Nationen[1] die Idee von der organischen[6] Bildung[10] und Construction eines poetischen[4] oder überhaupt Kunstganzen durchaus abhanden gekommen, geht es dem Dante eben, wie andern großen romantischen[12] Dichtern z. B. Shakspeare und Cervantes, denen man eine Auszeichnung zu erweisen glaubt, wenn man sie Stellenweise lobt..
[17] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 161: Die Meynung derer, welche behaupten die Sonettform lege dem Dichter einen unglücklichen Zwang auf, sie sey das Bett des Prokrustes, nach dessen Maße der Gedanke verstümmelt oder gereckt werden müsse, verdient keine Widerlegung, denn diese Einwendung paßt eigentlich eben so gut auf alle Versification, und man muß, um sie zu machen, ein Gedicht wie ein Exercitium ansehen, das erst formlos in Prosa[5] entworfen, und nachher schülermäßig in Verse gezwungen wird. Solche Menschen[8] haben freylich keinen Begriff[1], wie die Form vielmehr Werkzeug, Organ[1] für den Dichter ist, und gleich bey der ersten Empfängniß eines Gedichts, Gehalt und Form wie Seele und Leib unzertrennlich ist..
[18] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 71: Die Ironie[3] bezieht sich [...] beym Shakspeare nicht bloß auf die einzelnen Charakter[7], sondern häufig auf das Ganze der Handlung[3]. Die meisten Dichter, welche menschliche Begebenheiten erzählend oder dramatisch schildern, nehmen Partey, und verlangen von den Lesern blinden Glauben für ihre Bemühungen zu erheben oder herabzusetzen. Je eifriger diese Rhetorik ist, desto leichter verfehlt sie ihren Zweck. Auf jeden Fall werden wir gewahr, daß wir die Sache nicht unmittelbar, sondern durch das Medium einer fremden[5] Denkart erblicken. Wenn hingegen der Dichter zuweilen durch eine geschickte Wendung die weniger glänzende Kehrseite der Münze 〈72〉 nach vorne dreht, so setzt er sich mit dem auserlesenen Kreis der Einsichtsvollen unter seinen Lesern oder Zuschauern in ein verstohlnes Einverständniß; er zeigt ihnen, daß er ihre Einwendungen vorhergesehen und im voraus zugegeben habe; daß er nicht selbst in dem dargestellten Gegenstande befangen sey, sondern frey[5] über ihm schwebe[8], und daß er den schönen[2], unwiderstehlich anziehenden Schein, den er selbst hervorgezaubert, wenn er anders wollte, unerbittlich vernichten könnte. ➢ Volltext.
[19] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 214: Dieses poetische[4] Meisterstück hat Seyffert unter allen Tonkünstlern unstreitig am besten getroffen. Die goldene Schale der Kritik[2], die den Dichter und Musiker abwägen wollte, würde gewiß hier im Gleichgewicht schweben[5]. Er verstand seinen Dichter so ganz, als man ihn nur verstehen kann..
[20] R. Schumann, Tageb. I (*1828), 41: Jeder Tonkünstler ist Dichter, nur ein höherer..
