[1]
Börne, Brf. Paris II (1832), 92
: Gibt es etwas Lächerlicheres, als daß sich Napoleon in der Kirche Notre-Dame von einer angst-zitternden Geistlichkeit Brief[4] und Siegel darüber geben ließ, daß er ein Held gewesen?.
[2]
Heine, Rabbi v. Bacherach (1840), 6
: Die große Judenverfolgung begann mit den Kreuzzügen und wüthete am grimmigsten um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, am Ende der großen Pest, die, wie jedes andre öffentliche Unglück, durch die Juden[1] entstanden seyn sollte, indem man behauptete, sie hätten den Zorn Gottes[1] herabgeflucht und mit Hülfe der Aussätzigen die Brunnen vergiftet. Der gereizte Pöbel, besonders die Horden der Flagellanten [...], die zur Buße sich selbst geißelnd und ein tolles Marienlied singend, die Rheingegend und das übrige Süddentschland durchzogen, ermordeten damals viele tausend Juden[1], oder marterten sie, oder tauften sie gewaltsam. Eine andere Beschuldigung, die ihnen [...] das ganze Mittelalter hindurch bis Anfang des vorigen Jahrhunderts, viel Blut und Angst kostete, das war das läppische, in Chroniken und Legenden bis zum Ekel oft wiederholte Mährchen: 〈7〉 daß die Juden[1] geweihte Hostien stählen, die sie mit Messern durchstächen bis das Blut herausfließe, und daß sie an ihrem Paschafeste Christenkinder schlachteten, um das Blut derselben bey ihrem nächtlichen Gottesdienste zu gebrauchen. Die Juden[1], hinlänglich verhaßt wegen ihres Glaubens, ihres Reichthums, und ihrer Schuldbücher, waren an jenem Festtage ganz in den Händen ihrer Feinde, die ihr Verderben nur gar zu leicht bewirken konnten, wenn sie das Gerücht eines solchen Kindermords verbreiteten, vielleicht gar einen blutigen Kinderleichnam in das verfehmte Haus eines Juden[1] heimlich hineinschwärzten, und dort nächtlich die betende Judenfamilie überfielen; wo alsdann gemordet, geplündert und getauft wurde, und große Wunder geschahen durch das vorgefundene todte Kind[1], welches die Kirche am Ende gar kanonisirte..
[3]
Iffland, Figaro (1790), 216
: Figaro. Wenn hieher Fremde kommen – Franzosen zum Exempel, die sich für Marquis ausgeben, für Virtuosen – wo speisen die? | Stock. An Tafel. | Figaro. An der herrschaftlichen Tafel? | Stock. Allemal an Tafel. | Figaro zu Willner. Und Sie fragen, wohin Sie gehören? Ehren Sie sich selbst, wenn andere es vergessen. Kommen Sie – | Willner. Nein, das ist zu gewagt! Wenn ich – | Figaro. Wie? Ich sehe hier Kerls mit viel Impertinenz, mit dem Ton der unverschämtesten, der schreiendsten Entscheidung, an der Direktion von wichtigen Geschäften – Bursche – die durch Wege, vor denen ihre harte Stirn nie erröthet, in Deutschland sich einen Sold erzwingen, da man sie zu Paris am Tische für sechs Sous nicht mehr geduldet hat. Und ein Gelehrter, ein freier Mann will sich mit Sklavenangst unter die Knechte seiner Großen hin verkriechen. [...] Kommen Sie, blicken Sie ihnen mit Seelenadel in's Gesicht..
[4]
J. Schopenhauer, Jugendlb. u. Wanderb. I (1839), 220 f. (221)
: Am Tage war mir dieses ein angenehmer Spaziergang, nach Einbruch der Nacht aber hätte ich um keinen Preis mich bewegen lassen, ihn zu Fuße zurückzulegen, denn eine Schaar gräßlicher Ungeheuer, denen sogar schon manches arme Menschenleben zur blutigen Beute geworden war, bezog dann unter den Speichern die Wache. Seit undenklicher, uralter Zeit wurde auf Kosten der Stadt eine Anzahl sehr grimmiger Hunde von einer besonders wilden, blutdürstigen Raçe in festen Zwingern gehalten, von dazu angestellten Wächtern mit rohem Fleische gefüttert, um sie noch unzähmbarer zu machen, und mit eintretender Nacht auf der Speicherinsel losgelassen, die dann verschlossen wurde. | Wehe dem Verwegnen, der unbegleitet von einem ihrer Wächter, und dessen stets knallender Peitsche, das ihnen eingeräumte Territorium betrat! | Manch armer Schimky [›polnischer Flößer, Ruderknecht‹] ist unter dem blutigen Rachen und Klauen der wüthenden Thiere[4] gefallen, 〈221〉 wenn er überwältigt vom Geiste[40] des Schnapses in irgend einem dunkeln Winkel zwischen den Speichern einschlief, und ungesehen von den die Hunde loslassenden Wächtern dort zurückblieb. Sein Angstgebrüll und das wilde Toben der vor Blutdurst rasenden Bestien schallte zu den Wächtern hinüber, dann aber war es zur Rettung zu spät. Selbst die Wächter durften es nicht mehr wagen, ihre wahrscheinlich schon tödtlich verletzte Beute ihnen entreißen zu wollen..
[5]
Schubert, Nachtseite (1808), 349
: Dagegen findet sich [...] im gewöhnlichen Wachen auch nicht die Spur einer Erinnerung an den Zustand des Somnambulismus, eben so wenig als sich in diesem eine an das zeigt, was im Doppelschlaf mit den Kranken vorgieng. Was uns hier diesen Zustand vorzüglich merkwürdig macht, ist, daß die im Doppelschlaf befindlichen, nur für ihren Magnetiseur Sinn[11] haben, nur seinen Fragen antworten, und nur seine Nähe mit dem gewöhnlichen Wohlgefallen ertragen, während ihnen andre Personen, selbst wenn sie sich nur unvermerkt nähern, Angst und Schmerzen verursachen. Wenn diese selbst mit lauter Stimme[3] und ganz nahe stehend, die Schlafenden anreden, werden sie von ihr eben so wenig vernommen, als von einer fest Schlafenden oder Ohnmächtigen. | In Beziehung mit ihr gesetzt, scheinen sie ihr aus weiter Ferne und unvernehmlich, oder in einem unverständlichen Dialekt[2] zu sprechen. In diesem Zustand nimmt die Somnambüle nur durch jene innige Verbindung der beyden Seelen, an dem Wachen des Magnetiseurs Theil, für die übrige Außenwelt ist sie im tiefen Schlaf..
[6]
L. Tieck, Phantasus I (1812), 473
: Die Wasser gehn und finden keine Zungen, | Dem Wald, dem Fels ist wohl der Laut gebunden, | Die Angst entzündet sich im Thiere[1] schreiend. || In Menschenstimme ist es ihm gelungen, | Nun hat das ewge Wort[7] sich wieder funden, | Klagt, betet, weint, jauchzt laut sich selbst befreiend..