[21] Solger, Erwin II (1815), 277 f. (278): Geht [...] die Idee durch den künstlerischen Verstand[9] in die Besonderheit über, so drückt sie sich nicht allein darin ab, erscheint auch nicht bloß als zeitlich und vergänglich, sondern sie wird das gegenwärtige Wirkliche, und, da außer ihr nichts ist, die Nichtigkeit und das Vergehen selbst, und unermeßliche Trauer muß uns ergreifen, wenn wir das Herrlichste, durch sein nothwendiges irdisches Dasein in das Nichts zerstieben sehn. Und doch können wir die Schuld davon auf nichts anderes wälzen, als auf das Vollkommene selbst in seiner Offenbarung für das zeitliche Erkennen; denn das bloß Irdische, wenn wir es allein wahrnehmen, hält sich zusammen durch Eingreifen in einander, und nie abreißendes Werden und Vergehen. Dieser Augenblick des Uebergangs nun, in welchem die Idee selbst nothwendig zunichte wird, muß der wahre Sitz der Kunst[2], und darin Witz[1] und Betrachtung, wovon jedes zugleich mit entgegengesetztem Bestreben schafft und vernichtet, Eins und dasselbe sein. Hier also muß der Geist[20] des Künstlers[1] alle Richtungen in Einen alles überschauenden Blick zusammenfassen, und diesen über allem schwebenden[5], alles vernichtenden Blick nennen wir Ironie[3]. | Ich erstaune, sprach Anselm hier, über deine Kühnheit, das ganze Wesen der Kunst[2] in die Ironie[3] aufzulösen, welches viele für Ruchlosigkeit halten möchten. | 〈278〉 Greif mich nur nicht mehr an, versetzt' ich, mit jener matten und falschen Religiosität, welche die Dichter des Tages durch ihre selbstersonnenen Ideale unterstützen, und womit sie rüstig helfen, die schon so verbreitete empfindelnde und heuchelnde Selbsttäuschung über Religion[3], Vaterland, Kunst[2] bis zum leersten Unsinn zu bringen. Ich sage dir, wer nicht den Muth hat, die Ideen selbst in ihrer ganzen Vergänglichkeit und Nichtigkeit aufzufassen, der ist wenigstens für die Kunst[2] verloren. .
[22] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 102: Daß Euripides nicht viel Gutes vom Verfasser zu erwarten habe, ließ sich voraussehen. Mit Recht werden ihm viele Fehler vorgeworfen, die ihm eine unglückliche Aehnlichkeit mit gewissen modernen[1] Dichtern geben..
[23] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 105: Auch von den lyrischen Bestandtheilen, deren bezaubernde poetische[6] Herrlichkeit nicht genug zu preisen ist, von der Sprache[4] und dem Versbau des Dichters [sc. Aristophanes], und manchen anderen Besonderheiten wird mit der vollkommensten Einsicht gehandelt..
[24] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 702: Der Dichter muß die verschiedenen Umstände der Handlung[3] und die verschiedenen Vorfälle, ingleichem die Nebenpersonen so bestimmen, daß das Spiel der Leidenschaften sich auf eine wahrhafte und natürliche[6] nicht romantische[4] Weise entwikele..
[25] L. Tieck, Reis. Engl. (*1817), 158: Sie wissen, wie oft ich Ihnen bei meinem Studium des Shakspear über die Unverständigkeit der Hülfsmittel klagte, obgleich die Engländer eine gantze Bibliothek, meist unnützer Sachen, über ihn geschrieben haben. Am neugierigsten war ich von je auf Schauspiele aus jener Zeit[3], oder auf solche, die dem großen Dichter voran gingen, und obgleich wir auch Sammlungen von solchen Sachen besitzen, die noch gantz neuerdings vermehrt sind, so haben die Herausgeber doch auch diese Dinge ohne sonderliche Kritik[3] und mit den hergebrachten Vorurtheilen behandelt..
[2] G. Forster, Kunst u. Zeitalt. (1791), 101: Doch es ist mehr als Hypothese, [...] daß auf jenen edlen Zeitpunkt, da das Feuer der Begeisterung[1] die Menschheit[2] ergriff, ihr Sinn[5] sich aufschloß dem Schönen[1], sich nährte von den Rhapsodien des Dichters und des plastischen Künstlers[1] – die größte aller Veränderungen in ihr erfolgte. Die Kunst[2] ward die Pflegerin der Wissenschaft[1]. Das schöne[1] Ebenmaas ihrer Bilder erzeugte jene abgezogenen Begriffe[1], mit denen der Mensch[2] das Sinnenall umfaßte und bald auch die unabsehbaren Gefilde der intellektuellen Sittenwelt durchdrang. Wo der Künstler[1] innig gefühlt, kühn geahndet[3] und glücklich dargestellt hatte, dort bestimmte nun der Denker die Regeln des Vollkommenen, der Symmetrie und Übereinstimmung, dort abstrahirte er die ganze Kritik[1] der Kunst[2]. Jetzt also demonstrirte und begriff man die Tugend, das liebenswürdige Sittlichschöne, welches man bis dahin in dem Rhythmus des Sängers, in des Bildhauers oder des Malers Zauberwerken empfand. Allein indem der menschliche Geist[19] sich seiner freyesten[10] Thätigkeit und insbesondere die Vernunft[1] sich ihrer höchsten Entwickelung nahte, gieng unvermerkt die ästheti〈102〉sche Empfänglichkeit verloren. Der geistreichste Schriftsteller unseres Jahrhunderts hat irgendwo so fein als richtig bemerkt, daß auf ein geniereiches Zeitalter nur ein scharfsinniges folgen kann, und modernes[1] Verdienst nur in der Zergliederung des Verdienstes der Alten[10] besteht..
[3] Goethe, Wilh. Meister II (1795), WA I, 21, 130: So haben die Dichter in Zeiten[3] gelebt, wo das Ehrwürdige mehr erkannt ward, rief Wilhelm aus, und so sollten sie immer leben. Genugsam in ihrem Innersten ausgestattet bedurften sie wenig von außen; die Gabe, schöne[1] Empfindungen, herrliche Bilder den Menschen[1] in süßen, sich an jeden Gegenstand anschmiegenden Worten[2] und Melodien mitzutheilen, bezauberte von jeher die Welt, und war für den Begabten ein reichliches Erbtheil. An der Könige Höfen, an den Tischen der Reichen, vor den Thüren der Verliebten horchte man auf sie, indem sich das Ohr[3] und die Seele für alles andere verschloß, wie man sich selig preis't und entzückt stille steht, wenn aus den Gebüschen, durch die man wandelt, die Stimme[3] der Nachtigall gewaltig rührend hervordringt!.
[4] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 101 f. (102): Romantico! den Italiänern ein seltsames Wort[1], in Neapel und dem glücklichen Campanien noch unbekannt, in Rom unter deutschen[1] Künstlern[1] allenfalls üblich, macht in der Lombardie, besonders in Mayland, seit einiger Zeit[6] großes Aufsehen. Das Publicum[2] theilt sich in zwey Partheyen, sie stehen schlagfertig gegen einander und, wenn wir Deutschen[1] uns ganz geruhig des Adjectivum romantisch[14] bey Gelegenheit bedienen, so werden 〈102〉 dort durch die Ausdrücke Romanticismus und Kriticismus zwey unversöhnliche Secten bezeichnet. Da bey uns der Streit, wenn es irgend einer ist, mehr praktisch als theoretisch geführt wird, da unsere romantischen[14] Dichter und Schriftsteller die Mitwelt für sich haben und es ihnen weder an Verlegern noch Lesern fehlt, da wir über die ersten Schwankungen des Gegensatzes längst hinaus sind und beyde Theile sich schon zu verständigen anfangen; so können wir mit Beruhigung zusehen, wenn das Feuer, das wir entzündet, nun über den Alpen zu lodern anfängt..
[5] Goethe, Klass. u. Rom. (1820), 105: Bey uns Deutschen[1] war die Wendung ins Romantische[14] aus einer, erst den Alten[10], dann den Franzosen abgewonnenen Bildung[5], durch christlich-religiose Gesinnungen eingeleitet, durch trübe, nordische Heldensagen begünstigt und bestärkt; worauf sich denn diese Denkweise festsetzen und verbreiten konnte, so daß jetzt kaum ein Dichter, Maler[1], Bildhauer übrig geblieben, der sich nicht religiosen Gefühlen hingäbe und analogen Gegenständen widmete. | Einen solchen Verlauf nimmt die Dicht- und Kunstgeschichte nun auch in Italien. Als 〈106〉 praktische Romantiker[3] werden gerühmt Johann Torti und dessen poetische[5] Darstellung der Leidensgeschichte Christi; ferner seine Terzinen über die Poesie[1]. Alexander Manzoni, sodann, Verfasser eines noch ungedruckten Trauerspiels, der Carmagnol, hat sich durch Heilige Hymnen guten Ruf erworben..
[6] Hegel [Hotho], Aesth. III (1838), 370: Bei Homer [...] schweben[5] die Götter[5] in einem magischen Lichte zwischen Dichtung und Wirklichkeit; sie sind der Vorstellung nicht so weit nahe gebracht, daß uns ihre Erscheinung in alltäglicher Vollständigkeit entgegentreten könnte, und doch wieder ebensowenig so unbestimmt gelassen, daß sie keine lebendige Realität für unsere Anschauung haben sollten. Was sie thun ließe sich gleich gut aus dem Innern der handelnden Menschen[1] erklären, und weshalb sie uns einen Glauben an sie aufdringen, das ist das Substantielle, der Gehalt, der ihnen zu Grunde liegt. Nach dieser Seite ist es auch dem Dichter Ernst mit ihnen, ihre Gestalt aber und äußere Wirklichkeit behandelt er selber ironisch[1]. ➢ Volltext.
[7] Herloßsohn, Dam. Conv. Lex. VIII (1837), 470: Vornehmlich [...] war es Shakespeare, dessen Riesengebilde die Phantasie[1] der jugendlichen franz. Dichter entzündete..
[8] Herwegh, Lit. u. Volk (1839), W 2, 46: Wo einst ein Sänger und Dichter von Millionen begriffen wurde, da werden jetzt oft zehn Dichter nicht von tausend Menschen[1] begriffen. Deren, die schreiben, sind beinahe mehr, als deren, die lesen. Es gibt in der modernen[9] Welt mehr einzelne über die Masse sich erhebende Talente, dafür aber bei weitem weniger durchschnittliche Bildung[6]. .
[9] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 16: Denn so unbegreiflich auch das Verfahren des Künstlers[3] ist, so gewiß darin immer Etwas – und gerade das Wesentliche – übrigbleibt, das der Dichter selbst nicht zu verstehen und der Kritiker nie auszusprechen vermag; so ist indeß doch immer so viel gewiß, daß der Künstler[3] zuerst von nichts anderm ausgeht, als nur etwas Wirkliches in ein Bild zu verwandeln [...]..
[10] W. v. Humboldt, Herrm. u. Dor. (1799), 149: Um gewiß zu seyn, daß wir unserem Dichter[1] [sc. J. W. Goethe] nicht etwas Fremdes[5] unterschieben, seine rein antike[3] Dichtung nicht bloß mit modernem[1] Sinne[5] betrachten, wollen wir, zur Bestätigung unsrer Behauptung, noch ein Paar einzelne Stellen aus dem Ganzen herausheben..
[11] Krünitz [Korth], Oecon. Encycl. CXXVI (1819), 720 f. (721): Wir finden in jeder Poesie[11] romantische[2] Partien. So fehlt es dem griechischen[2], als auch dem nordischen Fabelkreise nicht an reizenden romantischen[2] Einzelnheiten; nur der [sic] eigentliche vorherrschende Charakter[5], der [sic] wahre Geist[12] des Romantischen[2] findet man in den provenzalischen 〈721〉 Dichtern[3], und in dem Mythenkreise der eigentlichen alten[11] Ritterromane, der dem Süden von Europa angehört, und sich von da erst weiter ausgebreitet hat. Diesen romantischen[2] Geist[12] finden wir zuerste in Spanien und Frankreich. In Spanien verschaffte der Kampf der Christen mit den Mohren, das allmählige Aufkommen christlicher Königreiche, der romantischen[2] Poesie[1], Zunder und Nahrung; denn die ritterlichen Spiele und Thaten; die großen Feste, die unter verschiedenen Gestalten, bald in den geräumigen hochgewölbten Sälen der Palläste, bald im grünen Walde, unter dem schützenden Laubdache majestätischer Bäume abgehalten wurden, und woran Könige und Herzöge Theil nahmen, und sich mit den Rittern, Damen und Dichtern[1] unter Spiel und Gesang belustigten, trugen einen eigenen Zauber. [...] Hierzu kamen nun noch die Kreuzzüge, die gerade in jenen Ländern die meiste Theilnahme fanden, und das romantischste[2] Gemälde in der ganzen Geschichte[3] abgeben, woraus sich dann in Frankreich die schönen[1] Dichtungen von Carl dem Großen, seinen Pärs, seinen Kämpfen mit den Mauren etc. entfalteten. Von Frankreich und Spanien gelangte die Romantik[3] auch nach England und Deutschland. Im ersteren Reiche finden wir das echt Romantische[2] in dem Mythus vom fabelhaften König Uterpendragon, dem Erneurer des heiligen Graals, von Arthus etc. ausgebildet, und in Deutschland, im Süden desselben, geschah die Ausbildung des Romantischen[2], jedoch 〈722〉 nicht in dem Umfange, wie in Spanien, Frankreich und England, durch die Minnesänger..
[12] Lachmann, Nibel. (1816), 28: Damit aber die Kritik[9] ja nicht übermüthig werde, soll hier [...] eine andere Stelle angeführt werden [...], in der sie sich bei reiflicher Überlegung [...] doch bescheiden muß, zweifelhaft zu lassen, ob der darin enthaltene Widerspruch bloß auf Rechnung des Dichters komme, der ein anderes Lied nicht kannte, oder hingegen die ganze Stelle als ein später eingefügtes Stück anzusehen sei [...]. ➢ Volltext.
[13] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 58: Vom Volksaberglauben, der sich zum ursprünglichen Mythus ungefähr so verhält, wie die Volkspoesie nach der entstandenen Prosa[1] zur Naturpoesie vor derselben, muß noch unterschieden werden, wenn der poetische[2] Geist[12] der Sitten und Verfassung eines Volkes[1], oder selbst eines einzelnen Standes nach Erlöschung der mythischen Nationalreligion wieder jenen Partialmythus hervorbringt, z. B. die romantische[12/2] Ritterfabel des Mittelalters. Diese neumythischen Dichtungen können füglich, wenn sie vom Volke[5] gedichtet sind, nicht so feinen Geist[12] und reinen Geschmack haben, als wenn fühlende Dichter sie schaffen. Diese müßten also jenen ohne Not verfeinern und ausbilden..
[14] A. W. Schlegel, Vorles. philos. Kunstlehr. (!1798–99), KAV 1, 96: Den Ausdruck behandelt der [komische] Dichter mit eben der absoluten Willkür, wie alles übrige. Ihm stehen nicht nur alle Reichtümer der Sprache[3] von der erhabenen Diktion des lyrischen und tragischen Dichters bis zu den gemeinsten Redensarten des Pöbels, ja bis zu unvollkommenen Sprecharten einzelner Orte und Stimmen[12] zu Gebote, sondern er prägt auch mit der größten Kühnheit ganz neue[1] Wörter[1] und Wendungen. [...] Im Aristophanes kommt jede Art des Ausdrucks vor; so dithyrambische Gesänge, freilich in Parodien. Der herrschende Ton[3] in ihm ist die attische Feinheit, die sich selbst bis auf die geringeren Stände erstreckte. Er führt auch Dialekte[1] ein; den lakonischen, den megarensischen [...]. Er hat eine Menge von neuen[1] Wörtern[1], die alle komisch sind [...]..
[15] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 59: Von dieser Zeit[7] an, gegen die Mitte des 18ten Jahrhunderts, wird nun von vielen das goldne Zeitalter der Deutschen Literatur gerechnet. Es traten damals ungefähr zugleich auf [...] Uz, Gleim, Kleist, Ramler, Geßner, dann Lessing, und Wieland der eben so früh, zum Theil unter Bodmers Leitung aufgetreten war, gelangte erst eine Anzahl Jahre später zu seiner eigenthümlichen und noch fortdauernden Celebrität. [...] Die ganze Periode gründlich zu charakterisiren und zu würdigen, das würde sich nicht so in der Kürze thun lassen, und unserm Zwecke fremd[5] seyn, indem die meisten dieser Dichter anerkanntermaßen gar nicht darauf ausgegangen sind, romantisch[14/2/4/8] zu seyn..
[16] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 147: Heutiges Tages, wo den meisten Menschen[1] und Nationen[1] die Idee von der organischen[6] Bildung[10] und Construction eines poetischen[4] oder überhaupt Kunstganzen durchaus abhanden gekommen, geht es dem Dante eben, wie andern großen romantischen[12] Dichtern z. B. Shakspeare und Cervantes, denen man eine Auszeichnung zu erweisen glaubt, wenn man sie Stellenweise lobt..
[17] A. W. Schlegel, Berl. Vorles. III (!1803–04), KAV 2.1, 161: Die Meynung derer, welche behaupten die Sonettform lege dem Dichter einen unglücklichen Zwang auf, sie sey das Bett des Prokrustes, nach dessen Maße der Gedanke verstümmelt oder gereckt werden müsse, verdient keine Widerlegung, denn diese Einwendung paßt eigentlich eben so gut auf alle Versification, und man muß, um sie zu machen, ein Gedicht wie ein Exercitium ansehen, das erst formlos in Prosa[5] entworfen, und nachher schülermäßig in Verse gezwungen wird. Solche Menschen[8] haben freylich keinen Begriff[1], wie die Form vielmehr Werkzeug, Organ[1] für den Dichter ist, und gleich bey der ersten Empfängniß eines Gedichts, Gehalt und Form wie Seele und Leib unzertrennlich ist..
[18] A. W. Schlegel, Dramat. Lit. II.2 (1811), 71: Die Ironie[3] bezieht sich [...] beym Shakspeare nicht bloß auf die einzelnen Charakter[7], sondern häufig auf das Ganze der Handlung[3]. Die meisten Dichter, welche menschliche Begebenheiten erzählend oder dramatisch schildern, nehmen Partey, und verlangen von den Lesern blinden Glauben für ihre Bemühungen zu erheben oder herabzusetzen. Je eifriger diese Rhetorik ist, desto leichter verfehlt sie ihren Zweck. Auf jeden Fall werden wir gewahr, daß wir die Sache nicht unmittelbar, sondern durch das Medium einer fremden[5] Denkart erblicken. Wenn hingegen der Dichter zuweilen durch eine geschickte Wendung die weniger glänzende Kehrseite der Münze 〈72〉 nach vorne dreht, so setzt er sich mit dem auserlesenen Kreis der Einsichtsvollen unter seinen Lesern oder Zuschauern in ein verstohlnes Einverständniß; er zeigt ihnen, daß er ihre Einwendungen vorhergesehen und im voraus zugegeben habe; daß er nicht selbst in dem dargestellten Gegenstande befangen sey, sondern frey[5] über ihm schwebe[8], und daß er den schönen[2], unwiderstehlich anziehenden Schein, den er selbst hervorgezaubert, wenn er anders wollte, unerbittlich vernichten könnte. ➢ Volltext.
[19] Chr. F. D. Schubart [L. Schubart], Id. Tonk. (*1784–85; 1806), 214: Dieses poetische[4] Meisterstück hat Seyffert unter allen Tonkünstlern unstreitig am besten getroffen. Die goldene Schale der Kritik[2], die den Dichter und Musiker abwägen wollte, würde gewiß hier im Gleichgewicht schweben[5]. Er verstand seinen Dichter so ganz, als man ihn nur verstehen kann..
[20] R. Schumann, Tageb. I (*1828), 41: Jeder Tonkünstler ist Dichter, nur ein höherer..
[21] Solger, Erwin II (1815), 277 f. (278): Geht [...] die Idee durch den künstlerischen Verstand[9] in die Besonderheit über, so drückt sie sich nicht allein darin ab, erscheint auch nicht bloß als zeitlich und vergänglich, sondern sie wird das gegenwärtige Wirkliche, und, da außer ihr nichts ist, die Nichtigkeit und das Vergehen selbst, und unermeßliche Trauer muß uns ergreifen, wenn wir das Herrlichste, durch sein nothwendiges irdisches Dasein in das Nichts zerstieben sehn. Und doch können wir die Schuld davon auf nichts anderes wälzen, als auf das Vollkommene selbst in seiner Offenbarung für das zeitliche Erkennen; denn das bloß Irdische, wenn wir es allein wahrnehmen, hält sich zusammen durch Eingreifen in einander, und nie abreißendes Werden und Vergehen. Dieser Augenblick des Uebergangs nun, in welchem die Idee selbst nothwendig zunichte wird, muß der wahre Sitz der Kunst[2], und darin Witz[1] und Betrachtung, wovon jedes zugleich mit entgegengesetztem Bestreben schafft und vernichtet, Eins und dasselbe sein. Hier also muß der Geist[20] des Künstlers[1] alle Richtungen in Einen alles überschauenden Blick zusammenfassen, und diesen über allem schwebenden[5], alles vernichtenden Blick nennen wir Ironie[3]. | Ich erstaune, sprach Anselm hier, über deine Kühnheit, das ganze Wesen der Kunst[2] in die Ironie[3] aufzulösen, welches viele für Ruchlosigkeit halten möchten. | 〈278〉 Greif mich nur nicht mehr an, versetzt' ich, mit jener matten und falschen Religiosität, welche die Dichter des Tages durch ihre selbstersonnenen Ideale unterstützen, und womit sie rüstig helfen, die schon so verbreitete empfindelnde und heuchelnde Selbsttäuschung über Religion[3], Vaterland, Kunst[2] bis zum leersten Unsinn zu bringen. Ich sage dir, wer nicht den Muth hat, die Ideen selbst in ihrer ganzen Vergänglichkeit und Nichtigkeit aufzufassen, der ist wenigstens für die Kunst[2] verloren. .
[22] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 102: Daß Euripides nicht viel Gutes vom Verfasser zu erwarten habe, ließ sich voraussehen. Mit Recht werden ihm viele Fehler vorgeworfen, die ihm eine unglückliche Aehnlichkeit mit gewissen modernen[1] Dichtern geben..
[23] Solger, Rez. A. W. Schlegel (1819), 105: Auch von den lyrischen Bestandtheilen, deren bezaubernde poetische[6] Herrlichkeit nicht genug zu preisen ist, von der Sprache[4] und dem Versbau des Dichters [sc. Aristophanes], und manchen anderen Besonderheiten wird mit der vollkommensten Einsicht gehandelt..
[24] Sulzer, Allg. Theor. II (1774), 702: Der Dichter muß die verschiedenen Umstände der Handlung[3] und die verschiedenen Vorfälle, ingleichem die Nebenpersonen so bestimmen, daß das Spiel der Leidenschaften sich auf eine wahrhafte und natürliche[6] nicht romantische[4] Weise entwikele..
[25] L. Tieck, Reis. Engl. (*1817), 158: Sie wissen, wie oft ich Ihnen bei meinem Studium des Shakspear über die Unverständigkeit der Hülfsmittel klagte, obgleich die Engländer eine gantze Bibliothek, meist unnützer Sachen, über ihn geschrieben haben. Am neugierigsten war ich von je auf Schauspiele aus jener Zeit[3], oder auf solche, die dem großen Dichter voran gingen, und obgleich wir auch Sammlungen von solchen Sachen besitzen, die noch gantz neuerdings vermehrt sind, so haben die Herausgeber doch auch diese Dinge ohne sonderliche Kritik[3] und mit den hergebrachten Vorurtheilen behandelt..
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